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960 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 18. JAHRGANG. Nr. 28 15. JULI I939 MaBstAben gemessen, dasselbe wie bei normal ern~thrten Tieren. Der Shock verlAuft fiberraschenderweise viel leichter als bei nur geringem Vitaminmangel. 4. Unter Heranziehung neuerer Erkenntnisse fiber das Verhalten des reticuloendothelialen Systems und der Anti- k6rperbildung bei Vitamin C-Mangel werden die Befunde gedeutet: Bei Hypovitaminose geht die Antik6rperbildung stark zurfick, so dab nach Einbringung des Antigens dieses durch den Mangel an freien Antik6rpern nicht gebremst wird und seine voile Wirksamkeit an den zellst~ndigen Antik6rpern entfalten kann; das AusmaB der Antigenreaktion mit den zellstAndigen Antik6rpern ist aber entscheidend ffir die ShockstArke. Bei schwerem Vitamin C-Mangel kommt es zum Versagen der Antik6rperbildungsst~tten, des reticuloendothelialen Sy- stems. Die ,,gtinstigen" Shockfolgen bei den prAskorbu- tischen Tieren sind so zu verstehen, dab der Organismus nun die Kraft zum Shock, der ja eine aktive Zelleistung ist, fiberhaupt nicht mehr, bzw. bei nicht v611igem Versagen, nur mehr in geringem Mage aufbringt. 5. Auch bei hohem Vitamin C-Spiegel der Organe hat das Thyroxin eine verstArkende Wirkung auf den anaphylaktischen Shock; die shockverst~rkende Wirkung des Thyroxins kommt also nicht fiber eine Vitamin C-Verarmung des Organismus zustande. 6. Es wird der Versuch gemacht, einige klinische Beob- achtungen an Hand der experimentellen Ergebnisse zu deuten. Zugleich wird auf die Schwierigkeiten verwiesen, die solchen Deutungen noch im Wege stehen. Meist bestehen sie in einer Divergenz der Anordnung des Tierversuches und der beim kranken Menschen vorliegenden Verh~ltnisse. Die Firmen Hoffmann-La Roche und Merck stellten ftir unsere Versuche ihre Vitamin C-Pri~parate Redoxon und Cebion zur Verffigung. Literatur: E. ALTENBURGER, Klin. Wschr. 1935, 1129. -- BARTOSCH, Klin. Wschr. 1935 I, 3o7 . -- E. BOHNHOLTZER, Dtsch. med. Wschr. 1937 I, IOOI. -- F. B. COOPER u. P. GROSS, Proc. Soc. exper. Biol. a. Med. 36, 774 (1937). -- F. DIEHL U. E. G. SCHENCK, Arch. f. exper. Path. 159, 372 (1931). -- F. DIEHL, Nrztl. Verein Mflnchen, Sitzg. v. 3. II. 1937, Miinch. med. Wschr. 1937 I, 718. -- F. DIEHL U. O. BERGER, Naunyn-Schmiedebergs Arch. (im Druck). -- J. GANDER U. W. NIEDI~RBERGER, Miinch. med. Wschr. 1936 I1, 2074. -- P. GIROUD u. A. GIROUD, C. r. Soc. Biol. Paris 121, 1588 (1936). -- A. GOETI~, Z. Vitaminforsch. 7, 326 (1938). -- A. GIJG- LIUCCI, Arch. Fisiopatologia ecc. 5, 449 (1937). -- W. GONZEL U. G. ~ROEHNERT, Fortschr. Ther. 1937, 46o. -- F. E. HAAG, Med. Welt 1937 II, 1525 -- Klin. Wschr. 1933, lO91. -- A. HOCHWALD, Z. exper. Med. 97, 433 (1935) -- Zbl. inn. Med. I935, 769 -- Z. exper. Med. 98, 578 (1936) -- Sitzgsber. Verein Dtsch./~rzte in Prag, Med. Klin. 1936, 268 -- Wien. Arch. inn. Med. 29 (1936) -- Dtsch. reed. Wschr. 1937 I, 182. -- H. B. HUNT, Brit. med. J. Nr4o3 o, 726 (1938). -- H. J. JUSATZ, Z. Immun.forsch. 88, 472 (1936). -- H. J. JUSATZ, TH. BERSIN U. H. t{~STER, Klin. Wschr. I935, 1419. -- LAUCHE, Lungenentzflndung in HENKE-LUBARSCH, Handb. d. pathol. Ana- tomie. -- H. LEMKE, Mschr. Kinderheilk. 67, 244 (1936). -- R. R. MADISON U. W. H. MANWARING, Proc. Soc. exper. Biol. a. Med. 37, 402 (1937). -- J. VAN I~IEKERK, Acta brev. neerl. Physiol. 7, 144 (1937). -- F. PLAUT U. M. BDLOW, Klin. Wschr. 1935, 1318. -- V(. SCHXFER, Z. Immun.forsch. 91, 385, 394 (1937). -- A. SPITZ 11. A. HOCHWALD,Arch. f. exper. Path. 182, 384 (1936). -- SH. TAKA- HASI, Shindan to Chirugyo z 3 (1936). -- N. S. TSCHASSOVNIKOW U. Z. Z. ZELIKOVSKAYA, zit. nach KongreBzbl. inn. Med. 88, 28 (1937). -- A. VOGL, Mfinch. reed. Wschr. 1937 II, Nr 4~ . -- M. YAMAMOTO, Orient. J. Dis. Infants 23, Nr 2. UBER BLUTVERANDERUNGEN BEI H•MOPHILIE. Yon ELSE HEYL. Aus der Ludolf Krehl-Klinik Heidelberg (Medizinische Universitiitsklinik) (Direktor: Prof. JOH. STEIN). Durch Untersuchung der bekannten Bluterfamilie ,,Mam- pel" aus Heidelberg-Kirchheim haben wir die Frage zu kl~ren versucht, ob und wieweit allgemeine Veranderungen der Blutbildes bei der H~mophilie konstant sind. Ganz be- sonders kam es uns darauf an festzustellen, ob sich mit einer mehr oder minder groBen Regelm~Bigkeit Blutver~nderungen bei Konduktoren linden. Gerade diese Frage spielt zur Zeit in der H~mophilieforschung eine bedeutende Rolle und bildet auch in der letzten groBen Arbeit yon FoNIo den Gegenstand umfassender Untersuchungen. Die letzte Frage, die heute im Vordergrund des Interesses steht, hat nicht nur theoretisch wissenschaftliche Bedeutung. Wenn auch die I-IAmophilie nicht unter das Gesetz zur Ver- hfitung des erbkranken Nachwuchses fAllt, so wird man sie trotzdem in vielen FXllen, z. B. bei der Eheberatung, berfick- sichtigen mfissen. Die Frage des Erbganges der H~tmophilie, fiber die eine sehr groge Literatur vorliegt, interessiert uns in diesem Zu- sammenhang nicht. Die wichtigsten morphologischen Blut- verAnderungen sind nach FONIO bei den H~mophilen er- h6hte Thrombocytenwerte, vermehrte Erythrocytenzahlen und relative Lymphocytose im Differentialblutbild. Hinzu kommt die yon FONIO in den einzelnen Phasen beobachtete starke Verz6gerung der Gerinnungszeit. Die Blutungszeit hingegen wird von allen Forschern fibereinstimmend als nor- mal angegeben. Die Ursache der Gerinnungsst6rung ist nach der Ansicht FONIOS weniger in einem Fermentmangel zu suchen, als in einer verz6gerten Abgabe der Thrombokinase aus den Thrombocyten infolge vermehrter Resistenz der- selben. l~ber die BlutverAnderungen bei Konduktoren ist bisher noch wenig bekannt. Am besten sind wir bier noch fiber die Gerinnungsvorgitnge orientiert, fiber die FONIO in seiner letzten Arbeit ausffihrlich berichtet hat. An i i Konduktoren konnte FONIO feststellen, dab Pl~ttchen und Thrombin sich funktionell normal verhalten und eine h~mophile Anlage nicht nachgewiesen werden kann. l~ber das gerinnungsbiologische Verhalten liegen ferner noch Untersuchungen von v. DOMARUS, TRAUM, SCHAAFF und LINDEN vor. W~hrend nach v. DOMA- RIJS die Gerinnungszeit der Konduktoren nicht verl/~ngert ist, fanden letztere Autoren bei den sicheren Konduktoren eine Verl/tngerung derselben. SCHLOSSMANN land in wfirttem- bergischen Bluterfamilien bei Konduktoren Verl/~ngerung der Gerinnungszeiten ohne manifeste Blutungsneigung. Im fibri- gen liegen fiber morphologische Ver/~nderungen des Blutbildes bei Konduktoren keine Untersuchungen vor. Unsere Untersuchungen erstreckten sich auf 6 Bluter, 8 sichere Konduktorfrauen, durch Bluters6hne und Enkel bewiesen, und 33 Frauen, bei denen die Anlage zur Weiter- vererbung der H/~mophilie durch den Erbgang noch nicht bewiesen ist. Unter den letzteren befinden sich 3 T6chter eines Bluters, die nach der augenblicklich anerkannten Regel von NASSE immerhin als Konduktoren angesehen werden mfissen. Wir betonen an dieser Stelle noch ausdrficklich, dab wir nur diejenigen als sichere Konduktoren aufgeffihrt haben, die sich durch den weiteren Erbgang als solche erwiesen haben (Bluters6hne und Enkel). Bei unseren gerinnungsbiologischen Untersuchungen bedienten wir uns der von Fos!IO angegebenen Methodik [Z. klin. Med. 119, H. 5 u. 6 (1932)]. Es wird dabei die Wirkung der isolierten Pl~tt- chen der H~mophilen und der Konduktoren mit derjenigen yon normalen Pl~ttchen verglichen. Als Testobjekt f/ir die Gerinnung diente uns h~mophiles plAttchenhaltiges Plasma. Wit verglichen, wie FoNIo, die Gerinnungszeiten miteinander. Hierbei kam es uns nicht nur auf die Feststellung der endgt~ltigen Gerinnungszeit an, sondern wir verfolgten besonders auch den Ablauf des Gerinnungs- vorganges. Die Pl~ttchenisolierung sowie die Herstellung des hAmophilen Plasmas geschah mit dem Fonioschen Unterkt~hlungs- zentrifugierverfahren. Perner wandten wir unser Augenmerk auf einige charakteristische morphologische Ver~nderungen des Blut- bildes. Thrombocyfenz~hlung ebenfalls nach FoNIo. Alle untersuchten Personen haben wit in zwei Altersklassen eingeteilt, wobei wir das 4 o. Lebensjahr als Grenze gesetzt haben. Denn nach unseren Erfahrungen tritt mit zunehmendem Alter bei inanifesten Blutern die Blutungsneigung weitgehend zuriick, eine Tatsache, auf die auch SCHLOSSMANN hinweist, yon FONIO allerdings bezweifelt wird.

