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(Aus der Augenklinik des St~atlichen Lenin-Instituts ffir ~rztliche Fortbildung in Kasan. -- Direktor: Prof. Dr. W.E. Adamylc.) Uber histologische Ver~inderungen in der nach Denig transplantierten Sehleimhaut. Von Dr. med. B. G. Towbin, klin. Assistent. Mi~ 6 Textabbildungen. In der ophtbalmologisehen Literatur steht die Frage nach dem pathologiseh-anatomischen Schicksa] der der Lippe entnommenen und auf das trachomat6se Auge verpflanzten Schleimhaut bisher noeh so gut ~e unangeriihrt da. Die Ktiniker, die das Denigsehe Verfahren zu therapeutischen Zwecken anwenden, besehreiben lediglieh Einzelheiten aus dem im weite- ten Verlauf erscheinenden klinisehen Bride, z.B. das Abblassen des Hautsttiekes oder seine Resorptionsfiilaigkeit (Denig). Allgemein gilt die Ansehauung, dab die Sehleimhaut yon der Lippe bei der 'IYansl01an- tation auf das traehomat6se Auge erkrankmagsfrei bteibe, und eben hier- auf sind mehrere Autoren geneigt, den therapeutisehen Effekt des ge- nannten Verfahrens zuriiekzuffihren, So ~ul~ert sich z. B. Poyales da- hin, dab die Denigsehe Operation yon Nutzen sei, well der Sehleimhaut- fetzen aus der Lippe Ms artfremder KSrper, der fiir das Traehomvirus unempfiinglieh sei, zwisehen der Conjunetiva des Augapfels und der Hornhaut eine Barriere darstelle. Arkin ist der Ansicht, da$ das gute Resultat der Denigsehen Operation, abgesehen yon anderen Momenten, aueh damit zusammenh~nge, dab die ttornhaut yon der erkrankten Conjunetiva isoliert wird. Was abet die histologisehen Ver~nderungen anbelangt, die naturgem~B im transplantierten tIautstfick rnit der Zeit sieh einstellen k6nnen, so habe ieh in der mir zug~ngliehen IAteratur bloB eine einzige dieser ~rage gewidmete kurze Abhandlung von Prof. See/elder gefunden. SeeJelder besehrieb 1928 (leider in ~bersiclatsform) das mikroskopisehe Bild eines Transplantates, das er ein halbes Jahr naeh der Denigsehen Operation aus dem Auge entfernt hatte. Im Absehabsel yore Epithel des Sehleinhautfetzens wies er typisehe Prowaczek-Halberstgdtersche

Über histologische Veränderungen in der nach Denig transplantierten Schleimhaut

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Page 1: Über histologische Veränderungen in der nach Denig transplantierten Schleimhaut

(Aus der Augenklinik des St~atlichen Lenin-Instituts ffir ~rztliche Fortbildung in Kasan. - - Direktor: Prof. Dr. W.E. Adamylc.)

Uber histologische Ver~inderungen in der nach Denig transplantierten Sehleimhaut.

Von

Dr. med. B. G. Towbin, klin. Assistent.

Mi~ 6 Textabbildungen.

In der ophtbalmologisehen Literatur steht die Frage nach dem pathologiseh-anatomischen Schicksa] der der Lippe entnommenen und auf das trachomat6se Auge verpflanzten Schleimhaut bisher noeh so gut ~ e unangeriihrt da.

Die Ktiniker, die das Denigsehe Verfahren zu therapeutischen Zwecken anwenden, besehreiben lediglieh Einzelheiten aus dem im weite- ten Verlauf erscheinenden klinisehen Bride, z.B. das Abblassen des Hautsttiekes oder seine Resorptionsfiilaigkeit (Denig). Allgemein gilt die Ansehauung, dab die Sehleimhaut yon der Lippe bei der 'IYansl01an- tation auf das traehomat6se Auge erkrankmagsfrei bteibe, und eben hier- auf sind mehrere Autoren geneigt, den therapeutisehen Effekt des ge- nannten Verfahrens zuriiekzuffihren, So ~ul~ert sich z. B. Poyales da- hin, dab die Denigsehe Operation yon Nutzen sei, well der Sehleimhaut- fetzen aus der Lippe Ms artfremder KSrper, der fiir das Traehomvirus unempfiinglieh sei, zwisehen der Conjunetiva des Augapfels und der Hornhaut eine Barriere darstelle. Arkin ist der Ansicht, da$ das gute Resultat der Denigsehen Operation, abgesehen yon anderen Momenten, aueh damit zusammenh~nge, dab die ttornhaut yon der erkrankten Conjunetiva isoliert wird. Was abet die histologisehen Ver~nderungen anbelangt, die naturgem~B im transplantierten tIautstfick rnit der Zeit sieh einstellen k6nnen, so habe ieh in der mir zug~ngliehen IAteratur bloB eine einzige dieser ~rage gewidmete kurze Abhandlung von Prof. See/elder gefunden.

