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Pfliigers Archly, Bd. 258, S. 427--430 (1954). Ans dem Physiologisehen und dem Veterin/~rphysiologisehen Institut der Humboldt-Universitgt Berlin. Untersuchungen zur Frage der Gleiehwertigkeit yon Symmetrieorganen. Von G~NTHER VOGEL und WOLFGANG WESTPHAL, Mit 3 Textabbfldungen. (Eingegangen am 28. November 1983.) Angereg~ durch die Mitteilungen yon ROSSBERG und LOLL2,s fiber Rechts-Links-Differenzen verschiedener Me•gI6f3en wie Reizschwelle, Verletzungspotentia] usw. an seitenverschiedenen gleichen ~uskeln beim Yroseh, haben wir im Zuge anderer Arbeiten ein analoges Material ge- sammelt. Eine entsprechende Mitteflung darfiber scheint ffir alle jane Autoren yon Bedeutung, die sich z. ]3. in Sukzessiv-¥ersuchen mit Funk- tionsgnderungen seitenverschiedener gleicher Muskeln befassen unct die Frage nach Seitengleiehheit oder -differenz einzukalkulieren haben. Methodik. Wir haben im Rahmen einer Arbeit fiber den Zeitwert der Muskelerregbarkeit und seine Ver/~nderung unter dem Einflul~ yon Nebennierenrindenhormonenan 180 Tieren insgesamt je 360 Messungen re. und li. des Schwellenwertes der Erregbar- keit (Rheobase) sowie der Chronaxie unvorbehandelter Tiere vorgenommen und an 34 Muskelpaaren das Verletzungspotential bestimmt. Versuchstiere waren in allen Fallen weibliehe Esculenten im Durehschnittsgewicht zwischen 40 und 60 g, s~mt- liche Mel3ergebnisse wurden an beiden Mm. gastroenemii gewonnen. Bei den Tieren handelt es sieh tefls um Winter- tells um Sommertiere, die mehrere Stunden vet dem Versueh regelm/~13igzur Gew6hnung an die Zimmertemperatur yon 17--21 ° C im Labor gehalten wurden. Die ]3estimmungen yon Rheobase und Chron~xie geschah fiber Kondensatorentladung naeh LAPIcQuEmittels Silbernadelelektroden. Das Verletzungspotenti~l wurde fiber einen Gleichspannungsverstgrker kathoden- strahloszil]ographisch registriert. Bei maximaler Verst/~rkung entspraeh dabei 1 mV einer Ablenkung des Kathodenstrahls auf dem Leuehtsehirm yon 5 ram. Das Ver- letzungspotential wurde fiber Zink-Zinksulfatelektrodenabgeleitet, und zwar nach mechanischer Verletzung (Scherenschlag) am distalen Muskelende. Die Elektroden wurden auf dem Muskel so gelagert, da~ die m~ximale Spannung abgegriffen wurde. Ergebnisse. Statistische Auswertung nach (4): 1. Verletzungspotential am M. gastrocnemius yon R. esculenta re.-li. (aUe Werte in mV) (s. Abb. 1): a) rechts: arithmetisehes Mittel: 31,2 ak (korrigierte Streuung): q- 9,9 tr (Streuung) : ~ 9,98 m (mittlerer Fehler des Mittelwertes): q- 1,7

Untersuchungen zur Frage der Gleichwertigkeit von Symmetrieorganen

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Page 1: Untersuchungen zur Frage der Gleichwertigkeit von Symmetrieorganen

Pfliigers Archly, Bd. 258, S. 427--430 (1954).

Ans dem Physiologisehen und dem Veterin/~rphysiologisehen Institut der Humboldt-Universitgt Berlin.

Untersuchungen zur Frage der Gleiehwertigkeit yon Symmetrieorganen.

Von G~NTHER VOGEL und WOLFGANG WESTPHAL,

Mit 3 Textabbfldungen.

(Eingegangen am 28. November 1983.)

Angereg~ durch die Mit te i lungen yon ROSSBERG u n d LOLL2, s fiber Rechts-Links-Differenzen verschiedener Me•gI6f3en wie Reizschwelle, Verletzungspotent ia] usw. a n seitenverschiedenen gleichen ~ u s k e l n beim Yroseh, haben wir im Zuge anderer Arbei ten ein analoges Material g e - sammelt . Eine entsprechende Mitteflung darfiber scheint ffir alle jane Auto ren yon Bedeutung, die sich z. ]3. in Sukzessiv-¥ersuchen mit F u n k - t ionsgnderungen seitenverschiedener gleicher Muskeln befassen unct die Frage nach Seitengleiehheit oder -differenz e inzukalkul ieren haben.

