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214 Bu ch,aer, Allgemeines iiber Symtheuen 'van saureanhydiid und Acetylchlorid gegen Acetondicarbonester wurde - bei der Verarheitung der Reactionsproducte war zur Verhiitung von Verseifung N7asser ansgeschlossen - immer fast die Gesammtmenge des angewandten Esters unvergndert znrdck- gewonnen und keine Spur einer Substanz rnit den Eigenschaften cines Acetates aufgefunden. Nach den Erfahruiigen uber das Verhalten von Acetylchlorid oder Essigstiurcanhydrid gegen die Hydroxylgruppe ware dns Ausbleiben einor Reaction un- erkl&rlich, wenii im Acetondicarbonester cine IIydroxglgruppe enthalten whre. Der Acetondicarbonester kann daher niit dem- selben Recht Hie dcr Acetessigester als Keton betrachtet werdea. H. I-. Y. Mittheilungen aus dem chemischen Laboratorium der koniglichen Akademie der Wissenschaften zu Miinchen. Ueber das Y;yriteol; Ulld H. Witter 1). von Ed. Btwli~aer, M. lii.itsch, A. Papendieck (Eingclaufen am 14. December 1692.) I. Allgemeines uber Synthesen von Pyrazol- derivaten mittelst Diazoessigester ; van Edzcard Buchner. Unter den fiinfgliedrigen Ringsystemen, welche neben Kohlenstoff auch Stickstoffatome als Glieder enthalten, verdient das Pyrazol, C3H4N2, besonderes Interesse, da es die Mutter- substanz des praktisch wichtigen Antipyrins reprasentirt 2). I) Ein betriichtlichcr Theii der folgenden Untersachnngen ist bcreits in der Hab~l~t~t~o~ssclar~ft von E. Buchner, Miinchen, 1891, verijffentlicht. 2, 1,. Knorr, diese Annalcn 238, Is?.

Ueber das Pyrazol. I. Allgemeines über Synthesen von Pyrazolderivaten mittelst Diazoessigester

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214 Bu ch,aer, Allgemeines iiber Symtheuen 'van

saureanhydiid und Acetylchlorid gegen Acetondicarbonester wurde - bei der Verarheitung der Reactionsproducte war zur Verhiitung von Verseifung N7asser ansgeschlossen - immer fast die Gesammtmenge des angewandten Esters unvergndert znrdck- gewonnen und keine Spur einer Substanz rnit den Eigenschaften cines Acetates aufgefunden. Nach den Erfahruiigen uber das Verhalten von Acetylchlorid oder Essigstiurcanhydrid gegen die Hydroxylgruppe ware dns Ausbleiben einor Reaction un- erkl&rlich, wenii im Acetondicarbonester cine IIydroxglgruppe enthalten whre. Der Acetondicarbonester kann daher niit dem- selben Recht Hie dcr Acetessigester als Keton betrachtet werdea.

H. I-. Y.

Mittheilungen aus dem chemischen Laboratorium der koniglichen Akademie der Wissenschaften zu Miinchen.

U e b e r d a s Y ; y r i t e o l ;

U l l d H. Witter 1). von Ed. Btwli~aer, M. lii.itsch, A. Papendieck

(Eingclaufen am 14. December 1692.)

I. Allgemeines uber Synthesen von Pyrazol- derivaten mittelst Diazoessiges ter ;

van Edzcard Buchner.

Unter den fiinfgliedrigen Ringsystemen, welche neben Kohlenstoff auch Stickstoffatome als Glieder enthalten, verdient das Pyrazol, C3H4N2, besonderes Interesse, da es die Mutter- substanz des praktisch wichtigen Antipyrins reprasentirt 2).

I) Ein betriichtlichcr Theii der folgenden Untersachnngen ist bcreits in der H a b ~ l ~ t ~ t ~ o ~ s s c l a r ~ f t von E. B u c h n e r , Miinchen, 1891, verijffentlicht.

2, 1,. K n o r r , diese Annalcn 238, Is?.

Pyrazolderiz.atcn mittelst Diazoessigester. 215

Bis vor Kurzem waren jedoch nur am Stickstoff phenylirte Pyrazolabkomnilinge beliannt; alle Synthesen wurdeu mittelst Phenylhydwzin beworkstelligt.

Einer Aufforderung voii Th. C u r t i u s E'olge leistend habe ich vor einigen Jaliren die Einwirkung von Diazoessigester auf ungesattigte Verbindungen xu studiren begonnen ; diese Unter- suchangen fuhrten zur Auffindung des freieii Pyrazols niid einer Reihe von Carbonsimren und Dihydroproducten derselben. Ausgangspunkt bildete die Beobachtung, dass sich Diazoessigester und E'urnarsSiureester nach gleiclien RIolekdleii zu einem wohl charakterisirten, stickstoffhaltigm Kijrper vereinen $). In ahn- licher Weise wird anch Bcetyle~icliear~ons~ureester an die Diazoverbindung angelagert ; in diesem Fallc war es nun leicht aus dem Reactionsproduct durch Verseifen uiid Abspalten der drei Carboxyle einen Kern, einc gut krystallisirende Base von der empirischen Zusanimensetxung C,H,N, abzuscheiden , fiir welche auf Grund ihres chemischen Verhaltens und eines ein- gehenden Vergleiches mit dem isomeren Jniidazol die Constitution des freien Pyrazols in Anspruch genoiiinien wurde ". Inzwischen hat I,. Balb iano5) auf einem Wegc, der notorisch zu Pyrazol- dcrivaten fuhrt uiid in einer Keihe von FBllcn Substanzen ergab, die aucli mittelst der K norr'schen Syiithesen zugang- lich sind, namlich durch Einwirkung yon Chlorzink auf das Reactionsproduct aus Hydrazinhydrat und Epichlorhydrin, die- selbe Verbindung erhalten. Es unterliegt demnach keinem Zweifel mehr, der Kern der Aeetylendicarbon-Diazoessigstlure, die Base C,H,N,, ist thatsachlich das freie Pyrazol.

