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Unternehmensberatung - auf dem Weg zur Profession?

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MA thesis 1999, reflecting on the question whether the German consulting industry will become a profession or not. This document formed the basis for Groß, C. & Kieser, A. (2006). Consultants on the Way to Professionalization? Research in the Sociology of Organizations, 24, 69-100.

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  • EBERHARD-KARLS-UNIVERSITT TBINGEN

    SOZIOLOGISCHES SEMINAR

    CLAUDIA GRO

    UNTERNEHMENSBERATUNG -

    EINE PROFESSION?

    HAUSARBEIT ZUR ERLANGUNG DES GRADES MAGISTRA ARTIUM

    1. PRFER: PROF. DR. CHRISTOPH DEUTSCHMANN

    2. PRFER: PD. DR. BERND MARTENS

    TBINGEN JUNI 1999

  • 2

    Inhaltsverzeichnis

    Abbildungsverzeichnis

    Abkrzungsverzeichnis

    EINLEITUNG ...................................................................................................................... 6

    KAPITEL 1: DAS WEITE FELD DER UNTERNEHMENSBERATUNG ................. 11

    1.1 WER GEHRT DAZU? ................................................................................................... 11

    1.2 UMSATZENTWICKLUNG ................................................................................................ 12

    1.3 NEUE KUNDENGRUPPEN .............................................................................................. 14

    1.4 ANBIETER VON UNTERNEHMENSBERATUNGSLEISTUNGEN ........................................... 15

    1.5 BEREICHE DER UNTERNEHMENSBERATUNG ................................................................. 16

    1.6 BESTIMMUNGSVARIANTEN DES BEGRIFFS UNTERNEHMENSBERATUNG .................... 17

    1.7 GRNDE FR DIE (ZUNEHMENDE) NACHFRAGE ............................................................ 21

    1.8 AUS- UND WEITERBILDUNG ......................................................................................... 24

    1.9 ERFOLG DER BERATUNG .............................................................................................. 29

    1.10 HILFESTELLUNGEN FR DIE BERATERAUSWAHL ........................................................ 30

    1.11 BERUFSVERBNDE ..................................................................................................... 33

    1.12 GESETZ ZUM SCHUTZ DER BERUFSBEZEICHNUNG ...................................................... 35

    1.13 STAATLICHE BERATUNGSFRDERUNG ....................................................................... 37

    1.14 LNDERFRDERUNG - DAS RATIONALISIERUNGS- UND INNOVATIONSZENTRUM DER

    DEUTSCHEN WIRTSCHAFT E.V. (RKW) ............................................................................. 39

    KAPITEL 2: PROFESSIONSSOZIOLOGISCHE THEORIEANSTZE .................. 41

    2.1 FORSCHUNGSSTAND .................................................................................................... 42

    2.2 FUNKTIONALISTISCHE ANSTZE .................................................................................. 47

  • 3

    2.2.1 Die Anfnge der Professionssoziologie ............................................................... 48

    2.2.2 Systematisierung professionsspezifischer Kriterien: William J. Goode.............. 50

    2.2.3 Dahl - ein Beispiel fr die funktionalistische Betrachtungsweise von

    Professionalitt ............................................................................................................ 51

    2.2.4 Halb statt ganz: semi-professions bei Amitai Etzioni ......................................... 56

    2.3 PROFESSIONELLES HANDELN ....................................................................................... 57

    2.4 PROFESSIONEN IM GESELLSCHAFTLICHEN KONTEXT .................................................... 66

    2.4.1 Professional Power - Magali Sarfatti Larson ..................................................... 67

    2.4.2 Soziale Schlieung ............................................................................................... 71

    2.4.3 Themen sozialer Schlieung: Keith M. Macdonald ............................................ 73

    2.4.4 (Aktions-)Richtungen sozialer Schlieung: Anne Witz ........................................ 74

    KAPITEL 3: PROFESSIONALITT DER UNTERNEHMENSBERATUNG........... 78

    3.1 EIGENE VORGEHENSWEISE .......................................................................................... 78

    3.2 INTERESSENSGRUPPEN ................................................................................................. 81

    3.2.1 Verbnde ............................................................................................................. 81

    3.2.2 Groe vs. kleine Beratungsgesellschaften und Einzelberater ............................. 85

    3.2.3 Unternehmensberater vs. Wirtschaftsprfer, Steuerberater und Rechtsanwlte 87

    3.2.4 Staat, Bundeslnder und das RKW ...................................................................... 90

    3.3 THEMENBEREICHE PROFESSIONALER SCHLIEUNG ....................................................... 95

    3.3.1 Gesetzgebung ....................................................................................................... 95

    3.3.2 Ansehen, Identitt und Berufsethos ..................................................................... 98

    3.3.3 Wissensbasis ...................................................................................................... 106

    3.3.4 Ausbildung ......................................................................................................... 113

    FAZIT ................................................................................................................................ 116

    LITERATURVERZEICHNIS ........................................................................................ 120

  • 4

    Abbildungsverzeichnis

    ABBILDUNG 1: Umsatz der Unternehmensberatungsleistungen in der BRD .................... 12

    ABBILDUNG 2: Aufteilung des Marktes in der BRD......................................................... 13

    ABBILDUNG 3: Frderung von Beratung, Information und Kooperation: ........................ 38

    ABBILDUNG 4: Anzahl der vermittelten Beratungstage aller RKW-Lndergruppen ........ 40

    ABBILDUNG 5: Elemente der Berufsrolle von Unternehmensberatern und Kriterien zur

    Beurteilung ihrer Ausprgung ..................................................................................... 53

    ABBILDUNG 6: Schlieungsmodell von Anne Witz ......................................................... 76

  • 5

    Abkrzungsverzeichnis

    ACME: Association of Consulting Management Engineers; inzwischen umbenannt in:

    Association of Management Consulting Firms

    BCG: Boston Consulting Group

    BDSU: Bundesverband Studentischer Unternehmensberatungen

    BDU e.V.: Bund Deutscher Unternehmensberater

    CMC: Certified Management Consultant (verliehen durch das ICMCI)

    FEACO: Fdration Europenne des Associations des Conseils en Organisation

    IAT: Institut Arbeit und Technik

    ICMCI: International Council of Management Consulting Institutes

    KMU: Kleine und Mittlere Unternehmen

    RKW: Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft (seit Juni

    1998); davor: Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft

  • 6

    Ich glaube, als Unternehmensberater sind

    wir in der glcklichen Lage, da jede

    Konjunktur fr uns eine gute Konjunktur ist,

    denn geht es den Firmen gut, wollen sie

    diversifizieren und denken daran, neue

    Geschftsfelder zu erschlieen, geht es ihnen

    schlecht, mssen sie Kosten senken und ihre

    Hierarchien schleifen und fr beides brauchen

    sie im Prinzip externe Berater.1

    Einleitung

    Berater werden gebraucht. Zumindest werden sie engagiert - und zwar in allen Bereichen.

    Kommt Rat, kommt Zeit - Der Trend, sich fr jedes Problem einen Berater zu nehmen,

    hlt an, titelte die Sddeutsche Zeitung erst krzlich.2 Diese Omniprsenz gilt auch fr

    Unternehmensberater. Ungebrochenes Wachstum und eine regelrechte

    Konjunkturgarantie prgen die Branche. So wie fr jede Lebenslage lt sich auch fr

    jede Unternehmenslage der richtige Berater anheuern: sowohl zum Abnehmen (Lean

    Management), als auch fr den Aufbau von Innovationspotentialen oder fr die

    Umstrukturierung im Sinne der Shareholder.

    Die Frage Unternehmensberatung - eine Profession? verweist auf einen spezifischen

    Blick, der in der vorliegenden Arbeit eingenommen wird. Die Antwort erscheint zunchst

    eindeutig: Unternehmensberater - man mag sie mgen oder nicht - sind auf jeden Fall

    professionell! Durch ihr kompetentes und aalglattes Auftreten, ihre Sicherheit im Umgang

    mit modernster Technik berzeugen sie als wahre Kenner und Vermittler neuesten

    amerikanischen Management-Know-hows. Und selbst wenn vieles Inszenierung sein mag,

    eine gute Figur machen sie allemal: Der Eindruck, den die Beratung bei den Klienten

    hinterlt, wird mageblich durch die Consultants geprgt. Und diese machen immer

    Eindruck. Wie profan sie auch agieren: Es wirkt professionell.3

    Doch diese umgangssprachliche Bedeutung von professionell im Sinne von berzeugend

    und hochwertig ist in der vorliegenden Arbeit gar nicht gemeint. Professionell,

    professional4 und Profession beziehen sich hier vielmehr auf einen bestimmten

    Berufstypus, der mit hohem Ansehen, bedeutenden gesellschaftlichen Werten und

    1 Claus Tiby von Arthur D. Little auf dem Deutschen Beratertag 1992, BDU 1992, S. 137. 2 Kreissl 1999 (27.4.1999). 3 Staute 1996, S. 89. 4 Als Adjektiv wird von der Verfasserin professional bevorzugt, um eine deutliche Unterscheidung von der

    umgangssprachlichen Bedeutung von professionell zu treffen. Wenn geschilderte Autoren jedoch

    professionell verwenden, wird dies beibehalten.

  • 7

    zahlreichen anderen Charakteristika verknpft ist. Das bekannteste und zugleich

    unumstrittenste Beispiel ist der Arzt. Doch neben dem gesellschaftlichen Ansehen und

    Stellenwert des Arztes verblassen Unternehmensberater geradezu. Also mu die Antwort

    auf die Frage Unternehmensberatung - eine Profession? doch eindeutig nein lauten. Vor

    allem die Deutsche Wiedervereinigung hat durch zahlreiche schwarze Schafe die gesamte

    Branche in Verruf gebracht oder ber lange Jahre hinweg aufgebautes Ansehen wieder

    zugrunde gerichtet. Berater sehen sich gern als selbstlose Lichtgestalten, die mit ihrer

    Kompetenz anderen helfen. Dabei ist die Geschichte der Zunft voller dunkler Kapitel. Ein

    besonders dsteres handelt von der deutschen Einheit als Beratungsmarkt.5 Jeder kann sich

    Unternehmensberater nennen: sowohl der fachlich geschulte Betriebswirt als auch der junge

    Rechtsanwalt, der statt arbeitslos zu sein, beraterisch ttig wird. Immobilienmakler knnen

    genauso als Beratung firmieren wie Psychogurus. Solch eine zusammengewrfelte Truppe

    mit den Gttern in wei zu vergleichen, wre doch geradezu vermessen. Whrend rzte

    sich fr unsere Volksgesundheit einsetzen, gibt es von Beratern zahlreiche zweifelhafte

    Angebote. Vielleicht wollen aber Manager kreativ und innovativ sein. Das geht am besten

    in einem Seminar mit holistischer Kreativittsmethode. Fhrungskrfte stellen sich im

    Kreis auf, fassen sich bei den feuchten Hnden und rufen im Chor: Es beginnt ein kreativer

    Tag!6

    Allerdings stehen dieser und anderen spttischen Beschreibungen nicht nur der wachsende

    Umsatz und damit die zunehmende Bedeutung der Unternehmensberatung gegenber.

    Ebenso gibt es Stimmen, die gerade wegen der Unbersichtlichkeit der Angebote und der

    Anbieter eine Vereinheitlichung der Ausbildung, eine berprfung des Grundlagenwissens,

    eine Registrierung der zugelassenen Berater, eine Prfinstanz fr beraterisches Tun, ein

    Gesetz zum Schutz der Berufsttigkeit usw. fordern. Die Zeit ist berfllig, da man sich

    auf eine Konzeption der Grundaus- und Weiterbildung fr Berater einigt und ihre

    Umsetzung beschliet.7 Die Grnde fr solche und hnliche Pldoyers sind vielfltig: Auf

    der einen Seite geht es darum, Transparenz auf der Anbieterseite zu schaffen.

    Berufsbeschrnkungen knnten Scharlatane, die den Anforderungen allzuwenig gerecht

    werden, von vornherein ausschlieen. Gleichzeitig knnten mit einer Regulation des

    Zugangs auch berufsethische Mindeststandards fr Beratende als Pflicht eingefhrt und

    somit erstmals durch eine zustndige Kommission Fehlverhalten geahndet werden. Ein

    hheres Vertrauen der Kunden, eine grere Gewiheit gut beraten zu werden, wre nur

    eine der Folgen. Auf der anderen Seite steht nmlich auch der Nutzen fr die

    Unternehmensberater - selbstverstndlich nur fr die, die sich dann noch so nennen drfen.

