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Aus dem Pharmakologischen Institut tier ~edizinisehen Akademie zu Keijo. Uber die Ver~nderungen der Elektrophfinomene am Zentralnervensystem bei Athernarkose. Von Prof. Dr. Bun-ichi Hasama. Nfit 3 Textabbildungen. (Eingegangen am 22. VI. 1935.) Kfirzlich gelang es mir 1, bei Kaninchen dig Hirnrindenerregung, die bei Applikation von Pikrotoxin Gintritt, im Aktionsstrombild abzuspiegeln. DiGs legt die Annahme nahe, dag umgekehrt die Hirnrindenl~hmung bei -4~thernarkose saitengalvanometriseh beobaehtet werden kSnnte. Bekannt- lieh haben die Narkotiea der Fettreihe einsehlieftlieh Ather wie ein doppel- sehneidiges Sehwert Wirkung in zwei Riehtungen: erst pranarkotisehe Erregung, dann narkotisehe Lg,hmung und sehliel?lieh wieder post- narkotisehe Erregung. Au.aerdem wird allgemein angenommen, dal3 die Reihenfolge, in der die versehiedenen Teile des Zentralnervensystems naeheinander narkotisiert werden, indirekten Beobaehtungen zufolge zuerst die Groghirnrinde, dann das Ritekenmark und sehliel]lieh die Medulla oblongata sein mug. Vorliegende Arbeit soll hauptsgehlieh untersuehen, wie die Grol3hirnrinde sigh bei den erwShnten drei Phasen der Wirkung des "d~thers bioelektriseh verhglt. Es gilt Ierner saitengalvanometriseh zu priifen, 1. unter welehen Erscheinungen die drei verschiedenen Haupt- teile des Zentralnervensystems (Grol3hirn, Medulla oblongata und Rt~eken- mark) durGh '~ther narkotisiert werden und 2. wie sieh an ihnen die Reihen- fo!ge des -a~therangriffs gestaltet - ob yon oben naeh unten in eingehaltener oder, wie bisher angenommen, in durehbroehener Reihenfolge. Ein soleher Versueh, die Wirkung der Narkotiea im bioele~rischen Bild abzuspiegeln, bewegt sieh noeh auI v511igem Neuland, seheint aber auf den ersten Blick hSchst interessant und vielverspreehend. Methodik. 1. Blofllegung tier Ableitungsstellen. Als Ableitungsstelle der Elektroph/~nomene habe ich bei Versuchstieren - - Kaninehen -- die GroBhirnrinde, die l~autengrube der Medulla oblongata und die dorsale Fliiehe des t/iiekenmarks in der HShe des IV. oder V. Halswirbelknoehens blol3gelegt. Das Daeh der Seh~idelknoehen wurde wie fiblieh entfernt, die Dura er6ffnet und die Rindenfelder an der dorsalen Fl~che einer GroBhimhemisph~re blol3gelegt. Dann wurde an der Suboecipitalgegend I4autsehnitt ausgefiihrt, 1 Hasama, B.: Arch. f. exper. Path. 177, 578 (1935).

Über die Veränderungen der Elektrophänomene am Zentralnervensystem bei Äthernarkose

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Aus dem Pharmakologischen Institut tier ~edizinisehen Akademie zu Keijo.

Uber die Ver~nderungen der Elektrophfinomene am Zentralnervensystem bei Athernarkose.

Von

Prof. Dr. Bun-ichi Hasama.

Nfit 3 Textabbildungen.

(Eingegangen am 22. VI. 1935.)