Entstehen also durch Einwirkung des Diazoesters auf

3, Da tiber die Constitution dieser Additionsproducte zunachst keine Entscheidung moglich war, wurden dieselben in den ersten Nit- theilungen (Ber. d. deutsch. chem. Ges. 21, 2637; 22, 842; 23, 701) n i t empirischen, aus den Componenten zusammen- gezogenen Namen, wie e. B. Fumar -Diazoessigester , bezeichnet.

3 Ber. d. deutsch. chern. Ges. 22, 2167. s, Gazz. Chim. Ital. t. XX. u. Ber. d. deotsch. chern. Ges. 23, 1103.

15"

216 Buchner, Allgemeines iiber. Syntheselz v0.n

Korper mit Acetylenbindung Pyrazolderivate , so musste den Additionsproducten mit vom Aethylen derivirenden Substanzen voraussichtlich ein Dihydropyrazol oder Pyrazolin nach K no r r 's Nomenclatur zu Grunde liegen.

Beide Reihen von Verbindungen zeigen grundverschiedene Eigenschaften. Die Pyrazolcarbonsaureester sind ungemein bestandige Korper, welche hohen Temperaturen ausgesetzt werden konnen, ohne Zersetzung zu erleiden, die durch Kochen mit Mineralsiiuren einfach verseift werdcn, welche sich cndlich gegen Permanganat in alkalischer Losung widerstandsfiihig er- weisen. Die fraglichen Pyrazolinabkommlinge dagegen zerfallen beim Destilliren direct in Stickstoff und Trimethylencarbon- saureester, sie zersetzen sich boim Kochen mit Mineralsauren unter Bildung von IIydrazin, sie werden von Permanganat bei Gegenwart von Soda augenblicklich oxydirt. Unter diesen Umstiinden bedurfte es noch eines besonderen Beweises der Zusammengehorigkeit beider Gruppen von Verbindungen. Ein solcher ist leicht zu erbringen, da es auf verschiedenen, ein- fachen Wegen gelingt, die Pyrazolinderivate in Pyrazolabkomm- linge iiberzuftihren.

Die grosse Differenz in der Besttindigkeit, wie sie dem- nach zwischen den Pyrazolverbindungen und ihren Dihydro- producten besteht, macht es wahrscheinlich, dass diese Korper ringformige Gebilde yon Art der Benzolderivate sind. Bei offenen Ketten wgre ein solcher Unterschied ohne Beispiel ; zudem musste die hydrirte Verbindung die bestiindigere sein. Fur Substanzen von aromatischem Typus dagegen ist allgemein eine bedeutende Abnahme der Festigkeit des ganzen Systems durch Hinzutritt zweier Wasserstoffatome nachgewiesen und gerade charakteristisch. Zuerst bei Collidindicarbonsaureester und dessen Dihydroproduct von H a n t z sc h 6, beobachtet, ist z. B. von Baeye r? ) der gleichen Erscheinung bei seinen

6, Diese Annalen 215, 1. ') Diem Annalen 245, 108 u. ff.

PyvaBolderivaterz mittelst Diazoessigester. 217

Studien uber die Constitution des Benzols in zahlreichen F%llen bcgegnet.

Die Eingnatur des Pyrazols tritt nuch deutlich im Ver- halten seiner Carbonsauren bei hoheren Temperaturen zu Tage ; sie zerfallen hierbei wie die entsprechenden Derivate des Pyridins, des Pyrrols, des Imidazols etc. in Kohlendioxyd und die Base.

Das freie Pyrazol, ein in langen, farblosen Spiessen krystallisirender Korper, Schmelzpunkt 70°, Siedepunkt 185O, besitzt grosse Bestandigkeit. Seine Dampfe vertragen ohne Zersetzung die Tcmperatnr des siedenden Uiphenylamins ; von Permanganat wird es auch in alkalischer Losung nicht an- gegriffen ; eiii Gemisch von rauchender Salpeter- und rauchen- der Schwefelstiure ftlhrt ohlie heftige Einwirliung und erst auf dem Wasserbade zum Mononitroderivat. Nach Eintragen von Natrinm in siedende, amylalkoholische Pyrazollosung kann die Base, fast vollstandig, unverBndert wieder gewoiinen werden ; einzig durch den Geruch giebt sich die Eiitstehung minimaler Mengen cines Ileductionsproductes zu erlrenneu. Beim Gliilien mit Natroiilralk eiitweicht allerdings Animoniak.

Mit der Synthese des Pyrazols ist ein neues Glied der Gruppe der Azole bekannt geworden. 3% mag deshalb ein kurzer Vergleich der chemischen Eigenschaften jener Fitnf- ringe, die sich von Pyrrol durch snccessiven Ersatz von Methin durch Stickstoff ableiten, gestattet sein.

C,HA C,H.,N, C,H,N Yyraxol Osotriazol CH,N,

Pyrrol Imiduzol Trimol Tetraxol. (oiler Glgosalin) (oclcr l'jrrodiazol).

Witllrend im Pyrazol iind Osotriazol die Stickstoffatome beiiachbart in1 Ringc stehcn, ist bei Iinidazol und Triazol ein Kohlenstoff dazwischen cingeschoben 8).