    Ein derart beschrnkter Zugang hebt zweifellos das Ansehen der Branche. Auerdem

    schtzt es nicht nur den Klienten vor schlechten Beratern - es schtzt auch den geprften

    Berater vor Konkurrenz. Mit einer solchen Zugangsbeschrnkung einer Gruppe befinden

    wir uns mitten im Themenbereich soziale Schlieung, genau genommen professionale

    Schlieung.

    5 Staute 1996, S. 76. 6 Handelsblatt, Jahn 1998. 7 Niedereichholz 1993, S. 113.

  • 8

    Auch wenn Unternehmensberater definitiv keine rzte sind, sondern hchstens

    Medizinmnner der Wirtschaft, so liegt doch die Frage nach der Professionalitt der

    Unternehmensberatung nahe. Denn sowohl Beruf als auch Profession sind hier keine

    Kategorien, denen soziale Wirklichkeit eindeutig zugeordnet werden kann, sondern sie

    bilden in der vorliegenden Arbeit Eckpunkte, zwischen denen ein Kontinuum besteht.

    Insofern geht es in der folgenden Arbeit nicht nur darum, wie professional

    Unternehmensberatung ist, sondern auch welche Professionalisierungsbemhungen es in

    der Branche gibt, also welche Prozesse sich abspielen.8 Zu einer solchen Typisierung und

    Beschreibung tragen professionssoziologische Theorieanstze zweifelsohne bei, auch wenn

    Beratung selbst keine Profession ist - und vielleicht auch nie eine sein wird.

    Da der Rckgriff auf schon bestehende Arbeiten zur Professionalitt der

    Unternehmensberatung in keiner Weise eine befriedigende Grundlage fr den vorliegenden

    Text bietet, wird im folgenden auf verschiedene professionssoziologische Richtungen

    zurckgegriffen. Auf der Suche nach Einteilungen der professionssoziologischen Anstze

    stt man meist auf die Behauptung, da es vor allem zwei Richtungen innerhalb der

    Theorie gebe, die aber beide nicht ausreichten. By and large, modern studies of the

    professions have followed two lines, two avenues of research. In the first, attempts have

    been made to identify the essence or true nature of professions as such. This approach has

    mainly been taxonomic ... The second avenue has been historical and empirical; the

    histories of single professions have been carefully scrutinized and mapped out.9 Die

    zitierte Aussage bezieht sich nur auf die US-amerikanische und gesamteuropische

    Diskussion. In der BRD gibt es ohnehin einen dritten, vllig eigenstndigen Ansatz, der

    wesentlich durch Oevermann geprgt ist. Eine ganz andere Einteilungsmglichkeit ergibt

    sich, wenn die jeweils hinter der Professionssoziologie stehende Gesellschaftstheorie

    betrachtet wird. Hier lassen sich schon vier Hauptgruppen anhand der entsprechenden

    Theoretiker unterscheiden: Parsons, Weber, Marx und Oevermann, wobei im letzten

    Jahrzehnt verstrkt Luhmann hinzugetreten ist.10 Zieht man noch den weiteren Rahmen der

    Professionssoziologie, die Berufssoziologie, hinzu, wird auch noch die Vielfalt der

    Fragerichtungen bewut: beispielsweise das Verhltnis von Beruf und industrieller

    Gesellschaft oder der historischen Herausbildung von Berufen. Hinsichtlich der

    Unternehmensberatung sind dies z.B. die Auswirkungen des Marshallplans auf die

    Etablierung dieses Berufs in der BRD11. Ein weiterer Aspekt ist die konkrete berufliche

    Sozialisation und Rekrutierung: Wie wird man zum Unternehmensberater und wer ergreift

    diesen Beruf? Oder noch sozialpsychologischer ausgedrckt: Welche Erwartungen mssen

    Berufsinhaber erfllen? Welche Identittsstiftung ermglicht eine Profession? Ebenso kann

    8 Ein weiterer Blickpunkt in der Professionssoziologie sind Deprofessionalisierungen. Diese werden hier nicht

    in der Theorie bercksichtigt, da eine solche Betrachtung vor allem fr gereifte Professionen sinnvoll

    erscheint. Dies heit aber keineswegs, da in der Darlegung empirischer Vorgnge nur die Stimmen, die sich

    fr eine Regulierung aussprechen, zum Zuge kommen, sondern das gesamte Hin und Her, schlielich

    pldieren lngst nicht alle Berater fr regulierende Manahmen. 9 Brante 1990, S. 75. 10 Fr die unterschiedlichen Hintergrundtheoretiker s. z.B. Brante 1990. Fr die Verwendung Luhmanns

    hinsichtlich der Berufs- und Professionssoziologie s. u.a. Stichweh 1994, fr Oevermann s. Kapitel 2.3. 11 Hierzu vgl. die Arbeit von Kipping 1996.

  • 9

    der einzelne ber seine Berufswahl im sozialen Status auf- oder absteigen und der

    gesellschaftliche Stellenwert von Berufen verndert sich ebenfalls im Laufe der Zeit.12 Und

    in der neueren Forschung wird auer der Frage nach dem Geschlecht von Berufen auch

    der Zusammenhang von Klassenstruktur, Patriarchat und Professionen thematisiert.13

    Doch bevor hier noch weitere Beispiele der vielfltigen Theorie- und Blickrichtungen

    aneinandergereiht werden, zurck zu der vorliegenden Arbeit. Diese geht in drei Schritten

    vor: Das erste Kapitel beschreibt Das weite Feld der Unternehmensberatung.

    Verschiedenste Themen wie Umsatzwachstum, Anbieter, Kunden,

    Ausbildungsmglichkeiten, Verbnde und staatliche Frderung werden dort dargestellt.

    Oberflchlich betrachtet geschieht dies vllig theoriefrei - auf verschiedene Anstze der

    Professionssoziologie wird nmlich erst in Kapitel 2 eingegangen. Aber auch wenn der

    erste Teil Aussagen nur strukturiert wiedergeben und nicht bewertend14 vorstellen will, so

    sind die Themen nicht beliebig zusammengestellt. Vielmehr werden zahlreiche wesentliche

    Aspekte eingefhrt. Wesentlich heit zum einen, da von keinerlei Vorkenntnissen beim

    Leser ausgegangen wird. Dennoch wird nicht alles dargelegt, denn der Fokus liegt auf der

    Anbieterseite, also bei der Unternehmensberatung selbst. Allerdings werden hier nicht nur

    Selbstbeschreibungen von Beratern und ihren Angeboten wiedergegeben, sondern ebenso

    sozialwissenschaftliche Charakterisierungen des Phnomens prsentiert. Die Seite der

    Nachfrage, also das Management, die Organisationen und Institutionen, die Berater

    engagieren, stehen bewut nicht im Mittelpunkt.15 Zum anderen bezieht sich die

    Charakterisierung des ersten Kapitels als wesentlich durchaus auf die Frage nach der

    Professionalitt der Unternehmensberatung. So mag zwar die Umsatzentwicklung nichts

    mit der Professionalisierung direkt zu tun haben, veranschaulicht aber dennoch die

    wachsende Bedeutung, die den Ruf nach Regulierung vorantreibt. Das Unterkapitel

    Grnde fr die zunehmende Nachfrage bietet zwar zum einen Einblick in die

    sozialwissenschaftliche Forschung, zum anderen verweisen die vielfltigen

    Legitimationsanstze schlicht auf die Schwierigkeit, Unternehmensberatung berhaupt als

    einheitliche Ttigkeit - also noch lange nicht als Profession - zu fassen. Alles in allem ist

    der erste Teil bewut sehr allgemein gehalten und kann durchaus losgelst vom Rest als

    Beschreibung des Phnomens Unternehmensberatung gesehen werden. Eine umgekehrte

    12 Fr diese und weitere Aspekte s. Beck/Brater/Daheim 1980, Luckmann/Sprondel 1972, Hrning/Knicker

    1981. 13 Vgl. Witz 1992. 14 Zumindest ist der Sinn des Kapitels nicht die Bewertung der unterschiedlichen Aussagen, die durchaus auch

    kritisch sind. Dies liegt schon an der Auswahl und der Kombination der Zitate. Hintergrund dieser Arbeit ist

    eine Beschreibung der Unternehmensberatung mit Hilfe professionssoziologischer Kriterien. Das bedeutet,

    da es sich nicht um eine Hommage an Berater handelt. Deren Bedeutung wird vorausgesetzt, auch wenn nicht

    stndig auf ihre Leistungen verwiesen wird. 15 Dies heit nicht, da Unternehmensberatung als ein abgeschlossenes System ohne Auenkontakte

    angesehen wird - gerade fr eine Dienstleistung wre dies m.E. ohnehin eine irrwitzige Vorstellung. Es

    bedeutet aber durchaus, da hier ausgehend von der Unternehmensberatung beschrieben und argumentiert

    wird. Bedrfnissen, Hoffnungen oder Befrchtungen des Managements bei der Einschaltung von Beratern

    wird nicht explizit nachgegangen. Fr diese Fragestellung s. Jackall 1988. Fr das Wechselspiel von

    Management, Unternehmensberatung, Beratungsgurus und Wissenschaftlern s. Faust 1998a und 1998b.

  • 10

    Abtrennung ist nicht mglich: Ohne diese generelle Einfhrung wre die Arbeit schlicht

    unvollstndig.

    Konkret um die Professionalisierung der Unternehmensberatung geht es erstmals im

    zweiten Kapitel, genaugenommen in 2.1, in dem der magere Forschungsstand erlutert wird.

    Ansonsten kommen in diesem Teil verschiedene professionssoziologische Anstze zum

    Zuge, nicht nur die der sozialen Schlieung. Auch wenn der hier vorgestellte Ausschnitt

    klein ist, wird so vor allem die Vielfalt der Anstze und Schwerpunkte deutlich.

    Profession ist nmlich keineswegs ein eindeutiger Begriff. Auch wenn die Benennung der

    rzte und Rechtsanwlte als Standardprofessionen zunchst ein gewisses Vorverstndnis

    auslst, sind doch innerhalb der verschiedenen Theorieanstze grte Unterschiede

    festzustellen. Da die theoretischen Anstze jedoch in der Regel entsprechend der

    jeweiligen Vorliebe fr ein allgemeines Gesellschaftsmodell variieren, herrscht in der

    Literatur beinahe nur in einem Punkt Einverstndnis: Professionen sind Berufe ... Was aber

    die Professionen von anderen Berufen unterscheidet, bestimmt sich weitgehend durch die

    jeweilige theoretisch angeleitete Fragestellung.16 Auch eine begriffliche Einschrnkung

    z.B. auf Freie Berufe trgt nicht zu einer Klrung bei: Zustzlich ist zu sagen, da der

    Terminus freier Beruf genauso unklar und vieldeutig ist wie der Terminus profession.17 Da

    die Professionssoziologie zu einem erheblichen Teil im angelschsischen und US-

    amerikanischem Raum vorangetrieben wurde, lag auch die berlegung nahe, den

    englischen Begriff profession statt der deutschen Ableitung Profession zu whlen.

    Doch auch diese Verwendung erklrt nicht mehr oder weniger, denn auch fr das englische

    Wort gibt es innerhalb der professionssoziologischen Betrachtung zahllose Bedeutungen

    und Definitionen. Deswegen wurde in der vorliegenden Arbeit darauf verzichtet, den

    gesamten Text mit Anfhrungszeichen zu bersen und mit englischen, aber genauso

    erklrungsbedrftigen Begriffen zu spicken.

    Im dritten Kapitel werden dann direkt professionssoziologische Aspekte auf die

    Unternehmensberatung angewandt und entlang der wichtigsten Akteure und Themen

    typisiert. Dabei bezieht sich die Arbeit nur auf Unternehmensberater, die entweder in einer

    Unternehmensberatung angestellt oder selbstndig ttig sind. Ausgeschlossen werden somit

    smtliche internen Berater. Auch wenn Beispiele aus anderen Lndern herangezogen

    werden, sowohl allgemein zur Charakterisierung des Beratergewerbes wie auch zur

    Professionalisierung desselben, richtet sich der Blick der Arbeit auf das Gebiet der BRD.

