8
Zbl. Vet. Med. A, 20, 639 - 646 (1973) @ 1973 Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg ISSN 0044-4294JASTM-Coden: ZVRAAX Aur dem Schoubra Humanmedizinischen Labor Direktor: Ass. Prof. Dr. M. K. Soliman und dem Physiologischen Institut der Veterinarmedizinischen Fakultat Kairo, V. A. R. Direktor: Prof. Dr. H. Nasr Uber die Blutveranderungen bei Ratten nach Verfiittern einer Tocopherol- und Ubichinon-Mangeldiit 3. Zytologishe und biochemishe Blutbestandteile von Normal-, Vitamin-E-Mangel- sowie hypophysektomierten Ratten vor und nach Verabreichung von TSH Von M. K. SOLIMAN Mit 3 Tabellen (Eingegangen am 26. Mai 1972) Fragen nach der Beziehung zwischen Vitamin E und den endokrinen Driisen gehen bis auf die Entdeckung des Vitamins zuruck. Zuerst wurden Storungen der Fortpflanzungsfahigkeit des Rattenweibchens beobachtet. Spa- tere Versuche erbrachten eine Reihe von Befunden, die einen engen Zusammen- hang zwischen dem Vitamin E und den endokrinen Driisen vermuten liei3en. Mehrere Theorien zur Erklarung der funktionellen Storung von Keimdriisen, Nebennieren und Schilddriisen im Vitamin-E-Mange1 sind heute nicht mehr aufrechtzuerhalten oder bedurfen einer kritischen Uberpriifung. Storungen der Schilddriisentatigkeit gehoren zu den klinischen Erscheinun- gen, die nach langer dauernder Vitamin-E-Mangel-Ernahrung bei Ratten gefunden werden. Man beobachtet dabei eine Ruhigstellung des Organs, das mit verminderter Bildung von Thyroxin und Trijodthyronin einhergeht und mit der Thyreotropinwirkung im Zusammenhang steht (BOGUTH, 1968). Es ist schon festgestellt worden, dai3 bei Vitamin-E-Mange1 die Schilddriisenfunktion bei Kiihen (ANDERSON, 1960) und Ratten (BLAHSER u. BOGUTH, 1969) herab- gesetzt wurde. Bei Ratten, die mit einer Tocopherol- und Ubichinon-Mangel- diat ernBhrt werden, ergibt sich eine verminderte TSH-Empfindlichkeit der Schilddriise bei gleichzeitig verminderter TSH-Inkretion der Hypophyse (BOGUTH u. Mit., 1967). BOGUTH und SERNETZ (1967) fanden ferner, dai3 die Schilddriise die Fahigkeit verliert, Jod aufzunehmen, was auch durch Substi- tution mit Tocopherol und thyreotropem Hormon nicht zu beheben ist. In einer friiheren Arbeit (SOLIMAN, 1973 a, b) haben wir gefunden, daf3 die Vitamin-E-Mangelratten eine deutliche Herabsetzun der Erythrozyten-, Retikulozyten- und Thrombozytenzahl sowie des Hamog P obingehaltes und des

Über die Blutveränderungen bei Ratten nach Verfüttern einer Tocopherol- und Ubichinon-Mangeldiät : 3. Zytologische und biochemische Blutbestandteile von Normal-, Vitamin-E-Mangel-sowie

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Zbl. Vet. Med. A, 20, 639 - 646 (1973) @ 1973 Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg ISSN 0044-4294JASTM-Coden: ZVRAAX

Aur dem Schoubra Humanmedizinischen Labor Direktor: Ass. Prof . Dr. M. K . Soliman

und dem Physiologischen Institut der Veterinarmedizinischen Fakultat Kairo, V . A . R.

