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BERUFSFACHSCHULEN Umsetzungshilfen zu den Lehrplanrichtlinien der Berufsfachschule für Altenpflegehilfe Altenpflegehilfe HANDREICHUNG STAATSINSTITUT FÜR SCHULQUALITÄT UND BILDUNGSFORSCHUNG MÜNCHEN

Umsetzungshilfen zu den Lehrplanrichtlinien … · BFS für Altenpflege und Altenpflegehilfe des ... Insgesamt wird bei der Umsetzung große pädagogische Freiheit eingeräumt

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Umsetzungshilfen zu den Lehrplanrichtliniender Berufsfachschule für Altenpflegehilfe

Altenpflegehilfe

HANDREICHUNG

STAATSINSTITUT FÜR SCHULQUALITÄTUND BILDUNGSFORSCHUNG

MÜNCHEN

STAATSINSTITUT FÜR SCHULQUALITÄT

UND BILDUNGSFORSCHUNG MÜNCHEN

Umsetzungshilfen

zu den Lehrplanrichtlinien

der Berufsfachschule für Altenpflegehilfe

München 2009

Erarbeitet im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus Leitung des Arbeitskreises und Redaktion:

Yvonne Ruscheinsky, ISB Mitglieder des Arbeitskreises: Anita Götzer

Stiftung kath. Familien- und Altenpflegewerk BFS für Altenpflegehilfe Mitterfeldstraße 20 80689 München

Ute Kick

Schulzentrum der BFS für Altenpflegehilfe Parkstraße 49 95450 Coburg

Ute Müller

BFS für Altenpflegehilfe Hans-Weinberger-Akademie der Arbeiterwohlfahrt e.V. Industriestraße 31 81245 München

Marcus Rasim

Altenpflegeschule Scheinfeld BFS für Altenpflege und Altenpflegehilfe des Landkreises Neustadt/Aisch – Bad Windsheim Goethestraße 6 91443 Scheinfeld

Herausgeber: Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung

Anschrift: Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung Abteilung Berufliche Schulen Schellingstr. 155 80797 München Tel.: 089 2170-2211 Fax: 089 2170-2215 Internet: www.isb.bayern.de

Inhaltsverzeichnis

INHALTSVERZEICHNIS

1 ZIEL UND HANDHABUNG DER KONKRETISIERUNG 1

2 DER LEHRPLAN DER BERUFSFACHSCHULE FÜR ALTENPFLEGEHILFE 2 2.1 Leitgedanken des Unterrichts 2 2.2 Übersicht über Fächer und Lernfelder 3 2.3 Die Stundentafel 4

3 KONKRETISIERUNG DER LERNFELDER 5

4 ANREGUNGEN 22 4.1 Situationen aus dem beruflichen Alltag 22 4.2 Umsetzungshilfe zum selbstregulierten Lernen 22 4.2.1 Exemplarische Lernsituationen 23 4.2.2 Verdeutlichung einer Lernsituation anhand eines Verlaufschemas 29 4.2.3 Reflexion und Evaluation als wichtiger Schritt der Selbstregulierung 32 4.2.4 Der fächerübergreifende Einsatz von Lernsituationen 36 4.2.5 Beobachtungsinstrumente für die Lehrkräfte 37 4.2.6 Die Bewertung und Benotung der Bearbeitung von Lernsituationen 39 ANHANG Hinweis: Im Folgenden wird der besseren Lesbarkeit halber überwiegend die männliche Form verwendet.

Handreichung BFS für Altenpflegehilfe

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1 ZIEL UND HANDHABUNG DER KONKRETISIERUNG Zu Beginn des Schuljahres 2007/2008 ist der neue Lehrplan für den Ausbildungsberuf staat-lich geprüfter Pflegefachhelfer / staatlich geprüfte Pflegefachhelferin (Altenpflege) in Kraft gesetzt worden (KMBek vom 14.09.2007 (Nr. VII.5-5 S9410.2-3 – 7.96382)). Dieser Lehrplan kann in der derzeit aktuellen und gültigen Fassung vom Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung, Abteilung Berufliche Schulen, im Internet unter http://www.isb.bayern.de eingesehen werden. Die vorliegende Handreichung wurde in Abstimmung mit ausgewählten Lehrkräften ver-schiedener Berufsfachschulen für Altenpflegehilfe erarbeitet. Ziel ist es, die Umsetzung des derzeit gültigen Lernfeldlehrplans zu erleichtern und eine Orientierungshilfe zu schaffen, in-dem ein Inhaltskatalog angegeben wird. Diese Eckdaten stellen außerdem sicher, dass nicht nur eine einheitliche Umsetzung dieses Lehrplans innerhalb von Bayern möglich wird, son-dern sie bilden die Grundlage für die Erstellung der Prüfungen. Die zugrundeliegende Struktur orientiert sich an den Lernfeldern des Lehrplanes, die den einzelnen Fächern zugeordnet sind. Die Inhalte der Lehrpläne werden innerhalb einer Jahr-gangsstufe in der Reihenfolge behandelt, die sich aus der gegenseitigen Absprache der Lehrkräfte zur Abstimmung des Unterrichts ergibt. Diese Konkretisierung der Lernfelder durch inhaltliche Angaben erleichtert nicht nur die Abstimmung innerhalb der Lehrerteams, sondern bietet auch die Möglichkeit, die Umsetzung des Lehrplanes auf einem einheitlichen Grundverständnis aufzubauen. Die Fachinhalte des Lehrplans sind stichwortartig und bewusst abstrakt formuliert. Die Kon-kretisierung ergibt sich im Zusammenhang mit einer beruflichen Handlung und im Hinblick auf das Ausbildungsziel und die Zielformulierungen der Lernfelder. Welchen Beitrag die ein-zelnen Fächer zur Förderung der Handlungskompetenz leisten können, ist ebenfalls aufge-führt. Insgesamt wird bei der Umsetzung große pädagogische Freiheit eingeräumt. Somit besteht auch die Chance, dem jeweiligen Schulprofil Rechnung zu tragen. Entscheidend für die Umsetzung des Lehrplans ist die Entwicklung von Lernsituationen, die selbstreguliertes Lernen fördern. Ausgangspunkte sind dafür berufliche Aufgabenstellungen bzw. Handlungssituationen. Diese gewährleisten, dass die abgebildeten Handlungsfelder eines staatlich geprüften Pflegefachhelfers (Altenpflege) exemplarisch in handlungsorientier-te Unterrichtssequenzen transferiert werden und somit berufliche Handlungskompetenz ge-fördert wird. Lernsituationen konkretisieren die Lernfelder und werden in Sequenzen unter-richtet. Dabei sollen die Inhalte der verschiedenen Unterrichtsfächer nicht isoliert vermittelt werden, sondern in einen thematischen und handlungssystematischen Zusammenhang ein-gebunden werden.

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2 DER LEHRPLAN DER BERUFSFACHSCHULE FÜR ALTENPFLEGEHILFE 2.1 Leitgedanken des Unterrichts

Die Umsetzung kompetenz- und lernfeldorientierter Lehrpläne hat zum Ziel, die Hand-lungskompetenz der Schülerinnen und Schüler zu fördern. Unter Handlungskompetenz wird hier die Bereitschaft und Befähigung des Einzelnen verstanden, sich in berufli-chen, gesellschaftlichen und privaten Situationen sachgerecht, durchdacht sowie indi-viduell und sozial verantwortlich zu verhalten.

Ziel des Unterrichts ist es, dass die Schülerinnen und Schüler die Bereitschaft und Be-fähigung entwickeln, auf der Grundlage fachlichen Wissens und Könnens Aufgaben und Probleme zielorientiert, sachgerecht, methodengeleitet und selbstständig zu lösen und das Ergebnis zu beurteilen. Des Weiteren stehen stets die Entwicklung ihrer Per-sönlichkeit und die Entfaltung individueller Begabungen und Lebenspläne im Fokus des Unterrichts. Dabei werden Werte wie Selbstständigkeit, Kritikfähigkeit, Selbstver-trauen, Zuverlässigkeit, Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein vermittelt. Die Bereit-schaft und Befähigung, soziale Beziehungen zu leben und zu gestalten, Zuwendungen und Spannungen zu erfassen und zu verstehen sowie sich mit anderen rational und verantwortungsbewusst auseinanderzusetzen und zu verständigen, müssen im Unter-richt gefördert und unterstützt werden.

Dazu ist es notwendig, Unterrichtskonzepte zu entwickeln, die die Schülerinnen und Schüler individuell fördern und sie im Prozess des selbstregulierten Lernens unterstüt-zen.

