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228 Strecker, iiber das Arbutin Kali gelost und noch einmal als Schwefelquecksilber gefallt und gewogen. Aus dem Filtrat wurde der Schwefelwasser- stoff durch gelindes Erwarmen vertrieberi und das Jod durch eine stark niit Salpetershure versetzte Silberlosung als Jod- silber gefallt und gewogen. Carlsruhe, Juni 1858. Ueber das Arbutin und seine Verwandlungen ; von A. Strecker *). In den Blattern der Barentraube (Arctostaphylos uva ursi) fand Ka w alier (iS5Z) einen krystallisirten Bitterstoff, wel- chen er Arbutin nannte, und dessen Zusamrnensetzung er durch die Formel C32H22019 + 2 €I0 ausdriickte. K a w a 1 i e r beobachtete ferner, dafs das Arbutin bei der Behandlung init Emulsin sich in Traubenzucker und einen anderen krystal- lisirbaren Korper spaltet, den er Arctuvin nannte, und des- sen Zusamniensetzung er durch Ceo13100~ darstellte. Die Spaltung des Arbutins erklarte er sonach durch die Gleichung : C32%?2019 = c2ohA& + ~12~1201% Arbutin Arctuvin Traubenzucker. Da die Folia uvae ursi in Norwegen in grofser Menge gesammelt und theils in den Apotheken, theils zur Bereitung von Dinte benutzt werden, so fand ich Veranlassung, den Bitterstoff einer weiteren Untersuchung zu unterwerfen. Ich stellte das Arbutin durch Auskochen der Blatter mit Wasser, Fallen des Filtrats mit basisch-essigsaurem Bleioxyd *) Aus den gelehrten Anseigen der IK. Acadernie der Wissenschaften zu nliinchen, Nr. 69.

Ueber das Arbutin und seine Verwandlungen

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Page 1: Ueber das Arbutin und seine Verwandlungen

228 S t r e c k e r , iiber das Arbutin

Kali gelost und noch einmal als Schwefelquecksilber gefallt und gewogen. Aus dem Filtrat wurde der Schwefelwasser- stoff durch gelindes Erwarmen vertrieberi und das Jod durch eine stark niit Salpetershure versetzte Silberlosung als Jod- silber gefallt und gewogen.

C a r l s r u h e , Juni 1858.

Ueber das Arbutin und seine Verwandlungen ; von A. Strecker *).

In den Blattern der Barentraube (Arctostaphylos uva ursi) fand Ka w a l i e r (iS5Z) einen krystallisirten Bitterstoff, wel- chen e r Arbutin nannte, und dessen Zusamrnensetzung e r durch die Formel C32H22019 + 2 €I0 ausdriickte. K a w a 1 i e r beobachtete ferner, dafs das Arbutin bei der Behandlung init Emulsin sich in Traubenzucker und einen anderen krystal- lisirbaren Korper spaltet, den er Arctuvin nannte, und des- sen Zusamniensetzung e r durch Ceo13100~ darstellte. Die Spaltung des Arbutins erklarte e r sonach durch die Gleichung :

C32%?2019 = c 2 o h A & + ~ 1 2 ~ 1 2 0 1 % Arbutin Arctuvin Traubenzucker.

Da die Folia uvae ursi in Norwegen in grofser Menge gesammelt und theils in den Apotheken, theils zur Bereitung von Dinte benutzt werden, so fand ich Veranlassung, den Bitterstoff einer weiteren Untersuchung zu unterwerfen.

Ich stellte das Arbutin durch Auskochen der Blatter mit Wasser, Fallen des Filtrats mit basisch-essigsaurem Bleioxyd

*) Aus den gelehrten Anseigen der IK. Acadernie der Wissenschaften zu nliinchen, Nr. 69.

