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* Dr.-Ing. J. Mietz, Dipl.-Ing. J. Baszynski, Dipl.-Ing. J. Fischer Bundesanstalt fu ¨r Materialforschung und -pru ¨fung (BAM), Unter den Eichen 87, D-12205 Berlin (Deutschland) Untersuchungen zur Spannungsrißkorrosionsbesta ¨ ndigkeit nichtrostender Sta ¨ hle mit unterschiedlichem Verformungsgrad Investigations on stress corrosion cracking resistivity of stainless steels with different degree of cold straining J. Mietz*, J. Baszynski und J. Fischer Im Rahmen der Erarbeitung einer neuen bauaufsichtlichen Zu- lassung fu ¨r nichtrostende Sta ¨hle ergab sich die Fragestellung, ob durch eine Kaltverfestigung die Besta ¨ndigkeit gegenu ¨ber Span- nungsrißkorrosion negativ beeinflußt wird. Durch experimentelle Versuche an verschiedenen nichtrostenden Sta ¨hlen sollte gekla ¨rt werden, ob kaltverformtes Material bei hoher Chloridbelastung, wie sie z. B. in Schwimmhallenatmospha ¨re vorkommen kann, eine ho ¨here Empfindlichkeit gegenu ¨ber Spannungsrißkorrosion aufweist. Die Untersuchungen wurden mit den hochlegierten Sta ¨h- len 1.4462 sowie 1.4529 durchgefu ¨hrt. Als Vergleichswerkstoff mit bekannter Empfindlichkeit gegenu ¨ber Spannungsrißkorrosion bei hoher Chloridbelastung wurde der Stahl 1.4301 eingesetzt. Die Versuche erfolgten mittels Bu ¨gel- und Zugproben, auf die Tropfen aus gesa ¨ttigter Magnesiumchloridlo ¨sung aufgebracht waren. Hin- weise auf eine ho ¨here Spannungsrißkorrosionsempfindlichkeit des kaltverformten Materials wurden aber sowohl bei den Versu- chen mit Bu ¨gelproben als auch bei den Versuchen mit Zugproben nicht festgestellt. Within the context of the elaboration of a new approval for stain- less steels for civil engineering applications the question arised whether cold straining could adversely affect the resistance against stress corrosion cracking. By means of experimental tests with dif- ferent stainless steels it should be clarified whether cold straining increase the stress corrosion cracking susceptibility under high chloride loads like e.g. in swimming hall atmospheres. The investigations were carried out using the high-alloyed steels 1.4462 and 1.4529. As reference material with known susceptibility against stress corrosion cracking the steel 1.4301 was used. The tests were performed using U-bent and tension specimens with sa- turated MgCl 2 salt spots. Indications for an increase in stress corro- sion cracking susceptibility of the cold drawn steel were not found. 1 Problemstellung und Zielsetzung In dem ersten Textentwurf fu ¨r die neue allgemeine bauauf- sichtliche Zulassung von Bauteilen und Vebindungsmitteln aus nichtrostenden Sta ¨hlen durch das Deutsche Institut fu ¨r Bautechnik [1] sind die ho ¨herlegierten Sta ¨hle (Werkstoff- Nr.: 1.4462, 1.4539, 1.4529, 1.4565, 1.4547), die bei Korro- sionsbedingungen mit nennenswerter Chloridbelastung bzw. -anreicherung eingesetzt werden ko ¨nnen, im kaltverformten Zustand in die jeweils na ¨chst niedrigere Widerstandsklasse ru ¨ckgestuft worden. Hintergrund fu ¨r diese Entscheidung bildete die Tatsache, daß z.T. sehr unterschiedliche und auch widerspru ¨chliche Er- gebnisse und Schlußfolgerungen existieren, die eine abgesi- cherte Beurteilung des Kaltverformungszustandes auf die Korrosionsbesta ¨ndigkeit zur Zeit nicht mo ¨glich machen. Bei Standardausteniten mit und ohne Mo-Zusatz wurde z.T. eine Verschiebung des Lochfraßpotentials in negative Rich- tung sowie eine Zunahme der Lochfraßstellen mit steigen- dem Grad der Kaltverformung festgestellt [2, 3]. Versuche zur Bestimmung des kritischen Spaltkorrosionspotentials in 0,5 M NaCl zeigten an diesen Sta ¨hlen eine Abnahme des Po- tentials mit steigender Kaltverformung [4]. Untersuchungen in 3%iger NaCl-Lo ¨sung ergaben eine Zunahme der lokalen Korrosion durch Kaltverformung [5]. Bei Versuchen zur Er- mittlung der kritischen Lochfraßtemperatur an Dra ¨hten aus hochlegierten austenitischen Sta ¨hlen wurden dagegen keine Unterschiede zwischen lo ¨sungsgeglu ¨htem und kaltverfestig- tem Zustand (bis zu 60% Kaltverformung) festgestellt [6]. Bei Untersuchungen an der Stahlsorte 1.4547 (SMO 254) wur- de ebenfalls kein Einfluß der Kaltverformung auf die Loch- fraßbesta ¨ndigkeit bis zu Umformgraden von 55% festgestellt [7]. Die im Rahmen eines umfangreichen Untersuchungspro- gramms zum Verhalten metallischer Werkstoffe unter den ag- Materials and Corrosion 50, 273–281 (1999) SpRK nichtrostender Sta ¨hle 273 Ó WILEY-VCH Verlag GmbH, D-69451 Weinheim, 1999 0947-5117/99/0505-0273$17.50.50/0

