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Aus dem pharmakologischen Labor der H6chster Farbwerke und dem pharmakognostischen Institut der Universit~t Innsbruck. Uber die Beeinflussung der Wirkung yon 0xyioein und Yasopressin auf die Salzdiurese durch Salyrgan *. Voi~ 0. SCHAUMANN und LtSBE~H SCHMIDT ~. Mit 1 Textabbildung. (Eingegangen am 18. Jani 1947.) Anlal~ zu den hier mitgeteilten Versuchen gaben einerseits Beobach- tungen yon H. CURSCHMANN 1 und K. H. RIWOLDT 2 fiber eine eigentfim- liche zweiphasische Wirkung des Pr/iphyson auf den Wasserhaushalt, als deren Ursache die Autoren einen diuresefSrdernden Wirkstoff des Hypophysen-Vorderlappens annahmen, andererseits die Mitteilung yon KOHLER und J~NINGER 3, dab die Salyrgandiurese durch Pr/iphyson- gaben wesentlich verst~rkt werden kann. Auch diese Autoren sahen darin eine weitere Stiitze ftir die wiederholt aufgestellte Behauptung 4-7, dag im Vorderlappen der Hypophyse ein spezifisch diuresef0rdernder Wirkstoff enthalten sei. Die von CURSCHMAN~ und RIWOLDT verSffentlichten Diuresekurven mit prim/irer Diuresehemmung und erst nach 3--4 Stunden einsetzender kompensatorischer Diuresesteigerung gleichen nun vSllig der bekannten wassereinsparenden Wirkung yon Hypophysen-Hinterlappen-Extrakten. Aul3erdem ergaben eigene diesbezfigliche Versuche, .die inzwischen durch eine Arbeit yon HoTovyS best/~tigt wurden, dab w~l~rige, schwach saure Kochextrakte auch aus sorgf/tltig vom Hinterlappen abgetrennten schlachtfrischen Vorderlappen Wirks~offe des Hinterlappens in nicht zu vernachl/tssigender Menge enthalten. Eine diesbezfigliche Priifung ergab ferner, dab at~ch im Pr/iphyson je ccm 0,3--0,6 E Oxytocin und Vasopressin enthalten sind. Deshalb sollte nachgeprfif~ werden, ob nicht auch durch die Wirk. stoffe des Hinterlappens allein eine synergistische Beeinflussung der Salyrganwirkung zu erzielen w/~re. Vor allem sollte auch das Oxy~ocin in die Versuche einbezogen werden, da dieses nach DRAPER 9, FRASER I°, sowie KUSCHINSKY und BUNDSCHUH n an Ratten eine Vermehrung der Chlorid- und Wasserausscheidung auszul5sen vermag. Diese Beobach- tung konnte in eigenen Versuchen 12 best/itigt und dahin erweitert werden, * Herrn Prof. W. HEUB~ER zum 70. Geburtstag.

Über die Beeinflussung der Wirkung von Oxytocin und Vasopressin auf die Salzdiurese durch Salyrgan

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Page 1: Über die Beeinflussung der Wirkung von Oxytocin und Vasopressin auf die Salzdiurese durch Salyrgan

Aus dem pharmakologischen Labor der H6chster Farbwerke und dem pharmakognostischen Institut der Universit~t Innsbruck.

Uber die Beeinflussung der Wirkung yon 0xyioein und Yasopressin auf die Salzdiurese durch Salyrgan *.

Voi~ 0. SCHAUMANN und LtSBE~H SCHMIDT ~.

Mit 1 Textabbildung.

(Eingegangen am 18. Jani 1947.)

Anlal~ zu den hier mitgeteilten Versuchen gaben einerseits Beobach- tungen yon H. CURSCHMANN 1 und K. H. RIWOLDT 2 fiber eine eigentfim- liche zweiphasische Wirkung des Pr/iphyson auf den Wasserhaushalt, als deren Ursache die Autoren einen diuresefSrdernden Wirkstoff des Hypophysen-Vorderlappens annahmen, andererseits die Mitteilung yon KOHLER und J~NINGER 3, dab die Salyrgandiurese durch Pr/iphyson- gaben wesentlich verst~rkt werden kann. Auch diese Autoren sahen darin eine weitere Stiitze ftir die wiederholt aufgestellte Behauptung 4-7, dag im Vorderlappen der Hypophyse ein spezifisch diuresef0rdernder Wirkstoff enthalten sei.