") Mit Hulfe der Pormelbilder lassen sich, ganz abgeselien van cler Verbindnng N,H, ausser den obigen mar noch weitere drei Azole

2 18 Bzc c h IZ e r , Allyemines iiber Synthesen won

Die Nakr nls Base tritt bci allen diesen Verbindungen zicinlich zuruck. Tetrazol !I) besitzt uberhaupt keine, Pyrrol nur sehr schwache basische Eigenschaften; die Chlorhydrate yon Osotriazol lo) uiid Pj-razol dissociiren iiusserst leicht ; beirn Eindampfen einer salzsauren Imidazollosnng bleibt dagegeii allerdings die Salzsiiurcverbindung zuriiclc. Genau das ent- sprecliende Yerhaltcn zeigen tlic h o l e gcgen Lslrnius- und Curcumpapier ; Tetrazol reagirt saacr, Osotriazol und Pyrazol neutral, Imidazol (niit zum iibrigen Stickstoff' nicht benach- barter Imidogruppe) eiidlich alkalisch.

Allc sechs h o l e (auch Triazol 11)) geben Ill-etnZZwer- bilzdu'ungefi, in welchen das Wasserstoffatoin der Imidogruppe durch Netall crsetzt ist.

Bitrosaminc lionnteii bei Pprrol, Imidazol, Pyrazol uiid Osotriazol nicht erhalten iverdeu.

Besonderes Intoresse verdienon die Verscl~iedeiz7zeitei~, welchc die eineeliien Ringsystciiie i.12 i h e r Bestlinndiglieit an den Tag legen. Pyrd briiinnt sich bereits an der Luft, verharxt ausserorilentlich leicht, a i r d rlnrch Rednctionsiuittel in Di- und Tetrahyclroproducte ubergefuhrt und durch Hyclroxyl- amin vollig aufgeqialten. Imiducol ist mesoiitlicli bestikndigor ; es entfiirbt zirar in Sodalosung Permanganat inomentail, die Carbonshuren lasseii sich abei durch Oxydation der Alkyl- derivatc gewinncn 13) ; eiiie Ringsprengnng Id) erfolgt allerdings

cunstruircii (mei Triamlc, ein Tetrasol). Sic sind jecloch bigher nnhekarint gcblieben; es erschcint uberhaupt fraglich, ob ihrc Sjmbolc gcsoiidcrte clicniisclie Individuen reprksentiren. Denn dieselben nntcrscheiden sicli von den Isomeren nicht diirch ver- schiedcne Eeihenfolgc von Kohlenstoff - and Stickstoffatomcn im Ring, sondern konnen aus ihncn dnrch blosse Verschiebnng eines Wasserstoffb x on einem Stickstoff x u cinem anderen abgeleitct rerden.

9, B l a d i n , Bcr. (1. deutsch. ehem Gcs. 25, 1413. I") v. P e c h m n n n n , diese Annalen 262, 341. 11) Andreocc i , Rcr. d. deutsch. cheni. Ges. 25, 239. I?) B a m b e r g c r 11. BerlE, Ber. cl. deutsch. chem. Gcs. 25, 277.

Bwrnbergcr 11. HerlC, Ber. d. dentscb. chcm Ges. 86, 281.

Pyraxoldericaten mittebt Diaxoessigester. 219

noch sclir leicht , durch Bcazoylchlorid und Natronlauge schon bei Oo. Pyruzol ist ausserordentlich vie1 widerstandsfahiger ; dem oben bereits Erwiihnten sei noch hinzugcfiigt, dass weder Hydrosylamin noch Benzoylchlorid Aufspaltung zu bewirken yermiigen. Aehnliche Bestihdigkeit scheint auch den Stick- stofreiekeren Azolen zuzukommen ( die Carbonstluxn von Osotriazol Triazol und Tctrazol werden durch Permanganat nicht oder nur langsam angegriffen). Dagagen macht sich die AnhLufung von Stickstoff in diesen Ringen durch eine Neigung zum Verpuffen bemerklich die dem Imidazol und Pyrazol noch fehlend, bei Osotria.zo1 allerdings erst beim Ueber- hitzen 14), bei Tetrazol aber im Verhalten der Metallscllze 15) iind zahlreicher Deriyate iG) dcutlich hervortritt.

Das Pyrazol 1Bsst sich hinsichtlich seiner Bestandigkeit in eine Keihe niit dein festesten , iiberhaupt bekannten ring- fdrmigen Gebilde , mit Henzol stellen. Nach von B a e y e r ' s ausfuhrlichen Untersuchungen ist die grosse Widerstandskraft des Benxolringes uiid seiner Carbonsluren, abgesehen von seiiicr \.ollst&ndigen Synimetrio und der giinstigen Winkelbeschaffen- lieit des reguliircn Sechsecksl') , hbchst wahrscheinlicb auf die Existenz von Parabindungen zuriickzufllhren Is). Man wird daher i9z der Awnahme kaum fehfgehem, dass auch irn PyraxoZ ztnd seinen Carbonsiiuren eine Art vom centraler Bind,u,ng vor- handen sei 19), welcbe man sich vielleicht als zwei Diagonal- bindungen zwischen drei Kohlenstoff- und einem StickstoEatom

I 14) v. P e c h r n s n n , loc. cit.

B l a d i n , loc. cit. L o s s c n , diese Annalen 263, 7 3 ; T h i e l e , ebenda 210, 60.

Dicso Annalen, 269, 177. 17) Bier. d. dentsch. cliein. Gcs. 18, 2278.

*q) R u e h n e r , Habilitationsschr. Jliluclien, 1893, S. 2.