Untersuchungen zur Spannungsrißkorrosionsbeständigkeit nichtrostender Stähle mit unterschiedlichem Verformungsgrad

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Page 1: Untersuchungen zur Spannungsrißkorrosionsbeständigkeit nichtrostender Stähle mit unterschiedlichem Verformungsgrad

* Dr.-Ing. J. Mietz, Dipl.-Ing. J. Baszynski, Dipl.-Ing. J. FischerBundesanstalt fuÈr Materialforschung und -pruÈfung (BAM),Unter den Eichen 87, D-12205 Berlin (Deutschland)

Untersuchungen zurSpannungsriûkorrosionsbestaÈ ndigkeitnichtrostender StaÈ hle mit unterschiedlichemVerformungsgrad

Investigations on stress corrosion cracking resistivity of stainless steels withdifferent degree of cold straining

J. Mietz*, J. Baszynski und J. Fischer

Im Rahmen der Erarbeitung einer neuen bauaufsichtlichen Zu-lassung fuÈr nichtrostende StaÈhle ergab sich die Fragestellung, obdurch eine Kaltverfestigung die BestaÈndigkeit gegenuÈber Span-nungsriûkorrosion negativ beeinfluût wird. Durch experimentelleVersuche an verschiedenen nichtrostenden StaÈhlen sollte geklaÈrtwerden, ob kaltverformtes Material bei hoher Chloridbelastung,wie sie z. B. in SchwimmhallenatmosphaÈre vorkommen kann,eine hoÈhere Empfindlichkeit gegenuÈber Spannungsriûkorrosionaufweist. Die Untersuchungen wurden mit den hochlegierten StaÈh-len 1.4462 sowie 1.4529 durchgefuÈhrt. Als Vergleichswerkstoff mitbekannter Empfindlichkeit gegenuÈber Spannungsriûkorrosion beihoher Chloridbelastung wurde der Stahl 1.4301 eingesetzt. DieVersuche erfolgten mittels BuÈgel- und Zugproben, auf die Tropfenaus gesaÈttigter MagnesiumchloridloÈsung aufgebracht waren. Hin-weise auf eine hoÈhere Spannungsriûkorrosionsempfindlichkeitdes kaltverformten Materials wurden aber sowohl bei den Versu-chen mit BuÈgelproben als auch bei den Versuchen mit Zugprobennicht festgestellt.

Within the context of the elaboration of a new approval for stain-less steels for civil engineering applications the question arisedwhether cold straining could adversely affect the resistance againststress corrosion cracking. By means of experimental tests with dif-ferent stainless steels it should be clarified whether cold strainingincrease the stress corrosion cracking susceptibility under highchloride loads like e.g. in swimming hall atmospheres.

The investigations were carried out using the high-alloyed steels1.4462 and 1.4529. As reference material with known susceptibilityagainst stress corrosion cracking the steel 1.4301 was used. Thetests were performed using U-bent and tension specimens with sa-turated MgCl2 salt spots. Indications for an increase in stress corro-sion cracking susceptibility of the cold drawn steel were not found.

1 Problemstellung und Zielsetzung

In dem ersten Textentwurf fuÈr die neue allgemeine bauauf-sichtliche Zulassung von Bauteilen und Vebindungsmittelnaus nichtrostenden StaÈhlen durch das Deutsche Institut fuÈrBautechnik [1] sind die hoÈherlegierten StaÈhle (Werkstoff-Nr.: 1.4462, 1.4539, 1.4529, 1.4565, 1.4547), die bei Korro-sionsbedingungen mit nennenswerter Chloridbelastung bzw.-anreicherung eingesetzt werden koÈnnen, im kaltverformtenZustand in die jeweils naÈchst niedrigere WiderstandsklasseruÈckgestuft worden.

Hintergrund fuÈr diese Entscheidung bildete die Tatsache,daû z.T. sehr unterschiedliche und auch widerspruÈchliche Er-gebnisse und Schluûfolgerungen existieren, die eine abgesi-

cherte Beurteilung des Kaltverformungszustandes auf dieKorrosionsbestaÈndigkeit zur Zeit nicht moÈglich machen.