Über Blutveränderungen bei Hämophilie

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Page 1: Über Blutveränderungen bei Hämophilie

960 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 18. J A H R G A N G . N r . 28 15. JULI I939

MaBstAben gemessen, dasselbe wie bei no rma l ern~thrten Tieren. Der Shock verlAuft f iber raschenderweise viel le ichter als bei nu r geringem Vi taminmange l .

4. U n t e r He ranz i ehung neuere r E rkenn tn i s se fiber das Verha l t en des re t icu loendothe l ia len Sys tems und der Ant i - k6 rpe rb i ldung bei V i t amin C-Mangel werden die Befunde g e d e u t e t :

Bei Hypovitaminose geh t die An t ik6 rpe rb i ldung s t a rk zurfick, so dab nach E inb r ingung des Ant igens dieses durch den Mangel an freien A n t i k 6 r p e r n n ich t geb rems t wird und seine voile Wi rksamke i t an den zel ls t~ndigen An t ik6 rpe rn en t fa l t en kann ; das AusmaB der An t igen reak t ion mi t den zellstAndigen An t ik6 rpe rn ist aber en t sche idend ffir die ShockstArke.

Bei schwerem Vi tamin C-Mangel k o m m t es zum Versagen der An t ik6 rpe rb i ldungss t~ t t en , des re t icu loendothe l ia len Sy- s tems. Die , ,g t inst igen" Shockfolgen bei den prAskorbu- t i schen Tieren sind so zu ve r s t ehen , dab der Organismus nun die K r a f t zum Shock, de r ja eine ak t ive Zelleis tung ist, f iberhaupt n ich t mehr , bzw. bei n ich t v611igem Versagen, nur mehr in ger ingem Mage aufbr ingt .

5. Auch bei h o h e m Vi t amin C-Spiegel der Organe h a t das T h y r o x i n eine vers tArkende Wi rkung auf den anaphy lak t i s chen Shock; die shockve r s t~ rkende Wi rkung des Thyrox ins k o m m t also n ich t fiber eine Vi t amin C-Vera rmung des Organismus zus tande .

6. Es wird der Versuch gemacht , einige klinische Beob- ach tungen an H a n d der exper imente l l en Ergebnisse zu deu ten . Zugleich wird auf die Schwier igkei ten verwiesen, die solchen Deu tungen noch im Wege s tehen . Meist bes t ehen s ie in einer Divergenz der A n o r d n u n g des Tierversuches und der be im k ranken Menschen vor l i egenden Verh~ltnisse .

Die Firmen H o f f m a n n - L a Roche und Merck stellten ftir unsere Versuche ihre Vitamin C-Pri~parate Redoxon und Cebion zur Verffigung.