M e t h o d i k .

Wir haben im Rahmen einer Arbeit fiber den Zeitwert der Muskelerregbarkeit und seine Ver/~nderung unter dem Einflul~ yon Nebennierenrindenhormonen an 180 Tieren insgesamt je 360 Messungen re. und li. des Schwellenwertes der Erregbar- keit (Rheobase) sowie der Chronaxie unvorbehandelter Tiere vorgenommen und an 34 Muskelpaaren das Verletzungspotential bestimmt. Versuchstiere waren in allen Fallen weibliehe Esculenten im Durehschnittsgewicht zwischen 40 und 60 g, s~mt- liche Mel3ergebnisse wurden an beiden Mm. gastroenemii gewonnen. Bei den Tieren handelt es sieh tefls um Winter- tells um Sommertiere, die mehrere Stunden vet dem Versueh regelm/~13ig zur Gew6hnung an die Zimmertemperatur yon 17--21 ° C im Labor gehalten wurden. Die ]3estimmungen yon Rheobase und Chron~xie geschah fiber Kondensatorentladung naeh LAPIcQuE mittels Silbernadelelektroden. Das Verletzungspotenti~l wurde fiber einen Gleichspannungsverstgrker kathoden- strahloszil]ographisch registriert. Bei maximaler Verst/~rkung entspraeh dabei 1 mV einer Ablenkung des Kathodenstrahls auf dem Leuehtsehirm yon 5 ram. Das Ver- letzungspotential wurde fiber Zink-Zinksulfatelektroden abgeleitet, und zwar nach mechanischer Verletzung (Scherenschlag) am distalen Muskelende. Die Elektroden wurden auf dem Muskel so gelagert, da~ die m~ximale Spannung abgegriffen wurde.

Ergebn i s se .

Statistische Auswertung nach (4): 1. Verletzungspotential am M. gastrocnemius yon R. esculenta re.-li. (aUe Werte in

mV) (s. Abb. 1): a) rechts:

arithmetisehes Mittel: 31,2 ak (korrigierte Streuung): q- 9,9 tr (Streuung) : ~ 9,98 m (mittlerer Fehler des Mittelwertes): q- 1,7

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428 G. V o o ~ u. W. W~S~PHnL :

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Abb. 1. ]t~nfigkeitsverteilung yon je 34 ~essungen des maximalen Verletzungspotentials am M. gastroc- nemius rechts und links yon Rana esculenta. Ordinate

in Prozent, Abszisse in mV.

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Abb. 2. ]]:gufigkeitsverteilungskuzve -con je 360 Chronaxien bei direkter l~ei.zung rechts und links des ~. gastrocnemius yon l~ana eseulenta.

Ordinate: ~ufigkeitsprozente, Abszisse: Chronaxie in pF × 10 -2.

b) l inks: ari thme~isches Mi~tel: 30,9 (~: :L 9,95 a k : -4- 9,9 m: -}-1,7 Signifikanz zwischen re. u. li. : t ( t -Wef t nach F I s ~ )

0,125 kein s~atistisch ge- s icherter Unterschied .

2. Chronaxie (in # F × 10 -2) (s. Abb. 2) :

a) rechts: ar i thmet i sches Mit te l : 5,73 (~: ± 0,67 a k : ~ 0,66 m: ± 0,034 Z (Zentra lwer t ) : 5,70 D (Dichtemit te l ) : 5,38 V (Variabilitatskoeffizien~

nach PERSON): 11 ,5% S (Schiefe nach P ~ S O ~ ) :

+ 0,53. b) links:

ur i thmet isches MRtel : 5,7T a: :J: 0,73 6k : :[= 0,72 m: ~ 0,037 Z : 5,76 D: 5,66 V: 12,5% S : + 0,15 signif ikante Diff. : t = 0,796.