    Welches empirische Material und welche theoretischen Grundlagen fr die Frage nach der

    Professionalitt der Unternehmensberatung ausgewhlt wurden, wird erst in Kapitel 3.1

    nher erlutert. Im weiteren Verlauf werden im Gegensatz zum ersten Kapitel Aussagen,

    Handlungen, Vorschlge, Aussichten usw. mit Hilfe professionssoziologischer Kriterien

    typisiert. Eine Gesamtbewertung erfolgt im Fazit. Dort wird mit Hilfe eines

    Richtungsmodells (Anne Witz, vgl. 2.4.4) eine Zusammenfassung der Auseinandersetzung

    mit dem Thema gegeben.

    16 Maiwald 1997, S. 11. 17 Kairat 1969, S. 13.

  • 11

    Kapitel 1: Das weite Feld der Unternehmensberatung

    1.1 Wer gehrt dazu?

    Ein festes Berufsbild fr Unternehmensberater gibt es nicht. Weder liegt eine gesetzliche

    Regelung fr den Zugang zum Beruf vor, noch gibt es allgemein anerkannte oder bliche

    Ausbildungswege. Es gibt nicht nur Anlageberatung bei der Sparkasse oder Kundenberater

    bei der Bahn, Beratung schwappt um sich: Es gibt Typenberatung und Geschenkberatung,

    Spieleberatung und Stauberater.18 Dementsprechend vielseitig ist die berufliche Herkunft

    der Berater: vom klassischen Betriebs- und Volkswirt ber Naturwissenschaftlerin,

    Ingenieurin, Soziologe hin zum Immobilienmakler und der Juristin. Dies ist aber bisher nur

    die Auflistung einiger, also noch nicht aller, akademischer Ausbildungen. Daneben gibt es

    genauso Nicht-Akademiker, die meist durch ihre Berufserfahrung in die Beratung kommen,

    da die besten Absolventen von Universitten und MBA-Programmen hart umkmpft sind.

    Booz-Allen & Hamilton stellt etwa 30 Prozent Quereinsteiger ein, Andersen Consulting 40

    Prozent. Bei Price Waterhouse liegt der Anteil bei ber 60 Prozent. Zurckhaltender im

    sogenannten mid-career-hiring zeigen sich Boston Consulting Group, Mercer Consulting

    Group, McKinsey und A. T. Kearney.19 Whrend einerseits Boston Consulting Group mit

    seiner vielseitigen (akademischen) Zusammensetzung bis hin zum Philosophen wirbt, wird

    andererseits der Nachteil des mangelnden einheitlichen Knnens angemahnt: Die

    Berufsbezeichnung ist ungeschtzt, und dies ist das oberste Chaosprinzip der

    Nachwuchsgewinnung. Entsprechend bunt und schillernd sieht der Beratungsmarkt aus.20

    Doch was chaotisch wirken mag, macht die gesamte Branche vielseitig und flexibel und vor

    allem unabhngig von langwierigen brokratischen Ausbildungsgngen.

    Da sich jeder als Berater bezeichnen kann, sind Angaben zur Zahl der Unternehmensberater

    sowohl von der jeweiligen Quelle als auch von der zugrunde gelegten Definition abhngig.

    Sperling/Ittermann nennen verschiedene Kategorisierungen, die sich auf unterschiedliche

    Gruppierungen beziehen. Beispielsweise lt sich aufgrund von Angaben des Statistischen

    Bundesamtes auf ca. 100 000 Unternehmensberater/Organisatoren und ca. 200 000

    Wirtschaftsprfer/Steuerberater in den alten Bundeslndern schlieen.21 Die FEACO

    (Fdration Europenne des Associations des Conseils en Organisation) geht in ihrem

    Europavergleich fr 1997 von 50 000 Beratern in der BRD aus.22 Die wichtigste

    Berufsvertretung in Deutschland, der Bund Deutscher Unternehmensberater (BDU), schtzt

    fr 1998 die Zahl der Berater auf ca. 62 500, die in rund 13 200 Management-, IT- und

    Beratungsgesellschaften ttig gewesen sein sollen.23

    18 Staute 1996, S. 10. 19 Fortune, 3.8.98. 20 Staute 1996, S. 89. 21 Sperling/Ittermann 1997, S. 9. 22 FEACO 1997, S. 2 23 BDU 1998c. S. 9.

  • 12

    1.2 Umsatzentwicklung

    Je nach Grenzziehung der Berufsgruppe gibt es also mehr oder weniger

    Unternehmensberater. Eine entscheidende Gemeinsamkeit aller Einteilungen besteht

    dennoch: Egal wer dazu gezhlt wird, es wird immer ein Anwachsen der Gruppe und ihrer

    Leistungen konstatiert. Trotz der zahlreichen Vorbehalte hinsichtlich der Vergleichbarkeit

    und Aussagefhigkeit von statistischen Daten ist eine beachtliche Wachstumsdynamik der

    unternehmensbezogenen Beratungsdienstleistungen deutlich erkennbar.24 So wird von

    einer zweistelligen Wachstumsrate ausgegangen, fr 1998 betrug diese 15% und fr 1999

    werden ca. 13% erwartet.25 In DM sieht der BDU26 folgende Entwicklung der

    Beratungsleistungen in der BRD:

    ABBILDUNG 1: UMSATZ DER UNTERNEHMENSBERATUNGSLEISTUNGEN IN

    DER BRD

    1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999

    Umsatz in Mrd. DM 8,8 10,6 11,7 10,4 12,5 14,1 15,3 16,4 18,8 21,7

    Angaben von 1990-1994 aus: BDU, Facts & Figures 1998c, S. 4, fr 1995-1999 aus: management berater

    1/99, S. 28 (Werte fr 1999 geschtzt).

    Auch fr die Zukunft wird eine enorme Zunahme der Nachfrage prophezeit, von Stagnation

    oder Rezension ist keine Spur: Den Beratungsunternehmen werden Wachstumsraten von

    200 Prozent in den nchsten zehn Jahren prognostiziert. Einige Beobachter sprechen bereits

    jetzt davon, da es kaum ein Unternehmen gibt, das noch keine Erfahrungen mit

    Unternehmensberatung gemacht hat.27 Ungeachtet der ohnehin ausgeprgten Entwicklung

    - und einer teilweise extremen Erwartungshaltung - gibt es Stimmen, die nach wie vor

    Defizite beim Einsatz von Beratern sehen. So z.B. Ibielski, Geschftsfhrer des RKW

    Rheinland-Pfalz28: Trotz dieser kontinuierlich ansteigenden Zuspruchstendenz, lt sich

    nicht bersehen, da vor allem beim Mittelstand immer noch Zurckhaltung besteht,

    Beratungsleistungen in Anspruch zu nehmen.29 Und auf einer Werbeveranstaltung von

    Boston Consulting Group wurde kurzerhand Deutschland zum Entwicklungsland in

    Sachen Unternehmensberatung gestempelt.30 Bezugspunkt solcher Aussagen scheinen

    24 Sperling/Ittermann 1997, S. 10. 25 Handelsblatt 4.12.98. 26 Hier ist zu beachten, da auch die Zahlen des BDU Schtzungen sind und auf der Grundlage seiner eigenen

    Mitglieder erfolgen. Auch die Angaben des Bundesverbands deutscher Unternehmensberater BDU sind nur

    begrenzt aussagefhig, da nur knapp fnf Prozent aller Beratungsfirmen Mitglieder des Verbandes sind.

    Sperling/Ittermann 1997, S. 18. Fr 1998 waren laut Handelsblatt nur rund 3,4% der Beratungsgesellschaften

    im BDU, in Zahlen ausgedrckt ca. 450 von 13 200, Handelsblatt vom 4.12.98. 27 Pekruhl 1998, S. 8. 28 Die Landesgruppen des RKW sind dafr zustndig, die Gelder fr die Wirtschaftsfrderung kleiner und

    mittlerer Unternehmen zu verwalten. Dabei geht es auch um die Frderung von Unternehmensberatung in

    kleinen und mittleren Unternehmen. Ibielski ist Hauptherausgeber einer Lose-Blatt-Sammlung zur

    Unternehmensberatung, wohl das umfangreichste deutsche Werk zu diesem Thema. Ibielski (o.J.). 29 Ibielski, Lfg. I/95, 0510, S. 3. 30 Aussage eines Beraters auf einer Werbeveranstaltung BCGs in Tbingen am 12.11.98, ausgerichtet von

    AIESEC.

  • 13

    immer die USA zu sein. Richtet man den Blick aber nicht ber den Groen Teich, sondern

    vergleicht die Ausgaben in Europa31, ergeben sich andere Werte. Laut einer Studie der

    FEACO (Fdration Europenne des Associations des Conseils en Organisation) findet in

    Deutschland mit 8,4 Milliarden ECU 1997 der grte Umsatz in Europa statt, an zweiter

    Stelle steht Grobritannien mit 4 Mill. ECU.32 Das Verhltnis zwischen der Anzahl der

    Berater und der Einwohnerzahl ergibt wiederum ein anderes Bild: Auf eine Mio. Einwohner

    kommen in sterreich 665 Wirtschaftsberater, in England 844, in Deutschland 873 und in

    den Niederlanden 1315.33 Und drittens lt sich noch der Beratungsumsatz im Verhltnis

    zur Einwohnerzahl vergleichen. Hier haben die Niederlande die Nase vorne, und die BRD

    befindet sich nicht mehr unter den drei grten europischen Beratungsnutzern: Die

    Marktprsenz der Branche ist von Land zu Land unterschiedlich. Gemessen an der

    Bevlkerungszahl sind in den Niederlanden, dem Vereinigten Knigreich und Schweden

    Beratungsdienste am strksten gefragt.34

    ABBILDUNG 2: AUFTEILUNG DES MARKTES IN DER BRD

    Aus: BDU 1998, S. 9.

    Erstaunlich ist allerdings die Aufteilung des Marktes selbst, vgl. Abbildung 2. Die 20

    grten Unternehmensberatungsgesellschaften35 in der BRD halten einen Anteil von 30

    31 Studien zu Gesamteuropa sind rar, die erste umfassende wurde 1991 mit Hilfe des BDU (Bundesverband

    Deutscher Unternehmensberater) und der FEACO (Fdration Europenne des Associations des Conseils en

    Organisation) durchgefhrt, s. BDU 1991. Eine weitere und sehr umfangreiche europaweite Studie wurde

    1998 von Alpha Publications Ltd. herausgegeben. 32 FEACO 1997, S. 2. 33 Der Standard, 21.10.98. 34 Eurostat Panorama der EU-Industrie 95, S. 24-38. 35 Fr eine bersicht ber die 35 grten Beratungsgesellschaften (nicht nur Managementberatung) s.

