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490 Passon: Thomasmehl. [" Zeitschrift fUr Langewandte Chemie. im Feinmehl in geringerer Menge vorhanden war als im Grobmehl, -während man zu- nächst das Umgekehrte vermuthen musste. Jedoch erklärt sich diese scheinbar ab- surde Thatsache sehr leicht und plausibel in der Weise, dass die Wagner'sche Lösung aus den feinen Bestandtheilen des Thomas- mehles, ohne sie ganz zu lösen, zunächst eben mehr Phosphorsäure herauslöst als aus den groben, und dass dieses Residuum der groben Theile, nachdem sie durch die erste Extraction mürbe geworden, erst bei der zweiten energisch von der Lösung in An- griff genommen werden, und zwar so voll- kommen, dass selbst aus dem fein zerstos- senen Grobmehl nun keine nennenswerthe Menge Phosphorsäure mehr gelost wird als aus dem unzerkleinerten Grobmehl. Der Gehalt des zermahlenen Grobmehles mit 7,58 Proc. citratlöslicher Phosphorsäure scheint mir besonders gut für Vegetations- versuche geeignet. Was aber dabei auch herauskommen mag, so glaube ich doch nicht, dass es die Wagner'sche Theorie irgendwie beeinflussen kann. Folgende Über- legung führt mich dazu. Nehmen wir an, diese Phosphorsäure ist absolut wirkungs- los, dann würde die Wirkung der Thomas- mehle mit dem ersten Extract definitiv be- grenzt sein. Wirkt dagegen das extrahirte Thomasmehl nach Maassgabe der nun wieder citratlöslichen Phosphorsäure, dann hätten wir in der Wagner'sehen Lösung erst recht wieder ein Reagens, um auch die Nachwir- kung des Thomasmehles analytisch festzu- legen. Und nur der Fall, dass das extrahierte Thomasmehl sehr gut, etwa nach Massgabe seiner Gesammtphosphorsäure vegetativ in Wirksamkeit träte, gäbe zu denken. Andererseits kann man wohl auf diesen rein analytischen Studien basirend annehmen, dass eine nennenswerthe Nachwirkung noch über das zweite Jahr hinaus selbst bei gänzlicher Entziehung einer Phosphorsäure- düngung wohl kaum noch zu erhoffen ist. Gelegentlich dieser Arbeit untersuchte ich auch drei andere von einander verschie- dene Thomasmehle auf ihren Gehalt an citrat- löslicher Phosphorsäure im Grob- und Fein- mehl. Thomas No. 1 enthielt 86,56 Proc. Feinmehl, im ganzen Thomas war citratl. P-ß$ 5,58 Proc. - Feinmehl - 5,94 - Grobmehl - 4,44 Thomas No. 2 enthielt 80,74 Proc. Feinmehl, im ganzen Thomas war citratl. P a O 5 13,15 Proc. - Feinmehl - - - 14,17 - Grobmehl - - - 10,37 - feingem. Grobmehl - 13,40 Thomas No. 3 enthielt 81,78 Proc. Feinmehl, im ganzen Thomas war citratl. P 2 O 5 16,32 Proc. - 'Feinmehl . . . 17,37 - Grobmehl - - - 11,35 - feingem. Grobmehl - - - 15,94 Aus diesen Zahlen geht, was ja eigent- lich selbstverständlich ist, hervor, dass die Wagner'sche Lösung aus dem Feinmehl mehr Phosphorsäure aufnimmt, wie aus dem Grobmehl, andererseits aber auch, wie No. 2 und 3 zeigen, dass das Grobmehl, wenn es fein gemahlen wird, ebenso viel und mehr Phosphorsäure an die Wagner'sche Lösung abgibt, als das ganze Mehl, und dass es der Fabrikanten eigenstes Interesse ist, mög- lichst fein zu mahlen, denn bei Thomas- mehlen, wie sie häufiger in den Handel kommen mit nur 60 bis 70 Proc. Feinmehl und darunter, dürfte das schon ins Gewicht fallen. Über die Sauerstoffaufnahme trocknender Öle. Von Dr. Max Weger. Gelegentlich einer kritischen Besprechung einiger bei der Untersuchung von Firniss üblichen bez. vorgeschlagenen Methoden habe ich auch der Bestimmung der Sauerstoff- aufnahme ein paar Worte gewidmet (Chem. Rev. 1897, 315) und die Gründe ange- deutet, aus denen ein von Dr. R. Kissling vorgeschlagenes Verfahren keine Aussicht haben kann, für Praxis oder Theoiie ver- werthbare Resultate zu geben. Kissling versucht nun in No. 16 dieser Zeitschrift, sein Verfahren zu rechtfertigen und versucht gleichzeitig hiermit eine Ver- urtheilung derjenigen Methode zu verbinden, welche ich, da sie wenigstens im Princip einwandfrei ist, als am zweckmässigsten em- pfohlen hatte, für den Fall, dass man über- haupt in dieser Richtung auf dem Gebiete der Firnisschemie quantitativ arbeiten will. Besagtes Vorgehen Kissling's zwingt mich zu einigen Worten der Entgegnung. Einer chemischen Untersuchung können zweierlei Motive zu Grunde liegen. Entweder die Untersuchung wird unternommen, um den Gebrauchswerth einer Waare zu be- stimmen. Dann muss die benutzte Methode möglichst geringe Anforderungen an Geschick- lichkeit, Kosten und besonders an Zeit stellen, sie soll ein möglichst genaues, braucht aber meist kein absolut genaues Resultat zu geben. Oder die Untersuchung ist eine rein wissenschaftliche und wird