Die von CURSCHMAN~ und RIWOLDT verSffentlichten Diuresekurven mit prim/irer Diuresehemmung und erst nach 3--4 Stunden einsetzender kompensatorischer Diuresesteigerung gleichen nun vSllig der bekannten wassereinsparenden Wirkung yon Hypophysen-Hinterlappen-Extrakten. Aul3erdem ergaben eigene diesbezfigliche Versuche, .die inzwischen durch eine Arbeit yon HoTovyS best/~tigt wurden, dab w~l~rige, schwach saure Kochextrakte auch aus sorgf/tltig vom Hinterlappen abgetrennten schlachtfrischen Vorderlappen Wirks~offe des Hinterlappens in nicht zu vernachl/tssigender Menge enthalten. Eine diesbezfigliche Priifung ergab ferner, dab at~ch im Pr/iphyson je ccm 0,3--0,6 E Oxytocin und Vasopressin enthalten sind.

Deshalb sollte nachgeprfif~ werden, ob nicht auch durch die Wirk. stoffe des Hinterlappens allein eine synergistische Beeinflussung der Salyrganwirkung zu erzielen w/~re. Vor allem sollte auch das Oxy~ocin in die Versuche einbezogen werden, da dieses nach DRAPER 9, FRASER I°, sowie KUSCHINSKY und BUNDSCHUH n an Rat ten eine Vermehrung der Chlorid- und Wasserausscheidung auszul5sen vermag. Diese Beobach- tung konnte in eigenen Versuchen 12 best/itigt und dahin erweitert werden,

* Herrn Prof. W. HEUB~ER zum 70. Geburtstag.

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368 O. SCHAUMANN und LISBETtt SCttMIDT-~:

d a b durch Oxytoc in die Ausscheidung der N a - I o n e n in noch wei t st~tr- ke rem MaBe gefSrder t wird als die der Ct-Ionen, w~hrend durch Vaso- press in (Tonephin) eine deut l iche Verminderung der Na-Aussche idung bei Vermehrun~ der Abgabe von C! und K bewi rk t wird. Desha lb wurde in den vor l iegenden Versuchen neben der C1- auch die Na-Aussche idung im H a r n verfolgt .

Die Versuche ergaben, dab ta t s~chl ich n icht nur zwischen Sa ly rgan u n d Pr~physon , sondern in gleichem Mai~e auch zwischen Sa ly rgan und O x y t o c i n in einer Dosierung, wie sie dem Gehal t des P r ~ p h y s o n an Hin t e r l appenwi rks to f f en en tspr ich t , ein fiber eine einfache Add i t i on h inausgehende r Synerg i smus auf die Na- und C1-Ausscheidung bes teht .

Versuehe.

Als Versuchstiere dienten weiBe RattenbScke im Gewicht yon 150--200 g, Die Fiitterung bestand w~hrend der ganzen Versuchsdauer aus K5rnerfutter und Wasser ad libitum, war also arm an Na und C1. Die Tiere wurden in gleich behan- delten Gruppen zu je 6 zusammengefal~t und w~hrend der auf 6 Stunden bemes- senen Versuchsdauer in gl~sernen Sto~f~wechselk~figen gehaltem Der Harn wurde in angeschliffenen Sammelgef~Ben aufgefangen. Seine Menge wurde zur Verfol- gung der Diuresekurve nach BuR~ la halbstiindig gemessen. In den vereinigten Portionen jeder Gruppe wurden C1 nach VOLHARD und Na mit Zink-Uranyl- Azetat bestimmt. Zu Beginn des Versuches erhielt jede Ratte 5 ccm Leitungs- wasser mit der Schlundsonde. Die sofort anschlieBenden Inj ektionen der Wirkstoffe erfolgte subkutan. Zur Vermeidung unspezifischer Reize 14 waren die Wirkstoffe auf 1 ccmmi t 0,9%iger KochsalzlSsung verdiinnt; die Kontrollen erhielten die gleiche Menge physiologischer KochsalztSsung allein. Die Tiere wurden 2mal wSchentlich in den Versuch genommen. Als Praparate wurden verwendet: Die handelstibliche 10%ige SalyrganlSsung mit 5% Theophyllin, Tonephin, Hypo- physin, Pr~physon des Handels und ein besonders gereinigtes Orasthin mit nur 0,04 E Vasopressin auf 3 E Oxytocin. Die entsprechenden Verdfinnungen wurdea stets frisch unmittelbar vor dem Versuch angesetzt.