    Consulting Guide 1998, S. 8 oder management berater 11/1998, S. 20. Die 10 grten Management-

    Beratungsunternehmen sind gem der Zeitschrift management berater: McKinsey & Company, Roland

    Berger & Partner, Gemini Consulting, The Boston Consulting Group, A. T. Kearney, Arthur D. Little, Booz

    0%

    10%

    20%

    30%

    40%

    50%

    60%

    70%

    Top 20 Mittlere

    Beratungen

    Kleinere

    BeratungenUmsatzanteil Anteil an Marktteilnehmern

  • 14

    Prozent, whrend sie auf der Anbieterseite gerade mal 0,15% ausmachen. Das andere

    Extrem bilden die kleineren36 Unternehmen zusammen mit den Einzelberatern: Sie stellen

    zwar 68% der Anbieter, verfgen aber nur ber 20% Marktanteil. Bei dieser Aufteilung

    mu aber auch beachtet werden, da die Top 20 gerade die riesigen Consulting-Firmen mit

    zahlreichen Beratern sind.37

    1.3 Neue Kundengruppen

    Das Wachstum der Unternehmensberater lt sich nicht nur auf die gesteigerte Nachfrage in

    Wirtschaftsunternehmen zurckfhren, sondern auch auf neue Kundengruppen, die sich mit

    unterschiedlichsten Bedrfnissen an Berater wenden: Kirchen, Gewerkschaften, Stdte und

    staatliche Einrichtungen. So hat 1996 McKinsey z.B. die Mnchner evangelische

    Kirchengemeinde beraten. Die Prognose im Wirtschaftsjargon wirkt (bislang) ungewohnt:

    Solide Ware, gute Mitarbeiter, schwaches Management, diffuse

    Unternehmensphilosophie.38 Aber alles in allem ist dieses Unternehmen durchaus

    zukunftstrchtig: Fr McKinsey-Direktor Peter Barrenstein ist das Produkt der Kirche,

    die Botschaft Jesu Christi, zeitlos gut.39 Zu den konkreten Ergebnissen zhlt die Aktion

    Wiedereintritt, die 1996 zusammen mit den Beratern durchgefhrt wurde.40 Aber nicht

    nur die Kirche sucht Hilfe - auch der Deutsche Tennisbund setzt auf Unternehmensberater,

    die prfen, ob in der Hamburger DTB-Zentrale mit den ppigen Einnahmen wirklich

    pflichtbewut umgegangen worden und ob im personellen Bereich nicht ein Wasserkopf

    entstanden ist.41 Und whrend Berater auf der einen Seite als Retter gerufen werden,

    Roland Berger soll Expo 2000 retten42, pldieren sie auf der anderen Seite fr die

    Abschaffung ganzer Einrichtungen: Mummert + Partner empfiehlt Auflsung der ZVS.43

    Die vielfltige Beratung von Bund, Lndern, Kommunen und ffentlichen Einrichtungen

    hat so 1997 immerhin schon ca. 10% des Gesamtmarktes ausgemacht.44

    Weitere Beratungsmglichkeiten werden auch auf gesamtgesellschaftlicher Ebene

    wahrgenommen. So waren z.B. auf dem Kongre christlicher Fhrungskrfte45 Berater

    eingeladen. ber die bloe Organisationsebene hinaus ging auch die von Arthur D. Little

    gestartete Initiative Modell Deutschland 21. Die 1997 gegrndete Arbeitsgruppe aus

    Allen & Hamilton, Marketing Corporation, Kienbaum & Partner GmbH und Bain & Company. Eine

    vergleichbare Liste befindet sich in der FAZ vom 27. Juni 1998, S. 23. 36 Kleinere Beratungen sind laut BDU Unternehmen bis 1 Mio. Jahresumsatz, mittlere Beratungen haben 1-

    100 Mio. Umsatz und groe Gesellschaften entsprechend ber 100 Mio., BDU 1998c, S. 10. 37 Laut Sperling/Ittermann waren 1995 rund 5500 der rund 40000 Berater in einer der 20 grten Beratungen

    angestellt. Sperling/Ittermann 1997, S. 23. 38 Brockert, Sdwest Presse 1996. 39 Brockert, Sdwest Presse 1996. 40 Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt, 30.10.98. 41 Die Welt, 16.10.98. 42 Titel in der TAZ vom 6.8.98. 43 Titel in der Berliner Morgenpost, 3.8.98. 44 Information des BDU durch Christoph Weyrather (Geschftsfhrer). URL:

    http://www.bdu.de/aktuelles/publikationen/zeitung_online/heft0198/art21.htm [Stand 8.10.98]. 45 Vgl. hierzu Stuttgarter Nachrichten vom 4.2.99.

  • 15

    Vertretern der renommiertesten Beratungsfirmen, u.a. Andersen Consulting, Gemini

    Consulting, Kienbaum und Partner, Boston Consulting Group, steckte sich zum Ziel, den

    Parteien zu den vier Themenbereichen Arbeitsmarkt, Verwaltung, Innovationen und

    Bildung Vorschlge zu unterbreiten. Allerdings fand das Projekt bei den Politikern nicht

    den erwarteten Anklang und endete lediglich als Taschenbuch bei Rowohlt.46

    1.4 Anbieter von Unternehmensberatungsleistungen

    Whrend exakte Bestimmungen schwierig sind, schien bis vor kurzem noch die Erkenntnis

    gesichert, da groe Unternehmensberatungen vor allem Grokunden bedienen, whrend

    kleinere und mittlere Beratungsgesellschaften und Einzelberater entsprechend andere

    Klienten haben. So ist davon auszugehen, da in den groen Unternehmen aus Industrie

    und Dienstleistung die Inanspruchnahme von Beratung zur betrieblichen Alltagserfahrung

    zhlt, wobei die Groen ihrerseits auf die Angebote der Groen zurckgreifen, whrend

    kleine und mittlere Unternehmen eher kleine und mittlere Berater aufsuchen.47 In seinem

    neuesten berblick ber den Markt stellt der BDU aber auch hier Vernderungen fest: Es

    sind ... Entwicklungen am Markt zu beobachten, da diese [groen, d.V.]

    Beratungsunternehmen in zunehmendem Mae ihre Marketing- und Beratungsaktivitten

    auch auf mittelstndische Unternehmen fokussieren.48 Auf einer PR-Veranstaltung der

    Boston Consulting Group lie sich allerdings vernehmen, da die BCG nur Unternehmen

    mit einem Mindestumsatz von 1 Mrd. DM jhrlich bert. Insofern kritisieren Gross/Brgger

    auch die Rede vom Markt der Unternehmensberatung, da es sich um weitgehend

    getrennte Segmente49 handle: Von einem Management-Consulting-Markt zu sprechen ist

    eigentlich falsch. Es gibt nicht den Management-Consulting-Markt! ... Eine internationale

    Beratungsfirma wird nie in der Situation sein, gleichzeitig neben einem Einmannbetrieb fr

    ein Reorganisationsprojekt bei einem Grokonzern zu offerieren. ... Der Management-

    Consulting-Markt besteht aus vielen vllig verschiedenen Anbietern.50 Diese Unterschiede

    benennen die beiden Autoren (angelehnt an Kubr): auf der einen Seite stehen die ganz

    groen Firmen, die in der Regel in zahlreichen Beratungsbereichen ttig sind. Daneben gibt

    es mittlere und kleinere Anbieter, die mit bis zu 100 Beratern sich meist auf einen

    Beratungsbereich, eine Branche oder eine Region spezialisiert haben. Der Typus

    Einzelberater umfat den ehemaligen Manager, sowohl den Spezialisten als auch den

    Generalisten. Eine weitere Form Einzelberater ist der Consulting-Professor, der meist in

    der Betriebswirtschaftslehre zu Hause ist. Und schlielich kommen noch die

    Consultingabteilungen von Treuhandfirmen und die Beratungsleistungen anderer

    Branchen wie z.B. Softwarefirmen und Banken hinzu.51 Letztere zhlen schon zu den

    46 Vgl. Beck 1999, S. 60. 47 Sperling/Ittermann 1997, S. 38. 48 BDU 1998c, S. 16. 49 Das andere Problem bei der Markt-Beschreibung ist auch, da Bestimmungen und Definitionen der

    Ttigkeiten von Unternehmensberatern der explosiven Entwicklung hinterherhinken. Auerdem gibt es durch

    das fehlende Berufsrecht auch keine allgemeingltige oder weitverbreitete Definition, so da auch von der

    Produktseite her betrachtet keine weithin anerkannte Festlegung mglich scheint. 50 Gross/Brgger 1992, S. 14. 51 Gross/Brgger 1992, S. 14f.

  • 16

    sogenannten neuen Wettbewerbern wie auch Finanzdienstleister, Wirtschaftsprfer,

    Steuerberater, Grounternehmen inklusive IT-Anbieter, Fachverlage, Verbnde,

    Speditionen und unternehmensinterne Berater.52 Bei Ibielski lt sich noch ein weiterer

    Anbieter finden: die studentischen Unternehmensberatungen.53 von denen allein 1997

    immerhin acht im BDSU (Bundesverband Studentischer Unternehmensberatungen)

    Mitglied sind. Weitere sechs Anwrter lassen sich hierfr finden, aber daneben auch andere

    Einzelorganisationen und sogar Verbnde auf europischer Ebene, wie z.B. PERSPECTIVE

    oder die Junior Association for Development in Europe (JADE).54

    1.5 Bereiche der Unternehmensberatung

    Die Schwierigkeit, Unternehmensberater von anderen angrenzenden Berufsgruppen zu

    trennen, spiegelt die Vielfalt und Unbestimmtheit dieser Gruppe wieder. Ein Blick in

    Werbebroschren oder ins Internet erffnet Welten der Beratung: So bietet die In-Line

    Unternehmensberatung Motivationsseminare mit Jrgen Hller. Der Titel der

    kunterbunten Werbebroschre lautet: Jrgen Hller Seminare. Serises [Hervorh. d.V.]

    Erfolgs- und Persnlichkeitstraining. Auf Stufe 1 gibt es zunchst das Power-

    Management, dann Sprenge Deine Grenzen und den Power-Day. Auf Stufe 2 folgt

    Alles ist mglich und auf Stufe drei befindet sich der Teilnehmer schon Jenseits der

    Grenzen. Damit die Motivation auch daheim im Fernsehsessel weitergeht, kann ein Video

    erworben werden, das zum Himmel schreit: The Sky is the Limit. Und sptestens

    angesichts des Kassettenseminars Erfolg ist ein Naturgesetz wird auch der Buchtitel

    Alles ist mglich schlagartig einsichtig. Zwei weitere Bcher von Hller, Mit System

    zum Erfolg und Sicher zum Spitzenerfolg, treffen zumindest auf den Autor selbst zu, da

    Hller seit 1989 ca. 1500 Unternehmen in ganz Europa betreut (!) haben soll und das mit

    beachtlichen Auswirkungen: Die beratenen Unternehmen steigerten ihren Erfolg innerhalb

    von 12 Monaten um durchschnittlich 30%.55

    Neben diesem extremen - und keineswegs reprsentativen - Angebot aus dem

    Trainingsbereich tummeln sich auch Vermittlungsttigkeiten unter dem Logo

    Unternehmensberatung: Unter der Bezeichnung Unternehmensberatung werden

    vielfach Leistungen angeboten, die reine Vermittlungsttigkeiten (z.B. Immobilien,

    Finanzierungen, Lebensversicherungen etc.) darstellen und keine unabhngige Raterteilung

    52 Graphische bersicht bei: Niedereichholz 1996a, S. 6. 53 Im Verhltnis zu den USA haben Unternehmensberatungen durch Studierende in der BRD einen geringen

    Stellenwert. Ibielski erklrt sich dies mit der Rolle der Unternehmensberatung an den deutschen Hochschulen:

    Vielleicht liegt das daran, da die Unternehmensberatung als wissenschaftliches Erkenntnisobjekt eine immer

    noch recht untergeordnete Rolle spielt, abgesehen von einer doch zunehmenden Anzahl vor allem von

    Diplomarbeiten, die Betriebsstudien zum Gegenstand haben und somit durchaus als qualifizierte

    Beratungsberichte eingestuft werden knnen. Neben der Forschung ist auch die Lehre allenfalls ein

    Nebenprodukt im akademischen Bereich. Ibielski, Lfg. XII/97, 0521, S. 1. 54 Ibielski, Lfg. XII/97, 0521, S. 2f. 55 Alles aus: Seminarprospekt Jrgen Hller fr 1997. Ob diese Leistungssteigerung bald der deutschen

    Nationalelf zugute kommt, bleibt abzuwarten. Einer dpa Meldung vom 19.2.99 ist jedenfalls zu entnehmen,

    da Jrgen Hller per Pressemitteilung angeboten [hat], der deutschen Fuball-Nationalmannschaft zu

    helfen, den drohenden Niedergang in die Bedeutungslosigkeit zu vermeiden.

