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uber die Konstitution der Fluorvanadinverbindungen. Von P. MELIEOFF und P. KASANETZKP. Vor zwei Jahren haben wir die Untersuchung sogenannter Doppelverbindungen des Vanadinoxyfluorids mit Fluorkalium nnd Fluorammonium VO,F1.2 KFl und VO,P1.3 NH,Fl begonnen, die von E. PETERS ENS^ erhalten und genau untersucht waren. Bei unseren Untersuchungen hatten wir die Absicht, die Konstitution dieser Doppelverbindungen klar zu legen, welche verschieden aufgefalst werden kann, und zwar : entweder als Verbindung von Vanadinoxy- fiuorid mit Fluorkalium und E'luorammonium, oder a19 Kalinm- und Ammoniumsalz der Ortovanadinsaure , in der ein Sauerstofl'atom durch zwei Atome Fluor und das Hydroxyl durch ein Atom Fluor ersetzt sind : K-0- -Fl K-0-V=F12 und NH, - 0 - #' -Fl-FlNH, a NH,-0- \I =F1, Bei der Annahme dieser letzteren Formel stiitzten wir uns auf die Fahigkeit des Fluors, in seinen Verbindungen Eigenschaften eines zweiwertigen Elementes zu zeigen. Wir glaubten, dafs es uiis moglich sein wurde, mittels der Untersuchung der Produkte der Einwirkung von Wasserstoffsuper- oxyd auf obengenannte Verbindungen ihre Konstitution klar zu legen. Wenn diese Verbindungen Doppelsalze von folgender Kon- Jourrz. prakt. Chm. [2] 40, 278. %. anorg. Chem. 28, 242.

Über die Konstitution der Fluorvanadinverbindungen

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Page 1: Über die Konstitution der Fluorvanadinverbindungen

uber die Konstitution der Fluorvanadinverbindungen. Von

P. MELIEOFF und P. KASANETZKP.

Vor zwei Jahren haben wir die Untersuchung sogenannter Doppelverbindungen des Vanadinoxyfluorids mit Fluorkalium nnd Fluorammonium VO,F1.2 KFl und VO,P1.3 NH,Fl begonnen, die von E. PETERS ENS^ erhalten und genau untersucht waren. Bei unseren Untersuchungen hatten wir die Absicht, die Konstitution dieser Doppelverbindungen klar zu legen, welche verschieden aufgefalst werden kann, und zwar : entweder als Verbindung von Vanadinoxy- fiuorid mit Fluorkalium und E'luorammonium, oder a19 Kalinm- und Ammoniumsalz der Ortovanadinsaure , in der ein Sauerstofl'atom durch zwei Atome Fluor und das Hydroxyl durch ein Atom Fluor ersetzt sind :

K - 0 - -Fl K - 0 - V = F 1 2

und NH, - 0 - #' -Fl-FlNH, a NH,-0- \I =F1,

Bei der Annahme dieser letzteren Formel stiitzten wir uns auf die Fahigkeit des Fluors, in seinen Verbindungen Eigenschaften eines zweiwertigen Elementes zu zeigen.

Wir glaubten, dafs es uiis moglich sein wurde, mittels der Untersuchung der Produkte der Einwirkung von Wasserstoffsuper- oxyd auf obengenannte Verbindungen ihre Konstitution klar zu legen. Wenn diese Verbindungen Doppelsalze von folgender Kon-

Jourrz. prakt. C h m . [2] 40, 278. %. anorg. Chem. 28, 242.

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stitution sind: V02k’1.2 KF1 und V02F1.3 NH,Fl, so miifste, nach unserer Meinung, das Wasserstoffsuperoxyd eine Oxydation des Vana- dinoxyfluorids zur Pervanadinsaure bewirken, Fluorkalium aber und Fluorammonium miikte entweder in Verbindung mit Pervanadin- saure verbleiben, oder in Form yon Fluorkalium und Fluorammonium in aquivalenten Mengen abgespalten werden. Wenn jedoch die Ver- bindungen von Vanadinoxjvfluorid mit Fluorkalium und Fluorammo- riium, Kalium- und Ammoniumsalze der Fluorvanadinsaure reprasen- tieren und foIgende Konstitutionsformeln besitzen:

und K-0- - v =F1, -

NH, - 0 - 1: -F1- Fl.YH, NH,-0- =F1, 1

so wurde die Einwirkung von Wasserstoffsuperoxyd die vollstandige Abspaltung des Fluors bewirken urid als Endprodukt wiirden wir Kalium- oder Ammoniumsalz der Pervanadinsaure erhalten.

Bei der Wahr des Wasserstoffsuperoxyds als Reagens, richteten wir uns ersteiis danach, dafs Wasserstoffsuperoxyd sehr leicht mit Vanadinsaure reagiert, indem sich Pervanadinsaure bildet, zweitens dnnach, d a k Wasserstoffsuperoxyd schwach ausgesprochene , nicht basische, sondern sauere Eigenschaften besitzt, und schlielslich danach, dais Fluor schwach mit Vanadin gebunden ist und verhiiltnismakig leicht abgespalten wird.

