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25. JUNI I932 KLINISCHE WOCttENSCItRIFT. II. JAHRGANG. Nr. 26 IIOI UBER DEN EINFLUSS DES THYROXINS AUF DIE SCHLAFMITTELVERGIFTUNG. Von RICHARD KOHN. Aus dem Pharmakologischen Institut der Univelsit~it Hamburg, St. Georg. Wirkung und Angriffspunkte des Thyroxins sind in der letzten Zeit Gegenstand zahlreicher Arbeiten gewesen. Auf verschiedenen Wegen ist festgestellt worden, dab es sicher eine peripher angreifende Komponente hat. So fanden, um nur einige neuere Untersuchungen zu nennen, RIML und WOLFX eine Stoffwechselsteigerung auch nach der Durch- schneidung yon Nervenplexus bei Ffitterung mit Schild- drfisentabletten. OBERDISSE ~ wies nach, dab Ratten nach Brustmarkdurchschneidung und Thyroxininjektionen den gleichen Gaswechselanstieg zeigten, wie nichtoperierte Tiere. Ebenfalls auf einen peripheren Angriffspunkt des Thyroxins schlieBen ]~ERGWALL und KUSCHINSKY 3 aus ihren Unter- suchungen an der Kanincheniris, deren Adrenalinempfind- lichkeit unter bestimmten Bedingungen durch Thyroxin- behandlung nach Exstirpation des Ganglion cervicale sup- remum erh6ht wurde. Daneben ist jedoch wieder neuerdings durch H. H. MEYER4 dieser peripheren Zellwirkung der zentrale Angriff im Gehirn gegenfibergestellt worden. In einem teilweise antagonistischen Gegensatz zur Thyroxin- wirkung steht die maneher Hypnotica, wie z. B. die Barbitur- s~urederivate. Neben ihrer erwfinschten Hauptwirkung er- zeugen sie in groBen Dosen Temperaturerniedrigung und Herabsetzung des Stoffwechsels. So konnte ]~ORNSTEIN 5 durch Somnifen einen Tell der Stoffwechselsteigerung bei Basedow-Kranken beseitigen. In toxischen Gaben bewirken nach JACOBY* die Barbiturs~iurederivate auch eine periphere Gef~iSparalyse. GLAUBACH und PICK v zeigten im Rahmen systematischer Untersuchungen, dab die durch Luminal verursachte Temperaturerniedrigung durch Thyroxinvor- behandlung gehemmt werden kann. Zu ungef~ihr gleicher Zeit wurde u. a. yon PRIBRAMsauf die M6glichkeit hin- gewiesen, durch intraven6se Thyroxininjektionen die Dauer einer Avertinnarkose abzukfirzen und die Entgiftung fiber die Leber zu beschleunigen. Dagegen konnte KILIAN~ auf diesem Wege eine Verringerung der Avertinnarkosetiefe nicht erzielen. Die zunehmende Zahl der Suicidversuche mit Schlafmitteln bewog uns, die schon von GLAUBACH und PICK angeregte An- wendung des Thyroxins bei solchen Vergiftungen experimentell lediglich nach diesem Gesichtspunkt zu untersuchen, ob durch Thyroxin die letale Dosis von Schlafmitteln ver~indert werden kann. Mit Rficksicht auf diesen klinischen Gesich~cspunkt konnte natfirlich eine Vorbehandlung nicht stattfinden, sondern das Hormon wurde erst nach Eintritt der Schlaf- mittelwirkung gegeben. Selbstverst~indlich konnten wir eine Wirkung erst nach einer gewissen Zeit, niemals akut erwarten; immerhin beobachtete HILDEBRANDT10, n innerhalb der ersten 2 4 Stunden eine Zunahme des O~-Verbrauches und sogar schon nach 2 Stunden eine Hydr~imie als Zeichen der Sehilddrfisenwirkung. Als Schlafmittel verwandten wir das gut wasserl6sliche Medinal, welches 89,3% Veronal enth~ilt; das Pr~.parat wurde in ioproz. L6sung