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!1. Ober Labyrinthnekrose. Vort Professor Dr. Gerber~ K6nigsberg. (Mit l Kurve im Text und Tafel I.) Dal~ Fiille voa ausgedehnter Erkrankung und ZerstSrung des inneren Ohres in letzter Zeit, in der die Federn doch reger siad wie )e zuvor, selten mitgeteilt werden, dtirfte wohl mit Rech~ als eine Folge der rationellea Behandlun~ anzusehea sein, die die moderne Chirurgie endlich auch den Ohrkrankheiten ge- bracht hat. Gibt es auch heute noeh Fiille yon Panotitis, greift auch heute noeh die Entztindung, besonders nach Seharlaeh, Masern und Diphtheric yore mittlerea auf das innere Ohr tibe5 um hier ungehindert die Seele des HSrorgans zu zerstSren, so handett es sieh hier eben meist um F~lle, bei denea der ProzeI~ lange Zeit, ohne dutch sachgemiii~e Behandlung gehindert zu werden, fort- wtiten konnte. Der Ausganff solcher F~lle ist dann gewShnlieh die mit Facialisparese einhergehende Labyrinthnekrose. Fast alle i~lteren~ tiber Labyrinthnekrose mitgeteilten F~IIe entstammea de~"englischen Literatur. Sehon Wilde 1) beriehtete tiber einen yon Crampton beobaehteten Fall, zugleieh eine der ausgcdehntesten Nekrosen. Dana Toy n b e e 2) iiber 5 Fiille, drei eigene, einen yon S h a w 3) und einea yon tt i a t o n 4). B 5 t e r s ~) gab 1875 aus der Sehwartzeschen Klinik einen Bericht iiber 16 aus der Literatur zusammengestellte F/~lle, und im Jahre 1886 legte 1) Praktische Bemerkungen tiber Ohrenheilkunde usw. Deutsch yon v. Haselberg. GSttingen 1855. S. 432. 2) Dieses Archly. Bd.I.S. 113. 3) Transact. of the Path. Soc. 7 vol. London 1855. 4) Dieses Archiv. Bd. I. 5) Inaug.-Dissert. Halle 1875.

Über Labyrinthnekrose

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Page 1: Über Labyrinthnekrose

!1.

Ober Labyrinthnekrose. Vort

Professor Dr. Gerber~ K6nigsberg.

(Mit l Kurve im Text und Tafel I.)

Dal~ Fiille voa ausgedehnter Erkrankung und ZerstSrung des inneren Ohres in letzter Zeit, in der die Federn doch reger siad wie )e zuvor, selten mitgeteilt werden, dtirfte wohl mit Rech~ als eine Folge der rationellea Behandlun~ anzusehea sein, die die moderne Chirurgie endlich auch den Ohrkrankheiten ge- bracht hat.

Gibt es auch heute noeh Fiille yon Panotitis, greift auch heute noeh die Entztindung, besonders nach Seharlaeh, Masern und Diphtheric yore mittlerea auf das innere Ohr tibe5 um hier ungehindert die Seele des HSrorgans zu zerstSren, so handett es sieh hier eben meist um F~lle, bei denea der ProzeI~ lange Zeit, ohne dutch sachgemiii~e Behandlung gehindert zu werden, fort- wtiten konnte.

Der Ausganff solcher F~lle ist dann gewShnlieh die mit Facialisparese einhergehende Labyrinthnekrose.

Fast alle i~lteren~ tiber Labyrinthnekrose mitgeteilten F~IIe entstammea de~" englischen Literatur. Sehon W i l d e 1) beriehtete tiber einen yon C r a m p t o n beobaehteten Fall, zugleieh eine der ausgcdehntesten Nekrosen. Dana Toy n b e e 2) iiber 5 Fiille, drei eigene, einen yon S h a w 3) und einea yon t t i a t o n 4). B 5 t e r s ~) gab 1875 aus der S e h w a r t z e s c h e n Klinik einen Bericht iiber 16 aus der Literatur zusammengestellte F/~lle, und im Jahre 1886 legte

1) Praktische Bemerkungen tiber Ohrenheilkunde usw. Deutsch yon v. H a s e l b e r g . GSttingen 1855. S. 432.

2) Dieses Archly. B d . I . S . 113. 3) Transact. of the Path. Soc. 7 vol. London 1855. 4) Dieses Archiv. Bd. I. 5) Inaug.-Dissert. Halle 1875.

Page 2: Über Labyrinthnekrose

Archivf.Ohrenheilkurtde Bd. LX. Tafel I.

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Page 3: Über Labyrinthnekrose

Uber Labyrinthnekrose. 17

B e z o 1 d ~) mit einer umfassenden Arbeit den Grund zu weiteren exakten Beobachtungen. Er konnte damals 46 Falle aus der Literatur mit 5 eigenen zusammenstellen. Es folgt eine Lyoner Dissertation yon Bee2), der aui~er einer Ubersieht fiber die bis dahin publizierten 3 neue Fitlle yon L a n n o i s braehte~ und 1897 berichtete B e z el d 3) auf der VI. Versammlung der Deutsehen oto- logisehen Gesellsehaft fiber weitere 6 Falle. G r a d eni g o 4) ftihrte in seiner Bearbeitung der Labyrinthkrankheiten eine eigene Be- obachtung and 18 bei B e z o l d noeh nieht aufgeffihrte Mittei- lungea an.

Eine ganz vorztiglicbe und bis 1898 fast erschSpfende Dar- stellung des Gegenstandes braehte dann die Baseler Dissertation yon Oesch~), der die Tabellen yon B e z o l d and B e e weiter- ffihrt, und fiber eine Kasuistik yon 78 gesammelten Fitllen be- richten kann.

Ieh vermisse bei 0 e s e h nur yon ~lteren Fgllen: B e e e k 6)*)~ Wagenb~user~) , CimminoS)~ Buekg), PoleylO), yon neueren" G u r a n o w s k y ~ * ) und Haug~-). Hinzuzaf~t~gen w~ren dana noch die Mitteilungen yon t Ie rzfe ld~3) , der mit G r u b e r und Max bis dahin die einzigen doppelseitigen Labyrinthnekrosen beobaehtet hatte, yon P i c k ~) aus der Klinik G r u b e r s , yon Altl~), G r u n e r t und S c h u l t z e l S ) und meine eigene Beob- aehtung.

Ehe ieh aber daran gehe, die Tabelle yon O e s e h bis heute zu vervollst~indigen und aus den mir bisher bekannten 90 F~tllen

1) Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. X¥I und Sonderschrift: Labyrinth- nekrose und Paralyse des Nervus facialis. Wiesbaden 1886.