L i t e r a t u r : E. ALTENBURGER, Klin. Wschr. 1935, 1129. -- BARTOSCH, Klin. Wschr. 1935 I, 3o7 . -- E. BOHNHOLTZER, Dtsch. med. Wschr. 1937 I, IOOI. - - F. B. COOPER u. P. GROSS, Proc. Soc. exper. Biol. a. Med. 36, 774 (1937). -- F. DIEHL U. E. G. SCHENCK, Arch. f. exper. Path. 159, 372 (1931). -- F. DIEHL, Nrztl. Verein Mflnchen, Sitzg. v. 3. II. 1937, Miinch. med. Wschr. 1937 I, 718. -- F. DIEHL U. O. BERGER, Naunyn-Schmiedebergs Arch. (im Druck). - - J. GANDER U. W. NIEDI~RBERGER, Miinch. med. Wschr. 1936 I1, 2074. - - P. GIROUD u. A. GIROUD, C. r. Soc. Biol. Paris 121, 1588 (1936). - - A. GOETI~, Z. Vitaminforsch. 7, 326 (1938). -- A. GIJG- LIUCCI, Arch. Fisiopatologia ecc. 5, 449 (1937). - - W. GONZEL U. G. ~ROEHNERT, Fortschr. Ther. 1937, 46o. - - F. E. HAAG, Med. Welt 1937 II, 1525 -- Klin. Wschr. 1933, lO91. - - A. HOCHWALD, Z. exper. Med. 97, 433 (1935) - - Zbl. inn. Med. I935, 769 -- Z. exper. Med. 98, 578 (1936) - - Sitzgsber. Verein Dtsch./~rzte in Prag, Med. Klin. 1936, 268 - - Wien. Arch. inn. Med. 29 (1936) -- Dtsch. reed. Wschr. 1937 I, 182. -- H. B. HUNT, Brit. med. J. Nr4o3 o, 726 (1938). - - H. J. JUSATZ, Z. Immun.forsch. 88, 472 (1936). -- H. J. JUSATZ, TH. BERSIN U. H. t{~STER, Klin. Wschr. I935, 1419. - - LAUCHE, Lungenentzflndung in HENKE-LUBARSCH, Handb. d. pathol. Ana- tomie. -- H. LEMKE, Mschr. Kinderheilk. 67, 244 (1936). - - R. R. MADISON U. W. H. MANWARING, Proc. Soc. exper. Biol. a. Med. 37, 402 (1937). -- J. VAN I~IEKERK, Acta brev. neerl. Physiol. 7, 144 (1937). -- F. PLAUT U. M. BDLOW, Klin. Wschr. 1935, 1318. -- V(. SCHXFER, Z. Immun.forsch. 91, 385, 394 (1937). - - A. SPITZ 11. A. HOCHWALD, Arch. f. exper. Path. 182, 384 (1936). -- SH. TAKA- HASI, Shindan to Chirugyo z 3 (1936). - - N. S. TSCHASSOVNIKOW U. Z. Z. ZELIKOVSKAYA, zit. nach KongreBzbl. inn. Med. 88, 28 (1937). - - A. VOGL, Mfinch. reed. Wschr. 1937 II, Nr 4 ~ . -- M. YAMAMOTO, Orient. J. Dis. Infants 23, Nr 2.

U B E R B L U T V E R A N D E R U N G E N B E I H • M O P H I L I E .

Yon

ELSE HEYL. Aus der Ludolf Krehl-Klinik Heidelberg (Medizinische Universitiitsklinik)

(Direktor: Prof. JOH. STEIN).

Durch U n t e r s u c h u n g der b e k a n n t e n Bluter famil ie , ,Mam- pe l" aus He ide lbe rg -K i r chhe im h a b e n wir die F rage zu

kl~ren versucht , ob und wiewei t a l lgemeine V e rande rungen der Blutbi ldes bei de r H~mophi l ie k o n s t a n t sind. Ganz be- sonders kam es uns darauf an fes tzustel len, ob sich mi t einer m e h r oder minde r groBen Regelm~Bigkeit B lu tve r~nde rungen bei K o n d u k t o r e n l inden. Gerade diese Frage spiel t zur Zeit in der H~mophi l ie forschung eine b e d e u t e n d e Rolle und b i lde t auch in der l e t z t en groBen Arbe i t yon FoNIo den Gegens t and umfassender U n t e r s u ch u n g en .

Die le tz te Frage, die heu te im Vorde rg rund des In te resses s t eh t , h a t n ich t nur t heo re t i s ch wissenschaf t l iche Bedeu tung . W e n n auch die I-IAmophilie n ich t u n t e r das Gesetz zur Ver- hf i tung des e rbk ranken Nachwuchses fAllt, so wird m a n sie t r o t z d e m in vielen FXllen, z. B. bei de r Ehebe ra tung , berfick- s icht igen mfissen.

Die Frage des E rbganges der H~tmophilie, fiber die eine sehr groge L i t e r a tu r vorl iegt , in te ress ie r t uns in d iesem Zu- s a m m e n h a n g nicht . Die wich t igs ten morpho log i schen Blut - verAnderungen sind nach FONIO bei den H~mophi len er- h6h te T h r o m b o c y t e n w e r t e , v e r m e h r t e E r y t h r o c y t e n z a h l e n und re la t ive L y m p h o c y t o s e im Different ia lb lutbi ld . Hinzu k o m m t die yon FONIO in den e inzelnen P h a s e n b e o b a c h t e t e s t a rke Verz6gerung der Ger innungszei t . Die Blu tungsze i t h ingegen wird von allen Fo r sche rn f ibe re ins t immend als nor- mal angegeben. Die Ursache der Ger innungss t6 rung ist nach der Ans ich t FONIOS weniger in e inem F e r m e n t m a n g e l zu suchen, als in einer ve rz6ger t en Abgabe der Thrombok inase aus den T h r o m b o c y t e n infolge v e r m e h r t e r Res i s tenz der- selben.

l~ber die Blu tverAnderungen bei K o n d u k t o r e n is t b i sher noch wenig bekann t . Am bes ten sind wir bier noch fiber die Ger innungsvorgi tnge or ient ier t , fiber die FONIO in seiner l e tz ten Arbe i t ausffihrlich be r i ch t e t ha t . An i i K o n d u k t o r e n k o n n t e FONIO fests te l len, dab P l~ t t chen und T h rombin sich funkt ionel l no rma l ve rha l t en und eine h~mophi le Anlage n ich t nachgewiesen werden kann. l~ber das ger innungsbiologische Verha l t en liegen ferner noch U n t e r s u c h u n g e n von v. DOMARUS, TRAUM, SCHAAFF und LINDEN vor. W ~h ren d nach v. DOMA- RIJS die Ger innungszei t der K o n d u k t o r e n n icht verl/~ngert ist, f anden le tz tere Auto ren bei den s icheren K o n d u k t o r e n eine Verl / tngerung derse lben. SCHLOSSMANN land in wf i r t t em- bergischen Bluterfamil ien bei K o n d u k t o r e n Verl/~ngerung der Ger innungsze i ten ohne mani fes te Blu tungsneigung. I m fibri- gen l iegen fiber morphologische Ver/~nderungen des Blutbi ldes bei K o n d u k t o r e n keine U n t e r s u c h u n g e n vor.

