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(Aus der Universit/its-Augenklinik Breslau [Direktor: Prof. Dr. W. Dieter].) Uber die bioelektrischen Erscheinungen des Bulbus olfaetorius des Kaninchens. Von Dr. Siegfried Deekner. Mit 8 Textabbildungen. (Eingegangen am 7. September 1942.) Die J~derung der Feldeigenpotentiale der Hirnrinde als bioelektrische Reaktion auf physiologische Reize ist yon vielen Autoren zum Gegen- stand zahlreicher Untersuchungen gemacht worden. Diese erstrecken sich fast ausnahmslos auf die Erforschung elektrischer Potentialschwankungen im Seh- und HSrzentrum bei Einwirkung optiseher bzw. akustischer Reize. ~ber J~nderungen der elektrischen Spannungsproduktion des Bulbus olfactorius unter der Wirkung physiologischer Riechreize liegen nur wenige Arbeiten vor. Die spontanen Spannungsschwankungen des Bulbus olfactorius des Kaninchens, die sich bei direkter bipolarer Ableitung mittels Einstichelektroden yon nur geringem Elektroden- abstand 1 unter Anwendung der fiblichen Verstiirkeranordnung als eine kontinuierliche Ablaufsfolge hoher Poten$ialgruppen darstellen, sind nieht immer durch den gleichen Verlaufsrhythmus gekennzeichnet. Vielmehr lassen die so gewonnenen Kurvenformen yon Versuch zu Ver- such bestimmte Variationen erkennen, die auf Grund einiger immer wiederkehrender Merkmale eine Einordnung in zwei versehiedene, charakteristische Grundtypen ermSglicht, deren Auftreten vom Alter des Versuchstieres mal~geblich abh/ingt, eine Eigenart, auf die yon Kornmiiller fiir das Bild des E.E.G. im allgemeinen schon friiher hingewiesen wurde. ])as Kurvenbfld der Feldeigenpotentiale des Bulbus olfactorius /~lterer Versuchstiere erh/s seine charakteristische ~orm durch hohe Potentialgruppen, deren Frequenz zwar innerhalb ein und desselben Ver- suches konstant bleibt, von Versuchstier zu Versuchstier jedoch individuel- len Schwankungen innerhalb relativ weiter Grenzen unterworfen ist (etwa zwischen 40 und 65 Hz). Diesen regelm/~l~ig nebeneinander an- geordneten Potentialgruppen sitzen feine, hochfrequente Zacken auf. In dem nnregelm/il~igen Wechsel der Amplitudenwerte ist eine Periodizit/~t nicht zu erkennen, so dab die Voraussetzung fiir das Auftreten einer von den Potentialgruppen getragenen Oberwelle nicht gegeben ist. Je breitbasiger eine Potentialgruppe ausgebildet ist, desto niedriger ist die von ihr erreichte AmplitudenhShe, so da$ die schmalsten Einzelfiguren die hSchsten Amplitudenwerte erlangen. 1 Methodik siehe: Deckner, S. u. F. Schulz: Z. Neur. 172, 706 (1942).

Über die bioelektrischen Erscheinungen des Bulbns olfactorius des Kaninchens

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Page 1: Über die bioelektrischen Erscheinungen des Bulbns olfactorius des Kaninchens

(Aus der Universit/its-Augenklinik Breslau [Direktor: Prof. Dr. W. Dieter].)

Uber die bioelektrischen Erscheinungen des Bulbus olfaetorius des Kaninchens.

Von Dr. Siegfried Deekner.

Mit 8 Textabbildungen.

(Eingegangen am 7. September 1942.)

Die J~derung der Feldeigenpotentiale der Hirnr inde als bioelektrische Reakt ion auf physiologische Reize ist yon vielen Autoren zum Gegen- s tand zahlreicher Untersuchungen gemacht worden. Diese erstrecken sich fast ausnahmslos auf die Erforschung elektrischer Potentialschwankungen im Seh- und HSrzentrum bei Einwirkung optiseher bzw. akustischer Reize. ~be r J~nderungen der elektrischen Spannungsproduktion des Bulbus olfactorius unter der Wirkung physiologischer Riechreize liegen nur wenige Arbeiten vor. Die spontanen Spannungsschwankungen des Bulbus olfactorius des Kaninchens, die sich bei direkter bipolarer Ableitung mittels Einstichelektroden yon nur geringem Elektroden- abstand 1 unter Anwendung der fiblichen Versti irkeranordnung als eine kontinuierliche Ablaufsfolge hoher Poten$ialgruppen darstellen, sind nieht immer durch den gleichen Verlaufsrhythmus gekennzeichnet. Vielmehr lassen die so gewonnenen Kurvenformen yon Versuch zu Ver- such bestimmte Variationen erkennen, die auf Grund einiger immer wiederkehrender Merkmale eine Einordnung in zwei versehiedene, charakteristische Grundtypen ermSglicht, deren Auftre ten vom Alter des Versuchstieres mal~geblich abh/ingt, eine Eigenart, auf die yon Kornmiiller fiir das Bild des E.E.G. im allgemeinen schon friiher hingewiesen wurde.