220 Buchfier , Allgemeifies iiber Sy9athese.n von

Zu iihnlichem Resultat ftihrt ein Vergleich zwischen Pyrrol und Pyrazol. Die grosse Bestlndigkeit der letzteren Base kann wohl schwerlich durch den Eintritt eines Stickstoffs an Stelle einer Methingruppe des so leicht verilnderlichen Pyrrols ge- nugend erkllrt werden ; wenigstens lassen die Pyrazolinderivate, die ja auch auf demselben Wege aus Pyrrolinabkommlingen herzuleiten sind, durchaus nichts von eineni Anwachsen der Widerstandsfahigkeit erkennen. Es hat demnach die Annahme, dass Pyrrol und Pyrazol eine verschiedene Constitution be- sitzen , vie1 Wahrscheinlichkeit fur sich. Dem allgemeinen Verhalten des Pyrrols entspricht die alte Constitutionsformel, welche im Ringe zwei periphere Doppelbindungen zeigt. Nimmt man im Pyrazol die Existenz von Diagonalbindungen an, so erscheinen die Unterschiede begreiflich und finden in den Symbolen dieser Substanzen klaren Ausdruck.

Im Folgenden ist deshalb das obige Schema zur Ee- zeichnung des Pyraeolringes in Anwendung gebracht , wenn- gleich ein experimenteller Beweis der Existeiie von Diagonal- bindungen bis jetzt nicht gefuhrt werden konnte.

Die Pyraxolilzderivate verhalten sich vollliommen antlers als die Pyrazolabkommlinge ; sie zeiger, durc7~azcs die Eige+z= schafter, V O B Korperr, der Fettreihe, einerseits von ungesattigten Verbindungen (Verhalten gegen Permanganat, gegen nascirenden Wasserstoff), andererseits von Hydrazonen (Aufspaltung durch Mineralsauren) und Aldazinen ”) (Zerfall in Stickstoff und stick- stofffreie Substanzen). Die Anwesenheit eines Funfringes kommt einzig in dem leichten Uebergang in Pyrazolderivatc! zum Ausdruck. Zur Darstellung des Pyrazolinringes empfiehlt sich daher ein Schema, welches nur periphere Bindungen, darunter eine doppelte, aufweist :

=[-l- - - \N/

I

$0) C u r t i u s , Journ. f. pract. Chem. 89, 45; 44, 164.

Pyraxolderivaten rnittelst Diazoessigester. 221

Die Doppelbindung ist dabei zwischen Stickstoff 2) und Kohlenstoff 3) eingezeichnet "'> ; diese Constitution entspricht der Existenz einer Imidogruppe, nachgewiesen durch Bildung eines Monosilbersalzes , sowie dem den Hydrazonen iihnlichen Verhalten gegeniiber Mineralsauren. Verschiedene Reactionen geben aber Andeutungen dafiir, dass sich die doppelte Bindung sehr leicht im Ringe zu verschieben vermag. Schon bei der Synthese der Pyrazolinderivate ist eine solche Umlagerung unter Wandern von Wasserstoffatomen anzunehmen ; denn ini Diazoessigester sind die beiden Stickstoffatome unter einander doppelt gebunden und nicht direct mit Wasserstoff verknilpft "3- Es wird also im ersten Moment der Synthese eine Pseudoform des Pyrazolinringes entslehen, welche Stickstoffdoppelbindung aufweist (s. a. S. 2 2 6 ) :

=C- C= I

-C I N

\N/

Weiters erhalt man beim Versetzen einer stark nmnao.nia7ea- Zischea Losung der Pyrazolincarbonsaureester mit Silbernitrat stets Metallverbindungen, die bedeutend mehr Silber besitzen, als oinern Monometallsalz, ja fast so vie1 als einer Disilber- verbindung entsprechen wiirde. In ciner zweiten Pseqdoform des Pyrazolinringes miissen demnach zwei Imidoguppen mit ersotzbarem Wasserstoff vorhanden sein :

"') Nummerirung naoh dem Vorschlage K n o r r ' s , diese Annalen 238, 144; Ber. d. deutscb. chem. Ges. 25, 760 Anm.

c4--3c I

C u r t i u s , Journ. f. pract, Chem. 39, 110; 44. 554.

222 B u c h n e r , Allgemeilzes iiber Sylzthese+& co-n

In den Pyrazolinderivaten mare iibrigens auch die Existenz eimr Diagonalbindung denkbar. Maii kiinnte eiiie solche Con- stitution etwa mit dem Entsteheri yon Triniethylenderivaten beim Zerfall der Pyrazolincarbonsaureester begrunden wollen. E in solcher Schluss ist aber ebensowenig zulassig, \vie wenii aus dem Uebergang von 8- Naphtochinonabkommlingen i n Indonaphtenderivate 23) oder von Hexaoxybenzol in Krolron- siiure z'l) die Praexistenz einer Metabindung in den ursprung- lichen Substanzen gefolgcrt werden wollte. Fur Dihydrobcnzol- carbonsiiuren haben v on E a e y e r ' s Untersuchungen 2 5 ) das Vorhandensein von Aethylcnbindungen festgestellt. Es liegt demnach kein Grund TOT, i n den Pyrazolinderivateii eine Diagonalbindung anzunchmen.

Was cndlich das Auftretcn yon stereochemisch Isomeren betrifft, SO sind bci den Pyraxolcarbonsaurcn nach den1 jetzigeii Standc unserer theoretisehen Kenntnisse keine solclien zu er- warten, wohl aber bei den Pyrazolincarbonsauren, da in diesen zwei Kohlenstoffatome relativ asyinmetrisch scin kiinnen. Die Untcrsuchungen liaben indess bis jetzt noch nicht zur huf- findung yon solchen Isomeren gcfuhrt.

Ilrrst,ellung der Pyrazolderiuale.

