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281 Ueber die Einwirkung des Schwefelwasserstoffs ailf die Pikrinsdure stellte A. Gir a r d *) Lhtersucliitngen mit folgenden Resul- laten an. Wird eine kalt gesiittigte idkoliolische Losung von Pikrin- saure niit Ammoniak neutralisirt und dann mit Schwefelwas- serstoffgas gesltligt, so farbt sich die Flussigkeit intensiv rolh und es scheiden sich klcine dunkelrolhe Krystalle MUS. Bei tlem Abdestilliren des Alkohols BUS der Flussigkeit scheidet sich Schwefel ab, und man erhlilt eirie neue Quanlitat der rothen Kryslalle. Diese sind das Animoniaksalz ciner Siiure, welche sich auf Zusalz von Essigslure zu der heiten wiisse- rigen Liisiing des Aininonialrsalzes nach einiger Zeit in who- nen rothen Nadeln aussclieidet, die manchmal zu tafelartigen Aggregaten an einander gewachsen sind. Diese Siiure ergab die Zusammensctzung C,,H,N,O,, = C,,H,(NO,),NO, und wird von G i r a r d als Pikrarnksiiure bezeichnet. gefunden herecbnet Kohlenstoft’ 36,1 35,76 35,50 35,46 35,7’ Wasserstoff 2,5 2,65 2,73 2,82 2,9 Stickstoff 21,1 21,50 21,42 21,48 21,4 Sauerstoff 40,3 40,N 40,35& 40,24 40,2 io0,o 100,oo 100,oo ~,Oo~~O Die Bilduny dieser Saure erklart sich nach der Gleichung Die PikrantinsBure is! liislich in Alkohol (die kalt gesat- tigte Losung ist roth gefarbl; die Intensitlt der Firbung wird durch Zusatz eines Tropfens Aniinoniaktlussigkeit bedeutend erhoht), fast unloslich in Wasser, selbst in siedendem, loslich in Aether. Sie schmeckt nur schwach bitter. Bei 1000 zeigt sie keine Veranderung, bei 1650 schmilzt sie zu einer beim Erkalten krystallinisch erstarrenden Fliissigkeit. Starker er- C,,H,(NO4),O, + 6 SH = C,,H,(NO4),NO* + 4 HO + 6 S. *) Compt. rend. XXXVI, 421. Aimai. d. Ohem. U. PLlum. LXXXVIII. Bd. 3. Ifeit. 19

Ueber die Einwirkung des Schwefelwasserstoffs auf die Pikrinsäure

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Page 1: Ueber die Einwirkung des Schwefelwasserstoffs auf die Pikrinsäure

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Ueber die Einwirkung des Schwefelwasserstoffs ailf die Pikrinsdure

stellte A. G i r a r d *) Lhtersucliitngen mit folgenden Resul- laten an.

Wird eine kalt gesiittigte idkoliolische Losung von Pikrin- saure niit Ammoniak neutralisirt und dann mit Schwefelwas- serstoffgas gesltligt, so farbt sich die Flussigkeit intensiv rolh und es scheiden sich klcine dunkelrolhe Krystalle M U S . Bei tlem Abdestilliren des Alkohols BUS der Flussigkeit scheidet sich Schwefel ab , und man erhlilt eirie neue Quanlitat der rothen Kryslalle. Diese sind das Animoniaksalz ciner Siiure, welche sich auf Zusalz von Essigslure z u der h e i t e n wiisse- rigen Liisiing des Aininonialrsalzes nach einiger Zeit in who- nen rothen Nadeln aussclieidet, die manchmal zu tafelartigen Aggregaten a n einander gewachsen sind. Diese Siiure ergab die Zusammensctzung C,,H,N,O,, = C,,H,(NO,),NO, und wird von G i r a r d als Pikrarnksiiure bezeichnet.

gefunden herecbnet Kohlenstoft’ 36,1 35,76 35,50 35,46 35,7’ Wasserstoff 2,5 2,65 2,73 2,82 2,9 Stickstoff 21,1 21,50 21,42 21,48 21,4 Sauerstoff 40,3 40,N 40,35& 40,24 40,2

io0,o 100,oo 100,oo ~ , O o ~ ~ O Die Bilduny dieser Saure erklart sich nach der Gleichung

Die PikrantinsBure is! liislich in Alkohol (die kalt gesat- tigte Losung ist roth gefarbl; die Intensitlt der Firbung wird durch Zusatz eines Tropfens Aniinoniaktlussigkeit bedeutend erhoht), fast unloslich in Wasser, selbst in siedendem, loslich in Aether. Sie schmeckt nur schwach bitter. Bei 1000 zeigt sie keine Veranderung, bei 1650 schmilzt sie zu einer beim Erkalten krystallinisch erstarrenden Fliissigkeit. Starker er-

C,,H,(NO4),O, + 6 SH = C,,H,(NO4),NO* + 4 HO + 6 S.