Direktor: Prof . Dr. H . Nasr

Uber die Blutveranderungen bei Ratten nach Verfiittern einer Tocopherol- und Ubichinon-Mangeldiit

3. Zytologishe und biochemishe Blutbestandteile von Normal-, Vitamin-E-Mangel- sowie hypophysektomierten Ratten

vor und nach Verabreichung von TSH

Von

M. K. SOLIMAN

Mit 3 Tabellen

(Eingegangen am 26. Mai 1972)

Fragen nach der Beziehung zwischen Vitamin E und den endokrinen Driisen gehen bis auf die Entdeckung des Vitamins zuruck. Zuerst wurden Storungen der Fortpflanzungsfahigkeit des Rattenweibchens beobachtet. Spa- tere Versuche erbrachten eine Reihe von Befunden, die einen engen Zusammen- hang zwischen dem Vitamin E und den endokrinen Driisen vermuten liei3en. Mehrere Theorien zur Erklarung der funktionellen Storung von Keimdriisen, Nebennieren und Schilddriisen im Vitamin-E-Mange1 sind heute nicht mehr aufrechtzuerhalten oder bedurfen einer kritischen Uberpriifung.

Storungen der Schilddriisentatigkeit gehoren zu den klinischen Erscheinun- gen, die nach langer dauernder Vitamin-E-Mangel-Ernahrung bei Ratten gefunden werden. Man beobachtet dabei eine Ruhigstellung des Organs, das mit verminderter Bildung von Thyroxin und Trijodthyronin einhergeht und mit der Thyreotropinwirkung im Zusammenhang steht (BOGUTH, 1968). Es ist schon festgestellt worden, dai3 bei Vitamin-E-Mange1 die Schilddriisenfunktion bei Kiihen (ANDERSON, 1960) und Ratten (BLAHSER u. BOGUTH, 1969) herab- gesetzt wurde. Bei Ratten, die mit einer Tocopherol- und Ubichinon-Mangel- diat ernBhrt werden, ergibt sich eine verminderte TSH-Empfindlichkeit der Schilddriise bei gleichzeitig verminderter TSH-Inkretion der Hypophyse (BOGUTH u. Mit., 1967). BOGUTH und SERNETZ (1967) fanden ferner, dai3 die Schilddriise die Fahigkeit verliert, Jod aufzunehmen, was auch durch Substi- tution mit Tocopherol und thyreotropem Hormon nicht zu beheben ist.

In einer friiheren Arbeit (SOLIMAN, 1973 a, b) haben wir gefunden, daf3 die Vitamin-E-Mangelratten eine deutliche Herabsetzun der Erythrozyten-, Retikulozyten- und Thrombozytenzahl sowie des Hamog P obingehaltes und des

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640 M. K. SOLIMAN

Hamatokritwertes zeigten. Es wurde eine signifikante Leukozytose beobachtet. Aber das Verhaltnis der Lymphozyten zu Neutrophilen blieb konstant. Es tre- ten signifikant erhohte Kalium- Kreatin-, Kreatinin-, Cholesterin- und Glu- tathionwerte ein. Die Phosphor- und Magnesiumkonzentration ist vermindert. Diese Veranderungen im Blut der Vitamin-E-Mangelratten konnten durch u-Tocopherolverabreichung wieder vollstandig normalisiert werden. Es war interessant festzustellen, dai3 sich diese Veranderungen auch durch Verab- reichung von Tocopherolchinon teilweise normalisieren liei3en. Das bedeutet, dai3 die Funktion des Tocopherols im Bereich des Blutes zum groi3ten Teil auf die Wirkung von Metaboliten mit Chinonstruktur beruht.

Zur Erganzung unserer Untersuchungen wurde daher gepruft, ob die Blutveranderungen auch auf thyreotropes Hormon ansprechen.

Versuchsanordnung und Methoden Eine Versuchsserie bestand jeweils aus: 1. a) Unbehandelten Ratten (Kontrollen), die LATZ-Standardfutter er-

b) Normalratten, die 3 i( 10 MSE TSH subkutan injiziert bekamen. 2 . a) Ratten, die einer Vitamin-E-Chinon-Mangeldiat unterzogen wur-

b) Vitamin-E-Mangelratten, die 3 X 10 MSE subkutan injiziert bekamen. 3. a) Hypophysektomierte Ratten, die LATZ-Standardfutter erhielten. b) Hypophysektomierte Ratten, denen wir 2 X 30 MSE TSH injizierten. c) Andere, die 2 X 30 E TSH sowie 2 X 10 mg a-Tocopherol bekamen. Die Tiere wurden nach 48 Stunden durch Entbluten in Chloroform-

narkose getotet, das Blut mittels Liquemin gewonnen. Die Durchfuhrung der verschiedenen Untersuchungen erfolgt nach den in der ersten Mitteilung be- schriebenen Methoden (SOLIMAN, 1937 a).

