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Ober die osmotischen Eigenschaften und die Entstehung der Befruchtungsmembran beim Seeigelei. Von Jacques Loeb. (From the HERZSTEIN Research Laboratory of the University of Cali- fornia, Berkeley, California.) Eingegangen am 2. Mai 1908. 1) Die Versuche der letzten Jahre haben gezeigt, dab der Pro- zeB, weleher der Membranbildung zugrunde liegt, als der Anstol~ zur Entwicklungserregung des Eies bei der Befruchtung angesehen werden muB 1). Es ist deshalb nStig, diesen ProzcB genauer zu untersuchen. Die Versuehe sind am Seeigelei angestellt, weil hier der ProzeB am leichtesten beobachtet werden kann. Wenn ein Spermatozoon in das Seeigelei eintritt, so umgibt sich das letztere mit einem Hole yon wasserklarem Inhalt, dessert 5uBere Grenze durch eine scharf markierte Membran gebildet wird. Den hellen Zwischcnraum zwisehen Ei and der Membran bezeiehnen wit als den Membranraum. Unter manehen Umst~nden finden wir in diesem Raum aaBer der wasserklaren Substanz einige stark licht- brechende Ptinktchen. Die Frage entsteht: was ist die h'atur der wasserklaren Substanz, welche im Membranraume lieg't? Manche Autoren behaupten, dal~ es sieh um eine gclatinSse Masse handelt. Diese Ansicht wird abet durch die Tatsache widerlegt, daB, wenn die junge Blastula zu sehwimmen anfKngt, ehe die Mcmbran geplatzt ist, ihre Bewegung im Membranraum v511ig frei und ung'ehemmt er- folgt, gerade wie im Seewasser. Man kSnnte nun behaupten, dab um diese Zeit allerdings eine Verfltissigung der angeblich gelatinSsen Masse eingetreten sei, dal~ diese Masse abet ursprt~nglich lest ge- i) LOEB, ~ber den chemischen Charakter des Befruehtungsvorganges usw. In Rogxs ,Vortr~igen und Aufs~itzen~. Leipzig 1908.

Über die osmotischen Eigenschaften und die Entstehung der Befruchtungsmembran beim Seeigelei

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Page 1: Über die osmotischen Eigenschaften und die Entstehung der Befruchtungsmembran beim Seeigelei

Ober die osmotischen Eigenschaften und die Entstehung der Befruchtungsmembran beim Seeigelei.

Von

Jacques Loeb.

(From the HERZSTEIN Research Laboratory of the University of Cali- fornia, Berkeley, California.)

Eingegangen am 2. Mai 1908.

1) Die Versuche der letzten Jahre haben gezeigt, dab der Pro- zeB, weleher der Membranbildung zugrunde liegt, als der Anstol~ zur Entwicklungserregung des Eies bei der Befruchtung angesehen werden muB 1). Es ist deshalb nStig, diesen ProzcB genauer zu untersuchen. Die Versuehe sind am Seeigelei angestellt, weil hier der ProzeB am leichtesten beobachtet werden kann.

Wenn ein Spermatozoon in das Seeigelei eintritt, so umgibt sich das letztere mit einem Hole yon wasserklarem Inhalt, dessert 5uBere Grenze durch eine scharf markierte Membran gebildet wird. Den hellen Zwischcnraum zwisehen Ei and der Membran bezeiehnen wit als den Membran raum. Unter manehen Umst~nden finden wir in diesem Raum aaBer der wasserklaren Substanz einige stark licht- brechende Ptinktchen. Die Frage entsteht: was ist die h'atur der wasserklaren Substanz, welche im Membranraume lieg't? Manche Autoren behaupten, dal~ es sieh um eine gclatinSse Masse handelt. Diese Ansicht wird abet durch die Tatsache widerlegt, daB, wenn die junge Blastula zu sehwimmen anfKngt, ehe die Mcmbran geplatzt ist, ihre Bewegung im Membranraum v511ig frei und ung'ehemmt er- folgt, gerade wie im Seewasser. Man kSnnte nun behaupten, dab um diese Zeit allerdings eine Verfltissigung der angeblich gelatinSsen Masse eingetreten sei, dal~ diese Masse abet ursprt~nglich lest ge-

i) LOEB, ~ber den chemischen Charakter des Befruehtungsvorganges usw. In Rogxs ,Vortr~igen und Aufs~itzen~. Leipzig 1908.