Im E'olgenden sirid die Additionsreactionen mit Diazo- essigester ubersichtlich zusammengestellt.

Ungesattigte Saureester verei-niyeiz sich wit Diaz-oessiyester nack gleicheqa Xolekiilen 2% .luoii~ch~rakterisirte.n Additiow- producten, z. E.:

C,H,(CO,CIT,) + CHN,(CO,CH,,) = C,II,N,(CO,CH,),. Acrylsiureester Diazoessigestor

Die Reuctiolz i s t eilze guns allgemeine; von S%nren mit Acet.ylcnbindung wurden untersucht : Acet,ylendicarbonsaurc, Yhe-

3J) Zincke und F r i i l i c h , Ber. d. deutsch. chcni. GGS. 20, 1265. "3 N i e t a k i , Ber. d. deutsch. chem. Ges. 20, 1617. 25) Diem Annalen 369, 188.

Pyruzolde~ivatm mittelst Diwzoessigester. 223

nylpropiolsiilire ; yon Siiuren mit d o p p c h r Bindung : Acrylsiiure, Fumarsiiure , Nale'insaure , Acoiiitsiiure , Itaconsi%ure, Citracon- sBure, Zimnitsaure, Benzalacetessigsiiure. Die .Ester eiyrzea sich una besteta fiir die Reaction; freie, ungesattigte Sdureii oder ihre Anhydride fiihren leicht zu Stickstoffabspaltuiig schon vor der Addition ; auch die Anwendung der Amide empfiehlt sich aegen deren Schwerliislichkeit nicht ; dagegeli ist es gelungen, aus Fumarsaureester und Diazoacetamid das Einwirkungs- product zu erhalten.

Dic Reactioa tritt selw verschiedeiz leicht eirz. Acet,ylen- dicarbonsiiurcester und Diazoessigester wirken ausserordent,lich heftig nuf einander; schon bci 0,7 g des lquimolekularen Gemenges ist, die WLrmecntwicldung cine so gewaltige, da.ss Entflammung, manchmal YOU einem Knall hegleitet , eintritt. 1 g des ~ c ~ u i i ~ ~ o l e l ~ u l a r e i i Genienges der Methylester ergab bei Gegeiiwart yon Luft in ciii Bohr eiiigeschlossen bci der Ver- einigung eine WBrmoentwiclilnng voii ?0$,1 Grmim -Calorien, in Kohlensanre - At,niospltHrc eingesclilosscn 19 1,7 Gramm- Calorien. YJci Acryls%uremet,hylester und Itaconsaureester (beide ausgezeiclinet durch die sehr reactionsfahige Methylen- gruppe) yollzieht sich die Addition czii den Diazok6rper schon bei Ziiiimerteniperatur (bci erstcrom anfangs uiiter goringer Selbsterniirmung). Fuinar- uiid Maleinslureester miissen init der Diazovcrbindung auf etwa 60°, I-'hel7slpropiolsMureester und Zinimtsaureester auf 80-900 ei~vilrnit werdcn, bis Reaction eiiitritt. ; d a m ist ziemliche Warnieentwicklung zii beobachten.

Auclz haloge~szLbstitztil'tc Suwees fey, wzd xz%cur merlmiir&iger Weise IiiclLt m r solchc, (lie sich vou uagesattigteia Siiurein ab- leiten, gebeiz init Dinxoessigester liluzliche Adclitioiasproducte. Untersucht siiid : Broninialeinsdnre , n-Brornzinimts~~ure, P-Jod- propionsaure, w , p - Dibrompropionsauro , a,$ - Dibrombernstein- silui-e. h'ur bei Dibromhydrozimmtsaureester, welcher erf'ahrungs- gemass die Halogenatome iiberliaupt vie1 fester gebuiiden ent- hiilt, trat keiiic Einwirlwng ein.

Die ungesattigten halogensubstituirten Saureester reagiren

224 Bwch ~ e r , Allgemeims iiber Syfitlaesen VON

dabei in ganz normaler Weise, indem sich zunachst brom- haltige Pyrazolinderivate bilden, z. B.

C,,H,.C,HBr(CO,CH,) + CHN,(CO,CH,) = C,H,.C,H,Br(CO,CH,!,. Bromzimmtestcr Diazoessigestor

Diese Additionsproducte sind aber ausscrordentlich un- bestindig und gehen unter Abspaltung von Halogenwasserstoff entwedrr schon wiihrend der Reaction oder doch bei allen Verseifhngsversuchen direct in die eiitsprechenden Pyrazol- abkommlinge iiber. Letzteres ist boi a! -Bromzimmtsiiureester der Fall, ersteres bei Bromnialeinester, wobei sich das Auf- treten von Bromwasserstoffsaure schon durch die lebhafte Stick- stoffentwicklung zu erkennen giebt, da die freie Siiure mit noch unveranderter Diazoverhindung reagirt (naheres s. V. Ab- sehnitt, B).

Die Einwirkiing voii Eialogeiisubstituirteii gesattigten Saurc- esterii auf die Diazoverbindung verlangt eine varhergehende Abspaltung von Halogenwasserstoff ; erst dann kann die Ad- dition erfolgen. I)a nun die untersuchten halogenhaltigeii Ester fur sich auf die Reactionstemperatur (90-100°) erhitzt voll- kommen bestandig sind und keine Neigung zeigen, Halogen- wasserstoff abzuspalten, muss eine letzteren Vorgang begiinstigende Wirkung der Diazoverbindung bestehen.