SeeJelder besehrieb 1928 (leider in ~bersiclatsform) das mikroskopisehe Bild eines Transplantates, das er ein halbes Jahr naeh der Denigsehen Operation aus dem Auge entfernt hatte. Im Absehabsel yore Epithel des Sehleinhautfetzens wies er typisehe Prowaczek-Halberstgdtersche

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KSrperchen nach und die histologischen Praparate lieBen unter dem Epithel ein Infiltrat mit Follikeln erkennen, unter denen sich Lympho- cy~en und epithe]oide Zellen deut]ieh unterscheidbar befanden. Da- neben waren stellenwcise Ansammlungen yon Polynuclearen zu bemer- ken, die bald diffus, bald in Gruppen um die Gefgf~e unter dem Epithel lagen. In den tiefen Schichten, we wenig Leukocyten vorhanden waren, fanden sich in groI~er Anzahl Plasmaze]lcn. Das Bindegewebe war in den tiefen Sehichten gut ausgesprochen, verh~ltnisma$ig wenig war yon ihm an den Stdten mit diehter Infiltration vorhanden. Somit, schlieBt See[elder, kann yon ciner Resorption des Schlcimbautfetzens keine Rede sein.

Das histologisehe Bild dieses Falles laftt See[elder zum Ergebnis ge- langen, dal3 die verpflanzte Schleimhaut der Lippe in gldehem Mal3e am Trachom erkranken kann wie die Bindehaut der Augenhder.

Der Gegenstand begann reich zu beseh~ftigen, und ieh besehlof3, Kranke ausfindig zu rnachen, an denen die Denigsche Operation seiner- zeit ausgeffihrt worden war. Ein Kranker dieser Art wandte sich an reich in der Zentralen Arbeiter-Poliklinik anl~l~lich einer RStung auf dem operierten Auge, und 2 Kranke waren auf racine darauf beziighehe Bitte hin yon den wissenschaftlichen Mitarbeitern des Trachom-In- stitutes an reich gewiesen worden. Es waren Trachomkranke im Sta- dium II und III, die der Denigsehen Operation ein halbes Jahr vorher oder noeh frfiher unterzogen worden watch. Die mit der Operation ver- kniipften Reparations- und Entzfindungserscheinungen mul~ten also l~ngst vergangen und die MSglichkeit gegeben scin, die histologischen Veranderungen, die im Transplantat nach seiner Einheilung in das Traehomgewebe vorgegangen sein mochten, zu beobachten. So nahm • ich denn an diesen 3 Pa~enten eine Excision yon Stfiekehen des trans- plantierten Schleimhautfetzens vet, wobei ich bemfiht war, zu histolo- gisehen Vergleichungszwecken auch ein Stfick de/" Conjunctiva bulbi mitzunehmen. Fiir die Excision kamen nur sehr kleine Gewebsstfiekehen in Betracht, um die Kranken in keiner WeJse zu sch~digen. Wie die weitere Beobachtung ergab, hatte mein Eingriff das SehvermSgen der Kranken wie den Zustand ihrer Augen tiberhaupt nicht im mindesten naehteilig beeinflul~t.