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2.2 Übersicht über die Fächer und Lernfelder Berufskunde, Rechtskunde, Sozialkunde Lernfeld 1: Berufliches Selbstverständnis entwickeln 80 Std. Lernfeld 2: Alte Menschen im Kontext ihrer Zeitgeschichte begleiten 40 Std. 120 Std. Deutsch und Kommunikation Lernfeld 1: Informationen gewinnen, zusammenfassen und weitergeben 40 Std. Lernfeld 2: Situationsgerecht kommunizieren 40 Std. 80 Std. Grundlagen der Pflege Lernfeld 1: Dem Alter begegnen 120 Std. Lernfeld 2: Erste Hilfe leisten 40 Std. Lernfeld 3: Bei Diagnose und Therapie mitwirken 40 Std. 200 Std. Pflege und Betreuung Lernfeld 1: Menschen bei der Körperpflege unterstützen 60 Std. Lernfeld 2: Menschen in ihrer Mobilität unter Berücksichtigung des

Wohnumfeldes unterstützen 60 Std. Lernfeld 3: Menschen bei der Ernährung und Ausscheidung unterstützen 60 Std. Lernfeld 4: Hauswirtschaftliche Versorgung durch gemeinsames Handeln

sichern 40 Std. Lernfeld 5: Menschen bei der Lebensraum- und Lebenszeitgestaltung

unterstützen und begleiten 80 Std. Lernfeld 6: Menschen in besonderen Lebenssituationen unterstützen

und begleiten 40 Std. Lernfeld 7: Menschen mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen

unterstützen und begleiten 60 Std. 400 Std.

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2.3 Die Stundentafel

Theoretischer und fachpraktischer Unterricht

Berufskunde, Rechtskunde, Sozialkunde 120 Deutsch und Kommunikation 80 Grundlagen der Pflege 200 Pflege und Betreuung 400 Gesamt 800 Pflegerische Praxis 700 davon in der Krankenpflege mind. 160 Summe 1500

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3 KONKRETISIERUNG DER LERNFELDER Die Beschreibung der einzelnen Lernfelder ist aus dem aktuell gültigen Lehr-plan; die Konkretisierung in Form von Inhalten wurde ergänzt und kursiv dar-gestellt. Die Inhalte konkretisieren die Zielsetzung. Darüber hinaus gibt es Ziele, die als grundlegende Prinzipien im Unterricht beachtet werden müssen. Dazu zählen z. B. das Beachten der persönlichen Rechte der zu Pflegenden, die ganzheit-liche und ressourcenorientierte Pflege, die Berücksichtigung kommunikations-psychologischer Grundsätze und das wirtschaftliche Arbeiten.

Berufskunde, Rechtskunde, Sozialkunde

Lernfeld 1 80 Std. Berufliches Selbstverständnis entwickeln

Ziel Die Schülerinnen und Schüler setzen sich mit der historischen Entwicklung der Pflege und mit aktuellen berufspolitischen Fragestellungen auseinander.

Die Schülerinnen und Schüler sorgen für ihre eigene physische und psychische Gesunder-haltung. Sie erkennen die Notwendigkeit der ständigen beruflichen Weiterentwicklung und nutzen Angebote für die berufliche Weiterentwicklung.

Die Schülerinnen und Schüler kennen die Bedeutung ethisch-religiöser Zielsetzungen für ihr pflegerisches Handeln.

Die Schülerinnen und Schüler beachten Maßnahmen des Arbeitsschutzes.

Die Schülerinnen und Schüler beschreiben die Struktur des Pflegeprozesses und leiten ihre Aufgaben daraus ab.

Die Schülerinnen und Schüler kennen und berücksichtigen ihre Rechte und Pflichten als Arbeitnehmer in der Altenhilfe.

Die Schülerinnen und Schüler beschreiben die Kommunikationsabläufe in Einrichtungen aus Erfahrungen ihrer praktischen Einsätze.

Die Schülerinnen und Schüler arbeiten nach den Qualitätsvorgaben der Einrichtungen.

Inhalte Professionalisierung der Pflege Entwicklung des Pflegeberufes Berufsverbände und Gewerkschaften Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten Rechte und Pflichten der Pflegefachhelfer Grundrechte berufsrechtliche Vorgaben (Arbeitsschutzgesetze, Jugendschutz) Strafrecht Haftungsrecht Betreuungsrecht Strategien zur physischen und psychischen Gesunderhaltung im Pflegeberuf Bewältigungsstrategien bei berufstypischen Konflikten Selbstpflege (Entspannungstechniken, Rückenschule, Ernährung, Zeitmanagement, Sucht-prävention)

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Herausforderungen an die Rolle des Pflegefachhelfers Macht – Ohnmacht Nähe – Distanz Charta für hilfe- und pflegebedürftige Menschen Qualitätssicherung Pflegeprozess Qualitätsbegriff Qualitätskriterien

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Berufskunde, Rechtskunde, Sozialkunde

Lernfeld 2 40 Std. Alte Menschen im Kontext ihrer Zeitgeschichte begleiten

Ziel Die Schülerinnen und Schüler kennen die geschichtliche Entwicklung Deutschlands im 20. Jahrhundert und wesentliche Aspekte der europäischen Einigung. Sie beschreiben Möglichkeiten zur Mitwirkung in der Demokratie.

Die Schülerinnen und Schüler berücksichtigen ihre Kenntnisse der Zeitgeschichte in ihrer alltäglichen pflegerischen Arbeit.

Inhalte Einschneidende historische Ereignisse in der Biografie der Generation der zu Pflegenden Lebensbedingungen der Pflegebedürftigen vor dem Hintergrund der Zeitgeschichte Individuelles Erleben und Bewältigen des Alltags im zeitgeschichtlichen Kontext Auswirkungen der Europäischen Einigung System der sozialen Sicherung Demografische Entwicklungen Generationenvertrag Sozialversicherungen Mitwirkungsmöglichkeiten des Bürgers in der Demokratie Teilnahme an Wahlen Mitgliedschaft in Parteien, Verbänden und Bürgerinitiativen Gebrauch von Medien zur politischen Einflussnahme

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Deutsch und Kommunikation

Lernfeld 1 40 Std. Informationen gewinnen, zusammenfassen und weitergeben

Ziel Die Schülerinnen und Schüler kennen unterschiedliche Informationsquellen, erfassen deren Inhalte und geben diese korrekt und adäquat in mündlicher und schriftlicher Form weiter. Sie erweitern ihre sprachliche Ausdrucksfähigkeit.

Die Schülerinnen und Schüler dokumentieren fachgerecht und erstellen berufsbezogene Texte.

Die Schülerinnen und Schüler kennen unterschiedliche Lerntechniken. Sie reflektieren ihr Lernverhalten und ihren Lernfortschritt.

Inhalte Berichten Adressatenbezogene schriftliche und mündliche Berichte im Berufsalltag Berufliche Schreiben (Telefonnotiz, Gesprächsnotiz, Protokoll) Beschreiben Arbeitsabläufe Personen Inhalte von Grafiken und Schaubildern Lernen Rationelles Lernen und persönliche Arbeitstechniken Lesestrategien Strukturierung von Fachtexten (gliedern und visualisieren) Wiedergabe von Inhalten Präsentieren von Arbeitsergebnissen Argumentieren Bewerben Lebenslauf Bewerbungsschreiben

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Deutsch und Kommunikation

Lernfeld 2 40 Std. Situationsgerecht kommunizieren

Ziel Die Schülerinnen und Schüler kommunizieren mit Hilfebedürftigen und Angehörigen ange-messen. Sie kennen Modelle von Kommunikationsformen und entwickeln eine wertschät-zende Gesprächshaltung.

Die Schülerinnen und Schüler informieren sachbezogen und vollständig. Sie nehmen Kritik an und äußern diese.

Inhalte Kommunikationsfähigkeit als personale Kompetenz Umgangsformen Empathie Verbalisierung von Gefühlen Aktives Zuhören Ich Botschaften Strategien zur Konfliktlösung Kommunikationsmodelle Verbale und nonverbale Kommunikation Bewerbungsgespräch Mitarbeitergespräch Streitgespräch Angehörigengespräch Berücksichtigung der persönlichen Besonderheiten bei der Kommunikation mit Hilfe- bedüftigen

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Grundlagen der Pflege

Lernfeld 1 120 Std. Dem Alter begegnen

Ziel Die Schülerinnen und Schüler beschreiben wesentliche psychische und physische Verän-derungen im Alterungsprozess.

Die Schülerinnen und Schüler erfassen die Bedeutsamkeit der Erhaltung und Förderung der Gesundheit im Alter. Sie beschreiben beispielhaft Maßnahmen der Prävention, Prophy-laxe und Rehabilitation.

Die Schülerinnen und Schüler kennen grundlegende Konzepte der Wahrnehmungspsycho-logie und der Entwicklungspsychologie.

Die Schülerinnen und Schüler verstehen Biografien vor dem generationsspezifischen und individuellen Hintergrund.

Die Schülerinnen und Schüler orientieren sich am humanistischen Menschenbild und entwickeln eine ethische Grundhaltung.