Die nebenstehende Tabelle gibt eine (~Tbersicht fiber die gesamten Versuchs- resultate. Zu den Angaben ware folgendes zu bemerken:

Die Zahlen sind Mittelwerte aus s~mtlichen Versuchen, berechnet auf eine Gruppe von ]e 6 Tieren. Die eingeklammerten Zahlen geben den tiefsten und h(ich- sten beobachteten Wert wieder. Die Zahlen fiir C1 und :Na sind die insgesamt nach 6 Stunden ausgeschiedenen Mengen in rag. Der Ausdruck ,,Zeit" bedeutet die Anzahl der Minuten, die bis zurAusscheidung derHalfte der gesamtenHarnmenge verstrichen war. Die mit % bezeichneten Reihen geben die prozentualen Ver~ade- rungen der betreffenden Werte gegeniiber denjenigen der Kontrollgruppen bzw. tier Zufuhr an. Zu den einzelnen senkrechten Kolonnen ist zu sagen:

Zu/uhr. Jedes Tier bekam 5 ccm Wasser p. o. und 1 ccms. c. injiziert. Die zugefiihrten C1- und Na-Mengen stammen aus der injizierten 0,9%igen NaCl- LSsung. Der Kochsalzgehalt des Futters sowie das Na der SalyrganlSsung wurden dabei nicht berficksichtigt.

KontroUen. Das zugeffihrte Wasser, C1 und Na wurden w~ihrend der 6sttindigen Versuchsdauer nicht vollst~ndig ausgeschieden. Besonders das ~ a wurde zum grSitten Tell retiniert.

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Beeinflussung der 8alzdiurese durch 8alyrgan. 369

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370 (). SCHAU~tAN~" und LISBETH SCHMIDT i.

Salyrgan: Die Dosis betrug hier, wie in allen spi~teren Kombinationsver- suchen, 0,01 ccm Handelsl6sung entsprechend 1 mg Salyrgan und 0,5 mg Theo- phyllin. Einen besonders in die Augen springenden EinfluB hatte diese Salyrgan- gabe auf keinen der gemessenen Werte; die Diurese wurde etwas vermindert, die C1- und l~a-Ausscheidung geringgradig erhSht.

Orasthin: Die Dosierung betrug 0,03 .E. jo Tier mit 0,0004 E V~sopressin. Die Harnmenge zeigte keine signifikante Anderung, dagegen wurde die CLAus- scheidung verdoppelt, die Na-Ausscheidung sogar verdreifach~. Die Verz6gerung

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Abb. 1.

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der Diurese entsprach etwa der Menge des noch beigemengten Vasopressin, wie ein Vergleich mit den Tonephinversuchen der iibern~ehsten Kolonne zeigt.

Salyrgan + Orasthin: Die Dosierung bestand in einer Kombination der in den Versuchen der beiden vorhergehenden Kolonnen gegebenen Mengen in dem gleichen Volumen yon 1 ccm physiolog[scher KochsalzlSsung. Die Harnmenge steigt auch in diesen Versuchen nur unbedeutend an. Dagegen schnellt die C1- bzw. Na-Ausseheidung auf das nahezu Vierfache bzw. Neunfache gegenfiber den Kontrollen ]xinauf. Die geringgradige bereits unter alleiniger Or~sthingabe ein- getretene VerzSgerung der Diurese wird durch das Salyrgan nicht wesentlich be- einflul~t.

Tonephin: Die Dosis betrug 0,0004 E Vasopressin entsprechend der das Oras- thin ~n den vorangehenden Versuchen begleitenden Menge. Harnmenge und - - ungefghr entsprechend - - C1- und ~Na-Ausscheidung sinken auf etwa die halben Werte gegenfiber den Kontrollen. Die VerzOgerung der Diurese ist starker als in den Orasthin-Versuchen mit der gleichen Vasopressinrnenge.