Bei Standardausteniten mit und ohne Mo-Zusatz wurde z.T.eine Verschiebung des Lochfraûpotentials in negative Rich-tung sowie eine Zunahme der Lochfraûstellen mit steigen-dem Grad der Kaltverformung festgestellt [2, 3]. Versuchezur Bestimmung des kritischen Spaltkorrosionspotentials in0,5 M NaCl zeigten an diesen StaÈhlen eine Abnahme des Po-tentials mit steigender Kaltverformung [4]. Untersuchungenin 3%iger NaCl-LoÈsung ergaben eine Zunahme der lokalenKorrosion durch Kaltverformung [5]. Bei Versuchen zur Er-mittlung der kritischen Lochfraûtemperatur an DraÈhten aushochlegierten austenitischen StaÈhlen wurden dagegen keineUnterschiede zwischen loÈsungsgegluÈhtem und kaltverfestig-tem Zustand (bis zu 60% Kaltverformung) festgestellt [6].Bei Untersuchungen an der Stahlsorte 1.4547 (SMO 254) wur-de ebenfalls kein Einfluû der Kaltverformung auf die Loch-fraûbestaÈndigkeit bis zu Umformgraden von 55% festgestellt[7].

Die im Rahmen eines umfangreichen Untersuchungspro-gramms zum Verhalten metallischer Werkstoffe unter den ag-

Materials and Corrosion 50, 273±281 (1999) SpRK nichtrostender StaÈhle 273

Ó WILEY-VCH Verlag GmbH, D-69451 Weinheim, 1999 0947-5117/99/0505-0273$17.50�.50/0

Page 2: Untersuchungen zur Spannungsrißkorrosionsbeständigkeit nichtrostender Stähle mit unterschiedlichem Verformungsgrad

gressiven Bedingungen eines Straûentunnels eingesetztennichtrostenden StaÈhle lagen fast alle im Verfestigungszu-stand K 700 vor (Rp0,2 � 350 N/mm2) und waren somit zu-mindestens schwach kaltverformt. Die Ergebnisse von biszu 3-jaÈhriger Auslagerung beinhalten somit auch diesen Ver-festigungszustand; negative Auswirkungen konnten nichtfestgestellt werden [8, 9].

Im Rahmen eines Untersuchungsprogramms zur Ermitt-lung der Spannungsriûkorrosionsempfindlichkeit nichtrosten-der StaÈhle mittels der Salztropfenmethode wurde an einemWerkstoff (1.4439) auch der Einfluû einer Kaltverfestigungeinbezogen. Dabei zeigte sich ebenfalls keine negative Wir-kung einer 30%igen Kaltverformung [10].

Untersuchungen zur Spannungsriûkorrosion an den Stan-dardausteniten 1.4301 und 1.4401 in siedender MgCl2-LoÈ-sung ergaben dagegen mit steigenden Verformungsgradendeutlich niedrigere Standzeiten, wenn die Versuche bei einemkonstanten StreckgrenzenverhaÈltnis durchgefuÈhrt wurden.Martensitanteile an den kaltverformten Werkstoffen wurdenaber nicht festgestellt [11]. Bei der Interpretation der Ergeb-nisse ist allerdings zu beruÈcksichtigen, daû die bei den Ver-suchen verwendete siedende MgCl2-LoÈsung zum Beurteilender BestaÈndigkeit unter praktischen Bedingungen nicht beson-ders geeignet ist. AÈ hnliche Befunde wurden allerdings auchbei Untersuchungen mit konstanter Last in 40%iger CaCl2-LoÈsung an Proben aus 1.4547 in unterschiedlich kaltverform-ten ZustaÈnden mit Umformgraden bis zu 55% und Vergleichenmit loÈsungsgegluÈhtem Material festgestellt. Die Grenzspan-nung fuÈr die SpannungsriûkorrosionsbestaÈndigkeit nimmtmit der Kaltverformung zu; jedoch ist die Zunahme im Span-nungsriûkorrosionswiderstand nicht proportional der Zunah-me der Streckgrenze [7].

AÈ hnliche Aussagen werden auch fuÈr den Duplexstahl1.4462 getroffen, der in Spannungsriûkorrosionsversuchenzwar vergleichsweise hohe Grenzspannungen aufweist;

wird dagegen die Beurteilung bei einer Spannung, die zurStreckgrenze ein konstantes VerhaÈltnis ergibt, vorgenom-men, so wird ein ZuruÈckversetzen in eine niedrigere BestaÈn-digkeitsstufe empfohlen [12].

