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414 A. Fick: reichen Mandel mit wenig Wasser und bringt einen Tropfen dieser Emulsion unter das Mikroscop, so ist man erstaunt fiber die unge- heure Menge der in der Entwicklung begriffenen Pilzsporen. Die Ausfiihrung dieser Versuche, die ich ira Laboratorium des hiesigen physiologischen Instituts vornahm, geschah auf Anregung des Herrn Geheimrath Pfliiger, was ich hiermit bereitwilligst anerkenne. Bonn, ira Juli 1869. Ueber die Reizbarkeit der vorderen Riickenmark- str~nge. Von &. Fiek. Zu meiner grossen Verwanderung ist mein experimenteller Beweis ftir die Reizbarkeit der vorderen Rtickenmarkstr~inge des Frosches, den Hermann Engelken (du Bois Reymond's und Reicherts Archiv 1867 S. 198) beschrieben hat, neuerdings mehrfach unstichhaltig erkliirt. 1) Die Sache dreht sich nicht um die Auffassung, sondern um die Thatsache selbst. Mein Gedan- kengang wird als folgerichtig anerkannt, aber es wird angegeben, die von mit beschriebenen Erscheiuungen tr~ten unter den betref- fenden Bedingungen nicht ein. Ich habe also nicht Griinde zur &ufrechterhaltung meiner Be- hauptung beizubringen, sondern ich muss Z eugen stellen, datait die Thatsache, um die es sich handelt, Glauben finale. Ich habe daher meine Kollegen K511iker und v. Recklinghausen ge- beten, meinen Versuch mit anzusehen. Sie haben mich ermachtigt zu erkl~iren, dass sie sich mit mir von folgendem Sachverhalt t~ber- zeugt haben : Das Riickenmark eines Frosches wird von hinten blossge- legt, auf der rechten Seite Alles weggeschnitten, was das Einfiihren 1) Siegmund Mayer iiber die Unempfindl. etc. Dieses Archiv B. I. S. 166.

Ueber die Reizbarkeit der vorderen Rückenmarkstränge

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414 A. F i c k :

reichen Mandel mit wenig Wasser und bringt einen Tropfen dieser Emulsion unter das Mikroscop, so ist man erstaunt fiber die unge- heure Menge der in der Entwicklung begriffenen Pilzsporen.

Die Ausfiihrung dieser Versuche, die ich ira Laboratorium des hiesigen physiologischen Instituts vornahm, geschah auf Anregung des Herrn Geheimrath P f l i i g e r , was ich hiermit bereitwilligst anerkenne.

Bonn, ira Juli 1869.

U e b e r d i e R e i z b a r k e i t d e r v o r d e r e n R i i c k e n m a r k -

s t r ~ n g e .

Von

&. F i e k .

Zu meiner grossen Verwanderung ist mein experimenteller Beweis ftir die Reizbarkeit der vorderen Rtickenmarkstr~inge des Frosches, den H e r m a n n E n g e l k e n (du Bois Reymond's und Reicherts Archiv 1867 S. 198) beschrieben hat, neuerdings mehrfach �9 unstichhaltig erkliirt. 1) Die Sache dreht sich nicht um die A u f f a s s u n g , sondern um die T h a t s a c h e selbst. Mein Gedan- kengang wird als folgerichtig anerkannt, aber es wird angegeben, die von mit beschriebenen Erscheiuungen tr~ten unter den betref- fenden Bedingungen nicht ein.

Ich habe also nicht Griinde zur &ufrechterhaltung meiner Be- hauptung beizubringen, sondern ich muss Z e u g e n stellen, datait die T h a t s a c h e , um die es sich handelt, Glauben finale. Ich habe daher meine Kollegen K511iker und v. R e c k l i n g h a u s e n ge- beten, meinen Versuch mit anzusehen. Sie haben mich ermachtigt zu erkl~iren, dass sie sich mit mir von folgendem Sachverhalt t~ber- zeugt haben :

Das Riickenmark eines Frosches wird von h i n t e n blossge- legt, auf der rechten Seite Alles weggeschnitten, was das Einfiihren

1) S i e g m u n d M a y e r iiber die Unempfindl. etc. Dieses Archiv B. I. S. 166.