Inhalte Altersbedingte physiologische Veränderungen Überblick über die Organe und Organsysteme Gefäßsystem Atmungssystem Bewegungssystem Sinnesorgane Altern aus psychologischer und soziologischer Sicht Altersmodelle Entwicklungsmodell von Erikson im Hinblick auf das Alter Altern in unterschiedlichen Kulturen Prävention – Prophylaxe – Rehabilitation Begriffsklärung und Bedeutung Geriatrische Rehabilitation Beobachtung als pflegerische Aufgabe Grundlagen der Wahrnehmungspsychologie Beobachtungsarten Beobachtungsfehler Beobachtungssituationen in der Pflege Dokumentation von Beobachtungen Pflegeprozess Geplantes Handeln in der Pflege Ressourcenorientierte Pflege Datensammlung und Zielformulierungen Pflegemaßnahmen Weitergabe von Beobachtungen / Informationen Biographie als Grundlage pflegerischen Arbeitens Generationentypische Biographien Biographie der Pflegekraft und ihre Auswirkungen auf das pflegerische Handeln Biographie des Pflegebedürftigen – Biographiearbeit unter Berücksichtigung kultureller Besonderheiten

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Menschenbilder als Grundlage pflegerischen Handelns Humanistisches Menschenbild und leitbildorientiertes pflegerisches Handeln Pflegeethik

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Grundlagen der Pflege

Lernfeld 2 40 Std. Erste Hilfe leisten

Ziel Die Schülerinnen und Schüler erkennen häufig auftretende akute lebensbedrohliche Zustände, führen lebensrettende Sofortmaßnahmen durch und organisieren weiterführende Hilfe. Sie kennen die Elemente einer Standardnotfallausrüstung in Pflegeeinrichtungen und leisten Assistenz bei deren Anwendung in einer Notfallsituation.

Die Schülerinnen und Schüler leisten Erste Hilfe bei häufig auftretenden nicht lebensbe-drohlichen Notfällen und organisieren weitergehende Hilfe.

Die Schülerinnen und Schüler erkennen die Notwendigkeit einer der Situation angemesse-nen Kommunikation mit den auf Erste Hilfe angewiesenen Menschen und leisten die not-wendige psychische Betreuung sowie entsprechenden Beistand.

Die Schülerinnen und Schüler ergreifen geeignete Maßnahmen zum Selbstschutz.

Inhalte Erste Hilfe Kurs gemäß den Empfehlungen des deutschen Beirats für erste Hilfe und Wiederbelebung (mind. 16 UE) Erste Hilfe in geriatrischen Notfallsituationen Herzinfarkt Apoplex Diabetes Mellitus Asthma Sturz Knochen- und Weichteilverletzungen Standardnotfallausrüstung in Pflegeeinrichtungen

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Grundlagen der Pflege

Lernfeld 3 40 Std. Bei Diagnose und Therapie mitwirken

Ziel Die Schülerinnen und Schüler führen fachgerecht diagnostische und therapeutische Maß-nahmen nach schriftlicher ärztlicher Verordnung und Delegation durch Pflegefachkräfte fachrecht durch. Sie begleiten Patienten entsprechend in Absprache mit Pflegefachkräften und Ärzten, beobachten ob Komplikationen und Schmerzen auftreten und geben ihre Wahrnehmungen entsprechend weiter.

Inhalte Kontrolle und Beobachtung von Vitalzeichen Quantitativ Qualitativ Weitergabe von Beobachtungen an die Pflegefachkraft Mitwirkung bei physikalischen Maßnahmen Wickel Auflagen Bäder Kriterien der Schmerzbeobachtung

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Pflege und Betreuung

Lernfeld 1 60 Std. Menschen bei der Körperpflege unterstützen

Ziel Die Schülerinnen und Schüler unterstützen Menschen biographieorientiert, situationsge-recht und kultursensibel bei der Körperpflege. Sie beachten die persönlichen Rechte zu pflegender Menschen.

Die Schülerinnen und Schüler berücksichtigen Behinderungen der zu pflegenden Menschen angemessen.

Die Schülerinnen und Schüler führen geeignete Prophylaxen durch.

Die Schülerinnen und Schüler kennen Anatomie und Physiologie sowie alterstypische Veränderungen der Haut und Hautanhangsgebilde.

Die Schülerinnen und Schüler führen hygienische Maßnahmen zum Selbst- und Fremd-schutz durch und beachten umwelthygienische Aspekte.

Die Schülerinnen und Schüler achten auf einen wirtschaftlichen und umweltschonenden Energie- und Materialeinsatz.

Inhalte Körperpflege als Beziehungspflege Ganz- und Teilkörperpflege Spezielle Pflegemaßnahmen unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse des zu Pflegenden Kulturelle und ethnische Besonderheiten der Körperpflege An- und Auskleiden Bekleidung als Ausdruck der Persönlichkeit Bekleidungsgewohnheiten und -vorschriften verschiedener ethnischer Gruppen An- und Auskleiden auch unter Berücksichtigung der Grunderkrankungen Haut und Hautanhangsgebilde Anatomie und Physiologie Hautveränderungen Prophylaxen (Dekubitus, Intertrigo, Soor- und Parotitis) Hygiene Eigenhygiene Hygiene in ambulanten und stationären Einrichtungen Umwelthygiene

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Pflege und Betreuung

Lernfeld 2 60 Std. Menschen in ihrer Mobilität unter Berücksichtigung des Wohnumfeldes un-terstützen

Ziel Die Schülerinnen und Schüler unterstützen zu pflegende Menschen bei der Erhaltung und Förderung ihrer Mobilität. Sie kennen geeignete Hilfsmittel, Anpassungs- und Unterstüt-zungsmöglichkeiten zur Gestaltung eines sicheren und gesundheitsförderlichen Lebens- und Wohnraumes und setzen diese adäquat und fachgerecht ein.

Die Schülerinnen und Schüler beschreiben in Grundzügen die Anatomie und Physiologie und kennen altersspezifische Erkrankungen des Herzkreislaufsystems, des Bewegungssys-tems und des Nervensystems.

Die Schülerinnen und Schüler wenden geeignete Hebe- und Stützgriffe bei Lagerung und Transfer an.

Die Schülerinnen und Schüler führen geeignete Prophylaxen durch.

Die Schülerinnen und Schüler beachten die persönlichen Rechte zu pflegender Menschen.

Inhalte Mobilität Hilfsmittel Möglichkeiten der Wohnraumanpassung Maßnahmen zur Förderung der Mobilität Krankheitslehre der häufigsten altersspezifischen Erkrankungen Herzkreislaufsystem (Herzinsuffizienz, Hypertonie, Arteriosklerose, Herzinfarkt) Bewegungssystem (Arthrose, Osteoporose) Nervensystem (Apoplex, Morbus Parkinson) Prophylaxen Kontrakturen Sturz Thrombose Kinästhetische Grundprinzipien

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Pflege und Betreuung

Lernfeld 3 60 Std. Menschen bei der Ernährung und Ausscheidung unterstützen

Ziel Die Schülerinnen und Schüler unterstützen Menschen bei der Versorgung mit Nahrung und Flüssigkeit und bei ernährungsbewusstem Verhalten.

Die Schülerinnen und Schüler unterstützen Menschen individuell bei der Ausscheidung. Sie setzen übliche Inkontinenzhilfsmittel korrekt ein.

Die Schülerinnen und Schüler kennen wesentliche Grundlagen der Ernährungslehre und beschreiben in Grundzügen Anatomie und Physiologie des Verdauungsapparates und des Urogenitaltraktes. Sie kennen grundlegende alterspezifische Erkrankungen des Verdau-ungsapparates, des Urogenitaltraktes und des Stoffwechsels.

Die Schülerinnen und Schüler beobachten den Ernährungszustand, das Ernährungsverhal-ten und Ausscheidungsverhalten zu pflegender Menschen, erkennen Veränderungen, geben diese weiter und leiten geeignete Maßnahmen ab.

Die Schülerinnen und Schüler führen geeignete Prophylaxen durch.

Die Schülerinnen und Schüler arbeiten mit anderen Berufsgruppen zusammen, um die Gesundheit alter Menschen durch Ernährung zu fördern.

Die Schülerinnen und Schüler beachten ethische und rechtliche Grundlagen. Sie gehen sicher mit Gefühlen wie Scham und Ekel um.

Inhalte Grundlagen aus der Ernährungslehre Nährstoffe Ernährung im Alter Ernährungszustand Ess- und Trinkhilfen Ausscheiden Flüssigkeitsbilanzierung Schweiß, Sputum, Erbrechen Inkontinenzformen Maßnahmen der Kontinenzförderung Inkontinenzhilfsmittel Erkrankungen des Urogenitaltraktes Zystitis Erkrankungen des Verdauungsapparates Diarrhoe Obstipation Hämorrhoiden Karzinom Stoffwechselerkrankungen Adipositas Diabetes Mellitus Prophylaxen Aspiration Pneumonie

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Obstipation Zystitis Dehydratation Strategien im Umgang mit Scham und Ekel

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Pflege und Betreuung

Lernfeld 4 40 Std.

Hauswirtschaftliche Versorgung durch gemeinsames Handeln sichern

Ziel Die Schülerinnen und Schüler stellen die hauswirtschaftliche Versorgung gemeinsam mit zu betreuenden Menschen und Angehörigen unter Beachtung der Ressourcen sicher.

Die Schülerinnen und Schüler unterstützen zu betreuende Menschen individuell beim Einkauf von Lebensmitteln und Getränken und bei der Zubereitung von Nahrung unter Berücksichtigung der Gesundheitsförderung.