Über die Sauerstoffaufnahme trocknender Öle

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490 Passon: Thomasmehl.[" Zeitschrift fUrLangewandte Chemie.

im Feinmehl in geringerer Menge vorhandenwar als im Grobmehl, -während man zu-nächst das Umgekehrte vermuthen musste.

Jedoch erklärt sich diese scheinbar ab-surde Thatsache sehr leicht und plausibelin der Weise, dass die Wagner'sche Lösungaus den feinen Bestandtheilen des Thomas-mehles, ohne sie ganz zu lösen, zunächsteben mehr Phosphorsäure herauslöst als ausden groben, und dass dieses Residuum dergroben Theile, nachdem sie durch die ersteExtraction mürbe geworden, erst bei derzweiten energisch von der Lösung in An-griff genommen werden, und zwar so voll-kommen, dass selbst aus dem fein zerstos-senen Grobmehl nun keine nennenswertheMenge Phosphorsäure mehr gelost wird alsaus dem unzerkleinerten Grobmehl.

Der Gehalt des zermahlenen Grobmehlesmit 7,58 Proc. citratlöslicher Phosphorsäurescheint mir besonders gut für Vegetations-versuche geeignet. Was aber dabei auchherauskommen mag, so glaube ich dochnicht, dass es die Wagner 'sche Theorieirgendwie beeinflussen kann. Folgende Über-legung führt mich dazu. Nehmen wir an,diese Phosphorsäure ist absolut wirkungs-los, dann würde die Wirkung der Thomas-mehle mit dem ersten Extract definitiv be-grenzt sein. Wirkt dagegen das extrahirteThomasmehl nach Maassgabe der nun wiedercitratlöslichen Phosphorsäure, dann hättenwir in der Wagner'sehen Lösung erst rechtwieder ein Reagens, um auch die Nachwir-kung des Thomasmehles analytisch festzu-legen.

Und nur der Fall, dass das extrahierteThomasmehl sehr gut, etwa nach Massgabeseiner Gesammtphosphorsäure vegetativ inWirksamkeit träte, gäbe zu denken.

Andererseits kann man wohl auf diesenrein analytischen Studien basirend annehmen,dass eine nennenswerthe Nachwirkung nochüber das zweite Jahr hinaus selbst beigänzlicher Entziehung einer Phosphorsäure-düngung wohl kaum noch zu erhoffen ist.

Gelegentlich dieser Arbeit untersuchteich auch drei andere von einander verschie-dene Thomasmehle auf ihren Gehalt an citrat-löslicher Phosphorsäure im Grob- und Fein-mehl.