subcutan injiziert. Nach Eintritt des Schlafes wurden die Tiere durch Zudecken und Einhiillen in Holzwolle oder Tficher vor zu starker W~irmeabgabe geschtitzt. Die nachfolgende Tabelle weist 2 Versuchsserien auf, jede Serie umfaBt Tiere yon unterein- ander ungefiihr gleichem Alter. Es mag ferner erw~ihnt werden, dab die beiden Versuchsserien nacheinander und nicht nebenein- ander liefen, und dab kein Tier aus einer Versuchsreihe in die andere fibernommen wurde. Wir verwandten anfangs Thyroxin SCHERI~G- I~AHLBAUM, sp~iter das Pr~iparat HOFFMANN-LA ROCHE, das uns liebenswfirdigerweise yon der Firma zur Verffigung gestellt worden war. Ungeflihr 3 ~ Minuten nach Injektion des iViedinals lagen die Tiere im Schlaf, der sich rasch vertiefte, so dab bei Dosen, die der letalen nahekamen, naeh l--lx/~Stunden die Reaktionen auf starke Schmerzreize, wie I(neifen in den Schwanz oder in die Ohren, ganz oder fast ganz erloschen waren. Der Cornealreflex verschwand gelegentlich auch bei solchen Tieren, die sich spiiter noch aus der Narkose erholten. Die genaue Schlafdauer bzw. der Zeitpunkt des Exitus lieB sich aus technischen Grflnden nicht framer ermitteln, da die Tiere in der Regel am Morgen gespritzt wurden und h~iufig den ganzen Tag hindurch schliefen. So wurden solche Tiere dana am n~ichsten Tag schon ganz wach oder tot aufgefunden. Das Thyroxin wurde subcutan gegeben, die Mengen schwankten zwischen 0,2 und 0,6 mg pro Tier. Wir gaben dasselbe entweder auf einmal oder h~iufiger in 2--3 Portionen in I- oder 2st0ndigen Abst~inden; die erste Gabe erfolgte fffihestens eine halbe Stunde nach Eintritt des Schlafes. Bei Gefahr der akuten Atemliihmung in einigen F~illen wurde Cardiazol angewandt, ohne daB, mit einer einzigen Ausnahme, der letale Ausgang dadurch verhindert wurde. I)avon abgesehen, kamen keine anderen Mittel zur Anwendung. Tier Nr. I 2 3 4 5 6 7 8 9 IO II I2 13 I4 15 26 27 28 29 3 ~ 31 32 33 34 1. Ohne Thyroxin. Gegeht Medinal mg pro g Ausgang 14o 115 Ioo I22 I20 14o I27 ii8 I27 114 I45 I20 116 148 17o 127 92 iio 112 82 77 73 65 80 0,45 0,45 0,47 0,47 0,48 o,49 0,5 ~ 0,50 0,49 0,49 0,49 0,50 0,52 0,54 0,54 0,48 0,48 0,48 0,50 O,51 0,52 0,53 0,52 o,55 wach am n~ichsten Morgen J, ,, ,, ,, ,, ,, ,, waeh nach 6 Std. wach am n~ichsten Morgen i'nach 5 Std. " ,, 3 ,, 7 ,, ,, 6 ,, am n~ichsten Morgen wach am nltchsten Morgen nach 4 Std. ,, 24 ,, I Tier Ge cht Nr. Serie A.* 16 12o 17 IOO 18 IOO I9 I2o 20 88 2I I35 22 1o 5 23 I28 2 4 IOO 25 88 Medinal mg pro g 0,49 0,50 0,50 0,50 o,5o o,5 I 0,52 0,53 o,54 0,55 2. Mit Thyroxin. Thyroxin mg 3 X 0,2 3 • 0,2 3 X 0,2 3 • 0,2 3 • 0,2 2 X 0,2 3 X 0,2 3 X 0,2 2 X 0,2 I X 0, 3 Ausgang Serie B.** 35 IOO 36 1o6 37 93 38 72 39 92 4 ~ 83 wach am n~chsten Morgen 7' ,~ " 7' ,, ,7 77 ~7 77 77 ~ '~ 0,48 0,5I o,53 0,53 o,49 0,54 I XO,2 I X O~2 I X 0,2 I XO~2 I XO~2 I X 0,25 wach am n~ichsten Morgen .... " Std." wach nach 8 ,, 4 ,, am n~chsten Morgen * Das Medinal wurde durchschnittlich morgens zwischen 8 und xo Uhr gegeben. Die Tiere 12 und 24 erhielten je einmal x/~ ccm Cardiazol. zwischen 9 Uhr und xo Uhr 3o Min. gegeben. Tier 27 erhielt o,2 ecm Cardiazol. ** Die Medinaldosis wurde

