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Uber die Konstitution der Mercuroverbindungen. Von EUGEN SCHI~OW. Mit 2 Figuren im Text. hrch die Molekulargewichtsbestimmungen wurde es fed- gestellt, daB die Mercurosalze nach der Formel Hg& zusammen- gesetat sind. l) Vie1 wichtiger fur die Bestimmung der Konstitution WIU aber die Untersuchung von OGG~), da die unmittelbare Bindung der beiden Quecksilberatome damit bewiesen wurde. Zwar wurde OGG auf Grund seiner vielseitigen physiko-chemischen Versuche ziim Beschlusse gefiihrt , daS die Mercurosalze elektrolytisch mit der Bildungl von Hg,"- Ion dissoaiieren. Fiir das formelle Valenz- system bietet die Existenz eines solchen Redikals keine Schwierig- keiten. Schon iiltere Verfasser (wie auch OGG) stellten die Formel X-Hg-Hg-X auf, i d e m sie das Queckailber in den Mercurosahen als zweiwertig annahmen. Diese Konstitution steht aber anscheinlich dem Grund- prinzip des modernen Systems der anorganischen Verbindungen auwider. Bei der Bildung einer Verbindung der zweiten Ordnung vereinigen sich die Salzmolekeln durch ihre Endungen, die ver- dchiedennamige Ladungen tragen, a. B. KCN + AgCN = K[CNAgChy oder H,N + HC1 = [NHJCl. Wenn wir Hg,X2 al, eine Verbindung von ewei Molekeln HgX betrachten, ware es am naturlichsten, die- selben in die Koordimtionsformel Hg[XHgX] oder X[HgXHg] mi 1) Im Gaszustande wurde dieae Formel durch BAKER (Journ. Chem. Soc. 77 (1900), 646) fiir Kalomel bei aubrster Trockenheit bewiesen. (Die ge- schichtlich interessanten Literaturangaben s. in ABEQQS Handbuch der an- org. Chernie 11, 599.) Fiir nichtwStSrige Losungen sind Bestimmungen von BEC~KMANN in dem fliissigen Quecksilberchlorid bekannt (5. anory. ChenL. 55 (1907), 175). In der w&Brigen Losung wurde das Molekulargewioht des Mercuronitrats von CANZONERI bestimmt (cfazz. Chim. It. [2], 23 (1893), 432), iiber die OSTWALDS Meinung: 2. phys. Chem. 18 (1893), 374. t- + - t -+- +- +- 2, 2. phys. Chem. 27 (1898). 285.

Über die Konstitution der Mercuroverbindungen

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Uber die Konstitution der Mercuroverbindungen. Von EUGEN SCHI~OW. Mit 2 Figuren im Text.

h r c h die Molekulargewichtsbestimmungen wurde es fed- gestellt, daB die Mercurosalze nach der Formel Hg& zusammen- gesetat sind. l) Vie1 wichtiger fur die Bestimmung der Konstitution WIU aber die Untersuchung von OGG~), da die unmittelbare Bindung der beiden Quecksilberatome damit bewiesen wurde. Zwar wurde OGG auf Grund seiner vielseitigen physiko-chemischen Versuche ziim Beschlusse gefiihrt , daS die Mercurosalze elektrolytisch mit der Bildungl von Hg,"- Ion dissoaiieren. Fiir das formelle Valenz- system bietet die Existenz eines solchen Redikals keine Schwierig- keiten. Schon iiltere Verfasser (wie auch OGG) stellten die Formel

X-Hg-Hg-X

auf, i d e m sie das Queckailber in den Mercurosahen als zweiwertig annahmen. Diese Konstitution steht aber anscheinlich dem Grund- prinzip des modernen Systems der anorganischen Verbindungen auwider. Bei der Bildung einer Verbindung der zweiten Ordnung vereinigen sich die Salzmolekeln durch ihre Endungen, die ver-

dchiedennamige Ladungen tragen, a. B. KCN + AgCN = K[CNAgChy

oder H,N + HC1 = [NHJCl. Wenn wir Hg,X2 al, eine Verbindung von ewei Molekeln HgX betrachten, ware es am naturlichsten, die- selben in die Koordimtionsformel Hg[XHgX] oder X[HgXHg] mi

1) Im Gaszustande wurde dieae Formel durch BAKER (Journ. Chem. Soc. 77 (1900), 646) fiir Kalomel bei aubrster Trockenheit bewiesen. (Die ge- schichtlich interessanten Literaturangaben s. in ABEQQS Handbuch der an- org. Chernie 11, 599.) Fiir nichtwStSrige Losungen sind Bestimmungen von BEC~KMANN in dem fliissigen Quecksilberchlorid bekannt (5. anory. ChenL. 55 (1907), 175). In der w&Brigen Losung wurde das Molekulargewioht des Mercuronitrats von CANZONERI bestimmt (cfazz. Chim. It . [2], 23 (1893), 432), iiber die OSTWALDS Meinung: 2. phys. Chem. 18 (1893), 374.

t - + - t - + - + - + -

2, 2. phys. Chem. 27 (1898). 285.