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wesen sei. Allein es liiBt sich leieht zeigen~ dab der Inhalt des Membranraums yon vornherein wesentlieh aus Seewasser (oder aus Wasser und einzelnen Salzen des Seewassers) besteht; dab aber auBer~ dem noch eine colloidale FlUssigkeit in diesem Raum enthalten sein muB, welehe eine wichtige Rolle bei der Membranbildung spielt.

2) Herr Dr. v. KNAFFL beobaehtete im hiesigen Laboratorium, daB, wenn man befl'uchtete Seeigeleier in 5 ccm Seewasser bringt, dem man einige Tropfen Kaninchenserum zufiigt, die Befl'uchtungs- membranen anscheinend verschwinden. Die Membran sieht zunachst so aus, als ob sie LScher hii.tte und dann viillig" aufgelSst wUrde. Ich habe diese Erseheinung n~ther untersucht und gefunden, dab die- selbe umkehrbar ist. Bringt man niimlich die Eier nach der schein- baren Aufliisung der Membran aus dem serumhaltigen Seewasser in normMes Seewasser zurtiek, so stellt sich die Membran in kurzer Zeit wieder her. Die genaue Bcobaehtung zeigt, daB es sich nicht um eine AuflSsung der Membran im Serum, sondern nut um ein Colla- bieren derselben handelt. Das fUhrte mich auf den Gedanken, dab hier ein rein osmotisches Ph~tnomen vorliegt, welches dadurch bedingt ist, dab der Inhalt des Membranraums in das umgebende Seewasser diffundiert. Dadurch fiillt die Membran zusammen und legt sieh dem Ei dicht an. Bei genauerem Zusehen kann man dabei auch Falten- bildungen erkennen. Diese Erscheinung tritt nieht nur bei befruch- teten Eiern ein, sondern auch bei Eiern, bei denen die kUnstliche Membranbildung in irgend einer Weise, z.B. dutch Fetts~urebehand- lung, hervorgerufen ist. Die Erseheinung wird auBerdem nicht bloB durch Hinzufiigen von Kaninchenserum, sondern auch dutch Hinzu- fiigen von anderm Serum, z.B. Ochsenserum und Schweinserum, her- vorgerufen. In diesen Versuchen war das Serum durch Hinzufiigen yon :NaC1 mit dem Seewasser isosmotisch gemacht worden.

Wie kann abet das HinzufUgen yon Serum zum Seewasser ein Herausdiffundieren der FlUssigkeit aus dem Membranraum bedingen? Das ist verstiindlieh unter BerUcksichtung folgender Umst~tnde. Das Serum enth~tlt EiweiB, welches nicht durch die Befruchtungsmembran zu diffundieren imstande ist, welches aber einen osmotischen Druck ausUbt. Die Membran ist aber durchgiingiff fUr Seewasser. Besteht nun der Inhalt des Membranraums haupts~ichlich aus Seewasser, so ist es selbstverstiindlich, dab das HinzufUgen yon eiweiBhaltigem Serum zum Seewasser den Collaps der Membran hervorrufen muB.

Wenn diesc Ansieht richtig war, so muBte jede beliebige andre colloidale Substanz i~hnlich wirken wie Serum. Das ist auch der

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Fall. Ich brachte befruchtete Eier in 5 ccm Seewasser, dem einige Tropfen HUhnereiweiB zugeftigt wurden. Die Membranen collabierten hier genau so wie bei der Anwendung yon Serum. Aueh der Zusatz yon Gerbsaure wirkte in derselben Weise.

3) DaB in der Tat die Befruehtungsmembran fur Seewasser leieht durchganffig ist, laBt sieh zeigen, wenn wit die Konzentration des Seewassers dutch Zusatz yon destilliertem Wasser verringern oder durch Zusatz yon NaC1 erhShen. In solehen Fallen andert sich das Volum des Cytoplasmas, wahrend der Durehmesser der Befrueh- tungsmembran unverandert bleibt. Diese Beobaehtungen gelten fur Strongylocentrotus. Es ist m(iglieh, dab dig Eier yon Arbacia sieh anders verhalten. Bei dem E i d e r letzteren Form gelang es mi rvor Jahren, dig Membran dadurch zum Platzen zu bringen, daB ich die Eier in stark verdtinntes Seewasser brachte. Dieser Versuch g'elingt bei dem Ei yon Strongylocentrotus nicht. Da die Eier yon Arbacia mir bier nicht zuganglich sind, so bin ich nicht in der Lage, die neuen Versuche an dieser Form auszufiihren.