2) De la I~crose du Labyrinthe etc. Th~se de Lyon, April 1894. 3) Zeitschr. f. Ohrenbeilk. Bd. XXX. 1897 und: Uber die fnnktionelle

Prtlfung usw. Bd. II. Wiesbaden 1903. 4) S c h w a r t z e s Handb. Bd. II. S. 499. 5) Was kSnnen wir ohne Schnecke hiiren? Inaug.-Diss. Basel 1898. 6) Dieses Archly. Bd. IX. S. 239. 7) Ibidem. Bd. XXVII. S. 170. 8) Boll. real. or. X. Febr. 1892. 9) A . a .O. Heft 1. Abt. II (?).

10) Trans. of am. otol. Soc. Twelfth am. meet. II. Abt. 3. Boston 1879. 11) Monatssehr. f. Ohreliheilk. 1•96. S. 522. 12) Dieses Archiv. Bd. XLVII. 13) .B.erliner klin. Wochensehr. 1901. Nr. 35. 14) 0sterr. otolog. Gesellseh. 29. Juni 1900. 15) Ibidem. 26. Mhrz 1900. 16) Dieses Archly. Bd. LVII. S. 243. *) Anmerkung bei der Korrektur: Der Fall yon B o e c k ist bei B e z o l d

und O e s c h doch schon aufgefiihrt; durch abweiehende Altersangabe warde ich get~uscht.

Archly f. Ohre~b.eilkunde. LX. B~. 2

Page 4: Über Labyrinthnekrose

18 II. GERBER

das Resum~ zu geben, will ich vorher den yon mir selbst bcob- a~hteten und operierten Fall mitteilen.

Frieda Th.,. 12 Jahre alt, stammt aus gesunder, spezie]l tuberkul6s nicht belasteter Familie. Der Vater lebt und ist gesund; die Mutter im Alter yon 31 Jahren naeh einer Entbindung gestorben. Ein jiingerer Bruder lebt und ist gesund. Patientin selbst maehte vor 8 Jahren mit ihrem Bruder zusammen Scharlaeh durch. Gleich danach stellte sich bei ibr Ohrenlaufen, Schwer- hOrigkeit und Gesiehtslghmung auf der rechten Seite ein. Sie wurde damals in Insterburg behandelt und kam sphter in spezialf~rztliche Behandlung nach K6nigsberg, wo das Ohr gespiilt und. gereinigt und wiederholt Wucherungen entfernt wurden; auch wurde sle emen Monat hindurch elektrisiert. Die Symptome bestanden fort und es entwickelte sich eine chronisehe Otorrhoe, die bisher ununterbrochen anhielt. Das Allgemeinbefinden war gut; nie Fieber odor stgrkere lokalisierte Kopfschmerzen~ niemals Schwindel und GleichgewichtsstSrungen.

Mitre September vergangenen Jahres, 1902, stellten sich Stiche im Kopf, ~Jbelkeit und grolle Mattigkeit ein. Schwindel and Erbrechen sind aueh jetzt nicht vorgekommen. Es bildete sich dann eine Anschwellung an der reehten unteren Halsseite heraus, die unter Fiebererscheinungen zunahm und die anfangs mit kalten, sp~ter mlt warmen Umschli~gen behandelt wurde. Anfang Oktober warden dann in Narkose zwei Einschnitte in den Abszeil gemacht, wodurch ~/4 Liter Eiter entleert wurde. Danaeh Weichen des Fie- bets, das wahrend der ambulatorisehen Behandlung sich erneuerte~ um bei wieder aufgenommener station~rer Behandlung wiederum zu schwinden. Die lnzisionswunden schlossen sieh nicht, and wurde nun Herr Geheimrat G a r r ~ konsultiert, der den Zusammenhang des entleerten Abs2esSes mit dem Warzen- fortsatz feststellte und die Patientin mir gtitigst zur Operation tlberwies.

S t a t u s vom 11. November 1902. Patientin ist eia ftir ihrAlter ziem- lich grol~es, gut genhbrtes Mf~dchen, das aber blal~ und angegriffen aussieht. Rechte Gesichtshalfte total gelhhmt. Am hinteren Rande des M. sterno- cleidomastoideus, ungefhhr 2 und 4 cm unter der Spitze des Warzenfort- satzes, zwei Inzisionsnarben~ die beide zum Toil often sind und sphrliehen Eiter sezernieren. ¥ o n d e r oberon kann eine Sonde nach aufw~rts his zur Spitze vorgeschoben werden~ die sich rauh anfiihlt.

Im rechten GehSrgang obturierende Granulationen, die leicht bluten, und zwischen denen sphrlicher Eiter hervorquillt. Yon TrommelfelI und Ge- h(irkniichelchen niehts zu sehen.

HiJrvermSgen: Taschenahr, akzentuirte Fltistersprache ~ 0. - - C, C~, F4 werden am rechten Warzenfortsatz angeblich gehiirt. We b e r unbestimmt, R i n n e negativ.

Links: Trommelfell eingezogea~ vorne oben und hinten unten je ein Kaikinfarkt. Fltisterzahlen ~ 12 m. C~ per Luft lhnger wie am Warzenfort- satz. Fis4 am Warzenfortsatz l~nger wie per Luft.

Allgemeinbefinden zur Zeit guti Temperatur und Pals normal. Die Diagnose wird auf Otitis reed. purul, et Mastoiditis chron, mit Sen-

kungsabsze9 gesteUt und die Totalaufmeil~elung empfohlen. O p e r a t i o n am 12. November 1902. Der Knochen zeigt, besonders in

der Fossa temporalis~ vermehrte Blutpunkte, sonst anscheinend normale Cor- ticMis. In etwa 1 cm Tiefe werden Granulationen und CholesteatombriickeI bloi~gelegt, die nach der Tiefe zu reichlicher werden; mit ihnen werden mehrere kleine Sequester eutfernt~ die anscheinend der hinteren Geh0rgangs- wand angehSren. Nach ihrer Entfernung zeigt sich am inneren Teile der hinteren GehSrgangswand eine wefl~e~ nekrotiseh aussehende Partie, die sich

a u f Druck mit dem Sondenknopf als beweglich erweist, aber noch lest ein- gekeilt ist. Dor Late nach kann es nur die vordore Wand des Canalis Fal- lopiae sein (Fig. 3~ 3a). Nach ihrer Entiernung gelangt man nach dem An- trum zu mi t einer diinnen Sonde in einen Kanai, der der Aditus sein kSnnte, aber augenseheinlieh tiefer liegt. Der auf der Sonde tiegende kteineKnoohen- teil sieht glatt und rund aus, lgl~t sich auch herausheben und wird nun sicher als horizontaler Bogengangswulst erkannt; er zeigt aul~en die glatte,

Page 5: Über Labyrinthnekrose

~ber Labyrinthnekrose. 19

runde, wie polierLe Krtimmung, auf der Inuenseite einen Tell des Bogeagaugs (Fig. 1, in).