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land seine Verwandlungen. 229

und Eindampfen der durch Schwefelwasserstoff von Blei be- freiten Losung dar. Die beim Stehen der concentrirten Fliissigkeit sich abscheidenden Krystalle liefsen sich leicht durch Umkrystallisiren unter Zusatz von Thierkohle in farh- losen seideglanzenden Nadeln erhalten. Sie zeigten die Eigenschaften, welche K a w a l i e r von dem Arbutin ange- geben hat; sie sind in kochendem Wasser sehr leicht 1%- lich, weniger in kaltem Wasser, in Alkohol und fast nicht i n Aether. Sie schmecken bitter, reagiren neutral, werden durch Metallsalze nicht gefallt und geben mit schwefelsaurem Kupferoxyd und iiberschussigem Kali versetzt eine dunkel- blaue Losung, aulj welcher beim Kochen kein Kupferoxydul niederfallt.

Auch die Analyse der Krystalle gab Zahlen, welche den yon K a w a l i e r gefundenen nahe stehen; ich drucke die Zu- ssmmensetzung durch eine von der Ka w a 1 i e r 's ganz ver- schiedene Formel aus, welche aus der Zusammensetzung der Spaltungsproducte, wie ich sogleich zeigen will, sich ergiebt, namlich durch C84N16014. Die Analysen ergaben nlmlich fiir die wasserfreie Substanz :

Gefunden 7 A --.4

Streclter Kawalier Berechnet a. b,

Cs* 144 52,6 52,5 53,1 52,4 52,6 a,, 16 5,9 5,9 5,9 6,2 6,1 014 112 41,5 - - I -

272 100,O. a. bei 100° getrocltnet, b. geschmoleen bei 170".

Das krystallisirte Arbutin enthalt 1 Aeq. Wasser mebr, was bei 100° weggeht.

Rerechnet Gefiindeii cz4 51,2 51,O 49,9 HI? 6,1 6,3 6,3

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230 S t r e c k c r , iiber das Arbutin

Kocht man Arbutin rnit verdunnter Schwefelslure, S O

bemerkt man kaum einc Veranderung der Losung; sie hat jedoch hierdurch die Fahigkeit erhalten, alkalische Kupfer- oxydlosungen zu reduciren. Schuttelt man die Losung, nach- dem sie langere Zeit im Kochen erhalten wurde, wit Aether, und verdampft den atherischen Auszug, so hinterbleiben farb- lose Krystalle , die in Wasser , Alkohol und Aether leicht loslich sind. Dieselben sind mit dem von K a w a l i e r durch die Einwirkung von Eniulsin auf Arbutin erhaltenen, Arctuvin genannten Stoff identisch.

Die Untersuchung dieser Krystalle ergab das interes- sante Resultat, dak sie nichts Anderes als Hydrochinon sind, in jeder Beziehung iibereinstimmend mit dem von W o h l e r aus Chinasaure oder Chinon dargestellten Korper. Die Kry- stalle schmelzen beim Erhitzen und lassen sich schon bei schwachem Er’warmen in diinnen irisirenden Blattchen subli- miren. Sie werden nicht von Bleizuckerlijsung gefallt ; wit einer warmen, ziemlich gesattigten Liisung von essigsaurem Bleioxyd erhalt man glanzende Krystalle der Verbindung CI2B6O4, 2 C4H3Pb04. Beirn Einleiten von Schwefeelwasser- stoffgas in die concentrirte Liisung der Krystalle bilden sich schwefelhaltigc Krystalle , welche an der Luft Schwefelwas- serstoff aushauchen und Hydrochinon zurucklassen. Mit Eisenchlorid erhalt man eine dunkelbraune FlBssigkeit , aus welcher nach kurzer Zeit dem Murexid gleichende Krystalle (griines Hydrochinon) sich ahscheiden. Mit Braunstein und SchwefelsPtire erwarmt entweicht Chinon, welches zum Theil in der Rohre sublimirt. Endlich ergab die Analyse der Iiry- stalle die Zusammensetzung des Hydrochinons C12&04.

Gefunden ---i---

Uerechneb Streclrer Kawalier 72 65,5 65,3 64,3 64,6

NG 6 5,5 5,5 5,6 5,7 0, 32 29.0 - - -

410 100,o.

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iind seine Verwaiidlungen. 231

Die Spaltung des Arbutins in Hydrochinon und Zucker erklart sich aus d e r Gleichung :

C24%6Ol4 2 = c12&04 cl2IflZol2 Arbutin Hydrochinon Traubenzuclter.