Ergebnisse Die Versuchsergebnisse sind in den Tabellen 1-3 aufgefuhrt. Nach drei-

maliger subkutaner Applikation von 10 MSE TSH bei Vitamin-E-Mangel- ratten hatten sich die Ery.-, Hkt- und Retikulozytenwerte ziemlich normali- siert. Dagegen war die Thrombozytenzahl abgesunken und die Leukozyten- zahl hatte zugenommen.

Tabelle 1 zeigt deutliche Unterschiede zwischen dem Blutbild der hypo- physektomierten und den normalen Ratten. Es besteht eine starke Abnahme der Ery.-, Hb-, Hkt-, Retikulozyten- sowie Thrombozytenwerte. Bei Zugabe von 2 X 30 MSE TSH trat allerdings eine Verbesserung dieser Werte ein, obwohl auch hier die Leukozytenzahl gestiegen war. Alle Werte konnten durch TSH- und a-Tocopherolzugabe verbessert oder sogar normalisiert werden.

Zufuhr von TSH verursachte bei Normal-, Vitamin-E-Mangel- sowie bei hypophysektomierten Ratten keine Veranderung im Glutathiongehalt, jedoch eine Verminderung des Cholesteringehaltes (Tab. 3). Bei Normal- und Vitamin-E-Mangelratten stieg der Kaliumgehalt und es verminderten sich die PhosphQrwerte (Tab. 2). Die genannten Veranderungen im Blut der Hypex- ratten lassen sich durch Zufuhr von TSH und u-Tocopherol ruckgangig machen.

hielten.

den (nach BOGUTH u. Mit., 1967).

Diskussion Schon im alteren Schrifttum ist die Frage der Korrelation des Tocopherols

zu der Nebenniere und Hypophyse aufgeworfen worden, handelt es sich do& bei beiden endokrinen Organen urn sehr Vitamin-E-reiche Gewebe (Wrss

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Ober die Blutveranderung bei Ratten / 3. 641

Blutwerte Ver suc hs ratten

Normal

8.06' 0.38

8.82 +

0.30

28.80 +

0.53

2.51 0.17

370.00 15.02

6.46 0.43

35.09

10.49

31.19

Hb (9 I100 rnll 2

Hkt (Val. %) t

Retikulozyten (%I

Thrombozyten (10'/mrn3)

WeiOe Blutk.

t

(1031rnm3) t

vat, 1 ~ ~ 3 )

HbE ( P 9 ) Hb- Konz ( % l

9.30 0.29

11.02 +

0.45

33.37 +

1.32

3.86 0.21

437.50 ' 19.06

9.15' 0.28

35.88

11.85

33.02

17.80 0.46

51.06 0.92

4.48 0.50

502.00 1.07

7.20 0.32

50.60

17.45

34.86

Hypex +TSH

371.75 3.06

19.70 0.24

11.34 0.05

4.71 0.09

2.44 0.05

18.87

2.41

4.65

Normal + TSH

N : 5

10.44 0.23

18.04 0.23

49.60 0.74

4.74 0.37

464.00 20.39

8.20 0.80

47.51

17.28

36.37

Hypex +TSH u. a - Toc.