Unsere U n t e r s u ch u n g en e r s t r eck t en sich auf 6 Bluter , 8 s ichere K o n d u k t o r f r a u e n , durch Blu te r s6hne und Enkel bewiesen, und 33 Frauen , bei d e n e n die Anlage zur Wei te r - ve r e rbung der H/~mophilie durch den Erbgang noch n ich t bewiesen ist. U n t e r den l e t z t e ren bef inden sich 3 T6chte r eines Bluters , die nach der augenblickl ich a n e r k a n n t e n Regel von NASSE immerh in als K o n d u k t o r e n angesehen werden mfissen. Wir b e t o n e n an dieser Stelle noch ausdrficklich, dab wir nur die jenigen als s ichere K o n d u k t o r e n aufgeffihrt haben , die sich durch den wei te ren E r b g a n g als solche erwiesen h a b e n (Blu ters6hne und Enkel) .

Bei unseren gerinnungsbiologischen Untersuchungen bedienten wir uns der von Fos!IO angegebenen Methodik [Z. klin. Med. 119, H. 5 u. 6 (1932)]. Es wird dabei die Wirkung der isolierten Pl~tt- chen der H~mophilen und der Konduktoren mit derjenigen yon normalen Pl~ttchen verglichen. Als Testobjekt f/ir die Gerinnung diente uns h~mophiles plAttchenhaltiges Plasma. Wit verglichen, wie FoNIo, die Gerinnungszeiten miteinander. Hierbei kam es uns nicht nur auf die Feststellung der endgt~ltigen Gerinnungszeit an, sondern wir verfolgten besonders auch den Ablauf des Gerinnungs- vorganges. Die Pl~ttchenisolierung sowie die Herstellung des hAmophilen Plasmas geschah mit dem Fonioschen Unterkt~hlungs- zentrifugierverfahren. Perner wandten wir unser Augenmerk auf einige charakteristische morphologische Ver~nderungen des Blut- bildes. Thrombocyfenz~hlung ebenfalls nach FoNIo.

Alle untersuchten Personen haben wit in zwei Altersklassen eingeteilt, wobei wir das 4 o. Lebensjahr als Grenze gesetzt haben. Denn nach unseren Erfahrungen t r i t t mit zunehmendem Alter bei inanifesten Blutern die Blutungsneigung weitgehend zuriick, eine Tatsache, auf die auch SCHLOSSMANN hinweist, yon FONIO allerdings bezweifelt wird.

Page 2: Über Blutveränderungen bei Hämophilie

15. JULI I939 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . I8 . J A H R G A N G . N r . 28 961

I . Morphologische B lu tun tersuchungen an Hamoph i l en .

U n t e r d i e s e r R u b r i k w e r d e n n e b e n d e n T h r o m b o c y t e n -

z a h l e n a u c h d i e G e r i n n u n g s z e i t e n a u f g e f f i h r t .

Nr, Name [IErytbro-! Thrombo ]_

Jahre [ cy ten i! Mill. I cyten

Gerinnungszeit

Beginn I Ende I

1 H . Z .

2 H . .

3 A . L . 4 W . L . 5 P . J -

a) Bluter unter 40 Jahre~.

5 ] 4,4 4 5 8 o o o 2 M i n . 4 o S e k . 7 M i n . 3 o S e k . IO 5 , i 3 5 8 0 0 0 I ,, 25 9 ,, IO ,, 12 4 , 9 285OO0 I ,, 3 ~ ,, 13 ,, 5 ,, 18 4,7 2 9 6 0 0 0 I ,, IO ,, I I ,, 36 4,5 418O0O I ,, 3O 6 ,, 3 ~ ,,

b) Bluter i~ber 40 Jahren.

I [ P . R . I 60 I! 5,3 [ 2 1 2 0 0 0 1 1 M i n . 3 o S e k , I 3 M i n .

I I . Morphologische Blutunters~chungen an KonduIctoren.

Nr. ] Erythro- I Name J a h r e eyten Thrombo-

Mill. cyten

Gerinnungszeit

Beginn I Ende

a) Sichere Konduktor]rau unter 40 Jahren.

I I A . L . t 34 ]1 5 , I 1 4 1 3 ~ 1 7 6 1 7 6 I I M i n . 55S e k . I 7 M i n . I5 Sek.

b) S@here Konduktoren i~ber gO Jahre.

1 E . Z, 41 4,6 2 9 0 0 0 0 [4 o Sek. i Min. 15 Sek. 2 L . L . 43 5,4 3 3 o o o o 13 o ,. 3 ,, 15 3 B . G . 52 5,2 2 0 3 o 0 o ]4 ~ ,, I ,, 3 ~ ,, 4 E . J . 62 4, 6 2 5 8 o 0 o 45 ,, i ,, 45 ,, 5 S . T . 6 6 4,6 1880oo ~ i M i n . 2 5 S e k 3 ,, 15 ,, 6 t3. T . 92 4,4 2 7 3 o 0 0 [3 o Sek. 2 ,, 7 M . K . 68 5, ~ 255 ~ '15 ~ ,, 5 ,, 45 ,,

e) Fragliche Konduktoren unter 40 Jahren.

I G . S . I I 5,0 351000 3o Sek. 5 Min. 45 Sek. 2 E . K . I i 4 ,6 4 6 8 0 o 0 2 Min. 6 , , 2o ,, 3 K . F . 2o 5,4 3 0 2 o 0 o 5 o S e k . 6 ,, 55 ,, 4 E . H . 37 4,3 335 ~ t Min. 20 S e k 5 ,, 3 ~ ,, 5 K . W . 37 4,4 185ooo 3 ,, 6 ,, 6 E . K . 21/2 4,1 321ooo 4 o S e k . I ,, IO ,, 7 E . Sch, 4 4 ,6 2 8 5 o o 0 I Min. lO ,, 4 ,, 5 ~ ,, 8 M . S . 5 4,5 2 7 0 0 0 0 I IO ,, 3 ,, 9 M . G . 7 4, ~ 153000 45Se~: . 4 ,, 5 ,,