Kfirzlich gelang es mir 1, bei Kaninchen dig Hirnrindenerregung, die bei Applikation von Pikrotoxin Gintritt, im Aktionsstrombild abzuspiegeln. DiGs legt die Annahme nahe, dag umgekehrt die Hirnrindenl~hmung bei -4~thernarkose saitengalvanometriseh beobaehtet werden kSnnte. Bekannt- lieh haben die Narkotiea der Fettreihe einsehlieftlieh Ather wie ein doppel- sehneidiges Sehwert Wirkung in zwei Riehtungen: erst pranarkotisehe Erregung, dann narkotisehe Lg,hmung und sehliel?lieh wieder post- narkotisehe Erregung. Au.aerdem wird allgemein angenommen, dal3 die Reihenfolge, in der die versehiedenen Teile des Zentralnervensystems naeheinander narkotisiert werden, indirekten Beobaehtungen zufolge zuerst die Groghirnrinde, dann das Ritekenmark und sehliel]lieh die Medulla oblongata sein mug. Vorliegende Arbeit soll hauptsgehlieh untersuehen, wie die Grol3hirnrinde sigh bei den erwShnten drei Phasen der Wirkung des "d~thers bioelektriseh verhglt. Es gilt Ierner saitengalvanometriseh zu priifen, 1. unter welehen Erscheinungen die drei verschiedenen Haupt- teile des Zentralnervensystems (Grol3hirn, Medulla oblongata und Rt~eken- mark) durGh '~ther narkotisiert werden und 2. wie sieh an ihnen die Reihen- fo!ge des -a~therangriffs gestaltet - ob yon oben naeh unten in eingehaltener oder, wie bisher angenommen, in durehbroehener Reihenfolge. Ein soleher Versueh, die Wirkung der Narkotiea im bioele~rischen Bild abzuspiegeln, bewegt sieh noeh auI v511igem Neuland, seheint aber auf den ersten Blick hSchst interessant und vielverspreehend.

Methodik. 1. Blofllegung tier Ableitungsstellen.

Als Ableitungsstelle der Elektroph/~nomene habe ich bei Versuchstieren -- Kaninehen -- die GroBhirnrinde, die l~autengrube der Medulla oblongata und die dorsale Fliiehe des t/iiekenmarks in der HShe des IV. oder V. Halswirbelknoehens blol3gelegt. Das Daeh der Seh~idelknoehen wurde wie fiblieh entfernt, die Dura er6ffnet und die Rindenfelder an der dorsalen Fl~che einer GroBhimhemisph~re blol3gelegt. Dann wurde an der Suboecipitalgegend I4autsehnitt ausgefiihrt,

1 Hasama, B.: Arch. f. exper. Path. 177, 578 (1935).

Ver~nderungen der ElektrophSnomene am Zentralnervensystem. 235

st6rende Muskeln reseziert, um den I. und II. Halswirbelknochen freizulegen, dessen dorsaler Tell mit einem TeiI des Hinterhauptsbeines vorsichtig entfernt wurde. Die nun bloggelegten Hirnhiiute wurden erSffnet, um die l~autengrube anzu- greifen, wobei das Kleinhirn etwas nach oben weggedriiekt wurde. Dann wurde an der Medianlinie am l~tieken I-Iautsehnitt ausgef~hrt un4 naeh Resektion tier stSrenden Muskeln 4er dorsale Tell des IV. und V. Halswirbelknoehens reseziert; die dorsale Flache des l~(iekenmarks wurde so zugfinglieh. Die bloggelegten Hirn- teile wurden zweekdienlieh erws und befeuehtet.

2. Ableitnngselektroden,

Es wurden unpolarisierbare Zn-ZnSO4-Ton-Elektroden benutzt, deren jede in ein mit RingerlSsung befeuchtetes \Vollf~dchen auslief. Die Elektrophiinomene wurden monophasisch abgeleitet; die eine differente Elektrode lag auf einem be- tiebigen Hi~rnteil, yon wo manElektroph~nomene ableiten wollte, die andere indiffe- rente auf einem indifferenten rasierten befeuehteten Teil der Kopfhaut. Bei Ab- leitung der Elektroph~nomene wurde der Kopf besonders stark fixiert, zur Ver- meidung der sonst bei J~ther~nhalation infolge der Kopfbewegung manehmat auf- tretenden Verschiebung der Elektroden gegen die Ableitungsstelle.

