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388 H. I[IETZ: wenige Kleinkinder yon ihren Eltern gem in Schwerh6rigenkinderg~rgen abgegeben werden, handhaben wires an unserer Klinik so, dag die zur H6rpriifung bei uns aufgenommenen Patienten sofort naeh Ermittlung brauehbarer H6rreste in der Klinik im HSrtraining nach dem Vorbild yon W~,DE~Z~RG unterriehtet werden (Tab. 3). Bei der Entlassung derartiger Kinder und ambulant weiter fortlaufend werden den Eltern, die h/~ufig sehr willig und interessiert sind--erstaunlich Me sehr gerademiBgebildete und aueh taubstumme Kinder sich der ganz besonderen Liebe ihrer Eltern erfreuen -- entsprechende VerhaltungsmaBregeln mit Listen der welter zu iibenden Laute und Worte mitgegeben, bis die vom Staat geschaffenen Einrichtungen die Weiterbildung dieser Kinder fibernehmen kSnnen. Tabelle 3. Wortverzelchnis/i~rHSrtraining (als Beispiel) ja -- Tante -- schlafen -- Auge -- nein -- Danke -- bitte Hand -- oh -- Bonbon -4- Gute Nacht ! Haare -- aha -- Wau-wau + Guten Tag ! warm a-ah -- Miau-miau -- Muh-kuh -- kalt Oma + bih-b~h- Lampe -- lang Opa - - haben -- Mund -- klein Mamma ~- laufen -- Nase - - Nan Pappa + sehauen- Ohr- braun Obwohl man ffir die Kinderaudiometrie viel Zeit und Mfihe aufwenden mu6, so sind doeh die Erfolge, die man dutch sie bei einzelnen Kindern erzielt, ein begliickender und reicher Lohn. Literatur BAmL Acta oto-laryng. (Stockh.) Suppl. 121 (1955). -- DIV.TZEL, Wissensch. Zeitschr. d. 1VIartin-Luther-Universitit Ha]]e/S. (1956). -- HiHL~OCK, Arch. Ohren- usw. Heilk. u. Z. Hals- usw. Heflk. 162, 394 (1953). -- W~DE~BERG, Ac~a oto-laryng. (Stockh.) Suppl. 49, 149 (1954). 40. H. KIETZ-Bremen: Untersuchungen und Ergebnisse bei der Ver- t~ubung des abgewandten Ohres*. (Mit 2 Textabbildungen.) Es ist bekannt, dab zur H5rprfifung des schlechteren Ohresdasbessere Ohr vert~ubt werden muB, und man weiB, dab bei dieser Vertiubung oft Schwierigkeiten auftreten**. Um nun die Auswirkung einer Vert/~ubung n~Lher zu fiberpriifen, wurde an einer Reihe yon Patienten eine sorg- filtige Ausmessung beider Ohren in folgender Art durchgeffihrt : Der Pat. hatte in gewohnter Weise auf jedem Ohr zur Erzeugung des Luft- sehalls einen normalen HSrer. Einer dieser beiden HSrer konnte im Bedarfsfall gegen * Mitteflung aus dem Elektroakustischen Laboratorium der Atlas-Werke A.-G., Bremen. ** Siehe Literatur.

Untersuchungen und Ergebnisse bei der Vertäubung des abgewandten Ohres

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Page 1: Untersuchungen und Ergebnisse bei der Vertäubung des abgewandten Ohres

388 H. I[IETZ:

wenige Kle ink inder yon ihren E l t e rn gem in Schwerh6rigenkinderg~rgen abgegeben werden, h a n d h a b e n w i r e s an unserer Kl in ik so, dag die zur H6rpr i i fung bei uns au fgenommenen P a t i e n t e n sofort naeh E r m i t t l u n g brauehbare r H6rreste in der Kl in ik im HSr t ra in ing nach dem Vorbild yon W~,DE~Z~RG un te r r i eh te t werden (Tab. 3). Bei der En t l a s sung derart iger K i n d e r u n d a m b u l a n t weiter for t laufend werden den El tern , die h/~ufig sehr willig u n d interessiert s i n d - - e r s t a u n l i c h Me sehr gerademiBgebildete u n d aueh t a u b s t u m m e Kinde r sich der ganz besonderen Liebe ihrer E l t e rn erfreuen - - entsprechende Verhal tungsmaBregeln mi t Lis ten der welter zu i ibenden Lau te u n d Wor te mitgegeben, bis die vom Staa t geschaffenen E in r i ch tungen die Wei te rb i ldung dieser K inde r f ibernehmen kSnnen.

