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918 Uber Reil~verfestigung und Reil~erholung yon Zinkkristallen. Von E~ Sehmid in Berlin-Dahlem. (Eingegangen am 14.~ai 1925.) Oedehnte Zn-Kristalle zeigen cine mit der Weite der vorangegangenen Dehnung ansteigende Zerreil~festigkeit. Diese Reil~festigkeitserhShung kann durch Ein- sehalten einer Erholungspause yon geeigneter Temperatur zwischen Dehnang and Zerreillversueh unter Erhaltung der Gitterlage wieder rtiekgSngig gemacht werden. Die plastisehe Deformation yon Kristallen ist mit Eigenschafts- ~nderungen derselben verkniipft, deren aufffilligste die Verfestigung gegen- fiber weiterer Form~ndernng Jst. Die Ursache sieht man in inneren VerSnderungen (StSrungen) der Kristalle, vor allem entlang der wirken- den (~leitfl~ehen. Diese GitterstSrungen als Deformation der Atom- anordnnngen des ungesti~rten Gitters z.B. durch R~ntgenogramme qnan- titativ zu er~assen, ist bisher nieht gelnngen. Die Meinungen iiber ihre Art nnd GrS~e gehen heute noch welt anselnander. Da seheint es nun nicht unerwiinscht, zungchst einen experimentell einfacheren Weg zu gehen uad die GitterstSrungen in allen ihren Xul]erungen zu studieren. Vielleicht wird man so auf indirektem Wege ihrem Wesen ngherkommen kSnnen. ]n der vorliegenden Notiz soll nur fiber zwei damlt zusammen- h~ngende Erseheinungen kurz berichtet werden, die an gedehnten Zink- krlstallen beobaehtet wurden und in einer yon der GrSl]e der plastischen Dehnung abhangigen ErhShung der Zerreil3festlgkeit -- Reil~verfestigung -- bzw. in einer darauf folgenden Erniedrigtmg derselben dureh Einschaltung elner Erhohmgspause bei erhShter Temperatur unter Erhaltung der Gitter- lage -- Reil~erholung -- bestehenl). Auf die -Reil~verfestigung war bereits seinerzeit kurz hlngewiesen worden*). Es ha tte sieh n~mlieh gezeigt, <tall bei Zimmertemperatur urn mehrere 100 Proz. durch Gleitung entlang der Basisfl~tche gedehnte Zinkkristalle bei -- 1850 C erst bei erheblich grS~eren Normalspannungen anf die Prismenreil~fl~che zerrissen, ats in fliissiger LuSt um nur 20 bls 80 Proz. gedehnte. Trat hingegen die wirkende Gleitfl~iehe (Basis) auch als Reil~lgehe auf, so zeigte sieh leidliehe Konstanz der fiir den Eintritt 1) Da eine Fortsetzung dieser Versuehe zurzeit nieht mSglich ist, erfolgt die VcriJffentlichung in dieser vorl~ufigen Form. ~) E. Sehmid~ Verb. d. Int. Kongr. f. angew. Math. and Mech. Delft 1924.

Über Reißverfestigung und Reißerholung von Zinkkristallen

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918

Uber Reil~verfestigung und Reil~erholung yon Zinkkristallen.

Von E~ Sehmid in Berlin-Dahlem.

(Eingegangen am 14.~ai 1925.)

Oedehnte Zn-Kristalle zeigen cine mit der Weite der vorangegangenen Dehnung ansteigende Zerreil~festigkeit. Diese Reil~festigkeitserhShung kann durch Ein- sehalten einer Erholungspause yon geeigneter Temperatur zwischen Dehnang and Zerreillversueh unter Erhaltung der Gitterlage wieder rtiekgSngig gemacht werden.

Die plastisehe Deformation yon Kristallen ist mit Eigenschafts- ~nderungen derselben verkniipft, deren aufffilligste die Verfestigung gegen-

fiber weiterer Form~ndernng Jst. Die Ursache sieht man in inneren

VerSnderungen (StSrungen) der Kristalle, vor allem entlang der wirken-

den (~leitfl~ehen. Diese GitterstSrungen als Deformation der Atom-

anordnnngen des ungesti~rten Gitters z.B. durch R~ntgenogramme qnan-

titativ zu er~assen, ist bisher nieht gelnngen. Die Meinungen iiber ihre

Art nnd GrS~e gehen heute noch welt anselnander. Da seheint es nun

nicht unerwiinscht, zungchst einen experimentell einfacheren Weg zu

gehen uad die GitterstSrungen in allen ihren Xul]erungen zu studieren.