373.75 2.27

19.20 ' 0.09

11.17 0.1 1

5.89 0.08

2.67 0.06

19.47

1.89

4.18

E- Mangel

N = 6

7.40' 0.32

15.13 0.35

44.00 +

1.01

3.23 +

0.1 1

413.33 +

22.00

9.57 +

0.42

59.46

20.44

34.39

36 1.20 3.16

19.32 ' 0.43

11.74' 0.05

3.36* 0.12

2.32 0.05

18.69

3.49

5.06

I - Mangel

N = 6

9.36 y 0.20

0.93

48.40 0.78

4.28 0.33

426.40 y 24.67

12.00 +

0.90

51.71

18.25

35.29

b TSH

17.08

355.30 376.80 +

3.73 2.59

20.05 ' 20.24 +

0.16 0.26

11.88 12.16 0.10 0.7 1

4.40 3.28 +

0.18 0.08

0.12 0.17

17.72 18.60

2.70 3.7 1

5.2 1 5.95

2.28Y 2.04y

Hypex

N . 7

H Y P ~ X + TSH

N . 8

4YPeX .TSH U. 1- TOC. N : 8

9.85 089

14.37 ' 0.34

36.75 +

1.21

4.17 0.16

430.00 20.35

8.15 0.42

37.31

14.59

39.10

Mittlere Fehler des Mittelwertes + Signifikante Abweidung vom Normalwert (P = 0.01) y Signifikante Abweichung vom Normalwcrt (P = 0.05) Berichtigung: In der Spalte Blutwerte mufl es in der 2. Zeile von oben heiflen: (1OB/mm~).

Tabelle 2

Blutwerte (mg. %)

Na

K

Ca

t

+ - -

Anorg. P

Mg

Na : K

Ca : P Ca : M g

f

2

Normal

365.80 2.74

17.22 0.20

10.68 0.19

5.08 0.25

2.66 0.06

20.60

2.10

4.01

Versuchsratten

Nor ma1 E- Mangel E - Mangel H y P.ex

374.00 y 6.55

19.81 +

0.38

11.40 0.18

3.74 +

0.16 2.13 +

0.07

i 8.80

3.05

5.35

+ Mittkrer Fehler des Mittelwertes + Signifikante Abweichung vom Normalwert (P = 0.01) Y Signifikante Abweichung vom Normalwert (P = 0.05) 0.500 fur Ca, 0.555 fur P, 0.435 fur Na, 0.256 fur K und 0.840 fur Mg Fur das Urnredmen von mg/100 ml zu mEq/l. Plasma wurden die Werte multipliziert mit:

Zbl. Vet. Med., Reihe A, Bd. 20, Heft 8 44

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642 M. K. SOLIMAN

Kreatin

Kreatinin

Glutathion

2

f

?

Cholesterin 2

Tabelle 3

Blutwerte I Versuchsratten I

2.02 2.80' 3.40' 2.92* 2.56 1.85 1.87 0.05 0.14 0.19 0.22 0.16 0.08 0.10

0.73 0.72 1.52' 1.24' 0.77 0.73 0.76 0.06 0.08 0.1 1 0.05 0.04 0.04 0.01

79.80 70.60 116.00' 80.80 83.86 84.25 81.12 3.81 3.94 3.4s 4.92 2.16 2.91 3.57

52.60 45.00 80.35 ' 69.80 y 79.00' 65.2Sy 54.00 2.87 3.68 3.40 4.82 4.89 257 3.93

lmg I Normal Normal E-Mange1 E-Mange1 Hypex Hypex 100ml Blutl 1 [ + TSH I [ + T S H I [ + TSH I y"H" u.1

a - TOC.

und der Vorderlappeninsuffizienz der Hypophyse aufmerksam gemacht hatte. Man hat Anhaltspunkte dafur, dai3 das Vitamin E im HVL einen fordernden Einflui3 auf die thyreotrope, adrenocorticotrope- und gonadotrope Wirksam- keit hat. Bei Vitamin-E-Mange1 nimmt der Hormongehalt der Hypophyse ab (BECKMANN, 1955). Als Angriffspunkt des a-Tocopherols wird das dience- phalhypophysare Zentrum angenommen und u-Tocopherol wird als Regula- tor der Hypophyse bezeichnet (ALFERT u. Mit., 1960). Es ist wohl bekannt, dai3 Thyroxin den Vitamin-E-Bedarf steigert (VERZAR, 1955).