Ueber die t~eizbarkei~ der vorderen Riickenmarkstr~nge. 415

eines Messerchens in ainer Querebene hindarn kann (auch die Nerven). Dies geschiaht indessen nur vorn, hinten wo die Wurzeln f~ir die hintern Extremit~ten liegen, bleibt soviel als m6glich zum Schutze stehen. Nun wird ein spitzes, schmales, donnes Messerchen in das Rfickenmark eingestossen und nach vorn durchgezogen bis in die Gegend des calamus scriptorius, so dass der Schnitt die obere H~lfte des R(tckenmarkes von der unteren trennt. Ara vorderen Ende des Zuges wird das Messerchen nach oben gekehrt und es werden hier die Hinterstr~nge durchschnitten. Es wird nun der nus den Hintar- str~ngen und allem was daran h~ngt gebildete Lappen nach hinten zurfickgeschlagen. Hierauf wird der Frosch in der Gegend des Calamus scriptorius gek6pft, so dass gerade noeh das Stiiek der Vorderstr~nga des Markes stehen bleibt, welches von den auflie- genden Parthieen entblSsst ist. Auf diesem Stfick der Vorderstr~nge konnte allen�9 noch etwas graue Substanz liegen; k e i n e s f a l l s a b e r i r g e n d aine S p u r von d e n T h e i l a n des M a r k e s , in w e l c h e die h i n t e r e n W u r z e l n e i n t r e t e n und wo a l so d ie R e f l e x e e n t s t e h e n , davon haben sich die drei Beobachter iiberzeugt.

Jetzt werden zwei N~thnadelspitzen, die als Elektroden dienen, und nicht ganz I mm. von einander abstehen, in einem Stativ be- festigt an den vorderen freien Querschnitt der Vorderstritnge ange- legt. Die Elektroden sind in Verbindung mit den Enden der sekun- d~tren Rolle eines Induktionsapparates nach du B o i s -Rey m ond mit der Helmholtz'schen Einrichtung zur Ausgleichung der Schl~ge. In die Leitung ist ein Schliissel als Nebenschliessung eingeschaltet. Der Apparat wird ein ftir allemal in Gang gesetzt und w~hrend die sekundiire Rolle der prim~ren von Versuch zu Versuch um 1 Cm. gen~ihert wird, iiffnet man allemal ftir einige Sekunden den Schliissel und beobachtet, ob in den unteren Extremitiiten des Thieres Bewegungen eintreten. Bel einem gewissen Rollenstande wurden nun die ersten Regungen bemerkt. R e f l e x e von den v e r l e t z t e n T h e i l e n des M a r k e s k S n n e n d i e s e B a w e g u n - gen n i c h t s a in , denn es sind ja die hinteren Wurzel• nebst Allem, was mit ihnen unmittelbar zusammenh~ingt, giinzlich beseitigt.

Es bleiben also folgenda MSglichkeiten: 1) Die elektrischen Schli~ga haben sich in hinl~nglicher Dichtigkait erstreckt bis zu den unvarsehrt gebliebenen Theilen des Markes, haben hier hintera Wurzeln erregt und dia Erregung ist refiektirt. 2) Es haben sich

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auf die vorderen Wurzeln selbst hinl~nglich dichte Zweige der StrSme erstreckt, um sie direct zu en'egen. 3) Die Vorderstr~inge sind durch die Striime erregt - - resp. die miiglicherweise darauf noch liegen gebliebene graue Substanz - - u n d von hier hat sich die Erregung zu den motorischen Nerven der hinteren Extremit~ten fortgepfianzt.