lO R . K . 8 4, ~ 4 1 2 0 o 0 4 ~ ,, 3 ,, 5 ,, I I F . N . 8 4,8 2 7 6 o 0 o 25 ,, I ,, IO ,, 12 A . W . 9 3,9 1790oo I Min. I ,, 3 ~ ,, 13 L . G . 13 4,7 1 8 8 0 0 0 1 ,, 4 ,, 15 ,, 14 E . S . 14 3,9 27oooo I ,, 3 ,, 20 ,, 15 S . S . 21 4,3 - - 2 ,, 25 ,, 4 ,, 3 ~ ,, 16 A . H . 22 5,o 2 1 6 o 0 o 2 ,, 45 ,, 3 ,, 3 ~ ,, 17 K . S . 26 3,9 2 6 6 o o 0 2 ,, 4 ,, 18 F . E . 3 ~ 4 , I 152ooo 125Sek . I ,, 25 ,, 19 E . S . 3 ~ 3 , 5 2 1 1 o o o 45 ,, 4 ,, 2o ,, 20 K . R . 3 ~ 4, 2 1 7 0 0 0 0 5 ~ ,, 3 ,, 21 E . K . 31 4,5 1 3 5 0 0 0 3 ~ ,, I , , 3 ~ ,, 22 E . S . 33 3,9 2 4 6 o o o 2 Min. 4 ,, 5 ,, 23 K . H . 34 4,4 2 2 0 0 0 0 I ,, I O ,, 2 , , 2 0 ,, 24 G . N . 38 3,6 2 5 o o o o I ,, 15 ,, 2 ,, 25 E . S . 39 3,7 2 1 8 o o o 3 o S e k . 2 ,, 15 ,, 26 E . K . 5 4,6 1 3 9 0 0 0 3 ~ I ,, 4 ~ ,, 27 L . R . 2~ - - - - 21~;n . 4 ~ ,, 3 ,, IO ,, 28 M . Z . 31 3 o S e k . I ,, 45 ,,

d) Fragliehe Konduktoren i~ber 40 Jahren.

4,3 339000 35M? 2 I E . K . 43 4,8 3 1 2 0 o 0 ] I Min. 25 3 ~ Sek. 3 ] E , G . 4I 4,1 2o5ooo12o e ,. 4 E. Gr . 41 4,3 181ooo 2o ,, 20 5 ,, 5 A . P . 58 4,5 1 8 o o o o t Min . 3 ~

111. Morphologische B lu tun tersuchungen an gesunden m~inn- lichen Mitgl iedern der F a m i l i e M a m p e l .

]~rythro- Nr, Name Jahre eyten Thrombo-

Mill. cyten

I W . K . 6 - - - - 2 K . Z . 9 4,5 2 0 9 0 0 0 3 I G . G . 12 4,8 2 8 8 0 0 0

4 R.Zs 67 - . I - - 5 A. . i 5,o 45 o o o o

Gerinnungszeit

Beginn

25 Sek. 15 ,,

3 M i m 4 o Sek. 3 ~ Sek .

5 ~ ,,

Ende

2 Min. 25 Sek. i ,, 4 o, ,, 4 ,, 15 ,, 4 ,, 15 ,, 2 ,, 3 ~ , ,

I V . Morphologische B lu tun tersuchungen an Gesunden, nicht aus der F a m i l i e l~lam, pel stara,menden Vergleichspersonen.

Nr, Erythro- Gerlnnungszeit

Name J a h r e cyten Thrombo- Mill. cyten Beginn Ende

t G . H . 13 3,9 2 o o o o o 5 ~ Sek. 3 Min. 45 Sek. M. 1VL 22 3,9 18o0oo 4 ~ ,, 3 IO ,,

15 ,, E . H . 23 3,8 1050oo I 4 ~ ,, L . H . 27 4,0 I6OOOO 4 ~ ,, 1 15 ,, S . A . 45 3,7 1 5 7 o 0 o 15 I ,, 4 ~ ,,

I m f o l g e n d e n g e b e n w i r d ie d a z u g e h 6 r i g e n D i f f e r e n t i a l b l u t b i l d e r :

Nr. Eosino- Basophile Jugend- Stab- Segment~ LyInpho- Mono- phile liche kernige kernige cyten cyten

I II

2 8

3 7

4 5 2

i ll -

i l! 7

2 3 2 4 6 5 6 7 12

i 6 2 4 3 4 5 6

7 8

9 lO I I 12 13 I 4 I 5 i 6 17 18 19 2O 2 I 2 2 23 24 25 26 27 28

i 4 2 3 3 4 5 5 2

2 6

3 3 4 i o 5 I i

i 6 2 2

3 4 5 2

Z u l a .

- - - - I " I

I I

3 5

Z u I b.

- - I 3 i

g u I I a.

1 - I 5 Z u 11 b.

L 4

- - 3 - - 2

2

Z u 11 e. - - - - 2

2

1 I - - - - 5

- - - - 3

I

- - - - 2

- - - 4

I

Z u I I d . - - - I - -

- - 1

- - - - 3

- - - - 2

Z u I I I .

32 m

- l - 3

Z u I V . I - - I

- - $

- - l - - 6 I I - - 6

] I

5 I

43 4 I

45 68 51

4 ~

4 T

46 38 51 55 54 38 46

39 44 41 41 34 53 t8 49 r 35 53 38 58 39 55 56 46 57 44 60

5 ~ 48

45 47 49 4 c 65 4 c

47 5 5 62 48 62

47 52 38

45

40 58 46

i 61 i 59

45 49 48 28

4 ~

5 ~

43

47 46 38 32 35 5 I

4 ~

49 50 43 5 I 36 39 37 38 48 49 34 47 35 46 29

4 ~ 42 39 44 32 46 36 34 36 45 51 2 9 4 ~

45 4 ~ 35 44 28

44 37 49 49

46 36 38 30 32

2

I I

4 2

4 2 8 3 4 I I

7 4 7 4 7

3 4

I 2 I

7 I 0

7 2 2 2

4

3 I

3 6

6 �84 2 2

Page 3: Über Blutveränderungen bei Hämophilie

962 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

V. Gerinnungsbiologisehe Untersuchungen an Kondu~toren. Es soil festgestellt werden, nach welcher Zeit das als Test-

objekt dienende Plasma (Plasma I naeh F o l i o ) gerinnt bei Zusatz yon I. Konduktorpl~ttchen, 2. normalen Pl~ttchen, 3- h~mophiten Pl~ttchen und 4. ohne Zusatz. Die verschie- denen daffir ben6tigten Pl~ttchenemulsionen wurden nach dem yon FoNIo angegebenen Unterkfihlungszentrifugier- verfahren hergestellt .

Es kanl uns hierbei nicht nur daranf an festzustelIen, nach wetcher Zeit die Gerinnung vollst~tndig war, sondern wir vergIichen auch besonders den Ablauf des ganzen Ge- rinnungsvorganges. In der Iolgenden l~bersicht fiber die Einzetergebnisse kommt das darin zum Ausdruck, dab wir neben den Zeiten, nach denen die Gerinnung vollstXndig war, auch den Zeitpunkt des Gerinnungsbeginns angeben (,,schwap- pendes Koagulum") .

I. Sichere Konduktorjrau. (Ats Testobjekt wurde h~mophiles Plasma. benutzt. \Vir

gaben jeweils zu z ecru Plasma o,5 ccm PtXttchenemulsion.)