56 E. Sohilow.

bindrn. WERNER mrinte ,,daB die Annathmr, dieselbe (die Polymerisat ion der MeX-Molekeln) wur d e d ur c h ge gen se i t i gr Bindung der Metallatome bedingt , von allen die un- wahrscheinlichste i s t , weil bis jetzt] die Moglichkeit r iner solohen Bindung i n salzar t igsn Verbindungen nir nachgewiesen werden konnte“.’) Diesex Erwligung wegen hat- WERNER Solche symmetzische Formeln fur Ag,X, und Cn,X, vor-

Neuerdings hat F. EPHRAIM~) eine gleiche Anschauuiig aus- gesprochen.4) Nach seiner Ansicht ist die MolekeI von Hg,Cl, in soloher Weise gebaut, daB die Affinitiit jsdes Chlora,toms sich auf awei Quecksilberatome verteilt :

I)irse Pormel erlau bt offenbar keine Noglichkeit der Hg,”- Bildung. Doch nimmt EPHRAIM an, daB eine Moglichkeit der Uber- einstimmung seiner Formel mit OGGS Versuchen bei anderen Disso- siationsschemen, welche von OGG nicht vorausgesehen wurden, nicht ausgeschlossen ist. Ich hatte seinerzeit eine lihnliche Ansicht .

Wirklich, wenn selbst die verdoppelte Formel der Mercurosalze a,uBer Zweifel steht, ist keine Notwendigkeit einer unmi ttelbaren Bindung von zwei Quecksilberatomen vorhanden, da die elektro- lytishe Dissoziation, z. B. des Mercuronitrats. nach den Gleichungen ii ngenommen werden kann5) :

I. Hg2(N03)2 ?= Hg’ + Hg(N03)21 11. Hgz(NO,), + Hg,NO,’ + NO,’.

Eine nahere Untersuchung aeigt dooh. daB iiur das zwritti Schema mit den OGGS Versuchen ubereinstimmen konnte.

I ) Z. unoug. Chem. 15 (1897), 40.

1) ,,Anorgankche Chemie“ 2. u. 3. Aufl. (1923), 192. 4 ) Nur als eine vorliiufige Hypothese (Priwtrnitteilung des Autorb). 5, EPHRAIM (1. c.) nimmt noch die Dissoziation in die Ionen Hg”+ Hg(NO,),”

an. Aber die Existenz des Hg(NO,)/ ist unwahrscheinlich. Quecksilber wiirdr bich in den Gsungen von KNO, l&en, wenn dieses Ion existieren konnte.

2 ) 1. c.

Komtitution der Mereurooerbiac2tmgen. 57

Die erste Gleichung ist schon durch elektrometrische Mesungen aus- geschlossen. Wie bekannt, hat OGG die elektromotorische Kraft der Konwutra-

(c = Aquivalentkonzentration von Hg,(NO,),) gemessen. Aus dieaen Measungen hat er gefunden,' daB daa Mercuroion zweiwertig

ist, indem er die Valenz n aus der bekannten Formel von NERNST berechnete : R T P n P

Hier ist dennoch n. eigentlich nicht Valenz, sondern die Anzahl von Farad, die von einer Gramm-Molekel (bzw. von einem Ion) iiberfiihrt werden. Bei der Djmoziation nach der ersten Gleichung transportiert ein Farad offenbar ein g-Mol, bei der Dissoziation nach der zweiten Gleichung wird aber nur 'I, Mol iiberfiihrt, weil bei der Ausscheidung von Hg2N0,' auf der Elektrode dip Gruppe HgNO, in die Liisung zuriickkehrt:

HgNO, = HgaO,' + NO,'. Die Dissoziation im Sinne der zweiten Gleichung muB daher dieselbe elektro- motorische Kraft geben, wie die von Oac beobachtete.

Mit der zweiten, aber nicht der ersten Gleichung kann man auch, bei einigen Voraussetzungen, die Gleichgewichtsversuche von OGG in Einklang bringen. Ich mochte aber mich davon zuriickhalten, da die Hypotheae der NO,-enthaltenden Mercurokomplexionen iiberhaupt nicht bestatigt wurde.