  • 17

    sind56 Aber auch ohne grenzwertige Bereiche unterscheidet der BDU auf seiner CD-Rom

    Beraterdatenbank rund 300 Beratungsthemen und ca. 200 Branchen.57 Diese Vielfalt mag

    verwirrend wirken, aber wenn man die Aufteilung des Marktes betrachtet, werden die

    Verhltnisse der verschiedenen Bereiche zueinander deutlich: Die IT-Beratung umfate

    1998 42%, die Strategieberatung 30%, die Organisationsberatung 19% und 9% entfielen auf

    den Bereich Human-Ressource-Managemengement.58

    Die groen Themenbereiche der Beratung sind somit klar erkennbar und erst bei der

    Feineinteilung beginnen die Schwierigkeiten. So unterscheidet Niedereichholz59 zunchst

    neun Hauptgruppen: Unternehmensfhrung/Organisation, Logistik, Personalberatung/

    Personalwesen, Weiterbildung/Training, Marketing, Technik, Informationsverarbeitung,

    Controlling/Finanzwesen/Rechnungswesen und Unternehmensgrndung/Management-Buy-

    Out. Des weiteren umfat ihre Einteilung aber noch 44 Untergruppen, die wiederum eine

    Flle von Teilgebieten enthalten.60 Ein Blick auf die insgesamt achtseitige Gliederung zeigt,

    da hier erst die Genauigkeit zu Unbersichtlichkeit fhrt. In diesem Sinne lt sich auch

    Steyrers Aussage verstehen: Der Begriff der Unternehmensberatung weist einen uerst

    geringen Przisionsgrad (welche Merkmale treffen berhaupt auf ihn zu) und ein

    Hchstma an Inkonsistenz (Zuordnung unterschiedlicher Merkmale) auf, was einerseits

    mit dem groen Spektrum mglicher Formen der Beratung von Unternehmen und

    andererseits mit zahlreichen hnlich gelagerten und hufig synonym verwendeten Begriffen,

    wie Betriebsberatung, Wirtschaftsberatung oder Managementberatung, zusammenhngt.61

    1.6 Bestimmungsvarianten des Begriffs Unternehmensberatung

    An Definitionsvarianten62 gibt es keinen Mangel, vor allem wenn die genannte Vielzahl der

    verwendeten Begriffe bercksichtigt wird: Wirtschaftsberatung, Management Consulting,

    Unternehmensberatung, Betriebsberatung, Fhrungsberatung usw.. Am weitesten ist aber

    dennoch der Begriff Unternehmensberatung verbreitet.63 Sperling/Ittermann

    unterscheiden zwei Nutzergruppen der Beratung: Beratung, die sich an (Einzel-)Personen

    wendet und Beratung, die sich auf Betriebe und Unternehmen bezieht. Im Mittelpunkt der

    folgenden Ausfhrungen steht das Segment der unternehmensbezogenen

    Beratungsdienstleistungen. Im weitere Sinne umfat dieser Bereich alle jene

    Dienstleistungen, die von Unternehmen und Organisationen nachgefragt werden und dazu

    dienen, rechtlichen, technischen, konomischen, personellen und organisatorischen

    Anforderungen nachzukommen und Problemlsungen anzubieten.64

    56 Redley, BDU-Depesche, BDU 1997b, S. 2. 57 Kurzinformationen des BDU (ohne Jahr), S. 2. 58 BDU 1998c, S. 12. 59 Inhaberin des ersten Lehrstuhls fr Unternehmensberatung an der FH Ludwigshafen. 60 Niedereichholz 1996a, S. 19-26. 61 Steyrer 1991, S. 7f. 62 Einen berblick gibt Krber 1989, s. auch Greiner 1983. 63 Dies fhrt der BDU im wesentlichen auf seinen eigenen Einflu zurck, da vor seiner Grndung andere

    Bezeichnungen blicher waren. BDU 1997b, S. 1. 64 Sperling/Ittermann 1997, S. 7.

  • 18

    Whrend bei Sperling/Ittermann die Begriffsbestimmung entlang der Zielgruppe - Personen

    versus Unternehmen/Organisationen - erfolgt, hebt Kubr gleich in der Einleitung von

    Management Consulting. A Guide to the Profession65 auf die inhaltlichen Ziele des

    Management Consulting ab: In this book Management consulting is treated as a methode

    for improving management practices first of all. ... Even a manager can act as a consultant if

    he or she provides advice to peers or subordinates.66 Management consulting wird hier

    zunchst als Methode angesehen, die den unterschiedlichsten Personen offen steht. Kubr

    kontrastiert allerdings diese Ausfhrung mit der Auffassung von Management Consulting

    als Profession: Thousands of individuals and organizations make consulting their full-time

    occupations, striving for professional standards in the quality of the advice provided,

    methods of intervention and ethical principles.67 Zwischen diesen beiden begrifflichen

    Bestimmungen wird nicht entschieden, sondern sie werden bewut als zwei Seiten einer

    Medaille betrachtet.

    Eine andere Eingrenzung geben Gross und Brgger. Sie attestieren vor allem der deutschen

    Sprache einen Begriffswirrwarr, der von der Vielzahl mglicher Bezeichnungen und sich

    berschneidenden Definitionen herrhrt. Eine (Teil-)Lsung sehen sie in der Verwendung

    des angelschsischen Begriffs Management Consulting, um dieser Problematik etwas

    auszuweichen.68 Ein weiterer Schritt, Klarheit in das begriffliche Durcheinander zu

    bringen, wird mglich, indem der jeweilige Kontext der Begriffsverwendung betrachtet

    wird. Gross/Brgger teilen dazu die Literatur von und ber Unternehmensberater in vier

    Kategorien. Dies klrt zwar nicht den Begriff selbst, aber immerhin dessen Verwendung.

    Sehr diffus wird der Begriff Management Consulting in der ersten Kategorie aus der

    Praxis fr die Praxis verwendet, denn hier wird die jeweils verwendete Berufsbezeichnung

    schlicht nicht definiert. Dagegen umfat die vierte Stufe die Versuche, Aussagen im

    Rahmen relativ geschlossener sozialwissenschaftlicher Aussagensysteme zu formulieren

    und legt somit jeweils eine konkrete Bestimmung zugrunde.69 Als Beispiele aus der letzten

    Kategorie ziehen sie Definitionen von Stutz, Metzger/Greiner und Elfgen/Klaile70 heran.

    Trotz ihrer eigenen Typisierung heben Gross/Brgger zusammenfassend nochmals die

    Problematik der Begriffsbestimmung hervor: Es ist schwierig, eine treffende Definition

    von Management-Consulting oder Unternehmensberatung zu finden, die alle existierenden

    Formen der Unternehmensberatung umfat und die gleichzeitig Kriterien liefert, die

    Unternehmensberatung von hnlichen Dienstleistungen abgrenzt.71 Statt eine eigene

    Definition hinzuzufgen oder sich fr eine der schon bestehenden zu entscheiden, besinnen

    Gross/Brgger sich auf ihre eigene Fragestellung, nmlich Wie definieren

    Unternehmensberater selber ihre Ttigkeit?72 Dementsprechend versuchen sie nicht, die

    65 Ein umfangreiches Werk, herausgegeben von der International Labour Organization Genf. 66 Kubr 1996, S. XVIII. 67 Kubr 1996, S. XVIII. 68 Gross/Brgger 1992, S. 10. 69 Gross/Brgger 1992, S. 11f. 70 Stutz 1988, Steyrer 1991, Elfgen/Klaile 1987. 71 Gross/Brgger 1992, S. 12. 72 Gross/Brgger 1992, S. 12.

  • 19

    umrissene Forschungslcke73 zu schlieen, sondern schildern Selbstdefinitionen von

    Berufsverbnden.74

    Ein Blick auf die Ttigkeiten von Unternehmensberatern bringt zustzliche Mglichkeiten

    ins Spiel. Im ersten deutschsprachigen Lehrbuch fr Unternehmensberatung von Christel

    Niedereichholz findet sich folgende Definition: Unternehmensberatung wird definiert als

    eine Dienstleistung, die durch eine (oder mehrere) unabhngige und qualifizierte Person(en)

    erbracht wird. Sie hat zum Inhalt, Probleme zu identifizieren, definieren und analysieren,

    welche die Kultur, Strategien, Organisation, Verfahren und Methoden des Unternehmens

    des Auftraggebers betreffen. Es sind Problemlsungen zu erarbeiten, zu planen und im

    Unternehmen zu realisieren.75 Schwierigkeiten, eine begriffliche Abgrenzung zu

    vollziehen, tauchen in diesem Lehrbuch nicht auf. Unternehmensberatung wird definiert

    suggeriert eine von anderen angezweifelte Eindeutigkeit.

    Unbestritten ist dagegen die Funktion der Berater als Problemlser - dies gilt unabhngig

    davon, mit welchen Schwierigkeiten die Unternehmen und ffentlichen Einrichtungen

    jeweils an die Berater herantreten. Denn Unternehmensberater helfen, den sich ihnen

    anvertrauten Unternehmen, Managementprobleme zu erkennen und zu analysieren, sie

    empfehlen Lsungsmglichkeiten und gewhren erforderlichenfalls auch Untersttzung bei

    der Umsetzung dieser Lsungen.76 Der Ablauf einer beispielhaften Beratung lt sich

    ebenfalls dem Handbuch Unternehmensberatung (Band 2) entnehmen. Hier werden

    modellhaft nach der Auftragserteilung (Band 1) folgende Schritte erlutert: Problemanalyse

    (Ist-Analyse), Prognose, Zielsetzung, Problemlsung (Sollkonzepterstellung),

    Realisierungsplanung, Prsentation und Berichterstellung, Realisierung, Auftragsabschlu

    und Evaluation. Diese klar strukturierte Auflistung im Beratungslehrbuch steht im

    Gegensatz zu kritischen Beschreibungen, z.B. ber den Einsatz unerfahrener Berater, die

    dem Ruf groer Unternehmensberatungen nicht gerecht werden: Oft sahen die Kunden den

    erfahrenen Berater, auf den sie gehofft hatten, ganze zwei Mal: am Anfang und am Ende

    des Projekts. Ansonsten htten sie es mit Irocs zu tun, mit Idiots right out of colleges.77

    Auch die Hinweise des BDU, wie der Kunde serise Berater erkennt, verweisen auf die

    73 Auch Sperling/Ittermann konstatieren derartigen Forschungsbedarf: Allein schon die definitorische und

    statistische Ab- und Eingrenzung von Unternehmensberatung bereitet nicht geringe Schwierigkeiten. Auf dem

    Gebiet wissenschaftlicher Forschung klaffen noch erhebliche Forschungslcken. Der Markt fr

    Unternehmensberatung gilt vielen Beobachtern als intransparent; das beruflich-professionelle Profil des

    Unternehmensberaters bleibt vielfach unscharf und schillernd. Sperling/Ittermann 1997, S. 2. 74 Analog zu dieser Vorgehensweise wird auch in der folgenden Arbeit verfahren. Sie hat nicht zum Ziel,

    Definitionslcken zu schlieen und exakter als die soziale Wirklichkeit selbst zu sein. Es wird nach dem ersten

    Teil zwar eine allgemeine Eingrenzung erfolgen, aber keinerlei trennscharfe Definition gegeben, was und wer

    Unternehmensberater wirklich sind, sein sollen oder wollen. Whrend es im ersten Teil der Arbeit zunchst

    um eine allgemeine Hinfhrung, einen erweiterten berblick ber das so schillernde und facettenreiche

    Phnomen geht (Ausgangspunkt ist die Anbieterseite), wird im dritten Teil auf die Professionalisierung von

    Unternehmensberatern eingegangen. Dazu wird aber keine eindeutige Definition gegeben, sondern gerade die

    Vielseitigkeit unter dem Aspekt der Professionalisierung betrachtet. 75 Niedereichholz 1996a, S. 1. 76 Eurostat Panorama der EU-Industrie 95, S. 24-37. 77 Computerwoche, 4.11.1994, S. 15.

  • 20

    Differenz zwischen sachlicher Beschreibung und der tatschlichen Vielseitigkeit der

    Beratung. So weist der BDU auf unterschiedliche Merkmale von unserisen Beratern hin.

    Vorsicht ... vor flotten Sprchen und betriebswirtschaftlichen/unternehmerischen

    Binsenweisheiten, die laut und stndig herausposaunt werden ... Die Vielzahl beschriebener

    Bltter mit unverstndlichen Aussagen, angefgten Kopien oder Lehrbuchabschriften sind

    in der Regel nicht sachdienlich.78 Interessant ist die Notwendigkeit solcher Hinweise: trotz

    Beratungserfahrung zahlreicher Unternehmen scheint Aufklrungsbedarf ber die

    Unterschiede zwischen serisen und unserisen Beratern zu bestehen.