Da der TrachomprozeB an den versehiedenen Stellen der Augapfel- conjunctiva yon ungleicher Stgrke ist und am heftigsten oberhalb der Hornhaut auftritt, wghrend er in der Richtung abwgrts nachlgSt, so entnahm ieh zwecks Verg]eichung der histologischen Bilder zwei Kranken kleine Transplantatstticke aus 2 Stellen: aus der Mitre des Fetzens (fiber der Hornhaut) und aus seiner Endpartie. 5~ch interessierte die Frage, ob zwisehen der Lippenschleimhaut und der Augapfelconjunctiva irgendeine Gleichheit in dem oben angegebenen Sinne besteht, mit an-

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deren Wor ten , ob der ProzeB (falls er i i be rhaup t vo rhanden is t) im Trans- pla.ntat m i t z u n e h m e n d e m Vorr t icken n~ch un tcn a b n i m m t oder n ich t (analog der Augapfe l con junc t iva be im Trachom)?

Die ausgeschn i t t enen St i ickchen k a m e n in 5proz . F o r m a l i n ; da rauf Alkoholbader , E i n b e t t u n g in Celloidin u n d fibtiche F~rbve r fah ren .

W i t schre i ten zur Beschre ibung unserer F~Ile.

1. K-wa, 45 Jahre alt, Russin, reehtes Auge Januar 1930 naeh Denig operiert. S~atus o. u. : Augen ruhig, weir geSffnet, Infiltration der "Augenlidereon]unctiva unbedeutend, Narben auf der Conjunctiv~ der oberen Augenliderknorpel, Con- junctiva bulbi leicht hyper~miseh. Trfibungsherde uuf den Hornhauten; Faeetten. Pannus siccus o. u., Visus o. u. 0,1.

Am 23. VI. 1930, d. h. ein halbes Jahr nach dGr Denigschen Operation, wurden aus dem Transplantat zwGi Stfieke hGrausgeschnitten: eines oberh~lb, eines seit- tieh der Hornh~ut (Endsffick des Fetzens).

Das seitlieh entnommene Stfick zeigte unter dem Mikroskop naehstehGndes Bild: Die miteinander verwachsenen Gewebe (Augapfelconjunctiva und Lippen-

Abb. 1.

sehleimhaut) haben die allgememeJ~ Umrisse ihres histologisehen Baues bewahrt und sind daher leieht zu unterseheiden: in der Conjunetiva bulbi ist die Epithel- sehieht diinner und die bindegewebige Grundlage hat keine ins Epithel hinein- ragenden Papillen, w~hrend das Transplantat an den Bindegewebspapillen leieht zu erkennen ist. Beide Gewebe sind auf s~mtliehen Praparaten ohne irgendwelche N/~rbenspuren miteinander verwaehsen, wobei in den meist, en FMlen sich im EpitheI die VerI6tungsstellen der einen Zella.rt (Conjunctiva bulbi) mit der anderen (Transplanta.t) Ieicht unterseheiden Iassen.

Bei der Gesamtfiberschau fiber die Pr~parate wird in der Subepithelialsehicht die Aufmerksamkeit von einem vorwiegend in der Papillenschicht gelegenen hlfittrat gefesselt. Das Inffltrat besteht in der Haup~sache aus wuchernden Zellen, Gin Bild, das auch das benachbarte Gewebe der Augapfelconjunctiva zGigt. Viel polyblaste, lymphoide, epitheloide und Plasmazellen sowiG FibroblastGn. Auch Emigrat aus den Gefal~en ist vorhanden. Letz~ere sind zahlreich, erweitert, in ihren Liehtungen Neutrophile anzutreffen. Die Beteiligung der Get,Be an der Infiltration ist auBerst bemerkbar. Aul~er der Infiltration ist unter dem Epithel auch Narbenbildung zu gewahren, wobei das Epithel stellenweise die Gestalt

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diinner, wuchernde Zellgruppen umschlingender Stra.nge, stellenweise kompaktes Aussehen besitzt. Hier und da is~ eine gewisse Abflachung nebst Verschwinden der Papillen zu beobachten. Im grol~en und ganzen zeigt der Proze~ auf den Pr~paraten in der Regel einen unregelmiif~igen tterdcharakter: neben einer Pattie mit allerstArkster Infiltration erblickt man eine andere, wo die Infiltration nach- 1/if]t, und noch welter kompaktes Bindegewebe (Abb. 1).