Weniger giinstig f i i r die zweite Gleichung ist nur die absolute Groh der Leitfiihigkeit.1) Die Dissoziation nach der zweiten Gleichung 1iiBt nur die H W k der vollen Dissoziation zu. OGG beobachtete, daB bei der hochsten Verdunnung (v = 250) dw ~quivalentleitvermogen A = 69 ist. Diese %ah1 ist zii GOB, in Betracht, daB die Messungen in 0,l n-HNO, geniacht wurden.2)

E = ._-In .

Da dennoch eine Moglichkeit fur den Zweifel verbleibt, so lange der Hydrolysengrad und ' die Beweglichkeit des Mercuroions nicbt bekannt ist , beschlod ich auf Mercuronitrat nocb eine Methode mzuwenden, niimlich die Bestimmung der Uberfiihrungszahlen. Wenn die Kationsuberfiihrung.,aahl bei Hg," - Dissoziation gleich

'tLHgr, so ist dieselbe bei Hg,NO,'-Dissoxiation 12' = 2. M'enn

I ) Der Beweis der Zweiwertigkeit des Mercuroiom, den OGG auf der Ver- gofierung des Molekularvermogens hei Verdiinnung begriindet, ist sehr zweifel- haft. OGG findet niimlich, daB d'e proeentnale der Vergrohrung des Leit- vermogens deH Mercuronitrats bei Verdiinnung ebenso groD ist, als die des Bleinitrats, aber bedeutend groBer als die des Silbernitrats. Aber daa bekannk Gesetz der VergroBerung der Leitfiihigkeit (OSTWALD, Lehrbuch der allgemeinen Ohemie 11, 696) betrifft nicht relative, sondern absolute GroBen. Das macht sehr oft, aber durchaus nicht immer, keinen Unterschied, da die absoluten GroBen der Leitfahigkeiten vieler Salze sehr nahe sind. Aus O ~ G S Versuchen ist es aber zu folgern, daB das Aquivalentleitvermogen des Bleinitrats absolut. weniger wiichst als dm des Silber- und Mercuronitrats. Offenbar sind die Ge- s e h der waBrigen Lasungen nicht fur die Losungen in 0,l n-HNO, anwendbar.

2, Das Leitvermogen dee Mereuroperchlorata (ABEGGS Handbuch der anorg. Chemie, II, 606) ist mit der halben Dissoziation unvereinbar, aber die Mesungen anderer GroBen liegen in dieqem Falle nicbt vor.

2

68 E. Schilow.

iieine auRergewohnliche Ionengeschwindigkeiten vorliegen, muWte ich im Falle der Dissoziation nach der 11. Gleiohung die Kations- xiberfiihrungszahl nHr, gleich etwa 1 erhalten. Die Dissoziation im Sinne Hg," + 2N0,' wurde nag* gleich etwa 0,5 geben. Diese Zahlen gestatten uns weiter das maximale Leitvermogen von Hg,(NO,), zu berechnen, da die Beweglichkeit von NO,' bekannt ist. Der Vergleich dieses Wertes mit dem beobachteten Leit- vermogen gibt die endgultige Losung der Konstitutionsfrage.

Da es unmoglich ist, dis Losungen des Mercuronitrats ohne UberschuB von HNO, zu erhalten, muSte ich von dem Prinzip der unabhtingigen Bewegung der Ionen Gebrauoh maohen. Die Be- rechnung von aHg, wurde wie folgt ausgefuhrt. Die Snmme von der ubergefuhrten g-Aquivalente Hg' = a , H = b und HgIT = c wurde von der gesamten Menge der ubergefdhrten g-Aquivalente wbtrahiert. Der Rest ergab die Menge der von der Kathode hin- weggefuhrten g-Aquivalente NO,. Diese Zahl wurde zwischen Hg', H' urid HgrL proportiona 1 deren Anfangskonzmtration verteilt . Es wnrden die Gleichungen

gabildet, wo x und 2' den Teil der ubergefiihrten Anzahl der NO,- Tonen bedeuten, der Bgl bzw. H entspricht.1)

I) Urn zu sehen, in welchemMal3e eine solche Berechnungsmethode zulbsig ist, habe ich mehrere Versuche von HOPFGARTNER (2. phys.Chem. 26 (1898), 114), de1 die arfiihrungszahlen in gemischten Losungen von Elektrolyten untemuchte. nachgerechnet.