Tabelle 3. Wortverzelchnis/i~r HSrtraining (als Beispiel) ja - - Tante - - schlafen - - Auge - - nein - - Danke - - bitte Hand - - oh - - Bonbon -4- Gute Nacht ! Haare - - aha - - Wau-wau + Guten Tag ! warm a-ah - - Miau-miau - - Muh-kuh - - kalt Oma + b i h - b ~ h - Lampe - - lang Opa - - haben - - Mund - - klein Mamma ~- laufen - - Nase - - Nan Pappa + s e h a u e n - O h r - braun

Obwohl m a n ffir die Kinderaud iomet r i e viel Zeit u n d Mfihe aufwenden mu6, so s ind doeh die Erfolge, die m a n du tch sie bei e inzelnen K i n d e r n

erzielt, ein begli ickender u n d reicher Lohn.

Literatur BAmL Acta oto-laryng. (Stockh.) Suppl. 121 (1955). - - DIV.TZEL, Wissensch.

Zeitschr. d. 1VIartin-Luther-Universitit Ha]]e/S. (1956). - - HiHL~OCK, Arch. Ohren- usw. Heilk. u. Z. Hals- usw. Heflk. 162, 394 (1953). - - W~DE~BERG, Ac~a oto-laryng. (Stockh.) Suppl. 49, 149 (1954).

40. H. KIETZ-Bremen: Untersuchungen und Ergebnisse bei der Ver- t~ubung des abgewandten Ohres*. (Mit 2 Textabbi ldungen . )

Es ist bekann t , dab zur H5rprf i fung des schlechteren Ohresdasbessere Ohr ve r t~ub t werden muB, u n d m a n weiB, dab bei dieser V e r t i u b u n g oft Schwierigkeiten auf t re ten**. U m n u n die Auswirkung einer Vert/~ubung n~Lher zu fiberpriifen, wurde an einer Reihe yon P a t i e n t e n eine sorg- f i l t ige Ausmessung beider Ohren in folgender Ar t durchgeffihrt :

Der Pat. hatte in gewohnter Weise auf jedem Ohr zur Erzeugung des Luft- sehalls einen normalen HSrer. Einer dieser beiden HSrer konnte im Bedarfsfall gegen

* Mitteflung aus dem Elektroakustischen Laboratorium der Atlas-Werke A.-G., Bremen.

** Siehe Literatur.

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Untersuchungen und Ergebnisse bei Verti~ubung des abgewandten Ohres 389

einen Knochenschallsender ausgeweehselt werden. Zunachst einmal wurde das normale Audiogramm aufgenommen, also die Luft- und Knochenkurve bestimmt. Dann wsrde, z. B. erst im re. Ohr, die Sehwelle fiir das Ver~aubungsger/~useh be- stimmt, wobei ein normales Breitbandgerauseh benutzt wurde. Von dieser Ge- ri~usehschwelle an wurde das Gerituseh in Sehri~ten yon jewefls 10 dB erhSht und stets bei jedem Schritt die zugehSrige Tonsehwelle bestimmt. Diese Messung der Ton- schwelle wurde im re. und anschliel~end im li. Ohr durehgeftihrt, wobei das Geri~usch bei dieser ersten MeBgruppe stets auf das re. Ohr geschalte~ blieb. AnsehlieBend wurde die HSrmuschel am li. Ohr gegen den .Knoehensehallsender ausgeweehselt und wieder bei sehrittweise steigender Geri~uschsti~rke im re. Ohr die HSrsehwelle des Tones mittels Knoehensehall bestimmt.