Eine generelle Beurteilung des Einflusses des Verfor-mungsgrades bzw. der durch die Kaltverformung bewirktenFestigkeitserhoÈhung ist bisher aufgrund fehlender systemati-scher Versuchsergebnisse nicht moÈglich. Da es einerseits Hin-weise dafuÈr gibt, daû die bei kaltverformten Material festge-stellte Zunahme der Grenzspannung fuÈr die Spannungsriûkor-rosionsbestaÈndigkeit nicht proportional der Streckgrenze ist;andererseits aber die hoÈhere Festigkeit in der Praxis auch aus-genutzt wird, ist es erforderlich, diesbezuÈgliche Untersuchun-gen durchzufuÈhren, um die zur Zeit noch ungeklaÈrten Zusam-menhaÈnge besser bewerten zu koÈnnen.

Die in dem ersten Textentwurf fuÈr die o.g. Zulassung vor-genommene RuÈckstufung der hoÈherlegierten StaÈhle ist alsvorlaÈufig anzusehen, die bei Vorliegen entsprechender Er-kenntnisse ggf. wieder zuruÈckgenommen werden kann. Dieim folgenden beschriebenen Versuche dienen dazu, die offe-nen Fragen zu beantworten und sollen die Grundlage fuÈr eineabgesicherte Beurteilung liefern.

2 Versuchsprogramm

2.1 Werkstoffe

Die Untersuchungen wurden beispielhaft an zwei Werk-stoffen aus der hoÈchsten Widerstandsklasse (IV) der o.g. Zu-lassung durchgefuÈhrt: am Duplex-Stahl 1.4462 und am auste-nitischen Stahl 1.4529. Der Duplex-Stahl lag im loÈsungsge-gluÈhten Zustand in der Festigkeitsklasse S 460 sowie im20% kaltverformten Zustand in der Festigkeitsklasse S 690vor; der austenitische Stahl lag im loÈsungsgegluÈhten Zustand

Tabelle 1. Hersteller, Lieferbezeichnung, Werkstoff-Nr., Abmessungen des Ausgangsmaterials

Table 1. Manufacturer, delivery designation, number of materials, dimensions

Hersteller (Lieferbezeichnung) Werkstoff-Nr. Zustand Blechdicke[mm]

Stabdurchmesser[mm]

Krupp Thyssen NirostaNirosta 4301

1.4301 loÈsungsgegluÈht 1,50 13,88

20% kaltverformt 1,15 13,88

Krupp Thyssen NirostaFalc 223

1.4462 loÈsungsgegluÈht 1,20 13,88

20% kaltverformt 0,92 13,88

Krupp VDMCronifer 1925 hMo

1.4529 loÈsungsgegluÈht 2,00 13,5

5% kaltverformt 1,90 13,220% kaltverformt 1,60 12,0

Tabelle 2. Chemische Zusammensetzung, Angaben in Mas.-%

Table 2. Chemical composition in mass-%

Werkstoff C Si Mn P S Cr Mo Ni N Cu

1.4301 0,031 0,59 1,13 0,036 0,026 18,06 0,37 8,75 0,047 0,471.4462 0,025 0,50 1,84 0,21 0,001 21,85 3,07 5,65 0,112 0,11.4529* 0,01 0,28 0,84 0,015 0,002 20,8 6,47 24,65 0,197 0,841.4529** 0,008 0,32 0,72 0,020 0,002 20,7 6,45 24,65 0,185 0,82

* Analyse Rundmaterial

** Analyse Blech

274 Mietz, Baszynski und Fischer Materials and Corrosion 50, 273±281 (1999)

Page 3: Untersuchungen zur Spannungsrißkorrosionsbeständigkeit nichtrostender Stähle mit unterschiedlichem Verformungsgrad

in der Festigkeitsklasse S 275 sowie in zwei kaltverfestigtenZustaÈnden (5% bzw. 20%) in den Festigkeitsklassen S 460bzw. S 690 vor. Als Vergleichswerkstoff wurden Proben desStandardausteniten 1.4301 in zwei VerformungszustaÈnden(loÈsungsgegluÈht und 20% kaltverformt) in die Untersuchun-gen einbezogen. Aus fruÈheren Untersuchungen ist bekannt,daû dieser Werkstoff unter den o.g. VersuchsbedingungenSpannungsriûkorrosion erleidet.

Die Tabelle 1 enthaÈlt eine UÈ bersicht uÈber die eingesetztenWerkstoffe einschlieûlich der Abmessungen. In der Tabelle 2ist die chemische Zusammensetzung der drei StaÈhle und in derTabelle 3 sind die mechanischen Kennwerte der unterschied-lichen Werkstoffe bzw. Probentypen (Blech und Stab) ange-geben.