-

Die Resultate sind in der 1. Tabelle zusammengestellt. Tabelle 1. ______

Kopfgartners Tabellen- und Ver-

suchsnummer - _ _ _ .- ___ k b Z w : ~ d __ ____ __.

g-Aqu. NaCl 1 g - ~ q u . HCI 1 ifberfiihrungszahlen

1 7 1 ~ '

- -_I_-_ -

Tab. 1. Versuch 2. ., 1. 3; 3 _. 3. ) ) 2 $, 4. 9 , 2 ~

., 4. :, 3

.) 5. ,> 1

.; 5. *~ 2 !

., 6. ,> 2

.. 6. ,. 2

Hischung von NaC 20 0,11 17 0,lO 16 0,51 20 0,84 15 0,78 18 0,91 18 0,91 19,s 0 , l O 20 0,lO

und HCI 0,87 0,87 0,48 0,20 0,19 0,lO 0 , l O 0,lO 0 , l O

0,391 0,396 0,364 0,391 0,392 0,360 0,349 0,377 0,388

0,820 0,818 0,851 0,823 0,834 0,833 0,853 0,813 0,816

Mischung von BaCI, und HCl ,. 10. ,, 1 , 18.5 1 0 , l O o,io I 0,401 \ o;a40

Wenn man diese Resultate niit den Tabellen vergleicht (2. B. XoYEs und FALE, Am. Chem. Soc. 33 (1911), 143), ist es ersichtlich, daB die Methode der Verteilung nach den Anfangskonzentrationen ganz brclucbbar ist . wenigstens i n den Fiillen, wenn nur ungefiihre Write notwendig sind.

Konstitutiov~ der ~ l $ r c u ~ o u e r b i ~ d ~ ~ ~ g ~ ? ~ . 59

Die Resultate sind in der 2. Tabelle susammengestellt. Tabelle 2.

20,6 I 0,09912 22,5 I 0,09917 22 ' 0,2131 18,5 ' 0,1845

Vem. Xr.

0,0118 1 0,491 0,0117 0,496 0,0370 1 0,483 0,0381 , 0,450

__.-

0,861 0,861 0,862

1 0,859 --____

Als Versuchsergebnis ist also nHgl ungefahr 0,5. Damit sind sgmtliche Dissoziationsgleiobungen ixnwahrscheinlich auBer. derer von OGG:

Der Wert des steht dem wahren (0,84) ziemlicb nab. Daszeigt, dalB die Hydrolyse nicht bedeutend ist. Angenommen, daB dieser Unterschied reell, aber nicht von den Methoden- und Versuohs- fehler nentstanden ist, kann man berechnen, daB der Hydrolysengrad 1-'3,50/0 gleioh ist. 1st die Korrektur auf die Hydrolyse eingetragen, vergro6ert sich nHgl in der zweiten Dezimale auf weniger als Eins; das hat offenbar keine Bedeutung fiir das Endresultat, besonders im Vergleich zu Versuchsfehlern. Durch diese letzteren sind die relativ groBen Schwankungen der Einzelwerte von n,,, ausschlieBlich zu erkliiren. Das Verhiiltnis der VersuchsgroBen ist bei Bereohnung so ungiinstig, daB ein O,lo/oiger Analysenfehler mHg1 urn etwa 10% und nK um etwa 1% verandert. Daruber siehe Naheres im ,,Experi- inentellen Teil".

DasErgebnis der Uberfiibruiigwersuche konnte ioh durch neue Leit- f iihigkeit smessungen giinzlich bestiitigen. WiGhrend OGG seine Messungen in 0,l n-HN0,-Losung anstellte, fiihrte ich meine Versuche in den vie1 schwacheren Losungen Bus. Ioh ging von der Losung aus, die 0.1012 g-.&quivalent Hg,(NO,), und 0,01204 g-Aquivalent HNO, in 1 Liter entbielt, und verdiinnte diese in einer Versuchsreihe mil Wasser, in der anderen mit 0,013 n-KNOW Es scheidet sich kein Niedermhlag von basischen Queoksilbersalzeu, selbst bei Verdiinnung mit Wasser aus. Fur die Berechnung ded kquivalentleitvermogens des Merowonitrats machte ich von der WALKER schenl) Methode Gebraiich, indem ich armabm, daB das Molekularleitvermogen der Salpetersaure L in den Mischungen mit Mercuronitrat dem Leit -

l) 2. phys. Chem. 4 (1893), 319; STIEGLITZ und DERRY, Amer. Chem. Jwno. 81 (1904), 449.

60 E. Sohilow.

the Verdiinnung mit Wasper.