Bei der n/~chsten MeSgruppe wirkte umgekehrt das Geri~useh stets auf das linke Ohr ein, wobei die HSrschwelle des Tones mittels Luftschall

Gerd'usch /m rechten Ohr Gerdusch /m I/nken Ohr GerSu3ch 6erS"usch

20 20 qO ~ qO

I00 "~ lO0 d B ; 1 2 3 El, B ; 4. 5 6

Abb. 1. Karve 1 Ton (Luftschall) rechts. Kurve 2 Ton (Luftschall) links. Kurve 3 Ton (Knochenschall) links. Kurve 4 Ton (Luftschall) links. Kurve 5 Ton (LlffSschall) rechts. Kurve 6 Ton (Knochenschall) rechts. Das GerKuscli wird scirrittweise um je 10 dE erhOh$ und bei jedem Schritt die Tonschwelle bestimmt. 2VormalhSriger; Breitbandger/~usch; 1000 ~ z Prtifton. x - - x - - x H6rschwelle Ton (Luf~- schalD rechts. ~ HSrschwelie Ton (Luftschall) links, v ,./ -./ HSrschwelle Ton (Knochen-

schall) links. (Die Kurven 2, 3, 5 und 6 sind im geringen Mal3e idealisiert)

erst in demselben Ohr, also in dem linken Ohr, dann in dem abgewandten rechten Ohr bestimmt wurde; anschlieBend erfolg~e die Messung mittels Knochenschallsenders hinter dem rechten Ohr. Es ergaben sich also bei jedem Patienten 6 MeBreihen, und zwar:

Knrve 1; Geri~nsch und Ton, beide als Luftschall im rechten Ohr; Gerausch wird sehrittweise um t0 dB erhSht und bei jedem Schritt mit dem Priifton die HSrschwelle bestimmt.

Kurve 2; Gergusch rechts, Ton als Luftschall links. Knrve 3 ; Geri~usch rechts, Ton als Knochensehall links. Kurve 4; Gergusch links, Ton als Luftschall links. Knrve 5 ; Geri~usch links, Ton als Luftschall rechts. Kurve 6; Geri~usch links, Ton als K_nochenschall reehts.

In Abb. 1 sind die MeSergebnisse eines Normalh6rigen dargestellt. Die Kurven 1 und 4 (also Gergnsch und Ton im selben Ohr) sind bei allen Norm~lhSrigen in sehr guter ~bereinstimmung. Diese MeBreihen ent- spreehen der bekannten Ln~G~s~Ecxschen Geri~nschaudiometrie, wobei ja bekannt ist, dab z. B. bei 80 dB Geri~uschsti~rke die HSrschwelle des Priiftones yon Menseh zu Mensch sehr genau fibereinstimmt, so dab

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390 H. KIETZ"

LA~G~B~cx sogar die Abweichung vom Normalwert Ms Kriterium daftir benutzt festzustelten, ob eine .Ganglionsch~digung vorliegt oder nieht.

Die Lage der Kurven 1 and 4 ist also yon Mensch zu lV[enseh in genauer ~bereinstimmung, und die Aufnahme dieser Kurven in dieser Unter- suehung diente dazu, 1. festzustellen, ob bei dem nntersuehten Patienten eine Abweichung yore Normalwert vorlag, und 2. den Patienten mit dem Megverfahren ver t raut zu machen.

Man erhielt dureh die Kurve 1 einen sehr guten Aufsehlu6 dariiber, ob die Angaben des Patienten zuverl~ssig genug waren.

Bei einer einwandfreien Gerausehvertiiubung des einen Ohres ist zur tt6rpriifung des abgewandten Ohres selbstverst~ndliehe Voraussetzung, dal3 das andere Ohr yon dem Ger/~useh nieht nennenswert beeinflul3t wird. Die Kurve 2 (bzw. 5) ist~ daher die wiehtigste Kurve dieser Unter- suchung, denn sic zeigt an, ob die H6rschwelle des Tones yon dem Ge- ri~useh in deln anderen Ohr beeinflugt wird oder nieht. Man weiB, dag jeder Schall, der als Luftsehall auf den Kopf eines Menschen trifft, zum Tell in den Schadel eintritt und dabei zum Knochenschall wird. Erregt man mit Hilfe einer der iibliehen tI6rmuscheln ein Ohr mit etwa 50 dB, so weil~ man, dab beim anderen Ohr etwa der Sehwellwert erreieht wird. Aus dieser Tatsaehe heraus ist die Kurve 2 der Abb. 1 zu erkl/~ren. Diese Xurve (Ger/~useh reehts, Ton links) verl/iuft zun/iehst yon 0--50 dB Gergusehstgrke auf der Nullinie, d. h. ein NormalhSriger wird his zu dieser Gerguschstgrke yon 50 dB in dem einen Ohr in der I-I6rpriifung des anderen Ohres nieht beeinfluBt. ]3el 50 dB Ger~uschst~irke knickt die Xurve um and Iguft dann parallel zu I4urve 1. Die Kurve 3 (Gergusch rechts nnd Ton Ms Knochenschall links) mug bei einem NormalhSrigen genau denselben VerlauI haben wie Kurve 2.

