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Acta Medica Scandinavica. Vol. CVI, faec. 1-11, 1941. fiber den Kohlehydratstoffwechsel bei Schizop h renie. \‘on Dr. med. HILLEVI LOFVENDAHL und Dr. phil. chem. TEODORA VALATIN, Ryhovs Geisteskrankenhaus, JUnkUping (Schweden). (Bei der Redaktion am 24. Oktober 1940 eingegangen). Die Insulinbehandlung bei Schizophrenie hat das Interesse fur den Kohlehydratstoffwechsel bei Geisteskranken erweckt. In der Literatur sind bereits fruher Mitteilungen iiber die auf diesem Gebiete gemachten Heobachtungen und Untersuchungen veroffentlicht worden. Schon im Jahre 1883 ausserte sich Madigan uber Falle, in welchen er bei mano-depressiven Personen in der melancholischen Phase Glykosurie feststellte. Im Jahre 1895 kon- statierte Bond in Zusammenhang mit einer Untersuchung von 175 Geisteskranken in 12 Fallen das Vorkommen von Zucker. Ini gleichen Jahre fiihrte Toy eine Untersuchung von 2000 Geistes- kranken durch. In mehreren dieser Falle, die einen Zusammenhang zwischen Glykosurie und psychischen Storungen nicht auswiestn, stellte er das Vorkommen von Zucker fest; in einem Fall bemerkte er, dass nach jeder Periode von Glykosurie agitierte Unruhe mit lebhaften Wahnvorstellungen eintrat. Laudenheimer stellte unter 1200 Geisteskranken 2.5 % Glykos- urie fest; seiner Ansicht nacli war dieser Prozentsatz in Anbe- tracht des transitorischen Charakters der Glykosurie sehr niedrig. Bei einem Kranken trat oft ein his zwei Tage vor den1 Einsetzen der

Über den Kohlehydratstoffwechsel bei Schizophrenie

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Page 1: Über den Kohlehydratstoffwechsel bei Schizophrenie

Acta Medica Scandinavica. Vol. CVI, faec. 1-11, 1941.

fiber den Kohlehydratstoffwechsel bei Schizop h renie.

\‘on

Dr. med. HILLEVI LOFVENDAHL und Dr. phil. chem. TEODORA VALATIN,

Ryhovs Geisteskrankenhaus, JUnkUping (Schweden).

(Bei der Redaktion am 24. Oktober 1940 eingegangen).

Die Insulinbehandlung bei Schizophrenie hat das Interesse fur den Kohlehydratstoffwechsel bei Geisteskranken erweckt.

In der Literatur sind bereits fruher Mitteilungen iiber die auf diesem Gebiete gemachten Heobachtungen und Untersuchungen veroffentlicht worden. Schon im Jahre 1883 ausserte sich Madigan uber Falle, in welchen er bei mano-depressiven Personen in der melancholischen Phase Glykosurie feststellte. Im Jahre 1895 kon- statierte Bond in Zusammenhang mit einer Untersuchung von 175 Geisteskranken in 12 Fallen das Vorkommen von Zucker. Ini gleichen Jahre fiihrte Toy eine Untersuchung von 2000 Geistes- kranken durch. In mehreren dieser Falle, die einen Zusammenhang zwischen Glykosurie und psychischen Storungen nicht auswiestn, stellte er das Vorkommen von Zucker fest; in einem Fall bemerkte er, dass nach jeder Periode von Glykosurie agitierte Unruhe mit lebhaften Wahnvorstellungen eintrat.

Laudenheimer stellte unter 1200 Geisteskranken 2.5 % Glykos- urie fest; seiner Ansicht nacli war dieser Prozentsatz in Anbe- tracht des transitorischen Charakters der Glykosurie sehr niedrig. Bei einem Kranken t ra t oft ein his zwei Tage vor den1 Einsetzen der

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psychischen Verschlechterung Zucker auf und verschwand vor der Besserung des Befindens wieder. Oft schien ihm das Auftreten von Zucker in Verbindung mit Angsterscheinungen zu stehen. Bei von Noorden ist eine Angabe daruber zu finden, wie nach seinen Fest- stellungen manchmal bei Diabetikern der Zucker nach dem Auf- treten einer Psychose fur immer verschwand.