Es werden noch mehrere aadere Sequester herausbefSrdert, yon denen die auf Fig. 2 and 4 abgebildeteu auch eine bestimmte anatomisohe Struktur haben, obwohl ich sic nicht mit Sieherhelt unterzubringen weil~.

Nachdem die HShle soweit ausgeri~umt ist, liegen Antrum and Pauke fret, nur noeh hier und da mit Granulationen bedeekt. Der Sinus ist vorge- lagert und die vordere uad laterale Salcuswand ist zum Toil morseh; auoh yon ihr l~gt sieh ein grol~er Sequester toslSsen. Der Sinus wird veto Knie bis zur Spitze freigelegt; er sieht zum Toil well'itch aus und ist anseheinend verdickt. Bet Fortnahme der hinteren Suleuswand naoh der Spitze zu tritt eine starke Blutung eln, uaentschieden ob aus dem Sinus selbst odor einem Emissarium. Tamponade, Plastik, Verband. Die Fisteln am hinteren Reade des M. sternoeleidomastoideus werden erweitert und ausgekvatzt, wobei leicht eine Verbindung zwischen beiden hergestellt wird. Drainage mit Jodoform- gazestreifen.

13.--i4. November. Die ersten beiden Tage naeh der Operation gutes Ailgemeinbefinden. HSehsttemperatur 37~6 °, Pule 80--90. ~ 15. November. Abends 38,5 °, Pals 120. Verbandwechseh Viol Eiter in der Pauke, der sich naeh Abtupfen yon hinten uuten erneuert. Hier gelangt man mit der Sonde in eta etwa linsengrot]es Loeb, augenscheinlich die er- weiterte Fenestra ovalis. N~here Details undeutlieh.

Augenbewegungen fret, kein Nystagmus. &ngenhintergrund normal. Kelne KoordinationsstSrangen, keine Nackensteifigkeit, Wirbe!s~ule fret.

16.--20. November. Temperatur yon 37,2--39,6 °, Pals um i20, einmal bis 150. Allgemeinbefinden dabei leidlich, bis auf zeitweiligen Stirnkopf- schmerz. Stuhl angehaltea. Herpes labiaiis. Zunge betegt.

22.--24. November. Besserung des Zastandes. Temperatar 37,5-3S,5 o, Pals 90--120.

25.--26. November. Temperatur 39 - - 37~1--39,2 o, Pals 120--123. Er- brechen.

26. November. Zwe te Opera t ion . Die OperationshShle veto i2. No- vember mit sehwammigem, teicht blutenden Granulationen bedeekt, die weg- gekratzt werden. Nach Entfernung derselben aus dee Pauke zeigt sich die Promontorialgegend gegen die Sonde naehgiebig. In der Gegend der Fenestea ovalis gelangt die Sonde in eine relatlv grol~e H6hle, yon weleher die Sonde in einen ziemlich weiten Hohlraum gelangt, augenscheinlich den Vorhof. Auch kann man die Sonde in der Richtung naeh dem sequestrierten Bogen- gang zu vorschieben. Beim Sondieren dutch ' des auch mit Granulationen geftlllte ovale Feaster hat man des Geftihl, als ob man in einen Trlimmer- haufen stOl~t, und allmahlich werden fiinf Sequester entfernt, yon denen der eine, sehalenfiirmig~ das Promonf ior ium darstellt, mit den beiden dent- lichen Einschnitten far des runde und ovale Feaster (Fig. 9); ein zweiter dttrfte einen B o g engang repr~sentieren (Fig. 6), whhrend zwei andere des gauze knOeherne Schneckengeh/~use enthalten, 'des eine {Fig. 7), die Mulde fiir ein und zwei Windungen, das andere (Fig. 8) ftir alle droi dent- lich wiedergebend. MSglicherweiso aueh noch zum Schneckengehhuse dflrfte der in Fig. 5 abgebildete Sequester zu rechnen sein.

Hiernach handelt es sich also um Seques~rierung des ganzen Labyrinthes, vielleieht mit alleiniger Ausnahme eines Bogeagaages.

Der horizontale Bogengang, bet der erston Operation als Sequester ab- gestol~en, bildet eine tiefe, mit Granulatlonen erftillte ~Iuide. Zwischen ihr and dem jetzt entstandenen tiefen Defekt in der Promontorialwaud steht noeh eine kleine, ganz diiuue Knocheaspange; wahrscheinlich der I~est des Oanalis Fallopiae. Angesichts der schoa 9 Jahre bestehendeu Paralyse uad des Umstandes, dafi veto Faei£iis selbst bisher hittite zn Gesicht gek0mmen war, wird diese kleine Spaage abgetrageu and aaf diose Weise v0rdeee and hintere Mulde in eine GesamthShle verwaudeit. Die jetzt sehr grol~e uud tiefe LabyrinthhShle wird mit Jodoformgaze aastampoaiert. Dee Paukea- boden wird miiglichst yon Granulationen bel'reit, ohne de9 hiee n~here De- tails unterschieden werden kiinnen.

2*

Page 6: Über Labyrinthnekrose

20 II. GERBER

Der Sulcus erweist sich noeh welter nach oben morsch; zwischen ihm und dem mil3farbigen unebenen Sinus Cholesteatommassen. Der Sinus ftihlt sich hart an.

ErSffnung des Sinus; fliissiges Blur; Tamponade. Puls sear schwach; Kollaps. Xampferinjektionen. Sekt und Milch per

rectum. 28. November bis 1. Dezember. Temperatur noch mehrfach tiber 39,5 o,

Puls 120--150. Zeitweise Kopfschmerzen; 2 real Erbrechen, deliriert abends. Sonst recht gutes Atlgemeinbefinden, wobei allerdings zu bedenken ist, dal~ das sebr geweckte Kind aus Furcht vor weiteren 0perationen stets bestrebt ist, seinen Zustand so gut wie mSglich darzustellem

3. Dezember. Temperatur 38,8 o Puls 130. Kopfschmerzen, Erbreehen; Augenhintergrund normal.

4.--7. Dezember. Allm~hlich auf 37--37,5o heruntergehende Temperatur. Puls um 110.

8.--9. Dezember. Wieder Temperaturen yon 38,5--38,8 o mit starken Remissionen.

Kopfschmerzen in der Nacht nach Aussagen der Warterin zeitweise wohl sebr gro$. Appetit ganz gut, Stuhl immor angehalten.