Über den Einfluss des Thyroxins auf die Schlafmittelvergiftung

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25. J U N I I932 K L I N I S C H E W O C t t E N S C I t R I F T . II . J A H R G A N G . Nr . 26 I I O I

U B E R D E N EINFLUSS DES T H Y R O X I N S A U F DIE S C H L A F M I T T E L V E R G I F T U N G .

V o n

RICHARD KOHN. Aus dem Pharmakologischen Inst i tut der Univelsit~it Hamburg, St. Georg.

W i r k u n g und Angr i f f spunk te des Thyrox ins s ind in der l e t z t en Zeit Gegens tand zahlre icher Arbe i t en gewesen. Auf ve r sch iedenen Wegen is t fes tges te l l t worden, dab es s icher eine pe r ipher angre i fende K o m p o n e n t e ha t . So fanden , u m nur einige neuere U n t e r s u c h u n g e n zu nennen , RIML und WOLFX eine S tof fwechse ls te igerung auch nach der D u rch - s chne idung y o n Nervenp lexus bei F f i t t e rung m i t Schild- d r f i sen tab le t t en . OBERDISSE ~ wies nach, dab R a t t e n nach B r u s t m a r k d u r c h s c h n e i d u n g und T h y r o x i n i n j e k t i o n e n den gleichen Gaswechse lans t ieg zeigten, wie n ich toper ie r t e Tiere. Ebenfa l l s auf e inen pe r ipheren Angr i f f spunk t des Thyrox ins schlieBen ]~ERGWALL und KUSCHINSKY 3 aus ih ren U n t e r - suchungen an der Kanincheni r i s , de ren Adrena l inempf ind - l ichkei t un t e r b e s t i m m t e n Bed ingungen d u r c h Thyrox in - b e h a n d l u n g nach E x s t i r p a t i o n des Gangl ion cervicale sup- r e m u m e rh6h t wurde. D a n e b e n is t j edoch wieder neuerd ings d u r c h H. H. MEYER 4 dieser pe r iphe ren Zel lwirkung der zent ra le Angri f f im Gehirn gegenf ibergeste l l t worden .

In e inem teilweise an tagon i s t i s chen Gegensa tz zur Thy rox in - w i rkung s t e h t die m a n e h e r Hypno t i ca , wie z. B. die Barb i tu r - s~ureder iva te . N e b e n ihrer e rwf insch ten H a u p t w i r k u n g er- zeugen sie in groBen Dosen T e m p e r a t u r e r n i e d r i g u n g und H e r a b s e t z u n g des Stoffwechsels . So konn te ]~ORNSTEIN 5 d u r c h Somnifen einen Tell der S tof fwechse ls te igerung bei B a s e d o w - K r a n k e n besei t igen. In t ox i s chen Gaben bewi rken n a c h JACOBY* die Barbi turs~iureder ivate auch eine per iphere Gef~iSparalyse. GLAUBACH und PICK v zeigten im R a h m e n s y s t e m a t i s c h e r Un te r suchungen , dab die d u r c h L u mi n a l v e r u r s a c h t e Tempera tu re rn i ed r igung du rch T h y r o x i n v o r - b e h a n d l u n g g e h e m m t werden kann . Zu ungef~ihr gleicher Zei t wurde u. a. yon PRIBRAM s a u f die M6glichkei t h in- gewiesen, du rch in t raven6se T h y r o x i n i n j e k t i o n e n die Dauer e iner Aver t inna rkose abzukf i rzen und die E n t g i f t u n g fiber die Leber zu beschleunigen. Dagegen konn te KILIAN ~ auf d iesem Wege eine Ver r ingerung der Aver t innarkose t i e fe n i ch t erzielen.