Schultze und Knauer publizierten im Jahre 1907, dass sie bei Geisteskranken oft positive Bials Reaktion festgestellt haben. In einigen dieser Falle war Glykosurie vorhanden und in anderen wiederum nicht. Diese Reaktion kann auf die Aussonderung von Pentosen hinweisen; sie durfte jedoch bei der Aussonderung von Glukuronsaure auch positiv sein.

Schon im Jahre 1919 wurden Angaben uber einige Blutzucker- bestimmungen bei Geisteskranken veroffentlicht, teils solche bei Kranken auf nuchternem Magen, teils nach vorgenommener Zucker- belastung. Im Jahre 1926 publizierte Langfeldt eine Zusammen- stellung uber die von ihm selbst und anderen angestellten Unter- suchungen. Rei 40 schizophrenen Patienten, mit Ausnahme in zwei Ftillen, stellte er den Blutzuckerwert als normal fest. Seine Glykose- belastungsproben per 0s ergaben, dass die Glykosetoleranz in akuten Fallen reduziert ist und je nach Dauer der Krankheit zu- nimmt.

In Verbindung mit der Insulinbehandlung bei Scliizophrenie haben Blutzuckeruntersuchungen stattgefunden, demzufolge coma bei individuell verschiedenen Werten eintritt; nach Roses Auffas- sung schwanken diese zwischen 25 bis 40 mg yo Blutzucker.

Der biologische Mechanismus des Kohlehydratabbaues ist in den letzten Jahren in grossen Linien klargelegt worden. Man hat festgestellt, dass das Vitamin B, hier eine ausserst wichtige Rolle spielt und nimmt an, dass es auf die Brenztraubensaureumsetzung primar einwirkt. Bei dem Stoffwechsel des Menschen nimmt die Brenztraubensaure eine Zentralstellung ein, welche man sich nach dem folgenden Schema vorzustellen hat:

Kohleh ydrat ~Milchsaure

Fett ey Brenztraubensaure + 47

Aminosau re \ Oxydation L Enzym + BI Vitamin

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72 H I L L E V I L O P V E N D A H L und TEODISRA VALATIN.

Wenn also der menschliche Organismus an B, Vitamin-Mange1 leidet, vermehren sich die Produkte des Kohlehydrat- und Fett- abbaues im Blute. Durch deren Bestimmung kann man den naheren Charakter der Organveranderungen und Funktionsstorungen der Krankheit klarstellen. Aus diesem Anlass entschlossen wir uns, auch bei Geisteskranken diese Produkte zu untersuchen. Wir haben f iir diese Bestimmungen die von Carlstrom, Myrback, Holmin und Larsson angegebenen Methoden angewandt, demzufolge sie bei ge- sunden Personen folgende Normalwerte festgestellt haben:

Bisulphitbindende Substanz ........ 1.2-1.6 mg yo Brenztraubensaure . . . . . . . . . . . . . . . . . . < 0.4 ))

Milchsliure ........................ ca. 5 R

Totalazeton ........................ < 1 ))

p-Oxy-Buttersiiure ................ < 1 ))

Die Bestimmung der bisulphitbindenden Substanz gibt eine allgemeine Orientierung dariiber, in wieweit eine Storung in dem Kohlehydratstoffwechsel vorliegt. Wir untersuchten die bisulphit- bindende Substanz bei 5 Gesunden und 24 Geisteskranken. Die Gesunden ergaben Normalwerte, bei den Schizophrenen waren die Ergebnisse verschieden. Die hochsten Werte wiesen die katatonen Patienten und die akuten FWe mit starker Verwirrung und Unruhe aus, wogegen bei dementen Patienten niedrigere Werte zu ver- zeichnen waren. Fig. 1.

Da pathologische, zur Zeit noch unbekannte Produkte natiir- lich bei schizophrenen Patienten vorhanden sein konnen, darf ange- nommen werden, dass in Fallen mit niedrigeren Werten derartige Produkte mitgewirkt haben oder auch dass sie diejenigen Varia- tionen im Stoffwechsel zum Ausdruck bringen, die bei Geistes- kranken, z. B. hinsichtlich der Eiweissumsetzung (laut den von Gjessing angestellten Untersuchungen), bekann t sind.