0, a + 6 I 3

0,05061 0,05663 9 2 3 0,02530 0,02831 100,O 0,02265 0,01116 108,3 0,01016 0,01136 1 10,9 0,006'32 0,00708 117,l 0,00407 0,00456 119,6

0,00102 0,0011'2- 136

0,00316 0,00354 124.,3 0,00158 0,00177 128,4

Die Vcrdunrtung mit 0,013 n-HXL.

I -' a I a + b

0,1012 0,1133 x::,s 0,0506 0,063 13 89,s 0,0253 0,03810 94.1 0,01215 0,02556 97.0 0,01020 0,02331 99J 0,00608 0,01930 99.C 0,00407 0,01706 102.7 0,00316 0,01616 103.tl 0,00138 0,01459 107.3

60 E. Sohilow.

vermiigen derselben Sawe gleich ist, die die Konzentra8tiori der gesamten NO,- Gruppe hat. Das kquivalentleitvermiigen if des Mercmonitrats bei der Verdiinnung, die gleichfails der Konzen- t,ration der gesamten NO,- Gruppe entspricht, berechnet 9ich B U S

cler Gleichung : k - L b a

'!I = 7

wo a = die Konzentration von Hg.@O,),, b = die Korizriitra,tioii von HNO, und K=das beobachtete spez. Leitvermogen ist. Dti (lie Versuche bei 200 angestellt wurden, wurde das bei 180 benutzte Aquivalentleitvermogen von ENO, durch den Temperaturkoeffi - zient = 0,0162 korrigiert. Die Ergehisse cler Versuche ,qind in folgenden Tabellen zusammengestellt.

Nimmt man die Beweglichkeit von Hg," d s gleich 48/52 von tlerselben des NO,'-Ions an, so ist das .kquivalentleitvermiigen von Mercuronitrat bei 200 und nnendlioher Verdunnung

dm = 123,6, (la die Beweglichkeit des NO,-Ions = 64,s 1st (be1 20O).

Diese Xahl steht offenhar irn Einklang mit den gefuntie~irn Werten, wenn man die Hydrolyse in Betracht nimmt. Im Falle der Hg,NO,'-Dissoziation berechnet Rich aus den Uberfuhrungs- sahlen 4,'=42,2, also giinzlich unvereinbr mit den Versuchh- r rwl ta ten.

Somit ist die OGGS Gleichung clurch die Uberfuhrungs- und 1,eitfahigkeitsmessungen vollstandig bewiesen.

Mit Hilfe der WALKERschen Gleichung knnn man noch be- rechnen, daR der Hydrolysengrad bei dem angegebenen aberschnssr von HNO, und bei der Verdunnung = 900, gleich 4,80/'0, an- genommen, daB bei dieser Verdiinnung das Mercuronitrat vollig rliqsoziiert ist.

Bei dem Versuche, Mercuroverbindungen in das niodernr Syetem der snorganiachen Verbindungen einzufuhren, mu13 man d s o von der Voraussetzung ausgehen, daB die Existenz der Hg,"- Ionen in bedeutenden Konzentrationen mit voller Bestimmtheit bewiesen ist.l) Rationell kann man Mercurosalze nur als kamplexo Verbindungen betrachten. Diese Ansicht wurde von WERNER~) ausgesprochen und von LEY in ABEGG s Handbuch3) angenommen. Tatsiichlich haben die Mercmosalze sllr Eigensohaften von Ver- bindungen mit dem komplexen Kation.

Wesentlich zufiillig ist der Umstand, daS es moglich ist die direkte Binduiig der zwei Hg-Atome durch Zweiwertigkeit des Quecksilbers zu erlrliiren. Fur das einwertige Silber ist diese Moglichkeit ausgeschlossen, aber dieses bildet gleichfalls reinmetallische Komplexkationen4), die freilich nicht so bestandig wie das Mercuroion sind. Wahrscheinlich ist die Bildung der rein metallischen Komplexkatione eine gemeinsame Eigenschaft der Metalle mit kleiner Elektro- affinitat.5) Beim Quecksilber mu13 dieselbe ohne Zweifel mit der sogenannten homoopolaren Verwandtschaft des Quecksilberatoms verbunden sein. Es ist dimelbe Affinitiit, die Quecksilberamin- und 'aromatjsche Quecksilberverbin- dungen hi ldet .

Man muB also das Quecksilberatom bei der Verbindung mit dem Molekiil HgX, als das Molekiil einer biniiren Verbindung (z. B. NH3) betrachten. Die Moglichkeit einer solchen Betrachtung ist z. Z. der bewiesenen Kompliziertheit des Atoms wegen gegeben.3 Auf diese Weise, wenn wir das El.ektron als ein Anion betrachten, kann man das Prinzip aufrechterhalten, daB die Molekeln sich bei der Bildung einer komplexen Verbindung dnrch die versohieden polarc!