Die z u n e h m e n d e Zahl der Suic idversuche m i t Sch la fmi t t e ln bewog uns, die schon von GLAUBACH und PICK angereg te An- w e n d u n g des Thyrox ins bei solchen Verg i f tungen exper imen te l l lediglich nach d iesem Ges i ch t spunk t zu un te r suchen , ob d u r c h T h y r o x i n die letale Dosis von Sch la fmi t t e ln ver~indert we rden kann . Mit Rf icks icht a u f diesen k l in ischen Gesich~cspunkt konn te natf i r l ich eine V o r b e h a n d l u n g n i ch t s t a t t f i nden , s o n d e rn das H o r m o n wurde ers t n a c h E i n t r i t t der Schlaf- m i t t e l w i r k u n g gegeben. Selbstverst~indlich k o n n t e n wir eine W i rk u n g e r s t nach einer gewissen Zeit, n iemals aku t e r w a r t e n ; i m m e r h i n b e o b a c h t e t e HILDEBRANDT10, n i nne rha lb der e r s t en 2 4 S t u n d e n eine Z u n a h m e des O~-Verbrauches und sogar schon n a c h 2 S t u n d e n eine Hydr~imie als Zeichen der Sehi lddrf isenwirkung.

Als Schlafmittel verwandten wir das gut wasserl6sliche Medinal, welches 89,3% Veronal enth~ilt; das Pr~.parat wurde in ioproz . L6sung subcutan injiziert. Nach Eintr i t t des Schlafes wurden die Tiere durch Zudecken und Einhiillen in Holzwolle oder Tficher vor zu starker W~irmeabgabe geschtitzt. Die nachfolgende Tabelle weist 2 Versuchsserien auf, jede Serie umfaBt Tiere yon unterein- ander ungefiihr gleichem Alter. Es mag ferner erw~ihnt werden, dab die beiden Versuchsserien nacheinander und nicht nebenein- ander liefen, und dab kein Tier aus einer Versuchsreihe in die andere fibernommen wurde. Wir verwandten anfangs Thyroxin SCHERI~G- I~AHLBAUM, sp~iter das Pr~iparat HOFFMANN-LA ROCHE, das uns liebenswfirdigerweise yon der Firma zur Verffigung gestellt worden war. Ungeflihr 3 ~ Minuten nach Injektion des iViedinals lagen die Tiere im Schlaf, der sich rasch vertiefte, so dab bei Dosen, die der letalen nahekamen, naeh l--lx/~Stunden die Reaktionen auf starke Schmerzreize, wie I(neifen in den Schwanz oder in die Ohren, ganz oder fast ganz erloschen waren. Der Cornealreflex verschwand gelegentlich auch bei solchen Tieren, die sich spiiter noch aus der Narkose erholten. Die genaue Schlafdauer bzw. der Zeitpunkt des Exitus lieB sich aus technischen Grflnden nicht framer ermitteln, da die Tiere in der Regel am Morgen gespritzt wurden und h~iufig den ganzen Tag hindurch schliefen. So wurden solche Tiere dana am n~ichsten Tag schon ganz wach oder to t aufgefunden. Das Thyroxin wurde subcutan gegeben, die Mengen schwankten zwischen 0,2 und 0,6 mg pro Tier. Wir gaben dasselbe entweder auf einmal oder h~iufiger in 2--3 Portionen in I- oder 2st0ndigen Abst~inden; die erste Gabe erfolgte fffihestens eine halbe Stunde nach Eint r i t t des Schlafes. Bei Gefahr der akuten Atemliihmung in einigen F~illen wurde Cardiazol angewandt, ohne daB, mit einer einzigen Ausnahme, der letale Ausgang dadurch verhindert wurde. I)avon abgesehen, kamen keine anderen Mittel zur Anwendung.