10.--2l. Dezember. In den ni~cbsten 10 Tagen erhebliche Besserung des Krankheitsbildes. Temperatur ziemlich gleichmal~ig zwischen 36,8--37,8 °. Keine Kopfschmerzen, Zunge gut.

22. Dezember. Beim Verbandwechsel Entfernung eines ganz kleinen, nicht charakterisierten Sequesters aus der Tiefe derPauke (Labyrinth?). Im Anschlul~ daran: Kepfschmerzen, Erbrechen, Frost und Temperatursteigeruug auf 39 e, Puls 140.

23. Dezember bis 1. Januar 1903. Wieder ziemlieh gleiehmafiig guter Zustand. Temperatur 36,7--37,8°. Einmal am 26. Dezember Erbrechen beim Aufstehen.

2. Januar 1903. ~ach Verbandwechsel uud S0ndierung des fast zugra- "nulierten Labyrinths, aus dem sich aber immer noch reichlich Liter ent- leerte, wieder Temperatur 39,6 ° 7 Puls fast unzahlbar (I50--I60). Kopfschmerz, Erbrechen, Mtidigkeit. Appetit gering, Zunge belegt. Untersuchung der in- neren 0rgane (Dr. S c h m all) ergibt normale Yerhf~ltnisse.

3.--12. Januar. Allmf~hlicher Abfali der Temperatur und der Puls- frequenz. Erstere bleibt yon jetzt ab - - mit Beginn der 10. Woche - - ziem- lieh gleichmhi~ig: 36~5--37,5 °, Puls immer noch um 110, zeitweise bis 130.

Inzwischen batten sich die Inzisionswunden des Senkungsabszesses ge- schlossen.

Da ich konstatieren zu kfinnen glaubte, daft sich an die Sondierungs- versuche in der Tiefe (ifters subjektive wie ebjektive Yerschlechterungen des Zustandes anschlossen, so nahm ich schliel.qich davon Abstand, tamponierte auch nur noch lose und liefi den Granulationen freiere l~ahn, obwohl die Eiterung aus der Tiefe noch nicht sistierte und die ~Tbersicht sear schlecht wurde. Die retroauril~ul~re 0flhung verkleinerte sich schnell.

6. Februar. Patientin hatte sich ungemein erholt und machte kaum noch einen krankhaften Eindruck. Sie wird - - 13 Wochen nach ihrer Auf- nahme - - in die ambulante Behandlung entlassen.

13. Februar. Ganz in der Tiefe der jetzt trichterf0rmigen ttShle ein Eiterpunkt. Hier dringt die Sonde noch etwa 1 cm welt ein, ohne festen Widerstand zu finden. In der Umgebung dieser Stelle leicht blutende Gra- nulationen. Mehr nach vorne zu in der Pauke gute Epidermisierung

Bei der ttSrprtifung gelingt es jetzt nicht, das gesunde OAr auszuschliel~en : Fltisterzahien : ca. 10 cm.

Stimmgabeln am Warzenfortsatz: C~ ~ 0~ C:, Fis4 deutlich perzipiert. W e b e r nach dem gesunden OAr.

2. April. Gutes Allgemeinbefinden. Puls 80--90. Eiterung aus der Tiefe besteht fort. t i ler st0fit die Sonde auf entblfl~tenKnochen und glaubt man einon Sequester zu ftihlen. Vergebliche Extraktionsversuche. Alkohol- behandlung.

20. April. Heute wird beim Verbandwechsel mtihelos ein unregelmht~ ig

Page 7: Über Labyrinthnekrose

Uber Labyrinthnekrose. 21

gestalteter Sequester herausgeholt, dessen Herkunft und Art naeh seiner Konfiguration kaum zu deuten ist.

5. Mat. Sekretion deutlieh verringert; sonst Status i d e m . - H 6 r p r i i fu rig: C - - C~ - - Fis4 am Warzenfortsatz deutlieh perziplert.

Fis4, C1 yore Scheitel ins linke O h r ]ateralisiert. Es wird danaeh das l inke Ohr l e s t verschlossen: Umgangssprache dicht am labyrinthlosen offenen Ohr gut perzipiert. Laute Zahlen wie folgt. Dann wird das Ohr mit Gazestreifen lest austamponiert , mit Wat te verbunden and laute Zahlen in gleichem Ab- stand vorgesprochen ( L u e a e * D e n n e r t s c h e r V e r s u c h } . Das GehOr zeigte sieh bei verschlossenem Ohr mindestens ebenso gut wie bet offenem.

Rechtes Ohr auf 50 cm: Often verschlossen

2- - - - -2 2 ~ 2 4 ~ 4 4-~-~ 4 8 ~ 1 8 8 ~ 8 6 ~ 6 37 = 37 9 ~ 9 90 ~ 90

27 ~ 0 65 = 24 3 0 ~ 3

E p ik rise. Es handelt sieh in dem vorstehead mitgeteilten Falle um eine fast totale Labyrinthnekrose~ die sieh im An- sehluB an eia~ ehronisehe Seharlachotitis eatwiekelt hat.

Bemerkenswert erseheint einmal an dem Fall das frtihzeitige Eintreten der Faeialisparese, das auf eine Mitbeteiligung des Labyrinthes yon vornherein bezogen werden muB~ wean man nieht annehmen will~ dab die Parese ,sieh anfangs nur als eine Folge der PaukenhShlenaffektion entwiekelt hat und erst sp~ter bet Weitersehreiten des Prozesses station~tr geworden ist. An- gesiehts der Sequestrierung des Faeialiskanals witre es auch ohne Labyrinthaffektion frtiher oder spater bier zur Parese gekommen.

Zu erw~hnen ist ferner das vollst~ndige Fehlen yon Koor- dinationsstSrungen trotz der Ausstqgung der Bogeng~nge, eine Be0baehtung, die hier wie anderswo far die Beurteilung dieser Organe als Gleiehgewichtsapparat, dcr danaeh kaum yon ihnen allein dargestellt werden kann~ yon Wiehtigkeit ist.

Erwahnenswert ferner ist die Komplikation mit Cholesteatom, das bisher nut selten bet Labyrluthnekrose notiert worden ist, allerdings vielleieht nur deshalb, weil bisher relativ wenige F~lle ether TotalaufmeiBelung unterzogen worden sind. Die tIiirprti- fung" ergab nattirlieh aueh bier vSllige Taubheit, wenn anfangs aueh seheinbare HSrreste vorgetauseht wurden, deren Herkunft yon dem anderen Ohr erst dutch den L u e a e - D e n a e r t s e h e n Versueh festgestellt werden konnte.

Bietet die Deutung des Falles bet allem Interessanten soweit keine Sehwierigkeiten, so zeigt tier Krankheitsverlauf do¢h meh- rere Momente, die auffallend und jedenfalls nieht eindeutig sind.