Thomas No. 1 enthielt 86,56 Proc. Feinmehl,im ganzen Thomas war citratl. P-ß$ 5,58 Proc.- Feinmehl - 5,94- Grobmehl - 4,44

Thomas No. 2 enthielt 80,74 Proc. Feinmehl,im ganzen Thomas war citratl. PaO5 13,15 Proc.- Feinmehl - - - 14,17- Grobmehl - - - 10,37- feingem. Grobmehl - 13,40

Thomas No. 3 enthielt 81,78 Proc. Feinmehl,im ganzen Thomas war citratl. P2O5 16,32 Proc.- 'Feinmehl . . . 17,37- Grobmehl - - - 11,35- feingem. Grobmehl - - - 15,94

Aus diesen Zahlen geht, was ja eigent-lich selbstverständlich ist, hervor, dass dieWagner 'sche Lösung aus dem Feinmehlmehr Phosphorsäure aufnimmt, wie aus demGrobmehl, andererseits aber auch, wie No. 2und 3 zeigen, dass das Grobmehl, wenn esfein gemahlen wird, ebenso viel und mehrPhosphorsäure an die Wagner'sche Lösungabgibt, als das ganze Mehl, und dass esder Fabrikanten eigenstes Interesse ist, mög-lichst fein zu mahlen, denn bei Thomas-mehlen, wie sie häufiger in den Handelkommen mit nur 60 bis 70 Proc. Feinmehlund darunter, dürfte das schon ins Gewichtfallen.

Über die Sauerstoffaufnahmetrocknender Öle.

Von

Dr. Max Weger.

Gelegentlich einer kritischen Besprechungeiniger bei der Untersuchung von Firnissüblichen bez. vorgeschlagenen Methoden habeich auch der Best immung der Sauerstoff-aufnahme ein paar Worte gewidmet (Chem.Rev. 1897, 315) und die Gründe ange-deutet, aus denen ein von Dr. R. Kiss l ingvorgeschlagenes Verfahren keine Aussichthaben kann, für Praxis oder Theoiie ver-werthbare Resultate zu geben.

Kiss l ing versucht nun in No. 16 dieserZeitschrift, sein Verfahren zu rechtfertigenund versucht gleichzeitig hiermit eine Ver-urtheilung derjenigen Methode zu verbinden,welche ich, da sie wenigstens im Principeinwandfrei ist, als am zweckmässigsten em-pfohlen hatte, für den Fall, dass man über-haupt in dieser Richtung auf dem Gebieteder Firnisschemie quantitativ arbeiten will.

Besagtes Vorgehen Kiss l ing ' s zwingtmich zu einigen Worten der Entgegnung.

Einer chemischen Untersuchung könnenzweierlei Motive zu Grunde liegen. Entwederdie Untersuchung wird unternommen, umden Gebrauchswer th einer Waare zu be-stimmen. Dann muss die benutzte Methodemöglichst geringe Anforderungen an Geschick-lichkeit, Kosten und besonders an Zeitstellen, sie soll ein mögl ichst genaues,braucht aber meist kein absolut genauesResultat zu geben. Oder die Untersuchungist eine rein wissenschaft l iche und wird

Jahrgang 1898. "1Heft 21. 24. Hai 1898.J Weger: Saueritoffaufnabme trocknender Öle. 491

vorgenommen, chemische Vorgänge klarzu-legen. Dann ist Zeit, Apparatur und GeldNebensache, und der Hauptwerth ist auf dieGenauigkeit der Methode zu legen. In beidenFällen aber — so selbstverständlich es auchist, darf es hier doch nicht unerwähnt bleiben— müssen die. vermittels der Untersuchungerhaltenen Formeln oder Zahlen in irgendeiner Weise factisch einen Rückschluss ent-weder auf die Güte der Waare oder auf dieArt des zu ergründenden chemischen Vor-gangs ermöglichen; andernfalls ist die Unter-suchung überflüssig und man hat, wie derVolksmund sagt, leeres Stroh gedroschen.

Ein Untersuchungsverfahren muss alsoentweder technischen oder wissen-schaft l ichen Werth haben.

