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[J. Orn. 38 I-IELMUT SICK [ 93 VOgel nach und suchten dann selbstEndig Versteck in dem Steingeribll (auf der Sandbank). ~Tenn die Beobachtung des Forttragens der ~ungen Sandregenpfeifer nicht yon dem Autor selbst wiederhott und sogar bei zwei verschiedenen Paaren gemacht ware, kiinnte man annehmen, dall es vie]leicht nur dureh Zufall geschehen ist, dal~ die Jungviigel mit ihren KSpfen unter den Schwingen steckengeblieben sind und auf diese Weise yon den E]tern mehr u n b e w u l~ t verschl~eppt wurden, wie schon H. LAVEN in der Fullnote zu der zitierten Mitteilung bemerkt. Ich glaube, die yon LAVEN aufgeworfene Frage: ,,Ob die auf Schlei- miinde lebenden Regenpfeifer mehr kSnnen als die Pillkopper?" durch die obigen Zeilen zufriedenstellend beantwortet zu haben und mutt leider zugeben, dal~ ich wahrend der ganzen Brutzeit auf Schleimiinde nicht so viel Gliick gehabt habe, hier so besonders begabte Brutpaare der Sand- regenpfeifer anzutreffen, wie es Herrn v. TORNE 1938 geglfickt ist. Ahnliches Verhalten wie bei den Regenpfeifern beobachtete ich am 24. Juni 1944 bei einem Paare Zwergseesehwalben (Sterna a. albirrons) auf der Sandbank yon Schleimfinde: die AItvbgel lockten zwei frisch- geschlfipfte Junge yon dem Nest weg, vor dem mein Versteck stand, ~eder Elternvogel ein Junges, das dann vom anderen getrennt gew~rmt wurde. Auch hier sah ich keine Spur eines Forttragens, obzwar es bei den kurzbeinigen, ~edoch tangflfigeligen Zwergseeschwalben leicht vor- kommen k~innte, da]~ die Jungen unter den Schwingen steekenbleiben und so abtransportiert werden kbnnten. Umstellung der Nistweise beim Stachelschwanz-Segler Chaetura andrei Von H©Imu/ Sick (Rio de Janciro) Der Staehelsehwanz-Segler Chaetura andrei brtitet in Ost-Mato Grosso (Zentral-Brasilien) in hohlen St~mmen einer grol~en Palme, der ,,Buruti" (Mauritia vinifera)l). Wenn diese Palme abstirbt, fault ihr ]Inheres rasch aus, w~hrend die Rinde fest bleibt und den Stamm meist noch lange aufrecht erh~lt. Solche Bgume bieten auch verschiedenen anderen Vogelarten willkommene Nistgelegenheit. Die Stachelsehwanz- Segler machen ein tiegelfbrmiges Nest aus Reisig, das mit Speichel zu- sammengeklebt und der Innenwand des Palmstammes in seinem unterei~ dunklen Abschnitt angeheftet wird. Sie gelangen dorthin, indem sie zu hbher oben gelegenen (bffnungen des Baumes einfliegen. Nicht in alien 1) H. SICK, 1948, The Nesting of Chaetura andrei meridionatis. Auk 65. p. 515--520.

Umstellung der Nistweise beim Stachelschwanz-SeglerChaetura andrei

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VOgel nach und suchten dann selbstEndig Versteck in dem Steingeribll (auf der Sandbank).

~Tenn die Beobachtung des Fort t ragens der ~ungen Sandregenpfeifer nicht yon dem Autor selbst wiederhott und sogar bei zwei verschiedenen Paaren gemacht ware, kiinnte man annehmen, dall es vie]leicht nur dureh Zufall geschehen ist, dal~ die Jungviigel mit ihren KSpfen unter den Schwingen steckengeblieben sind und auf diese Weise yon den E]tern mehr u n b e w u l~ t verschl~eppt wurden, wie schon H. LAVEN in der Fullnote zu der zitierten Mitteilung bemerkt.

Ich glaube, die yon LAVEN aufgeworfene Frage: ,,Ob die auf Schlei- miinde lebenden Regenpfeifer mehr kSnnen als die Pil lkopper?" durch die obigen Zeilen zufriedenstellend beantwortet zu haben und mutt leider zugeben, dal~ ich wahrend der ganzen Brutzeit auf Schleimiinde nicht so viel Gliick gehabt habe, hier so besonders begabte Brutpaare der Sand- regenpfeifer anzutreffen, wie es Herrn v. TORNE 1938 geglfickt ist.