Aus dieser und auch aus friiheren Arbeiten (SOLIMAN, 1973 a, b) ist ersichtlich, dai3 bei Vitamin-E-Mangelrattn die Herabsetzung der Ery.-, Hb-, Hkt-, Retikulozyten- und Thrombozytenwerte eintritt. Die genannten Ver- iinderungen lassen sich durch Zufuhr von u-Tocopherol ruckgangig machen. Es ist interessant festzustellen, dai3 Vitamin-E bei manchen Angriff spunkten durch TSH ersetzbar ist. In einer anderen Arbeit haben wir gefunden, dai3 die TSH-Konzentration bei Vitamin-E-Mangelratten herabgesetzt ist (SOLIMAN, 1973 c ) . Bei Hunden und Menschen wurde auch bei Hypothyreose eine normo- zytare normochrome Anamie beobachtet (CORNELIUS u. KANEKO, 1963). DONATI und Mitarbeiter (1968) fanden, dai3 bei TSH-Zugabe die Erythro- poese anstieg. SCHALM (1 965) berichtet, dai3 Anamie, Leukozytose und Hyper- cholesterolamie bei Hypothyreoidismus charakteristisch sind.

Hypophysektomie fuhrt bei Ratten zu signifikanter Herabsetzung der Ery.-, Hb-, Retikulozyten- sowie Hkt-Werte. Ahnliche Befunde sind von BOGUTH und Mitarbeiter (1963) und BOZZINI (1965) mitgeteilt worden. Diese Blutveranderungen bei Hypexratten kann man zum Teil durch TSH, noch besser durch TSH und u-Tocopherolzugabe ruckgangig machen. POSTEL (1 956) fand, dai3 bei Vitamin-E-Mange1 beim Menschen Hyperthyreose ein- tritt. Dagegen berichten BLAHSER und BOGUTH (1969) von einer Hypothyreose mit erhohtem Blutcholesterin (SOLIMAN, 1973 a, b). Auch andere Autoren fanden, dai3 die Cholesterinkonzentration bei Hypothyreose steigt (ROSENMAN u. Mit., 1952; CORNELIUS u. KANEKO, 1963) und nach Thyroxinzugabe herab- gesetzt wird (ZARROW u. Mit., 1964). Wir glauben, dai3 die Lebercholesterin- synthese beim Hypothyreoidismus erhoht ist. Eine Abnahme des Serumchole- sterins und des Thrombozytenadhasionsindex sowie eine Verlangerung der Plasmathromboplastinzeit nach Dextro-Thyroxin-Zugabe wurde von DUR- FAULT und Mitarbeiter (1961) beschrieben. Im Augenblick, wo der erhohte

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Uber die Blutveranderung bci Ratten / 3. 64 3

Cholesterinspiegel zu sinken beginnt, wird der Antikoagulantieneff ekt ver- starkt (ELIAS, 1964). KIRICHUK (1968) fand bei Kaninchen, dai3 15 Min. nach Thyroxinzugabe das Gerinnungsphanomen stimuliert wird, um sich innerhalb von 5 Stunden zu normalisieren.

Bereits 1928 hatte FONIO eingehende Untersuchungen iiber die Blutgerin- nung bei pathologischer Schilddriisentatigkeit durchgefuhrt. Dabei fand er in Obereinstimmung mit den Angaben anderer Autoren bei gesteigerter Schild- driisentatigkeit in der Mehrzahl der Falle eine verlangerte, bei Hypothyreose dagegen eine verkiirzte Gerinnungszeit. 1951 teilte FONIO erneut mit, dai3 sich ihm die nach seiner Methode bestimmte Gerinnungszeit bei Schilddriisenfunk- tionsstorungen als eine wichtige diff erentialdiagnostische Methode erwiesen habe, da die Bestimmung der Gerinnungszeit praktisch den gleichen Wert habe wie die Grundumsatzbestimmung.

Nach Hypophysektomie ist der Cholesteringehalt im Serum erhoht (Tab. 3). STEINBERG und Mitarbeiter (1 967) beobachteten, daR Hypex-Ratten, die mit ACTH behandelt worden waren, Hypercholesterinamie zeigten, unbe- handelte aber nicht, d. h. dieser Eff ekt ist durch die Nebennieren beeinflufit.