Page 8: Über Labyrinthnekrose

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Page 9: Über Labyrinthnekrose

:lerz un0. Lunge normal. ~.ppetit gut, ~Vohlbefinden.

• (Dr. Schmall.)

[ Miidlgl~eit, Appetit gerlng, [ Zungo etwaS belegt.

f Kopfschmerz, Appetit schlecht (Erbrechen).

Appetit, Zunge lot.

Frost, dann Temperatursteig. Kopfschme;~en, Erbrechen,

Entfernung eines kleinen Se- questers aus der Tiefe.

Appetlt gut, Zunge frei, keine Kopfschmerzen.

Kopfsehmerz, 0belkeit.

Zunge fmi. Kopfschmerzen in der Nacht.

{ ~Augenhintergnmd normaL) Kopfsclnnerzen~ Erbrechen.

Zunge lelcht be]egt. Phantas|ert.

Erbrechen. Zunge rot, keine Kopfschmerzen. Zunge remer.

Zunge belegt. Herpes febrilis.

Page 10: Über Labyrinthnekrose

24 II. GERBER

Auffallend vor allem sind die Temperatur- und Pulskurven, die nicht als zum Bride der Labyrinthnekrosc als solcher gehSrig bo- tracbtet werden kSnnen (s. S. 22 u. 23).

Die Temperatur zeigt hitufig einen pyamischen Charakter und wenn auch tier Suleus morsch war und der Sinus nicht gerado normal aussah, so enthielt er doch fllissiges, steigendes Blur, und es machten sioh weiterhin keinerlei andere Zeichen yon Py/tmie geltcnd.

Der Puls, im ganzen mit der Temperatur Hand in Hand gehend, zeig't eine auffallende HShe, und bleibt auch bei normal

Nr. Autor Beginn und Verlauf

79

80

8i 82 83 84

85

86

'87

~88

~oeek.

W a g e n - h ~ u s e r .

~ i m m i n o . B a c k .

Poo l ey . Gur a n o w s k i

H a u g .

H e r z f e l d .

P i ck .

Alt .

2

32

21/2

91/2

53

M,

W.

J

W.

M.

]J.

R.

Ohrenflul] seit 1 ~]~ ffahren. Spi~ter Abszel~ und Fistel auf dem Warzenfortsatz 9 aus dem 2 Sequester extrahlert ~verden, yon denen einer den nekrotisehen GehSrgang darstellt.

Ohreiterung seit 1 Jahr, Dauer des l%kro- tisierungsprozesses his zur LoslSsung des Se- questers 3 Monate.

R.

R.u.L

~V. R.u,L.

M. L.

i

t Scharlach im 9. Monat, seitdem Ohreite- [rung" Fistel am Warzenfortsatz. Radikal- operation, Fortbestehen der Eiterung. Dana Extraktion des Sequesters.

Chron~sehe Mittelohreiterung seit Jahrea. Operation naeh Staeke . Fortbestehen der Erseheinungen. Extraktion des kari~sen Steigbiigels~ darnaeh spontane Abstol~ung der ganzen Schnecke.

Etwa 6 Woehen bestehende Seharlach- otitls und Mastoiditis. Fast gleiehzeitige Taubheit und Gesichtssehlaffheit; erst darnaeh Otorrh(ie. Radlkaloperation links, ganzer Warzenfortsatz seqaestrlert; 13 Tage post i operat. Abstol~ung eines Sequesters. Radikal- operation reehts, Warzenfortsatz sequestriert~ Canal. Fallop. und horizont. Bogengang kariSs.

,Selt Jahren" bestehende OtorrhSe. Beider- seits Nekrose der ~ul~eren Labyrinthwand. Konservatlve Behandlung.

Chronisehe tuberkulSse Media. Vollstan- dige ZerstSrung der P romontorialwaad, ebenso der hinterea obere:n kn~ichernen GehDrgangs- Wand mit dem F~ei~liskanal.

Page 11: Über Labyrinthnekrose

l~ber Labyr in thnekrose . 25

gewordener Temperatur bis welt in die Rekonvaleszenz hinein welt fiber der Norm.

Beide steigen wiederholt bei Sondierungen yon dem zerstSr- ten Labyrinth aus raPide in die HShe, w~hrend ffleiehzeitig" Zeiehen meningitischerReizung: Kopfsehmerzen und Erbreehen, eintreten.

Ich lasse nun die you mir zusammengestellte Tabelle folgen, die sich an diejenige I voa O e s c h anreibt, welche mit dem 78. Fallc abschlieBt (vergl. Anmerkung bci der Korrektur S. 17).

BefUnd am Labyrinth Faeialis l~iSrprllfung I Ausgang ] Bemerkungen

Sektion: Pars petrosa sin. geliist. Im Geh~ir- gang Sequester mit Schnecke.

Spontane Losliisung Im ganzeu eines Sehneekenfragmen- Verlauf unbe- tes. bestehend a u s hie- ~eiligt. diolus, Teilen der un- teren u. mittleren Win- dung - - unter Alkobol- behandlufig d Granular

Vollst~ndiges Praparat Stationare der knSehernen Bogen-Paralyse. g~tnge und des hiuteren Vorbofteiles.

Ganze Sehneeke~ 21/2 Faeialis un- Windungen. beteiligt.

HU u. FI. r. u.

Stimmgabel per Luft 0. Weber vom

Scheitel bestimmt nach rcctits,

I

Komplette Taub- h e r (Lucae-Dennert}.

Sequester stellt den Doppelseitige Doppelseitige kom- linken horizontalen, obe- Faeialispara- plette Taubheit. ren und Teile des hiute-lyse. ren Bozengangs dar. - - Reehts kein Sequester.

Kein Sequester.

Kein Sequester.

Unbeteiligt. (?) . . . .

Paraiyse.

Anfangs be[derseits komplette' Taubheit, spater geringes Hi~ r- verm~gcn.

Exitus an Kariiise Pro- Hy_droc. aeut. zesse an d. Ex-

tremitaten. )I i- liartuberkulose.

fteiluug.

Heil-u--ng. Keine Koor- dinationsstS-

l rungeia.

Heilung. Schwindel. 2~u~er d. Laby-

r in th eigentlieh nut d. Recess. epitymo, erkr.

Heilung. Keine Koor- dinationsstS-

rungen.

f

L

- - Schwindel und s~usen.

- - • Lungenphthise: ' ] Keine Koor- I dinati0nsstS"

l rungen.

Page 12: Über Labyrinthnekrose

26 II. GERBER

Nr. Autor Alter ~ ~ ~ .~ l~eginn und Verlauf

S9 L.