Das Arbutin entspricht hiernach dem Salicin, welches sich in ahnlicher Weise in Saligenin und Zucker spalten lafst :

C26&8014 + 24-40 = C14%04 + C12&2012 Salicin Saligenin Traubenzuclrer.

Arbutin und Salicin sind in ihren Formeln durch C2H2 unterschieden , und dieselbe Differenz zeigt sich zwischen Hydrochinon und Saligenin, und da auch in den Eigenschaf- ten der beiden Stoffe eine grorse Aehnlichkeit unverkennbar ist, so wird man die Frage aufwerfen kiinnen, ob Arbutin und Salicin , Hydrochinon und Saligenin einander homolog sind , oder mit anderen Worten, ob sie in lhnlichem Ver- haltnifs zu einander s tehen , wie z, 8. Essigsaure und Pro- pionsaure.

Nimmt man Hydrochinon und Saligenin zum Ausgangs- punkt fur eine Reihe von Derivaten, so waren die in folgen- dem Schema nebeneinander stehenden Verbindungen einander entsprechend :

Hydrochinonreihe Saligeninreihe Arbutin . . . Cd-IHIGOI.I Salicin . . . . C2&ll~01e Hydrochinon . . C12H604 Saligenin . . . C1&804 Chlorhydrochinon Cl2H5€1O4 Chlorsaligenin . cJ4#7Glo4 Bichlorhydrochinon C12H4€1204 Bichlorsaligenin . Cl4%I6GI2O4 Trichlorh ydro-

chinon . . . CI2W3€l3O4 Trichlorsaligenin Cl4€€&I3O4 Chinon . . . . C12H404 Salicylige Saure . CI4B6Oa

Chlorsalicylige Chlorchinon . . C12H3G104 Saure . . . CI4H5G1O4.

Dagegen fehlte in der Hydrochinonreihe eiue Anzahl von Verbindungen, welche in der Saligeninreihe leicht dar- zustellen sind, sowie umgekehrt in letzterer einige den Deri-

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232 S tr e c k e r , iiber dus Arbutin

vaten des Hydrochinons entsprechende Stoffe unbekannt sind; namlich :

Unbekannt . . . cl&& Salicylsaure . . C14H606 Unbekannt . . . CI2&02 Saliretin . . . CI4%O2 Grunes Hydrochinon Cz4Hl0O8 Unbekannt . . CzsHleOR Bichlorchinonsaure C12B2g1208 Unhekannt . C&4G1208.

Trotz der mehrfach sich zeigenden Uebereinstimmung beider Reihen zeigen sich doch wieder so bedeutende Un- terschiede in dem Verhalten der an entsprechenden Stellen befindlichen Glieder, dafs eine Homologie derselben nicht wahrscheinlich erscheint. Zwar geht das Hydrochinon durch dieselben Einwirkungen in Chinon iiber, durch welche das Saligenin in salicylige Saure verwandelt wird, aber der che- niische Character letzterer stellt siq\ selir entfernt von dem Chinon. Ob die salicylige Saure durch Reductionsmittel wie- der in Saligenin verwandelt wird, wie das Chinon in Hydro- chinon, ist noch nicht versucht worden ; durch Betiandlung yon salicyliger Saure rnit einer Mischung von Alkohol, Salz- saure und Zink habe ich einen in seinen Eigenschaften mit dem Saliretin ubereinstimmenden Borper erhalten , und es lBfst sich hiernach annehmen, dafs die salicylige S u r e durch Wasserstoff in statu nascenti wirklich in Saligenin verwandelt wird, welches jedoch in Folge der Einwirkung von Salz- saure weiter in Saliretin ubergeht.

Ich halte es fur wahrscheinlich, dafs die Constitution des Hydrochinons, Chinons und der Chinonsaure (wenn es er- laubt ist, die 2 Aeq. Chlor der Chloranilsaure durch Wasser- stoff ersetzt anzunehmen) durch folgende Schemata ausge- druckt werden kann :

Hydrochinon oder

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und seine Verwandlungen. 233

Chinon . . . Cl&€402102 Chinonsaure . C12#204!04.