Bei unseren fruheren Untersuchungen sind wir zu folgeriden Resultaten gekommen. Bei wiederholter Einwirkung von schwachem (3 O i 0 ) Wasserstoffsuperoxyd auf das Kaliumsalz ist es uns gelungen, eine Substanz zu erhalten, in der das Verhkltnis von Kalium zu Fluor folgendes war: K : F1 = 6.6 : 1 , wahrend in dem Ausgangs- produkte dieses Verhgltnis: K : F1 = 2 : 3 war. Das Ammoniumsalz gab bei Einwirkung yon Wasserstoffsuperoxyd analoge Resultate: im erhaltenen Produkte war das Verhdtnis Ton Ammoniak zu Fluor: NH, : F 1 = 5 : 1, wahrend in dem Ausgangsprodukte das Verhaltnis: NH, : E’1= 3 : 4 war. IXese schroffe Anderung des Verhaltnisses zwischen Kalium und Fluor im Kaliumsalze und zwiscben Ammoniak und Fluor im hmmoniumsalze hat uns zu dem Schlusse geleitet, dals die Doppelsalze V02F1.2KF1 und VO,F1.3 NH,Fl folgende Kon- stitution besitzen:

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und KH4 - 0 - \; E:2- FlSH, K-O--\:-F1 1;-0 - =F1, NH,-0-

Unsere Versuche bei fruheren Arbeiten, das Fluor vollstandig zu verdrhgen, sirid nur deshalb mifsgluckt, weil wir kein starkes Wasserstoffsuperoxyd besalsen. Da wir jetzt aber 30 iges Wasser- stoffsuperoxyd zur Verfiigung hatten und es uns daran gelegen war, dss Fluor vollstandig zu verdrhgen, haben wir die Reaktion der Einwirkung von Wasserstoffsuperoxyd auf das Amoniuinsalz wieder- holt. Das Ammoniumsala war nach PBTERSENS erhalten und ent- hielt 35.41 o/o F1 (berechnet 35.68O/,). Wir hielten es fur uber- fliissig, die Zmischenprodukte der Einwirkung von U7asserstoffsuper- oxyd auf das Amnioniunisalz cliesmai einer Untersuchnng zu unter- werfen, was schon fruher geschehen war, und analysierten die Substanz, welche nach der zehnmaligen Behandlung desbmmoniumsalzes mit 15 'Ii, W-asserstoffsuperoxyd erhalten murde. Wir bemiihten uns, die Substanz miiglichst rasch zu isolieren, da die Reaktion sehr sturmisch verlief: es entwickelte sich stark ozonierter Sauerstoff, und die Superoxyd- verbindung wurde zerstort. Die Bnalyse zeigte. dafs in der erhal- tenen Substanz sich l.07°/o Fluor befand. Fluor wurcle iiach der Ifethode von CAROT~ hestimmt.

Es wnrde 0.5656 g Substanz angewandt. Zum Titrieren wurde 3.2 ccm 'il0 KOH verbraucht. Gefunden: 0.00608 g oder 1.07O/, Fluor.

Die erhaltene Substanz haben wir wieder der Einmirkung von Wasserstoffsuperoxj d unterworfen. Nach meiterer funfmaliger Be- handlung mit 30 O/,igern Wasserstoffsuperoxyd ist es uns gelungen, ein Produkt zu gewinnen, das kein Fluor enthielt.

Die erhaltene Substanz hat eine gelbe Farbe und besteht aus kleinen monoklinen Kristalleri; sie ist leicht in Wasser lUslich, wobci die Losung alkalisch reagiert. Beini Erhitzen der Lijsung entwickelt sich Saurrstoff; bei der Einwirkung yon starker Schwefelsaure ent- wickelt sich stark ozonierter Sauerstoff. Die Annlyse der luft- trockenen Substanz ergab folgende Resultate:

0 (act.) NH3 v 19.3 o/o 14.63 o/o 29.23 O/,

0.2110 g Substanz gaberi 2S.5 ccm Sauerstoff (zu O o und 760 mm red.). Gefunden : 0.070725 g = 19.3O/, Sauerstoff. Zur Bestimmung des Ammoniaks wurde 0.5516 g Substanz angewandt. Znm Titrieren

G. ARTH, Proc6d6s de dosage, p. 14.5.

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wurde 47.5 ccm 'Ilo H,SO, verbraucht. Gefunden: 0.08075 g = 14.63O/, Ammoniak.

Zur Bestimmung des Vanadiums nurde 0.5655 g Substanz an- gewandt. Gefunden: 0.2950 g V,O, = 0.16533 g ocicr 29.23O/, Van a d' ium.