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Beeinflussung der Salzdiul~ese dutch Sa]~'gan. 371 m

Tonephin ~ Salyrgan: Die Vasopressindosis der vorangehenden Versuchs- serie wurde mit der Salyrgandosis der Orasthinversuche kombiniert. W~hrend Harnmenge und DiureseverzSgerung durch die Salyrganbeimischung nicht wesent- lich beeinflul~t werden, wird die C1- und Na-Ausscheidung wieder auf die bei alleiniger Salyrgangabe beobachteten Werte erhSbt.

Hypophysin: Die angewandte Dosis dieses nicht fraktionierten tIinterlappen- extraktes enthielt je 0,03 E Vasopressin und Oxytocin. Die Harnmenge ist gegen- fiber den Kontrollen geringgradig vermindert. W~ihrend die C1-Ausscheidung fast verdoppelt wird, sinkt die ausgeschiedene Na-Menge noch unter den Wert bei den Kontrollen ab. Die DiureseverzSgerung ist entsprechend der relativ groI3en Vaso- pressindosis sehr ausgesprochen.

Salyrgan -~ Hypophysin: Die Dosen betrugen 0,0i ccm Salyrgan und 0,03 E Hypophysin. Die Harnmenge ist etwas vermehrt etwa wie bei der Kombination Salyrgan ~- Orasthin. Die C1-Ausscheidung betri~gt gegenfiber den Kontrollen oder alleiniger Salyrgangabe das Ffinffache, gegeniiber dem Hypophysinversuch das Dreifache. Die Na-Ausseheidung, die unter Hypophysin allein deutlich ver- minder~ war, sehnellt durch den Salyrganzusatz auf das Achtzehnfache hinauf und liegt etwa 10real h5her als bei den Kontrollen oder alleiniger Salyrgangabe. Die' diureseverzSgernde Wirkung des Hypophysin wird durch den Salyrganzusatz dagegen nicht wesentlich ver~nder$.

Salyrgan ~ PrSphyson: Die Dosierung betrug wieder 0,01 ecm Salyrgan- 15sung ~- soviel PJ~physon ]=iandelslSsung als 0,03 E Hypophysenhinterlappen- Wirkstoff entspraeh, also etwa 0,1~0,05 ccm. Das Wirkungsbild gleicht in allen Teilen ziemlich weitgehend demjenigen der Kombination Salyrgan ~- Hypophysin.

Besprechung der Versuchsergebnisse. Obwohl die in der vorliegenden Form bereits im Jahre 1941 ange-

stellten Versuche in mancher It insicht einer Erg£nzung bedfirfen, sollen sie t rotzdem mflgeteilt werden, da infolge der Kriegs- und Nachkriegs- verh~ltnisse und des tragischen Todes meiner Mitarbeiterin* einer Ver- vollst~ndigung in absehbarer Zei t kaum mSglich sein wird und sie in mancher Hinsicht doch bemerkenswerte Resultate ergeben haben.

Die Versuche zeigen zun~chst, dal~ Salyrgan allein bei der angewand- ten Dosierung von 5- -7 mg je kg an kochsalzarm ern~hrten Ra t ten weder auf die Wasser- noch auf die Salzausscheidung einen merklichen Einflul3 hat,

Oxytocin steigert nicht nur, wie aus den Arbeiten yon FRASER, KU- SCmNSK¥ und BUNDSCHUH sowie HOTOVY bekannt, die CI-Ausscheidung, sondern in relativ sti~rkerem Mal3e noch die der l~a-Ionen. Vasopressin hat in den I)osen, wie sie in den Orasthin-Versuchen als Beimengung zum Oxytocin in Frage kamen, keinen merklichen Einflul3 auf die Salz- ausscheidung. Die Verminderung der ausgeschiedenen Na- und Cl- Mengen entspricht ungefiihr der Herabsetzung der Harnmenge. Auch bei Na-reich ern~hrten Tieren und 10real hSherer Vasopressindosierung ~ndert sich das Ergebnis nicht, wie nachfolgende aus einer anderen Versuchsreihe stammenden Zahlen zeigen:

* Frl. LIsB~,TII Se:~IIDT fiel am 2.2.45 auf der l~fickfahrt yon ihrer A_rbeits- st/itte einem Tieffliegerangriff zum Opfer.