3. Galvanometer.

Dcr Galvanometer (Cambridge-Siodell) wurde mit den Elektroden so verbun4en, dal3 die Negativitfit der differenten Elektrode Aussehlag nach oben gab. Die Emp- findlichkeit des Galvanometers betrug bei Einftthrung der Elektroden un4 des Versuehstieres in den Stromkreis und bei 1 m I%egistrierabstand 2 cm ftir 1 Millivolt. Die Elektrophiinomene wurden auf die Troekenplatte photographiert, die bei Aufnahme in der Kamera automatiseh nach unten abfiel.

Der Bequemlichkeit halber habe ieh das Stadium der Narkose, entspreehend dem klinisch allgemein gebrauehten Schema des Narkosenablaufs, in Exzitations-, Toleranz- und I/:ollapsstadium eingeteilt.

Vers uchsergebnisse.

1. Bei Vermeidung yon .~therinhalation.

An der Grol3hirnrinde beobachtete ich fast iiberall periodische spontane Potentialschwankungen, die individuell verschieden waren. Sic waren aueh am selben Individuum zeitlich nicht gleich. Der Rhythmus dieser Schwankungen entsprach nieht dem der Pulsation bzw. der Atmung. Die Intensit~t und der Rhythmus der Schwankungen schienen je nach der Stelle der Grol3hirnrinde verschieden. Beziehungen zwischen dieser Potentialschwankung und einem best immten Sinnesreiz waren nieht often- bar. Die elektrisehen Sehwankungen sind wahrscheinlieh das elektro- motorisehe Zeichen der die Groghirnrinde entladenden corticofugalen motorischen oder eortieopetalen sensiblen Erregungen. Ich neige zur letzteren Annahme, well verschiedene Sinnesreize dauernd aui das Tier einwirken. Also sehlage ieh vor, das hierbei erzielte Elektrogramm als , ,Elektroeort icogramm" zu bezeichnen (Abb. l a).

Auch yon der P, autengrube iiberall konnte ich, selbst bei Reizruhe, Elektroph~inomene ableiten, die individuell verschieden waren. Die Potentialschwankung bestand manchmal aus Hauptwellen und den letzteren

2 3 6 B. HASAMA :

unregelm~i~ig aufgese~zten Nebenwellen. Die Potentialschwankungen schienen je nach den Ableitungsstellen verschieden zu sein. Besonde~s am Calamus scriptorius entsprach bisweilen des Rhythmus der Potential-

a b

c d e

Abb. 1. Elekt rocor t ieogramm; a) vor Inhalat ion des Athers ; b) beim Exzi ta t ionss tadium ; c) beim Toleranzs tadium; d ) k u r z ngeh Erwachen ; e) einige Zeit nach Erwachen . Die Aktionsstr(ime sind yon der f rontalen Rindenregion und yon einem indifferenten Tell der Kopfhaut abgeleitet .

Zei tmarken 1]~ Sek.

a b

d e

Abb. 2. E lek t rosp inogramm. ~) "4or Inhala t ion des Athers ; b) beim Exzit~tionssC~dium~ c) beim Toleranzs tadium; d) kurz nach E rwachen ; e) einige Zeit nach Erwachen . Die AktionsstrSme sind yon der dorsalen Fli~che des l~itckenmarks in tier Hiihe des u Ea lswirbeIknochens und yon

einem indifferenten Tell der Kopfhaut abgeleitet. Zei tmarken 1/2 Sek.

schwankung dem der Atmung. Es ira gt sich, wovon sind die Potential- schwankungen an der Rautengrube wohl der A usdruck? Bekanntlich existieren an der Rauten~ube, und zwar dicht unterhalb ihrer Oberfl~che,