])as Kurvenbfld der Feldeigenpotentiale des Bulbus olfactorius /~lterer Versuchstiere erh/s seine charakteristische ~orm durch hohe Potentialgruppen, deren Frequenz zwar innerhalb ein und desselben Ver- suches konstant bleibt, von Versuchstier zu Versuchstier jedoch individuel- len Schwankungen innerhalb relativ weiter Grenzen unterworfen ist (etwa zwischen 40 und 65 Hz). Diesen regelm/~l~ig nebeneinander an- geordneten Potentialgruppen sitzen feine, hochfrequente Zacken auf. In dem nnregelm/il~igen Wechsel der Ampli tudenwerte ist eine Periodizit/~t nicht zu erkennen, so dab die Voraussetzung fiir das Auftreten einer von den Potentialgruppen getragenen Oberwelle nicht gegeben ist. Je breitbasiger eine Potentialgruppe ausgebildet ist, desto niedriger ist die von ihr erreichte AmplitudenhShe, so da$ die schmalsten Einzelfiguren die hSchsten Amplitudenwerte erlangen.

1 Methodik siehe: Deckner, S. u. F. Schulz: Z. Neur. 172, 706 (1942).

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Aus diesem Verhalten, wie aus dem Gesamtbild der Kurvenform wurde in einer frfiheren Arbeit der SchluB gezogen, da]~ diese charakte- ristischen Potentialgruppen Interferenzfiguren darstellen, die sich aus der Uberlagerung zahlreicher regelmi~I~iger ablaufender Einzelimpulsfolgen ergeben, die jede ffir sich zwar dutch konstanten Frequenzgang gekenn- zeichnet sind, untereinander jedoch deutliche Frequenzdifferenzen auf- weisen.

Diesem charakteristischen Typ gegenfiber lassen die Feldeigen- potentiale der Bulbi olfactorii bei jungen Kaninchen zumeist eine andere Verlaufsform erkennen. Diese ist ebenfalls durch hohe, regel- m~13ig auftretende Potentialgruppen gekennzeichnet, deren Frequenz etwa bei 50 Hz gelegen und yon Versuchstier zu Versuchstier ebenfalls bestimmten individuellen Schwankungen unterworfen ist. Innerhalb eines Kurvenzuges bleibt ihre Frequenz stets konstant. Durch periodisch wechselndes kontinuierliches Anwachsen und Wiederabsinken der er- reichten Amplitudenwerte der einzelnen Spannungsfiguren wird deutlich eine niederfrequente Oberwelle moduliert. Auch dieser Typ l~6t lang- welligere hohe Potentialgruppen yon hochfrequenten Zacken unter- scheiden. Diese t reten am deutlichsten jeweils im Tal der Oberwelle in Erscheinung. Sie sind aber auch in jedem Fall als feine Spitzen den cinzelnen Potent ialgruppen selbst aufsitzend erkennbar.

Auch dieser Typ kann verstanden werden als das Summations- produkt zahlreicher regelm~Big ablaufender Einzelimpulsfolgen, die jede ffir sich in ihrer Schlagfolge absolut konstant bleiben, untereinander aber im Gegensatz zu dem eben besprochenen Typ nur sehr geringe Frequenz- unterschiede aufweisen. Dabei ist die L~nge der periodisch yon den einzelnen Interferenzfiguren getragenen Oberwelle allein ~bh~ngig yon dem Grad der Frequenzdifferenz der einzelnen Impulsfolgen. Am h~ufigsten werden Mischformen dieser beiden charakteristischen Grundtypen an- getroffen, in denen nut fiber lange Kurvenzfige unregelm~6ig hoher Interferenzfiguren hinweg einzelne Wellenzfige aufzufinden sind, in denen eine Oberwellenbildung deutlicher hervortritt.

Es erscheint fraglich, ob es angebracht ist, auf die hochfrequenten Potentiale, die sich zu den beschriebenen langwelligeren Interferenzfiguren summieren, die Bezeichnung fl-Wellen und auf diese die Benennung a-Wellen aus der Literatur zu fibernehmen. I)enn wenn auch keine genauen Angaben fiber die Frequenz der fl-Wellen des E.E.G. gemacht werden kSnnen, so scheint doch der Begriff der a-Wellen in der Literatur im allgemeinen komplexen Spannungsfiguren weir geringerer Fre- quenz vorbehalten zu sein als sie in obigen Kurvenbildern gefunden wurden. Anderer- seits bedeutet aber der Begriff der a-Welle nut ein Symbol ffir eine Wellenform, die durch einen sinus~hnlichen Ablauf gekennzeichnet ist und als der Ausdruck einer spezifischen Summation frequenterer Grundrhythmen aufgefaBt werden mu6. Die Wahl des Begriffes a-Welle nur fiir einen bestimmten Frequenzbereich ein und derselben Spannungsfigur erscheint daher als zu sehr spezialisiert und sachlich ungerechtfertigt. Infolge zu geringer Filmgeschwindigkeit kommt die eigentliche Form der einzelnen Interferenzfiguren in den Abb. 1 und 2 nicht mit hinreichender