24*

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372 O. SC~AUMA~ und LISBETH SC~MmT ¢.

Tabelle 2. (In dieser Tabelle sind die nach 4 Stunden ausgeschiedenen Mengen angegeben.)

C 0 m . . . . . . . .

mg Na . . . . . . . Tierzahl . . . . . . .

Zufnhr Kontrollen Tonephin [ Orasthin

36 21.4

20,5 21,4 24

0,04 ~] 0,04 E 9,8 44,8

12,0 82,1 24 I 24

Auch hier entspricht die gegenfiber den Kontrollen vermindert aus- geschiedene Na-Menge der Einschr~nkung der Diurese, so dab die Na- Konzentration im Harn praktisch unver~ndert bleibt. Orasthin erhSht hier die Na-Ausscheidung noch fiber die an diesen Tieren eintretende Diurese-Steigerung hinaus, wodurch auch die Konzentration im Harn auf nahezu das Doppelte ansteigt. Diese Versuche geben auch eine Bc- st£tigung der Beobachtung yon HOTOVY, dal~ die Vermehrung der Harn- menge dutch Oxytocin yon der zur Verfiigung stehenden Salzmenge abh£ngt, die vermehrte Ionen-Ausscheidung also das Prim~re sein diirfte. Die gleiche Beobachtung machten fibrigens bereits U ~ A und WALTERS- XIRCHEN ls an trocken gehaltenen Hunden mit Gesamt-Hinterlappen- extrakten.

Aus den Hypophysinversuchen ergibt sich die bemerkenswerte Tat- sache, dab durch i~quivalente Dosen Vasopressin die Wirkung des Oxy- tocins auf die Na-Ausscheidung aufgehoben und diese sogar unter die- jenige bei den Kontrollen gedrfickt wird, w~hrend die C1-Werte stark erhSht bleiben. Eine Erkliirung ffir dieses auffallende Verhalten dfirfte in folgendem liegen: Eigene Versuche 1~ haben ergeben, dal~ durch Vaso- pressin in einer Dosierung, wie sie den hier angeffihrten tIypophysin- versuchen entspricht, an Ratten.die Verminderung der Na-Ausscheidung dutch eine starke Vermehrung der K-Ausscheidung iiberkompensiert wird; die Cl-Ionen diirften daher nur passiv der Kationen-Ausscheidung folgen und erfahren infolgedessen trotz der geringeren Na-Ausscheidung keine Verminderung.

Salyrgan vervielfacht in allen diesbeziiglichen Versuchen die durch Oxytocin bereits erhShte Ausscheidung yon C1 und vor allem von Na, obwohl es ffir sich allein nur einen geringen Einflul~ auf die Salzdiu- rese zeigt. W~hrend in allen anderen Versuchen infolge der Na-armen Ern~hrung Na retiniert wird, wird unter der kombinierten Salyrgan- Oxytocin-Wirkung die Na-Bilanz negativ. ]~esonders bemerkenswert ist, dal~ die auf den Vasopressinantei] zu beziehende Verminderung der Na-Ausscheidung in den Hypophysinversuchen durch Salyrgan vol|- kommen aufgehoben wird. Dies kann wohl so gedeutet werden, dal~ die durch Vasopressin erhShte Rfickresorption yon Na durch Salyrgan ver- hindert wird.

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Beeinflussung der Sa]zdiurese durch Saljo'gan. 373

l~ber den Mech~nismus der wechselseitigen Verst~rkung yon Salyrgan und Oxytocin-Wirkung auf den Salzstoffwechsel l~13t sich auf Grund der vorliegenden Versuche noch nichts Endgiiltiges sagen. Die weit iiber eine einfache Additionswirkung hinausgehende Potenzierung ]/il]~ darauf schliel~en, dab den beiden Wirkstoffen verschiedene Angriffspunkte zu- zuordnen sind. Daffir spricht auch, dab trotz sonst gleichsinnig laufender Wirkung die Na-sp~rende Wirkung des V asopressin wohl durch S~lyrgan, nicht aber, wie die Itypophysinversuche zeigen, durch Oxytocin auf- gehoben wird.