Wie aus klinischen und tierexperimentellen Beobachtungen hervorgeht, bestehen Beziehungen zwischen der Schilddruse bzw. ihren Hormonen und dem Mg-Stoffwechsel. Eine leichte Verminderung der Mg-Werte im Plasma ist bei TSH-Zugabe (Tab. 2) gefunden worden. Thyreoidektomie beeinflufit die Mg-Blutkonzentration nach SOFFER und Mitarbeiter (1941, 1943) nicht. SIMESEN (1963) berichtet ferner, daR der Magnesiumgehalt von den endo- krinen Driisen unabhangig ist. Nach BISSEL (1945) nimmt bei Hyperthyreose zwar nicht der ionisierte, jedoch der proteingebundene Anteil des Magnesiums im Blute stark zu, wahrend er bei Hypothyreose geringfiigig abnimmt.

Aus dieser Arbeit ist ersichtlich, dai3 Lei TSH-Zugabe eine Tendenz zur Erhohung des Calciumgehaltes besteht bei gleichzeitiger Abnahme des anorga- nischen Phosphors (Tab. 2). Der Kaliumgehalt ist nach TSH Verabreichung bei Normal-, Vitamin-E-Mange1 sowie Hypexratten hoher als bei unbehan- delten Kontrolltieren. Die Kreatin-, Kreatinin- und Glutathionkonzentration blieb jedoch ziemlich unverandert.

Bekanntlich regelt das thyreotrope Hormon des Hypophysenvorderlap- pens die Driisenaktivitat in der Weise, dai3 eine vermehrte Inkretion einerseits die Proliferation des Follikelepithels bewirkt, andererseits durch Forderung der proteolytischen Vorgange eine Entspeicherung des Follikels verursacht. Umgekehrt treten nach Hypophysektomie regressive Veranderungen auf, die mit einer deutlichen Abflachung des Follikelepithels und einer starken Konzen- trierung des Kolloids einhergehen (BOGUTH, 1965). Die vermutete Abhangig- keit zum Vitamin-E-Status hat sich bestatigt. Das in der Schilddriise gebildete Hormon Thyroxin ist an Eiweifi gebunden und wird durch proteolytische Vorgange in Freiheit gesetzt, die wiederum durch das TSI-I gesteuert werden. Entfernt man operativ bei Versuchsratten die Hypophyse, so kann kein Thy- roxin mehr freigesetzt werden, und es kommt zu einer Funktionseinschran- kung der Schilddruse sowie zu den vorgenannten Blutveranderungen.

Bei Vitamin-E-verarmten Ratten erhielten BOGUTH und Mitarbeiter (1967) Mefiwerte von Kolloid sowie der Blutbestandteile (Tab. 1-3), die nahe an die hypophysenlosen Ratten herankamen. Als es schliei3lich noch gelang, diese Blutveranderungen sowie die Veranderungen des Schilddrusenkolloids (BOGUTH, 1965) durch Injektion von TSH zum groi3ten Teil wieder aufzu- heben, konnten wir schlieRen, dat3 bei der Ratte die Funktion des Hypophy- senvorderlappens, die Schilddruse zu stimulieren, bei Vitamin-E-Mange1 erheblich eingeschrankt ist.

44)

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Zusammenfassung I . Es wurden die Veranderungen im Blutbild sowie die chemischen

Bestandteile der Normal-, Vitamin-E-Mangel- und der hypophysektomierten Ratten vor und nach Verabreichung von TSH untersucht.

2. Im Vitamin-E-Mangel sind die Erythrozytenzahl sowie die Hb-, Hkt-, Retikulozyten und Thrombozytenwerte und der Mg-Gehalt erniedrigt, wah- rend die Leukotytenzahl, die Kalium-, Kreatin-, Kreatinin-, Cholesterin- und Glutathionkonzentration erhoht ist.

3. Nach Hypophysektomie vermindern sich ebenfalls die Ery-, Hb-, Hkt-, Retikulozyten-, Thrombozyten- und Mg-Werte und weiterhin die P- Konzentration. Der K- und Cholesteringehalt nimmt zu.

4. Durch TSH Verabreichung 1aRt sich in den Gruppen diese Veranderung zum groken Teil wieder umkehren, bei hypophysektomierten Ratten blieb auch nach TSH- und a-Tocopherolzugabe die Leukozytenzahl unverandert.