Tier N r .

I 2

3 4 5 6 7 8 9

I O I I I 2

13 I4 15

26 27 28 29 3 ~ 31 32 33 34

1. Ohne Thyroxin.

G e g e h t Medinal mg pro g Ausgang

14o 115 I o o I22 I 2 0

14o I27 i i 8 I27 114 I45 I 2 0 116 148 17o

127 92

i i o 112 82 77 73 65 80

0,45 0,45 0,47 0,47 0,48 o,49 0,5 ~ 0 , 5 0

0,49 0,49 0,49 0 , 5 0 0,52 0,54 0,54

0,48 0,48 0,48 0 , 5 0 O,51 0 , 5 2 0,53 0,52

o,55

wach am n~ichsten Morgen J, ,, ,,

,, ,, ,, ,, waeh nach 6 Std.

wach am n~ichsten Morgen

i ' n a c h 5 Std. " ,, 3 ,,

7 ,, ,, 6 ,,

am n~ichsten Morgen

wach am nltchsten Morgen

nach 4 Std. ,, 24 ,,

I Tier Ge cht Nr.

Serie A.* 16 12o

17 IOO 18 IOO I 9 I 2 o 20 88 2I I35 22 1o 5 23 I28 2 4 IOO 25 88

Medinal mg pro g

0,49 0 , 5 0 0,50 0 , 5 0 o , 5 o o , 5 I 0 , 5 2

0,53 o,54 0,55

2. M i t Thyroxin.

Thyroxin mg

3 X 0 , 2 3 • 0 , 2 3 X 0 ,2 3 • 0 , 2 3 • 0 , 2 2 X 0 , 2 3 X 0 , 2 3 X 0 , 2 2 X 0 , 2

I X 0, 3

Ausgang

Serie B.**

35 IOO 36 1o6 37 93 38 72 39 92 4 ~ 83

wach am n~chsten Morgen

7 ' ,~ " 7 '

, , , 7 77 ~7

77 77 ~ '~

0,48 0 , 5 I

o,53 0,53 o,49 0,54

I X O , 2 I X O~2 I X 0 , 2 I X O ~ 2 I X O ~ 2 I X 0 , 2 5

wach am n~ichsten Morgen

. . . . " Std." wach nach 8 ,, 4 ,,

am n~chsten Morgen

* Das Medinal wurde durchschnittlich morgens zwischen 8 und xo Uhr gegeben. Die Tiere 12 und 24 erhielten je einmal x/~ ccm Cardiazol. zwischen 9 Uhr und xo Uhr 3o Min. gegeben. Tier 27 erhielt o,2 ecm Cardiazol.

** Die Medinaldosis wurde

IIO2 KLINISCHE W O C H E N S C H

t3ei den Rat ten der Serie A schwankt die Dosis letalis minima zwischen o,49 und o,5o mg/g, w~ihrend unter Thyroxin erst bei o,55 der Exitus eintritt . Weitere Versuche in dieser Serie zur Siche- rung der letztgenannten Dosis konnten leider infolge Ersch6pfung des Tiermaterials nicht ausgeftihrt werden. Bei den IRaiten der Serie 13 treten bereits bei o,48 mg/g Todesftille auf, w~ihrend unter Thyroxin bis auf eine Ausnahme (Tier Nr. 39) Dosen bis o,53 mg/g vertragen wurden. Beide Serien geben also ziemlich iihnliche Resultate.