H2 \ Das Radical ClzHe02 ware hiernach ein zweiatomiges

Alkoholradical , welches durch Verlust von Wasserstoff und Aufnahme von Sauerstoff in das zweiatomige Saureradical C&204 iibergehen kiinnte. In der Styphninsaure C12H3(N04)304 liatte man vielleicht die Nitroverbindung, welche zu dem Hydrochinon i n demselben Verhaltnifs stande, wie die Pikrin- slure zu dem Phenylalkohol.

Ich habe mit dem Arbutin noch einige weitere Versuche angestellt, welche jedoch zum Theil noch nicht vollendct sind. Durch Braunstein und Schwefelsaure crhalt man leicht Chinon und Aineisensaure ; beim Einleiten von Chlorgas farb t sich eine wasserige Arbutinlosung sogleich gelh oder rot h und nach einiger Zeit scheiden sich gelbe glanzende Krystall- blltter ab, welche gechlortes Chinon sind. Man erhalt hier- bei ein Gemenge von C12&c1204 und C124€~GlO4; vielleicht auch hiiher gechlorte Verbindungen. Gegen Brom verhllt sich eine Arbutinlosung lhnlich; ich erhielt theils fliissige, olartige Bromverbindungen von Chinon, theils auch eine kry- stallisirte Substanz, welche noch die Atomgruppe der Glucose in gepaarter Verbindung enthalt.

Sehr interessan t verspricht e ine genauere Untersuchung des Verhaltens des Arbutins gegen Salpetersaure zu werden. Ich erhielt eine in goldgllnzenden Nadeln kryslallisirte Sub- stanz, welche in Alkohol und Wasser, wenig in Aether 16s- lich is t , und sich in Iiali mit tief rother Farbe lost. Diese Substanz ist ein Nitrokorper, der beim Kochen mit Sauren sich in Zucker und einen anderen in Aether leicht liislichen, krystallisirten Korper verwandelt, von welchem ich vermuthe, dals es ein Nitrochinon oder Nitrohydrochinon ist. Letzterer lost sich in Ammoniak mit prachtig purpurviolettcr Farbe

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nnd die Liisung hinterlafst beim Verdampfen rothe, iin re- flectirten Licht metallartig goldgriin glanzende Krystalle. Ich bin gegenwartig durch Mange1 an Substanz gehindert, diese Verwandlungen naher zu untersuchen , werde jedoch, sobald ich wieder Arbutin dargestellt habe, die Untersuchung weiter fortsetzen.

Loir , fiber die Verbitidanyen des Schwefelnthyls

Ueber die Verbindungen des Schwefelathyls und Schwefelmeth yls mit Quecksilberjodid ;

nach A. Loir $1.

L u i r hatte fruher ::*) Verbindungen des Schwefelathyls und Schwefelmethyls mit Chlornietallen beschrieben. Das Schwefelathyl vereinigt sich direct mit Quecksilberchlorid zur Verbindung C4HjS, HgCl ; mit Quecksilberjodid 1aTst es sich hingegen nur indirect verbinden. Zur Einleitung dieser Ver- bindung erhitzt man eine Mischung von Alkohol, JodHthyl und der Verbindung C4H5S, HgCl in einem zugeschmolzenen Gefahe wahrend einiger Stunden auf 100°, wo sich Chlor- athyl und die Verbindung C4H& HgJ bilden; der Inhalt des GefaI'ses theilt sich in zwei Schichten , deren untere gelbe rasch erstarrt, wahrend die obere bei dem Erkalten einen gelben krystallinischen Kiirper ausscheidet. Oder man erhitzt ebenso fein gepulvertes Schwefelquecksilber mit einer Mi- schung von Alkohol und Jodathyl in1 zugeschmolzenen Rohre auf loo", wo sich bei dem Erkalten ein gelber krystallini- scher Kiirper ausscheidet. Die auf Fine dieser beiden Arlen __

*j IOI Ausz. ~ U S Compt. rend. XLYI, 1280. **) TJiese Annalen LXXXVIL, 369.