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408 E. VYSLONZIL: nur ein Zahn, sondern gleich eine ganze Reihe yon Z~thnen als herdver- d~ichtig geopfert werden mill]ten. Mit dem Nachweis eines Granuloms ist bekanntlich das Vorliegen eines Herdes noch nicht bewiesen. Es handelt sich also auch bei den Zahnherden meist nur um Wahrschein- lichkeitsdiagnosen. Die Forderung nach grunds~tzlicher primi~rer Sanierung der Zabn- herde kann daher unsererseits nicht anerkannt werden. Es ist in jedem Fall anzus~reben, den schuldigen Herd ausfindig zu machen nnd zungchst dlesen zu entfernen. Liif~t sieh eine solche Entscheidung nicht treffen, dann sind nicht zuerst die Z~ihne zu extrabieren, sondern die Tonsillen zu exstirpieren. Literatur. APPEL: Das Fokalproblem, seine Kl~rung und Kausaltherapie. Haag/Aml0er: Hermann Linck 1947. -- l%I~T : Die Anginose. Berlin n. Wien: Urban & Schwarzen- berg 1921. --MEYS,R, OTTO:Dent. inf. dent. Digest g0, l~o 12 (1944). P~OELL: Dengale HeJ'dinfektion. Aus: Der 1Rheumatismus. Dresden: Theodor Steinkopff 1947. --I~rHA: Dtsch. zahngrztl. Wsehr. 1948, 135. --RITTER U. KIESTOPF:Die Schulzahnpflege, Organisation und Betrieb. Berlin: Hermann Meusser 1916. - - WALDAPFEL: Ref. Zbl. ttals- usw. Heilk. 39, 30 (1949).- WESSELu Xlinik der Hals-, Nasen- und Ohren-Erkrankungen. Berlin u. Wien: Urban 3~ Schwarzenberg 1942. 67. Herr E. VYSLONmL-Wien: ]~ber zellige und humorale Ver~inde- rungen des Blutbildes nach Reiztest in der Nasensehleimhaut. (Mit 2 Text- abbildungen.) Obwohl schon seit langem Wechselbeziehungen zwischen der l~asen- schleimhaut und anderen Organen bekannt sind, so hat man doch diesen wenig Aufmerksamkeit geschenkt, einerseits wegen der mehr morpho- logischen Betrachtungs- und Arbeitsweise in der Rhinologie, andererseits weft wir fiber Art und Wege dieser Mechanismen nut wenig gesichertes Wissen besitzen. Mit der zunehmenden Erkenntnis der Bedeutung des ~tonomen lqervensystems fiirEinzelorgane, Organsysteme und Ges~mt- reaktionslage des Organismus, ist dem Studium physiologischer und pathologischer Zusammenhange aueh in unserem Fache eine neue Rich- tung gegeben. Urn in das bunte Bild der Beziehungen zwischen Nasenschleimhaut und anderen Organen wie Atmungsorgane, Verdauungstrakt, Sexua'l- organe und Blur ein gewisses ordnendes 1)rinzip zu bringen, haben wir die Erscheinungen, die wir nach Reiztesten der :Nasenschleimhaut beobachten konnten daraufhin untersucht, wieweit sie sich in sym- pathische oder parasympathische Symptomenkomplexe einreihen lassen. Aus dem Rahmen dieser an verschiedenen Organen vorgenoramenert

Über zellige und humorale Veränderungen des Blutbildes nach Reiztest in der Nasenschleimhaut

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Page 1: Über zellige und humorale Veränderungen des Blutbildes nach Reiztest in der Nasenschleimhaut

408 E. VYSLONZIL:

nur ein Zahn, sondern gleich eine ganze Reihe yon Z~thnen als herdver- d~ichtig geopfert werden mill]ten. Mit dem Nachweis eines Granuloms ist bekanntlich das Vorliegen eines Herdes noch nicht bewiesen. Es handelt sich also auch bei den Zahnherden meist nur um Wahrschein- lichkeitsdiagnosen.