2.2 Versuche mit BuÈgelproben

FuÈr die Versuche mit BuÈgelproben (DIN EN ISO 7539-3(13)] wurden die Probebleche (15,5 � 2 cm) zunaÈchst uÈbereine Umlenkwalze so in U-Form gebogen, daû die Bohrun-gen der gleich langen Schenkel in ungespanntem Zustand ei-nen Abstand von 35 ± 40 mm aufwiesen. Die so plastisch ver-formten Proben wurden anschlieûend mit einer Polyethylen-schraube mit Hilfe einer vorher experimentell gefundenenAnzahl an Schraubenumdrehungen fuÈr den jeweiligen Werk-

stoff bis zur Grenze der ElastizitaÈt einer zusaÈtzlich elastischenBeanspruchung ausgesetzt.

Die Proben wurden dann unter Einwirkung von Salztropfenals Korrosionsmedium auf ihre AnfaÈlligkeit gegenuÈber Span-nungsriûkorrosion getestet. Hierzu erhielten die vorher mitAceton entfetteten Proben im Bereich der KruÈmmung jeweilssechs Tropfen der PruÈfloÈsung (Abb. 1). Mit dieser sog. Salz-tropfenmethode liegen bereits umfangreiche Untersuchungs-ergebnisse vor [10, 14, 15]. Salztropfen aus gesaÈttigter Ma-gnesiumchlorid-LoÈsung sowie eine konstante Luftfeuchtevon ca. 35% (eingestellt durch Auslagerung der Proben ineiner Kammer uÈber einer gesaÈttigten Magnesiumchlorid-LoÈ-sung) haben sich dabei als die schaÈrfste Bedingung ergeben.

Die Untersuchungen erfolgten bei drei Temperaturen: 30,50 und 70 8C. Die Gesamtlaufzeit der Versuche betrug10 000 h. Nach 70, 170, 600, 1200, 2400 sowie 4800 h wur-den jeweils Proben fuÈr Zwischenbewertungen entnommen.FuÈr jede Versuchsbedingung kamen drei Vergleichsprobenzum Einsatz. Die Beurteilung der Proben erfolgte mittels mi-kroskopischer Untersuchung der ProbenoberflaÈche sowie ggf.an Hand von metallografischen Schliffen.

FuÈr die drei PruÈftemperaturen waren die Blechproben ingroûen VersuchsbehaÈltern von 200 l Inhalt untergebracht.Sie wurden auf einer Kunststoffplatte, die in den Versuchsbe-haÈlter eingehaÈngt wurde, beidseitig angeordnet. Die Konstant-haltung der geforderten Temperatur im PruÈfraum erfolgte mitHilfe von HeizbaÈndern. Eine ausreichende Menge gesaÈttigterMagnesiumchlorid-LoÈsung bedeckte den Boden des Ver-suchsbehaÈlters, um eine konstante AtmosphaÈre sicherzustel-len. ZusaÈtzlich sind zur UmwaÈlzung der Luft innerhalb desPruÈfraumes im Deckel LuÈfter eingesetzt worden. Die Tempe-ratur- und Feuchtewerte wurden staÈndig kontrolliert.

2.3 Dauerstandversuche mit einachsig belastetenZugproben

FuÈr die Dauerstandversuche mit einachsig belasteten Zug-proben nach DIN EN ISO 7539-4 [16] wurden die PruÈfstaÈbe inSpannrahmen eingespannt. FuÈr die Kontrolle der KraftuÈber-tragung kamen elektrische Druckmeûdosen zum Einsatz,die spaÈter waÈhrend des Versuches am Rahmen verblieben.

Nach Einstellen der Zugspannung wurden auf die vorhermit Aceton entfetteten Proben entlang der LaÈngsachse desStabes mehrere Tropfen ges. Magnesiumchlorid-LoÈsung auf-gebracht. Die Abb. 2 zeigt beispielhaft einen eingebauten Stabmit den Salztropfen. Die Versuche erfolgten bei einer konstan-ten relativen Luftfeuchte von 35% und einer konstanten Tem-

Tabelle 3. Mechanische Kennwerte

Table 3. Mechanical properties

Werkstoff Zustand Festigkeits-klasse*

0,2-DehngrenzeRp0,2 [N/mm2]

ZugfestigkeitRm [N/mm2]

BruchdehnungA5 [%]

[N/mm2] Blech Stab Blech Stab Blech Stab

1.4301 loÈsungsgegluÈht S 235 n.b. 231 n.b. 605 n.b. 58,520% kaltverformt S 460 n.b. 653 n.b. 862 n.b. 26,5

1.4462 loÈsungsgegluÈht S 460 n.b. 476 n.b. 713 n.b. 36,220% kaltverformt S 690 n.b. 798 n.b. 1029 n.b. 14,0

1.4529 loÈsungsgegluÈht S 275 385 415 712 722 55,0 46,05% kaltverformt S 460 476 496 738 783 47,0 42,020% kaltverformt S 690 845 819 869 954 25,0 18,0

* entsprechend der Zulassung

n.b. nicht bestimmt

Abb. 1. BuÈgelprobe mit Salztropfen

Fig. 1. U-bent specimen with salt spots

Materials and Corrosion 50, 273±281 (1999) SpRK nichtrostender StaÈhle 275

Page 4: Untersuchungen zur Spannungsrißkorrosionsbeständigkeit nichtrostender Stähle mit unterschiedlichem Verformungsgrad

peratur von 50 8C. Es wurden jeweils 3 Vergleichsproben ein-gesetzt.