In Bezug auf die Brenztraubensaure haben wir 3 gesunde Per- sonen und 13 schizophrene Patienten untersucht. Die Gesunden und 6 Kranke ergaben Normalwerte, wahrend in sieben Fallen eine Steigerung bis zu 1.8 mg yo zu verzeichnen war. Auch hier wurden die hochsten Werte bei katatonen sowie akut unruhigen Patienten und die niedrigeren Werte bei dementcn Patienten vorgefunden. Fig. 2.

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Fig. 1

Bisulphilbindende Subslanz im Blute.

Schizophrene (13 Faille) Gesunde Personen mg %

Fig. 2

Brenzlraubensdure im Blute.

Schliesslich haben wir 21 schizophrene Patienten auf Milchs%ure im Blute hin untersucht.

Der Normalwert wird von verschiedenen Verfassern schwan- kend mit 5 bis 15 mg % angegeben; auch die Werte um 20 mg % herum werden als nicht vollkommen pathologisch bezeichnet. i Normalfhlle haben wir mit 5 bis 10.5 mg % bewertet. Bei den Kranken lagen die Werte durchweg hoher, doch nur ein Drittel der Schimphrenen wies eine Steigerung uber 20 mg % aus. Die

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katatonen und akut unruhigen Kranken ergaben die hochsten Werte. Fig. 3.

Dass katatone und akut unruhige Patienten die hochsten Werte sowohl hinsichtlich der bisulphitbindenden Substanz als auch hin- sichtlich der Brenztrauben- und Milchsaure auswiesen, kann evtl. init dem, was Gjessing in Bezug auf andere somatische Verhaltnisse hervorgehoben hat, in Zusammenhang gebracht werden, namlich dass so ganz verschiedene Zustande wie Unruhe und Stupor die-

Schizophrene Patienten (21 Falle). Gcsuiide Personen mf4 %

Fig. 3

Milchsdure im Blufe.

selben korperliclien Funktionsveranderungen verursachen konnen bezw. von derartigen Veranderungen begleitet werden konnen.

In der Literatur habcn wir Angaben tiber einige andere Milch- saurebestimmungen vorgefunden. Looney und Childs erwahnen Falle mit sehr hohen Milchsaurewerten bei Schizophrenie, und Kat- zenelbogens Untersuchungen haben ergeben, dass von 20 Geistes- kranken 13 Patienten einen Milchsauregehalt im Blute unter 20 mg yo auswiesen und dass die Anderen zwischen 2 0 4 7 mg % schwankten. Himwich und seine Mitarbeiter haben Blutmilch- saurebestimmungen wahrend eines Cardiazolkrampfes vorgenom- men, demzufolge die Milchsaure in diesem Zustande erhoht war.

Eine griindlichere Untersuchung uber die verschiedenen Urn- stande bei einer Cardiazolbehandlung wurde von Mrduna und

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Rohny angestellt. 18 Schizophreniekranke wurden von ihnen untersucht; das Ergebnis lautete: vor der Injektion des Cardiazols schwankte der Milchsaurewert zwischen 6 und 18 mg %; dieser Wert stieg jedoch unmittelbar nach dem Krampf bis auf 59-133 mg yo; in 14 Fallen lag der Wert iiber 100mg yo. 15 Minuten nach der Injektion verblieben diese hohen Werte noch unverandert, erst nach 60 Minuten gingen sie auf 18-60 mg yo zuruck.

Blulmilehzueker nach 4 g Na-Lactat i. Y.

I = gesunde Person; 11, 111, IV, V, VI, VII = Schizophrene.

Fig. 4.

Um einen Einblick in die Resynthese der Milchsaure im Korper zu erhalten, nahmen wir nach der Methode Thaddeas und Walys Belastungsproben vor, und zwar mit 4 g Natriumlactat i.V. in 20 yo-iger Losung. Die Milchsaure wurde vor der Untersuchung, nach 3 sowie 30 Minuten nach der Injektion bestimmt. Bei Gesun- den soll die Steigerung des Milchsaurespiegels ca. 17.5 mg yo betragen, und 15-20 Min. nach der Injektion soll die eingespritzte Milchsaure ganz aus dem Blute vcrschwunden sein.