Konduktor~ Normalpl~ittehen t Ham0phile Ohne pliittchen / Pl~ttcher~ Zusatz

beginn . 35Min,~oSek, 16Min. 3oSek. 3Std, I 5Min.I ? Gerinnungs-

ende . . 5 ~ , , 5 ~ , , ? ?

t3eim Zusatz hgmophiler Pt~ttchen zu dem h~mophilen Plasma wurde nach i Stunde etwas Gerinnselbildung beobaeh- tel, nach 3 Stunden t ra ten die ersten Anzeichen einer Gallert- bildung ant, nach 3 Stunden ~5 Minuten ,,schwappendes Koagulum". Das Gerinnungsende lieg sich nicht sicher be- stimmen, da das Plasma iiberhaupt nieht ganz test geworden war. ~hnliche abweichende Verbgltnisse wurde~x beim Kon- trollversuch ohne Zusatz pl~ittchenhaltigen Materials zu dem hXmophilen Plasma beobachtet: Nach I Stunde war das hgmophile Testplasma nod~ ganz unver~indert; nach 3 Stunden war immer noch nicht die Gatlertbildung eingetreteu.

I1. ~ragtiche Ko~du~tor~.rau. (Als Testobjekt wurde wieder hiimopbiles Plasma benutzt ;

jeweils 0,5 ccm Pl~ittchenemulsion zu x ccm Plasma.)

KonduktOr-pl~ittchen _,l.i N P~ Ichen [ H~mophileplattche~ 0hue Zusatz

Gerinnungs- 26 Min 3 ~ Sek. I6 Min. beginn �9 I1 .. 2 Std. 30 Min. 2 Std. 3 ~ Min. Gerinnungs-

ende . . t15 o ,, 5 ~ ,, ? ?

Es ist dabei zu vermerk6n, dab das Endprodukt des Ge- rinnungsvorganges der Konduktorpl~ittchen sich dutch auf- fatlend feste Konsistenz auszeiehnete. Nach Zusatz h~tmo- philer Pl~ittchen beobaehtete man ebenso wie im Leerversuch (ohne Zusatz yon Pl~tttchen) erst nach I S t u n d e etwas Gerinnselbildung, naeh 2 Stunden 3 ~ Minuten begann die Gallertbildung, w~thrend das Gerinnungsende auch hier nicht best immt werden konnte,

Besprech.ung der Ergebnisse. Wenn wit die Ergebnisse der morphologischen Unter-

suehnngen zusammenfassen, so fallt zuni~chst eine weitgehende ~bereinst immnng zwischen sicheren Konduktoren and ]31utern auf. Es ist natfirlich schwierig, an Hand eines einzelnen FMles irgendwetehe Sehliisse zu ziehen, aber wir glauben doch ant Grund unseres immerhin recht umfangreichen Materials die Bedeutung der morphologischen Blutuntersuchung ffir die Erfassung yon Konduktoren hervorheben zu k6nnen. Ant die erbhygienisch e 13edeutung dieser M6glichkeit haben wit bereits oben hingewiesen.

Am auffallendsten ist bei ]31utern und sieheren Kondnk- toren die relative Lymphocytose, die nut bei einem mani- festen Bluter vermif3t wurde (28% Lymphocyten). Auch die sicheren Konduktoren unter 4 ~ Jahren zeigten dieselbe

R I F T . I8, J A H 2 R G A N G . Nr. 2'8 ~5. JULI~939

Ver~nderung, Von 6 sicheren Konduktoren fiber 4 ~ Jahren wiesen noeh 3 diese Ver~nderung auf. Von 2 7 fraglichen Konduktoren unter 4 ~ Jahren zeigten 2 3 die Lymphocytose (35 % and mehr).

Von d e n 5 Blutern m~ter 4 ~ Jabren zeigten 3 eine dent- tiche Eosinophilie ( t i % , 8%, 7%). Anch die sichere IZon- duktorfrau unter 4 ~ Jahren weist 7 % Eosinophile auf. Von 7 Konduktoren fiber 4 ~ Jahren bat ten 3 vermehrte Eosino- phile (I2 %, 5 %, 6%). Auch bei den ~brigen fragfichen Kon- duktoren befinden sich einige mit vermehrten Eosinophiten. Diese Eosinophilie ist bemerkenswert and sollte aueh bei Be~ urteilung anderer Stammb~ume Berficksichtigung linden, Ein pathognomonischer Wert dfirfte ihr einstweilen noch nieh.t zukommen, zumal da wir bei unseren Fallen nicht in der Lage waren, a.ndere Ursachen f/Jr die Eosinophilie auszu- sehlieBen.

Die Thrombocyten waren bei allen untersuehten H~mo- philen unter 4 ~ Jahren vermehrt, w~brend der Bluter iiber 4 ~ jahren mit 212ooo einen normalen \Vert aufwies. Die sichere Konduktorfrau unter 4 ~ Jahren hat te mit 413ooo einen deutlich erh6hten Weft, wahrend die Ergebnisse bei den sicheren Konduktoren fiber 4 ~ Jahren hier keine verwert- baren Ver~nderungen aufwiesen. Dabei ist auffallend, dab die jfingsten unter dieser 2. Gruppe (4I lind 43 Jabre) noch erh6hte Werte aufwiesen.

Von 26 fraglichen Konduktorfrauen unter 4 ~ Jahren wiesen 12 erh6hte Thrombocytenwerte auI (fiber 25oooo nach Fo~m) .

Die Erythroeytenwetfe zeigten bei allen G~-uppen keine verwertbaren Ver~nderungen. Infotge der hitufigen Blutungen bei H~imophilen i s t e s bier ja auch schwierig, irgendwelche Normen aufzustellen. Dieselbe Unsicherheit besteht selbst- verst~indtich auch bei der Verwertung des Hiimoglobin~ gehaltes.

tIinsichtlich der Gerinnungszeit bei den manifesten Blutern ist bemerkenswert, dab als einziger der 6oj~ihrige mit 3 Minuten einen normalen "Wert aufwies. In 13berein~ st immung mit diesem 13efund wiesen sgmtliche sichere IKon- dnktorfrauen fiber 4 ~ Jahren normale Gerinnungszeiten an'f, w~ihrend die 34j~hrige sichere Konduktorfrau einen erhShten. V~ert hat te (7 Minuten 15 Sekunden).

I~ei 33 fraglicben Konduktorfrauen fanden wit in 6 Fallen vertgngerte Gerinnungszeiten (fiber 5 Minuten); eine davon ist fiber 4 ~ Jahre (43J~ihrig: 5 Minuten 3 ~ Sekunden). In diesem Zusammenhang verweisen wir auf unsere gesunden Vergleichspersonen aus anderen Sippen, wobei der h6chste Wer t 3 Minuten 45 Sekunden war.