Bedeutende Ver/£nderungen linden wir auch im Epithel des Transplantates. Die Basalschicht des Epithels ist im allgemeinen gut ausgesprochen, stellenweise jedoch sind ihre Umr.isse durch das Infiltrat der darunter befindlichen Bin@- gewebsschicht, besonders in der Papillcnregion, wo mi~unter auch die unter der Bas~lschicht hegende strukturlose Membrana limitans verschwindet, etwas ver- Wischt. In der Richtung nach aul~en hSrt das ]?ro~oplasma der Zellen yon den Mittelschicht, en an auf, in der ganzen Zellgnge (wie in der I%rm) f/irbbar zu sein, die ZelIen beginnen eine la, ngliche Gestalt anzunehmen und die ganze obere

' Epit.helschicht erhalt ein zerfasertes Aussehen. Die Kerne werden pyknotisch, langgestreckt, und noch weiter nach auSen zu sind bereit~ abstoBungsreife und stellenweise schon abgestoGene Zellen, die jedoch ihren Kern + bewahr$ haben, zu erkennen. Auf anderen Pr~.paraten derselben Serie sieht man, wie dieser Proze$ im Epithel in einigen Bezirken nicht in den Mittelschichten, sondern etwas hie-

driger, gleich tiber der Basalzellensohioh~, seinen ~Amfang nimrod; die Sohioht der ,,gefliigelten" Zellen versohwindet, und sofort iiber der Basalzeltenschieh~ beginnen die Epi~helzellen sich langzurecken, wghrend das Protololasma aufhSrt, ~grbbar zu sein. Ein solohes Bild tritt uns an den Stellen stgrkster Intensitgt der sub- epithelialen Infiltration entgegen. Vagierende Zellen sind im Epithel, soweit die Mehrzahl der Prgp~r~te in Betracht kommt, nicht wahrzunehmen, jedoch stSl~t man auf Stellen mi~ ungemein starker Infiltration der l~apillen; hier dringen die Infiltratzellen, vorwiegend Leukooyien, unter Versohwindenmachen der Basal- ze]lenschicht auoh ins Epithel ein. Dieses ist an solchen Stellen au~erordentlioh diinn geworden: die Basalschicht verschwindet vollkommen und die gesamte Epitheldeoke besteht aus 2--3 Schichten yon Zellen mit langges~reckten pyk- no~ischen Kernen.

Vergleichen wit nunmehr das vorstehend beschriebene Bild mit dem, das die Prgparate des oberhalb der Hornhau~ genommenen Stiickes ergaben, so linden wir hier ares sohon Dargestallte wieder, mi~ dem einzigen Unterschiede, dab der ProzeB in dem ausgeschnittenen oberen Stiicke erheblich intensiver isL als in dem Seltenstiick; die Papillen zeigen eine ungemein dichte Infittrat.ion, die sich unter Eindringen ins Epithel dutch das Stiick in seiner gesamten Ausdehnung hinzieht. Im Epithel geht die Infiltration nicht nur von innen nach auBen zur Eloit.helober- flgche, sondern stellenweise auch en~lang den Oberflgchenschichten, gleichsam auf dem kiirzesten Wege yon einer Papille zur anderen. Die Basalschicht des

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Epithels ist steItenweise erhalten gebtieben, an anderen SteIIen unkennttieh ge- worden. In der darunter befindlichen Bindegewebssehieht sehr m~igig ausge- sprochene Narbenbildung; an erster Stelle mach$ sieh bier Infiltration bemerkbar (Abb. 2).

I m a t lgemeinen e rg ib t sieh in beiden T ransp l an t a t s t t i cken - - dem oberen und dem sei t l ichen - - ein dem ProzeB im be na e hba r t e n Gewebe der Conjune t iva bulb i ~bnliehes Bild, wobei sieh die Analogie in vielen E igen t i imhehke i t en des Traehomprozesses ze igt : dieser t r~g t bekann t - l ich ungleiehm~t~igen H e r d c h a r a k t e r - - und i m T r a n s p l a n t a t k o m m t er zu deu t l i chem Ausd ruek ; M e be im Trachom beobach te t en wir b ier Ver- hornung des Ep i the l s sowie ein Nebene inander yon In f i l t r a t ion und Ver- na rbung der b indegewebigen Schicht . U n d ferner i s t i m T r a n s p t a n t a t ebenso wie be im Traehom der ProzeB a m s t~rks ten oberha lb der Horn- h a n t ausgesprochen, w i h r e n d er naeh un ten zu nacht~Bt.