Veri~nderungen der E lek t roph~nomene a m Zen t r a lne rvensys t em. 237

die Kerne versehiedener I{irnnerven, z.B. des Vagus, des Hypoglossus and des Faeialis. AuBerdem finder Kontrolle start: 1. der vegetativen Funktionen, an der Medulla oblongata, besonders dicht unterhalb ihrer Oberfl-gehe; 2. der Atembewegung, vielleieht am Calamus seriptorius. Also wSren woh! die Potentialsehwankungen der elel~romotorische Aus- druek der gesamten medullopetalen oder medullofugalen Erregungen, die die lgautengrube entladen. Daher schlage ieh vor, die hierbei gewonnene Kurve als ,,Elek*romedullogramm" zu benennen (A_bb. 3a). Bestimmte Beziehungen zwisehen der Lokalisation der Ableitungsst.etle und dem Schwankungsbild waren nicht sieher ieststellbar.

a b

e d e Abb. 3. Elektromedullogramm. a) vor Inhalation des Xthers: b) beim Exzitationsstadium ; c) beim Toleranzstgdium; d) beim Kollapsstadium; e) kurz nach Erwachen. Die AktionsstrSme sind yon einem Punkt 3 mm oberhalb des Calamus seriptovius und yon einem indifferenten TeiI der Kopf-

haut abgeleitet. Zeitmarken 1/2 Sek.

Auch yon der dorsalen Fl.~che des Rfickenmarks konnte ich schwache rhythmische Potentialsehwankungen ableiten. Diese waren abet schw~eher und weniger frequen~ als die an der Medulla oblongata oder der Grol~hirn- rinde. Sic sind woh] auf die spinopetal fortgeleiteten sensib]en Erregungen zurtickzufiihren, die das Riickenmark entladen, denn bei Reizruhe kSnnen die ganzen sensiblen Sinnesreize nieht absolut ausgeschaltet werden. Die ]?~urve dieser Gesamterseheinung mSehte ieh als ,,Elektrospinogramm" bezeichnen (Abb. 2a). Kitrzlich haben C. U m r a t h und K. U m r a f h 2 vom Rtickenmark des ]h'osehes Aktionsstr5me ableiten kSnnen.

2, Be im E x z i t a t i o n s s t a d i u m ,

Inha l a t i on y o n X the r geschah, indem der Ather wie ttblich auf die Gazemaske ge~r6pfett wurde . A m Anfa, ng der -~thernarkose beob~chtete m~n die beka.nnten sogenann ten Exz i t a t i onse r sehe inungen - - die p rgnarko t i sche E r r e g u n g - - , die ein

2 U m r a t h , C. u. K. U m r a t h : Pfltigers Arch. 234, 562 (1934).

238 B. HASA~A :

Zustand yon motoriseher Unruhe ist. Es traten n~ratich gesteigerte ~uskelbewegung mit Zunahme des Muskeltonus und der ~igidit~t auf; besonders ersah man zu- genommene Bulbusbewegung. Manchmal sogar traten krampfartige Erseheinungen auf, die schlie~lich zur Erschlaffung fiihrten. Au~erdem fanden Tachykardie und Tachypnoe start.