In einer IReihe yon Versuchen wurde vor der Medinalgabe und in I - -3 sttindigen Absttinden nach derselben die Rectaltemperatur gemessen. Diese sank vom Normalwert (etwa 37--37,5~ ziemlich proportional mit der Schlaftiefe; erreichte sie 24 ~ oder noch tiefere Temperaturen, so erholten sich die Tiere in der Regel nicht mehr. Die Sektion ergab meist keine erheblichen Organvertinderungen, nur in einigen F~illen, nach liingerer Schlafdauer, geringe Broncho- pneumonien.

Hins ich t l i ch der Erkl~irung der T h y r o x i n w i r k u n g werden wir uns zun~ichst m i t der A n n a h m e der a l lgemeinen stoff- wechse l s t e ige rnden Wi rkung begni igen miissen, w e n n auch, wie PRIBRAM meint , noch andere u n b e k a n n t e F a k t o r e n eine Rolle spielen mSgen. Auf der Kl in ik (I. Med. Abt . Krankenh . St. Georg) wurde i ibrigens bei einigen schweren F~illen yon Sch la fmi t t e lve rg i f t ungen T h y r o x i n a n g e w a n d t ; schien es e inen gi ins t igen Einflut / auf den Ablauf zu haben . A1s Bei- spiel sei ein im H a f e n k r a n k e n h a u s zu H a m b u r g b e o b a c h t e t e r Fal l kurz geschi lder t :

Der 57j~hr. P. hat am Tage vor der Einlieferung eine grol3e Zahl (angeblich 4 Rollen) Luminaltabletten genommen; die genaue Menge war nicht zu ermitteln. Aufnahmebefund 28. IV. 1931 : P. in mABigem KrXftezustand, Pupillen ziemlich eng, sehr geringe Licht- reaktion, Cornealreflex pos., Atmung etwas schnarchend, keine Reaktion auf Anruf, sehr geringe auf starke Schmerzreize. Herz ulld Lungen o. B., Puls 72, gleichm~Big. Temp. 36,o ~ Urin o. B. P. erh~lt reichlich Analeptica, nur voriibergehend bessere Reaktion. 29. IV. Neurologische Untersuehung: Sopor6ser Zustand yon Sehnenreflexen, nur rechter Patellarreflex pos. Bauchdecken- reflex neg. Arme reaktionslos. Temp. 38,4, Puls 128. l:~ber den Lungen bronehitische GerXusche, keine D~mpfung. Im ganzen wurde der Fall als prognostisch infaust beurteilt. Therapie: Analeptica, Abklatschen, Transpulmin, Mundpflege, 2real I ccm Thyroxin intraven6s. 3o. IV. Temp. 39,4 ~ Puls 144. Therapie: Thyroxin und welter wie am Vortrag. Gegen Abend werden die Patellarreflexe deutlicher. P. stShnt zeitweise, i . V . langsames Erwachen, Puls und Temperatur fallen ab, Riiekbildung des Lun- genbefundes. P. erholt sich im weiteren Verlauf rasch, Reflexe kehren wieder. Infolge einer toxisehen Neuritis und begleitellder Peronaeus-Parese beiderseits war noch lhngerer I{rankenhaus- aufenthalt his zur Besserung notwendig.

Se lbs tve rs t~nd l ich is t die iibliche B e h a n d l u n g solcher Zu- s t~nde m i t Analept ic i s n ich t zu en tbeh ren , da abe t das T h y r o x i n all ande ren Stel len angre i f t und viel leicht auch die Aussche idung und den A b b a u des Schla fmi t te l s fSrdert , di irf te es wohl kl inische E r p r o b u n g und A n w e n d u n g verdienen. I n t e r e s s a n t is t Ierner die Ta t sache , dab nach MATSUMORI TM die A t m u n g d u t c h T h y r o x i n gef6rder t wird und so viel le icht auch eine gewisse B a h n u n g ftir die A t m u n g s m i t t e l zus tande k o mmt . Die D u r c h s i c h t der Tabelle zeigt auch, dab yon den m i t T h y r o x i n b e h a n d e l t e n und ges to rbenen Tieren die Mehrzahl der Verg i f tung erliegt, ehe eine erhebl iche T h y r o x i n w i r k u n g e in t r e t en konnte .