Siiwreester mit ringfrirmiger Colzstitutiolz uncl Aethyleia- bifiduzclzgelz irn Rilzge, z. B. Tetrahydrophtalsaureester , wirken, soviel aus zwei Beispielen geschlossen worden kann, selir schwierig auf den Diazokorper eiii ; es waren lreine sticlistoff- haltigen Additionsproclucte zu isoliren.

Auch Kohlenwasserstoffe nait u~qesattigter ofeNer Kohle+ stoff kette sind wenig zur Anlagerung an die Diazoverbindung geneigt; bei Styrol, Stilben und Tolan gelang es nicht Ad- ditionsproducte zu erzielen ; nur mit Phenylacetyleii bilclet sich schon in der Kalte ein lrrystallisirendes Product.

Dass aronaatische Kohbeawasserstoffe, Benzol und seine Homologen auf Diaxoessigather bei ltingerem Kocheii einwirlten,

Pyrazoldet+vutm mittelst Diwzoessigester. 225

wurde bereits fruher gezeigt p6) ; es entweicht dabei aber Stick- stoff und entstehen stickstofffreie Producte.

Constitution der Additionsproducte. Die Reactio f i xwischer, Diazoessigester zctd Sazcreestem

nrit Acetylefibifidwng sei an dem Beispiel des Acetylendicarbon- saureesters erllutert. Beide Kiirper vereinigen sich in athe- rischer Losung ohne jede Gasentwicklung glatt nach der Gleichung :

CS(CO&H& + CHN,(C0,CE3) = C&&\COsCJ&)3. Acetylendicarbon- Diazocssigester

saureester

Das Reactionsproduct bildet farblose Krystalle , welche sehr bestlndig sind ; beim Erhitzen destillirt bei 220° (30 mm Druck) das Anhydrid C,HN,[(CO),O)CO,CH, tiber ; Kochen mit Mineralsauren fuhrt zur zugehorigen Tricarbonsaure, welche bei hljberer Temperatur 3 Molcliule Kohlenslure abspaltet nach der Gleichung :

C,HN,(CO,H), = C3H,N, + 3C0, .

Der Kiirper C,H,N, ist freies Pyrazol. Die Addition zwischen Diazoessigester und Acetylendicarbonsiiureester verlauft also unter Berucksichtigung der von Cur t i u s %?) bewiesenen Con- stitution der Diazoverbindung etwa in der Weise :

I. CO,CH,.C CH.CO,CH, C02CH3.C-CH.C0,CH3 Ii I

COpCH:5.C N - -

\N/ C0,CH3.C "' + 1)

N Acetylendicarbon- Diazoessig- Hypothctiscbcs

siiurecster ester Zwischenproduct.

Es bildet sich zunachst unter Losung der dreifachen Bindung im Acetylenderivat und einer Kohlenstoffstickstoff- bindung im Diazoessigester ein Abkommling eines dem gewBhn-

ze) C u r t i u s und B u c h n e r , Ber. d. deutsch. chem. Ges. 18, 2 3 i i . p') Journ. f. pract. Chem. 39, 110; 44, 554.

226 Bacchlzer, Allyenzei~es iiber Sg+uYiese.n 2109%

lichen Pyrazol isomereii Korpers, welcher doppelt gebnndenc Sticlrstoffatome enthlilt. Dn aber das Reactionsprodnct in wassriger Losnng mit Silbernitrat einen gelatinosen, sehr be- bestzindigen Niederschlag giebt, welcher die Anwesenheit einer Imidogruppe beweist, tritt offenbar in einer zweiten Phasc der Reaction nnter Verschiebang eines Wasserstoffatoms Cm- lagerung in eiii Derivat des gewohnlichen Pyrazolringes ein :

11. CO,CH,.C --CH.CO,CH,, II I

CO,CH,C N

C0,CH3.C -C .CO,CH, p/1 = CO,CH,.C/\N

NFI \ / \&

Pyrazultrirarboiirsureestcr.

Was nun die EiiawCkrcng cler Dir~~overbadwag uuf Siiwe- estep mit Aethyle~abimhzg betrifft, so erfolgt such hier die Reaction meist gaiiz glatt, ohne Stickstoffabspaltung. Specieli vereinigen sich z. 13. Funiarsauredimethylester and Diaxoessig- ester bei Gegenwart von Ligro‘in (Siedepunkt 70--80°) auf den1 Wasserbade leicht zu dem farblosen, Irrystallisirenden Aclditions- product nach der Gleichung :

C,H,(CO,CH,), + CHN,(CO,CH,) = C,HsN,(CO,CH,), . FnniwsLnrccstcr Diasoessigester

Der neue Korper unterschoidet sich empirisch voii dem eben beschriebenen Pyrazoltricarbonsiiureestcr nur durcli eineii Mchrgehalt von zwei Wasserstoffatomen, 1)urch Reduction des I’yrazolderivates zu der neuen Substanz zu gelangen ist zwar nicht moglich, dagegen lasst sich umgekehrt die neue Ver- bindung leicht in Pyrazoltricarbonsaureester uberfiihren. Ihre Natur als Pyrazolinabkbmmling ist dadurch sicher bewiesen. Die Additionsreaction vollzieht sich in folgender Weise :

I. CO,CH,.CH CH.CO,CH, CO,CH,.CH-CH.CO,CH, I I

CO,CH, . C H ‘1 + 1) - - C0,CH3.CH N \NH N

Pumarester Diazo- Pseudopyrazolintricarbon- cssigester satireester.

Pyrwolderivatefi mittelst Diazoessigester. 227

Da das Product mit ammoniakalischcr Silberlosnng eiiie Fallung giebt, so schliesst sich der erstcn Phase der Rcaction auch liier eine zweite unter Entstehung einer Imidogruppe an:

11. CO,CH,.CI€-CH.CO,CH, CO,CH,.CII- C.CO,Cri, I I I 11

\N/ “H/

- -

C02CH,.CH N CO,CH,.CH N

Pyrazolintricarbons~ureester.