Die Forderung nach grunds~tzlicher primi~rer Sanierung der Zabn- herde kann daher unsererseits nicht anerkannt werden. Es ist in j edem Fall anzus~reben, den schuldigen Herd ausfindig zu machen nnd zungchst dlesen zu entfernen. Liif~t sieh eine solche Entscheidung nicht treffen, dann sind nicht zuerst die Z~ihne zu extrabieren, sondern die Tonsillen zu exstirpieren.

Literatur.

APPEL: Das Fokalproblem, seine Kl~rung und Kausaltherapie. Haag/Aml0er: Hermann Linck 1947. - - l%I~T : Die Anginose. Berlin n. Wien: Urban & Schwarzen- berg 1921. --MEYS, R, OTTO: Dent. inf. dent. Digest g0, l~o 12 (1944). P~OELL: Dengale HeJ'dinfektion. Aus: Der 1Rheumatismus. Dresden: Theodor Steinkopff 1947. --I~rHA: Dtsch. zahngrztl. Wsehr. 1948, 135. --RITTER U. KIESTOPF: Die Schulzahnpflege, Organisation und Betrieb. Berlin: Hermann Meusser 1916. - - WALDAPFEL: Ref. Zbl. ttals- usw. Heilk. 39, 30 (1949).- WESSELu Xlinik der Hals-, Nasen- und Ohren-Erkrankungen. Berlin u. Wien: Urban 3~ Schwarzenberg 1942.

67. Herr E. VYSLONmL-Wien: ]~ber zellige und humorale Ver~inde- rungen des Blutbildes nach Reiztest in der Nasensehleimhaut. (Mit 2 Text- abbildungen.)

Obwohl schon seit langem Wechselbeziehungen zwischen der l~asen- schleimhaut und anderen Organen bekannt sind, so hat man doch diesen wenig Aufmerksamkeit geschenkt, einerseits wegen der mehr morpho- logischen Betrachtungs- und Arbeitsweise in der Rhinologie, andererseits weft wir fiber Art und Wege dieser Mechanismen nut wenig gesichertes Wissen besitzen. Mit der zunehmenden Erkenntnis der Bedeutung des ~tonomen lqervensystems fiir Einzelorgane, Organsysteme und Ges~mt- reaktionslage des Organismus, ist dem Studium physiologischer und pathologischer Zusammenhange aueh in unserem Fache eine neue Rich- tung gegeben.

Urn in das bunte Bild der Beziehungen zwischen Nasenschleimhaut und anderen Organen wie Atmungsorgane, Verdauungstrakt, Sexua'l- organe und Blur ein gewisses ordnendes 1)rinzip zu bringen, haben wir die Erscheinungen, die wir nach Reiztesten der :Nasenschleimhaut beobachten konnten daraufhin untersucht, wieweit sie sich in sym- pathische oder parasympathische Symptomenkomplexe einreihen lassen. Aus dem Rahmen dieser an verschiedenen Organen vorgenoramenert

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Veriinderungen des Blu~bildes nach l~eiztest in der Nasenschleimhaut. 409

Untersuchungen seien die dabei gefundenen Ver/~nderungen des Blut- bildes demonstriert.

So haben wir denn bei einer gr6Beren Anzahl yon Versuchspersonen, bei denen wir bei den iiblichen Un~ersuchungsmethoden kein ttinneigen zu einer sympathischen oder parasympathischenr Tonuslage finden konnten, unterhalb des Endes der mittleren Muschel nach leichter Cocainisierung eine kleinerbsengroBe Koagulationsmarke (elektrisch) gesetzt. An dieser Stelle deshalb, weft wir hier knapp nach dem Aus- treten der Nervenelemente aus dem Foramen spheno-palutinum ein dickes, nerv6ses Netzwerk finden, l~ach einem Leerversuch haben wir dann einige Tage sparer nach dem Setzen des t~eizes zuerst in 20miniit- lichen Intervallen, dann alle Stunden die entsprechenden Blutunter- suchungen durchgefiihrt und zwar Kontrolle des weiBen Blutbildes, der Blutzuckerknrve sowie das Gesamteiwei$ und die BluteiweiBfrak- tionen (Albumine und G!obuline), diese mit der Kjeldahl-Methode und auf elektr0phoretlschem Wege.