Bei unseren Untersuchungen an einer gesunden Person erhielten wir Thaddeas und Walys Resultate bestatigt. Die Milchsaure, die vor der Injektion 10 mg yo betrug, stieg nach 3 Min. auf 24 mg yo, was also einer Steigerung von 14 mg % entsprach. Nach 20 Min. ging die Milchsaure auf den Normalwert zuruck.

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Im Gegensatz hierzu wiesen sechs Belastungskurven bei schizo- phrenen Patienten pathologische Verhlltnisse aus, indem die Werte eine Steigerung von mindestens 21 mg yo und hochstens 40 mg yo ergaben, d. h. im Durchschnitt 29.5 mg yo. Noch nach 30 Min. war keiner der schizophrenen Patienten auf seinen ur- sprunglichen Wert zuriickgegangen. Fig. 4.

Thaddea und Waly konstatierten bei Kranken anderer ,4rt die gleichen pathologischen Symptome und kamen zu der Ansicht,

Ululmilchsdure nach subkulaner Injekiion von 1 mg Adrenalin. mf2 %

1 1 50 I , 1- gcrunde Person

Fig. 5

class diese unnormal niedrigen Werte auf innersekretorische Um- stande zuruckzufiihren sind.

Wir haben ferner eine andere Serienuntersuchung vorgenom- men, ntimlich hinsichtlich der Blutmilchdure nach 1 mg subku- taner Adrenalininjektion. Fig. 5.

WPhrend bei normalen Menschen der Milchsaurewert von 6 mg yo auf 32 mg yo nach der Injektion stieg - was also einer Steigerung von 26 mg yo entspricht - so wiesen die Schizophrenen eine bedeutend geringere Steigerung aus, nilmlich 10, 12, 14, 14, 18 mg %. Diese Fllle reprlsentierten hauptdchlich katatona Patienten. Laut Brentano weisen diese niedrigeren Werte auf pathologische Umstande im Muskelglykogen-Stoffwechsel hin.

Urn einen weiteren Einblick in den Kohlehydratstoffwechscl zu gewinnen, machten wir noch einige Blutzuckerbestimmungen nach subkutaner Adrenalininjektion an katatonen Patienten, hei

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welchen in ubereinstimmung mit vorangegangenen Beobachtungen die grossten Veranderungen zu envarten waren. Bei der Unter- suchung einer Anzahl schizophrener Patienten stellten wir recht bedeutende Schwankungen fest, sowohl in Bezug auf den hoclisten

Dlulriicker nach I mg subkulaner Adrenalininjeklion. I = gesunde Person, 11, 111, IV, V = Schizophrene.

Fig. 6.

Wert - den die verschiedenen Kurven auswiesen - als auch in Bezug auf die Zeitdauer, die fur den Blutzuckerwert erforderlich war, urn die Ausgangslage wieder zu erreichen. Fig. 6.

Da Adrenalin-Hyperglykamie nach Auffassung Brentanos und anderer Verfasser von dem Glykogengehalt der Leber abhangig' sein soll, hat eine derartige Untersuchung eigentlich nur den Zweck, um zu zeigen, ob bei den verschiedenen schizophrenen Patienten der Glykogengehalt in der Leber grosse Schwankungen ausweist. Samt- liche Bestimmungen sind natiirlich an Patienten mit nuchternem Magen und zu gleichen Tageszeiten ausgefiihrt worden.

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T8 HlLLEVl LOPVENDAHL und T E O D 6 R A VALA'PIN.

Totalazeton und 8-Oxybuttersaure gehoren ja zu den Stoffen, die bei B,-Avitaminose pathologisch verandert sind. Da in der Literatur bereits Untersuchungen uber diese Stoffe veroffentlicht worden sind, haben wir selbst keine diesbezuglichen Untersuchun- gen angestellt.