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Klarheit zum Ausdruck. Es zeigt sich jedoch bei Aufnahmen mit hoher Filmgeschwindigkeit 1, dab die elm zelnen Potentialgruppen in Analogie zu den typischen a-Wellen sinus/~hn- liche Grundstruktur besitzen, die sich allerdings durch die den Einzelfiguren aufsitzenden frequenteren Zaeken- zfige entsprechend unrein und ver- zerrt darstellb. Zudem muB die Frage often bleiben, ob die in der Litecatur unter der Bezeiehnung a-Wellen ein- gegangenen Potentialschwankungen nicht eventuell den oben besebrie- benen Oberwellen entsprechen, deren Frequenz iu der gleichen Gr6Ben- ordnung gelegen ist, wie sie als Vor- aussetzung ffir die Anwendbarkeit des Symbols a-Welle verlangt wird. Denn bei Ableitung grSBerer Hirn- gebiete oder gar durch die Kopf- schwarte hindurch kSnnen sich die einzelnen Potentlalgruppen als Tr/iger der Oberwelle naturgem~l] nieht mehr als getrennt sichtbare Einzelfiguren darstellen. Sit k6nnen vielmehr in- folge der l~berlagerung zahlreicher gleichartig gestalteter, gegeneinander aber phaeenversehobener Grund- figuren lediglich deren gr6bste Kenn- zeiehen wie eben die Oberwellen- modulation zeitweilig sichtbar werden lassen, ohne daft die genauere Grund- struktur der Tr/~gerwellen ans dem Kurvenbild zu ersehen w/~re.

Es soll deshalb im folgenden yon dieser ~orbelasteten Ausdrucksweise (a-Wellen bzw. fi-Wellen) bewuBt Abstand genommen werden, um eventuellen Mil~verst/indnissen und Streitfragen fiber diesen Punks vor- zubeugen.

E i n e y o n dan eben besehr ie - b e n e n G r u n d t y p e n der elek- t r i s c h e n F e l d e i g e n p o t e n t i a l p r o- d u k t i o n un te r sch ied l i ehe K u r - v e n f o r m wi rd 6f ters n a m e n t l i c h be i ganz j u n g e n K a n i n e h e n ( 2 - - 4 M o n a t e a l t ) m i t be sonde re r D e u t - l i e h k e i t ange t rof fen . I n ihr fa l len

1 Sieke Abb. 8a.

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des Butbus olfactorius des Kaninchens. 735

rhythmisch auftretende, periodische Potential- salven hoher Amplituden von etwa 60 Hz Frequenz auf. Zwischen ihnen sind hochfre- quente, niedrige Zackenztige gelegen, die zu- n~chst keine spezifische Differenzierung er- kennen lassen. Die einzelnen in getrennten Gruppen angeordneten hohen Potentialsehwan- kungen zeigen gleichstarke Aussehl~ge nach der positiven wie nach der negativen Seite hin und lassen ein Anwachsen und anschlieBendes Absinken der Amplituden erkennen. Es ergibt sich damit fiir jede Potentialfolge ein ann~hernd spindelf6rmiges Bild. In Abb. 3, die einen Kurvenausschnitt yon etwa 5 Sek. L/~nge wiedergibt, sind 9 dieser Potentialsalven sicht- bar. Sieweisen untereinander nicht nur deutlich erkennbare Differenzen beziiglich der Zahl der an der Bildung der einzelnen Potentialsalven beteiligten Einzelfiguren auf, sondern unter- scheiden sich voneinander auch in der jeweils erreichten Amplitudenh6he in betr~chtlichen Grenzen. Auch hier beweisen Aufnahmen mit hoher Filmgeschwindigkeit die sinus~hnliche Ablaufsform der Tr~gerwellen, denen hoch- frequente, niedrige Zackenziige aufgelagert sind. Die Freqnenz der Tr~gerwellen bleibt stets konstant, gleichgiiltig, wieviel Einzel- figuren an der Bildung einer Potentialsalve beteiligt und wie gro~ die erreichten Ampli- tudenwerte sind. I)er Schlu~ ist daher zwin- gend, dal~ aueh diese zu einzelnen Salven angeordneten hohen Potentialschwankungen Interferenzfiguren zahlreicher hochfrequenter Grundelemente darstellen, die unter Einhaltung konstanter Schlagfolge innerhalb des Entla- dungsrhythmus jeder einzelnen Impulsserie untereinander bestimmte Differenzen ihrer Schlagfrequenzen aufweisen.

Eine mathematische Analyse dieses Kurven- bildes im Sinne einer Ruhepotentialfolge als elektrischer Dauertonus in Analogie zu den eingangs beschriebenen beiden Grundtypen ist undenkbar. Denn im Gegensatz zu der Tat- sache, da~ die spezifischen Formen der Feld-

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eigenpotentiale als das Interferenzprodukt verschiedener Einzelimpuls- serien konstanter Schlagfolgc erkl/~rt werden k6nnen, die untereinander bestimmten Frequenzdifferenzen unterworfen sind, ist eine Deutung der gefundenen, getrennt voneinander auftretenden Potentialsalven durch Zugrundelegung regelm~l~ig und kontinuierlich sich entladender Einzel- elemente nicht m5glich. Die Analyse des Entstehungsmodus dieses charakteristischen Kurvenbildes verlangt vielmehr die Annahme zus/~tzlich und periodisch, d.h. nicht kontinuierlich aktivierter Impulsserien, die in der Zeit zwischen 2 Potentialsalven ihre Schlagfolge unterbrechen. Im Zustand der Aktivierung mfissen sie jedoch den gleichen Gesetzm/il~ig- keiten unterliegen wie die Impulsserien der Feldeigenpotentiale, die zu dem Kurvenbild des an zweiter Stelle l~eschriebenen Grundtyps inter- ferieren. ])enn die Einzelfiguren der Potentialsalven zeigen gleichhohe Ausschli~ge nach beiden Seiten hin und verhalten sich sowohl in Struktur wie Frequenzkonstanz und Amplitudenwechsel so wie die Potentialgruppen des genannten Ruhepotentialbfldes.