Das Kissling'sche Verfahren hat aberweder technischen noch wissenschaft-l ichen Werth, und zwar hauptsächlich des-halb, weil Kiss l ing nicht angibt, welcheSchlüsse man aus den damit erhaltenenZahlen ziehen soll und kann. Es ist auchnicht der Reiz der Neuheit oder Originalitätvorhanden, der für diese Mängel entschädigenkönnte, denn hätte Herr Dr. Kiss l ing seineBlicke in die Vergangenheit schweifen lassen,so würde er die Entdeckung haben machenkönnen, dass Cloez bereits 26 Jahre früherauf dieselbe Idee kam, dass aber auch schon24 Jahre vor der Wiedergeburt 'des Ver-fahrens dasselbe unter ausführlicher Angabeder Gründe verworfen wurde, und zwar vonMulder (Chemie der austrocknenden ÖleS. 127 und 128), einer Autorität, die freilichE i s s l i ng begreiflicher Weise in diesem Falleanzuerkennen nicht geneigt ist.

Da sich nun die letzte Abhandlung Kis's-ling's nicht an Mulder 's , sondern an meineAdresse wendet, sehe ich mich genöthigt, daseben gefällte absprechende Urtheil etwasnäher zu begründen.

Fragen wir zunächst: hat man es bei derKissling'schen Ermittlung der Sauerstoff-aufnahme t rocknender Öle mit einer tech-nischen Untersuchung behufs Werthbestim-mung oder mit einer wissenschaftlichen For-schung zu thun? Nach Chemzg. 1896, 34und dieser Z. f. angew. Chemie 1898, 361beabsichtigt der Urheber ohne Zweifel daserstere.

Kiss l ing schlägt also vor, die „Oxyda-tions- bez. Verharzungsfähigkeit" trocknenderÖle dadurch zu bestimmen, dass man dieselbenin dicker Schicht unter gleichen Bedingungender Einwirkung der Luft aussetzt' und danndie Gewichtszunahme ermittelt. Zu welchemZeitpunkte aber die Sauerstoffaufnahme be-stimmt werden soll, bez. wie oft, das wirddem Belieben des Einzelnen überlassen. Was

man ferner mit den auf diese Weise müh-sam erhaltenen Zahlen anfangen soll undkann, in welcher Weise sie einen Maass-stab für den Gebrauchswert eines trocknen-den Öles abgeben sollen und können, daserfahren wir ebenso wenig wie eine Defini-tion dessen, was E i s s l i ng eigentlich unter„Oxydationsfähigkeit" verstanden wissen will.Soll dies Wort ein Ausdruck für die Grosseoder für die S c h n e l l i g k e i t der Sauerstoff-aufnahme sein? Ist ein Öl „oxydations-fähiger" als das andere, wenn es in einerbest immten Zeit mehr Sauerstoff auf-nimmt oder im Ganzen mehr aufnimmt,oder wenn es ein bestimmtes Quantum schnel-ler aufnimmt? Das ist, wie wir später sehenwerden, ein sehr wesentlicher Punkt. Wofürsoll der unklare Ausdruck „Oxydationsfähig-keit" ein Maasss tab sein, für schnellesTrocknen, für hartes Trocknen, für Dauerhaf-tigkeit des Anstrichs? Nehmen wir das Nächst-liegende an: für Schnelligkeit des Trocknensim Allgemeinen, und lassen wir es vor derHand dahingestellt, ob die „Oxydationsfähig-keit" d i rec t oder umgekehr t proportionalder Trockendauer ist.

Was aber hat es denn für einen Zweck,Leinöl, „gekochtes Leinöl" oder Firniss zurPrüfung auf Trockenzeit 10 Tage oder gar25 Tage lang täglich zu wiegen, oder auchnur 10 Tage zu warten und einmal zu wiegen?Und das soll ein einfaches Mittel sein!Sollte es, vielleicht mit Ausnahme eines ge-wissen norddeutschen Untersuchungsamtes,irgendwo ein Institut geben, welches Leinöleoder Leinölfirnisse in dieser Weise aufTrockenfähigkeit prüft? Ausser dem ebenerwähnten norddeutschen Untersuchungsamtdürfte schwerlich jemand auf die Idee ver-fallen , dem Autor die ungestörte Benutzungdieser Methode streitig zu machen, denn dergewöhnliche Durchschnittsmensch, der mitFirniss zu thun hat, wird denselben entwedermit dem Finger oder mit dem Pinsel aufGlas-, Porzellan- oder Metallplatten in dünnerSchicht, der Praxis entsprechend, aufstreichenund sich im Laufe des Tages durch mehr-maliges Aufdrücken des Fingers überzeugen,wann und wie derselbe trocknet. Ist er in20 Stunden nicht trocken, so wird er in denmeisten Fällen zu beanstanden sein, jedenfallshat man nach weiteren 10 Stunden ein sicheresUrtheil. Für gewöhnlich kommen weit kürzereZeiten in Betracht. Nur bei rohen Leinölenhat man mit einer Trockendauer von etwa5 Tagen zu rechnen, wenn man nicht vor-zieht, durch genau normirten Siccativzusatzdieselbe zu verringern.