]~ei diesem Stadium trat Steigerung der Potentialsc.hwankungen eiil stellenweise an der Grofthirnrinde, der Rautengrube und dem Riickenmark, besonde~s abet an der Groithirnrinde zuerst und am starksten. Das Elektro- corticogramm zeigte dabei unregelmg~ige, steile und frequentere Schwan- kungen, wobei auf den gro~en Wellen kleine unregelmai~ig supe~poniert waren (Abb. 1 b). Sparer konnten Beschleunigung und Verst~.rkung einer- seits, Verlangsamung und AbschwSchung andererseits abweehselnd auf- t~eten. Mit Steigerung der Potentialsehwankungen beobachtete ieh manch- real wiederholten A uf- und Abstieg der Grundlinie. Nach mehreren Sehwan- kungen konnte das erhShte negative Potential unter das Initialniveau sinken. Diese Steigerung der Entladung wurde an der ganzen Grol~hh~n- rinde herdweise iestgestellt. Andererseits beobachtete ich aber stellenweise verschiedene Zonen, wo yon Anfar, g an die bestehenden Sehwankungen sieh abschwachten. Diese Zonen waren zwischen den Zonen eingeschaltet, yon wo gesteigerte Potentialschw~nkungen ableitbar waren. Die Zonen gesteigerter Entladung yon verschiedener Intensit~it und die Zonen ab- geschwaehter Entladung auch yon verschiedener Starke durcheinander gemischt. Die erwg~hnten voriibergehenden gesteigerten Potentialsehwan- knngen wurden fraher oder sparer allm~thlich abgeschwa.cht, um schliel]lieb zu verschwinden. Sie sind offenbar auf die gesteigerte Tatigkeit der Grog- hirnrinde, h~upts~iehlich infolge yon direkter Reizwirkung des Xthers auf die Gro~hirnrinde, zuriiekzufiihren; die aui der motorischen bzw. sensori- schen Zone der Gro!.~hirnrinde landende Erregmlg, die gesteigerte Motilitat und Sensation zur Folge h a l steigert die l%fladung. Beim Menschen treten n~mlieh im Anfang der Narkose gesteigerte Motilitg,t und ver- schiedene Halluzinationen auf, die wohl die Entladung steigern. Die herdweise Abschw~ehung der Potentialsehwankungen bedeutet wohl die Herabsetzung der Hirnt~tigkeit -- partie]le Narkotisierung. Aus obigen Resultaten kana man annehmen, daI~ die verschiedenen Rindenteile dabei zum Tell erregend, zum Teil l~hmend angegriffen werden, und zwar je mit verschiedener Intensitiit.

Also entsprieht die Bezeichnung ,,Exzitation" hier nieht einer reinen effektiven Erregung im echten Sinne des Wortes, sondern ist eine scheinbare, d.h. eine Folge der funktionellen Disharmonie, hervorgerufen dttrch partielle Li~hmung an dem einen Teil mit gleichzeitiger Erregung an dem anderen; dean die Abschw~ehung der Elektroph~nomene an der Gro~hirn- ~inde hat dabei einen nieht zu untersch~tzenden Anteil. Ferner mu$ man die sogenannten Exzitationserseheinungen zum Tell auf die Reizung der Rindenregion dutch den dorthin befSrderten :4ther deswegen zuriiekfiih~en,

Vergnderungen der Elektrophgnomene am Zentralnervensystem. 239

weil die Entladung an versehiedenen Rindenregionen hierbei gesteigert wurde. Abet man kSnnte die Exzitation nut der reinen direkten Erregung derGroBhirnrinde nicht zusehreiben. Die sogenannte Exzitationserscheinung, der Zustand der motorisehen Unruhe, besteht also in bioelektriseher Hinsieht aus zwei Teilen, erstens psyehiseher Disharmonie dutch partielle L~hmung uud partielle E.rregung, zweitens aus der Erregung selbst. ])as erinnert an den Rausehzustand bei akutem Alkoholismus, we parf, ielle sensorisehe L~hmung mit gleiehzeitiger motoriseher Erregung Hand in IIand geht,. Wenn man demgegeniiber die Exzitation auf einen m6gliehen Wegfall yon Hemmungsimpulsen ~ zuriJekftihrte, so miif~te dabei keine Steigerung, sondern blog Absehw~ehung der Entladung auftreten, was yon mir abet nie beobaehtet wurde. Auf~erdem muf~ man beim. sogenannten Exzitationsstadium auch den indirekten reizenden Einflu~ des A thers auf die Grol]hirnrJnde infolge yon gesteigertem Blutdruek und Uberventilation durch Atembeschleunignng in Riicksicht nehmen.