FuÈr die VersuchsdurchfuÈhrung waren mehrere Spannrah-men uÈbereinander gestapelt; mittels einer Plexiglaskammerwurde ein abgeschlossener, beheizbarer Raum um die PruÈflaÈn-ge (etwa 30 cm) der StaÈbe geschaffen. Die Beheizung diesesRaumes erfolgte mittels HeizbaÈndern. Der Boden des Plexi-glasraumes war mit beheizter Magnesiumchlorid-LoÈsung be-deckt, um eine gleichbleibende Luftfeuchte zu erhalten. Zu-saÈtzlich wurde zur UmwaÈlzung der Luft innerhalb des PruÈf-raumes ein LuÈfter eingebaut. WaÈhrend des Versuches wurdedie Temperatur und die Luftfeuchte kontrolliert.

Die bei den Versuchen eingestellten Spannungen sowie derentsprechende Faktor bezuÈglich der Festigkeitsklasse entspre-chend der bauaufsichtlichen Zulassung fuÈr nichtrostendeStaÈhle [1] sind in der Tabelle 4 wiedergegeben. Zum Ver-gleich ist die Dehngrenze Rp0,2 ebenfalls in der Tabelle mit-aufgefuÈhrt. UrspruÈnglich sollte das Spannungsniveau bei ei-nem Faktor von 1,1 bezogen auf die Festigkeitsklasse lie-gen; aus technischen GruÈnden (Meûbereich der Meûdosen,Schlupf) war das aber nicht immer moÈglich. Da die tatsaÈch-lichen Dehngrenzen meist deutlich uÈber den Sollwerten lie-gen, ist der tatsaÈchliche Faktor z.T. kleiner (siehe Angabenin Klammern in Tabelle 4).

Die Bewertung der Spannungsriûkorrosionsempfindlich-keit erfolgte nach 1000, 2000 und 5000 h. Dazu wurde je-weils eine der drei Vergleichsproben ausgebaut und auf An-zeichen fuÈr Anrisse im Bereich der Salztropfen untersucht.

3 VersuchsdurchfuÈhrung und Ergebnisse

3.1 BuÈgelproben

3.1.1 Bewertungskriterien

Zur Bewertung der Spannungsriûkorrosionsempfindlich-keit wurden nach den unter 2.2 genannten Zeiten jeweilsdrei Vergleichsproben einer WerkstoffqualitaÈt ausgebautund auf Anzeichen fuÈr Anrisse im KruÈmmungsbereich unter-sucht. Die PruÈfung erfolgte unter einem Mikroskop mit50facher VergroÈûerung. Dabei wurde die untersuchte Probe,wie in [13] empfohlen, nochmals leicht verformt, umschmale Risse aufzuweiten. Wurden unter dieser VergroÈûe-rung keine Anrisse aber Lochfraûerscheinungen festgestellt,so wurde zur Untersuchung auf Mikrorisse ein metallografi-scher Schliff angefertigt. Um auszuschlieûen, daû andere Ur-sachen als Spannungsriûkorrosion fuÈr die Risse verantwort-lich sind, wurden zusaÈtzliche Vergleichsproben aller Werk-stoffqualitaÈten auûerhalb des korrosiven Mediums unter glei-cher mechanischer Belastung mitgefuÈhrt.

3.1.2 Proben bei 30 8C

1.4301Erste Korrosionserscheinungen in Form von Lochfraûkor-

rosion wurden am Werkstoff 1.4301 in beiden vorliegendenVerformungsstufen schon nach 70 h festgestellt; Spannungs-riûkorrosion nach 1200 h. Die Abb. 3 zeigt das Aussehen derBuÈgelproben nach 1200 h; mit bloûem Auge sind bereits dieim Bereich der Tropfen entstandenen Risse zu erkennen.