In dieser Weise führt der Firniss- undLackfabrikant und der Maler die Unter-

492 Weger: Sauerstoflaufnabme trocknender öle. r Zeltschrift ftlrLangewiindte Chemie.

suchung aus. Nur nennt er es nicht „Ermitt-lung der Oxydations- bez. Verharzungsfähig-keit", sondern „Trockenprobe".

Doch man kann die Sauerstoffaufnahmeauch noch von einer anderen Seite betrachten,die freilich schon mehr zu Punkt 2, zur•wissenschaftlichen Untersuchung gehört, dieaber doch auch für den Praktiker von In-teresse sein könnte.

Früher stellte man Firniss („gekochtes01") ausschliesslich auf die Weise dar, dassman dem Leinöl auf mehr oder minder zweck-mässige Art ein Trocken mitte!, meist Glätteoder Braunstein, bei sehr hoher Temperaturincorporirte. Man hatte ganz unklare Vor-stellungen über den Vorgang der Firniss-bildung, glaubte, dass in erster Linie das„Kochen" d. h. das hohe Erhitzen der Schwer-punkt der Manipulation sei, und legte dersteten Erneuerung der Oberfläche, also demLuftzutritt, nur geringe Bedeutung bei. Inneuerer Zeit bereitet man Firniss vielfach,wenn auch nicht ausschliesslich, auf dieWeise, dass man vor dem Siccativzusatz dieLuft energisch einwirken lässt, indem mansie durch das 01 presst.

Man bezweckt einestheils damit, das Ölzu bleichen, andererseits will man dasselbezum schnelleren Trocknen prädisponiren, in-dem man einen Theil der Sauerstoffzufuhr,die das Öl beim Trocknen erleiden muss,schon vorher von Statten gehen lässt.

Auch siccativfreies geblasenes Leinölkommt (freilich nicht unter dieser Bezeich-nung) im Handel vor.

Weiss man nun, dass rohes Leinöl beimTrocknen sagen wir x Procent Sauerstoff auf-nimmt, „gekochtes Öl" y Procent, und findetman bei einem Handelsfirniss oder -Öl eine umso und soviel Procent geringere Aufnahme,so würde man vielleicht hieraus einen Schlussauf die Herstellungsart des Firnisses bez.die mit dem Öle vorgenommenen Manipula-tionen ziehen können, insofern, als ein sol-cher Firniss bez. Öl schon mit Sauerstoffbehandelt war, also einen geblasenen Firniss,ein geblasenes Öl vorstellt, welches infolgedieser Darstellung bez. Behandlung bei derpraktischen Verwendung z. B. in der Lack-fabrikation voraussichtlich die und die guteaoder schlechten Eigenschaften zeigen wird.Es könnte freilich in Bezug auf die Mengedes noch aufzunehmenden Sauerstoffs dieGegenwart eines nicht t rocknenden Ölesdenselben Effect haben, wie die von gebla-senem Öl; deshalb muss gleichzeitig dieTrockendauer bestimmt werden. Man würdeaber, wenn man unter „Oxydationsfähigkeit"die Quantität des aufzunehmenden Sauerstoffsverstehen will, unter Umständen zu dem

Resultat gelangen, dass Oxydationsfähigkeitund Trockenzeit bei reinen Producten um-gekehr t proportional sind.