    Als entscheidend fr die Ttigkeit79 der Unternehmensberater werden verschiedene

    Attribute angesehen. Kubr nennt vier Charakteristika der Unternehmensberatung: das

    beratende Element, die Unabhngigkeit80 der Berater, die zeitliche Begrenzung der Leistung

    und den kommerziellen Aspekt der Beratung, also die Tatsache, da der Berater seine

    Leistungen dem Klienten in Rechnung stellt. Management Consulting is an independent

    professional advisory service assisting managers and organizations in achieving

    organizational purposes and objectives by solving management and business problems,

    identifying and seizing new opportunities, enhancing learning and implementing

    changes.81 Die Aufgabe der Unternehmensberatung, achieving organizational purposes

    and objectives, wird in dieser Definition gleich mitgeliefert und stellt auch die

    Legitimation fr Management Consultants dar.

    Andere Definitionen gehen weit ber Kubr hinaus und verlieren sowohl die zeitliche

    Begrenzung, die Unabhngigkeit als auch den kommerziellen Aspekt: Die meisten

    betrieblichen Mitarbeiter sind ihrer Ttigkeit nach Berater, auch wenn sie sich nicht

    ffentlich Berater nennen.82 Angesichts der Flle solcher Ttigkeitsumschreibungen liegt

    der Schlu nahe, da hier ebenso wie bei der Bestimmung des Begriffs

    Unternehmensberatung Beliebigkeit den Vorrang hat. Welche Ttigkeiten unter welchen

    Vorzeichen ausgebt werden, hngt von der Art der Beratung ab: Strategie-, Organisations-,

    IT-, Personal-, Energie-, Umweltberatung usw.. Es gibt Beratung durch groe, kleine,

    mittlere Beratungsgesellschaften oder Einzelpersonen, Beratung, hinter der ein konkreter

    Auftrag wie die Einfhrung von Gruppenarbeit steht, oder Beratung, die Schwachstellen

    erst analysieren soll. Walger steigert diese Vielfalt und Beliebigkeit der Beratungsttigkeit

    noch: Welchen Beitrag die Unternehmensberatung zur Problemlsung leistet ... ist in erster

    78 Hinweise des BDU, zitiert nach Ibielski, Lfg. VII/89, 1300, S. 10f. 79 Eine umfangreiche konkrete Beschreibung gibt das Buch Systemische Organisationsberatung von

    Susanne Mingers 1996. 80 Dieser Aspekt wird besonders gern bezweifelt: Vier Faktoren stehen der Unabhngigkeit und Neutralitt

    von Beratungsunternehmen entgegen: die Abhngigkeit vom Auftraggeber und vom nchsten Auftrag,

    Firmeninteressen in einer Unternehmensfamilie, politische Positionen der Firma und der Wunsch nach

    Vernderung. Staute 1996, S. 52. Dennoch sind externe Berater nicht in gleichem Mae in

    unternehmensinterne Ablufe, Verpflichtungen und mikropolitische Zusammenhnge verstrickt. 81 Kubr 1996, S. 8. 82 Block 1997, S. 13.

  • 21

    Linie abhngig vom Beratungsverstndnis des einzelnen Beraters bzw. von der

    Beratungsphilosophie der jeweiligen Beratungsgesellschaft.83

    1.7 Grnde fr die (zunehmende) Nachfrage

    Unabhngig davon, was Unternehmensberatung genau ist, wird ihr Wachstum

    zugeschrieben. Einige Grnde hierfr wurden oben schon genannt: neue Kundengruppen,

    ein immer differenzierteres Angebot und immer vielfltigere Anbieter. Im folgenden

    werden Erklrungsanstze vorgestellt, die sich auf den Nutzen der Beratung beziehen. Auch

    hierzu gibt es zahlreiche Aussagen, die sich teilweise ergnzen, teilweise widersprechen.

    Nicht vorgestellt werden hier Selbstaussagen von Unternehmensberatungen, die sich auf

    ihre konkreten Beratungsangebote wie Wissensmanagement oder Shareholder Value-

    Orientierung und deren Vorteile beziehen. Ebenso werden hier nicht nher die

    unterschiedlichen Wissensbeitrge von Management, Beratung und Wissenschaft erlutert,

    die z.T. im dritten Kapitel zum Zuge kommen.84 Alles in allem werden die verschiedenen

    Thesen hier nur referiert, also weder untereinander gewichtet noch auf ihre Stichhaltigkeit

    hin berprft.

    Kubr sieht ja die oben schon erwhnten inhaltlichen Leistungen der Unternehmensberatung

    als Grund fr deren Einschaltung: solving management and business problems, identifying

    and seizing new opportunities, enhancing learning und implementing changes.85 Diese vier

    lassen sich alle dem obersten Ziel - achieving organizational purposes and objectives -

    unterordnen. Weil Management Consultants diese Aufgaben erfllen knnen, werden sie

    angeheuert. Da Manager oft das gleiche Studium - BWL - wie Berater absolviert haben,

    stellt sich die Frage, warum das Management zustzliche Untersttzung bentigt. Eine

    Antwort darauf bezieht sich auf die zunehmende Komplexitt, die in der heutigen Zeit

    Untersttzung des Managements von auen unerllich macht. Whrend frher das

    kompetente Management noch alleine die verschiedenen Entwicklungen berblicken

    konnte, ist dies heute nicht mehr mglich. Doch die Komplexitt von Thematiken in der

    hochtechnisierten Industriegesellschaft ist gestiegen, da die Zahl der Akteure, die

    Kompliziertheit der zu verhandelnden Gegenstnde, die Bedeutung internationaler

    Abhngigkeiten und Verflechtungen sowie das Wissen ber Zusammenhnge und

    Wechselwirkungen gestiegen sind.86 Auerdem machen dem Manager immer neue

    Angebote an Organisationsformen wie Lean Management, Gruppenarbeit, Kaizen die

    Entscheidung schwer und das unter der als oft so rasant eingeschtzten Globalisierung.

    Zustzlich fhrt der steigende Wettbewerb dazu, da Fehler grere Auswirkungen haben

    und angesichts des Arbeitsmarktes auch schneller den eigenen Arbeitsplatz kosten knnen.

    Der mit dieser neuen Unbersichtlichkeit zunehmende Wettbewerbs- und Gewinndruck

    erhht zum einen die Orientierungsprobleme, schrnkt zum anderen aber auch die

    83 Walger 1995, S. V. 84 Fr die nhere Beschreibung dieser Unterschiede s. Faust 1998a,b, March 1991, Huczynski 1993. 85 Kubr 1996, S. 9. 86 Staute 1996, S. 19f.

  • 22

    Mglichkeiten ein, Fehlentscheidungen ohne weitreichende Konsequenzen treffen zu

    knnen.87

    Wiederum andere Erklrungsanstze projizieren zustzlich die Notwendigkeit der

    Unternehmensberatung in die Vergangenheit. Dahinter steht die Idee, da auch frher

    Beratung sinnvoll gewesen wre, aber erst jetzt - da es gar nicht mehr anders geht - die

    wertvollen Mglichkeiten erkannt werden. In zunehmendem Mae beginnt sich die

    Erkenntnis durchzusetzen [Hervorhebungen d.V.], da angesichts der immer komplexer

    werdenden Probleme der Manager von heute Hilfe braucht; da ein Unternehmen mit

    einsamen Entschlssen nicht mehr gefahrlos durch die Klippen des Wettbewerbs, der

    Kostenexplosion etc. gesteuert werden kann.88 Da diese Erkenntnis erst langsam zu

    reifen beginnt, verwundert die Charakterisierung der Nachfrage als Nachholbedarf nicht,

    wobei gerne die groen und die jngeren Unternehmen als Musterschler prsentiert

    werden89: Der Nachholbedarf an Verbesserungsvorschlgen alt hergebrachter Ttigkeiten

    scheint ungebrochen, whrend der Rat zugunsten zukunftsweisender Innovation deutlich

    geringere Aufgeschlossenheit findet. Ein solches recht pauschales Fazit findet

    selbstverstndlich seine Besttigung durch Ausnahmen in der Growirtschaft oder bei

    jngeren Unternehmen.90

    Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet erscheint das Wort Nachholbedarf geradezu

    zynisch: Angenommen Unternehmensberatungen tragen selbst dazu bei, Management-

    moden und Mythen laufend zu aktualisieren, so ist es nicht verwunderlich, da ein Groteil

    der Unternehmen stndig hinterher hinkt. Wenn permanent Neues91 angeboten wird, ist

    jeder Ansatz, schon bevor er mit groem Aufwand vollstndig implantiert ist, leicht

    angestaubt: Shareholder Value statt Gruppenarbeit, Gruppenarbeit statt Business

    Reengineering usw. gelten innerhalb weniger Jahre jeweils als absolutes Mu. Zum Teil

    wird die Nachfrage jedoch durch die Branche selbst stimuliert, indem sie neue

    Managementkonzepte und -methoden einfhrt und auf deren Verbreitung hinarbeitet, wie

    etwa Business Process Reengineering (BRP), Benchmarking, Zeitwettbewerb usw.92 Die

    Existenz von Managementmoden ist genauso wenig neu wie die Kritik an

    Unternehmensberatern. Was aber der Wirkung der Beratung zugesprochen wird, ist die

    87 Hilbert 1998, S. 15. 88 Ibielski, Lfg. I/83, 0515, S. 2. 89 Gleichzeitig wird auch nach den Grnden der Zurckhaltung gesucht; folgende finden sich bei Ibielski:

    Eingestndnis von Unkenntnis und Unfhigkeit, Vorurteile gegenber der Qualifikation der Berater, zum Teil

    schlechte Erfahrung mit sogenannten Scharlatanen oder vielleicht branchen- und praxisfremden Personen,

    die Angst, Geschftsgeheimnisse preisgeben zu mssen, die mangelnde berprfbarkeit des Beratungserfolgs

    und die Scheu vor hohen Kosten. Aber diese Barrieren und Anschauungen sind - wie die nachrckende

    Generation aufgeschlossener, gut ausgebildeter junger Unternehmer beweist - doch mehr ein

    Generationsproblem und nur noch zum Teil auch ein Mentalittsproblem. Ibielski, Lfg. I/83, 0515, S. 1f.

    Sowohl die genannten Grnde als auch die Deklaration als Mentalitts- und Generationenproblem stammen

    von 1983. Sie wurden in der zitierten Lose-Blatt-Sammlung, die permanent erneuert wird, seit einer halben

    Generation nicht ausgetauscht. 90 Ibielski, Lfg. III/85, 0510, S. 2. 91 Vgl. Kieser 1996, Faust 1998a. 92 Eurostat Panorama der EU-Industrie 95, S. 24-39f.