Alles das zeigt, dab das ein halbes J a h r zuvor ve rpf lanz te Sehleim- han t s t i i ek sieh dem umgebenden Gewebe der Conjune t iva bulb i v61lig ass imi l ier t h a t und sieh, wenn i iberhaupt , so doeh n u t h a u p t s i c h l i c h in g robmorpholog iseher Hinsicht, - - durch den Bau des Ep i the l s und das Vorhandense in yon Pap i l l en - - yon i b m untersehe ide t .

2. R-wa, 60 Jahre air, Russin. Trachoma III . Schon viele gahre Idiher waren auf beiden Angen die oberen Augenliderknorpel (nach dem Kuhntsehen Verfahren ?) wegoperiert wordem Denigsche Operation auf dem linken Auge Januar 1929. Pannus siecus o. s., Pannus levis o. d., Visus o. s. 0,02, Visus o. d. 0,03. Kliniseh Neigung zu Verschlimmerungen und etwas Troekenheit der Augen.

Am 9. VII. 1930, d.h. li/2 Jahre nach der Denigschen Operation, Excision zweier Transplantatsttiekchen: des einen oberhalb der ttornhaut, des a,nderen seitlich, aus dem Endabschnit~ des Transplantates.

Die Prgparate des dem Ende des transplantierten Schleimhautsttiekes ent- nommenen Abschnittes zeigten nachstehendes Bild: In der Subepithelialschicht deublieh ausgesproehene Infillbration, die jedoeh yore Bindegewebe ersichtlich ,,fiberwiltigt" wird; auf den Prgparaten sieht man, wie einzelne Bindegewebs- stringe yore kompakten sklerotisierten Bindegewebe der 8ubmucosa herankom- mend sieh vergsteln, die einzelnen Zellgruppen ringf6rmig nmfassen und auch auf die Papillen tibergreifen. Der Narbenbildungsprozeg ist auch hier ungleieh ausgeprig~: das Bindegewebe ist bald kompakb, bald wird es wieder locker. An den letzteren Stellen tr i t t die Infiltration in den Vordergrund. Viel Gef/~Be, die dilatiert sind; ihre Beteiligung an der Infiltration deutlieh erkennbar; in der N~.he der Gef&l~e viele Zellen mit gestreekten Kernen. Die Papillen flachen merklich ab, so dag die nntere Epithelgrenze gewissermagen eine gerade Linie anzunehmen beginnt.

Ver~nderungen im Epithel: Basalschicht auf einer betrichtliehen Strecke gut ausgesproehen, an mehreren Stellen aber desorganisiert; yon der Membrana limitans an beginnen ZeUen mit gestreckten Kernen unter I]bergehung sgmtlieher Stadien des l]bergangs der einen Zellart in die andere; sic liegen in kompakter Masse da, ohne wahrnehmb~re Grenzen zwisehen ihnen, fgxben sich intensiver als die anderen, w~s den Eindruek yon Verdiehtung derselben erzeugt. Neben diesen gleiehsam verdichteten Zellen liegen enorme, gleiehsam gequollene Epithelzellen, deren Protoplasma jeglieher t~grbung widersteht und die dann wieder ihrerseits

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mit den intensiv f~rbb~ren Zellen des oben beschriebenen Typus abwechseln tAbb. 3).

Die Anzahl der Epithelsohichten ist steltenweise auBerordentlich gering - - 3--4= Sohichten ---, so dab die geringe Dicke des Epit.hels im Verein mit seiner Verdichtung den Eindruck der Atrophie desselben hervorbringt. :Epithelver- dichtung und Papillenabflachung machen sich besonders da bemerkbar, wo gut ausgesprochene N~rbenbildung vorlieg~. Letzterer Umstand scheint mir sehr belangreioh, d~ er den AtrophieprozeB im Epithel mit dcm ProzeB im Subepithelial- gewebe in Zusa.mmenhang zu brlngen gestattet. Steltenweise ~rifft man auch auf abgestof]ene Epithetzellen, die zum Teil ihren Kern verIoren haben.