Mit dieseii Annahmen stimmt das ganze Verhdten des Additionsproductes iiberein.

Reaelinllen 4cr Pyrrzoliii4erivale. Interesse verdicnen zunachst die Ucberghge in Pyrazol-

abkonimlinge, da sie fur die Constitution der Verbindungen entscheidend sind.

Die Silbersalze der Pyra~olincarboasiiuren zerfallen beim Erhitzeri in Kohlendioxyd , Silber und Pyrazol ; als Nebenproduct konnte etwas Blauslure nachgewiesen wcrden. Der Vorgang verlauft z. B. fur pyraxolintricarbonsaures Silber nach der Gleichung :

CO,Ag.CH--C.CO,Ag HC-CH

CO,Ag.CH I II I \ / r

N + H = SAg + 3C0, + HC/”d

‘ N d “6 10 g Pyrazolintricarbonsiiuremethylester wurden in das

Silbersalz iibergefiihrt und dieses nach der Methode von W. K o n i g s im Kohlensiiurestrom erhitzt. Erhalten gegen 2 g rohes Pyrazol, wahrend die Theorie unter der Annahme, dass der nothigc Wasserstoff nicht durch Zerfall eines Theiles der Molekiile geliefert werden muss, 2,s g Base vcrlangt. Re- achtenswerth erscheint hierbei die directe Uildung von Pyrasol, wiihrend nach sonstigen Analogien das Auftreten von Pyra- zolin zu erwarten w&re ?”.

$*) Ber. d. deutseh. chem. Ges. 16, 2153 Anm. 9 Vgl. W. Konigs , Ber. d. deutscli. eheni. Ges. 24, 3590.

228 Buchner, Allgemeivaes iiber Synthesen eon

Die Pyrazolincarbonsluren lassen sich durch gemassigte Oxydation leicht in Carbonsauren des Pyrazols uberfuhren. Da jedoch nebenher partielle Kohlensilmeabspaltung erfolgt, resultirt ein Gemenge verschiedener Sauren. Der Nachweis, dass vollstilndiger Uebergang in Pyrazolderivate stattgefunden hat, ist aber ausserst einfach: die Producte werden in Soda- losung von Permanganat nicht angegriffen, im Gegensatz zum Ausgangsmaterial, welches wie auch die zugehorigen Ester moinentane Entfarbung veranlasst. Als Oxydatioiismittel kam sowohl frisch gefallter Braunstein in schwefelsaurer Losung 30) als auch Ferricyankalium bei Gegenwart von d l k d i xur An- wendung. Permanganat in stets alkalischer Losung fuhrt bei Phenylpyrazolindicarbonsaure nur zur Bildung von Benzoesaure.

Sehr glatt lassen sich die Carbonsaureester des Pyrazolins in solche der wasserstoffarmereii Base mittelst Brom iiber- fuhren. Die Chloroform- oder Schwefelkohlenstoff liisung der Ester nimmt dieses IIalogen unter baldiger Entfiirbung und zum Theil unter betrgchtlicher Warmeentwicklung auf ; dabei entweichen Striime von Bromwasserstoff. Bci Einwirkung von zwei Atomen Drom auf ein Molektil des Esters scheidet sich die neue Verbindung entweder direct oder nach Einengeri aus ; dieselbe ist umkrystallisirt halogenfrei , gegen Permanganat besttindig und identisch mit dem entsprechenden Pyrazolcarbon- saureester. Im ersten Momente der Reaction erfolgt wahr- scheinlich Addition des Halogens unter Entstehen eines nibrompyrazolidinderivates, welches aber, wie dieBrompyrazolin- abkommlinge (S. 224), ausserst unbostandig ist. In einer zweiten Phase findet also Bromwasserstoffabspaltung und Bildung des Pyrazolderivates statt. Das Ganze lasst sich z. B. fur Pyrazolindicarbonslureester in die Gleichung zusammenziehen :

C,H,N,(CO,CH,), + Br, = 2BrH + C,H,N,(CO,CH,),. Pymzolindicarbonsiiureester Pyraeoldicarbonsiiureester.

v. B a e y e r , diese Annalen 269, 176.

Pyrwo1derivate.n mittelst Diazoessigester. 229

Ein weiterer Uebergang von Pyrazolincarbonsaureestern in Pyrazolderivate scheint bcim Erwarinen ihrer Silberver- bindungen stattzufinden. In1 Gegensatz zu den Pyrazol- carbonshreestern geben deren Dihydroproducte mit Silber- nit.rat, nur bei Gegenwart von Ammoniak einen Niederschlag ; diese Metallverbindungen sind ausserst zersetzlich und scheiden in Wasser suspendirt schon bei geringem Erwlrmen metallisches Silber unter Spiegelbildung ab. Vorsichtig trocken erhitzt liefem sie ein krystallisirendes Destillat, welches zwar noch nicht nlher untersucht wcrden konnte, schr wahrscheinlich aber einen Pyrazolabkommling vorstellt.

Stehen somit die verschiedenst.en Wege offen, um aus Pyrazolinderivaten zwei Wasserstoffatome zu entfernen , so ge- lingt andererseits auch eine weitere Zufuhrung von solchen ganz im Gegensatz zu den Pyrazolcarbonsaureestern ohne Mtihe. Es bietet sich dadurch die Moglichkeit, zu Pyrazolidinderivaten zu gelangen. Der Reductionsversuch ist indes bisher nur bei einer 3 - Phenylyyrazolindicarbonsaurc durchgeftihrt worden, welche in alkalischer Losung yon Natriumainalgam schon in der Kiilte hydrirt wird.