3. Rheobase (in V) (s. Abb . 3) : a) rechts:

ari thme~isches Mitre1:3,44 o: ~: 2,04 a k : ~ 2,04 m: ~ 0,10 Z : 3,22 D: 2,96 V: 59,3O/o S : -1- 0,24

b) links: ar i thmet i sches Mit te l : 3,47 a: :L 2,18 ak : ~= 2,18 m: :[: 0,11 Z : 3,22 D: 3,07 V: 62,8% S : -t- 0,18 t -Wer t : t ~ 0,202

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Untersuchungen zur Frnge der Gleichwer~igkeit yon Symmetrieorganen. 429

Alle Werte, bis auf S, V und t, entsprechen den angegebenen MeBgrSBen. S ist ein rein numerisehes Mal~, das, wenn es positiv ist, auf eine linksseitige Asymmetrie der Kurve hinweist. V stellt das prozentuale Verh~ltnis zwischen Streuung und ari¢hmetischem Mittel dar. t deutet auf Signifikanz hin, wenn es grSBer a]s 3 ist.

Zusammenfassend l~Bt sich festst~llen, dal~ weder ffir d~s Ver]etzungslootential noch ftir die Reizschwelle bzw. den Zeitwert der Muskelerregbarkeit eine signi- fikante Reehts-Links-Differenz gefunden werden konnte.

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Abb. 3. ]~ i iuf igkei t sver te i lungskurve yon je 360 ]l~essungen rech ts und l inks de r l~heobase des ~[. gas t rocnemius yon l~ana esculenta. Ord ina t e : H~uf igkei t sprozente , Abszisse : Rheobase in Volt .

Diskussion. Angesich~s der Klarhei~ tier Ergebnisse erfibrigt sich eine ausffihr-

liche Diskussion. Die ,Sei t igkei t" , wie sie zweifellos beim Menschen mit dem allgemeinen Uberwiegen des rech¢ssei~igen motor ischen Appara ts existiert, ist fiir den phylogenetiseh viel niedriger stehenden Frosch kaum zu erwarten. So weist auch ~RAUCHIG]~R 1 darauf hin, dal~ das Rechts- Links-Problem ein spezifisch menschliches is~ und gibt den ttinweis, dab die Kommissuren an tierischen Gehirnen eine re]ativ vie] grSI~ere Fasermasse umfassen als beim l~enschen. Vor allem wird beim l~enschen hie die massige Verbindung beider Thalami gefunden, die beim Tier vor- handen is~. ])as Gehirn zeigt in der Tierreihe aufsteigend eine immer

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430 ~ G. VOGEL u. W. W~STP~AL : Gleichwertigkeit yon Symmetrieorganen.

st~rkere Lateral isat ion thalamischer Kerne und Funk t ionen unter Ver- a rmung an mit telst~ndigen Kerngruppen. Aus diesen Ans~tzen, die nut ttinweise zu geben vermSgen, li~]3t sich die relative Unwahrscheinlich- keit flit die Seitigkeit beim Tier, sofern sie nicht du tch die Anatomie der Ext remi t~ ten bedingt ist, ableiten.

Die Mel~daten yon t~OSSBERG und LOLL s, 3 scheinen uns auch insofern keine R e g e l m ~ i g k e i t zu zeigen, als bei Bes t immungen der l~eizschwelle uncl der GrSl~e der Arbei t die Gastrocnemii rechts fiberwiegen, w~hrend d~s Verletzungspotential der S~rtorii im allgemeinen links grSl]er ist als rechts. Auf Grund unserer Ergebnisse hal ten wit es daher fiir durchaus berechtigt, wenn ohne Berficksichtigung evtl. vorhandener Seitenunter- schiede an einem grSl~eren Material die 1V[uskelfunktion rechts praktisch mit der links identifiziert wird.

Zu sammenfasstmg.

Rechts-Links-Differenzen an beiden lKm. gastrocnemii yon R a n a esc. hinsichtlich der GrSl~e des Verletzungspotenti~ls, der Reizschwelle und der Chronaxie konn ten statistisch nicht gesichert werden. Beweise ffir das Vorhandensein einer , ,Seitigkeit" liel~en sich nicht finden.

Literatur. 1 FRAVCnXGV,~, E.: Seelisehe Erkrankungen bei lYlensch und Tier. Bern und

Stuttgart 1953. - - 2 LOLL, H., u. G. ~OSSBERG: Pflfigers Arch. 255, 174 (1952). - - LOLL, It., u. G. ROSSBE~¢ : Pfifigers Arch. 2~6, 31 (1952). - - ~ W~B]~R, E. : Grund-

rill der biol. Statistik. Jena 1948.

Prof. Dr. G S-~T~E~ VOOEL, Berlin !~ 4, ttessische Stral~e 3--4.