Die Schülerinnen und Schüler unterstützen zu betreuende Menschen beim Einkauf von Pflegemitteln und bei der Reinigung und Einrichtung des unmittelbaren Umfeldes; ebenso bei der Beschaffung und Pflege von Kleidung und Wäsche.

Die Schülerinnen und Schüler achten auf die Privatsphäre beim Umgang mit persönlichen Gegenständen.

Inhalte Hilfestellung bei der Nahrungszubereitung auch unter Berücksichtigung vorliegender Krankheitsbilder Diätkost Schonkost Reduktionskost Grundregeln der Wäschepflege Unterstützung beim Gestalten des unmittelbaren Wohnumfeldes Wohnraumreinigung Reinigungs- und Pflegemittel Sichtreinigung Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen und Hilfsdiensten

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Pflege und Betreuung

Lernfeld 5 80 Std. Menschen bei der Lebensraum- und Lebenszeitgestaltung unterstützen und begleiten

Ziel Die Schülerinnen und Schüler gestalten die Lebensumgebung der zu betreuenden Men-schen mit. Unter Anleitung von Fachkräften entwickeln sie eine Tagesstruktur mit den pfle-gedürftigen Menschen und unterstützen Menschen bei der Aufrechterhaltung ihrer Tages-struktur in der privaten, teilstationären und stationären Lebenswelt. Sie beziehen die Lebensgewohnheiten der zu betreuenden Menschen in ihr Handeln mit ein.

Die Schülerinnen und Schüler geben für die Pflegeplanung relevante Beobachtungen an Fachkräfte weiter und begleiten und fördern Menschen entsprechend den Pflegeplänen.

Die Schülerinnen und Schüler erstellen unter Anleitung von Fachkräften individuelle und biografieorientierte Beschäftigungsangebote und orientieren sich bei der Unterstützung an den Ressourcen der Menschen.

Inhalte Biografieorientierte Tagesstrukturierung Glaube und Religion in der Biografie Persönliche, kulturelle sowie religiöse Feste und Feiern im Jahresverlauf Ausgewählte Grundtechniken musischen und gestalterischen Arbeitens Möglichkeiten des Gedächtnistrainings und Spiele für alte Menschen Beschäftigungsmöglichkeiten mit bettlägerigen Menschen Lebensräume älterer Menschen Wohnformen Milieugestaltung

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Pflege und Betreuung

Lernfeld 6 40 Std. Menschen in besonderen Lebenssituationen unterstützen und begleiten

Ziel Die Schülerinnen und Schüler unterstützen Menschen in besonderen Lebenssituationen. Dabei berücksichtigen sie grundlegende Kenntnisse aus der Psychologie über das Erleben und Verhalten von Menschen in kritischen Lebenssituationen.

Die Schülerinnen und Schüler setzen sich mit dem Thema Sterben und Tod auseinander und begleiten sterbende Menschen und deren Angehörige angemessen. Sie befassen sich mit den moralischen Fragestellungen zum Suizid.

Die Schülerinnen und Schüler gehen mit dem Thema Sexualität im Heimalltag und in der Pflegebeziehung aufgeschlossen und einfühlsam um.

Die Schülerinnen und Schüler kennen Hilfsangebote und Netzwerke für Menschen in besonderen Lebenssituationen.

Inhalte Reagieren auf Menschen in kritischen Lebenssituationen Heimeinzug Chronischer Schmerz (Subjektivität des Schmerzempfindens) Pflegebedürftigkeit Nahrungsverweigerung Suizidgefahr Abwehrmechanismen (Verdrängung, Verleugnung, Aggression, Regression) Sterben und Tod Unterstützung bei der Pflege sterbender Menschen (Sterbephasen, Hospiz) Versorgung von Verstorbenen Umgang mit Trauer im Pflegealltag Kulturelle und ethnische Aspekte Sexualität im Alter Sexualität in der Pflegebeziehung Sexuelle Bedürfnisse im Heimalltag Institutionen Beratungsstellen Selbsthilfegruppen staatliche, kommunale und private Hilfssysteme

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Pflege und Betreuung

Lernfeld 7 60 Std. Menschen mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen unterstützen und begleiten

Ziel Die Schülerinnen und Schüler unterscheiden die häufigsten gerontopsychiatrischen Erkran-kungen. Sie erkennen typisches Verhalten, das auf dementielle Prozesse, Depressionen, Wahnerkrankungen oder Ängste zurückzuführen ist.

Die Schülerinnen und Schüler nehmen eine validierende Grundhaltung ein und begleiten Menschen mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen situationsgerecht unter Anleitung der Fachkräfte.

Die Schülerinnen und Schüler berücksichtigen biografische Kenntnisse und die soziale Situation der gerontopsychiatrisch erkrankten Menschen bei der Alltagsgestaltung, Betreu-ung und Pflege. Sie beachten die individuellen Kompetenzen von Menschen mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen und vermeiden Über- und Unterforderung in der Begleitung.

Die Schülerinnen und Schüler kennen unterschiedliche Wohn- und Lebensformen für alte Menschen mit dementiellen Erkrankungen.

Inhalte Pflegerische Schwerpunkte bei gerontopsychiatrischen Krankheitsbildern Demenz Depression Wahn Angststörungen Betreuungsansätze im Umgang mit dementiell erkrankten Menschen Grundprinzipien Umgebungsgestaltung Wohnformen Betreuungsangebote

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4 ANREGUNGEN 4.1 Situationen aus dem beruflichen Alltag Um den Prinzipien des handlungsorientierten Unterrichts gerecht zu werden, wird empfohlen, mit konkreten Situationen aus dem beruflichen Alltag zu arbeiten. Problemorientierte Lern-situationen mit individuellen Hilfestellungen fordern die Lernenden in hohem Maße und er-möglichen eine Identifikation mit der Problemstellung. Nur durch eine Vorgabe, die es den Schülerinnen und Schülern ermöglicht, selbstständig zu entscheiden, wie und mit welchen Strategien sie die Problemlösung erreichen, können die berufliche Handlungskompetenz gefördert und die Entwicklung der Persönlichkeit unterstützt werden. Kontinuierlich sollte deshalb das Bemühen um die Förderung selbstregulierten Lernens im Mittelpunkt stehen. Die Lehrkraft übernimmt dabei die Rolle des Begleiters und Moderators und unterstützt die Lernenden in ihrem Handeln partnerschaftlich. Der Lehrende traut dem Lernenden zu, den Lernprozess selbstständig zu regulieren. Folgende Kriterien kennzeichnen eine Lernsituation:1 • Einbindung der Lernenden als aktiv Handelnde • eindeutige Aufforderung zur Lösung des Problems • Aufforderung nur zu solchen Handlungen, die zur Lösung der Problemstellung not-

wendig sind • Förderung von Kompetenzen • Verwenden von Verben, die zum Handeln auffordern • hoher Grad an beruflicher Identität auch durch Vorhandensein konkreter Angaben,

Daten, Zahlen usw.

4.2 Umsetzungshilfe zum selbstregulierten Lernen Im Folgenden wird anhand mehrerer Lernsituationen, die die Schüler dazu auffordern, selbstständig und praxisgerecht das dargestellte Problem zu bewältigen, die Umsetzung des selbstregulierten Lernens erklärt.

1 Entnommen aus: ISB Handreichung segel-bs: „Selbstreguliertes Lernen in Lernfeldern“

Handreichung BFS für Altenpflegehilfe

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4.2.1 Exemplarische Lernsituationen Lernsituation 1: „Mit Frau Meier stimmt etwas nicht!“ Lernfeld: 1 Fach: Pflege und Betreuung Ziel: „…unterstützen Menschen biographieorientiert, situationsgerecht und kultur-

sensibel bei der Körperpflege. Die Schülerinnen und Schüler führen geeignete Prophylaxen durch.“

Mögliche Handlungsaufträge zu dieser Lernsituation:

1. Informieren Sie sich über das Krankheitsbild „Dekubitus“ und berücksichti-gen Sie dabei folgende Aspekte.

• Ursachen, Entstehung, Entwicklungsstadien • besonders gefährdete Personen, Risikofaktoren • Prophylaxemaßnahmen

2. Erstellen Sie eine Übersicht über geeignete prophylaktische Pflegemaß-

nahmen bei Dekubitusgefährdung. 3. Überlegen Sie anhand der gesammelten Informationen, wie Sie bei der Pfle-

ge von Frau Meier vorgehen würden. Halten Sie Ihre Ergebnisse fest und ordnen Sie die Maßnahmen den passenden AEDL-Bereichen oder einem anderen entsprechenden Pflegemodell zu.

4. Entscheiden Sie, welche Maßnahmen den Gesundheitszustand von Frau

Meier verbessern können und begründen Sie dies.