Zusammen]assung: Bei m i t Medinal ve rg i f t e t en R a t t e n k a n n die Dos. let. rain. des Schlafmi t te l s du rch In j ek t ion yon T h y r o x i n bald nach E i n t r i t t des Schlafes e twas e rh6h t werden. Es wird m i t Ber i ieks ich t igung einiger kl inischer F~lle auf die A n w e n d u n g des T h y r o x i n s zur B e h a n d l u n g yon Schlafmi t te l - ve rg i f t ungen in V e r b i n d u n g m i t den t ibl ichen Behand lungs - m e t h o d e n hingewiesen.

L i t e r a t u r : 1RIML u. WOLF, Arch. f. exper. Path. I57, 178 (193o). - - 20BERDISS~, Arch. f. exper. Path. 162, 15o (1931). - - a BERGWALL U. ]KUSCHINSKY, Arch. f. exper. Path. x62, 169 (1931). - - 4 H. H. MEYER, Dtsch. med. Wschr. 36, 1531 (1931). - - 5 BORNSTEIN, Dtsch. med. Wschr. 44, 1861 (193o). - - 6 JACOBY, Arch. f. exper. Path. 66 (1911). - - 7 GLAUBACH U. PICK, Arch. f. exper. Path. I5I, 341 (193o) . _ s PRIBRAM, Dtsch. med. Wschr. 35, 1457 (I 929). - - 9 IKILIAN, Klin. Wschr. 1931, Nr 31. - - 10 HILDEBRANDT, Arch. f. exper. Path. 96, 292 (1923). - - 11 HILDEBRANDT, Arch. f. exper. Path. lO2, 226 (1924) . _ 12 MATSUMORI, Nagasaki Igakhai Zassi 9, 200 (1931).

R I F T . II. J A H R G A N G . N r . 26 25. JUNI 1932

ZUR EISENTHERAPIE DER AN/~MIEN IM S)I, UGLINGS- UND KINDESALTER.

Yon

WALTER HEYMANN. Aus der Universitiits-Kinderklinik Freiburg i. Br.

(Vorstand: Prof. C. NOEGGERATH).

Durch die For schungse rgebn i s se der l e t z t en Jahre , ins- besondere du rch die Arbe i t en yon HEUBNER 1 sowie von STARKENSTEIN ~, scheinen sich die Meinungsun te r sch iede in tier Beur te i lung des t h e r a p e u t i s c h e n Nu tzens der verschie- d e n e n E i s en p rg p a ra t e zu zers t reuen. Der Arbe i t der ge- n a n n t e n A u t o ren is t das ges icher te Ergebn is zu ve rdanken , dal3 anorganische Eisensa lze nur d a n n ant ianAmisch wirk- s a m sind, w e n n das E i sen als zweiwert iges K a t i o n zur Re- so rp t ion gelangt .

