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Aus der Pharmazeutischen Abteilung der Byk-Guldenwerke, Oranienburg bei Berlin. (Leiter: Dr. Peter Marquardt.) Uber blutdrucksenkende Wirkungen beim Abbau des Adrenalins als eine allgemeine Eigenschaft der Phenolgrundskelette*. Von Peter Marquardt. Mit 5 Textabbildungen. (Eingegangen am 2. Januar 1942.) Bei den Untersuchungen fiber die Stufen der oxydat[ven Adrenalin- zerstSrung sind immer wieder Befunde mitgetei[t worden, aus denen hervorgeht, dal] beim Abbau des Adrenalins aul~er dem Adrenochrom (oder besser nach dem Adrenoehrom) noeh blutdrucksenkende Substanzen in Erscheinung treten. Die Mteste derartige Mitteilung stammt noch aus der Zeit vor der Isolierung des Adrenalins. und zwar hat 1897 Gfirber (1) dureh Erhitzen der Nebenniere im Bombenrohr blutdrucksenkende Extrakte aus dieser Drfise gewonnen. Es schien daher von Bedeutung nachzuprfifen, ob nicht durch Erhitzen eine blutdrucksenkende Substanz aus dem Adre- nalin zu erhalten ist, um festzustellen, ob der Befund Gfirbers auf dieses fragliche Adrenatinabbauprodukt zu beziehen ist, oder auf andere bekannte blutdrucksenkende Substanzen dieser Drfise. Die Vermutung, dal] dieser Stoff aus Adrenalin entstehen kSnnte, lag nahe, da es mir einmal gelang, dutch Schmelzen des Adren~lins mit Bernsteinsiiure einen blutdruck- senkenden Stoff zu erhalten, den ich allerdings nicht reproduzieren konnte (2). Auf Grund dieser ~)berlegungen wurde Adrenalin, teiis often, teils inl Bombenrohr, erhitzt (5 Stunden auf 150 ~ und teils mit Wasser, teils mit Alkohol aufgenommen. Die Versuche ergaben, dal3 diewiisserigen und die alkoholischen Extrakte einen senkenden Stoff enthalten, der a[lerdings bei der Aufnahme in Wasser (s. Abb. 1) nicht so anhaltend wirkt. Welter ergab sich aus den Versuchen, dal] das Erhitzen im Bombenrohr dem Erhitzen fiber oftener Flamme gleichkommt. Der Zusatz eines Rednktions- * Herrn ~ Prof. W. H e u b n e r zum 65. Geburtstag.

Über blutdrucksenkende Wirkungen beim Abbau des Adrenalins als eine allgemeine Eigenschaft der Phenolgrundskelette

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Page 1: Über blutdrucksenkende Wirkungen beim Abbau des Adrenalins als eine allgemeine Eigenschaft der Phenolgrundskelette

Aus der Pharmazeutischen Abteilung der Byk-Guldenwerke, Oranienburg bei Berlin. (Leiter: Dr. P e t e r M a r q u a r d t . )

Uber blutdrucksenkende Wirkungen beim Abbau des Adrenalins als eine allgemeine

Eigenschaft der Phenolgrundskelette*.

Von

Peter Marquardt.

Mit 5 Textabbildungen.

(Eingegangen am 2. Januar 1942.)

Bei den Untersuchungen fiber die Stufen der oxydat[ven Adrenalin- zerstSrung sind immer wieder Befunde mitgetei[t worden, aus denen hervorgeht, dal] beim Abbau des Adrenalins aul~er dem Adrenochrom (oder besser nach dem Adrenoehrom) noeh blutdrucksenkende Substanzen in Erscheinung treten. Die Mteste derartige Mitteilung stammt noch aus der Zeit vor der Isolierung des Adrenalins. und zwar hat 1897 Gfirber (1) dureh Erhitzen der Nebenniere im Bombenrohr blutdrucksenkende Extrakte aus dieser Drfise gewonnen. Es schien daher von Bedeutung nachzuprfifen, ob nicht durch Erhitzen eine blutdrucksenkende Substanz aus dem Adre- nalin zu erhalten ist, um festzustellen, ob der Befund Gfirbers auf dieses fragliche Adrenatinabbauprodukt zu beziehen ist, oder auf andere bekannte blutdrucksenkende Substanzen dieser Drfise. Die Vermutung, dal] dieser Stoff aus Adrenalin entstehen kSnnte, lag nahe, da es mir einmal gelang, dutch Schmelzen des Adren~lins mit Bernsteinsiiure einen blutdruck- senkenden Stoff zu erhalten, den ich allerdings nicht reproduzieren konnte (2).

Auf Grund dieser ~)berlegungen wurde Adrenalin, teiis often, teils inl Bombenrohr, erhitzt (5 Stunden auf 150 ~ und teils mit Wasser, teils mit Alkohol aufgenommen. Die Versuche ergaben, dal3 diewiisserigen und die alkoholischen Extrakte einen senkenden Stoff enthalten, der a[lerdings bei der Aufnahme in Wasser (s. Abb. 1) nicht so anhaltend wirkt. Welter ergab sich aus den Versuchen, dal] das Erhitzen im Bombenrohr dem Erhitzen fiber oftener Flamme gleichkommt. Der Zusatz eines Rednktions-

* Herrn ~ Prof. W. H e u b n e r zum 65. Geburtstag.