„Mit Frau Meier stimmt etwas nicht“

Frau Meier, 78 Jahre alt, ist nach einem länger zurückliegenden Sturz, bei dem sie sich eine Oberschenkelhalsfraktur zugezogen hatte, zunehmend immobil und verbringt viel Zeit im Bett. Bisher wurde sie von ihrer 54-jährigen Tochter aufopfernd gepflegt. Da diese nun selbst schwer erkrankt ist, wurde Frau Meier in die Kurzzeitpflege bei Ihnen im Pfle-geheim Sonnenschein in Bayreuth aufgenommen. Im Übergabegespräch erhalten Sie als Pflegefachhelferin von der Stationsleitung den Auftrag, die Körperpflege bei Frau Meier zu unterstützen. Sie begeben sich in ihr Zimmer, begrüßen sie, stellen sich vor und unterhalten sich bald recht gut mit ihr. Frau Meier liegt auf dem Rücken und klagt über Schmerzen am Gesäß. Sie entdecken dort eine deutlich gerötete Stelle. Auch fällt Ihnen auf, dass Frau Meier kachektisch ist. Sie informieren die zuständige Stationsleitung über Ihre Beobachtung und machen Vor-schläge bezüglich der Maßnahmen, die zu ergreifen sind.

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Wie bereits beschrieben, enthält eine Lernsituation eine problemhaltige Aufgabenstellung aus der Berufs- und Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler, die diese dazu veranlasst, selbstständig ein Ergebnis (Problemlösung) zu erarbeiten. Man kann von Schülern, die es nicht gewöhnt sind, ohne didaktische Anweisung mit Lernsituationen zu arbeiten, natürlich nicht erwarten, dass sie eigenständig anhand einer vorgelegten Problemstellung Lösungen suchen. Durch geeignete Hilfestellungen (Handlungsaufträge) soll der Schüler im Laufe der Zeit dazu motiviert und befähigt werden, die Phasen der vollständigen Handlung weitgehend selbstreguliert zu durchlaufen.

Die vollständige Handlung2

Die verschiedenen Phasen der vollständigen Handlung sind alle gleichbedeutend.

In dieser realitätsnahen, problemhaltigen Aufgabenstellung schlüpft der Schüler in die Rolle der handelnden Person. Durch den Aufforderungssatz am Ende der Lernsituation wird er zur Lösung des Problems und dadurch zur selbstregulierten Erarbeitung eines Lösungsvor-schlags aufgefordert. Hierbei ist zu beachten, dass dieser Appell nicht nur zur Lösung des dargestellten Problems auffordert, sondern auch zur situativen Anwendung von Wissen. Hilfestellungen in Form von konkreten Handlungsaufträgen fordern zum Handeln in den je-weiligen Phasen der vollständigen Handlung auf. Entsprechende Verben wie z. B. „informie-ren Sie sich …“, „planen Sie …“, „entscheiden Sie …“ verdeutlichen dies. Nicht immer wer-den alle Phasen der vollständigen Handlung durch die Handlungsaufträge abgedeckt. Je selbstregulierter die Schüler arbeiten können, desto weniger Handlungsaufträge sind not-wendig, um sie in ihrem Lernen zu unterstützen.

2 Entnommen aus: ISB Handreichung segel-bs: „Selbstreguliertes Lernen in Lernfeldern“

Orientieren

Informieren

Planen

Durchführen

Bewerten

Reflektieren

Dokumentieren Präsentieren

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Ein grundlegendes Ziel selbstregulierten Lernens ist es also, eine Problemlösung ohne die schriftlich verfassten Handlungsaufträge zu erarbeiten. Die Schüler sollen ohne Anweisun-gen alle Phasen der vollständigen Handlung selbstständig durchlaufen. Die Handlungsaufträge (Lehr- /Lernarrangements) werden entsprechend dem Ablaufschema der vollständigen Handlung als Arbeitsaufträge formuliert. Die erste Phase – das Orientieren – wird oft nicht explizit in die Arbeitsaufträge aufgenommen, weil sie häufig aus einem reflek-tierenden Lesen der Lernsituation besteht. Bei Handlungsaufträgen werden nur die Schritte formuliert, die unmittelbar zur Lösung der Problemstellung notwendig sind und in der Realität auch tatsächlich so durchgeführt werden. So wird auf eine Aufforderung wie z. B. „Erstellen Sie einen umfangreichen Hefteintrag zum Thema Dekubitus“ verzichtet, da ein umfassender Hefteintrag in der Realität nicht zur Lö-sung der Problemstellung notwendig ist. Um den Realitätsbezug zu erhalten, muss der Schü-ler sich mit seiner beruflichen Rolle identifizieren können (hier als Pflegekraft von Frau Mei-er). Handlungsaufträge wie „Besprechen Sie das Problem mit Ihrem Tischnachbarn …“ las-sen ihn in die Schülerrolle schlüpfen und sind daher zu vermeiden. Aus diesem Grund wer-den auch keine Handlungsaufträge zur Reflexions- und Bewertungsphase formuliert, aber bei der Planung zur Umsetzung der Lernsituation finden sie Berücksichtigung. Bei der Formulierung der Handlungsaufträge ist ferner zu berücksichtigen, welche Lernstra-tegien3 mit der Lernsituation vertieft bzw. neu eingeführt werden sollen. So zielt z. B. der Handlungsauftrag 1: „Informieren Sie sich über das Krankheitsbild…“, auf die Informationsbeschaffungsstrategie ab. Handlungsauftrag 2: „Erstellen Sie eine Übersicht über geeignete…“, verweist auf die selektive Informationsstrategie. Die Ressourcenstrategie wird im Handlungsauftrag 3: mit der Aufgabe „…ordnen Sie die Maßnahmen…zu“ eingeführt. Die Formulierung in Handlungsauftrag 4: „Entscheiden Sie, welche Maßnahmen…“, impliziert eine Problemlösungsstrategie, um zur Lösung des Problems, der Entscheidung, zu gelangen. Um zu gewährleisten, dass der Schüler Entscheidungen auf der Grundlage konkreter Daten trifft, ist es oft von Vorteil, der Situation notwendige Informationsmaterialien beizufügen. Um die Erstellung von Lernsituationen mit Schwerpunkt selbstreguliertem Lernen zu erleich-tern, hat sich folgender Katalog an Gütekriterien4 bewährt: • hoher Grad an authentischen beruflichen Handlungssituationen • Problemlösung (Entscheidung, Überprüfung, Stellungnahme ...), die das Ergebnis der

erfolgreichen Gewinnung und Anwendung von Kompetenzen ist • eindeutige Aufforderung zur Lösung des Problems in der Situation • Situation auch ohne Handlungsaufträge lösbar

3 Überblick über Lernstrategien im Anhang 4 Entnommen aus: ISB Handreichung segel-bs: „Selbstreguliertes Lernen in Lernfeldern“

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• Einbindung der Problemstellung in die Lernsituation • Förderung von Kompetenzen, v. a. die Entwicklung der beruflichen Handlungskompe-

tenz • Vorhandensein von konkreten Angaben wie Daten, Zahlen, Briefen, Angeboten, Statis-

tiken • direkte Handlungsaufforderung an die Lernenden durch die Lernsituation • Einbindung der Lernenden als aktiv Handelnde in die Lernsituation • Veranlassung der Lernenden durch die Lernsituation, eigenständig die vollständige

Handlung auszuführen • Aufforderung nur zu solchen Handlungen, die zur Lösung der Problemstellung notwen-

dig sind • Verwendung von Verben, die zur vollständigen Handlung auffordern (informieren, be-

sorgen, berechnen, entscheiden…)

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Lernsituation 2: „Frau Gruber klagt über Bauchschmerzen“ Lernfeld: 3 Fach: Pflege und Betreuung Ziel: „… beobachten den Ernährungszustand, das Ernährungsverhalten und Aus-

scheidungsverhalten zu pflegender Menschen, erkennen Veränderungen, ge-ben diese weiter und leiten geeignete Maßnahmen ab.“

Mögliche Handlungsaufträge zu dieser Lernsituation:

1. Informieren Sie sich über die Krankheitsbilder „Obstipation“ und „“Hämorrhoiden“ • Definition • Ursachen • Symptome • Gefahren • Prophylaxemaßnahmen

2. Überlegen Sie sich, welche Faktoren bei Frau Gruber zur Entstehung der problemati-

schen Situation beigetragen haben. 3. Wählen Sie drei geeignete Maßnahmen aus, um ein erneutes Auftreten der Sympto-

me zu vermeiden.

4. Sie erhalten für die nächste Teambesprechung den Auftrag, die von Ihnen ausge-wählten Maßnahmen vorzustellen und die Auswahl zu begründen. Bereiten Sie sich schriftlich auf die Teambesprechung vor.