4) Die Befruchtungsmembran hat eine vollkommene oder nahezu vollkommene Kugelform. Das beweist, dab die Membran im Zustand der Spannung ist. Da nun die Versuche, welche wir erwahnt haben, beweisen, dab die Befruchtungsmembran bei Strongylocentrotus fur Seewasser leicht durchgan~ig ist, so muB ira Membranraum ein os- motiseher (J=berdrack herrsehen, welcher der Spannung der Membran das Gleichgewicht halt. Diesen Uberdruck muB eine aus dem Ei stammende, vermuflieh colloidale, Substanz liefern, welehe im Mem- branraum enthalten ist, und welche nieht imstande ist, dm'ch die Membran zu diffundieren. Die Existenz einer solchen colloidalen, nicht diffundierbaren Substanz im Membranraum erklart auch die frUher erwahnte Tatsache, dab die durch Serumzusatz zum Seewasser zum Collabieren gebrachte Membran wieder hergestellt wird, und ihren normalen Spannungszustaud erhalt, wenn man sie in normales Seewasser zuriickbringt. Durch diese. Annahme kiJnnen wir auch eine andre Tatsache verstehen lernen, dab ni~mlich eine gewisse Menge Serum oder EiweiB dem Seewasser zugesetzt werden muff, the dig Membranen zu collabieren beginnen.

5) Diese Versuche g.eben nun auch~ wie mir scheint, das ger- standnis ft|r den Mechanismus der Membranbildung. Ich hatte frtiher angenommen, dab die Kraft, welche die Membran abhebt, durch dic Secretionstatigkeit des Cytoplasmas geliefert werde. Der nunmehr gefUhrte Nachweis der Existenz eines osmotischen Uberdruckes im

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Membranraum macht die Annahme einer andern Kraftquelle Uber- flnssig. Um eine Membranbildung hervorzurafen, ist es nur n(itig, dab das Ei eine Spur einer eolloidalen Substanz, die im Seewasser ltislieh ist, ausseheidet. Da die Membran fur Seewasser durehgangig ist, so muB Seewasser yon auBen (lurch die eolloidale Substanz ,,an- gezogen,, werden, bis die Spannung der Membran dieser ,Anziehung, oder besser diesem osmotisehen l)berdruek das Gleiehgewieht halt. Nach dieser Ansieht stammt also die FlUssigkeit des Membranraums aus dent Seewasser, mit Ausnahme der kleinen Menge eolloidaler Substanz, welehe aus dem Ei stammt.

Wenn diese Ansieht riehtig ist, so muB das Volum des Eieyto- plasmas vor der Befruehtung und naeh der Bildung der Membran nahezu das gleiehe sein, und auf jeden Fall muB die Volumabnahme bei der Membranbildung gering sein im Vergleich mit der Masse der im Membranraum enthaltenen FlUssigkeit. Ieh habe eine Reihe yon Messungen des Durchmessers des Cytoplasmas vor nnd nach der Be- fruchtung mit Hilfe des Zeichenapparates ausgefiihrt, wobei es sich herausstellte, daB das Volumen des Eieytoplasmas yon Strongylocen- trotus bei der Membranbildung keine mit dieser Methode wahrnehm- bare Volumanderung erfahrt. Das beweist mit Sieherheit, dab der Inhalt des Membranraums hauptsachlich Seewasser ist, das yon auBen in denselben diffundiert.