(e = ein Elektron).

1) Die einzige Mogliohkeit, die Quecksilberatome als nicht direkt gebuiiden 711 denken, ist, wenn man das Kristallwasser zu Hilfe nimmt :

Ijirse Hypothese ist doch ganz unwnhrscheinlich. 2, 8. anorg. Chem. 16 (1897), 5. 3, ABEWS Handbuch 11, 556.

4) GUNTZ, Contpt. r e d . 110 (1890), 1337.

5) Z. B. TI;' von DRUCKER, Z. Elektrochem. 58 (1922), 463. 6, Der folgerichtige Venuch ,die Atome als die Verbindungen eiater

Ordnung zu betrachten, war von BRIGGS (Phil. Mag. [6], 42 (1921), 448) und von mir (Berichte des Polytechnischen Instituts zu Iwanowo-Wosnessemk 6 ( 1922). 281 [russisch]) gemacht.

RICHARDS und HEII-IROTH, Z . phyb. Ckem. 41 (1902), 302.

62 E. Schilow.

Damit verschwindet der scheinbare Widerspruch , den die Mercuroverbindungen dem neueren System der anorganischen Ver- bindungen darstellen.

Wir wollen durchaus nicht die Ursache tler Verbindung des Quecksilberatoms und des Molekuls von Mercurisalz in deren Pola- ritat sehen. Die Polaritat allein ist niemals die einzige Ursachr riner bestimmten chemischen Verbindung, aber sie hat die yich- tende Wirkung. Die Bildung eines SO bestandigen Hg,"- KomplexcJzh kann nicht durch das Vorhandensein von zwei Valenzelektronen crklkt werden. Die Ursache der homoopolaren Bffinitiit des Queck- silberatoms muB in einer besonderen Konfigwation und Zustand der inneren Elektronen liegen, die eine Umgruppierung der primgren Verbindung hervorrufen. Allem Anschein nach kann man die Kon- sf itution der Mercurosalze vom Standpunkte der LANGMUIR-LEWIS- schen Octettheorie vorstellen, indem man annimmt , daJ3 sechsl) iiuBere Elektronen und ein ZiuBerstesVaJenz-Elektron der beiden Queck- silberatome zwei Octete mit zwei gemeinsamen Elektronen bilden. Das Vorbild des Hg,"-Ions ist also das System von zwei Wiirfeln, die eine gemeinsame Kante, welche im Zentrimi einen Quecksilber- atomrest haben:

Fig. 1. Xodell dee Hg2'--Ions.

Dieses einfache Model1 steht im Einklang mit den Eigensclitfteii der Mercurosalze, z. B. deren groBen elektrolytischen Dissoxiation, der Starke des Hydroxyds usw.

Experimentellea.

Obwohl ftir die Konstitutionsbestimmung nur ungefahre TYerte notwendig sind, muBte ich die Messungen der Uberfiihrungszahlen mit moglichster Genauiglceit ausfuhren, da die Analysenfehler, ditx immer sehr stark die Uberfuhrungsz%hlen beeintriichtigen, eineii noch groBeren EinfluB in meinen Bedingungen haben. Wie o b ~ n gesagt, rniiSte ich rneine Versuche im Uberschn 13 von Salpetersanre

I ) ROMR, Zsitschr. f . Physik 12 (1923), 423.

anstellen. Das hatte zur Folge, daIS die Xercuroionen fast soviel oder sogar weniger Strom als die H’-Ionen iiberfiihrten. Urn den Anteil der Mercuroionen moglichst zu vergroBern, war es notwendig, ver- diinnte Losungen von Mercuronitrat anzuwenden.1) Das veran1aBte mich, die Menge der durchgeflossenen Elektrizitiit zu vermindern. da erstens in den verdunnten Losungen die Verminderung der Kon- zentration (besonders von H-Ion) rasch die neutrale Zone faBt , zweit’ens ein Niederschlag VOQ basischen Mercurosalzen an der Anode auszuscheiden anfangt. Wegen dieser Verhiiltnisse anderte sich die Konzentration der Hg,”- Ionen nur um etwa 11/20/o, und dieselbe der Saure im Mittel um 10% von der urspriinglichen GroBe.

Das Salz war reines Mercuronitrat von KAHLBAUM, das noch einrnsl aus heiBer 0,5 n-HNO, in Gegenwart von metallischem Queck- silber kristallisiert wurde. Es hat keinen wiigbaren Riickstand beim Gliihen zuriickgelassen.