Ahnliches Verhalten wie bei den Regenpfeifern beobachtete ich am 24. Juni 1944 bei einem Paare Zwergseesehwalben (Sterna a. albirrons) auf der Sandbank yon Schleimfinde: die AItvbgel lockten zwei frisch- geschlfipfte Junge yon dem Nest weg, vor dem mein Versteck stand, ~eder Elternvogel ein Junges, das dann vom anderen getrennt gew~rmt wurde. Auch hier sah ich keine Spur eines Forttragens, obzwar es bei den kurzbeinigen, ~edoch tangflfigeligen Zwergseeschwalben leicht vor- kommen k~innte, da]~ die Jungen unter den Schwingen steekenbleiben und so abtransportiert werden kbnnten.

Umstellung der Nistweise beim Stachelschwanz-Segler Chaetura andrei

Von H©Imu/ Sick (Rio de Janciro)

Der Staehelsehwanz-Segler Chaetura andrei brtitet in Ost-Mato Grosso (Zentral-Brasilien) in hohlen St~mmen einer grol~en Palme, der , ,Buruti" (Mauritia vinifera)l). Wenn diese Palme abstirbt, fault ihr ]Inheres rasch aus, w~hrend die Rinde fest bleibt und den Stamm meist noch lange aufrecht erh~lt. Solche Bgume bieten auch verschiedenen anderen Vogelarten willkommene Nistgelegenheit. Die Stachelsehwanz- Segler machen ein tiegelfbrmiges Nest aus Reisig, das mit Speichel zu- sammengeklebt und der Innenwand des Palmstammes in seinem unterei~ dunklen Abschnitt angeheftet wird. Sie gelangen dorthin, indem sie zu hbher oben gelegenen (bffnungen des Baumes einfliegen. Nicht in alien

1) H. SICK, 1948, The Nesting of Chaetura andrei meridionatis. Auk 65. p. 515--520.

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Heft 1] Umstel]ung der Nistweise bei Chaetura 39 1 951 |

Teilen des ausgedehnten Verbreitungsgebietes yon Chaetura andrei gibt es soviele hohle Palmb~ume, wie in Mato Grosso. Selbst hier diirfte dieser Vogel nicht aussehliel~lieh an Palmen gebunden sein, sondern auch in anderen hohlen B~umen brfiten. In Mato Grosso war mir an. gesichts seiner Vorliebe ffir die Buriti-St~mme der Gedanke gekommen, dal~ er vielleicht gleich der nordamerikanisehen Art Chaetura pelagica aueh Schornsteine annimmt. Die Ahnlichkeit eines bis zum Grunde ausgefaulten kerzengeraden Palmstammes mit einem Fabrikschlot ist groR, insbesondere wenn die morsche Palme durch den Wind ihr~r Krone beraubt ist und dann einfaeh ein oben offenes ]~ohr darstellt. In Innerbrasil ien gibt es freilich weit und breit keinen Sehornstein, wohl aber in Rio de Janeiro und Sao Paulo; also richtete ich meine Naeh. fragen dorthin.

Im November 1948 erhielt ich die erste Best~tigung meiner Ve~- mutung. Nach Beriehten yon Anwohnern des n~rdlich der Bundeshaupt- stadt in der Baixada Fluminense gelegenen Ortes Duque de Caxias werden hier einige Ziegelei-Schornsteine yon ,,Sehwalben" als Schlaf- platz benutzt. Diese Angaben beziehen sieh wahrscheinl ieh auf eino Chaetura-Art. Im Dezember desselben Jahres entdeckte ich ein Chae- tura-Nest in einem Schornstein in Mury (bei Nova Friburgo, auf der Serra do Mar, nordSstlich Rio de Janeiro). Es kam samt einem Gelege yon 5 Eiern fast unbeseh~digt in einem Wohnzimmer-Kamin zum Vor- schein, in den es gestfirzt war, nachdem man Feuer gemacht hatte. Dal~ es yon Chaetura andrei stammte, li'efi sich zun~ehst nur vermuten. Erst Ende des Jahres 1949 glfickte die Best~tigung.