Diese Messungen wnrden bei alien Patienten fiir die PriiftSne 250, 500, 1000, 2000 and 4000 Hz durchgefiihr~. Die Ergebnisse entsprachen keines- wegs stets den Erwartnngen; abet auf diese vorlgufig oit noeh unerM~r- lichen Abweichnngen soll in dieser Arbeit nieht eingegangen werden, t i ler sollen nur die Mittelwerte dieser Untersuchungen dargestellt werden, um damit zu zeigen, in welehem Falle eine Verg~ubnng ohne Schwierigkeit m6glich ist and warm mit Sehwierigkeit zu rechnen ist.

Untersueht wurden 42 Patienten, and zwar wahllos jeder Sehwer- h5rige, der zur Verfiigung stand. Es wurde also bewuBt keine Answahl naeh Art der SehwerhSrigkeit getroffen. Von diesen Patienten konnte in etwa 55 ~ aller F~lle das normate Andiogramm ohne Sehwierigkeiten ermittelt werden und ohne dag eine Vert~ubung iiberhanpt notwendig gewesen w~re. In etwa 20 ~ der F~tlle war erst dutch Anwendnng einer Vert~ubung der wahre Werg der H6rfghigkeit zu ermitteln. Leider zeigte sieh, dag in 25 ~ der Fiille NeBergebnisse anitraten, also Kurven ent- standen, die nicht den vermuteten Verlauf zeiggen. Zuweilen war aueh

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Untersuchungen und Ergebnisse bei Ver~ubung des abgewandten Ohres 391

nach Durchffihrung dieser sorgf/iltigen Untersuchung nich~ einwandfrei gekl/irt, wie das Audiogramm des schlechteren Ohres zu zeichnen war.

Bei der Durchffihrung dieser 1Vfessungen war auffallend, wie gug und reproduzierbar die MeBwerte angegeben wurden. Die Meggenauigkeit mug als recht gut bezeichnet werden, was bekannglieh eine besondere Eigenschaft der Geri~uschaudiometrie isg. Man wird daher keine der Ab- weichungen yon dem zu erwartenden Verlauf als MeBfebler abtun

G'erEz~sch |rechls Gerd'usch I h~zks T

. . . . . . . Ger~'usch

Ton . . . . . ~___~ . ' k i . . . . . . _ ~ _ _ ~ ~, 1 2 3 4- 5 6

Leifungs-

I '% ~ + \ ' ~ _ rechts. ~qesf6rf" \~x ~k ] % . ~\+~. normal einseffiq

12 3 4 5 6

~ +..~ =.~ .... r-~-~;.\ ~, /,~ks, H~,-- ~ . . . . . , ~ "+~'~. verlz/sf 50ckB ..... ~;:y,s.-

. ,norrn l e;nsesr#q

1 23 b~ 5 6

[ ~ ~ .. Ik l'16?wrlu~ Zeitu, nfls-

"12 3 4-5 6

@ . . . . ~'~ ~ - - ~ HErverlusf [nnenohr--

1 2 3 4- 5 6

~bb. 2. Kta've 1 Ton (LufCschal]) rechts. Kin're 2 Ton (Lufr links. K~rve 3 Ton (Knochenschall) links. Kurve 4 Ton (Luf~scha]l) ]inks. Kl~rve 5 Ton (Luftsoha]]) rechts. Kurve 6 (]~nochensohall) rechM, x--x--• ]~Srschwelle Ton (LuE~sohalI) rech~s, a - ~ - - o H~rschweile Ton (Lus

liuks, v v v HSrschwelle Ton (KnochenschalD. Pr~Lfton 1000 H z und BreitbandgerBusch

kSnnen. Man wird jeder Abweichung eine inhere Bedeutung zuordnen mfissen, die ~llerdings vorl~ufig in manchen l~]len nicht zu erkennen ist. Auf diese Abweichungen soll in einer folgenden Arbeit ngher eingegangen werden.