Die gerinmmgsbiotogische Untersuchung bei der einzigen nach unseren MaBst~iben sicheren Konduktorfrau unter 4 ~ Jahren und einer weiteren fraglichen Konduktorfrau er- gab immerhin eine gewisse funktionelle Minderwertigkeit der Tbrombocyten gegenfiber normalen. I)iese mangelnde Funk- tion taBt sich freilich nicht erkennen, wenn man tediglich die Zeiten vergleicht, nach denen die Gerinnung vollst~tndig ist. Es zeigten sich bei der Konduktorfrau deutliche St6rungen im Ablaut des Gerinnungsvorganges, wenn auch die vollst~indige Gerinnnng nicht mehr Zeit beanspruchte als nach Zusatz yon normalen Plattchen zu dem als Testobjekt dienenden h~mo- philen Plasma.

t3ei Zusatz hfi.Inophiler Plgttchen wnrde als Ansdruck d e r Minderwertigkeit dieser die Gerinnnng fiberhal~pt nicht votl- sta.ndig und glich weitgehend dem Gerinnungsablauf im Leer- versuch ohne Pl~ittchenzusatz.

Zusarmn.enJcas'send lXBt sich also sagen, dab bei vielen klinisch sonst gesunden Konduktoren sich mehr oder weniger charakteristische Ver~inderungen des ]3lutes linden. Die Thromboeyten zeigen bei fast Mien Fallen eine Vermehrung gegeniiber den m i t d e r Fonioschen Methode ermittelten Normalwerten. Desgleichen finder sich ill einem Tell der F~lle eine mehr oder minder deutlich ausgepr~gte Verliinge- rung der Gerinnungszeit. Im gleichen Sinne sprechen die Untersuchungen fiber das gerinmmgsbiotogisehe Verhalten der Pl~ttchen. Die yon uns gefundene Lymphoeytose bei

Page 4: Über Blutveränderungen bei Hämophilie

~5. JULI 1939 K L I N I S C I I E W O C H E N S C

e inem sehr grof3en Tell de r K o n d u k t o r e n kann unse res Er - ach tens im vor l i egenden Fal l n ich t v e r w e r t e t werden , well sich d a r u n t e r viele K inde r bef inden. An t Grund unse re r U n t e r s u c h n n g e n sind wir freilich noch n i ch t in der Lage, s ichere K o n d u k t o r e n yon e rbgesunden Sippengl iedern zu un te r sche iden . I m m e r h i n sind die yon uns ge fundenen Ver- ~nde rungen charak te r i s t i sch genug, um an e inem gr6Beren Mater ia l we i te rver fo lg t und zu einer s icheren E r k e n n t n i s aus- g e b a u t zu werden .

I n t e r e s s a n t in d iesem Z u s a m m e n h a n g is t es, dab die nach der Nasseschen Regel in unse rem S t a m l n b a u m als u n b e d i n g t anzusehenden K o n d u k t o r e n (3 T6chte r eines Bluters) n ich t die fiir unse re a n d e r e n s icheren K o n d u k t o r e n charak te r i s t i sche Ver l~ngerung der Ger innnngsze i t zeigten. Es l iegt j edoch n ich t in der Abs i ch t d ieser Arbei t , auf die Ve re rbungs p ro b l eme der H~mophi l ie e inzugehen .

Die bei den Blu te rn ge fundenen VerXnderungen des Blut - bildes decken sich vo l lkommen mi t den Mlgemein b e k a n n t e n Ta t sachen .

L i t e r a t u r : A. FoNio, Z. klin. Med. 89, H. I/2 (192o); xI 9, H. 5/6, 687 (1932); 125, H. 1/2, 129 (I933) - - Korresp.bl. Schweiz. ~rzte 1915, Nr 48 -- Erg. inn. Med. 5 I, 443 (1936). - - W. J. KLUG, Dtsch. Z. Chir. 199, H. 3 u. 5 (1926). -- S. L6FGREI~, Klin. Wschr. 1937, I782. - - H. SCt~L6SS~A~N, Neue dtsch. Chit. 47 (193o) �9 - - E. TRAL'M, G. SCHAA~ U. H. LINDEN, Kiln. ~Vschr. 1931, I I L

ENTHALT DIE MENSCHLICHE PLACENTA CHOLINESTERASE ?*

Yon

E. NAVRATIL u n t e r Mi ta rbe i t yon cand. reed. JOSEF SPURNY.

Aus der I. Universit~ts-Frauenklinik Wien (Suppl. Leiter: Prof. Dr. H. SIEGMUNI)).

1)ber das V o r k o m m e n yon f re iem Cholin und Acetyl - chol in in de r n lenschl ichen P lacen ta liegen b i sher eine ganze Reihe y o n U n t e r s u c h u n g e n vor . Seit d e m Ber ich te yon SIEVERS ~ befaBten sich zahl re iche Au to ren mi t d e m Cholin- k6 rpe rgeha l t sowohl der re i fen wie auch unrei fen menschl ichen P lacen ta , u m so vor al lem die Frage nach de r phys io logischen Bedeu tung der p l acen ta ren Cholinstoffe ffir die Gebur t swehen zu analys ieren . KOTTLORS ~ konn t e einen deu t l i chen U n t e r - schied zwischen d e m Chol ingehal t unreifer P l acen t en (61 mg Cholinchlor id pro iooo g Gewebe) und reifen Ka i se r schn i t t - p l acen ten fes ts te l len. Diese en th ie l ten je nach der voran- gegangenen \ u 7o--92 rag, wobei die h 6 ch s t en W e r t e bei j enen P l a c e n t e n aufgefunden wurden , die un te r s t a rken SYehen g e s t a n d e n h a t t e n . WREDE, STRACK und BORNHOFEN~ f anden pro I o o o g rel ier P l a c e n t a (Feucht - gewebe) 9 o - - I 8 o m g Cholinchlorid, BlSCHOFF, GRAB und KAPFHAMMER 4 bis zu 220 ing Acety lchol inchtor id . Die U n t e r - suchungen yon HAUPTSTEIN 5 ergaben pro K i log ramm F e u c h t - gewebe fiir die reife P l acen ta 7 4 - - i 4 i mg, im D u r c h s c h n i t t lO6 mg, ffir die unreife wei taus h6here Wer te , nAmlich 241 bis 459 rag, im D u r c h s c h n i t t 341 mg. Die H a u p t s t e i n s c h e n W e r t e ffir die unrei fe P l acen ta wurden yon STRACK und GmSXNSD6R~ER~ abge lehn t ; diese Au to ren f inden im Mit te l I 9 o m g Cholinehlor id im I42ilogramm unreifer P lacen ten , so dab d e n m a c h nach d iesen U n t e r s u c h u n g e n und den vor- erw~thnten von ~VREDE, STRACK und I3ORNHOFtgN sowohl die reife wie auch unreife P l acen ta einen gleichgroBen Geha l t an Chol ins toffen aufweisen wfirde. CHANG und GADDUM 7 k o n n t e n ebenfalls einen f iberraschend h o h e n Acety lchol ingeha l t de r menschl ichen P l acen t a nachweisen (28)~ per G r a m m Gewebe). Nach GADDOM s be t r~g t der Ace ty lcho l ingeha l t 15 - - i33 mg pro K i log ramm (CHANG und WO~G). Zusammenfassend kann gesag t werden , dab die menschl iche unreife wie auch reife P l acen ta einen auffal lend h o h e n Ace ty lcho l ingeha l t (freies und gebundenes Ace ty lchol in ) aufweist , dessen ]3e- deu tung Ifir d i e Wehent / i t igke i t Mlerdings b isher nichs ein- deu t ig gekl~r t ist .