1.4462An Proben des Werkstoffes 1.4462 wurden geringfuÈgige

VerfaÈrbungen als Folge von Korrosionsreaktionen bereitsnach 70 h beobachtet. Am kaltverformten Material traten er-ste Lochfraûerscheinungen nach 1200 h auf, bei der loÈsungs-gegluÈhten Variante waren die Korrosionserscheinungen je-doch erst nach 4800 h eindeutig als Lochfraû erkennbar. An-zeichen fuÈr Spannungsriûkorrosion wurden nach 10 000 h ankeiner Probe der beiden untersuchten VerformungszustaÈnde

Abb. 2. Im Spannrahmen eingebaute Zugprobe mit Salztropfen

Fig. 2. Stressed tension specimen with salt spots

Tabelle 4. Spannungsniveau bei den Versuchen mit Rundmaterial

Table 4. Stress level for tests with wire rod

Werkstoff Zustand Festigkeits-klasse*

[N/mm2]

EingestellteSpannung zuBeginn desVersuches**[N/mm2]

Faktor bezogenauf dieFestigkeitsklasse***

0,2-DehngrenzeRp0,2

[N/mm2]

1.4301 loÈsungsgegluÈht S 235 211 (211) 0,9 (0,9) 23120% kaltverformt S 460 507 (506) 1,1 (0,8) 653

1.4462 loÈsungsgegluÈht S 460 426 (414) 0,9 (0,9) 47620% kaltverformt S 690 626 (621) 0,9 (0,8) 798

1.4529 loÈsungsgegluÈht S 275 313 (283) 1,1 (0,8) 4155% kaltverformt S 460 444 (460) 1,0 (0,9) 49620% kaltverformt S 690 691 (690) 1,0 (0,8) 819

* entsprechend der Zulassung

** in Klammern der Sollwert

*** in Klammern bezogen auf tatsaÈchliche Dehngrenze

276 Mietz, Baszynski und Fischer Materials and Corrosion 50, 273±281 (1999)

Page 5: Untersuchungen zur Spannungsrißkorrosionsbeständigkeit nichtrostender Stähle mit unterschiedlichem Verformungsgrad

festgestellt. Die Abb. 4 zeigt einen metallografischen Schliffdurch den Tropfenbereich nach 10 000 h.

1.4529Korrosionserscheinungen in Form z.T. sehr geringer Ver-

faÈrbungen waren an allen Proben ab 70 h feststellbar. Eindeu-tig als Lochfraûerscheinungen waren sie an einigen Proben(nicht alle Vergleichsproben zeigten deutliche Lochfraûkorro-sion) erst ab 4800 h erkennbar. Spannungsriûkorrosion war ankeiner der Proben feststellbar. Die Abb. 5 dokumentiert bei-spielhaft das Ergebnis der metallografischen Untersuchun-gen nach der Entnahme nach 10 000 h.

3.1.3 Proben bei 50 8C

1.4301Spannungsriûkorrosion trat bei dem kaltverformten Mate-

rial bereits nach 70 h auf, waÈhrend die loÈsungsgegluÈhten Pro-ben nur Lochfraûkorrosion aufwiesen. Bei der Entnahme nach

170 h zeigte auch das loÈsungsgegluÈhte Material deutliche An-zeichen von Spannungsriûkorrosion.1.4462

An Proben des Werkstoffes 1.4462 traten VerfaÈrbungendurch Korrosionsreaktionen bereits nach 70 h auf. Erste Loch-fraûerscheinungen traten am kaltverformten Material nach1200 h auf; bei den loÈsungsgegluÈhten Proben waren die Kor-rosionserscheinungen nach 2400 h eindeutig als Lochfraû er-kennbar. Anzeichen fuÈr Spannungsriûkorrosion wurden nach10 000 h an keiner Probe der beiden VerformungszustaÈndefestgestellt.

1.4529Korrosionserscheinungen in Form von geringen VerfaÈrbun-

gen waren an allen Proben des Werkstoffes 1.4529 ab 70 hfeststellbar. Eindeutig als Lochfraûerscheinungen waren siean einigen Proben (nicht alle Vergleichsproben zeigten deut-liche Lochfraûkorrosion) erst ab 1200 h erkennbar. Span-nungsriûkorrosion war an keiner der Proben feststellbar.

3.1.4 Proben bei 70 8C

1.4301Spannungsriûkorrosion trat bei beiden untersuchten Verfor-

mungszustaÈnden bereits nach 70 h auf.

1.4462An den Proben im kaltverformten Zustand traten erste

Lochfraûerscheinungen nach 70 h auf, bei dem loÈsungsge-gluÈhten Material waren die Korrosionserscheinungen beider Entnahme nach 600 h eindeutig als Lochfraû erkennbar.Bei der mikroskopischen Untersuchung mit 50facher VergroÈ-ûerung (siehe 3.1.1) wurden an einer Probe des kaltverformtenMaterials nach 10 000 h Anzeichen fuÈr Spannungsriûkorrosi-on festgestellt. Der metallografische Schliff (Abb. 6) bestaÈ-tigte diesen Befund.