In Abb. 2 wurde durcll Mittelwertsbfldung die sich ergebenden Kurven boi den verschiedenen Typen einer SchwerhSrigkeit zusammen- gestell~. Die obers~e Reiho gibt, genau entsprechend Abb. 1, das Diagr~mm eines NormalhSrigen. Die zweite und dritte t~eihe soll an dem Beispiel einer einsoitigen SchwerhSrigkeit einen typischen Unterschied erkennen

Page 5: Untersuchungen und Ergebnisse bei der Vertäubung des abgewandten Ohres

392 I5. ~..IETZ; Un~ersuchungen bei Ver$~ubung des abgewandten Ohres

lassen, wobei Reihe 2 die LeitungsstSrung und Reihe 3 die Innenohr- stSrung darstellt. Diese beiden Diagramme offenbaren den bekannten Weft einer Vertgubung. In der Reihe 2 lguft die Knochenkurve (Kurve 3) zungchst auf der Nullinie, d. h. die PriiftSne wurden einwandfrei in dem auszumessenden Ohre, an dem sieh der Knochenschallsender befand, abgehSrt. In der Reihe 3 dagegen sinkt die Knoehenkurve (Kurve 3) so- fort mit dem zunehmenden Ger~usch ab, und erst bei 50 dB wird der wahre Weft der Knoehensehallmessung erreicht.

Wiehtig ist nun das Diagramm der Reihe 4 (beiderseitig leitungs- gestSrt), bei dem die beiden Luftkurven 1 und 2 dicht nebeneinander verlaufen. Das bedeutet, dab das Ger~useh beispielsweise in dem reehten Ohr nicht nur die tISrsehwelle des Prfiftones in diesem, also in dem reehten Ohr, sondern auch in dem abgewandten Innenohr in fast gleieher St~rke herabdriiekt. Das wiederum bedeutet, dab in diesem FMle die wiehtige Voraussetzung, dag das Vert~ubungsger~useh nut eines der beiden Ohren und nieht das andere mit vertgubt, keineswegs erfiillt wird. Dieses starke Ubersprechen des Vertgubungsger/~usehes zum abge- wandten Ohr wirkt sich natfirlich nieht nur bei der H6rschwellenbestim- mung moderner Audiometer aus, selbstverstgndlieh gilt dieselbe Sehwie- rigkeit auch bei einer I-ISrpriiflmg mittels Stimmgabel, und es ist sogar das Verdienst der modernen Audiometrie, die Gefahr einer Fehlmessung in dieser Ar~ klar erkannt zu haben.

Aber nieht nur das Vert~ubungsgergnseh bewirkt eine Sehallbeein- flussung des abgewandten Ohre s, sondern aueh jeder Sehall, der zur Priifung eines der beiden Ohren m6gliehst nur diesem Ohre zugeffihrt werden soil, wird mehr oder weniger stark auch das andere Ohr mit er- regen. Es besteht bei einer LeitungsstSrung stets die groBe Gefahr, dab jede HSrpriifung des einen Ohres in Wahrheit yon dem anderen Ohr durehgefiihrt wird. Man wird annehmen dfirfen, dag bei vSlliger Taub- heit des einen Ohres der Patient bei einer Prfifung dieses tauben Ohres erkennt, dag der Sehall yon dem anderen Ohr aufgefangen wird, dag also die jeweflige I-I6rprfifung auf dem Umwege fiber das taube Ohr yon dem besseren Ohr durehgeffihrt wird. Is t abet der tt5runtersehied der beiden Innenohrennieht grSBer Ms etwa 30dB, so muB damit gereehne~ werden, dab der Pat ient glaubt, den Sehall wirklieh in dem sehleehteren Ohre zu h5ren.

Diese Gefahr einer Fehlmessung gilt nieht nut fiir die Sehwellenwerts- bestimmung, aueh bei der Sprachaudiometrie und aueh bei der altge- gewohnten Prtifung mittels Fliister- und Umgangsspraehe ist sie im gleiehen MaBe vorhanden. Es sei darauf hingewiesen, dal? aueh iiber- sehweilige Messungen, also z. B. die Messung des Recruitment, darunter leiden kSnnen. Insbesondere ist die Vermessung des sehleehteren Ohres bei hoehgradiger Stapesankylose ein sehwieriges und heute vielleieht nieht 15sbares Problem.