6) Ich habe wiederholt auf die engen Beziehungen zwisehen Membranbildung und Cytolyse des Eies aufmerksam gemacht. Alle Stoffe, welche Cytolyse herbeiftihren, sind auch mehr oder weniger geeignet, das Ei zur Membranbildung zu veranlassen. Dahin gehSren beispielsweise die Kohlenwasserstoffe, z.B. Benzol, Amylen u. a., ferner Saponin, Solanin, Digitalin and endlieh artfremde Blutsera ~). Man nimmt allgemein an, daB die Cytolyse auf einer Zustandsande- rung der Lipoide tier Zelle beruht und dementsprechend wUrden wit anzunehmen haben, dab aueh die Membranbildung auf einer ahnlichen Zustandsanderung der Lipoide beruht. Diese Zustandsanderung dUrfte in einer LSsung oder wenigstens einer Fluiditatserhiihung eines oder mehrerer Lipoide bestehen. Man kann in der Tat unter geeigneten Bedingungen beobaehten, dab die Membranbildung mit einem Rauh- werden der Eioberflache beginnt. An den Stellen, die den kleinen Vertiefungen der rauhen Oberflache entsprechen, entstehen kleine

1) LOEB, Uber die Hervorbringung der Befruchtungsmembran und der Ent- wicklung, im Seeigelei durch das Blutserum yon Kaninchen usw. PFL~)GERS Archiv. 1908.

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Bl~schen, die rasch an Volumen znnehmen. Diese Bliischen erinnern an die Myelinformationen, die man am Lecithin und andern Lipoiden wahrnehmen kann. Diese Bl~tschen fiieBen sparer zusammen. Ihre Oberfii~che ist die Membran; der fiUssige Inhalt derselben ist See- wasser und das aus dem Ei ffelSste Colloid. Uber die :Natur des Colloids kSnnen wir keine Aussaffe machen, es kann ein Lipoid sein, es kann abet auch ein EiweiBkSrper sein.

Es kSnneu, wie gesagt, dieselben Stoffe Membranbildung oder Cytolyse verursachen. Sie tun das erstere, wenn sie nut Zeit haben~ auf die Oberfl~tche des Eies zu wirken; sic bewirken Cytolyse, wenn ihre Wirkung sich auch auf die tieferen Schichten des Eies erstreckt.

Die Falle yon Cytolyse liefern nun eine sehr schSne Bestiitigung" unsrer Theorie. Da n~tmlieh um so mehr Colloid gel~st werden muB, je grSBer der Bruehteil des Eies ist, weleher der Wirkung der mem- branbildenden Stoffe anheimf~tIlt, so sollte bei der Cytolyse auch ein grSBerer osmotiseher Uberdruek entstehen als bei der einfachen Mem- branbildung und dementspreehend sollte in diesem Falle der Durch- messer der Membran viel gr~iBer sein. Das trifft auch zu.

Wenn man ni~mlieh unbefruehtete Seeigeleier in eine schwaehe Saponinli~sang (in Seewasser) bringt, so tritt naeh einigen Minuten die normale Mcmbranbildung ein; l~tBt man aber die Eier etwas li~nger in der L(isung', so tritt Cytolyse der Eier ein, und der Durch- messer der Membran kann auf das Doppelte zunehmen. Dieselbe Er- scheinun~ tritt aueh ein, wenn man befruchtete Eier der Saponin- wirknng aussetzt. Wenn mau abet den Eiinhalt dutch Erhitzen zum Gerinnen bringt, ehe man die Eier dem Saponin oder einem ~hnlich wirkenden KSrper anssetzt, so tritt diese Volumzunahme nicht mehr ein. Das seheint darauf hinzudeuten, dab der den osmotisehen Uber- druek erzeugende eolloidale Stoff ein EiweiBkSrper ist. Die Kon- stitution der Lipoide sowie ihre Bedentung fUr die LSsliehkeitsver- h~ltnisse der EiweiBkSrper ist einstweilen so wenig aufgekl~rt, dab wit dureh Speknlationen nieht welter kommen.