Vor allem ist aber zuvörderst nachzu-weisen, wie sich die verschiedenen Leinöl-sorten in Bezug auf Sauerstoffabsorptionverhalten, welchen Einfluss also die geringeVerschiedenheit ihrer chemischen Zusammen-setzung ausübt, ferner, welchen Einfluss dasErhitzen unter verschiedenen Bedingungenund der Zusatz von Siccativ hat. Es ist,und hiermit kommen wir zur rein wissen-schaftlichen Forschung, weiter nachzuweisen,ob die Sauerstoffabsorption, die beim Ein-blasen stattfindet, in genau derselben Rich-tung verläuft, wie die Aufnahme beim Ein-trocknen in dünner Schicht. Wenn alsobeim Trocknen in dünner Schicht ein rohesLeinöl oder ein Firniss z. B. 15 Proc. Sauer-stoff absorbirt, wird dann ein Öl oder Firniss,dem zuvor 5 Proc. Sauerstoff durch Einblasenincorporirt sind, beim Trocknen nur noch10 Proc. oder auch 15 Proc. oder eine da-zwischenliegende Menge aufnehmen? Wie weitist die Sauerstoffaufnahme eine Addition ander doppelten Bindung, und wo fängt dieeigentliche Oxydation an? Welches ist derZusammenhang zwischen Jodzahl und Sauer-stoffaufnahme? Ist die Entstehung von Neben-producten abhängig von der Art der Sauer-stoffeinwirkung? u. s. w.

Könnte über diese Verhältnisse das Kiss-ling'sche Verfahren Aufschluss geben, sohätte es, auch wenn jeder Versuch 14 Tagedauerte, für wissenschaftliche Forschung In-teresse, und sogar der Technik wäre fürgewisse Fälle, z. B. zur Erkennung geblasenerÖle und Firnisse, gedient.

Das Kiss l ing ' sche Verfahren kannes keineswegs; wohl aber wird das vonmir empfohlene oder das im Princip ähn-liche von Livache sicherlich über einige,vielleicht über alle jene Verhältnisse Auf-klärung verschaffen können.

Das Kissling'sche Verfahren ist nichteinmal für diese Zwecke, bei denen Zeit-dauer der Untersuchung keine Rolle spielt,verwerthbar, weil die Einwirkung des Sauer-stoffs unter den obwaltenden Versuchsbe-dingungen in absehbarer Zeit nicht zu Endegeführt wird. Die entstehende Haut schliesstdie darunterliegenden Schichten mehr oderweniger von der weiteren Reaction ab, undzwar geschieht dies bei verschiedenen Fir-nissen bez. Ölen nach verschieden langer Zeit.Man hat es also zu thun mit vollständigumgeändertem, fest gewordenem Öle oben,weniger, aber vom diffundirenden Sauerstoffdoch etwas angegriffenem Öle darunter undmit vielleicht ganz unverändertem Öle am

Jahrgang 1898. "|Heft 21. 84. Mai 1898.J Weger: Sauerstoffaufnahme trocknender Öle. 493

Boden des Uhrglases. Soll man Schlüsseziehen aus Untersuchungen, bei denen nurein Thei l der Substanz, dessen Grosseüberdies unbekannt ist, in das Endproductübergeführt wird, während der andere mehroder weniger im Anfangsstadium bleibt?

Aber man kann wenigstens vergleichendeVersuche ausführen, erwidert K i s s l i n g !Auch das nicht oder nur in ganz beschränktemMaasse, da die Versuchsbedingungen nurkurze Zeit gleichbleiben. Denn sowie sichdas Häutchen über dem einen der zu ver-gleichenden Öle zu bilden anfängt, wird beifortwährend sich verringernder Oberflächedie Sauerstoffzufuhr nach und nach völligabgeschnitten, während sie bei dem anderennoch weiter geht. Man müsste also dieGewichtsbestimmungen vornehmen, ehe sichdas Häutchen bildet. Dies lässt sich aberwieder nicht in allen Fällen durchführen,da schnell trocknende Firnisse bei der Ki s s -ling'schen Versuchsanstellung in' wenigerals 2 Tagen Haut bilden können, Holzöl-firnisse schon in wenigen Stunden. Hierzukommt, dass die Sauerstoffaufnahme, wieMulder schon nachgewiesen hat, nicht pro-portional der Zeit ist, sondern wächst.Ein langsam trocknendes Öl wird alsonicht eine verhältnissmässig, sondern unver-bältnissmässig geringere Menge Sauerstoffaufgenommen haben, als ein nach derselbenAnzahl von Tagen vor Eintritt der Haut-bildung gewogenes, schneller trocknendes Öl.