„Frau Gruber klagt über Bauchschmerzen“

Frau Gruber, 83 Jahre alt, Pflegestufe 1, wohnt seit sechs Wochen im Seniorenheim „Am Stadtpark“. Die rüstige Seniorin versorgt sich weitgehend selbst. Bei der morgend-lichen Grundpflege braucht sie Unterstützung, da sie aufgrund einer starken Arthrose im rechten Schultergelenk und dem rechten Kniegelenk in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt ist. Frau Gruber hält sich fast nur im Zimmer auf, da ihr das Gehen selbst mit ihrem Rollator große Schmerzen bereitet. In ihrem Zimmer sitzt sie meist in ihrem bequemen Sessel am Tisch, sieht fern und isst dabei gerne Schokolade. Frau Gruber trinkt sehr wenig (ca. 850 ml pro Tag). Als Sie heute Vormittag zu ihr ins Zimmer kommen, sitzt Frau Gruber in gekrümmter Hal-tung am Tisch, hält sich beide Arme vor den Bauch und sagt auf Ihre Nachfrage, dass sie starke Bauchschmerzen hat. Beim Blick in das Dokumentationssystem sehen Sie, dass Frau Gruber bereits seit fünf Tagen keinen Stuhlgang mehr hatte. Frau Gruber möchte von Ihnen wissen, was die Ursache für ihre Bauchschmerzen ist und was sie dagegen tun kann. Sie versprechen Frau Gruber, dass Sie sofort die zuständige Pflegefachkraft informieren. Nach Besuch des Hausarztes, der sofort von der zuständigen Pflegefachkraft gerufen wird, stellt er folgende Diagnose: massive Obstipation mit starker Reizung der Hämorrhoi-den. Er verordnet ein Klistier und verschreibt eine Hämorrhoidalsalbe.

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Lernsituation 3: „Frau Nolde zieht ins Heim“ Lernfeld: 6 Fach: Pflege und Betreuung Ziel: „… unterstützen Menschen in besonderen Lebenssituationen.“

„Frau Nolde zieht ins Heim“

Frau Nolde, 78 Jahre alt, lebte bisher alleine in ihrer Wohnung in Coburg und versorgte sich selbstständig. Ihre Tochter Martha besuchte sie dreimal die Woche und brachte ihr die nötigen Lebensmittel. Aufgrund eines Sturzes im vergangenen Winter musste Frau Nolde am Oberschenkel operiert werden. Obwohl die Fraktur gut verheilte, erlangte sie ihre alte Mobilität nicht wieder. Sie entschied sich nach Rücksprache mit ihrer Tochter für einen Umzug in die Senioren- residenz „Evergreen“. Sie arbeiten als Pflegefachhelfer in dieser Einrichtung, die sich an der fördernden Prozesspflege nach Krohwinkel orientiert. Für die Pflegeplanung sollen Sie die AEDL bestimmen, in denen Frau Nolde Unterstützung benötigt. Aus einem Gespräch mit der Tochter wissen Sie, dass Frau Nolde seit ihrem Krankenhaus-aufenthalt den Mut verloren hat, wieder gesund zu werden und sich bei vielen Dingen helfen lässt, obwohl sie diese eigentlich noch selbstständig ausüben könnte. Sie finden eine Möglichkeit, wie Sie die Ressourcen und Defizite von Frau Nolde richtig einschätzen können. Mögliche Handlungsaufträge zu dieser Lernsituation:

1. Informieren Sie sich über das Erleben und Verhalten von Menschen in kritischen

Lebenssituationen und das Krankheitsbild der Depression.

2. Erstellen Sie eine systematische Beobachtung von Frau Nolde für alle AEDL nach Krohwinkel und berücksichtigen Sie dabei besonders die Ressourcen von Frau Nol-de.

3. Führen Sie nach Rücksprache mit der Stationsleitung ein Biographiegespräch mit Frau Nolde und deren Tochter. Nutzen Sie dazu den hausüblichen Biographiebogen.

4. Leiten Sie aus den gewonnenen Informationen Maßnahmen ab, um Frau Nolde das Einleben im Heim zu erleichtern.

5. Stellen Sie Ihre Vorschläge dem Stationsteam vor und begründen Sie Ihre Auswahl.

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4.2.2 Verdeutlichung einer Lernsituation anhand eines Verlaufsschemas

Es ist auch durchaus sinnvoll, die Planung aller Phasen der vollständigen Handlung in einem Verlaufsschema zu dokumentieren. Die Erstellung des Verlaufsschemas5 erfordert von der Lehrkraft nicht nur eine Reflexion über die Kompetenzen der Schüler in Bezug auf die Selbstregulierung, sondern auch die Berücksichtigung der schulischen und organisatori-schen Rahmenbedingungen (z. B. Zugang zum PC-Raum). Bei den Überlegungen zu folgender Verlaufsplanung berücksichtigte man Schülerinnen und Schüler, die schon mehrere Lernsituationen absolviert hatten und denen bewusst war, dass sie für die Lösung des Problems die Phasen der vollständigen Handlung durchlaufen müs-sen. Überblick: Lernfeld

1: Menschen bei der Körperpflege unterstützen

Lernsituation

Mit Frau Meier stimmt etwas nicht.

Zeitrichtwert

5 Std.

Material

Schulbücher Infomaterial Dekubitusprophylaxe

Neu einzuführende Strategien/Techniken

Ressourcenstrategie (Fakten und Daten durch Tabellen strukturieren)

Verlauf:

Handlungsphasen Schülerhandlungen Lehrerhandlungen Methoden/Medien

Motivation und Ankommen

Die Schülerinnen und Schüler merken sich die gelesenen Begriffe und ordnen diese den gezeigten Wundfotos zu. = Ressourcenstrategie (Konzentrationstechnik)

Über den Beamer erscheinen nachein-ander Fachausdrücke zu Wundverletzungen. Anschließend werden verschiedene Arten von Wundfotos ge-zeigt.

Konzentrationsübung Abfrage des Wissensstandes

Orientieren

Die Schülerinnen und Schüler erhalten die Lernsituation zur Be-arbeitung und erken-nen die Problemstel-lung

Lehrkraft teilt Lernsitu-ation aus.

Lernsituation

5 Bewährt hat sich dazu folgende Tabelle, die ursprünglich von Prof. Dr. Sloane und Dr. Dilger entwickelt und im Laufe des Modellversuchs segel-bs von einigen Akteuren angepasst wurde.

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Informieren

Die Schülerinnen und Schüler lesen sich in Bücher und Infomate-rialien zum Thema Dekubitus ein… = Lesestrategie (Fragen stellen an den Text) …und erfassen die für sie notwendigen Inhal-te. = selektive Informations-strategie

Begleiter/Begleiterin

Einzelarbeit

Die Schülerinnen und Schüler besorgen sich notwendige Unterlagen und überlegen sich, wie sie bei der Pflege vorgehen.

Die Lehrkraft händigt dem einzelnen Schüler nur die vom ihm ange-forderten Daten aus.

Evtl. Dokumentationsmappe von Frau Meier

Planen

Sie überlegen die Rei-henfolge der einzelnen Arbeitsschritte zur Pflege von Frau Mei-er… (Handlungsauftrag 3) = Ressourcenstrategie (Arbeitsplan erstellen)

Beraterin/Berater Die Lehrkraft stellt den Lösungsordner bei Nachfragen zur Verfü-gung.

Lösungsordner

Sie fordern Feedback zu ihren Vorschlägen und verändern diese gegebenenfalls.

Die Lehrkraft moderiert den gegenseitigen Informationsaustausch der Schüler und kon-trolliert auf Anfrage die Arbeitspläne. Die Lehrkraft themati-siert die Bedeutung von Pflegeplänen und Tabellen und verweist auf die Ressourcen-strategie.

Durchführen

Die Schülerinnen und Schüler strukturieren die zahlreichen Infor-mationen, filtern die für die Pflege der Dekubi-tuspatientin notwendi-gen heraus und fügen die Ergebnisse in die Struktur des gewählten Pflegemodells ein. = Elaborationsstrategie (Übersicht erstellen)

Begleiter/Begleiterin

Lösungsordner

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Sie werten ihre Ergeb-nisse in der Gruppe aus und treffen eine Entscheidung zur indi-viduellen Pflege der Dekubituspatientin. = Problemlösungsstrategie

Gruppenarbeit

Die Schülerinnen und Schüler vergleichen ihre Ergebnisse mit dem Lösungsordner. (Beachte: Entschei-dungen können indivi-duell abweichen, müs-sen jedoch sinnvoll begründet werden!) = Reflexionsstrategie (Lö-sungsordner einsehen)

Begleiter/Begleiterin gibt Hilfestellung beim Erkennen von Fehlern in der Planung und bei der Findung der Ursa-chen.

Gruppenarbeit

Bewerten

Einzelne Schüler prä-sentieren ihre Ent-scheidungen bzgl. der Dekubitusbehandlung = Elaborationsstrategie (Vortrag halten)

Die Schülerinnen und Schüler bewerten die-se im Plenum.

Sie bewerten ihre Ar-beitsergebnisse mittels einer Notenskala von 1 bis 6. = Reflexionsstrategie

Die Lehrkraft betont das notwendige Hin-tergrundwissen zu Dekubitus für die Pla-nung sowie die Beach-tung der individuellen Bedürfnisse und Res-sourcen.