Summary Blood changes in rats fed diets deficient in tocopherol and ubiquinone

3. Cytological and biochemical blood studies in normal, vitamin E deficient and hypophysectomised rats, before

and after administration of TSH 1. Changes in the blood picture and chemistry were studied in normal,

vitamin E deficient and hypophysectomised rats before and after administra- tion of TSH.

2 . In vitamin E deficiency the erythrocyte count as well as haemoglobin, haematocrit, reticulocytes, thrombocytes and magnesium levels are reduced whereas leucocytes, potassium, creatine, creatinine, cholesterol and glutathion are increased.

3. After hypophesectomy there are reductions in erythrocytes, haemo- globin, haematocrit, reticulocytes, thrombocytes, magnesium and phosphorus, whereas potassium and cholesterol increase.

4. Administration of TSH reversed these changes to a large extent. In hypophysectomised rats the leucocyte count remains unchanged after admini- stration of TSH and alpha tocopherol.

Resume Sur les modifications sanguines chez les rats

aprks un regime dkficient en tocopherol et ubiquinone 3. Constituants sanguins cytologiques et biohimiques

chez des rats normaux, des rats avec une avitaminose E, ainsi que des rats hypophysectomises, avant e t aprks administration de TSH

1. On examine les modifications de la formule sanguine et des compo- santes chimiques chez des rats normaux, des rats avec une avitaminose E et des rats hypophysectomisis, avant et aprhs administration de TSH.

2. Dans les cas d’avitaminose E, le nombre des globules rouges, ainsi que les valeurs trouvkes pour l’hkmoglobine, l’hkmatocrite, les riticulocytes et les thrombocytes et la teneur en magnksium diminuent, alors que le nombre des leucocytes, la concentration du potassium, de la critine, criatinine, du cholestkrol et du glutathion augmentent.

3. A p r b hypophysectomie, les valeurs obtenues pour les globules rouges, l’hkmoglobine, I’hkmatocrite, les rbticulocytes, les thrombocytes et le magnk-

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Uber die Blutveranderung bei Ratten/ 3. 645

sium diminuent kgalement, ainsi que la concentration du phosphore. Les teneurs en potassium et cholestkrol augmentent.

4. Ces modifications sont inverskes en grande partie aprks administra- tion de TSH. Chez les rats hypophysectomisks, le nombre des leucocytes reste inchangk, mCme aprks administration de TSH et d'a-tocophkrol.

Resumen Sobre las modificaciones hematoldgicas en ratas

tras administrar una dieta deficitaria en tocoferol y ubiquinona 3. Componentes hemiticos citol6gicos y bioquimicos

de ratas normales, carenciales de vitamina E e hipofisectomizadas antes y despuCs de aplicar tireotropina

1. Se estudiaron las modificaciones en el cuadro hemitico, asi como 10s componentes quimicos de ratas normales, carenciales de vitamina E e hipo- fisectomizadas antes y despuCs de administrar TSH.

2. En la deficiencia de vitamina E se hallan disminuidas las cifras de eritrocitos, asi como 10s valores de hemoglobina, hemadcrito, reticulocitos y trombocitos y el contenido en Mg, mientras que aumentaron la cifra leucocf- tica y las concentraciones de potasio, creatina, creatinina-colesterina y gluta- ti6n.

3. Tras la hipofisectomia tambikn se reducen 10s valores de eritrocitos, hemoglobina, hematbcrito, reticulocitos, trombocitos, magnesio y la concen- traci6n de P. Aumentan 10s contenidos en K y colesterina.

4. Por medio de la administracibn de TSH se puede volver a invertir en su mayor parte esta modificacibn en 10s grupos, mientras que en ratas hipo- fisectomizadas permaneci6 inalterada la cantidad de leucocitos tambikn despuks de adicionar TSH y a-tocoferol.

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Anschrift des Verfassers: Ass. Prof. Dr. M. K. SOLIMAN, Institut fur Physiologie, Vet. Med. Fakultat, Giza, V. A. R.