Etwas verspgtet gegen den Anfang der Steigerung der Potential- sehwanknngen an der GroL~hirnrinde wurden die Schwank~mgen am Riieken- mark frequent und steil (~a~bb. 2 b), was wohl hauptsgchlich auf die Erregnng zuriickzufiihren ist, die infolge von Reizung dutch-d~ther im Riickenmark selbst entst, eh% oder zum Tell auch auf die Erregung, die yon der exzitierten Gro~.himrinde ausgeht and zum l~iickenmark fortgeleitet wird. Auch am Eleldsromedullogramm beobachtete ich, fast gleiehzeitig mit der Steigerung der Potentialschwa~ungen am Riickenmark, vorfibergehend Frequent- und Steilwerden der einzelnen Wellen (Abb. 3b). Die gesteigerte Schwan- kung ging in ihrem Rh}~hmus bald mit der Atmung, bald mi~ der Pulsation Hand in Hand, bald aber unabhangig yon den beiden; sie ist also nichts anderes als der elektromotorisehe Ausdruek der gesteigerten Tgtigkeit der Medulla oblongata. Bei sp~terem Exzitationsstadium hSrten die Potential- schwankungen an der Grof]hirnrinde fast iiberai1 auf -- Narkotisierung der Grol~hirnrinde; es zeigte das Elektrospinogramm en~weder normale oder etwas abgeschwSchte Schwankungen, w~ihrend das Elektromedullogramm sieh noch in leicht erhShter Steigerung befand.

3. Beim Toleranzstadium.

Nach voriibergehendem Exzitationss~adium geht, wie bek~nnt, die N~rkose zum sogenannten Toleranzstadium iiber. Die gesteigerte Pulsation kehrte wieder zur Ausgangszahl zuriiek. Atemvolumen und -frequer~ kehrten allms zur Norm zuriiek. Die Muskeln wurden bewegungslos und atonisch. Die RefleXe waren geschwunden; das Kaninohen wurde ruhig und au~ ~ul~ere Reize reaktionslos. Der Bulbus wurde mit verkleinerter Pupille wieder ruhig.

Die En~tadung cter Gro~hirnrinde t~Sr~e iiberall volts~ndig auf (Abb. 1 e), gleichzeitig gesehah allmShlieher Abfalt, manehmal abet Anstieg der Grundlinie. Dabei braehten Sinnesreize, wie z..B. kaloriseher Reiz (Er-

3 Killi~n, It. : }~arkose, S. 26. Berlin, Julius Springer, 1934. A r e h i v f. expe r imen t . Pa th . u. P h a r m a k o l . Bd. 179. 16

240 B. HASANA :

w~rmung des KSrpers) an der Groltbirnrinde, nirgendwo Entladung hervor, also war yon nirgendwo mehr Aktionsstrom ableitbar. Ferner wurde dutch Rieehreiz keine Potentialsehwankung an der Rieehslohi~re rnehr hervor- gebraeht -- keine zerebroeortieale Projektion des Sinnesreizes infolge yon vollstgndiger Narkotisierung der Grol]hirnrinde. AufhSren der Entladung yon der GroBhirnrinde hat aueh Berger ~ am Mensehen bei InjeCtion yon Seopolamin oder bei Chlorof.ormnarkose beobaehtet. Etwas versp~itet gegen das vollst~indige AufhSren der Potentialsehwankungen an der Groft- hirnrinde begann aueh das Elektrospinogramm, neben dem allm~ihliehen Absinken bzw. Steigen der Grundlinie, aueh Verlangsamung und Ab- sehwgehung der Entladung zu zeigen, was sehlieftlich zum totalen Sehwund der Oszillation fiihrte. Dabei hSrten Lictor- und Corneal- reflex vSllig aM. Sinnesreize wie z.B. kalorischer tleiz (Erw~irmung des ganzen K5rpers) erweekten dabei nieht mehr die gesehwundene Potentialsebwankung. Dara us ist das Aufh6ren der Potentialsehwan- kungen am Rfiekenmark wohl niehts anderes als das Naehlassen seiner Entladung infolge yon Narkotisierung. Daneben kSnnte man viel, leieht aueh das Naehlassen der aus der Groghirnrinde spinopetal fort- geleiteten Erregung als einen Faktor annehmen, drench welehen das Itfieken- mark nieht entladen wird. Bei dieser Narkotisierung der Grolthirnrinde und des Raekenmarks dauerten die Potentialsehwankungen an der Ilauten- grabe, ebenso wie beim vorangehenden Stadium, noeh fort (Erhaltung der Ti~tigkeit der Medulla oblongata) (Abb. 3e). Im Laule der Narkose zeigten die Potentialsehwankungen an der Medulla oblongata als Effekt der be- ginnenden Narkotisierung eine allm~hliehe A.bsehwiiehung und Ver- langsamnng.