Hier zeigt sich iibrigens auch wieder, dal3 Wasser- und Salzstoff- wechsel doch nicht so eng gekoppelt sind, als man hiiufig anzunehmen geneigt ist. Die Hypophysinversuche zeigen n/imlich, dab trotz des eben erw/~hnten Antagonismus des Salyrgan gegen die Na-retinierende Wirkung des Vasopressin die Diuresehemmung in keiner Weise vermin- dert wird. Dieses Verhalten steht in Einklang mit der Beobachtung yon BUSCn-KEJS, dab durch Narkose sich wohl die antidiuretische Wirkung yon Hinterlappenextrakten, nich~ aber ihre salzausschwemmende Wir- knng hemmen li~Bt.

Wo diese als verschieden anzunehmenden Angriffspunkte zu sucher~ sind, dariiber kSnnen mangels eigener diesbezfiglicher Versuche nur auf Grund der vorliegenden Literatur Vermutungen angestellt werden. Die Schwierigkeit liegt vor allem darin, dal3 fiir Salyrgan und die Hinter- lappenwirkstoffe Angriffspunkte sowohl an den Nieren wie am Gewebe angenommen werden.

l~fir eine Salzmobilisierung aus dem ,,Gewebe", worunter in erster Linie die interzellul/ire Fliissigkeit zu verstehen ist, durch Hinterlappen- extrakte treten STEHLE 16, ~V[ELVILLE 17 sowie UNNA u n d WALTERSKIR° CHEN 18 ein. Auch die Versuche y o n ~/~IURA 19, ]~USCHKE 20, ISAAK und SISGEL el sowie GILPIN und B~RBOUR 2e sprechen ftir die Mobilisierung einer hypertonischen Salz]Ssung aus dem Gewebe ins Blur. Andererseits zeigen die Versuche yon ST~RLING und VERNEY 2s am tterz-Lungen- Nieren-Pr/~parat, die y o n ~EE und HEMMINGWAY 24 sowie GR~]~LS e~ best/~tigt wurden, dab den Hinterlappenextrakten auch bezfiglich der Salzdiurese ein renaler Angriffspnnkt zukommt. I)ie Nachpriifung aller dieser Versuche unter Verwendung der getrennten Fraktionen kSnnte hier eine weitere Kli~rung bringen.

Ganz/~hnlich liegen die Verh/iltnisse beziiglich des Salyrgan. Auch bier sprechen die Beobachtungen yon GRElVIELS ~5 am Herz-Lungen- Nieren-Pr/~parat, die Versuche yon BLU1HGART und Mitarbeitern 28, die eine der IBuresesteigerung proportionaler Verminderung der tubul/~ren Riickresorption fanden, sowie ein Teil der Versuche yon I~¢[SLLER 27, in denen eine starke Steigernng der Salyrganwirkung bei intrave.nSser Infusion yon KochsalzlSsung eintrat, fiir einen renalen Angriffspunkt.

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374 O. SCHAUMA~ und LISBETH SCttMIDT ?.

Andererseits weisen die ErhShung der C1-Konzentration und die I-Ierab- setzung des H~moglobingehaltes durch Salyrgan nach Ausschaltung der Nieren in anderen Versuchen yon MSLLER auf eine Gewebswirkung hin, so dab dieser Autor fiir eine komplexe Wirkung sowohl an der Niere wie am Gewebe eintritt .

Einen Hinweis, in welcher Richtung vielleicht eine LSsung dieser Schwierigkeiten zu suchen w~re, kSnnen die Beobachtungen yon SCHS•- ~OLZE~ 2s geben. Dieser Autor ' land in klinischen Versuchen, daI~ die Zufuhr 'von Na-haltigen, aber Cl-freien Di~tsalzen zum ErlSschen der Salyrganwirkung fiihrt, w~hren(i Zufuhr yon Cl-Ionen yon einer Steige- rung der Salyrgandiurese gefolgt ist. Er kommt zu dem Schlul~, dab das Salyrgan vor allem durch eine Mobflisierung des C1 wirkt und Na sowie Wasser nur sekund~r folgen.

Man kSnnte also zu dem vorl£ufig nur als Arbeitshypothese zu wertenden ~chlu~ kommen, dal~ die wechselseitige Potenzierung yon Salyrgan und Oxytocin dadurch zustande kommt, dab durch Salyrgan in erster Linie das C1, durch Oxytocin vor allem das Na mobilisiert und ausgeschieden wird.