Jetzt wird durch die freigelegten Vorderstr~tnge nahe der Stelle, Wo urspriinglich das Messer eingefiihrt wurde, ein Querschnitt ge- macht, der also das freigelegte St(ick der Vorderstriinge vom un- versehrten Marke vollst~ndig abtrennt, mit dem es aber in unmit- telbarer Berfihrung bleibt, und nun wird abermals der Schltissel ge5fihet: Trotzdem dass die Elektroden absichtlich noch gtinstiger als vorher angelegt sind, kommt nicht die leiseste Regung in den Beinen zu Stande, selbst wenn die sekund~re Rolle noch n~iher an die primaire geschoben wird. DieMSglichkeiten 1) und 2) sind hier- durch ausgeschlossen, dean die Trennung der Continuiti~t kiinnte die Stromzweige nicht hindern sich mit der alten St~rke dahin zu ergiessen wohin sie vorher fiossen, wofern nur die Contiguit~t er- halten bleibt. Zuckungen treten jetzt nach de�9 Trennung der auf- gedeckten Parthie der Vorderstr~tnge vom unversehrten Marktheil erst bel sehi~ v i e l hSheren Werthen der Stromsti~rke ,~uf. In dem �9 mieh aller ungtinstigsten Falle musste die Stromstiirke wenigstens verdoppelt werden, um nach dem Schnitte Zuckungen hervorzubringen, d. h. um hinl~tnglich dichte Zweige in die unver- sehrten Marktheile zu senden. In den meisten F~llen w~r aber eine viel bedeutendere Steigerung der Stromstiirke erforderlich.

Nach Ausschliessung von 1 und 2 bleibt also nur noch die dritte M5glichkeit, d .h . unser Versuch beweist, dass d ie Vor- d e r s t r i t n g e des F r o s c h r ( i c k e n m a r k e s d u r c h e l e k t r i s c h e Sch l i ige e r r e g b a r s i n d -- resp . d ie R e s t e von den vor- d e r e n P a r t h i e n de r g r a u e n S u b s t a n z , w e l c h e in unse - r em P r i i p a r a t e m S g l i c h e r w e i s e noch an den V o r d e r - s t r ~ n g e n h ingen . Ich bin zwar subjektiv iiberzeugt, dass die Reizbarkeit der V o r d e r s t r i i n g e durch den Ve�8 bewiesen ist, weil ich die Stellen, wo allenfalls noch graue Substanz liegen konnte, bel der Pr› absichtlich mit der Messerspitze wiederholt insultirte; ich will aber ftir den Augenblick nlchts weiter beibrin- gen um die zweite Miiglichkeit auszuschliessen, d~t ja der Nachweis der Reizbarl~eit der grauen Substanz von ebenso grossem Interesse w~re als der Nachweis fiir die Reizbarkeit der Vorderstriinge.

Ueber die Reizbarkeit der vorderen Riickenmarkstringe. 417

Mein Gegner hat den Verdacht ausgesprochen, bel meiner Pr~tparation kSnnten doch in dem verstiimmelten Riickenmarkstt~ck noch hintere Wurzelelemente mit den refiektirenden Theilen des Markes in unversehrtem Zusammenhange geblieben sein und ich hiitte vielleicht gewShnliche Refiexbewegungen vor mir gehabt. Ich musste daher wtinschen, dass nach einigen gelungenen Versuchen das Pr~iparat von kompetenter Seite auch mikroskopisch untersucht wiirde, v. Reck l ingh~~usen hat sich in 3 Fillen dieser Miih- waltung unterzogen, nachdem er sich vom Vollstindigen Gelingen des Versuches ira Sinne meiner obigen Beschreibung selbst iiberzeugt hatte. In keinem dieser F~tlle, wo das abgeschnittene Stiick Mark von Anfang bis zu Ende genau durchsucht wurde, war von Wurzel- fasern etwas zu sehen. In zweien war allerdings steUenweise ein bischen mehr von der grauen Substanz iibrig geblieben als œ beabsichtigt war, so dass eiue voreingenommene Kritik allenfalls hitte sagen kSnnen, es sei vielleicht nicht aller Verdacht entfernt, indessen war immerhin die Sache so, dass v. R e c k l i n g h a u s e n fiir sich auch durch d i e s e F~ille schon vollstiindig, iiberzeugt war. Ganz liber allen Zweifel gelungen war der Schnitt ira dritten Falle. Das abgeschnittene R(ickenmarkstiick zeigte sich zusammengesetzt nur aus den Vorderstrii.ngen und aas ganz weniger ihnen unmittel- bar aufiiegender gr~uer Substanz, in welche sicher keine Elemente der hinteren Wurzeln als solche eindringen.