*) Compt. rend. XXXVI, 421. Aimai. d. Ohem. U. PLlum. LXXXVIII. Bd. 3. Ifeit. 19

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282 Ueber die Eiriwirkurtg des Schwefelwasserutoffs

hitzt zersetzt sie' sich unter Entwickeluttg theerartiger Darnpfe und Hinterlassung eines Ruckstands von Kolile; unter den Zerse tzungsproducten finden sirh Cyanw~isserstof~siiure und Ainnioniak. Auf gliihenden Kohlen eeigl die Saure lebhaftes Verbrmnen. In Schrvefelsiiure lost sie sich unter rother Piir- bung, und aus der mil Wasser verdunnten Liisung wird auf Zutrijpfeln von Arnmoniak die Pikraniinsiiure unveriindert wie- der abgeschieden ; gegcn Salzsiiure verhalt sie sicli ebenso. Heifse concentrirte Schwefelsiiure zersetzt und verkohlt die Pikraminsaure. Conceiitrirle Salpetersiiure zersetzt sie unter reichlicher Entwickelung salpetriger Diimpfe; die Flussigkeit wird strohgelb und dic Siiure wird wicder zu Pikrinsiiure. Beim Einleiten von Chlorgas in eine wiisserige Liisung von pikraminsaurem Ammoniak sclicidet sich ein gelber pulveriger Kiirper ab, der in Wasser unloslich, in Alkohol liislicli ist, und sich aus letzterer Liisung harzartig ausscheidet.

Die Pikraminsaure verbindet sich lciclit mit Basen und giebt damit im Allgenieinen krystallisirhrc Salze; die unter- suchten Salze warcn wasserfrei, entsprechend der Formel RO , C,,H,(N04)2N0 zusammeiigesetzt. lhs Kulisak erhlilt man krystallisirt durcli Zursetzung einer heifssen Liisung des Animoniaksalzes mittelst Kali; es sclieidet sic11 bei den) Er- kalten in rothen, durchsichtigen , vei*l#ngerten rhonibischen Tafeln ab, welche in Wasser zicmlich liislich , in Alkohol wenig loslich sind, und erst bei zieirilicli holier Temperatur unter schwacher Verpufl'uny und Hintcrlilssung eiiies Ruck- stands von Kohle zersetzt werden. Es crgab 49,9 pC. Kali, die Rrchnung erfordert 19,8. - Das Ammoniahab, dessen Darsteilung oben angegeben wurde, scheidet sich beim frei- willigen Verdunslen der alkoholischen Liisung in dunkel- orangerothen rhomboi!drischen Tafeln ab , welche in Wasser und in Alkohol liislich, in Aether unloslich sind. L)as Salz ergab 26,9 pC. Stickslolt (bered~nct 27,O). Bei Ilngerem

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auf die Pikiu’nodure. 283

Kochen der wasserigen Lilsung zersetzt sich das Salz unter Ausscheidung eines brauneii Pulvers. Das Salz wird bei 1000 nicht verlndert, bei 135O verwiltert es unter Verlust von Ammoniak, bei 165O schiriilzt es und bei hoherer Tem- peratur zersetet es sich. - Durch Fallung einer heifsen Liisung von pikraininsaurem Ainmoniak mittelst salpetersauren Baryts scheiddt sich das Buytsalt in kleinen seideartigen, aus rotlien und goldglanzenden Nadeln gebildeten Bifscheln ab. Es ist in Wasser und in Alkohol wenig loslich. Es liifst sich ohne Veranderung bis auf 2Oo0 erhitzen; bei lioherer Ternperatur detonirt es unter Hinterlassung eines kohligen Ruckstands. Es gab 27,9 pC. Baryt (berechnet 27,8). - Das Kupfersalz ist ein gclblich-griiner amorphcr Niedersclilag, unloslich in Wasser und in Alkohol, loslich in Sauren und in Ammoniak; es detonirt schwach. Gefunden wurden darin 17,2 pC. Kupferoxyd (berechnet i7,3). - Das Bleisub wird mittelst Zersetziing durch doppelte Wahlverwaridtschaft als nrangefarbenes Pulver erhalten , welches loslich in Wasser, unloslich in Alkohol, liislich in Arninoniak und in Sauren ist, beim Erhitzen explodirt , such durch einen starken Schlag, aber ohne grofses Gerausch, detonirt. - Das Silbersuft wird durch Zrrsclzung des Aminoniaksalzes mittelst salpetersauren Silberoxyds als ein ziegelrother amorphcr Niederschlag er- halten, welcher sich am Licht nicht schwarzt, unliislich in Alkohol und in kaltem Wasser ist, durch siedendes Wasser aber unter Hinlerlassung cines unltislichon Ruckstands zer- setzt wird. Es zerselzt sich unter Schwlrzuiig bei etwa 140°, und der Ruckstand schmilzt bei etwa 1 6 5 O ; auf glu- liendcn Kohlen verbreniit es d i n e zu detoniren. Es ergab 37,4, 37,6 und 37,i pC. Silberoxyd (berechnet 37,6). - Die liislichen pikraminsaurm Salze geben init Mangan -, Eisen -, Kobalt- und Nickelsalzen keine Fallung, mit Quecksilbersalzen eineii rothen, in Siiuren liislichen Niederschlag.

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