4. Beim Ko|lapsstadium. Weitere Dauer der 2(therinhalation ftihrte schlieBlich zum Kollapsstadium,

wobei enovme Pupillendilatation, Verseiehtung und Unregelm~Bigkeit der Atmung und Abschw~chung der He~zt~tigkeit, manchmal sogar Atem- und Herzstillstand auftraten.

Hierbei win'den die Potentialsehwankungen an der Rautengrube abgesehwaeht, manchmal sogar war yon ihr kein Aktionsstrom mehr ableitbar, Narkotisierung der Medulla oblongata (Abb. 3d). Gleiehzeitig sank das Niveau des Elektromedullogramms allm~hlieh ab, bisweilen abet konnte es allmahlieh aufsteigen. Die Abschwi~ehung der Ent- ladung schien dabei an der ganzen Rautengrube nieht gleiehzeitig zu gesehehen. Ja Zonen der Absehw~ehung waren in einer bestimmten Zeitperiode haufenweise zwisehen Zonen der Erhaltung eingesehaltet. Ab und zu, besonders bei Asphyxie, zeigte die abgesehw~iehte oder sehon gesehwundene Potentiatschwankung eine voriibergehende leiehte Ver- starkung oder Besehleunigung. Aus obigen Resultaten ist ersichtlich, dal~

4 Berger, H.: Arch. f. Psychiatr. 94, 16, (1931).

Vergnderungen der Elektrophgnomene am gentralnervensystem. 241

die R.eihenfolge der Narkotisierung yon oben aaeh unten durehbroehen ist, d .h . entspreehend den folgenden drei Stadien: znerst Groghirn, dann Riiekenmark und sehlieglieh Medulla oblongata betrifft.

5. Beim Erwachungsstadium.

Wenn man beim Toleranzstadium und sogar beim Kollapsstadium die Ather- inhalation abbrach, so erfolgte, wie zu erwarten, allm~hliehes Erwachen. Die beim Kollapsstadium enorm erweiterte Pupille wurde mit dem AufhSren plStzlich enorm verkleinert, dann aber nahm sie allm~ihlich wieder zu. Die Atembewegung und die Pulsation wurderf zuerst vorfibergehend vergr6Bert und beschleunigt und sogar munehmul iibernormal, dann a ber kehrten sie zur Norm zuriick, worauf l~ngere Zeit eine leichte Verkleinerung und Verlangsamung der Atembewegung und Pul- sation folgte. Gleiehzeitig mit dem Abbrechen der Narkose trat raanohm~l eine leiehte tobsiichtige Agitation der GliedmaBen auf und darm kehrten die Reflexe zur%ick, sogar manchraal voriibergehend etwas gesteigert ; bei dieser Periode hande]t es sich wohl um ,,postnarkotische Erregung".