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mittels, wie Cystein, um den oxydativen Abbau schonender zu gestalten, ist wirkungslos (s. Abb. 1 in Verbindung mit Tabelle 1).

= -E

Ld

E~

c~

--v

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556 1). M A R Q U A t t D T :

Tabelle 1.

Aufnahme- Dosis Versucla flfissigkeit lgvhi tznngsar t

14 15 16 17 18 19 20 21 22

* 95 0/0 Alkoho].

Wasser Alkohol* Wasser Alkohol Wasser

Alkohol

Bombenrohr of fen

Bombenrobr

0,2 0,3 0,3 0,3 0,4 0,75 0,3 0,3 0,3

Die Dosis von 0,1 iibt bereits eine deutliche Wirkung aus (s. Abb. 2).

Eine grSllere Menge dieser Substanz fiihrt zum Tode des Tieres im Kollaps (Abb. 2).

Die in Wasser aufgelSsten :Produkte zeigen gelegent[ieh allerdings noch eine blutdrucksteigernde Wirkusg und sind iiberhaupt physiologiseh

kbD. ?,. Ca,'olisblutdruck~ m'~ueh. Kaninchel~ :3,7 kg. Urcthannarkosc. AtropJn 9 rag.

t~ieht so ehd~eitlich wic die a lltohol.ischen L6sungen. Es zcigte sich, dafl bier Zersetzun~en. kenntlich a~ Ausf:allungen, auftretcn, dal~ aber frische w~isserige L6sungen sich nicht von den aIkoholischen uutcrseheiden.

Der so in dcr Hitzc aus Adrenalin gewonnene blutdrucksenkende Stoff ist aul3er in Wasser und AIkohol auch noch in Glycerin und Chloroform lgslich (s. Abb. 3 in Verbindung mit TabelIe 2). In diesem Versueh wurde anl3er den zu priifenden LSsungen auchAzetylcholin zum Vergleich injiziert.

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Blutdrueksenkende Wirkungen beim Abbau des Adrenalins usw.

T a b e l l e 2.

557

Nr. Art des Versuehes Menge LSsungsmit te l

14 Wasser

15 16

17 18

Adrenalin offen erhitzt auf 1500 in Wasser aufgenommen

Azetylcholin Adrenalin often erhitzt auf 1500

Chloroformextrakt; danach Chloroform abgedampft

Azetylcholin Adrenalin often erhitz~ anf 150 o

in Glycerin ~ufgenommen

0,1 ccm, 2 mg*

1 mg 0,1 cem, 20 mg*

1 mg 0,1 cem, 2 mg*

* Die mg-Zuhl entspri~ht der A a s g a n g s m e n g e Adrenal in .

Wasser

Glycerin

Der ohne Vors ich tsmagregel f iber Monate aufgehobene s tabi le E x t r a k t wurde ebenfaIIs mi t Aze ty lchol in vergl ichen. Die Resu l tu t e s ind der Abb . 4 und der TabelIe 3 zu en tnehmen.

Abb. 4. Carot isblutdruekversueh am Kaninehen, 3,7 kg. Ure thannarkese . 9 mg Atropin.

T a b e l l e 3.

Nr. Art der Versuehsl6sung mg

Azetylcholin Adrenalin offen erhitzt auf 1500

in Alkohol aufgenommen Azetylcholin

Wie 2

1 2*

1 2*

* Die mg-Zah l entspr ieht der Ausgangsmenge Adrenal in .

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558 P. MAR QUARDT :

Es wurden daraufhin Versuche gleicher Art mit Brenzkatechin, dem Grundstoff des Adrenalins, unternommen und es zeigte sich, dag sowohl erhitztes wie unerhitztes Brenzkatechin in der gleiehen GrSgenordnung den Blutdruck senkte (s. Abb. 5). In der abgebildeten Kurve sind 50 ~ Brefiz- katechin injiziert worden, der eine Adrenalininjektion yon ebenfalls 50 zur Priifung des Tieres vorangestellt wurde.

OH O H

f \ ,OHi ~ - - O H

%/ %/ CHOHCH~NHCH 3

Adrenalin Brenzkatechin

In weiteren Versuchen zeigte sich, dag eiae mehr oder weniger, abet im ganzen ziemlich gleichm~gige blutdrucksenkende Wirkung eine allgemeine

Abb. 5. Carotisblutdruckversuch am Kaninchen, 4,53 kg, Urethannarkose. 9 m~ Atropin. Hg-Mauo- m~,ter. Zeitschrcibung 5 Sekunden. Bei 1 50 7 Adrenalin, bei 2 50 7 Brenzkatechin.