Das malerisch im Orgel-Gebirge bei Rio gelegene St~dtehen Tere- sopolis wurde von mir zur systematisehen Chaetura-Kontrolle aug- ersehen. Sie war hier am besten durchzuffihren, weil ich auf di'e riihrige Mitarbeit yon F r a u ADDA ABENDROTH, im n~tmliehen Oft ans~ssig z~hlen konnte. Im November 1949 fingen wir 4 ,,Schornstein-Segler", die erwartete Chaetura andrei meridionalis Hellmayr. W~hrend der Brut- periode 1949--50 (Oktober bis Januar ) konnten wir in 6 Schornsteinen Bra t und in 4 weiteren mehr oder weniger rege lm~igen Verkehr yon Chaetura andrei feststellen. In allen F~llen waren es kleine, mit Daeh versehene Schornsteine yon Privathausern, nieht etwa hohe, oben of~ene Fabrikschlote. Einzelheiten unserer Segler-Beobachtungen yon Tereso- polls sollen an anderer Stelle verSffentlieht werden. Hier mSgen die obigen Angaben genfigen.

Wie Chaetura andrei, so sind aueh zwei andere Chaetura.Arten stellenweise sehon daza fibergegangen, start in hohlen B~umen in Schornsteinen zu brfiten. Am l~ngsten bekannt ist das yon Chaetura pelagica, dem haufigsten nordamerikanischen Segler. Diese Art hat sich

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seit d e r europ~ischen Besiedlung des nordamerikanischen Kontinents derma~en auf das Brtiten in Schornsteinen eingestellt, d ~ man es heute als Besonderheit buGht, wenn der ,,chimney swift" n i o h t in Schorn- steinen angetroffen wird. Ursprf ingl ich nistete sie in hohlen B~umen.

Auch ein anderer neuweltliGher StaGhelsGhw~nz-Segler, Chaetu.ra vauxi~ geht seit einiger Zeit vom BauIn- zum Schornsteinbrtiten iiber. Zwar ist sein SGhlafen und Nisten in SGhornsteinen im Westen voa Nord-Amerika schon oft nachgewiesen worden, aber BENT e) betont, daft die g ro re Mehrzahl noGh immer am Baumbrii ten festhalt.

So gewShnlich es also seit langem in Nord-Amerika ist, da r Stachel- schwanz-Segler in Schornsteine einfliegen, so wenig ist bisher fiber ein solches Verhalten in Sfid-Amerika bekannt. Der erste Hinweis darat~ scheint die Mittoilung vonGILLIAt~ 3) ZU sein, der in der Haupts tadt Amazoniens einen g ro ren Trupp von Seglern in einem 16 Furl hohen Sehornstein iibernaGhten sah. Es handelte sich hierbei wahrsGheinlich um durchziehende Chaetura pelagica, die im nSrdlichen Stid-Amerika tiberwintert.

Die vordringende menschliche Zivilisation raumt mit alten hohlen Baumst~mmen rasGh auf und bietet den Chaetura-Arten in Gestalt yon Schornsteinen einen gewissen, in ihr Nistplatz-Schema ,,dunkel, hohI und fief" hineinpassenden Ersatz, der zun~ichst nur zSgernd angenommen ztt werden scheint, bis die Tradit ion ihn gleichsam sanktioniert. Wie neu diese Entwicklung fiir Chaetura andrei in Brasil ien noch ist, geht night nur daraus hervor, da r erst ~etzt die ersten Nester in K~minen gefunden wurden, sondern erhellt auGh aus der geringen Bindung, welGhe die Tiere an die Sch0rnsteine zeigen. Nach unseren BeobaGhtungen in Tere- sopolis (1949--50) werden die Schornsteine yon den Stachelschwanz- Seglern nur ffir die kurze Dauer der Brutperiode bezogen, darunter offenbar aueh von solehen, die night angepaar t sind. Dann entschwinden diese VOgel wieder in die angrenzende Wildnis und ~agen dort, bis sie in einem sphteren Abschnit t des Sabres allesamt fortziehen. Wahr - scheinliGh iibernaGhten sie in der Zwischenzeit in hohlen Baumst~mmen.