Die rhythmische Aktivierung neuer, an der Bfldung des Bestands- potentials unbetefligter Impulsserien legte daher die Vermutung nahe, dab die Potentialsalven das elektrische Korrelat des in Erregung befind- lichen Bulbus olfactorius darstellen, da ja zugleich mi~ der Atmung auch unter physiologischen Verh/~ltnissen fortlaufend und rhythmisch Riech- reize aufgenommen werden. Die gleichzeitige Registrierung der Atem- frequenz des Versuchstieres best/itigte die Richtigkeit dieser Annahme. In Abb. 3 ist oberhalb der Zeitschreibung in 1/5 Sek. die Atemfrequenz des Tieres eingetragen, die mit Hilfe einer Mareyschen Kapsel laufend mitregistriert wurde. Es erwies sich eindeutig, dab die Potentialsalven synchron mit der Atmung auftreten.

Eine deutlich erkennbare _~mderung der Art dieser Potentialsalven im Sinne einer Frequenzsteigerung, einer AmplitudenerhShung oder einer Vermehrung der Aktionspotentiale war bei Darreichung der gewShnlichen, bei physiologischen Versuchen iiblichen Rieehstoffe nicht sieher zu be- merken. (Zur Anwendung kamen Xndol-, Chinolin-Gua]akollSsungen u. a.) Eine einwandfreie Beurteilung dieser Frage stSl~t jedoch insofern auf Schwierigkeiten, als ja auch schon normalerweise unter rein physio- logischen Verh/iltnissen die einzelnen Potentialsalven nicht einheitlich hoch sind und sich aus einer verschieden groBen Zahl yon Einzelwellen zusammensetzen. Eine sichere Beweisffihrung ffir eine spezifische bio- elektrische Reizbeantwortung bei Anwendung der iiblichen Riechstoffe, wie sie Hasama gleichstromm/s ffir den Bulbus olfactorius zu erbringen versuchte, war in diesen Versuchen daher auch nicht eindeutig m6glich.

Eine auBerordentlich dcutliche, meist fiber 2 und mchr Sekunden anhaltende Vermehrung der elektrischen T/s l/~Bt der Bulbus olfactorius dagegen bei Darreichung yon gew6hnlichem Zigarettenrauch als Riechreiz erkennen.

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Der Rauch einer brennenden Zigarette wurde mit Hilfe einer etwa 20 cm langen GlasrShre aus dem Munde des Experimentators in der Weise vor die Nase des Versuchstieres gebracht, dab der Rauch entlang einem unter den Kopf des Tieres geschobenen Unterlagebrettchens sich der Einatmungsluft beimengen muSte..4b- wehrreaktionen des Tieres sind nur bei zu gro~en Konzentrati0nen oder bei Wieder- holungen des Versucbes in zu kurzen Zeitabst~nden zu befiirchten. Im allgemeinen reagiert das Tier allein durch vorfibergehenden Atemstillstand im AnschluB an den ersten, den Reiz aufnehmenden Atemzug. Auf quantitative Messungen der dar- gereichten Konzentration mit dem Olfactometer wie auf genaue Festlegung des Reiz- einsatzmomentes wurde auf Grund der t3berlegung verzichtet, dab sowoh] die auf- genommene Menge des Riechstoffes wie der Zeitpunkt des Reizeinsatzes weitest- gehend abb~ngen yon der Tiefe und Frequenz der Atmung des Tieres. t)berdies sollten diese Versuche nicht quantitativen Messungen dienen, sondern lediglich Auf- schluB fiber einige physiologische Ablaufe im Bulbus olfactorius prinzipiell geben. Die Markierung des Reizeinsatzes ist daher in allen wiedergegebenen Versuchen nur als grobe Zeitbestimmung anzusehen und berechtigt keinesfalls zu Berechnungen yon Latenzzeiten usw.

Zu Beginn der K u r v e Abb. 4 sind 2 der oben beschriebenen, synchron mit der Atemfrequenz auf t re tenden Potent ialsalven zu erkennen. Ober- halb der Zei tschreibung ist durch die Stelle des Balkenknicks der Zeit- punkt gekennzeichnet , in dem Zigaret tenrauch der Atemluf t des Tieres beigemengt wurde. Mit dem n/ichsten Atemzug beginnend wird eine kontinuierl iche Serie hoher Aktionspotent iale ausgel6st. D i e Frequenz der Potent ia le b le ib t wahrend des gesamten Erregungsstadiums kon~tant. (In dem darges te l l ten Versuch etwa 60 Potent iale pro Sekunde.) Eine anfi~ngliche Frequenzs te igerung mit anschlie~ender kont inuier l icher An- gleichung an einen ba ld erreichten und dann bis zum Ende des Erregungs- zustandes k o n s t a n t beibehal tenen Frequenzgang ist in allen den Fal len zu beobachten, in denen eine zu starke Konzent ra t ion angewandt und somi~ die Grenze physiologischer Reizung i iberschri t ten wird. Bei Dar- reichung geringer und mi t t l e re r Konzentra t ionen ist lediglich eine ge- waltige Ampl i tudenzunahme bei stets kons tantb le ibender Schlagfolge zu beobachten.