Meduna und Rohny berichten iiber eine gesteigerte Aussonde- rung des Totalazetons nach Cardiazolkrampf. Den Initialwert stell- ten sie vor der Injektion mit 1.2-2.1 mg yo fest; unmittelbar nach dem Krampf t ra t eine gewisse Veranderung des Wertes ein, tler nach 15 Min. hoher stieg und 3.8 mg yo erreichte; spater trat ein relativ schneller Ruckgang ein.

8-Oxybuttersaure, die vor der Injektion zwischen 1.2 iind 1.7 mg % schwankt, steigt nach dem Krampf auf 6.4-13.5 mg yo. Nach 15 Min. erfolgt auch hier eine weitere Steigerung bis 14.3 mg yo, worauf ein langsames Sinken zu beobachten ist.

Erhohte Ketonkorper sowohl im Blute als auch im Urin sind durch andere Verfasser nachgewiesen worden. Marquart beobach- tete z. B. Azetonurie, und Aubel stellte im Kohlehydratstoffweclisel chronische Storungen mit voriibergehender Ketonurie fest. Scheicl berichtet uber ausgesprochene Ketonamie bei psychischen Unruhe- zustanden, und Thompson und Aste-Salazar fanden bei Schizo- phrenen sowohl im Blute als auch im Urin Ketonkorper vor. Schliesslich konstatierte Lingjaerde in einer grossen Anzahl von Fallen periodische Ketonurie, besonders in Verbindung mit der bei Geisteskranken allgemein vorkommenden Urobilinurie.

Gewisse Veranderungen im Kohlehydratstoffwechsel sclieinen also relativ oft bei Schizophrenie vorzukommen. In welchem Um- fange BI-Vitaminmangel vorliegt oder in wieweit andere in den Kohlehydratstoffwechsel eingreifende Faktoren analoge Vorgange verursachen konnen, ist schwer zu beurteilen. Wenn Schizophrenie einzig und allein eine B,-Avitaminose darstellen wiirde, durfte man ziemlich leicht die Krankheit heilen konnen; leider ist dies jedoch bisher nicht der Fall gewesen.

Ohne Zweifel kann man behaupten, dass gewisse Veranderungen beobachtet worden sind, die eine griindlichere Untersuchung des Kohlehydratstoffwechsels der Geisteskranken erforderlich machen, umsomehr, als nach Ansicht Himwichs und seiner Mitarbeiter das Gehirn ungleich anderen Organen praktisch genommen nur einen Stoff, namlich das Kohlehydrat, verbrennt.

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Zusammenfassung.

Die Verfasser haben im Kohlehydratstoffwechsel gewisse Stoffe bestimmt, welche beim Mange1 an B,-Vitamin pathologische Er- scheinungen auszuweisen pflegen. Es wurden nlmlich folgende Stoffe an einer Anzahl schizophrener Patienten bestimmt: bisul- phitbindende Substanz, Brenztraubensaure und Milchsaure im Blute.

Die Bestimmung von bisulphitbindender Substanz, die nur eine allgemeine Orientierung daruber gibt, in wieweit eine Storung im Kohlehydratstoffwechsel vorliegt, ergab in katatonen und akut unruhigen Fallen erhohte Werte. Die Brenztraubensaure wurde bei 13 Patienten festgesetzt; sechs dieser Falle ergaben einen Nor- malwert und sieben eine Steigerung bis zu 1.8 mg yo hinauf gegen- uber dem Normalwert von 0.4 mg yo. Auch hier wiesen die katato- nen und akut unruhigen Patienten die hochsten Werte aus. - Milchsaure im Blute wurde in ca. 20 Fallen untersucht. Bei einem Drittel dieser Falle stellten wir eine Steigerung iiber 20 mg % fest; dieser Wert ist als der hochste Normalwert angenommen worden. Die katatonen und akut unruhigen Kranken hatten die hochsten Werte. Ferner wurde eine Untersuchung der Resynthese der Milch- saure unter Anwendung der Thaddeas und Walys Belastungs- proben mit Natriumlactat i. V. angestellt. Bei schizophrenen Patienten wurden pathologische Erscheinungen vorgefunden. Die Reaktion der Blutmilchsaure nach erfolgter Adrenalininjektion wies pathologisch niedrige Werte aus.

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80 HlLLEVI LOFVENDAHL kind TEOD6RA VALATIN.

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