Die Prapar~te des Stfickes yon oberhalb der Hornhaut lassen erkennen, dub der InfiltrationsprozeB in der Subepithelialschicht betr~chtlich stgrker ist als in den vorstehend beschriebenen Pra,para.ten: nioht vereinzelte Stellen nut, sondern die gesamte Masse der unten be~indlichen ]~indegewebssohich~ ist durchweg er- griffen, obgleich die Infiltration keine gleichm~tBige ist: einzelne Partien sind starker infiltriert als die anderen. Die unscharf ausgesproehene Narbenbildung tri t t vor der energischen Lufiltration in den ttintergrund. Beachtung beansprucht auch die

i b b . 3.

merkliche Abflachung der Papitlen; hier ist sie noch sch~rfer ausgesprochen ~ls auf den Pra, paraten des seitlich der Hornhaut entnommenen St~ckes. Die Basal- schicht des Epithels ist in betrgchflicher Ausdehnung erh~lten geblieben, an einigen Stellen jedoch durch Infiltration aus der unten befindlichen Schicht desorganisiert. Ins Epithel dringt das Infiltrat nur auf eine kurze Strecke und lediglich innerhalb einiger weniger Partien vor. Epithelverdichtung nicht w~hrnehmbar, Verhornung dagegen zu beobachten.

So lgBt auch dieser zweite Fa l l erkennen, d~B der ProzeG im Trsns- p l a n t a t yon obe iha lb der H o r n h a u t in tens iver i s t ~ls seit]ich; ebenso gu t ~4e i m ers ten Fa l l e i s t d ie Ung]eichmal~igkei% H e r d a r t i g k e i t des Prozesses ausgesprochen. Mit anderen Wor t en , wir haben eine Wieder - holung dessen, was sich be im Trachom f~ndet.

W'ie der erste, so lgBt auch der zweite Fa l l eine Ass imi la t ion des Transpl~nta£es an das es umgebende Gewebe der Conjunc t iva bu lb i erkennen, wobei die Ass imi la t ion hier bedeu tend wei ter geh t und un- ve rkennba r sich berei ts auf die morl0hologische S t r u k t u r des Schleim-

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hauffetzens erstreckt, was im ersten Falle nur andeutungsweise vor- handen war: denn im vorliegenden Falle wird (lie Abflaehung der Pa- pillen und der Diekenrtickgang des Epithels deuflich wahrnehmbar , so dab sich das verpflanzte Oewebe in seiner morphologischen Besehaffen- heit dem Gewebe der Conjunetiva bulbi, die kleine P~pillen aufweist und deren Epithel diinner als das der Lippe ist, erheblich nahert .

Die vors tehend geschilderte, deutlich zu verfolgende Entwieklung des Prozesses in den Transptanta ten beider Kxanken sind verst indl ich, wenn wir berfieksichtigen, dab im zweiten Falle das Gewebe li/2 Jahre nach der Denigschen Operation untersueht wurde, w~hrend im ersten Fail zwisehen Ietzterer und dem Zei~punkt der Excision nicht mehr als ein halbes J a h r lag.

Abb. 4.

3. Sch-ow~, 36 Jahre air, Ta~arin. Trachoma III . Xerosis o.s. et Xerosis t

incipiens o. d., Visus o. d. -- 0,02, Visus o. s. -- - - Linkes Auge nach Deniff operiert im J~nua.r 1929. Verpflanztes Schleimhautstfick breiter als iiblioh, etwa 1 ore, am Limbus xerotisch.

Fill' die histologische Untersuchung wurde am 10. VII. 1930 ein Stfickchen blol~ yon oberhalb der I-Iornh~ut genommen. VerlS~ungsstelle des Gewebes der Conjunct.ira bulbi mit dem t.ra.nsplan~ierten Schleimhautlappen gut ausgesprochen (Abb. 4).

Unter dem Epithel des Fetzens ziemlich deutliche Entwicklung yon Binde- gewebe, das in den tieferen Schichten ein etwas 5demat6ses Aussehen zcigt. Sehr viel Gefi~Be mit Dilatation, in der Lichtung vieler derselben Polynucle/~re und rech~ hiufig einzelne Eosinophile. Zellinfiltration vorwiegend um die Gefi~l]e, stellenweise dringt sie ins Epithel ein, wo sie die Basalschicht desorganisier~. Der Zusammenhang dieser Infiltration mi~ den Gef/~i]en der subepithelialen Binde- gewebsschich~ ist leicht zu verfolgen. Im allgemeinen ist die Infiltration, ver-

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gliehen mit Fall l und 2, sehwach ausgesprochen. Die Papillen erhalten geblieben und nur stellenweise etwas abgeflacht.