Am eindrucksvollsten demonstriert sich dieses Verbalten bei Betrachtung der Potentialziige auf der Mattscheibe w~ihrend des Versuches, wenn die Umdrehungs- geschwindigkeit des rotierenden Polygonspiegels so gew~thlt wird, dab die Aktions- potentiale als stehende Wellen erscheinen. Diese lassen dann durch gewaltiges, meist rbythmisches Anschwel!en und Wiederabsinken bei stets gleichbleibende,. Wellenl~inge besonders klar ihren gesetzm~Bigen und geordneten Aufbau erkermen.

Die Ausschl~ge sind nach der posit iven wie nach der negat iven Seite hin ger ichtet und nach beiden Seiten gleich hoch. Nur undeut l ich ist in dieser Abbi ldung eine u n r e g e l m ~ i g gestaltete, angedeute te Oberwellen- bfldung erkennbar . Un te r allm~hlicher Abnahme der Ampl i tudenwer te der Akt ionspoten t ia le - - was in Abb. 5 deutl lcher ausgepr~gt ist - - stell t sich nach einigen Sekunden das alte Bild wieder her. Das Fehlen der rhythmischen Po ten t i a l sa lven in der zweiten H~lfte des dargestel l ten Kurvenzuges ist die Folge des durch den Riechreiz ausgel6sten, vori iber-

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als Rieehreiz ausgelSsten Aktionspotent iale

gehenden Atemstfl lstan- des. Auf Griinden der

= Platzersparnis ist das "~ Wiederauf t re ten dieser

Salven mit dem ersten Atemzug beginnend nicht mehr dargestellt. Es bie-

-~ te t sich dann sofort das gleiche Bild wie es zu

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Beginn der Abbildung sichtbar ist.

Zur Vervollst/indi- gung der Beweisfiihrung, dab die Vermehrung der

~ elektrischen T/itigkeit des :~ Bulbus olfactorius als

reine Riechreizbeantwor- tung zu werten ist und

r , ~ nieht etwa fortgeleitete ~ ~. Trigeminusreizwirkung ~ - sein kann, wurde nach ~.5 . ~ doppelseitiger Enucleatio " ~ bulbi eine beiderseitige

Trigeminusdurchschnei - dung vorgenommen und der Versuch unter den gleichen Bedingungen

~: durchgefiihrt. Wie erwar- tet , zeigte der Bulbus

"e olfactorius auch je tz t bei Wiederholung des obigen Versuches das gleiche

- elektrische Verhalten. In Abb. 5, die yon einem anderen Versuchstier s t ammt als Abb. 4, sind am Anfang der Kurve ;2

,~ an den durch einen Pfeil .~ gekennzeichneten Stellen

wiederum 2 Potent ia l salven erkennbar. Die durch Zigaret tenrauch stellen sich in gleicher

Weise dar wie in Kurve 4. Entsprechend den obigen Ausfiihrungen

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ist infolge zu s tarker Konzent ra t ion des dargebotenen Riechstoffes eine anf~ngliche Frequenzsteigerung der Aktionspotentiale erkennbar , die sich aber bereits nach etwa 2/5 Sek. kontinuierlich einer nunmehr kons tant bleibenden Schlagfolge von etwa 60 Hz angeglichen hat, in der eine ausgepr~gte und r e g e l m ~ i g e Oberwellenbildung yon e twa 4 t t z deutlieh hervor t r i t t . Die Amplitudensteigerung zu BegJnn des Erregungs- zustandes ist infolge absichtlicher Reizfiberdosierung, die die beschriebene anf~ngliche Frequenzsteigerung zeigen sollte, auBerordentlieh groB. Un te r kontinuierlicher Abflaehung der von den Amplituden getragenen Ober- welle geht nach e twa 21/2 Sek. das Bfld der Aktionspotentiale in das des elektrischen Bestandstonus fiber. Auch hier ist wieder das Feh len der anf~nglich sichtbaren Potent ia lsalven im weiteren Verlauf der K u r v e als Folge eines vorfibergehenden Atemstil lstandes zu erkennen.

Dieses Ergebnis wa.r insofern von vornherein zu erwarten, als durch den reinen Trigeminusreizstoff Ammoniak nie eine Vermehrung der elek- trischen T~tigkeit des Bulbus olfactorius erzielt werden konnte. Viel- mehr fielen durch reflektorischen Atemstillstand die rhythmischen, synchron mi t der Atemfrequenz auftretenden Potentialsalven stets bis zum Wiedereinsetzen der Atmung aus.