Die. grosse Unbcstandigkeit des Pyrazolinringes tritt ganz besonders deutlich im Verhalten der Carbonsiiureestcr beiin Erhitzen und Destillireu zu Tage, wobei dcr gesanimte Stick- stoff als Gas abgespalten wird. Beim Additionsproduct von Fumarsaureester und Diaxocssigester verlauft der Vorgang z. B. nach der Gleichung:

C,H,N,(CO,CH,), = N, + C,H,(CO,CH,), Pyrazolintricsrbon- Trimethylentricarbon-

saureester saureester.

Diese charakteristische Reaction ist alleii bisher unter- suchten Pyrazolincarbonsaurcestern geinein ; das Additions- product aus Zimmtsaureester zcigt sie ebensogut, wie die mittelst der Ester der Acryl -, Fumar-, Male'in -, Citracon -, Itacon -, Aconit - und Benzalacetessigsaurc erhaltencn. Es ent-

16 Annalon der Chelnie 273. Bd.

230 Buchlzer, AIEgmneilzes iiber Sylztheser, vo%

stehen unter Stickstoffabspaltung immer Trimethylenderivate 51).

Nur liefern die Additionsproducte von Acrylestcr und Itacon- saureester daneben in, wie es scheint, wechselnder Menge mit jenen isomere ungesattigte Shureester. Bus Pyraxolindicarboii- saureester, erhalten mittelst Acrylester, entsteht z. B. nebeii einem Trimethylendicarbonsaureester, C,H,,O,, ein Glutacon- saureester , C,HIoO,, wlcher sich wahrscheinlich von der male’ino’iden Form dieser Saure ableitet 32).

Diese zwei Ausnahmen von der Regel miissen durch eiiie besondere Eigenschaft der betreifenden Pyrazolinderivate, wclcbe beide durch eine nicht-substituirte Methylengruppc ausgezcichnct sind, veranlasst werden. Denn es ist kaum anxunehnien, dass die erst in normaler Weise gebildeten Trimethylencarbon- saurecster beim Destilliren theilweise in ungesattigte Ver- bindungen iibergehen, wie ein solches Vcrhalten kurzlich bei einer freie!n Phenyltrimethylentricarbonsaure allerdings nach- gewiesen werden konnte 33).

Die Pyrazolincarbonsauren erleiden ferner meist Aufspaltung des Ringes beim Kochen mit verdunnteu Mineralsauren. Diese Reaction erinnert vollstandig an das Verhalten der Hydrazone gegenuber den gleichen Reagentien und macht das Vorhanden- sein derselben Atomgruppirung C=N in beiden Classen von Verbindungen wahrscheinlich. Zunachst wird auch bei den Pyrazolinderivaten Wasseranlagerung erfolgen :

9 Die Besohreibung dieser Trimethylencarbonshureester soll, solveit sie nicht schon erfolgt ist (Ber. d. deutsch chem. Ges. 21, 2640, 23, 703, 95, 1147), einer spdtorcn Abhandlung rorbelialten bleiben.

31) Die Einheitlichkoit des krystallisirten Ausgangsmateriales wurde diirch einen besonderen Versuch controlirt.

sJ) Biichner u. Dessauer, Ber d. deutsoh chem. Ges. 25, 1151.

Pyru#oZderiuate% llaittelst Diuzoessigester. 231

Die Reaction geht aber noch weiter: es entsteht Hydrazin, welches sich bei Anwendung verdiinnter Schwefelslure direct als Sulfat in Krystallen ausscheidet, es wird Kohlendioxyd frei. Das Hauptproduct, vermuthlich eine mehrbasische Oxyslure, konnte bisher nicht gefasst werden. So verliiuft der Vorgang bei Pyrazolindi- und tricarbonsaure.

Bus 3 - Phcnylpyrazolindicarbonsaure konnte bisher kein Hydrazin abgeschicden wcrden. Dagegen gelingt es beim Kochen init Salxsaure unter Einhaltung ganz bestimmter Bedingungen (Ausschluss yon Luft) in gutcr Ausbeatc ein lirystallisirtes Product voni Schmclzpunkt 162O zu fasscn. Die Verbindung scheidet auB Kuyferacetatlosung schon in der Kiilte Oxydnl ab und ist nach der vollstiindigen Analyse und den1 sonstigen Ver- halten zu urtheilen 3 -Phenylpyrazolin- Chlorhydrat. Das Koehen mit Salzsaure hat also hier nur zur Abspaltung der Carboxyle gehhrt. 3 - Phenylpyrazolin scheint demnach wesentlich be- stiindiger wie Pyrazolin zu sein.

Die experimentellen Einzelergebnisse der Untersuchuugen ilber Additionsreactionen des Diazoessigesters sind in folgenden fhf dbschnitten mitgetheilt:

Synthese der Pyrazolindicarbonsaure rnittelst Acrylsgure- ester und ,8-Jodpropionester ;

Synthese der Pyrazolintricarbonslure mittelst Fumar- und Maleinester;

Synthese dcr Pyrazoldicarbonslure mittelst cr/?-Dibrom- propionester ;

Synthese der Pyrazoltricarbonsaure mittelst Acetylen- dicarbonester und Brommaleinester ;

Darstellung und Derivate des freien Pyrazols. Die Beschreibung der Synthesen von an Kohlenstoff

yhenylirten Pyrazolabkommlingen , welche zur Kenntniss von zwei neuen Phenylpyrazolen (Schmelzpunkt 78O und 22S0) ge- fIihrt haben, sei einer weiteren Mittheilung vorbehalten.

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