Wenn nun auch bewiesen ist. was zu beweisen war, so wird es doch gut sein, noch die Frage zu bertihren: warum treten bel mechanischer Reizung der Vorderstr/inge des Markes in der Regel keine Zuckungen in den Muskeln der hinteren Extremititen ein? Hier(iber ist zu sagen, dass man eben von vorn herein gar nicht berechtigt, ist zu erwarten, a l l e Reize, welche an motorischen Nerven angebracht die Muskeln zum Zucken bringen, miissten auch von den Vorderstr/~ngen des Markes aus Bewegungen in den Mus- keln hervorrufen, wenn auch die Riickenmarkstringe an Ort und Stelle ebenso reizbar w/iren wie die Fasern der peripherischen Ner- ven. In der That sind ju selbst die eigentlich motorischen (nach S c h i f f kinesodischen) Fasern der Vorderstr/inge nicht so unmittelbar mit Muskeln verbunden wie die peripherischen motorischen F” vielm› sind sie zuni~chst mit rien GanglienzeUennetzen der grauen Substanz verkniipft und von hieVentspringen erst die peripherischen Maskelnerven. Der Erregungsprocess, der in den Vorderstrangfasern

Pflilger, Arehiv L Physiologie. Bd. IL 28

418 S. L a m a n s k y :

abw~trts steigt, wird sich also voraussichtlich ,erst durch mannigfache Vertheilung abschw~chen, ehe er sich auf die motorischen Wurzeln iibertragen kann; und es w~re schon von diesem Gesichtspuakt aus zu denken, dass der Erfolg einer mechanischen Reizung, die eigent- lich wohl stets eine schwache genaunt werden kann - - verglichen mit dem Reiz durch starke elektrische Schl~ige- von den vorderen Str~ngen nicht leicht bis zu den Muskeln vordringen kann. Dazu kommt noch die Anwesenheit der Hemmungsfasern in den Vorder- striingen, die von S c t s c h e n o w ausser Zweifel gesetzt ist. Irgend ein Reiz auf einen Querschnitt der Vorderstriinge angcbracht, wird stets neben motorischen auch Hemmungsfasern treffen und wird also seiner eigenen Fortpfianzung auf die peripherischen Muskelnerven ein Hinderniss sr

Ich glaube hiernach unbedenktich deu Satz aussprechen zu kSnnen, dass gar keine Veranlassung vorhanden ist zu der selt- samen Behauptung, die Fasern des Rtickenmarkes entbehrten der Reizbarkeit.

Wiirzburg, 28. Juli 1869.

Bestimmung der Winkelgeschwindigkeit der Blick-

bewegung, respective Augenbewegung.

Von

N. L a m a n s k y

in Heidelberg.

Wenn das Auge wahrend seiner Bewegung der Reizung des intermittirenden Lichtes ausgesetzt wird, so wird die Zahl der hier- bel gesehenen Nachbilder abh~ngen von der Zeit, in welcher die einzelnen Lichtreize nacheinander folgen, so wie von der Geschwin- digkeit, mit welcher das Auge seinen Weg zuriicklegt. Ausgehend von diesem Satze suchte ich aus der Zahl der Nachbilder, welche ich gesehen hatte, indem ich mit meinem Auge eine bestimmte Be- wegung ausfahrte und auf ihn eine Reihe in einer bestimmten Zeit nacheinander folgenden Lichtreize einwirken liess, die Winkelge-