Aus den bisher dargelegten Versuchen ist folgendes zu en tnehmen: Die eingangs beschriebene dri t te Kurvenform ist kein neuer Bestands- potent ia l typ, sondern mu~ als das elektrische Korrelat der synchron mi t der Atmung ausgelSsten, physiologischen Riechreize gewerte t werden. Zigaret tenrauch als Riechstoff 15st eine besonders intensive Vermehrung der elektrischen T~tigkeit des Bulbus olfactorius aus.

U m nun auch bei diesem Versuchstier das eigentliehe reine Bestands- potent ial des Bulbus olfactorius zu isolieren, wurde t racheotomier t , so da0 dureh Ausschaltung der Mund- und Nasenatmung nun nicht mehr l~ieehreize zugleich mit der Atmung aufgenommen werden konnten. Die auf diese Weise gewonnenen Feldeigenpotentiale des Bulbus olfaetorins des Kaninehens ergeben eine Ablaufsform, die mit dem eingangs an zweiter Stelle beschriebenen T y p vSllig i ibereinstimmt und ffir junge Versuchs- t iere eharakterist isch ist. Abb. 6 (gleiches Versuchstier wie in Abb. 3, 4 und 7) zeigt eindeutig die periodisch wechselnden Ampli tudenwerte der einzelnen Potent ialgruppen, denen feine Spitzen aufgelagert sind. Es entstehen dadurch Oberwellen, yon denen 4 innerhalb eines Filmstreifens yon etwa 3 Sek. L~nge s ichtbar sind. Auch hier sind wieder die naeh der positiven wie nach der negat iven Seite hin gerichteten Ausschl~ge gleich grol3. Die Frequenz der als hohe, spitze Potentiale erscheinenden Interferenzfiguren betr~gt in diesem Versueh etwa 45 Hz, die der yon diesen getragenen Oberwelle etwa 1,3 Hz. Die Ampli tudenwerte der einzelnen Spannungsfiguren schwanken zwischen etwa 10 und 40 myV.

Die aus den Abb. 3 und 6 ablei tbaren Gesetzm~I~igkeiten berechtigen zu fo]genden Annahmen: I m Bulbus olfactorius des Kaninchens bes teh t

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ein elektrischer Dauertonus, der sich bei jungen Versuchstieren

= durchweg in der Form des eingangs = beschriebenen zweiten Typs dar- z stellt. Synchron mit der Atmung <

treten bei manchen Versuchstieren = rhythmische Potentialsalven auf,

die als elektrisches Korrelat der durch die Atmung des Tieres aufge- nommenen physiologischen Riech- reize zu werten sind. Als reines Bestandspotential des Bulbus ol-

=~ factorius lassen sich nur zwei ver- ~,~ schiedene Typen auffinden, deren ~ - jewefliges Auftreten abh/ingt yon ~.~ dem Alter des Versuchstieres. Die ~-z durch periodische Potentialsalven o gekennzeichneten Kurvenform er- | weist sich als elektrisches Abbild =~ des unter physiologischen Beding- ~ 2 ungen in Erregung befindlichen ,_~ Bulbus olfactorius, das nach Aus- r162 ~= schaltung der Nasenatmung durch ~ Tracheotomie eine elektrische T/s

~ tigkeit erkennen l~Bt, deren Ab- .~ ~_ laufsrhythmus sich mit dem fiir ,-~ junge Versuchstiere charakteristi- ~ schen Grundtyp als identisch er-

weist. Bemerkenswert uud nicht ohne wei-

teres erklarbar ist die Tatsache, dal~ eine deutlich erkemlbare Reaktion auf d die normalen durch die Nasenatmung bedingten Riechreize nur in wenigen Versuchen und dann auch nur bei jungen

2 Kaninchen erfolgt. Nach Anlegen der Tracheotomie

bietet sich nunmehr die MSglich- < keit, die Elektroproduktion des ,- Bulbus olfactorius als Reaktion auf

physiologische Riechreize unabh/~n- gig yon der Atmung zu untersuchen. Zu diesem Zwecke wird in den

proximalen Trachealstumpf ein Gummidrain eingeniiht und dessen freies Ende mit einer leeren Spritze verbunden. Durch Aufziehen der Spritze

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des Bulbus olfactorius des Kaninchens. 741

ist dann die M6gliehkeit gegeben, Luft oder Riechstoffe dureh die Nase des Versuchstieres anzusaugen. Diese Anordnung bietet den Vortefl, dab einmal der I~iechstoff beliebig lange Zeit vor dem Versueh dar- geboten werden kann, ohne einen Reiz darzustellen, so dab der genaue Reizeinsatzmoment dutch die Bet~tigung der Spritze, die ja erst den l~ieehreiz ausl6sL pr~zise festgeleg* werden kann. Ferner k6nnen nun- mehr dureh entsprechende Normungen Untersuchungen fiber spezifisehe l~eaktionen des Bulbus olfactorius in quaiitativer und quantitativer Hinsieht sowie Bereehnungen yon Latenzzeiten mit hinreiehender Ge- nauigkeit angestell~ werden.

Die Versuche dieser Art sind noch nicht abgeschlossen und mtissen daher einer eventuellen sp~teren Ver6ffentlichung vorbehalten bleiben.