Eigenschaft aller Phenolgrundsketette ist. Eine Erhitzung (bzw. Chinonisie- rung) ist auf diese Wirkung fast ohne Einflug *. Ausfiihrlich e Untersuchungen dieser Eigenschaft in Beziehung zum Adrenalinaufbau und -abbau sind im Gange. Die bisher abgeschlossenen Untersuchilngen zeigen, dag die eingangs zitierten Befunde yon Giirber in der Hauptsache auf Adrenalin

* Un te r su ch t wurde bisher: Phenol , Brenzkatechin , Resorcin, Hydroch inon , Pyrogallol, Phlorogluein. Die U n t e r s u c h u n g e n tiber diese XSrper miissen einer sp~teren VerSffent l iehung vorbehal ten b!eiben.

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zu beziehen sind, und dab dutch Abspalten der Seitenkette die blutdruck- steigernde Wirkung verlorengeht, und die blutdrucksenkende Wirkung des GrundkSrpers in Erscheinung tritt. So ist es nicht verwunderlich, daI] Verda , K n e e r und Burge (3) aus Adrenalin durch Bestrahlang mit ultra- violettem Licht einen blutdrucksenkenden KSrper erhielten. Ebenso erkl~rt sich mein eingangs kurz angeftihrter Befund (2), durch Schmelzen des Adrenalins eine Blutdrucksenkung zu erhalten. Auch hier wurde die Seitenkette abgespalten bzw. beschs

Es m5ge in diesem Zusammenhang noch darauf hingewiesen werden, dab die biologisch bekannten adrenalinzerstSrenden t)henolasen eben- falls an der Seitenkette angreifenI [Blaschko, R i c h t e r und Sch loss - mann(4)]. Auch der yon mir beschriebene Abbau des Adrenalins ver- mittels Bernsteinss (5) (6) (7) wird voraussichtlich an der Seiten- kette angreifen.

Ob diese Befunde den Adrenoxin genannten KSrper von H e i r m a n und Bacq(8) erkl~ren, die Adrenalin der Einwirkung von Tyrosinase aussetzten und hierbei ebenfalls zu einem blutdrucksenkenden KSrper

gelangten, mull weiteren Untersuchungen vorbehalten bleiben.

Ein Zusammenhang ist nicht unwahrschein]ich, denn Ungar and P a r r o t (9) fanden eine blutdrucksenkende Abbaustufe, die sie ebenfalls nach H e i r m a n und Bacq als Adrenoxin bezeichnen. Wenn diese Autoren Adrenalin mit Magenstiicken behande[ten, ge[ang es ihnen, Adrenoxin noch in einer GrSi~enordnung von 5 �9 10 -~ nachzuweisen. Die Wirkung yon Brenzkatechin ist in ahnlicher Gr61]enordnung ebenfalls in der geschiiderten Weise noch fes~zustellen.

In neuerer Zeit wurden adrenalin~hnIiche KSrper beschrieben [Kon- z e t t (10)], die eine Blutdrucksenkung aufwehen. Diese Wirkung kann nach den hier mitgetei[ten Befunden so gedeutet werden, dal~ diese KSrper entweder schnell zum Grundk5rper abgebaut wurden, dessen Wirkung sodann in Erscheinung tritt, oder so, dal~ die Seitenkette dieser K6rper nicht ausreicht, um die Grundeigenschaft des Brenzkatechins zu ver- decken. Zie] einer laufenden Untersuchung ist es, festzustellen, ob den Pheno[en genere[1 die g[eichen anderen Eigenschaften zukommen, wie sic K o n z e t t fiir die yon ihm beschriebenen substituierten K5rper fest- gestellt hat.

Zusammenfas sung .

Friihere und eigene Befunde, die das Entstehen einer blutdruek- senkenden Substanz aus Adrenalin feststellen, lassen sich dutch die Ab- spaltung der Seitenkette des Adrenalins und durch das Entstehen von

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Brenzkatechin erkl~ren. Es zeigte sich welter, de8 diese Blutdruck- s e n k u n g eine al lgemeine E i g e n s c h a f t der Phenole ist.

Literatur.

1) G i i r b e r : Miinch. med. Wschr. 44. Jahrg., 1897; Physikalisch-medicinische Gesellschaft zu Wfirzburg, Sitzung vom 16. Juni 1897. - - 2) M a r q u a r d t : KlJn. Wsehr. 18, 287 (1939). -- 3) V e r d a , K n e e r u. B u r g e : J. Pharmacol. (Am.) ~2, Aug. 1931, S. 383--386 (Urbana, Univ. of IU., Dep. of Physiol.) -- 4) B l a s c h k o , R i c h t e r u . S c h l o s s m a n n J. Physiol. (Bri t ) 90, ] (1937) -- 5) M a r q u a r d t : Klin. Wsehr. 18, 252 (1939). -- 6) M a r q u a r d t : Ebenda 18, 287 (1939). - - 7) 1V/arqdardt: Z. exper..Med. 107, 179 (1940). -- 8) H e i r m a n u. B a c q : C. R. Sor Biol. 126, 1264 (1937). -- 9) U n g a r u. P a r r o t : Ebenda 131, 62 (1939). -- 10) K o n z e t t : Naunyn-Schrrriedebergs Arch. 197, 1. Heft (1940).