  • 23

    Geschwindigkeit, mit der Konzepte und Ideen erneuert werden. Dennoch ist wohl vor

    allem die Verantwortung der Unternehmensberatung fr die Beschleunigung der

    Managementmoden zu einem Kulminationspunkt der Kritik geworden.93

    Dennoch bringen Berater auch darber hinausgehende Leistungen in Unternehmen ein:

    Die Attraktivitt externer Beratung mu, so meine berlegungen, auf zustzliche

    Funktionen und Leistungspotentiale zurckzufhren sein, denn das enorme Wachstum der

    Unternehmensberatung lt sich nicht alleine durch das Aufkommen neuer Themen und

    neuer Kunden erklren.94 Angesichts zunehmender Komplexitt - oder zumindest der

    anwachsenden Rede davon - bieten Unternehmensberater eine externe Legitimation fr

    Managemententscheidungen. Gerade bei unangenehmen Einschnitten - z.B. Rauswurf von

    Personal - ist jeder Manager gut beraten, sich auf risikomindernde, von

    Begrndungspflichten entlastende und das eigene Handeln legitimierende Leitbilder,

    Vorbilder oder best practices berufen zu knnen, die sich in der institutionellen Umwelt

    der Organisationen herausgebildet haben.95 Als Zeugen und Verkrperung dieser best

    practices gelten die externen Unternehmensberater selbst, sie sind der Inbegriff von

    Rationalitt, von Modernitt schlechthin.96 Mit der ihnen zugesprochenen Objektivitt und

    Unparteilichkeit wird der Druck zur Umsetzung von Vernderungen gleich vom

    Auftraggeber mitgekauft. Vielleicht ist dies der Wert von Beratung: eine Beschleunigung

    der Willensbildung und Druck bei der Entscheidungsdurchsetzung.97 Dieser Druck ist

    vorhanden. Ob parallel dazu die Unabhngigkeit der Berater besteht, wird allerdings

    hinterfragt, denn diese werden auch danach ausgewhlt, ob die von ihnen vertretenen

    Konzepte die Machtposition des jeweiligen Auftraggebers befrdern.98

    Die Verstrkung von auen hilft nicht nur bei Durchsetzungsprozessen im Unternehmen,

    sondern sie entlastet auch die Manager persnlich. Die sitzen isoliert an der Spitze und

    den Rcken gebeugt von der Verantwortung.99 Angesichts zunehmender Komplexitt,

    Internationalisierung, steigendem Wettbewerbsdruck und ausgednnten Unternehmen

    befinden sie sich in einer angespannten Lage - wofr sich wiederum eine Studie einer

    Unternehmensberatung finden lt: Ob Staatschef, Abteilungsleiterin oder Rektor einer

    Schule - der Druck permanenter Arbeitsbelastung, Konkurrenzngste und Konflikte mit den

    Mitarbeitern fordern ihren Preis. Einer Studie der Unternehmensberatung Kienbaum

    zufolge leiden mehr als 60 Prozent der deutschen Fhrungskrfte unter psychischen

    Strungen.100 Da Manager viel Verantwortung tragen und Schwierigkeiten haben, sich in

    Moral Mazes101 zurechtzufinden, bieten Berater Untersttzung und Entlastung. Sie liefern

    zum einen neue Ideen und bernehmen zum anderen auch ein Stck Verantwortung: Das

    93 Faust 1998a, S. 173f. 94 Hilbert 1998, S. 14. 95 Faust 1998a, S. 163. 96 Siemons 1997. 97 Staute 1996, S. 30. 98 Faust 1998a, S.165. 99 Kreissl 1999. 100 Berliner Morgenpost, 27.9.98. 101 Jackall 1988.

  • 24

    viele Geld fr esoterische Beratung und Coaching zeigt: Auf Chefetagen mu viel

    ngstlichkeit und Orientierungslosigkeit herrschen.102

    1.8 Aus- und Weiterbildung

    Unternehmensberater werden aus vielerlei Grnden in Unternehmen und Organisationen

    geholt. Ebenso vielseitig ist das Berufsbild, die Ttigkeitsbereiche und der Begriff selbst.

    Da es keinen festen Ausbildungsweg fr Unternehmensberater in der BRD gibt, rundet

    dieses Bild ab. Aussagen zur Qualifikation der Berater sind ebenso wie zur Zahl der

    Berufsangehrigen Schtzungen. Neben Stautes spttischer Aussage wie: Titel und

    Diplome sind wichtig in der Beratungsbranche, in der es von halbseidenen Figuren nur so

    wimmelt103, weist eine Untersuchung des BDU, Arbeitskreis Internationale

    Beratungsunternehmen, auf einen Trend zumindest innerhalb seiner eigenen Mitglieder hin:

    Die Ausbildung von Unternehmensberatern hat in den zurckliegenden Jahren eine

    Vernderung erfahren. Waren frher hufiger Berater anzutreffen, die den Branchenzugang

    ber eine handwerkliche Ausbildung erhielten, so gelten heutzutage Hochschulreife und

    Studium schon fast als Grundvoraussetzung fr die Ttigkeit eines

    Unternehmensberaters.104 Und anhand einer Studie der SCS Personalberatung, die 1998

    Stellenangebote von Unternehmensberatungen analysierten, lt sich zumindest die groe

    Bedeutung des akademischen Abschlusses ablesen: Akademiker haben bei

    Unternehmensberatungen sehr gute Chancen. In 6820 Positionen forderten die

    Unternehmen in diesem Jahr einen Hochschulabschlu (entspricht 70,2% der Offerten).105

    Die wenig einheitliche Ausbildung von Unternehmensberatern bedeutet nicht, da keine

    Anstze fr eine Regulation vorhanden sind. Schon 1974 wurden Ausbildungsrichtlinien fr

    Betriebsberater und auch Betriebsberaterassistenten im Handwerk aufgestellt und 1993 den

    neuen Erfordernissen angepat. In den Richtlinien des Bundesministers fr Wirtschaft zur

    Ausbildung von Betriebsberatern (Beraterassistenten) im Handwerk wurde ein derartiges

    Programm fr die Einfhrung und Ausbildung neu eingestellter Berater

    (Beratungsassistenten) der organisationseigenen Beratungsstellen den Ausbildungstrgern

    vom Deutschen Handwerkskammertag zugeleitet.106 Die parallele Ausbildung im Handel,

    die 1979 eingefhrt wurde und ebenfalls auf zwei Jahre angelegt war, ist jedoch seit 1982

    nicht mehr zum Zuge gekommen ..., da seit diesem Zeitpunkt der Bund keine Mittel mehr

    gewhrt hat.107 Zwar sind diese Angaben dem zitierten Werk zu entnehmen, scheinen in

    der sonstigen Diskussion aber keine Rolle zu spielen, zumindest lie sich in der restlichen

    Literatur kein Hinweis finden.108

    102 Safranski 1998. 103 Staute 1996, S. 102. 104 Weyrather 1998. 105 Schubert-Lthans 1998. 106 Ibielski, Lfg. X/76, 7110, S. 1. 107 Ibielski, Lfg. X/88, 7010, S. 1. 108 Dies verweist indirekt auf die oben erwhnte Akademisierung des Beratungsberufs.

  • 25

    Den Grund fr die Uneinheitlichkeit der Aus- und Weiterbildung von Beratern sieht Ibielski

    vor allem in der Zersplitterung des Berufsstandes ..., der somit als geschlossener

    Gesprchspartner fr die Wirtschaft und den Staat prinzipiell ausfllt.109 Gerade die

    groen Unternehmensberatungen, die zumindest wirtschaftlich eine Bedeutung haben,

    haben ihre eigenen Ausbildungskonzepte und bedrfen keinerlei Ergnzung durch andere

    Diplome. So schickt Boston Consulting Group smtliche Neulinge ohne

    betriebswirtschaftlichen Abschlu auf ein dreiwchiges Exotentraining, whrend dem

    betriebswirtschaftliche Kenntnisse vermittelt werden. Dieses eindrucksvolle Lerntempo

    verweist einerseits auf die Dynamik der Beratung und die Fhigkeit, Wesentliches von

    Unwesentlichem zu unterscheiden. Andererseits wird die schnelle Umwandlung von

    Studienabgngern zu Unternehmensberatern auch kritisiert: Im Consulting-Markt werden

    Berufsanfnger als erfahrene Berater verkauft.110 Beim Training on the job kann so

    gleich verdient werden. Dementsprechend ist ein Grund fr die erwnschte

    Vereinheitlichung und Standardisierung die Gewhrleistung von Qualitt - oder zumindest

    einen Mindeststandard. Betriebe haben das Problem, fr sie passende Beratungsangebote

    zu finden, und geraten dabei hufig genug an falsche, weil unpassend oder ungengend

    qualifizierte Berater.111

    Mit der Frage nach der Aus- und Fortbildung von Beratern stt man auch wieder auf die

    Schwierigkeit, Unternehmensberatung als Beruf oder Ttigkeitsspektrum zu definieren.

    Was mu und soll denn ein Unternehmensberater berhaupt knnen? Probleme

    identifizieren, definieren und analysieren und Problemlsungen erarbeiten, planen

    und im Unternehmen realisieren haben wir schon oben dem Handbuch der

    Unternehmensberatung entnommen.112 Dies ist zunchst eine Aufzhlung von Fhigkeiten,

    die sich hchstens indirekt auf betriebswirtschaftliches Wissen beziehen. Dennoch wird die

    fachliche Basis oft in der Betriebswirtschaftslehre gesehen.

    In sterreich, wo es schon seit 1978 eine geschtzte Berufsbezeichnung fr

    Unternehmens- bzw. Betriebsberater113 gibt, mu sowohl eine schriftliche als auch eine

    mndliche Prfung abgelegt werden. Allerdings mssen schon fr die Zulassung zur

    Prfung berufliche Erfahrung und der erfolgreiche Besuch einer hheren Schule, zumindest

    einer Fachschule, nachgewiesen werden.114 Die schriftliche Prfung umfat folgende

    Fcher: Unternehmensfhrung, Materialwirtschaft, Absatzwirtschaft, Finanz- und

    Rechnungswesen, Personal- und Sozialwirtschaft, Produktion, Organisation, Wirtschaft und

    Technik im Bro- und Verwaltungswesen, Beratungswesen, Beratungstechnik,

    Arbeitshygiene und Unfallverhtung.115 Die mndliche Prfung erstreckt sich zustzlich

    noch auf eine Reihe rechtlicher Fragestellungen und eine verpflichtende

    109 Ibielski, Lfg. X/90, 6500, S. 1. 110 Staute 1996, S. 90. 111 Pekruhl 1998, S. 9. 112 Niedereichholz 1996a, S. 1. 113 Der Verband nennt sich Fachverband Unternehmensberatung und Datenverarbeitung mit Hauptsitz in

    Wien. 114 Nheres bei Wilfling 1991, S. 291. 115 Wilfling 1991, S. 289.

  • 26

    Ausbilderprfung - unabhngig davon, ob der Kandidat jemals ausbilden mchte.116

    Dieser ber eine fachliche Prfung geregelte Zugang - in der BRD von manchen

    herbeigesehnt - ist nicht unumstritten. Zum einen bezieht sich die Kritik auf die geprften

    Fcher selbst. Zukunftsorientierte Aspekte wie z.B. aus Pdagogik, Soziologie oder sogar

    Philosophie bzw. Ethik fehlen, da Inhalte, wie sie fr die Beraterprfung als relevant

    erachtet werden, kaum ber den rein betriebswirtschaftlichen Horizont hinausgehen.117

    Eine andere Form der Kritik am geregelten Zugang geht dagegen davon aus, da er schlicht

    berflssig sei. Da Klienten selbst eine entsprechende Eignung des Beraters beurteilen

    knnten, und zwar zumindest ebensogut wie irgendein Beamter in der Bezirksverwaltung,

    regele sich der Markt von selbst. Durchsetzen wrden sich die effizienten und serisen

    Berater und Beratungsfirmen.118

    Diese Form der Selbstreinigung scheint sich durchaus fr die unregulierten Angebote in

    der BRD zu besttigen: Selbstreinigungskrfte des Marktes sind nicht minder vital.

    Deshalb knnen sich unserise Anbieter im Regelfall meist nicht lnger als zwei Jahre im

    Markt halten.119 Was innerhalb dieser zwei Jahre geschieht und welche Kunden durch

    schwarze Schafe geschdigt werden, ist damit allerdings nicht bereinigt. Ein

    besonderen Auftrieb fr Berater aller Art, Niedereichholz whlt polemisch den Begriff

    Goldene Wild-West-Zeiten120, hat wohl die Deutsche Wiedervereinigung gegeben. In den

    Neuen Bundeslndern lieen sich auch noch fr den westdeutschen Markt schon veraltete

    Modelle an die beraterunerfahrenen Unternehmer verkaufen. Dementsprechend wird gerade

    die Deutsche Einheit als Paradebeispiel dafr angegeben, warum Unternehmensberatung als

    Beruf geschtzt und eine Form der einheitlichen Qualifikation eingefhrt werden soll. Die

    Berufsverbnde der deutschen Unternehmensberater sind seit geraumer Zeit - und seit der

    Vereinigung noch energischer - bemht, einen Schutz der Berufsbezeichnung

    Unternehmensberater/in zu erwirken. Allen Beteiligten ist dabei klar, da ein solcher

    Schutz nichts so notwendig zur Grundlage haben mu wie eine tragfhige, professionelle

    Aus- und Weiterbildungskonzeption.121

    Groe Beratungsgesellschaften stehen fern ab solches Regelungsbedarfs, da sie ihr eigenes

    Wissensmanagement haben. Sie gestalten sowohl ihre Kurse, die Einsteiger ins

    Unternehmen sozialisieren, als auch Fort- und Weiterbildung unabhngig vom Fr und

    Wider anderer Ausbildungsformen. Dabei sind die Weiterbildungsperspektiven fr Berater

    in den groen renommierten Beratungsgesellschaften zumeist fest institutionalisiert. So

    investiert Andersen Consulting ... nach eigenen Angaben 6,5% (332 Mio. Dollar) des

    Umsatzes in die Weiterbildung des eigenen Personals und weitere 400 Mio. Dollar in

    Forschungs- und Entwicklungsaufgaben.122 Auch das Problem, was der optimale

    Consultant an Fachwissen und Methodenkenntnissen vorzuweisen hat und welche

    116 Wilfling 1991, S. 290. 117 Wilfling 1991, S. 296. 118 Wilfling 1991, S. 297. 119 Niedereichholz 1993, S. 112. 120 Lennardt 1991. Siehe auch Gnczl/Tiessen 1991, Niedereichholz 1991b. 121 Niedereichholz 1993, S. 112. 122 Sperling/Ittermann 1997, S. 55.