In Abb. 7 ist ein Kurvenzug, der auf die besehriebene Art gewonnen wurde, zur Darstellung gebracht. Bei diesem Versuch wurde ein mit Indoll6sung 1 : 500 getrgnkter Wattebausch vor die Nase des Tieres gelegt. Der dureh Aufziehen der Spritze ausgel6ste Riechreiz bewirkt lang an- haltende starke Vermehrung der elektrisehen Tatigkeit des Bulbus olfaetorius. Der Balkenkniek am unteren I~ande der Kurve zeig% wie bisher, nicht absolut genau den Zeitpunkt des Reizeinsatzes an. Die Aus- sehlage sind wieder nach beiden Seiten bin geriehtet und lassen eine Ten- denz zu Gruppenbildungen im Sinne einer unregelm~Bigen Oberwellen- modulation erkennen. Der :Beginn des Kurvenzuges bietet das Bild des oben besehriebenen, typischen Bestandspotentials des Bulbus olfae- torius junger Versuehstiere.

Konnte am untraeheotomierten Tier aus den dargelegten Grfinden eine klar erkennbare Reaktion des Bulbus olfactorius nnr bei Darreiehung yon Zigarettenraueh eindeutig erkannt werden, so ist nach Anlegung der Tracheotomie und Einhaltung der beschriebenen Versuchsbedin- gungen auch mit den iiblichen Riechstoffen der gleiche elektrisehe Effekt zu beobachten. Die Tatsaehe, dab die Aktionspotentiale des in EITegung befindliehen Bulbus olfactorius spiegelbildliehe Aussehl~Lge naeh der positiven wie naeh der negativen Seite hin unter Aufreehterhaltung sinus~hnlicher Grundform ergeben, zwingt zu folgenden SchlulL folgerungen :

Der Bulbus olfactorius des Kaninchens reagiert auf physiologische Riechreize mit einer Vermehrung seiner elektrischen Spannungsproduk- tion, die nur dureh zus~tzliehe Aktivierung bisher elektrisch untatig gebliebener Ganglienzellengruppen erklgrt werden kann. Die elektrisehe Tgtigkeit dieser im Zustand der Erregung zugesehalteten Einzelelemente l~uft ffir jede, dureh gleiehen Frequenzgang charakterisierte ZeUgruppe synehron und frequenzkonstant ab. Die einzelnen Zellgruppen weisen dagegen nntereinander bestimmte Frequenzdifferenzen auf. ttierin finden die groBen H6hennnterschiede der erreichten Interferenzamplituden sowie

Z. f . d. g . l~*eur, u . P s y c h . 175. 4 8

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die Konstanz der Ablaufsfolge der einzelnen Spannungsfiguren ihre volle Erkl/~rung. Denn wtirde die Zuschaltung der ak t iv ier ten Einzeleleraente nicht in dieser Weise synchronisiert erfolgen, dann wiirde die Kurven- form der Aktionspotentiale nicht die gefundenen Gesetzm/~gigkeiten erkennen lassen, sondern durch Interferenz ungeordneter , phasen- verschobener, frequenzinkonstanter Einzeleleraente ein viel unregelm/~l~i- geres Bild ergeben. Dieses wiirde sich als Kennzeichen einer verraehrten elektrischen T/~tigkeit lediglich in ungeordneten und uncharakteris t ischen l~berlagerungsfiguren dar tun und keinesfalls spiegelbildliche Ausschl/tge naeh beiden l~ichtungen der Spannungsprodukt ion hin ergeben k6nnen.

DaB auch die Potential- gruppen im Zustand der Er- regung sinus/s Ablaufs- forraen aufweisen, zeigt Abb. 8. I n ihr sind in der oberen Reihe 2 Aussehnit te aus dera Bes tandspotent ia l , dammter 2 Aktionspotentialfolgen des erregten Bulbus olfactorius wiedergegeben. (Darunter Zeit- raarkierung dureh eine St imm- gabel yon 120 Sehwingungen

_~bb. 8 a - - c . A u f n a h m e n bei h o h e r F i l m g e s c h w i n - pro Sekunde.) d i g k e i t y o n 2 v e r s c h i e d e n e n Ver suchs t i e r en .

a O b e r e R e i h e : B e s t a n d s p o t e n t i a l f o l g e n . b Mi t t - U m n e b e n d e n b e i r e l a t i v g e - lere R e i h e : A k t i o n s p o t e n t i a l e des e r r e g t e n B u l b u s o l fac tor ius . Sinus~hnl iche A b l a u f f o r m m i t Ober - ringer Filmgeschwindigkei~ regi-

wel l enmodula t ion , c Z e i t m a r k i e r u n g d u r e h strierten Kurven Aufnahmen hoher S t i m m g a b e l s c h w i n g u n g e n yon 120 I t z . Durchgangsgeschwindigkeiten z u

erlangen, wurde ein yon einem rotierenden Polygonspiegel reflektiertes Lichtband an einer linsenlosen Camera obscura mit groger Eintrittspupille vorbeigefiihrt, die dutch einen Compurver- sehluB fiir die Dauer eines Lichtdurehlaufes ge6ffnet werden konnte. Obige Ab- bitdungen sind Verkleinerungen yon 9 • 12 em-Platten, die auf diese Weise gewonnen wurden. Mit dieser Methode lassen sich miihelos bei hoehempfindlichem Plattenmaterial hlomentaufnahmen bis zu 10 m pro Sekunde Geschwindigkeit registrieren.