90

G r u n e r t und S c h u l z e .

Gerber .

i6s/4

12 W. R.

Ohreiterung seit 6 Woehen. Totalauf- meil~elung. Cholesteatom. Labyrinthoperation yon einer Fistel des horizontalen Bogengangs aus. KnSehernes Schneekengerllst vollkommen zerstSrt. Sparer Abstol~uug eines Sequesters.

Ohrei~erang, Schwerhilrigkelt und Gesiehts- l~hmung seit 9 Jahren nach Scharlach. 1902 Mastoiditis und Senkungsabszel~. Totalauf- meii~elung. Cholesteatom. Ganzer Warzen- fortsatz nekrotisch, ebenso die Promontorial- wand und der Canalis Fallopiae. ]~ntfernung yon 4 Sequestern. Infolge pyRmischer Er- seheinangea 2. Operation. Entfernung yon 5 weiteren Sequestern aus der Tiefe. Sinus- spal~ng.

V o } k 0 m m e n . Ieh habe also bisher, soweit mir die Lite- ratur bekannt geworden, im ganzen 90 Fitlle yon Labyrinth- nekrose gefunden~- eine verh~ltnismii~i$ kleine Anzahl, wenn man bedenkt~ ein wie gro~es Material yon Ohrenkrankheiten jetzt tiberall mit Sorgfalt beobaehtet und bearbeitet wird. B e z o 1 d reeh- net auf 3000 0hrkranke tiberhaupt und auf 500 ehronisehe Mittel- ohreiterungen e i n e Labyrinthnekrose, das sind 0~03 resp. 0,2 Proz.

A t i o l o g i e . Leider fanden sich in der Mehrzahl der Falle keine genauen Angaben tiber die Ursache der Erkrankung an- gegeben. Dal~ die akuten Exantheme, besonders der Seharlaeh mit seiner ZerstSrungswut, auch hier in erster Reihe stehen, ist nieht auff,~illig. Ausdriieklieh als ursaehliehes Moment angegeben ist:

Seharlaeh . . . . . . . 15 real Masern . . . . . . . 3 Trauma . . . . . . . 3 Tuberkulose . . . . . . 3 Erki~ltung . . . . . . . 2 Keuehhusten . . . . . . 1

Kann man hiernaeh~ wie B e z o l d mit Reeht bemerkt, irgend- welehe krankhafte Diathese nieht als besondere Predisposition fur destruktive Prozesse im Labyrinth annehmen, so ist es das Fortdauern der eitrigen Mittelohrentziindung als soleher, die ver- naehl~ssigte, zu sp~te und ungenii~ende Behandlung][derselben vor allem~ die dieses Resultat zu begtinstigen seheinen.

Denn in fast alien F~llen handelt es sieh turn sekund~re Labyrinthaffektionen, und "die vorausgegangene Otitis ist racist

Page 13: Über Labyrinthnekrose

~ber Labyrintbnekrose. 27

Befund am Labyrinth

Ein Teil der Schnecke stilI]t sieh. ab.

Die herausbefhrder ten Sequester stellen dar: horizontalen Bogengang i Teil des Fazialiskanals~ das knheherne Schneeken- gehiiuse in 2 Teilen, Pro:

Sequester.

Fazialis

Par tielle Pa- rese post ope- rationem.

Paralyse seit Beginn d. Ei- terung.

:I:[hrprilfung Ausgang

Taubheit (?).

Tasehenuhr, Flt~ster- sprache ~ 0. C~ C1~ Fis4 am Warzenforto

Heilung.

In ambulante Behandlung

entlassen. satz angeblich rechis gehhrt. Weber unbe-I stimmt, Rinne negat. I

¥(illige Taubheit dutch Lueae-Den- ner tschen Versuch bewiesen.

B emerkungen

Keine Koor- dinationssth-

rungen.

Keine Koor- dinationssth-

rungeu.

eine ehronische. Als prim~tre gelten nur die F~lle yon C h r i ~ s t i n n e e k (34)1) aus der S e h w a r t z e s e h e n Klinik und yon T r a u t m a n n (59); als gleiehzeitig k S n n t e die Affektion des in- neren und mittleren Ohres bei H e r z f e l d (86) und G e r b e r (90) angesehen werden.

Die Angaben liber die Dauer der vorausg'egangenen Otitis geben so ziemlieh alle nur denkbaren Zahlen yon 6 Woehen bis 31 Jahren wieder. Die geringste Dauer gibt O r u b e r (66) mit ,1 Monat ~ an. Nur 6 Wochen sind notiert bet T r a u t m a n n , t t e r z f e l d ~ G r u n e r t und S e h u l t z e i ( 8 9 ) . Abet aueh noch F~ille mit 3 ~Monaten ( S t e p a n o w [50])~ 4~[2 Monaten ( L a n - no i s [73] ) werden wir als aku te ansehen. , I hnen folgen dann wenige mit 8, 12, 14, 16 Monaten, und an diese sehlieBen sieh dann die ausgesproehen chronisehen mit 2, 3, 4 und so fort his 19 Jahren. Sehr oft_'-heigt es nur: ,seit:friihester Jugend" und ,sei t Kindheit" - - bet 15- bis 30jahrigen Individuen, und 2 real ist die Dauer der Eiterung ausdrtieklieh mit 26 und 31 Jahren angegeben.

A l t e r . Es befanden sieh im Alter yon: 1 - -10 Jahren . . . . . . . 37 Patienten

11--20 . . . . . . . 15 21- -30 . . . . . . . 16 3 1 - 40 ~ • . . . . . 7 41- -50 ~ . . . . . . . 8 51- -60 ~ . . . . . . 5 61- -70 . . . . . . . 2

I) Diese Zahlen beziehen sich auf die Oesch-Gerbersche Tabelle.

Page 14: Über Labyrinthnekrose

28 II. GERBER

Danach ist das erste Jahrzehnt das bei weitem am meisten befallene~ was ja dureh seine Disposition zu exanthematisehen und katarrhalischen Erkrankungen zur Gentige erklitrt ist. Von d a a b findet ein stetiger Abfall statt~ der in der dritten und flinften Dekade wohl nur einen scheinbaren Zuwaehs erh~tlt. B e z o l d seheint in seiner spateren Publikatiou (8)geneigt~ eine besondere P~iidisposition des jugendliehen Alters zu !eugnen und sagt hier: ,,¥ielleieht ist in dem grSi~eren Umfange der Laby- rinthsequester aus den ersten Lebensjahren auch der Grund zu suchen 7 warum Uberhaupt die Labyrinthnekrose yon den Autoren bis jetzt so hiiufig im Kindesalter gesehen worden ist, iudem die umfangreichen Sequester dieses Alters tier Beobachtung weniger leicht entgehen konnten~ als die kleinen und zerbrechlichen Knochenfragmente~ wie sic im spftten Alter zu erscheinen ptiegen. ~'

Gesch leeh t . In der Zusammenstellung yon BSte r s (1. c.) ist das weibliehe Geschlecht nur zweimal vertreten, gegen 16 miinn- !iehe Patienten. Bei Be z old verhiilt sich das weibliche zum m~nn- lichen Gcschlecht wie 14 zu 24~ bei O e s c h wie 25 zu 43, und ich habe 30 weibliche zu 47 m~nnlieheu Fi~llen notiert. Es scheint dem- nach doch das anf~tnglich kolossale Uberwiegen des m~tnnlichen Geschlechts, yon dem aueh noch B e z o l d sprieht Qnahezu dop- pelt so hiiufig~), um so mehr zurtiekzugehen~ je mehr Beobach- tungen bekannt werden.