Zustand des Epithels: Basalsehicht in erheblicher Ausdehnung erhalten ge- blieben. Mit~elsehiehten gedehnt und anscheinend gequollen. Die oberen Zell- sehichten abet haben ein zerfasertes Aussehen und die zu /~uSerst befindlichen sind der Verhornung anheimgefallen. AbgestoDene Zellen mit Kernen und ohne solche liegen im Transplantat irt seiner gesamten Ausdehnung da, aber je ngher

Abb. 5.

Abb. 6.

der Hornhaut, um so dicker wird die der Verhornung verfallene Zellschieht (Abb. 5). Stellenweise sind die verhornten Zellen zu Klumpen aufeinandergesehichtet, an anderen Stellen liegen sie in Gestalt dicker Sehuppen da. Im gro•en und ganzen ist die Verhornung bier, in vollkommener ~bereinstimmung mit dem Zustand des benachbarten Absehnittes der Conjunetiva, des Augapfets und der Hornhaut, stark ausgesprochen. Die oberen Epithelgrenzen verl~ufen in Windungen, h(iehst- wahrseheinlieh in Zusammenhang mit dem Vernarbungsproze{~, in der darunter- liegenden Bindegewebssehicht (Abb. 6).

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Mithin assimiliert sich auch in diesem Falle das Transplantat dem umgebenden Gewebe der Conjunctiva bulbi, indem es gleich dem Epithel der le~zteren und der Hornhaut der Verhornung verf~llt.

An den yon unseren 3 Kranken gewonnenen Befunden iiberzeugen wir uns somit davon, dab die der Lippe entnommene Schleimhaut unter den neuen Bedingungen der Lebensgemeinschaft mit dem Trachom- gewebe unverkennbar erkrankt, indem sic dabei aui~erdem eine kompli- zierte morphologische Metamorphose durehli~uft, die sic in der Struktur dem Nachbargewebe nahekommen l ~ t . Die Erkrankung ergreift so- wohl das Epithel des ttautstiickes, wie auch die darunter befindliehe Bindegewebsschieht. Der St~rkegrad dieses in vieler Beziehung an Trachom erinnernden Prozesses h~ngt anseheinend yon dem Kohabi ta- tionsalter der verwaehsenen Gewebe wie yon den individuellen Be- sonderheiten jedes einzelnen Falles ab. Fail 2, in welehem die Gewebe des Transplantates 11/2 Jahre naeh der Operation untersucht wurden, stellt die nattirIiche Weiterent~4ckIung des Prozesses yon Fall I dar, wo die Verwaehsung der Lippenschleimhaut mit der Conjunetiva bulbi erst seit einem halben Jahr vor sieh gegangen war. Fail 2 unterscheidet sich jedoeh histologiseh yon Fall 3, obgleieh die Denigoperation in beiden Fi~llen (1 und 3) vor gleich langer Zeit stattgefunden hat te - - sofern in Fall 3 der entzfindliehe Prozel~ tr~.ge verl~.uft, vielleieht in Zu- sammenhang mit der t terabsetzung der Lebenst~tigkeit der Gewebe bei der Xerosis fiberhaupt.

Berechtigen uns nun unsere Darlegungen, die Fahigkeit der Sehleim- haut, an Trachom zu erkranken, entschieden zu behaupten ?

Wir haben es in s~mtlichen oben gesehilderten 3 Fallen mit einem Prozesse zu tun gehabt, der in vielfacher Hinsieht an Trachom erinnerte. Niehtsdestowerdger bin ich weir davon entfernt, zu meinen, dal~ diese komp]izierte und ernste ]?rage ohne weitere Beobachtungen und experi- mentelle Untersuehungen erledigt werden kSnne.

Literaturverzeichnis. 1 See~elder, Zur Dcnigschen Schleimhau~plastik bei Pannus trachomatosus.

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