Die Wellenziige der RuhepotentiMe lassen nur undeutlieh ihre sinus- /~hnliche Form erkennen, da sich infolge der ihnen aufsitzenden frequen- teren Spitzen der Grundrhythraen Unreinhei ten und Verzerrungen er- geben mfissen. I ra Zustand der Erregung gewinnen jedoch praktiseh nur die aus den Grundelementen suramierten Interferenzfiguren an HShe. Die sinus~hnliche Struktur dieser Potent ia le t r i t t daher besonders ein- drucksvoll hervor. In beiden Beispielen der zweiten Reihe ist fiberdies eine yon diesen Potent ialen getragene Oberwelle erkennbar. Die Fre- quenz der Aktionspotentiale zeigt anni~hernd die gleiche GrSgenordnung wie die der Interferenzwellen des Bestandspotentials .

Page 12: Über die bioelektrischen Erscheinungen des Bulbns olfactorius des Kaninchens

des :Bulbus olfactorius des Kaninchens. 743

Zusammenfassung. .Die Bestanclspotentiale des Bulbus olfactorius stellen sich in zwei

charakteristischen Kurven~ypen dar, deren jeweiliges Auftreten abh~ngt yon dem Alter des Versuchstieres.

2. Ein bestimmtes, durch Potentialsalven gekennzeichnetes Kurven- bild, das in manchen F~llen bei ganz jungen Kaninchen angetroffen wird, erweist sich nich~ als neuer Bestandspotentialtyp, sondern als der Ausdruck des in rhythmischer Erregung befindlichen Bulbus olfactorius, wobei das Erregungsstadium ~usgel6st ist durch die zugleich mit der Atmung aufgenommenen, physiologischen Riechreize.

3. Bei Anwendung der iiblichen Riechstoffe ist eine deutliche Ver- mehrung der elektrischen Spannungsproduktion des Bulbus olfactorius nicht eindeutig erkennbar, wogegen bei Darreichung yon Zigarettenrauch eine langan haltende Folge yon hohen Aktionspotentialen auftritt.

4. Doppelseitige Enucleatio bulbi und beidseitige Trigeminus- durchschneidung rufen keine ~nderung fin Bfld des beschriebenen elektrischen Verh~ltens des Bulbus olfactorius hervor.

5. Ammoniak 16st keine Aktionspotentiale ~us, sondern bringt die synchron mit der Atmung auftretenden Potentialsalven infolge reflekto- rischen Atemstillstandes fiir die D~uer der Atemsperre in Wegf~ll.

6. Durch Tracheotomie und dadurch bedingte Ausschaltung der Nasenatmung wird das eigentliche Bestandspotential des Bulbus olfac- torius auch in dem Sonderfall ermittelt, in dem bereits im Zustand der Ruhe rhythmische, mit der Atmung synchron ablaufende Aktions- potentiale auf einen periodischen Erregungszustand des Bulbus olfactorius hinweisen. Das so gewonnene Bild der Feldeigenpotentiale stimmt mit dem fiir junge Versuchstiere charakteristischen Grundtyp roll iiberein.

7. Durch Einni~hen eines Gummidrains in den proximalen Tracheal- stumpf ist mit Hilfe einer an das ffeie Ende des Drains angesetzten leeren Spritze die MSglichkeit gegeben, die Elektroproduktion des Bulbus olfactorius bei Darreichung yon Riechstoffen unabh~ngig yon der Atmung allein durch Bet~tigung der Spritze zu untersuchen.

8. Unter diesen Versuchsbedingungen ist eine ausgepr~gte und charakteristische Vermehrung der Spannungsproduktion des Bulbus olfactorius auch bei Anwendung der tiblichen Riechstoffe festzustellen.

9. ])as Kurvenbild der so gewonnenen, durch charakteristische Merk- male gekennzeichneten Aktionspotentiale fiihrt zu der Folgerung, dal3 unter der Einwirkung yon Riechreizen neue, im Zustand der Ruhe elektrisch unt~tige Ganglienzellen aktiviert werden. Diese weisen unter Beibehaltung konstanten Frequenzganges untereinander geringe Unter- schiede ihrer Entladungsfrequenz auf. Die Spannungsproduktion aller, durch gleiche Schlagfrequenz zu einer bestimmten Zellgruppe zusammen- fal3baren Einzelimpulsserien erfolgt synchron, so dab nur die einzelner~

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744 Siegfried Deckner: Bioelektrische Er sche inungen des Bu lbus olfactorius.

Z e l l g r u p p e n u n t e r e i n a n d e r F r e q u e n z d i f f e r e n z e n a u f w e i s e n , w ~ h r e n d s i c h aUe z u e i n e r Z e l l g r u p p e g e h 6 r i g e n E i n z e l e l e m e n t e s y n c h r o n i s i e r t u n d

f f e q u e n z k o n s t a n t e n t l a d e n .

10. D i e A u s f i i h r u n g e n w e r d e n d u r c h e i n e n t s p r e c h e n d e s K u r v e n - m a t e r i a l b e l e g t .

S e h r i i t t u m .

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