Bei diesen Versuchen finden wir nun beim weiBen Blutbild eine rasch sicb entwiekelnde, deutliche Eosinophile, die ihren H6hepunkt bereits 45 min nach Versuchsbeginn erreicht, weniger ausgepr/~gt aber regelmi~i]ig aufscheinend kommt es im gleiehen Zei~punkt zu einer Lymphoeyten- vermehrung. Ers~ 45 rain spi~ter sehen wir eine Zunahme neutrophiler Leukocyten.

Versuchen wir unsere Befunde mit den yon ttOFF und anderen auf- gestellten sympathischen und parasympathischen Blutbildern zu ver- gleichen, so spricht die sich rasch entwickelnde Eosinophilie und Lympho- cytose ffir ein vagales Blutbild. Ob die spi~ter auftretende Neutrophilie als sympathische Gegenregulation aufzufassen ist oder Folge des lok~len Entzfindungsreizes, soll offenbleiben.

Die Bhtzuckerkurve zeigt zu Beginn des Versuches eine auffallende Senkung, erreicht ihren tiefsten Punkt 45 rain nach Versuchsbeginn, steigt nach weiteren 45 rain auf einen HSbepunkt, der welt fiber der Norm liegt, und fiillt dann ffir diengchsten Stunden neuerlich unter diese.

Die Blutzuckerkurve wird gerne zur Beurteilung vegetativer Ein- fliisse auf das Blur herangezogen. Durch ErhShung des Sympathicus- tonus kommt es zu einer Funktionssteigerung der adrenergischen Organe, wodurch wieder ein gesteigerter Abbau des Leberglykogens erfolgt und somit ein Ansteigen der Blutzuckerkurve. Andererseits bedingt die Zunahme des Parasympathicustonus e~,::e verst~rkte Insulinausscheidung und dadureh Glykogenaufbau und Sinken tier Blutzuckerkurve. Unser Kurvenbild sprieht d:~mnaeh ffir einen dutch die lgeizung der Nasen'-. sehleimhaut ausgelSsten, gesteigerten Parasympathicustonus, der nach 45 rain die tiefsten Zuckerwerte veranlaBt. Dann allerdings kommt es zu einem kompensatorischen, wohl sympathisch bedingten Ansteigen der

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Zucl{erwerbe. Nach AufhSl-en dieses sympathischen StoBes finden wir wieder auf mehrere Stunden die urspriingliche vagale, gesenkte Kurve.

SehlieBlich haben wir das GesamteiweiB und die Serumalbumine und Globulinefraktionen un~ersucht und auch bier regelm~Bige Ver- ~nderungen gefunden. Auch hier erschein~ der zeitpunkt 45 min nach Versuchsbeginn besonders charakterisiert, da wir neben einem Ansteigen des GesamteiweiBspiegels eine deutliche Vermehrung der Albumine um

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Abb. 1. Abb. 2.

Abb. 1. Oben: Ausgezogene Linie en tspr ich t der no rma len Blu tzuckerkurve (Leerwert ) in der Zeit zwischen 6--830 Uhr . Gestr ichelte Linie entspr ight d em phasischen Verlauf der B lu tzucke rkurve nach Reiztest . U n t e n : Anste igen der Eosinphilen nach Reiztest .

Abb. 2. ~Veii~es Rech teck entsprichb de m gesamten Plasmaeiwei8. Ausgefiilltes Rechteck: schwarz Albumine . quer schraff ier t a - G l o b u l i u e , lfings schraff ier t /~-Globuline, quer und ]&rigs schraff ier t y-Globnline. S&ule 1: Lee rwer t ; S&ule 2 : 4 5 rain nach Versuchs- beghan Anst ieg des GesamteiweiBes auf Grund der A l b u m i n v e r m e h r u n g ; S~u]e 3: die E iwe i2f rak tonen beginnen sich n u n zugu~s ten tier Globuline zu verschieben; S~tfle 4: en tsprechend der A b n a h m e der Albumine ha be n sich d i e 7-Globuline perzentuel l wei ter

ve rme hr t .