  • 27

    Umgangsformen er pflegen sollte, wird intern entwickelt und erhoben. Arthur D. Little

    setzte hierzu ein globales Projektteam ein, das einen Katalog von Eigenschaften und

    Fhigkeiten zusammenstellte, die ein Berater knftig mitbringen sollte. An der Spitze der

    Anforderungen steht nicht Fachwissen sondern Selbstbewutsein. Die weiteren

    Eigenschaften sind: Teamorientierung, Kommunikation, Kreativitt, Frustrationstoleranz,

    Selbstmotivation, kognitive Fhigkeiten, Fachwissen und Methodenwissen (angegebene

    Reihenfolge).123

    Fr den permanenten Wissensvorsprung reicht eine einmalige Ausbildung ohnehin nicht

    aus, sondern kann nur durch einen fortlaufenden (globalen) Erfahrungsaustausch

    gewhrleistet werden. In einer PR-Veranstaltung BCGs124 lie sich vernehmen, da das

    Wissen, das anfllt, von Projekten, die sich einmal bewhrt haben in ein Intranet

    eingespeist werden. Das ist ein Projekt, das sehr powerful ist - das brauchen sie auch als

    Berater.125 Arthur Andersen hat die Global Best Practices in einer schon ber 10 000

    Buchseiten groen Datenbank zusammengestellt. Selbstverstndlich wird diese Datenbank

    laufend aktualisiert und um neue Best Practices erweitert. Hierzu greifen wir auf

    internationale Markt-, Branchen- und Unternehmensanalysen sowie unser Know-how aus

    Beratungsprojekten fr groe, mittlere und kleine Unternehmen in aller Welt zurck.126

    Der weltweite Vergleich mit anderen Unternehmen ermglicht einen Blick ber den

    eigenen Tellerrand. Zwar ist dieser Einblick standardisiert und vorgefiltert, aber fr einen

    berblick ber Managementtrends sicherlich geeignet.

    Doch solch ein Informationsaustausch allein stellt noch lange keine spezifische Ausbildung

    dar - zumal sich das Arthur Andersen KnowledgeSpace an Manager richtet. Wer keiner

    groen Unternehmensberatungsgesellschaft angehrt, mu sich mit Einzelangeboten

    zufrieden geben. So z.B. mit einem frei zugnglichen 3-Tages-Seminar zum Thema Von

    der Diagnose zur Vernderung. Erneuerungsprozesse im Team. Ein Workshop fr

    Fhrungskrfte, Trainer und Berater oder Gut beraten. Rolle und Aufgabe des

    Consultant.127 Im Rahmen eines betriebswirtschaftlichen Studiums an der FH in

    Ludwigshafen lt sich als Wahlpflichtfach sowohl im Grund- wie im Hauptstudium

    Unternehmensberatung belegen. Ausschlielich auf Unternehmensberatung ausgerichtet

    ist dagegen der MBA-Studiengang128 Internationale Unternehmensberatung/International

    Management Consultant, MBA, der an der gleichen FH im Sommersemester 1998

    123 Eschbach 1997. 124 Aussage eines Beraters auf einer Werbeveranstaltung BCGs in Tbingen am 12.11.98, ausgerichtet von

    AIESEC. 125 Aussage eines Beraters auf einer Werbeveranstaltung BCGs in Tbingen am 12.11.98, ausgerichtet von

    AIESEC. 126 URL: http://www.arthurandersen.de/gpb_ru.html [Stand 17.12.98]. 127 Angebote von PSI - Aktiengesellschaft fr Produkte und Systeme der Informationstechnologie. Eine

    Managementberatung, die neben ihrem Schwerpunkt im IT-Bereich auch Seminare anbietet. URL:

    http://www.psiconsulting.de [Stand 17.12.98]. 128 Auch in Grobritannien und den USA gibt es vermehrt einen Consulting Schwerpunkt innerhalb der

    zahlreichen MBA-Studiengnge. Das renommierte britische Ashridge Management College bietet

    beispielsweise die Mglichkeit, in einem Wechsel aus Theorie und beraterischer Praxis einen Masters in

    Consulting-Abschlu zu erwerben. Schewe 1999, S. 16.

  • 28

    eingerichtet wurde. Voraussetzung hierfr ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium an

    einer FH oder Universitt und zustzlich drei Jahre beraterische Berufsttigkeit. Dieser

    Weiterbildungsstudiengang fhrt in vier Semestern an jeweils neun Wochenenden zum

    Abschlu und hat einen eindeutig definierten Anspruch. Er verspricht exakt [!] auf den

    spezifischen Bedarf der Beratungsberufe ausgerichtet[e] Studieninhalte, die sogar von

    international anerkannten Experten, Gremien und Verbnden in Deutschland, USA,

    England, Italien und Japan berprft und als internationaler Standard anerkannt wurden.129

    Auch schon das Konzept des Nebenfachs war laut Christel Niedereichholz nicht nur von

    den zahlreichen Mitbewerbern begehrt, sondern auch ber die FH hinaus gefragt: Einige

    Beratungsunternehmen haben ihr Interesse bekundet, das Ausbildungskonzept komplett zu

    bernehmen. ... Banken und Versicherungen wollen ihre traditionellen

    Firmenkundenbetreuer soweit in Unternehmensberatung schulen lassen ... Erfolgreiche

    mittelstndische und groe Unternehmen entdecken die Beratung ihrer Kunden als neue

    strategische Erfolgsposition und wollen wissen, wie sie ein Beratungskonzept inhaltlich und

    personell ausgestalten sollen.130

    Ziel der Wahlpflichtfcher im betriebswirtschaftlichen Studium und erst recht der MBA-

    Ausbildung ist, den Einstieg in den Beruf zu erleichtern und ber den einzelnen Studenten

    hinaus insgesamt das Niveau der Unternehmensberatung zu heben. Die erwnschte

    Nebenwirkung ist die Reduzierung des Checklist Consulting.131 Zustzlich stehen hinter

    diesen Studienmglichkeiten an der FH Ludwigshafen auch zwei langfristige Ziele: Erstens

    Unternehmensberatung als neue Wirtschaftszweiglehre (entsprechend Bank-,

    Versicherungsbetriebslehre etc.) innerhalb des betriebswirtschaftlichen Studienangebotes zu

    etablieren.132 Und zweitens eine Regulierung der Berufsbezeichnung. Dazu mssen

    Anforderungskataloge erstellt werden, anhand derer eine Prfung oder gar eine Ausbildung

    erfolgen und der Titel verliehen werden kann. Sptestens bei der Konzeption dieser

    Anforderungskataloge wird deutlich, da eine zukunftsorientierte Ordnung des

    Berufsstands logischerweise bei einem entsprechenden Ausbildungskonzept beginnen

    mu.133 Diese Sicht teilt auch der BDU, der an die Absolventen des MBA-Studiengangs

    die geringsten zustzlichen Anforderungen beim Eintritt in den BDU stellt.

    Dank der hohen Nachfrage gibt es auch schon Nachahmer, so z.B. im Fachbereich

    Wirtschaft der Fachhochschule Rhein-Sieg in Sankt Augustin bei Bonn mit dem

    Studienschwerpunkt Unternehmensberatung und -entwicklung, der voraussichtlich zum

    129 Alle Angaben zum Studiengang; erhltlich unter der URL: http://www.fh-ludwigshafen.de/fb4/WS-

    IMVC/info.html. 130 Niedereichholz 1991a, S. 286. 131 Niedereichholz 1991a, S. 277. Ihrem eigenen Handbuch Unternehmensberatung kann allerdings der

    (zuknftige) Berater nicht nur zahlreiche bersichten entnehmen - um nicht Checklisten zu sagen -, sondern

    auch folgenden Satz: Erfahrene Unternehmensberater sind in der Lage, auch bei dem Einsatz standardisierter

    Problemlsungswege so vorzugehen, da beim Klienten der Eindruck [Hervorh. d.V.] einer innovativen,

    mageschneiderten Vorgehensweise entsteht. Niedereichholz 1996a, S. 2. Entscheidend ist also nicht, keine

    standardisierten Konzepte zu verwenden, sondern diese den Anforderungen des Unternehmens entsprechend

    exakt anzupassen. Niedereichholz 1991a, S. 1. 132 Niedereichholz 1991a, S. 277. 133 Niedereichholz 1991, S. 276.

  • 29

    Sommersemester 1998 beginnt. Wir wollen die Studieninhalte stark auf die Belange von

    mittelstndischen Betrieben ausrichten, erlutert Prof. Klauster Horst, Dekan des

    Fachbereichs Wirtschaft.134 Auer Nachfrage gibt es aber auch Kritiker, die den Nutzen

    eines solchen Curriculums bezweifeln: Praktiker allerdings wenden ein, da der komplexe

    Berufsalltag theoretisch kaum vermittelt werden knne.135 So meldet sich Ansgar Kinkel,

    Projektleiter High-Potential der Kienbaum-Personalberatung zu Wort, der auf die Vielfalt

    der Unternehmensberatung hinweist, die nicht ber einen Kamm geschert werden knnen.

    Manchmal seien Sozialkompetenz, manchmal dagegen analytische Fhigkeiten gefragt,

    neben Spezialisten befinden sich die Generalisten und auerdem habe jede Firma ihre

    eigene Beratungsmethode. Deshalb sei eine gezielte Vorbereitung kaum zu

    bewerkstelligen.136 Dietmar Zimmer, der als selbstndiger Berater seine

    Beratungsphilosophie selbst prgt (vgl. Walger 1995), bezeichnet sein Studium an der FH

    Ludwigshafen als positiv. Sein Argument bezieht sich allerdings nicht auf Inhalte, sondern

    auf die Mglichkeit, sich von anderen Mitbewerbern abzuheben. Weil es keine

    Zulassungsvoraussetzungen fr seinen Beruf gebe, sagt Zimmer, bietet das Studium die

    Chance, sich von unserisen Unternehmensberatern abzugrenzen.137

    1.9 Erfolg der Beratung

    Neben den zahlreichen Grnden fr die Einschaltung von Unternehmensberatern stellt sich

    die Frage, inwieweit die damit verbundenen Erwartungen der Klienten berhaupt erfllt

    werden. Auffallend ist, da gerade Berater selbst gerne Mistnde anpreisen. Selbst die

    Gurus des Business Reengineering, Michael Hammer und James Champy, geben es offen

    zu: 70 bis 80 Prozent der Vernderungsprozesse, die im wesentlichen von Beratern

    konzipiert wurden, stieen in den Kundenunternehmen auf den Widerstand der Mitarbeiter

    und Manager, brachten nicht den erwarteten Nutzen, endeten in Sackgassen oder wurden

    gar vorzeitig abgebrochen.138 Doch neben solchen dramatisierenden Aussagen stehen auch

    andere Erhebungen, die ein besseres Bild vom Nutzen, bzw. der Zufriedenheit mit der

    Beratung zeichnen. Das Bundesamt fr Wirtschaft (BAW), das staatliche Gelder zur

    Frderung der Unternehmensberatung bewilligt139, hat 1994 eine Erhebung unter den

    staatlich gefrderten Beratungen durchgefhrt. Zwei Drittel der Unternehmen (West: 67%,

    Ost: 62%) unterstreichen, da