Lehrer-Schüler-Gespräch

Reflektieren

Die Schülerinnen und Schüler überlegen die Gründe für die selbst gegebene Note und notieren diese Er-kenntnis sowie mögli-che Vorsätze für kom-mendes Arbeiten auf einem Bewertungsbo-gen und legen diesen in ihren Portfolios ab. = Regulationsstrategie (metakognitive Prozesse auslösen)(Zielvereinbarung)

Beobachterin/ Beobachter

Portfolio Bewertungsbogen

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Die Schülerinnen und Schüler wiederholen ihr erworbenes Wissen anhand eines Bingo-Spieles. = Elaborationsstrategie (Bingofragen beantworten)

Spielleiter

Bingo-Vorlage (Klassensatz) Fragen zum Bingo

4.2.3 Reflexion und Evaluation als wichtiger Schritt der Selbstregulierung Die Reflexions- und Evaluationsphase ist ein wesentlicher Schritt der Selbstregulierung, der keinesfalls vernachlässigt werden darf. Bei dieser Reflexion und Evaluation in Lernsituatio-nen werden Instrumente und Verfahren eingesetzt, die Schüler sowohl zum Nachdenken über ihren Arbeits- und Lernprozess sowie über die erzielten Arbeitsergebnisse anregen sol-len. Auch die Bewertung ihrer Arbeitsergebnisse wird dabei nochmals überdacht. Bei der Erstellung eines Reflexionsbogens ist besonders darauf zu achten, dass neben der Selbstbewertung auch die Konsequenzen daraus abgeleitet werden können („Ich nehme mir vor, in Zukunft…“). Nur wenn die Schülerinnen und Schüler sich selbst reflektieren, können sie auch entsprechende Schlüsse bzgl. ihrer Einstellungen, Kompetenzen und Verhaltens-weisen ziehen und notwendige Konsequenzen ableiten. Erst wenn dem Lernenden bewusst ist, dass Veränderungsbedarf besteht, kann und wird er die Initiative ergreifen. Im Anschluss ein einfaches Beispiel eines Reflexionsbogens, der die Lernenden in Form von Satzergänzungen ermuntert, über ihre Bearbeitung der Lernsituation nachzudenken.

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Reflexionsbogen6

Vervollständigen Sie die Sätze!

Oft klaffen Selbstbild und Fremdbild eines Schülers auseinander. Daher ist es sinnvoll, auch Reflexionsbögen zu entwerfen und einzusetzen, die zuerst von dem Schüler alleine und an-schließend von einem Mitschüler aus dem Team oder der Lehrkraft ausgefüllt werden. Der Vergleich dieser Auswertung fordert den Schüler heraus, sich mit seinem Selbstbild bzw. dem Fremdbild auseinanderzusetzen.

6 Entnommen aus: ISB Handreichung segel-bs: „Selbstreguliertes Lernen in Lernfeldern“

Die Pflege von Dekubituspatienten und die dazu notwendigen Informa-tionen habe ich…

Dekubitus ist…

Meine Aufmerksamkeit lag heute bei %. Meine Mitarbeit lag heute bei %. Mein Interesse an der Lernsituation lag heute bei %.

Mit meinen Arbeitsergebnissen bin ich

Die Gründe für meine Ergebnisse sind

Mir hat an der Lernsituation gefal-len,

Ändern sollte sich

Ich nehme mir vor, in Zukunft

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Fragebogen zur Selbst- und Fremdwahrnehmung7

Name: ____________________________Klasse: __________Datum:_____________

Der folgende Fragebogen dient zur Beurteilung Ihrer Arbeitsweise bei der Bearbeitung der Lernsituati-on. Gehen Sie dabei wie folgt vor:

1. Bewerten Sie sich zunächst selbst, indem Sie zu den Aussagen die geeigneten Bewertungen in der Einzelbewertung ankreuzen.

2. Bewerten Sie anschließend jedes Gruppenmitglied einzeln, indem Sie die geeigneten Bewer-

tungen in der Gruppenbewertung ankreuzen, und diskutieren Sie ggf. anschließend das Er-gebnis. Das zu bewertende Gruppenmitglied darf nicht mitdiskutieren. Die Gruppenbewertung dient als Feedback der Gruppe.

3. Vergleichen Sie die Gruppenbewertung mit Ihrer Einzelbewertung. Formulieren Sie in 3 Sät-

zen Erkenntnisse, die Sie aus diesem Vergleich ziehen, und halten Sie diese schriftlich fest.

Einzelbewertung Gruppenbewertung

imm

er

oft

man

chm

al

selte

n

nie

imm

er

oft

man

chm

al

selte

n

nie

1. Ich arbeite zügig und zielorientiert.

2. Ich arbeite selbstständig.

3. Ich plane meine einzelnen Arbeitsschrit-te sorgfältig voraus, bevor ich mit der eigentlichen Arbeit beginne.

4. Ich gestalte meine Lernunterlagen selbstständig und sorgfältig.

5. Ich informiere mich aktiv und selbststän-dig.

6. Ich bitte gezielt um Hilfestellung.

7. Ich arbeite aktiv und interessiert in der Gruppe.

8. Bei Gruppenarbeiten übernehme ich die Verantwortung.

9. Ich unterstütze andere Gruppenmitglie-der in ihrer Arbeit.

10. Ich kann Einwände, Bedenken oder Gegenvorschläge äußern und erfolg-reich vertreten.

11. Ich gehe auf die Argumente anderer ein.

12. Ich akzeptiere die in der Gruppe getrof-fenen Entscheidungen und vertrete sie gegenüber anderen.

13. Meine Lautstärke während der Bearbei-tung ist angemessen.

Erkenntnisse:

______________________________________________________________________________

______________________________________________________________________________

7 Entnommen aus: ISB Handreichung segel-bs: „Selbstreguliertes Lernen in Lernfeldern“

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Eine weitere Möglichkeit zur Selbst- und Fremdeinschätzung eines Schülers über mehrere Lernsituationen hinweg bietet das Portfolio. Der Schüler legt eine persönliche Mappe mit einer Sammlung von Dokumenten an, die unter seiner aktiven Beteiligung entstanden sind (seine Problemlösungen, seine Reflexionsbögen…). In das Portfolio trägt er permanent seine Einschätzungen ein. So bietet diese Übersicht dem Schüler eine Möglichkeit, über vorange-gangene Prozesse und erarbeitete Ergebnisse nachzudenken, sich selbst über einen länge-ren Zeitraum hinweg zu beobachten und seine Lernfortschritte zu dokumentieren.

Name:______________ Klasse:_______________

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4.2.4 Der fächerübergreifende Einsatzes der Lernsituation Diese Lernsituation kann fächerübergreifend verwendet werden. Analog zum oben aufgezeigten Beispiel ist es notwendig, für jedes Unterrichtsfach die einzelnen Handlungsaufträge zu formulieren und in der Umsetzung (insbesondere in der Methodik) im Lehrerteam aufeinander abzustimmen. Dabei ist zu beachten, dass in jedem Fach das Handlungsschema (vollständige Handlung) durchlaufen wird.

Lernsituation Berufskunde, Rechtskunde, Sozialkunde

Deutsch und Kommunikation

Grundlagen der Pflege Pflege und Betreuung

„Mit Frau Meier stimmt etwas nicht“

Berufliches Selbstverständ-nis entwickeln Kennen lernen der Struktur des Pflegeprozesses und der daraus abzuleiten-den Aufgaben für Pflege-fachhelfer (Altenpflege)

Unterschiedliche Informati-onsquellen nutzen, sachbezogenes und voll-ständiges Informieren fachgerechtes Dokumentie-ren, unterschiedliche Lerntechni-ken anwenden, Reflektion des Lernverhal-tens und des Lernfortschrit-tes

Wahrnehmung /Beobachtung: Beobachtungsarten, Beobachtungsinstrumente, Fehler bei der Beobachtung Erfassen der Bedeutsam-keit, der Erhaltung und För-derung der Gesundheit Beschreiben prophylakti-scher Maßnahmen

Kenntnis der Anatomie und Physiologie sowie der al-terstypischen Veränderun-gen der Haut und Hautan-hangsgebilde Erkennen von Veränderun-gen des Ernährungszustan-des Durchführung geeigneter Prophylaxen

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4.2.5 Beobachtungsinstrumente für die Lehrkräfte Für die Schülerinnen und Schüler ist es besonders wichtig, dass sie sich während der Bear-beitung der Lernsituationen nicht alleingelassen fühlen. Die Lehrkraft sollte stets erreichbar und als Berater ansprechbar sein. Die Zeit der Bearbeitung nutzt die Lehrkraft / das Lehrer-team, um einzelne Schülerinnen und Schüler gezielt zu beobachten. Es ist anzuraten, wäh-rend der Bearbeitungsphase maximal zwei Schüler genau zu beobachten. Diese Beobach-tungen werden in einem Beobachtungsbogen festgehalten. Eine bewährte Form der Doku-mentation der Beobachtungen ist die Vergabe von +, o und -, da eine solche Beurteilung leicht und schnell vorgenommen werden kann. Dabei werden die Stärken und Schwächen erkannt, auf die dann individuell eingegangen werden kann. Die Beobachtungsbewertung und die Präsentation der Problemlösung können als Leistungsbewertung herangezogen werden. Beispiel für einen Beobachtungsbogen

Schüler:

Note:

Beobachtungskriterien Auftretenshäufigkeit Punkte Bemerkungen erkennt die Problemstellung beschafft Informationen und wertet diese aus

plant und strukturiert seine Arbeitsvor-gänge

wendet Erkenntnisse situationsbezogen an

arbeitet konzentriert wendet Strategien sinnvoll an achtet auf Einhaltung von Terminen und Regeln

übernimmt Verantwortung reflektiert wirtschaftliche Zusammen-hänge

trägt Kritik fair vor kommuniziert verständlich bewertet selbstkritisch die eigene Arbeit bewertet objektiv die anderen Schüler macht Vorschläge für künftige Verbes-serungen

arbeitet teamorientiert hält Zielvereinbarungen ein Bewertung der Beobachtung Bewertung der Präsentation (entsprechend den Präsentationskriterien)

Gesamtbewertung

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Grundsätzlich sollte es nicht nur bei der Gewinnung von aussagekräftigen Beobachtungen bleiben, bei der sowohl der Arbeitsprozess als auch das Arbeitsergebnis bewertet wird. Es muss dafür gesorgt werden, dass genügend Zeit, Kompetenz und Bereitschaft für die Aus-wertung der Beobachtungen und für die anschließenden Interventionsmaßnahmen vorhan-den sind. Jede systematische Beobachtung sollte in regelmäßigen Abständen in Einzelge-sprächen mit den Schülerinnen und Schülern reflektiert und dabei sollten entsprechende gemeinsame Ziele abgesprochen werden. Besonders wichtig ist es, die Schülerinnen und Schüler nicht „alleinzulassen“, sondern ihnen bei Bedarf individuelle Hilfestellungen anzubie-ten. Bei den Gesprächen kann auch das Portfolio der Schülerin / des Schülers herangezo-gen werden.

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4.2.6 Die Bewertung und Benotung der Bearbeitung von Lernsituationen Eine Leistungsfeststellung, bei der nicht nur das Arbeitsergebnis, sondern auch die Arbeits-weise und die Durchführung der Phasen der vollständigen Handlung bewertet werden, wird dem Konzept des selbstregulierten Lernens gerecht. Wichtig ist, dass diese Form der Bewer-tung mit den Schülerinnen und Schülern vorab besprochen wird und alle anstehenden Fra-gen geklärt werden. Besonders interessant für die Lernenden ist dabei der eingesetzte Beo-bachtungsbogen, damit sie wissen, was besonders beachtet werden muss bzw. auf welche Kriterien besonders Wert gelegt wird. Für die Bewertung mit +, 0, - sollte vorab ein Punkte-schlüssel festgelegt werden (z. B. „+“ mit 4 Punkten, „O“ mit 2 Punkten und „-“ mit 0 Punk-ten). Ebenso wird die erarbeitete Problemlösung beurteilt. Aus der Gesamtpunktezahl kann die Lehrkraft nach einem festgelegten Notenschlüssel eine Gesamtnote bilden. Für die anschließende Einzelbesprechung ist es sehr aufschlussreich, wenn die Schülerin-nen und Schüler den Bewertungsbogen nach ihren eigenen Einschätzungen zu ihrem Ar-beitsprozess und dem gewonnenen Arbeitsergebnis ausfüllen und zum Gespräch mitbrin-gen. Die Auswertung des Vergleichs der Schüler- und Lehrereinschätzungen macht deutlich, inwieweit der Lernende reflexionsfähig ist und seine Stärken und Schwächen selbstkritisch wahrnimmt. Auch in den schriftlichen Leistungsnachweisen sollten problemorientierte Situationen ver-wendet werden. Nur so ist es möglich, die Kompetenzen und Strategien, die die Schülerin-nen und Schüler im Unterricht erworben haben, abzuprüfen. Es empfiehlt sich, in den Leis-tungsnachweisen ähnlich geartete Situationen wie im Unterricht zu verwenden.

Anhang

Anhang

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Lernstrategien im Überblick Überblick über mögliche Strategien, deren Definition sowie Konkretisierungsmöglichkeiten in bestimmten Lern- und Arbeitstechniken:

Strategien Definition Konkretisierungsmöglichkeiten in folgenden Techniken

Lesestrategie

Verstehen und Erfassen von In-formationen aus textlichen, bildli-chen und zahlenbasierten Darstel-lungen

• Lesen von Gesetzestexten • mündliches/schriftliches Exzerpieren • Unterstreichen/ Markieren • Fragen stellen an den Text • Überfliegen/Querlesen eines Textes • 5-Schritt-Lesemethode/SQ3R-

Methode/aktives Lesen • Kenntnis von Abkürzungen • bildliche Darstellungen erklären und inter-

pretieren: - Inhalt (was stellt die Grafik dar?) und

Aufbau (Bezeichnung der waagrechten und senkrechten Achsen) der Grafik verdeutlichen

- die wichtigsten Aussagen herausstellen und Hintergrundinformationen beisteu-ern

- Regelmäßigkeiten feststellen - Nennung von Zahlen ab-

wechslungsreich gestalten - am Ende: Zusammenfassung der auffäl-

ligsten Zahlen - am Ende: eventuell Ausblick auf die zu-

künftige Entwicklung geben

Informationsbeschaffungs-strategie

Informationsquellen beschaffen, sinnvoll und richtig verwenden, bewerten und auswählen; kritische Medienbetrachtung

• kritische Internetrecherche mithilfe von Suchmaschinen

• Stichwort-/Inhaltsverzeichnis nutzen • Medienbewertung • richtige Bibliotheksnutzung • Nutzung des Mediums Telefon • Expertenbefragung • …

selektive Informationsstra-tegie

Erfassen der situativ notwendigen und geeigneten Inhalte

• zielgerichtetes Markieren und Exzerpieren • (Rand-)Notizen machen • Mitschreiben des Lehrervortrages • selektive Informationsauswahl • …

Ressourcenstrategie

Umgang mit objektiven Umge-bungsfaktoren

• Zeitmanagement • Arbeitsplatzorganisation (Lüften, saube-

rer/aufgeräumter Arbeitsplatz, ruhige Um-gebung / keine Musik …)

• Motivationstechniken • Konzentrationstechniken (Brain Gym, Mu-

sik mit einem Taktschlag von 72 – 80, A-kupressur, …)

• Teamorganisation (Arbeitsteilung, …) • Zeitplan erstellen • Arbeitsplan erstellen • simulierte Stresssituation • Fakten und Daten durch Tabellen struktu-

rieren • …

Anhang

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Problemlösungsstrategie

Nutzung von Informationen zur kreativen und sinnvollen Lösungs-erarbeitung

• Ausschlussverfahren (mögliche Lösungen durchgehen)

• Trial and Error (Versuch und Irrtum) • Szenariomethode (analytisches Durchden-

ken aller extremen zukünftigen Szenarien, um abschließend ein Trendszenario abzu-bilden mit dem Ziel, im Heute richtige Ent-scheidungen zu treffen)

• Zukunftswerkstatt (wie soll mein Idealzu-stand / der erwünschte Zustand sein?)

• Pro-und-kontra-Listen erstellen • Planspiel • Kreativitätstechniken (Brainstorming,

Brainwriting) • Nutzung von Kooperationstechniken

(Teamarbeit) • Nutzung von Kommunikationstechniken

(aktives Zuhören, Feedbacktechnik, Kom-munikationsmodell „Eisberg“ nach Watzla-wick …)

• Vergleich mit ähnlichen Problemstellungen • Diskussion • Stationengespräch

Elaborationsstrategie

Erkenntnisse in veränderter Dar-stellungsform wiedergeben

• Mindmapping • Plakat erstellen • Diagramme erstellen • Tabellen oder andere Visualisierungen • Texte erstellen • Rollenspiele vorbereiten und durchführen • Film erstellen/Videokamera einsetzten • Interview führen • Checkliste erstellen • Formulare erstellen • Merkblatt erstellen • Tafelbild erstellen • Hefteintrag erstellen • Übersicht erstellen • Argumentationstechniken • Präsentationstechniken (Vortrag halten, …) • Handbuch erstellen • …

Reflexionsstrategie (Ler-nen lernen)

Fähigkeit, die eigene Arbeit selbstständig und selbstkritisch zu hinterfragen, konstruktiv zu bewer-ten und aufgrund eines Abgleichs zwischen Anforderungen und Fähigkeiten Defizite zu erkennen

• Abgleich von Selbst- und Fremdwahrneh-mung (Test zu Selbst- und Fremdbild)

• Lösungen vergleichen • Lösungsordner einsehen • Fragebogen • Stimmungsbarometer • Spinnennetz • Lerntagebuch • Portfolioanalyse • Punktabfrage mittels Klebepunkten • Protokoll • Diskussion • Blitzlicht • Klassen-/Gruppeninterview • Stellung nehmen • Feedback geben und nehmen • …

Regulationsstrategie

Defizite beheben bzw. verbessern und Konsequenzen daraus ziehen

• eigene Lösungen verbessern • Zielvereinbarungen • Brief an sich selbst schreiben • Vogelperspektive einnehmen • Perspektivwechsel einnehmen • realistisches Selbstkonzept entwickeln • metakognitive Prozesse auslösen