Man darf diese Umstel lung vergleichen mit der~enigen yon Staren, Fl iegenschn~ppern oder Rotsehwanzchen, denen der Mensch durch den Nistkasten oder die tSnerne Nisturne einen Ersa tz ffir die immer sp~r- licher werdenden nat~irlichen NisthShlen schaffen konnte. Aueh das setzte eine entsp~:echende Pr~adaptat ion des instinktiven Verhaltens

voraus. Fun daq~o Brasil CenCral, Av. Nilo P e,qanh~ 23 III, Rio de Jan e~ro, 15. April 1950.

~) A. C. BENT. 1940. Life Histories of North-American Cuckoos, Goatsuckers, Hum- ming-birds and their Allies. U. S. Nat. Mus. Bull. 176, p. 298.

~) E. TH. GILLIARD. 1944. Chimney swifts (?) at Manaus, Brazil. Auk 61, p. 143--144.

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Heft 1] 1951 J HANS LOHRL: Paarbildung beim Halsbandfliegenschn~ipper 4t

N a c h w o r t d e r S c h r i f t l e i t u n g . Ein Merkmal der Cattung Chae- turn, die in t~ber 30 Arten in der Alten und Neuen Welt vertreten ist, bitdet neben dem .Stachelschw,anz" und dem pfe.fl~eschwir~den Flu g auch das Brfiten in hohlen Baumstammen, wodurch sich diese V6gel yon allen anderen Seglern unterscheiden. Die Nistweise vieler Chaetura-Spezies ist zwar bisher noch nicht bekannt, sie l~l~t sich abet aus dem Verhalten derjenigen Arten, die schon genauer erforscht sind, mit hetr~chtlicher Sicherheit folgern. Uber die afri- kanischenVertreter vgl. die Angaben -con BANNERMAN und CHAPIN. Bei HARTERT (VSgel pal. Fauna II, p. 844} heist es, dab Chaetura caudacuta ihr Nest in Japan .an fast unzuganglichen Felsw~nden mit Speichel aukleben", aber das beruht offenbar auf einer Verwechslung mit Micropus pacilicus. Sichere Chae- turn-Nester standen in Japan ,ira hohlen Stamm einer alten Ulme" (JAHN J.f.O. 1942, p. 209). E. Stresemann

Balz und Paarbildung beim Halsbandfliegenschn~pper

Von Hans Li~hrl (Ludwigsburg)

Der Halsbandfiiegenschn~pper (Muscicapa a. albicollis Temm.) oignet sieh ffir Untersuchungen seiner Brutbiologie deshalb besonders gut, weil hier die Geschlechter sehr verschieden und ein]~hrige <~ ~ yon mehr~ahrigen ohne Schwierigkeit zu unterscheiden sind. Nachteilig ist, daft der Aufenthalt im Brutgebiet n u t 2 Monate wiihrt und daher das gauze Brutleben in grolter Eile abgewickelt wird. Ungiinstig ist fer- ner, daR Fa rb r inge schwer zu erkennen sind, weil das Bauchgefieder die Ringe haufig bedeckt. Ein Vogel mull daher oft mehrere Minuten lang beobachtet werden, bis man die Ringfarben sieht.

Das Uatersuchungsgebiet wurde in den Gegenden ~¢V~irttembergs gew~hlt, in denen der Halsbandschn~pper die Obstgfiter besiedelt. Dort ist die Beobachtung besonders leicht, weft die Baume nicht dicht stehen und nicht sehr hoch sind. Mein 1949 ausgewahltes Versuchs- gebiet ist an einern Abhang gelegen. Viele Vorg~nge k~Jnnen dadurch mit horizontaler Blickrichtung beobaehtet und die Ringfarben vor einem dunklen Hintergrund besser e rkannt werden, als wenn der Vogel fiber dem Beobachter sitzt.

Die Beobachtung der Balzvorg~nge wurde 1934 begonnen und an einzelnen gekennzeichneten <~ ~ bis 1939 fortgefiihrt. 1949 wurden die Untersuchungen in wesentlich grSJlerem Umfang wieder aufgenommen, seit 1951 mit Unterstfi tzung durch die Notgemeinschaft der Deutschen V/issenschaft.

Die AltvSgel ~es Untersuchungsgebieies wurden zun~chst 1949 far- big beringt, und zwar 23 ~ <~ und 30 29, wovon dana 19 ~ ~ und 21 99 im Gebiet briiteten. Die Farbber ingung hat ~edoch den Nachteil, dal~ der Weg eines dadurch gekennzeichneten Vogels nur aus den Punkten zu-