S i t z u n d A u s d e h n u n g des P r o z e s s e s . Unter den 90 F~tllen war die Nekrose:

30 real rechts~ 37 real links, 4 mal doppelseitig.

In 19 F~llen konnte ich die betroffene Seite nicht fes~stellen. Es diirften als0 wohl beide Seiten gleichmiiI~ig affiziert werden.

Was die Ausdehnung des Prozesses betriff~ so bestand-

:Nekrose oder Ausstol~ung des ganzen Felsenbeins resp. der' Pars petrosa . . . . . . . . . . . . 7 real

¥ollst~ndige oder fast vollst~ndige LabYrinthnekrose 17 Sehneckennekrose . . . . . . . . . . . . . 19 Partielle Schneckennekrose . . . . . . . . . 26 Nekrose yon Schneeke und Labyrinthteilen . . . . i0 Labyrinthnekrose ohne naehweisliche Schnecke 5 Nekrose der Bogeng~nge allein . . . . . . . . 2

¥iermal ist die Ausdehnung des Prozesses nicht angegeben. Unter 86 F~llen yon Labyrinthnekrose kam es also in 79 F~llen zum Verlust der Schnecke~ wahrend es sich in etwa 53 Proz. um

Page 15: Über Labyrinthnekrose

Uber Labyrinthnekrose. 29

solitare Sehneekennekrosen handelt. - - Voa diesen ist wiederum die erste Wiadung am haufigsten betroffea, was mit der An- nahme stimmt, daf die Infektion des Labyrinths yore ~ittelohr her dutch das runde Fenster erfolgt, was ja aueh das naehst- liegendste ist. Wenn aber B f t e r s (1. e.) weiter sagt: ,Dean ge- sehahe dies dureh eine Fistel des auferen halbzirkelffrmigen Kanals oder das ovale Feaster, so miiften aueh Beobaehtungea yon alleiniger Ausstofung der halbzirkelffrmigen Kanale exi- stieren, was bekannterma$en nieht der Fall ist" - - so besteht das heute nieht mehr zu reeht, wie die Falle yon G u r a n o w s k i und H e r z f e l d lehren. Also aueh dieser Modus wird bisweilea statthaben kfnnen.

G e h f r . In 25 Fallen fehlen Angaben hiertiber liberhaupt; in 43 ist ,Taubheit ~ notiert, wahrend in den iibrigen 22 Fallen noeh Hfrreste teils dureh Knoehen-~ tells dureh Luftleitung festgestell~ sein sollen. So lateralisierten die Stimmgabel ins kranke Ohr Patienten yon S e h w a r t z e , Cas se l s , C h r i s t i n n e e k , J a - e o b s o n u.a . Nun wissen wir aber heute, dag der W e b e r s c h e Versueh, wie die Priifung mit Knoehenleitung iiberhaupt~ fiir die Feststellung der Labyrinthintaktheit einer Seite gar keinen Wert hat. Eine andere Reihe yon P a t i e n t e n - yon C a s s e l s , G r u - be r , S t r a z z a , L a n n o i s u. a. gab an, aueh dutch Luftleitung Tfne, Fltisterzahlea und Tasehenuhr zu perzipieren.

Wit wissen jetz¢, dais dieses seheinbare Gehfr der sehneeken- losen Seite auf dem Umstaade beruht, daft es unmfglieh ist, aueh bei sorgfaltigstem Versehluf des gesunden Ohres das Gehfr des- selben ganz auszusehliefen. Bewiesen wurde dies dutch den L u e a e - D e n a e r t s e h e n Versueh, weleher zeigte, dab das verstopfte sehneckenlose Ohr seheinbar genau so gut hfre wie das offene. Von den Fallen einseitiger Labyriathnekrose sind 16 mit dem Lu eae- D enn err sehen Versueh geprtift, und diese allein kfnnen in dieser Hinsieht verwertet werden. Hierzu kommen dann die graphisehen Beweise B e z ol d s, weleher darlegte, dab das Dia- gramm (das graphiseh aufgezeiehnete H5rfeld) der sehneekealosea Seite niehts ist als das Spiegelbild tier anderen. Uad sehliel~- lieh steht es lest, dab in den 3 Fallen yon doppelseitiger Laby- rinthnekrose komplete Taubheit bestand.

.Naeh alledem kann auch die Kasuistik der Labyrinth- nekrose in dieser Hinsieht bisher nur so gedeutet warden, daft ein sehneekenloses Ohr aueh ein taubes Ohr i s t . -

Page 16: Über Labyrinthnekrose

30 II. GERBER

F a e i a l i s . Uber das Verhalten des Faeialis habe ieh in 65 Fallen Angaben gefunden and zwar:

Paralysen iiberhaupt . . . . 50 YIiervoa dauernde . . . . . 21 ¥ortibergehende . . . . . . 13.

Die iibrigen nieht naher bezeichnet.

Paresen~ dauernde . . . . . 1 Paresen~ voriibergehende . 3 Reizerseheinungen . . . . . 2 Als nieht affiziert bezeiehnet. 9.

Es waren dies also 77 Proz. Paralysen; B e z o l d gibt deren sogar 83 Proz. an. Eine dauernde sell nur da sein~ we die ZerstSrung des Labyrinths eine sehr ausgedehnte war; bei Ne- krose der Sehneeke allein ist sie meist nut vortibergehead~ was sehon Seh w a r t z e konstatiert hat. Im grol~en und ganzen dtirfte die Anzabl der dauernden Paralysen mit der Zahl der ausge- dehnten Labyrinthnekrosen tibereinstimmen. Sie folgt aaeh Be- z old dem ersten Sehwindelanfall meist ein oder mehrere !~Ionate naeh and gilt ihm als ein Symptom ftir |die fortsehreitende De- markierung und beginnende Wanderung des Sequesters.