Vielleicht wird man so auf indirektem Wege ihrem Wesen ngherkommen

kSnnen. ]n der vorliegenden Notiz soll nur fiber zwei damlt zusammen-

h~ngende Erseheinungen kurz berichtet werden, die an gedehnten Zink-

krlstallen beobaehtet wurden und in einer yon der GrSl]e der plastischen

Dehnung abhangigen ErhShung der Zerreil3festlgkeit - - Reil~verfestigung - -

bzw. in einer darauf folgenden Erniedrigtmg derselben dureh Einschaltung

elner Erhohmgspause bei erhShter Temperatur unter Erhaltung der Gitter-

lage - - Reil~erholung - - bestehenl).

Auf die -Reil~verfestigung war bereits seinerzeit kurz hlngewiesen

worden*). Es ha tte sieh n~mlieh gezeigt, <tall bei Zimmertemperatur urn

mehrere 100 Proz. durch Gleitung entlang der Basisfl~tche gedehnte Zinkkristalle bei - - 1850 C erst bei erheblich grS~eren Normalspannungen anf die Prismenreil~fl~che zerrissen, ats in fliissiger LuSt um nur 20 bls 80 Proz. gedehnte. Trat hingegen die wirkende Gleitfl~iehe (Basis) auch als Reil~lgehe auf, so zeigte sieh leidliehe Konstanz der fiir den Eintrit t

1) Da eine Fortsetzung dieser Versuehe zurzeit nieht mSglich ist, erfolgt die �9 VcriJffentlichung in dieser vorl~ufigen Form.

~) E. Sehmid~ Verb. d. Int. Kongr. f. angew. Math. and Mech. Delft 1924.

E. Schmid, t~ber Reifiverfestigung und Reil]erholung von Zinkkristallen. 919

des Bruches verantwortlichen h%rmalspannung 1), trotz der in fltissiger Luft

auftretenden Detmungen zwlschen 0 und 113 Proz. Die auftretenden

Streuungen lagen eher nach der Seite einer Abnahme der Reil~festigkeit

durch Dehnung denn nach der einer Zunahme.

L~ der Tabelle sind nun die Ergebnisse einer Reihe yon Zerrei$-

versuchen bei - - 1 8 5 ~ wiedergegeben, die an Stiicken yon vorher bei

Zimmertemperatur verschieden weir gedehnten Zinkkristallen durchgefiihrt

wurden~). Die Zahlen der Tabelle zeigen einen erheblichen Anstieg der

Zerreil~festigkeit der Kristallbgnder mit zunehmender Weite der Dehnung.

Nach seehsfacher Dehnung ist die ZerreiSfes~igkelt - - und wegen der

guten Konstanz der Endlage des Krlstal lgit ters in gedehnten Zn-Kristallen s)

such die Normalspannung auf die Prismenrei~fl~che ~ 3,8 real so grol3,

als nach 50 proz. Dehmmg

Tabelle . Re i f iver fes t igung und Reif lerholung von Zn-Kris ta l len .

Dehnung

6,0 5,0 5,0 4,8 4,5 4,0 2,6 2,0 1,5

ZerreiBfestigkeit der Kristallb~inder bei -- 1850 C

unmittelbar nach der Delmung

kg/mm 2

9,8 9,6

>8 ,04 ) 8,4 8,2 7,3 5,5 3,2 2,6

nach einer Erholung yon 2 Minuten bei -- 185o C

kg/mm2

m

5,4 4,6 6,2

3,4 r

Erholung

Proz.