Page 6: Untersuchungen und Ergebnisse bei der Vertäubung des abgewandten Ohres

Diskussion zu Vor~rag 40 393

Zusammenfassung

Bei asymmetr ischer SchwerhSrigkeit wird bekannt l i ch zur Vermessung des schlechteren Ohres das bessere Ohr ver t~ubt , wobei vorausgesetzt wird, da~ dadurch die t tSff~higkeit des schlechteren Ohres n ich t nennens- weft herabgesetzt wird. D~ Zweifel ge~u~ert worden sind, ob diese Vor- ausse tzung in allen F~llen erffillbar ist, wurde in sorgf~ltiger Unter - suchung an einer grS~eren Zahl yon Pa t i en t e n geprfift, welchen E in f lu ] eine in ihrer St~rke stufenweise zunehmende Ver t~ubung eines der be iden Ohren auf die HSff~higkeit beider Ohren ausiib~. Die Un~er-

suchungsmethode wird beschrieben u n d die erzielten Ergebnisse werden diskut ier t .

Literatur 1 FOURNIER, J.-E. :Ann. d'Ot0-Laryng. 70, 527 (1953). - - 2 I~sTz, H,: Arch.

Ohren- usw. Heilk. u.Z. H~ls- usw. tIefik. 157,125 (1949); Z. Laryng. usw. 33~ 485 (1954). - - ~ LA~OE~BECX, B. : Z. Laryng. usw. 30, 423 (1951). - - 4 ZWISLOCK:Z: J. : Acous~. Soc. Amer. 25, 752 (1953).

Disl~ussion zu Vortrag 40

B. LAN(~ENBECK-Bonn/Rhein. Die Messungen des ~errn Dr. KIETZ bilden eine schSnc Besti~tigung meiner Untersuchungen in bezug auf das lJbcrhSren zum ab- gewandten Ohr, wie nmn es in der zweiten Auflagc meines Leitfadens der praktischen Audiometrie niedergelegt finder. Besonders wertvoll sind die Studien yon Dr. KIETz an einem grS•eren BeobachSungsgut SchalleitungsgestSrter. Es zeigte sich, dab man fiir das UberhSren ~uf die Knochenleitungskurve und nicht auf die Luftleitungs- kurve des Gegenohres Bezug nehmen muB, wle ich es auch angenommvn h~be.

Ich muB Herrn Dr. KIETZ recht geben, da~ im allgemeinen die Effekte des Uber- hSrens nur wenig streuen--etwa um 10 dB-- , dal~ abet auchseltenc F~]le ~us diesem Rahmen her~usfa]len. Man well3 oft nicht recht, ob das dar~n liegt, dab die HSrer nicht gut am Ohr abdichten, so dab durch Luftleitung auBenhcrum iibergeh51~ wh'd. Wir haben aus dicsem Grunde einen neuen .Kopfbiigel entwickelt, den die Atlaswerke je~z~ in den H~ndel bringen. Bei einzelnen Fallen kSnnte vielleicht eine zentrale Vertaubung nicht im Sinne einer sogenannten psychischen Komponente (die immer vorhanden ist, aber die Grenzen yon 5 dB kaum iiberschreitet), sondern im Sinne des yon MATZKER entdeckten Effektes vorliegen.

H. ]~. ZiNGElgEISTER-Hamburg. Die Ausfiihrungen yon Herrn t~ETZ sind fiir uns alle, die wir als 0hren~rzte praktisch-klinische Audiologie betrciben, yon ganz be- sonderer Bedeutung. Aus vielen konsfliarischen Anfragen yon Fachkollegen ist immer wieder zu ersehen, da~ der Vert~ubungsfrage viel zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird, woran allerdings zum Teil alop~rative UnzuliinglichkeiC Schuld h'agt. So kommt es nicht selten zu Fehlbeurteflungen und den hieraus resultierenden Konsequenzen, w~s zwar heute noch nicht mi~ vSlliger Sicherheit, aber bei sorg- faltiger Beachtung der Hinweise von KIETZ doch weitgehend vcrmeidbar ist.