Um so anffallender ist hiernaeh die mit tier Eiterung gleieh- zeitig oder fast gleiehzeitig auftretende Gesiehtslahmung in den Fallen yon t t e r z f e l d und G e r b e r .

K o o r d i n a t i o n s s t S r u n g e n . Aueh fiber dieses Symptom sind die Ansiehten nieht ganz gleiehlautende. Bezo ld sagt: ~Die GleiehgewiehtsstSrungen, welehe eine ziemlieh regelmaBige Be- gleiterseheinung bilden (nat in zweien Imeiner Falle sollten sie naeh der Aussage der Kranken wahrend des ganzen Verlaufs ge- fehlt haben), sind teilweise gleiehzeitig mit Sausen~ in einzelnen Fallen mit Erbreehen eingetreten und mtissen dem Kranken mehr auffallen~ als der Eintritt der einseitigen Taubheit auf einem sehon vorher sehwerh5rige a Ohre." - - Bei G r a d e n i g o da- gegen heil]t es: ~Die GleichgewiehtsstSrnngen (Sehwindelanf~ille~ sehwankender Gang) sind~ wie im allgemeinen bei der Diffusion yon eitrigen Prozessen auf~das innere Ohr, wenig markiert and kommen nur in wenigen Fallen (unter 46~sind 12 F/ilte ausdriiek- lieh erwahnt) und bloB vortibergehend vet :~.

Tabeliarisehe Angaben fiber dieses Symptom finden sieh bei B e z o l d und in ;meiaer Zusammenstellung~ und zwar Sind sie notiert als :

Page 17: Über Labyrinthnekrose

0her Labyrinthnekrose. 31

Vorhanden . . . . . . 14 mal Nicht vorhanden . . . . 12 1Nicht gemeldet . . . . 10 Unbekannt . . . . . . 14

Da wohl anzunehmen ist, dal~ ein so auff~lliges und wioh- ¢iges Symptom den Beobachtern nicht entgangen seia wird, so kann man wobl die nicht gemeldeten GleiehgewiehtsstSrungen als nieht vorhanden annehmen~ und hiitte dann etwa 61 Proz. der Labyrinthnekrosen ohne KoordinationsstSrungen~ was den etwa 53 Proz. der solitiiren Sehneekennekrosen entsprechen wiirde. Allerdings wird das Fehlen yon GleichgewiehtsstSrungen mehr- faeh aueh bei zweifellosen Bogengangsaffektionen ausdrtieklich hervorgehoben.

Was den iibrigen Symptomenkomplex betrifft~ so lehrt die Betrachtung der 90 Falle kaum anderes~ als B e z o 1 d sehon seiner Kasuistik yon 46 Fallen entnommen hate und mul~ seine Sehil- derung aueh heute noeh als vollgUltig angesehen werden.

Die subjektiven Gerausche sind selten bei Labyrinthnekrose~ wohl deshalb~ weil ,die Stelle, an welcher sie gewShnlich zu- ,stande kommen~ noch leiehter und rascher der ZerstSrung an- heimfallt~ als die Endausbreitung der ,Rami v e s t i b u l i - in den Ampullen--~ (BezoId).

Fieber und Sehtittelfrost sind selten und wohl meist yon Komplikationen abhangig; Sehmerzen sind oft notiert; sie kSuneu ,direkt yon der Knoehennekrose herriihren und die gauze Kopf- ,halfte einnehmen. Sehr hefti~ werden sie withrend der Wande- ~'ung des Sequesters~ um naeh seiner Ausstol~ung aufzuhSren.

Otoskopiseh zeigt sieh meist das Bild ebronischer Mittelohr- eiterungen mit reiehlioher Polypenbildung. Nach Abtragung der immer wieder rasch rezidivierenden Granulationen~ die bisweilen bis in die Coneha vorwuehern~ sieht man meist ausgedehnte Zer- stSrungen, die bisweilen aueh den innersten Tell der hinteren GehSrgang'swand ergriffen und das Antrum freigelegt haben. Zwisehen den Granulationen stSl~t die Sonde auf rauhen Knoehen und bewegliehe Sequester. Den Polypen legt B e z o l d als Cha- rakteristikum eine ~zentrale Durehbohrung" bei~ die dureh dar- ~nterliegende kleine Sequester veranlai~t sein soiL

Eine Mitbeteiligung des Warzenfortsatzes gibt B e z o l d in 58,7Proz. der Falle an; unter meiaen 9 na~hgetragenen Fallen ~varen allein schon 6.

Page 18: Über Labyrinthnekrose

32 II. GERBER~ Uber Labyrinthnekrose.

Cholesteatom war bis dahin nur einmal yon S e h w a r t z e uad in 2 Fallen yon B e z o l d konstatiert worden; dazu gesellen sieh 2 Falle in meiner Tabelle ( G r u n e r t undS ehut t ze [89] und G e r - b e r [90]). Es dtirfte sich also die Annahme B e z o l d s , dal~ diese Komplikatioa in Wirkliehkeit haufiger ist, bewahrheiten. Aueh war j a his 1886 nur in ftinf der F~lle der Warzenfortsatz rite erSffnet werden; zweimal wurde die Wi ldesehe Inzision ge- maeht. Bei den weitaus meisten Fallen (29) wurden die Sequester aus dem GehSrgang entfernt; einmal ging ein soleher dureh die Tuba ab ( N i e m e t s e h e k ) .

A u s g a n g . Naeh B e z o l d wtirden 20 Proz. aller Fatle yon Labyrinthnekrose an konsekutiven Erkrankungen zugrunde gehen. Und viel besser stellt sieh das Verh~ltnis aueh naeh der bis jetzt reiehenden Kasuistik nieht heraus, naeh weleher sieh etwa 16,6 Pro~. bereehnen lassen.

Unter 13 Fallen yon Exitus waren naeh Oeseh Todesursaehe:

Meningitis . . . . . . . . . 5 real Tells Meningitis, tells Pyiimie . 2 Pyamie . . . . . . . . . . 1 Kleinhirnabszel~ . . . . . . . 3 Tuberkulose . . . . . . . : 2

Heilungen sind bisher 6 notiert.

In Zukunft dtirften wohl die Beobaehtungen yon Labyrinth- nekrosen, trotz gesteigerter Aufmerksamkeit, eher iab- wie zu- nehmen~ da die rationelle Behandlung tder Mittelohreiterungen sieh immer weitere arztliehe Kreise erobert, uud ia jtlngster Zeit der Operateur 'iaueh nieht mehr vor dem Labyrinth angstlieh Halt maeht~ sondern das Kranke zu entfernen sueht, wo immer er es finden und zu beseitigeu hoffen kann.