44 > 42,5

26,2

38,2

W~hhrend die im plastisch gedehnten Kristal l vorhandenen Gitter-

stSrungea die Reil3festigkeit der wirksamen Gleitflgche gar nicht oder

nu t wenig (nach der Seite einer Schwachung) zu beeinflussen scheinen,

2) Vgl. hierzu E. Schmid, 1. c. ~) Diese Dehnung geschah mit mittlerer Geschwindigkeit (etwa 10 l~in. Ver-

suchsdauer) jeweils his zum Zerrei~en. Die verschiedene Weite tier Dehnung wurde durch Verwendung von Kristallen mi~ verschiedenen Ausgangslagen der Gleit- elemente erreichf. Die Zerreiflversuche bei --1850 C wurden ebenfalls in einem S c h o pp e r schen ~estigkeitspriifer, und zwar mit einer Belastungsgeschwindlgkeit yon 100 g in 15 Sekunden ausgef~ihrt. Die Kris~alle zeigten hierbei kaum noch Dehnung. Diese blieb immer (und zwar in der Regel welt) unter 3 Proz.

s) Die als Reil]fl~che auftretende Prismenfl~che erster Art schlieflt mit der L~ngsachse einen Winkel yon etwa 600 ein.

4) Dieser Kristall hat als bisher einziger bei - -185 ~ C eine kurze Prlsmen- nachdehnung gegeben, w/ihrend welcher die Belastung in unbekannter Weise ab- nahm. 8 kg stellt die Spannung im Moment der Ausbildung der Nachdehnung dar.

920 E. Schmid,

erh6hen sic die Rei~festigkeit einer diese Gleitflachenschar durchsehnei- denden Kristallflache in, mlt der Dehnung zunehmender, eI'heblicher Weise.

Aul3er der Weite der Dehuung wird man wohl auch hler, wie es bei der Ver[estiglmg gegen plastisehe Dehnung der Fall istl), einen Einfln~ der Gesehwindigkeit, mit der die Dehnung erfolgt und der Temperatur auf den Grad der GitterstSmngen und somlt der Ver~estigung erwarten.

In der Tat zeig't ein bei gewShlicher Temperatur sehr langsam (in 1 Stunde)

auf das se~.h.~fache gedehnter Kristall die geringe Zerrei~festig'keit von 5.~ kg/mm ~ bei - - 1850 C (vgl. hierzu die Tabelle).

Am Steinsalz ist die ReiSverfestigung durch plastisehe Deformation yon M. P o l a n y i 2) und insbesondere yon A. go~f63) festgestellt worden.

Letzterer gibt auch den Zusammenhang zwlsehen Reil~festigkeit und - - bei erhShter Temperatur vorgenommener - - Deformation. Aueh in diesem Falle fallen, wie m dem bier besproehenen, wirkende Gleitflache und Spalt- flache n i c h t ~usammen.

Der Nachweis. daI~ die eingangs erwatmte Verfestigung gegen plastische Deformati,,n (ErhShung des Gleitwiderstandes) mit der Zeit

oder dureh teiehte Temperaturerht~hnng wieder zura Verschwinden ge- bracht werden kann4~, was auf ein dadurch bewlrktes Ausheilen der

(~itterstSrungen ,~ hlie~en last, l_~St auch ein Absinken der erhShten Zer-

reil~festigkeit mit der Zeit oder bei TemperaturerhShung erwarten. Eine

solche . Reil~erholung ~ konnte in der Tat naehgewiesen werden. Wird der Zn-Kristall nicht uumittelbar nach der Dehnung einem

Zerrei~versueh in fliissiger Luft unterworfen, sondern eine Pause (bei

leicht erht~hter Temperatur} dazwisehengeschaltet, so ergibt sich eine erheblieh kleinere Zerreil~festigkeit. Die Tabelle zeigt dies ftir einige Falle. Naehbar~tiicke tier unmittelbar nach der Dehnung einem ZerreiS- versueh in flt~,~.-i~er Luft ,mterworfenen Kristallbander (Spalte 2) waren

v,rher einer Erh.lungspause yon 2 Min. bei 80 o C ansgesetzt worden. In

allen Fallen zei~t sich eine betr~ehtliche Abnahme der Zerreigfes~igkeit

nach der Erwarmung. im Mittel um etwa 37 ProzS). Eine Rekristallisation

als Vrsaehe dieser Ent[estizung anznsehen, erscheint nicht mSglich, da durch die angeo'ehene Erhitzun~ in keinem Falle an gedehnten Zn-Kri-

i) 5f. Polany~ und E. Schmid, Verh. d. D. Phys. Ges. 4, 27, 1923. ~) ~[. Polany~, ZS. fiir Elektrochem. 28, 16, 1922. s) A. 5off6, M. W. Kirpl t schewa und M. A. Lewitzky, ZS. f. Phys. ~ ,