Am wenigsten kann man aber aus denResultaten der auf diese Weise angestelltenVersuche ein Urtheil über die praktischeVerwendbarkeit der betreffenden Öle dedu-ciren, da auch lange vor Eintritt der Haut-bildung die Sauerstoffaufnahme in dickerSchicht thatsächlich anders verläuft als indünner, der Praxis entsprechender, insofernals bei gleicher Oberfläche die dicke Schichtnicht nur eine relativ, sondern sogar eineabsolut geringere Gewichtszunahme zeigt alsdie dünne.

Wie es ganz naturgemäss und von jeherüblich ist, ein zu prüfendes Öl bez. Firnissdünn auf Tafeln zu streichen und die Trocken-zeit dieses Aufstriches zu ermitteln, so musstees ebenso naheliegend erscheinen, auch dieGewichtszunahme durch diese der Praxisentsprechende Versuchsanstellung zu ermit-teln.

Dies Verfahren ist, wie ich aus Privat-mittheilungen weiss, mehrfach vor mir undnach mir benutzt worden, doch sind ausserden kurzen Angaben Spennrath's(Chemischeund physikalische Untersuchung der gebräuch-lichen Eisenanstriche) meines Wissens bisherkeine Resultate in die Öffentlichkeit gelangt.

Der Firniss ist bei dieser Versuchsan-stellung innerhalb 24 Stunden trocken, dasLeinöl in 5 Tagen. Im Gewicht tritt ziem-lich gleichzeitig mit dem Trocknen Constanz,wenigstens für einige Zeit ein. Sicherlichgehen auch währenddessen im Firnisshäut-chen chemische Processe von Statten; sieoffenbaren sich später durch eine Gewichts-abnahme und führen schliesslich, freilicherst nach Jahren, zu einer vollständigen Zer-störung des Anstriches.

Bei dieser Versuchsanstellung bildetdas Häutchen kein Hemmniss für die Sauer-stoffaufnahme des darunter befindlichen Öles,weil eben kein solches da ist, sondern allesaus Häutchen besteht. Man hat beim Ver-such ein homogenes Endproduct, welchesselbst, ebenso wie sein Entstehungsproces3,den Verhältnissen der Praxis vollständigentspricht. Der geringe Aufwand an Zeit,welchen die Ausführung des Verfahrens er-fordert, würde sogar eine Verwerthung des-selben für die Praxis ermöglichen, wenn nichtdie noch einfachere Fingerprobe ein meistebenso ausreichendes, jedoch noch bequemeresVerfahren wäre. Für Leute, die durchausquantitativ arbeiten wollen und die Finger-probe als subjectiv ansehen, was sie ja ingewissem Grade auch ist, ferner eventuellfür den Nachweis der Herstellungsart wirdaber dies Verfahren vielleicht ein willkom-menes Hilfsmittel abgeben. Zum mindestenkann man damit erforschen, welches der Zu-sammenhang zwischen Antrocknen bez.Durcht rocknen , H a r t t rocknen und Sauer-stoffaufnahme ist, d. h. wie weit der Paralle-lismus dieser geht, welche Beziehungenzwischen Jodzahl und Sauerstoffaufnahmebestehen, welchen Einfluss Wärme undSiccativhat u. s. w.

Im Laboratorium der chemischen FabrikDr.F.Wilhelmi wurden bereits vor 12 Jahrenviele Versuche nach diesem Verfahren an-gestellt. Ich bin .seit einiger Zeit mit derWiederholung und Erweiterung derselbenbeschäftigt und hoffe, bald wenigstens übereinige der eben erwähnten Punkte Aufschlussgeben zu können.

[Sehluss folgt.]

Brennstoffe, Feuerungen.Acety lenen twick le r . Nach F. Ber-

nard , P. Deca i l leo t und J. M. Thual(D.R.P. No. 96 771) wird die Wasserzufuhrzum Garbid durch ein Schöpfrad geregelt,welches durch einen in die Gebrauchsleitungeingeschalteten Gasmesser in Bewegung ge-setzt wird.