Das VerhHltnis des aktiven Sauerstoffs, Ammoniaks und Van:+ diums zueinander driickt sich folgendermafsen aus:

0 (act.) : KH, : V 4.188 3 2

Das erhdtene Verhaltnis zcigte, dafs unser Produkt einen fJberschuSs von Wasserstoffsuperoxyd enthielt. Urn cine einheitliche Substaiiz zu gewinnen, haben wir das oben beschriebene Produkt in schwacliem Wasserstoffsuperoxyd gelost und wieder mittels einer grossen Quantitat von Alkohol gefallt.

Die so erhaltene Substanz haben wir wahrend 1-2 Stunden iiher II,SO, getrocknet und nnalgsiert. Die Analyse ergab folgende Resultate :

0 (act.) NH, v 19.18 yo 15.G O l i o 30.48 o/ io

0.2580 g Substanz gaben 34.6 ccni act. Sauerstoff (zu O o und 760 mm red.) = 0.0494434 g oder 19.16O/, Sauerstoff.

0.5628 g Substanz verbrauchten 5 ccm H,SO,. Gefunden: 0.0867 g oder 15.d0/, Ammoniak. 0.6532 g Substanz gaben 0.3552 g V,O,. Gefunden: 0.19908 g oder 30.4S0/, Vanadium. Das VerhBltnis des aktiven Yauerstoffs, Ammoniaks und Vanadiums iet folgendes:

0 (act.) : NH, : V 4 3 2

Das Hauptinteresse erweckt hicrbei das Verhaltnis zwischen Clem Gehalt von Vanadium und Ammoniak. Aus diesem Verhaltnis ist ersichtlich, dais zwei Atome Vanadium drei Molekulen Ammoniak entsprechen.

Diese Tatsache ist, unserer Meinung nach, mafsgebend fur die Erklarung der Konstitution der Substanz. Wenn das Ausgangs- produkt nicht diejenige Konstitution hatte, die wir ihm zugeschrieberi haben, d. i.

NH, - 0 - 1; - F1- FlNH, NH4-O- =F1,,

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so ware es erstens nicht moglich, bei der Einwirkung von Wasser- stoffsuperosyd das gesamte Fluor abzuspalten, und zweitens hatten wir nicht das Ammoniumsalz der Pervanadinsaure erhalten. In dem Ausgangsprodukte entsprechen zwei Molekiile Ammoniak einem Atom Vanadium, und die vorgekommene knderung in dem Verhalt- nisse von Vanadium zu Ammoniak erklart sich dadurch, dafs das Wasserstoffsuperoxyd eine schwache Siiure ist und teilweise dns Ammonium verdrangt, indem sich Ammoniumsuperoxyd bildet ; auf gleiche Weise reagiert auch die gebildete Fluorwasserstoffsaure. Auf Grund der erhaltenen Resultate kann man das von uns ge- wonnene Produkt als ein Derivat der Pyropervanadinsaure von fol- gender Zusammensetzung betrachten:

N H 4 - - O - O - v - ? NH,-0- -0

I 0 I

NH,- 0 - 0 - &I = 333

Berechnet : Gefunden : 0 (act.; : 19.22°/, 0 (act.) : 19.16O/, NH, : 15.31°/, NH, : 15.4O/, V : 30.63°/0 IT : 30.48,/,

Wir sind geneigt, dem erhaltenen Produkt obige Formel zuzu- schreiben, um so mehr, da es MELIKOPB und PISSARJEWSKY gelungeii ist, bei der Einwirkung von Wasserstoffsuperoxyd auf die Metaper- vanadinsaure in Gegenwart von einem Uberschufs von Ammoniak, das Ammoniumsalz der Pyropervanadinsaure von folgender Zu- sammensetzung zu erhalten:

y-i NH, -0 - 0 - NH,-0- -

I 0

' 2. anorg. Chem. 13, 405.

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Unsere erste Abhandlung hat eine Kotiz von EPIIRAIM~ hervor- gerufen. Die Konstitutionsformeln, die mir zum ersten Ma1 den Kalium- und Ammoniumsalzen der Fluorvanadinsaure gaben :

K - 0 - K- - 1: =F1, -F1 und

YH4 - 0 - \7 - F1- F1.NH4 XH4-0- =F12

sind , seiner Meinung nach, richtig ; die Erwagungen aber , welche uns bei der Erklarung der Konstitution dieser Salze leiteten , halt er fur falsch, hauptsachlich deshalb, weil es uns nicht gelungen war, das Fluor vollstandig abzuspaltan. Jetzt fallt dieser Einwurf fort, da wir eine Substanz haben, die kein Fluor enthalt.

Auf Grund friiherer und letzterer Untersuchungen der Ver- bindungen des Vanatlindioxyfluorids mit Fluorkalium und Fluor- ammonium V02F1.2 KF1 und V0,Fl.S NH4F1, sind wir zu dein Schluls gelangt, dafs diese Verbindungen das Kalium- und Ammoniumsalz tler Ortovanadinsaure reprasentieren, in welcher letzteren ein Sauer- stoffatom durch zwei htome Fluor und das Hydroxyl durch ein Aton Fluor ersetzt sind:

. und

2. anorg. C h n . 35, 80.

Odessa, Akwussische Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 12. J u l i 1904