286, 1924. t) M. Polanyi und E. Schmid, 1. c. 5) Bei Zimmertemperatur erfolgt die Erholung erheblich langsamer. Nach

einstimdiger Ruhepause war ein deutlicher Erholungseffekt noch nieht nachweisbar.

l'~ber Reiflverfestigung und Reillerholung von Zinkkristallen. 921

stallen Kornneubildnng 1) beobachtet werden konnte (20 Versuche). Die

Prismenreiltflgc.hen zeigten nach der Erhltzung dieselbe typisehe La~'e

ira Bande wie ~orher. In zwei Fgllen wurde das unmittelbar nach der Dehnung ~n fliissiger Lu[t gerissene Band 2 Min. au~ 800 (' erhltzt und

neuerlich in der Kglte gerissen. Die Reil]flgchen verliefen parallel den

vor der Erhitztmg erhMtenenS).

Die durch Gleitung naeh einer anderen kristMlographischen Flt~che

erhShte Reil]festigkeit einer Kristallflache kann also, wie die Tabelle zeigt.

unter vSlliger Erhaltung der makroskopischen Gitterlage wieder herab-

gesetzt werden. Die Rei~verfestigung kann dutch Rei~erlmlung (zum

mindesten teilweise) wieder riickgangig gemacht werden.

Vielleicht spielt eine solche Reil3erholung auch bei dem vnn A. , loff~

und M. L e w i t z k y beobachteten Absinken der Zerreit~festigkeit verfestigter

Steinsalzkristalle eine Rolle3).

Zusammenfassend lgl]t sich somit sagen, da~ die bei der plastischen

Dehnung auftretenden Ver~nderungen des Kristalis, die sich vor Mlem in

einer Schubvedestigung der wirkenden (und aueh latenter) (~leitfliichen

~ul]ern, a~uch eine Reil]verfestigung ~-on die (~leitfl:,ichen durchschneidenden

Kristallfl~chen bewirken. Wie die Schnbverfestigung. nimmt auch die

Reil]verfestigung mit zunehmender plast~scher Delmun~ zu. Und analog

wie die Verfestigung gegen plastische I)eformation (zufol,a'e der thermi-

sehen Bewegung der Gitterpunkte) durch Erh~dung' wiedm" aufzetmben

werden kmm. erfahrt a uch die erhShte Reiflfest~zkeit hierdurch eint' Ab-

nahme. So wie die KristMlverfestigung eine Schubvm'festigung (Form-

verfestigung) und elne Reil]verfestigung umf~t3t, umfal]t de,mmch au,'h die

Kristallerholung eine Schubertmlung und eine Reit]erh.hmg.

FrSulein S e h u l z sei auch an dieser Stelle fiir ihr, Unterstiitzun~

bei der Durehftihrung der Versuohe bestens gedankt.

B e r l i n - D a h l e m , Kaiser Wilhehn-lnsti tut fiir Fa,-erst,,fh'hemie.

1) Selbst nieht an den mit einer Sehere abgesehnittenen Enden der Bander. ~} Die Reillfestigkeiten betrugen hier naeh der Erhitzung 6,4 und 6,8 kg]lnm ~

gegen 7,3 und 8.2 kg~mm ~ vorher. Die Kristalle hatten sieh ,also nnr um 12.3 und 17.6 Proz. erholt. Wegen des den ubrigen Versuehen gegenuber ver~inderten Aus- gangszustandes ffir die Erhotung - - die Kristalle kSnnten dureh geringe Dehnung in der K~itte eine zusatzliehe Verfestigung erfahren haben - - sind die naeh der Erhohmg erhaltenen Reillfestigkeiten nicht in der Tabelle emgetragen.

~) A. Joffd und M. Lewi tzky . ZS. f. Phys. 31, 576, 1925.