* Auszugsweise vorgetragen auf der 17. Tagung der Sfidostdeutsehen Gesellschaft f. Geburtshilfe und Gynfikotogie, Breslau, 25. uad 26. II. 1939.

H R I F T . 18. J A H R G A N G . Nr . 28 963

Der Acety lchol ins tof fwechse l wird nun a l lgemein du rch ein besonderes F e r m e n t - - die Chol ines terase - - geregel t , das sowoht die hyd ro ly t i s che Spa l tung des Ace ty lchol ins (O. LoEwi und E. NAVRATIL 9) als auch die S y n t h e s e y o n Ace ty lcho l in herbe i f i ih r t (ABDERHALDEN nnd PA'FFRATtt 1~ AMMON und KWlATKOWSN111, STEDMAN und STEDMANI~). CHANG 13 s te l l te eine Ace ty t cho l in syn these auch du rch Pla- c e n t a e x t r a k t e test . Bei dem unzwei fe lhaf t b e s t e h e n d e n auffal lend h o h e n Geha l t de r mensch l i chen Placenta, an Acety l - cholin erschien es m m yon In teresse , fiber den Chol ines terase- geha l t dieses Organes U n t e r s u c h n n g e n anzuste l len. Die vor - l iegende A rb e i t befal3t s ich d a h e r zun~chs t mi t de r Frage, ob sich das mensch l i che P l acen t a rg ew eb e f ibe rhaup t ats cholJnes teraseh~l t ig e tweis t .

Zur Beantwortung dieser Frage wurde das Minzsche Verfahren gew~hlt. Die Versuche wurden in der Ar t durchgefiihrt, dab der auf seinen Cholinesterasegehalt zu prfifende Placentarextrakt mit einer AcetylcholinI6sung (Acetylcholin Hoffmann-La Roche) yon bekannter Konzentration zusammengebracht wurde, die nach einer best immten Zeit am physostigminisierten Blutegelrficken- muskelpr~parat zur Auswertung gelangte. Beim Vorhandensein des Fermentes in dem Extrakt war ein durch die hydrolytische, fermentative Spaltung des Esters bedingter Wirksamkeitsverlust an Acetylcholin zu erwarten. DaB dieser Wirksamkeitsverlust des zugesetzten Acetylcholins tats~chtich auf eine fermentative Span tung zurfickzuffihren ist, wurde damit bewiesen, dab dem System: Placentarextrakt - - Acetylcholin, Physostigmin zugesetzt wurde, das nach den Untersuchungen yon O. LoEwI und E. NAVRATIL die Cholinesterase inaktiviert, so dab das gesamte zugesetzte Acetyl- cholin in diesen Proben wiedergefunden werden mul3te.

Im einzelnen wurden die Versuche folgendermal3en durchgefiihrt: Die Placenten wurden gleich nach ihrer Gewinnung (spontane Aus- stol3ung nach normalen Geburten oder manuelle L6sung anli~Blich eines Kaiserschnittes) mit physiologischer Kochsalzl6sung durch- gespalt und so entblutet. Hierauf wurden zu je 1 g Feuchtgewicht 2 ccm Ringerl6sung zugesetzt und mittels etwas Quarzsandes zerrieben. Nach 4-~5st~ndigem Stehen bei Zimmertemperatur wurde dutch Zentrifugieren, Abpipettieren und Filtrieren der Ext rak t gewonnen, der auf seinen Fermentgehalt zu prfifen war. Als Standardansatz wurde eine Aeetylcholinkonzentration yon 1:4ooooo und eine Extraktendverdfinnnng yon 5o% gew~hlt. In Versuchen, bei denen yon diesem Ansatz abgewichen wurde, ist dies eigens vermerkt. Das in fiblicher VVeise hergestellte Blut- egelpr~parat wurde in einer Ringerphysostigminl6sung sensibili- siert (5 mg Eserin pro Liter Ringerscher L6sung).

Zun~tchst war die Frage zu b e a n t w o r t e n , ob in der en t - b lu te ten , reifen, s p o n t a n a u s g e s t o g e n e n P lacen ta Cholin- es te rase nachgewiesen w e rd en kann .

Die zu dem Versuch vom 3. I. 1939 verwendete Placenta s tammte yon einer II-para. Spontanabgang der Placenta 20 Minuten post partum. Placenta: Gewicht vor der Verarbeitung 54 ~ g, Gr6Be Io: 15:2 cm. Verstmhsansatz wie bereits angeffihrt. In der Abb. I ist die Auswertung festgehalten. Der Placentarextrakt war in tier entsprechenden Verdfinnung unwirksam (6). Der durch den Cholinesterasegehalt des Placentarextraktes bewirkte W'irksam- keitsverlust des dem System zugesetzten Acetylcholins ergibt sich aus dem Vergleich von I, 4 mit 7. ~T~hrend eine Acetylcholin- 16sung 1:4oooooo sich als sehr stark wirksam erwies (7), konnte in der dieser Probe entsprechenden Verdfinnung in d e r m i t Placentar- extrakt versetzt gewesenen Probe kein Acetylcholin mehr nach- gewiesen werden (1, g). Durch Zusatz von Physostigmin (End- konzentration 1:4oooo) zu der Probe Placentarextrakt-Acetyl- cholin, wurde die SpMtung des Esters praktisch quant i ta t iv gehemmt (Vergleich yon 2 mit 7 und von 3 mit 5).

Aus d iesem V er s n ch g e h t d e m n a c h he rvo r , d a b sich die en tb lu t e t e , reife, s p o n t a n ausges toBene P l a c e n t a als chol in- es te raseh~l t ig erweis t .

Die n g c h s t e n U n t e r s u c h u n g e n ga l t en der Frage , ob auch in der nnre i fen P l a c e n t a das F e r m e n t nachgewiesen w e r d e n kann .

Die im Versuch yore 6. II. I939 verarbeitete Placenta s tammte yon einer Pat., bei der wegen multipler Sklerose eine 4monatige Gravidit~t mi t te l s Fundusquerschnittes unterbrochen werden muBte. W~hrend die Acetylcholinkonzentration des Ansatzes ebenfatts 1:4ooooo betrug, wurde der Ext rak t in einer Endver- dfinnung yon i2,5 % angesetzt. Aus diesem in Abb. 2 wiedergege- benen Versuch zeigt es sich, dab es auch in dieser Placenta das Ferment vorhanden ist, da dutch den Zusatz yon Physostigmin die Spaltung des Acetylcholins au~gehoben wurde.