Einige Minuten nach Absetzen der !nhalation begannen zuerst die gesehwundenen Potentialsehwankungen an der Rautengrube mit all- mghlieher Steigerung des Niveaus sieh bier und da wieder einzustellen; manchmal land bei Wiedererholung der Entladung voriibergeheM zeit- weilig eine leiehte Steigerung iiber die Norm start, worauf eirLe ziemlieh lange leiehtere Absehwgehung gegen die Norm folgte. Etwas verspgtet gegen den Beginn der Erholung der Entladung an der Rautengrube setzten aueh die Potentialsehwankungen am Ritekenmark tiberall fast gleiehmggig wieder ein (Abb. 2d). Ebenso wie das Elektromedullogramm zeigte das Elektrospinogramm zuerst vortibergehend eine leiehte Steigerung, worauf lgngere Zeit eine leiehte Abschwgehung unter die Norm folgte. Etwas spSter als das Erwachen der Potentialsehwankungen am Riiekenmark begannen die gesehwundenen Potentialsehwankungen an der Grol3hirn- rinde sieh bier und da wieder zu zeigen (Abb. ! d). Sobald dies der Fall war, pflegten sie eine leieht gesteigerte Sehwankung aufzuweisen, Das Erwachen dieser Potentialsehwankungen an der Grol~hirnrinde gesehah nieht tiberall gleiehmggig. Also waren noeh an gewissen Zonen die Schwan- kungen abwesend, zwisehen ihnen an anderen Zonen waren sie sehon vor- handen, und zwar gesteigert. Dies deutet darauf bin, dag dabei die Him- funktion sofort naeh Erwaehen voriibergehend erregt wird und das Er- waehen der Funktion nieht iiberall synehron stattfindet. Diese funktionelle Disharmonie der synehronen Erregung und Lghmung ffihrt zu motoriseher Unruhe, was eine der Ursaehen der sogenannten postnarkotischen Erregung ist. Die hier auftretende sogenannte Erregung enthglt ia Wirkliehkeit gleiehzeitig einen erregten und einen gelghmten Tell. Frtiher oder sparer wurden die Potentialsehwankungen an der Grol3hirnrinde iiberall vo!l- stgndig waeh und kehrten naeh voriibergehender Steigerung zur Norm zuriiek, blieben abet lgngere Zeit etwas unter derselben. Aus obigen Resultaten ist nun ersiehtlieh, dal~ die Erholung der Potentialsehwankungen

242 B. H~S~MA.

bei Abse~zen der ;_f.thernarkose umgekehrt, wie bei ihrem Verschwinden am Anfang der Narkose, in naehstehender~ Reihenfolge stattfindet: zuerst Medulla oblongata, dann J~iiekenmark, endlieh GroJ3hirn.

Zusammenfassung. t. gel normalem Zustand linden gewisse Poten~ialsellwankungen an

der Grol3hirnrinde, am I~.iiekenmark nnd an d er Medulla oblongata start, deren Kurve ieh je als ,,Elektroeorgieogramm", ,,Elektrospinogramm" und ,,Elektroaiedullogramm" zu bezeiehnen vorsehtage, da die Schwankung wohl das elektromot.orisehe Zeiehen der Tgt, igkeit der erwghnten drei .Regionen darstellt.

2. Bei s finder, eiae ardSoagliehe voriibergehende St.eigerung and eiae daranseNiel3ende Absehwgehung (his zum Ver- sehwindea) der Potentialsehwankungen start: zuerst an der Grol~hirnrinde, dana am Rtiekemnark und sehlieglieh an der Medulla oblongata. Es tritt also irt obiger Reihenfolge in allen drei ttegioaen zungehst Erregung und dana L~hmung auf.

3. Die sogenannte prg- und postnarkotisehe Erregung beruht auf einer reinen Erregang gewisser Grot3hirnrindenregione~ und beilgufig auf einer funk~ionellen Disharmonie der synehronen Erregung und Lt~hmung.

l. Die I%eihenf01ge der ~Erholuag der gesehwundenen Potential- sehwankungen beim Erwaehen aus der ]~thernarkose ist umgekehrt wie beim Versehwinden derselben im Anfang der Narkose: 1. Medulla obloagata, 2. Biiekenmark und 3. Grol3hirnrinde. Dabei zeigen die Pogentialsehwan- kuagen an den erwghnten drei Regionen. sofort aaeh der Erholung eine voriibergehende Steigerung -- postnarkotisehe Erregung, die mit der priinarko~isehen wesensgleieh ist --, worauf ziemlieh lgngere Zeit eine leieh~ere Absehwgehung unter die Norm folgt.