ein Viert, el ihrer Gesamtmenge und mehr finden. Dem HShepunkt der sympathischen Gegenreaktion entsprich~ der Zeitpunkt, in dem das GesamteiweiB und die Albuminreak~ion "beginn~ abzusinken, dagegen setzt eine Steigerung der y-Globuline ein. Dieses zeitliche Zusammen- fallen mit deutlichen vegetar Regulationsmechanismen ist auffallend. So decken sich die letzr EiweiBver~nderungen mit Blutver- ~nderungen, z.B. bei akuten Infek~en, die man als ausgesprochen sym- pathicoton beschreibt und die ebenfalls mit einer Albuminabnahme und y-Globulinzunahme einhergehen. Andererseits l~Bt die urspriinglicbe, so deutliche Albuminzunahme und das folgende Absinken zugunsten der Globuline einen Riickschlui~ auf den Entstehungsmechanismus der Globu-

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G. EIGLER: Beziehungen des malignen Granuloms zu echten Geschwfilsten. 411

line zu und gibt uns ein Bild des Ablaufes der physiologisehen Abwehr- reakr d e r EiweiBkSrper. Ohne jedoch hier weiter eine autonome Beeinflussnng hervorzuheben, wollen wir diese Erscheinungen als kon- stanten Faktor festhalten, der durch ~eizung des Nasenschleimhaut ausge]Ss~ wird.

Zusammenfassend kann fes~gestellt werden, d ~ eine Reizung der nervSsen Elemenfe der Nasenschleimhaut zu regelm~l~igen Ver~nde- rungen des zelligen und humoralen Blutbildes ffihren. Diese stimmen weitgehend mit den typischen Befunden iiberein, die man ffir das Uber- wiegen eines autonomen Tonusantei]es beschreibt. Die yon der Nasen- schleimhaut ausgehenden Ver~nderungen sind haupts~tchlich vagalel" N ~ u r , die jedoch 90 rain nach Versuchsbeginn den HShepunkt einer sympath~schen Gegenregulation erkennen lassen.

Wenngleich wir es bei unseren Beobaehtungen, biologisch gesehen, mit einem sehr heftigen Reiz zu tun haben, so handelt es sich doch nur um ein sehr kleines, gereiztes Schleimhautareal, verglichen mit der Gesam~oberfi~che der Nasenschleimhaut. Da[t pathologisehe Zustands- ~nderungen der Schleimhant, die ja auch das in ihr gelegene nervSse Gewebe beeinflussen, fiber diesen Weg zu ~nderungen der vegetat iven Grundeins~ellung fiihren kSnnen, liegt nahe. Immer mehr erkennen wir, da~ es ein gro~es und wesentliches Gebiet zwischen klinisch krank und wirklich gesund gibe, unter den vielfach ungekl~rten Ursachen dazu diirfte auch nasalen Refiexmechanismen eine Bedeutung zukommen.

Literatur.

GRi~NBERG ER, V., u. E. VYSLO~ZIL: Zur ]~ehandlung chronischer Obstipationen fiber nasale Refiexmechanismen. - - ttARRER, G. : Pathophysiologische und vege- tative Untersuchungen an ttirnverletzten unter besonderer Beriicksichtigung zentral-nervSser ]~egulationsstSrungen (im Druck). - - HooF, F. : Erg. inn. Med. 33 (1928). - - KOLBL, Otsch. reed. Wschr. (im Druck). - - M ~ L L E I % L. ]:~.: Lebensnerven und Lebenstriebe. - - STVRM, A. : Neue reed. Welt ]9,~0, Nr 39/30, ] 003.

68. Herr G. EIGLER-Gie[Jen: Uber die Beziehungen des malignen Granuloms zu den echten Geschwiilsten. (Mit 2 Textabbildungen.)

Trotz der Ver5ffentlichung einiger 50 F~lle yon Granuloma gangrae- nescens und ~rotz der zum Tell eingehenden Beschreibung ihres klinischen und morphologischen Verhaltens ist die Entstehung dieser seltenen und eigenartigen Erkrankung sowohl in kausa]er als auch in histogenetischer Hinsicht vSllig ungekli~r~. Obgleich es sich bei dem Leiden naeh dem histologischen und klinischen Bride weitgehend um einen entziindlichen Prozefi handelt, haben die balcteriologischen Untersuchungen keinen

Arch. Ohr- usw. Heilk. u. Z. Hals- usw. tteilk., Bd. 159 (Kongrefibericht 1951). 27t~