Es ergibt sich daraus die Konsequenz, dal~ bei allen derartigen Ver- suchen nicht nut die Cl-, sondern auch die Na-Ausscheidung zu ver- folgen ist, eine Forderung, die auch bereits SCHS~HOLZV, R aufgestellt hat.

Eine weitere Kl~rung der noch offenstehenden Fragen l~Bt.sich viel- leicht durch entsprechende Versuche an einerseits Na-arm mid Cl-reich, andererseits an Cl-arm und Na-reich ern~hrten Tieren bringen. Auch der vermutlich durch Iqa-Mobilisierung wirkende, fSrdernde Einflu[~ der Gaben yon Chlorammonium auf die Salyrgandiurese mii ] te in die Ver- suche einbezogen werden.

Was schlieBlich die Frage des Vorhandenseins diuresefSrdernder Stoffe im Vorderlappen betrifft, so lassen die bier mitgeteilten Versuehe einen verwertbaren Unterschied zwischen der Kombination yon Pr~physon bzw. der ~quivalenten Menge yon Hinterlappenextrakten mit Salyrgan nieht erkennen. DaB in diesen Versuchen die C1- und Na-Ausscheidung gegeniiber den entspreehenden Oras~ thinversuchen noch weiter erhSht ist, diirfte wohl darauf beruhen, dab durch den grSBeren Vasopressinanteil die Resorption verzSgert uncl die Wirkung protrahiert ist. Die Annahme eines eigenen, kurzfristig wirkenden diuresefSrdernden Wirk- stoffes im Vorderlappen wird daher dureh die Versuche nicht gestiitzt. Damit soU abet keineswegs gesagt werden, dait nieht als sekund~re Folge der Wirkung eines der bekannten adenotropen oder stoffweehselwirksamen Vorderlappen- Wirkstoffes eine Diuresesteigerung nach l~ngerer Latenzzeit auftreten kann.

Zusammen]assung. 1. An ]:[and yon Dinreseversuchen an wefl~en Rat ten wird die wechsel-

seitige Beeinflussung yon Salyrgan und den Wirkstoffen des tI inter- lappens der Hypophyse gepriift.

2.. Die bereits bekannte Cl-ausschwemmende Wirkung des Oxytocin wird best~tigt.

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Beeinflussung der Salzdiurese durch Salyrgan. 375

3. Oxytocin vermehr t in noch st£rkerem ~Ial3 als die C1-Ausscheidung die Na-Abgabe im Harn .

4. Vasopressin ha t keinen fSrdernden EinfluB auf die Salzdiurese. Es hebt die Na-ausschwemmende Wi rkung des Oxytocin auf.

5. Salyrgan allein ha t an ~aCl - a rm erni~hrten R a t t e n keinen Einflul3 auf Wasser- und Salzdiurese.

6. Salyrgan verst~rkt auBerordentlich die Oxytocinwirkung auf die C1- und vor Mlem die Na-Ausscheidung.

7. Salyrgan hebt die E inschr~nkung der Na-Ausscheidung nach Vasopressin auf.

8. Die wassereinsparende Wi rkung des Vasopressin wird an salzarm erni~hrten R a t t e n durch Salyrgan n ich t beeinfluBt.

9. Pr~physon verh~tlt sich in K o m b i n a t i o n mi t SMyrgan genau so wie seinem Gehalt an t t in ter lappenwirks toffen entsprechende Hinter - l appenext rak t . Die Versuche stfi tzten daher n ich t die A n n a h m e eines kurzfris t ig die Diurese fSrdernden Wirkstoffes im Vorderlappen.

10. Der fiber eine einfache Addi t ion hinausgehende potenzierende EinfluB des Salyrgan auf die Oxytocinwirkung an der Salzdiurese l~i~0t auf verschiedene Angr i f fspunkte schlieBen. Als Arbei tshypothese wird die Vermutung ge~uBert, dal~ durch Salyrgan pr imer die C1-Auseheidung, dureh Oxytocin pr imer die Na-Ausscheidung gefSrdert wird.

L i t e r a t u r . '

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