Das Mercuronitrat wurde in der bestimmten Menge n-HNO, gelost und mit Wasser verdiinnt. Nach der Trennung des Nieder- schlags wurde die Losung mit verdiinnter Salpeteraure versetzt nnd iiber Quecksilber stehen gelassen.

Die Losung enthielt immer das Merourisalz, dessen Molekular- konzentration der Normalkonzentration des Mercurosalzes nicht iiberschreiten konnteS2) Dieser Wert ist anfangs noch niedriger iind wird dann beim Stehen der Losung in Gegenwart von Ltift erreicht .

Die Mercurogruppe bestimmte ich als Kalomel durch Fallung mit Natriumchloridlosung in einem geringen UberschuB und Wagen des Niederschlags in einem Goochtiegel.3) Das Filtrat rnit Wasch- wasser zusammen wurde mit 0,l n-NaOH in Gegenwart von Methyl- orange titriert und darauf rnit einem Uberschusse von phosphoriger Saure zur Fallung des Mercurinitrats versetzt.

___

Aus Rucksicht auf die Cleichgewichtsverhise zwischen Salpeter- siiure und basischen Mercurosalzen (ALVIN Cox, 8. anorg. Chem. 40 (1904), 146).

2) OGG, 1. c.; ABEL, 2. anorg. Chem. 26 (1904), 376. 3) Ich habe bemerkt, da13 die Temperatur, die man gewohnlich ZURI

Trocknen des Mercurochlorids angibt (100 oder 105O), zu hoch kt. Bei diesel Temperatur nimmt das Cewicht lengsam, doch merglich ab. Darum trocknek ich das Mercurochlorid bei 70 - 80°, wobei keine Gewichtsabnahme Icon- statiert mird.

64 E. Sohilow.

Tabelle 5.

+& .z & Die sung enthielt vor der Elektrolyse Die ImCoulo- Die Lbsung nach der + = 2 meter a b g b 1-Aqui;lent; 3 .g 1000 9 2 j

g-~quivalent in looog /g-Aquivalent auf 1000 g sehiedeae H2O Silbarmengs -_

# -AqniTllent H g i 1 HNO, 1 Hgrl Hgl 1 HNO, ' Hgrl 1000 wog Hgr IHNO,I Hg" I

Mein Apparat fur die Uberfuhrungsversuche (Fig. 2) war in der Grundidee dem HOPFGARTNERSChenl) ahnlich. In der Aus- wahl der besten Form des Apparates war ich durch geringe Miig- lichkeiten meiner Glasblafierkunst begrenat , dit ich siimtliche Ver- mchsgefaI3e infolge der Umstande selbst snfertigen muBte. Urn die Ausscheidung der Gase nnd Niederschlage zu vermeiden, wurden xusammengesetzte Elektroden sngewmdt. Als Anode diente ein wenig amalgamiertes Cadmium in konaentrierter KN0,-Losung,

als Kathode Kupfer in Cu( NO,),-Losung. Einige Versuche wurden im Thermostat, anderr

an der Luft angestellt. Da der kein Unterschied xu bemerken war, beschloB ich ohne Thermostat zu arbeiten, weil das Trocknen der nassen Gefliar etwas umstandlich ist.

Als Stromquelle dieate mir ein 110-Volt- Dynamo des hiedigen physiko-chemischen Labora- toriums oder eine Akkumulatorenbstterie, deren Spannung 105 Volt betrug. Ubrigens brauchtr ich nur 60 bis 70Volt, um die Stromstarke 20-25 Milliamp. zu erreicheri.

Die durchgeflossene Elektrizitiit smenge wurde mit Hilfe des Silbertitrationscoulometers voii KISTIAKOWSKY gemessen. Fig. 2.

Uberfiihrungs- apparat. Die Ausfihrung der Versuche geschah in folgen-

' i s =om. Gr60e. der Weise. Nachdem die Kathode angefertigt und die Cd-Anode s in das GefriB A mittels eines Gnmmistopsels eingesetxt worden war, wurde ein glaserner Ring R eingelegt, die KN0,Losung mittels einer Pipette eingegossen und eine Papierscheibe auf den Ring R niedergelawn. Das QefiiR A w-urde mit einem Gummipfropfm ver-

' > 1 . c .