7) Wie ich sehon in frUheren Arbeiten erw~hnte, ist die Membran in Benzol unlSslich. Sie ist abet aueh in Ather, Alkohol, Saponin und iihnlieh wirkenden Stoffen unlSslich. Daraus diirfen wit wohl schlieBen~ dab s~e nicht aus einem Lipoid besteht. Man nimmt ge- wiihnlieh an, dab die Befruehtungsmembran bereits im unbefruchtcten Ei vorgebildet sei und intblge der Befruchtung nut yon der Ober- fli~che des Eies abgehoben werde. Bei diesen neuen Versuchen sind mir Zweifel an der Riehtigkeit dieser Ansieht aufgestiegen. Wie ich

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friiher mitteilte, tritt bei unbefruchteten Eiern, die zu lange in einer hypertonischen LSsung bleiben; ein eigenttimlicher ZerfallsprozeB ein, den ich als schwarze Cytolyse bezeichnete. Diese Cytolyse beginnt kurze Zeit, nachdem die Eier in normales Seewasser zurUckgebracht werden. Sind die Eier nicht allzulange in dem hypertonischen See- wasser gewesen, so kann die Cytolyse auf den Rand des Eies be- schr~tnkt bleiben. Bei solchen Eiern kann keine Oberfi~tehenmembran vorhanden sein, da ja der Rand aus diskreten Trt~pfchen oder Ktirn- chen besteht. Wenn man nun dem Seewasser etwas Saponin odcr Digitalin zusetzt, so umgeben solche Eier sieh doch nicht selten mit einer Membran, dis einer Befruehtungsmembran ~thnlich sieht. Von der Abhebung einer bereits pr~tformierten Membran kann in diesem Fall keine Rede sein. :Noch ein andrer Umstand macht es bedenk- lich, an die Pr~tformation der Befi'uchtungsmembran im unbefruchteten Ei zu glauben. ~ach der Bildung der Befruchtungsmembran kann bekanntlich kein Spermatozoon mehr in das Ei eindringen; ware die Membran bereits im Ei vor der Befruchtung vorhanden, so mtil]te ja das Eindringen des Spermatozoons ins Ei Uberhaupt unmSglich sein. Die Befruchtungsmembran kann also nicht mit der Oberfliichenlamelle des unbefl'uchteten Eies identisch sein. Wohl abet kSnnte sie durch eine Modifikation aus derselben hervorgehen. Es ist aber auch miJg- lieh, dab die Befrachtungsmembran nur die erh~trtete Oberfliichen- lamelle des durch das Spermatozoon oder das Saponin usw. an der 0berfliiche des Eies gel~isten Colloids ist.

8) Zum Schlusse sei noeh auf eine Form der Membranbildung aufmerksam gemacht, die leicht zu IrrtUmern Veranlassung geben kann, und die ich deshalb als P s e u d o m e m b r a n b i l d u n g bezeichnen will. Wenn man das Gelbe eines HUhnereies in Seewasser 15st und filtriert, so hat alas Filtrat eine mcrkwUrdige Wirkung auf unbefrueh- tete Seeigeleier. Dieselben umgeben sich sofort mit einem Ring, der einer Befruehtungsmembran tauschend ~ihnlich sieht. Es handelt sich aber hier um eine mechanische Auflagerung eines Bestandteils des Ei- gelbs auf die Oberflache des Eies. Die Richtigkeit dieser Behauptung wird durch folgende Tatsachen bewiesen. Wenn wit im Ei eine richtige Befruchtungsmembran durch Saponin oder durch artfremdes Blutserum oder durch eine Fettsiiurebehandlnng oder dureh Benzol erzeugen, so wird damit aueh zugleich die Entwicklung in Gang gesetzt, und diese Entwicklung ftihrt zum raschen Zerfall oder zur Bildung tines Embryo, je nach der weiteren Behandlung, welche wir dem Ei naeh der Membranbildung zuteil werden lassen. Bei der Bildung dcr

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Pseudomembran durch Eigelb aber bleibt das Ei vSllig inaktiv. Ein zweiter Unterschied zwischen der Befruchtungsmembran und der Pseudomembran besteht darin, dab beim Zusatz yon Spermatozoen die Eier mit Pseudomembran befruchtet werden und eine richtige Befruchtungsmembran unter der Membran yon Eigelb bilden, w~ihrend die richtige Befruchtungsmembran das Eindringen eines Spermatozoons unmtiglich macht. Ich habe die Bildung einer Pseudomembran auch unter gewissen Bedingungen bei Versuchen mit artfremdem Blutserum beobachtet. Durch die erwiihnten Kriterien ist man imstande, zwischen Pseudomembran und Befruchtungsmembran zu unterscheiden.