Die K inde rhe i lkunde h a t s ich diese neue rworbenen K e n n t n i s s e noch anffa l lend wenig n u t zb a r gemacht , obwohl die An~mien im Kindesa l t e r m i t ihren m a n n i g f a c h e n E n t - s t ehungsm6gl i chke i t en d u rch an s n ich t zu den aus s t e rbenden K r a n k h e i t e n geh6ren. Dies m a g seinen Grund da r in haben , d a b im a l lgemeinen in der Pgd ia t r i e als Eisenpr~kparat das F e r r u m r e d u c t u m in Gebrauch ist, d e m eine Wi rkung n ich t abzusp rechen ist. Die W i rk u n g dieses Mit te ls i s t aber du rch - aus n ich t kons t an t . Es hi l f t hgufig, lgl3t aber hgufig auch im Stich, und m a n c h e r Feh l sch lag ger~t u n t e r dem Ein- d r u c k eines sch6nen Erfolges in Vergessenhei t . H inzu k o m m t , dab die Erfolge sich m i t einer h 6he ren Dos ie rung wesent l ich besser ten . Es mul~ aber da rauf h ingewiesen werden, dab gerade ffir das Sgugl ingsal ter Dosen yon I,O bis 2,0 g Ferr . red. pro die n i ch t i m m e r ohne Schaden ver- t r agen werden, da Dyspeps ien , wenn auch le ichterer Art , durch sie v e r u r s a c h t werden k6nnen (OPITZS), wenn dies auch nach unseren E r f a h r u n g e n se l ten zu sein scheint .

Die No twend igke i t dieser h o h e n Dos ie rung des F e r r u m r e d n c t u m mul3 an sich schon als r ech t auff~llig beze ichne t werden. E b en s o nngekl~r t b l ieben aber auch die F r agen n a c h den U r s a c h e n der von Tall zu Fall so aul3erordentl ich wechse lnden W i r k s a m k e i t dieser Therapie .

Beides wird n u n in klarer und e in leuch tender Weise d u r c h U n t e r s u c h u n g e n yon REIMANN und FRITSCHa erklgrt . Diese A u t o ren f a n d e n n~mlich, dab das F e r r u m r e d n c t u m n u t d ad u rch an t i angmisch w i rk s am wird, dab un te r der Wi rkung tier Salzsgure des Magensaf tes Ferrochlorid gebi ldet wird. Bi ldung und Reso rp t ion dieses zweiwer t igen Eisensalzes sind, nach A n s i ch t der g e n a n n t e n Autoren , die einzigen Fak to ren , auf die es a n k o m m t .

Diese Arbe i t gibt , wie ich glaube, die Handhabe , die e rw~hn ten U n k l a r h e i t e n tier F e r r u m r e d u c t u m - W i r k u n g be im S~ugling und Kind zu erkl~ren.

Man mul3 sich dabei die T a t s ach e vor Augen hal ten , dab schon gesunde S~uglinge wie K i n d e r im Vergleich zum Er- wachsenen du rchschn i t t l i ch niedrigere SalzstLurewerte im Magensa f t aufweisen (HERTZS). Dies wird fiir den jungen S~ugling mi t se inen ger ingen Sek re tmengen ers t r ech t of ten- ba r (FREUDENBEROS), wenn die abso lu t vor l iegenden Mengen an freier HC1 zu ber i icks icht igen sind. Hinzu kommt , dab un te r k r a n k h a f t e n Bed ingungen Abweichungen yon der N o r m be im Kinde vorwiegend im Sinne der Hyp- bzw. AnacidittLt v o r k o m m e n .

Diese , ,Hypac id i t~ t " des Kindesa l t e r s is t also, da die Menge der f re ien HC1 zur Bi ldung des Fer rochlor ids yon be- s t i m m e n d e m Einflui3 ist, du rchaus in der Lage, die hohe Dos ie rung und die yon Fal l zu Fal l wechse lnde W i r k s a m k e i t des F e r r u m r e d u c t u m zu erkl~ren. Vor a l lem liegt es d a n u auch folger icht ig nahe, un te r d iesen U m s t ~ n d e n d e m kind- l ichen Organismus die Bi ldung des w i r k s a m e n Antei ls des F e r r u m r e d u c t u m a b z u n e h m e n , d. h. also die bisher iibliehe Therapie mit metallischem Eisen durch Darreichung des ]ertigen Ferrochlorids zu ersetzen. Denn, w e n n die Fe r ro the rap ie e inen Sinn ha t , so, nach d e m Dargelegten , m i t Sicherhei t im Kindes- al ter .