Komstitution der 2lercu.roverbimdamgcngelz. 65

Tabelle 5 (Fortsetzung). ___

Elektroden Elektrolgse enthielt:

enthielt Gramm

1000 g

5,767 0,220 0,027 0,134 98751

390,l 8@,4 0,450 0,862 ! I schlossen und gewogen. Darauf wurde KN0,-Losung vorsichtig mit Mercuronitratlosung uberschichtet. Das GefaB C, welches von unten mjt einer Papierscheibe geschlossen war, wurde mit A mittels eines Gummistopsels verbunden, und der ganze Apparat vorsichtig rnit Mercuronitrat gefullt. Nach der Elektrolysenbeendigung wurde das GefaS C durch Herunterlassen des Gummistopsels P geschlossen, welcher an einem Glasstabe befestigt war, der sich im Stopsel Q frei bewegen konnte. Nach der W8gung des GefaBes A @is auf 0,Ol g genau), wurde der obere Teil der Losung durch das Rohrchen r in ein Glas oder in einen 200 ccm- MeBkolben gegossen und das GefaB mit Wasser abgespult. Der Ruckstand der Flussigkeit wurde uber den oberen Rand ausgegossen, die Cd-Anode herausgenommen und rnit Wasser abgespult. Auf diese Weise kann das Cadmium in Beruhrung rnit Mercuronitrat nicht kommen. Die Losung wurde, wie oben angegeben, analysiert.,) Nachdem der Kathodenteil B der Losung weggegossen war, blieb in den GefLSteilen C und D die Neu- tralzonelosung, die zur Analyse in ewei Teile bequem getrennt wurde.

Die Versuchsdaten sind in der 5. Tabelle ZusammengefaBt. Die Leitfahigkeitsmessungen wurden nach der gebriiuchlichen

~OHLRAuscHschen Methode ausgefuhrt. Die Brucke und Rheostat wurden kalibriert. Das WiderstandsgefaI3 befand sich im Thermo- stat, welches die Temperatur 20° f 0,05O hatte. Die mogliche Fehlerquelle bestand vielleicht in der Oxydation des Mercurosalzes, da das Leitfahigkeitswasser wohl von CO, aber nicht von 0, befreit

l) Vgl. Theoretischen Teil. 2) Nach dem Versuche fielen die Werte der Mercurisalzkonzentration

manohmal zu niedrig aus, weil die Reduktion durch phosphorige Same in ver- dunnter Losung sehr langsam ist. Vielleicht wurde es besser sein, die Losung vorher stark zu konzentrieren, da aber die Korrektur auf das Mercurisalz sehr Hein ist, bevorzugte ich dieselbe zu berechnen, indem ich die Kationsiiber- fiihrungszahl nHglI in Mercurinitrat gleich 0,5 annahm.

2. anorg. u. allg. Chemie. Bd. 133. 5

66 3. Schilow. Kolzstitution der Nel-curoverbiadunqen.

war. Ich konnte ubrigens feststellen, &a13 die Oxydation der Mer- cmosalze a n der Luft sehr langsam vor sich geht.

Die Verdunnung der Losmg wurde entweder mch der ge- brduchlichen Methode ausgefuhrt, indem ma,n sich mit zwei 10 ccm- Pipetten bediente, die auf EinguB und AusguB kalibriert waren, oder dnrch die unmittelbare Verdunnung der urspriinglichen Losung bis auf die best,immte Konzentration. Die Ergebnisse waren in den Greneen dtr Versuchsfehler identisch.

Ich mochte an dieser Stelle meinen besonderen Dank Hm. Prof. li'. EPHRAIM-Bern fur einige wertvolle kriti sche Bemerkungen bei meiner Arbeit aussprechen.

Zusammenfassung. 1. In der vorliegenden Arbeit ist bewiesen, daB das Mercuro-

nit'rat nach der Gleichung: Hg,(NO,), =+ Hg," + 'ZNO,' dissoziiert ; die Moglichkeit der kompliziert ercn Dissoaiationsgleichungen ist ausgeschlossen.

2. Dazu wurden die Uloerfuhrungszahleri und das Aquivalent- Ieitvermogen von Mrrcuronitrat in verdunnter salpetersaurer Losung bestimmt. Die mittlere Uberfuhrungszahl fiir das Kation y l R 1 = 0,48.

3. I m Zusammenhang mit OGGS Experimenten ist durch diese Versuche die direkte Bindung der zwei Quecksilberatome in einem Mercurosalzmolekul bewiesen.

4. Die Stellung der Mercurosalze im System der anorganischen Verbindungen wurde diskutiert.

5. Die Hypothese der Struktur des Hi;,"-Ions vom Stand- punkte der LANGMUIR-LEWISSC~~~ Octettheorie wird vorgeschlagen.

lwalnowo - Wosnetwensk, Polytechn>isches Inslitut, September 1923.

Bei der Redaktion eingegnngen am 1. November 1923.