1.4529Korrosionserscheinungen in Form von VerfaÈrbungen waren

an allen Proben ab 70 h feststellbar. Eindeutig als Lochfraûer-scheinungen waren die Korrosionserscheinungen ab 600 h er-

Abb. 3. 1.4301, 1,5 mm (loÈsungsgegluÈht), 1200 h, 30 8CFig. 3. 1.4301, 1.5 mm (solution annealed) 1200 h, 30 8C

Abb. 4. Schliff durch Tropfenbereich einer Probe aus 1.4462,1,2 mm (loÈsungsgegluÈht), 10 000 h, 30 8CFig. 4. Micro-section through area with salt spot, 1.4462, 1.2 mm(solution annealed), 10 000 h, 30 8C

Abb. 5. Schliff durch Tropfenbereich einer Probe aus 1.4529,1,9 mm (5% kaltverformt), 10 000 h, 30 8CFig. 5. Micro-section through area with salt spot, 1.4529, 1.9 mm(5% cold deformation), 10 000 h, 30 8C

Materials and Corrosion 50, 273±281 (1999) SpRK nichtrostender StaÈhle 277

Page 6: Untersuchungen zur Spannungsrißkorrosionsbeständigkeit nichtrostender Stähle mit unterschiedlichem Verformungsgrad

kennbar. Spannungsriûkorrosion war an keiner der Probenfestzustellen. Die Abb. 7 bis 10 zeigen beispielhaft das makro-skopische Aussehen der BuÈgelproben sowie metallografischeSchliffe nach 10 000 h.

3.1.5 UÈ bersicht und Diskussion der Ergebnisse

Die Tabelle 5 zeigt eine UÈ bersicht aller Ergebnisse der BuÈ-gelprobenversuche. Die Auswertung erfolgte entsprechendder im Abschnitt 3.1.1 beschriebenen Vorgehensweise.Schraffierte Felder bedeuten, daû an mindestens einer derdrei Vergleichsproben Lochfraûerscheinungen festgestellt

Abb. 6. Schliff durch Tropfenbereich einer Probe aus 1.4462,0,9 mm (20% kaltverformt), 10 000 h, 70 8CFig. 6. Micro-section through area with salt spot, 1.4462, 0.9 mm(20% cold deformation), 10 000 h, 70 8C

Abb. 7. 1.4529, 2,0 mm (loÈsungsgegluÈht), 10 000 h, 70 8CFig. 7. 1.4529, 2.0 mm (solution annealed), 10 000 h, 70 8C

Abb. 8. Schliff durch Tropfenbereich der Probe aus Abb. 7

Fig. 8. Micro-section through area with salt spot from Fig. 7

Abb. 9. Schliff durch Tropfenbereich einer Probe aus 1.4529,1,9 mm (5% kaltverformt), 10 000 h, 70 8CFig. 9. Micro-section through area with salt spot, 1.4529, 1.9 mm(5% cold deformation), 10 000 h, 70 8C

Abb. 10. Schliff durch Tropfenbereich einer Probe aus 1.4529,1,6 mm (20% kaltverformt), 10 000 h, 70 8CFig. 10. Micro-section through area with salt spot, 1.4529, 1.6 mm(20% cold deformation), 10 000 h, 70 8C

278 Mietz, Baszynski und Fischer Materials and Corrosion 50, 273±281 (1999)

Page 7: Untersuchungen zur Spannungsrißkorrosionsbeständigkeit nichtrostender Stähle mit unterschiedlichem Verformungsgrad

wurden, waÈhrend schwarze Felder das Vorliegen von Rissenwiderspiegeln.

Bei dem als Vergleichswerkstoff mit bekannter Empfind-lichkeit gegenuÈber Spannungsriûkorrosion eingesetzten1.4301 wurden bei 50 bzw. 70 8C bereits nach 70 h Risse be-obachtet; bei den 30 8C-Proben traten Risse nach 1200 h auf.

Bei den anderen beiden Werkstoffen (1.4462 und 1.4529)wurde nach 10 000 h bei allen Proben Lochfraû festgestellt.Das erste Auftreten von Lochfraûerscheinungen wurde erwar-tungsgemaÈû mit steigender Temperatur zu fruÈheren Zeitenverschoben. Das beim Werkstoff 1.4462 z.T. beobachtete fruÈ-

here Auftreten von Lochfraûerscheinungen am kaltverform-ten Material ist auf die unterschiedliche OberflaÈchenbeschaf-fenheit zuruÈckzufuÈhren. Das loÈsungsgegluÈhte Blech wies einedeutlich hoÈhere OberflaÈchenrauhigkeit als das kaltverformteBlech auf, so daû geringfuÈgige Lochfraûangriffe durch dieRauhigkeit moÈglicherweise nicht detektiert wurden, waÈhrenddies bei den sehr glatten, kaltverformten Proben leichter moÈg-lich war. Bei Proben aus 1.4529 gibt es kaum Unterschiedezwischen den verschiedenen VerformungszustaÈnden. Die Ble-che wiesen unabhaÈngig vom Verformungszustand nur gering-fuÈgig unterschiedliche OberflaÈchenrauhigkeiten auf.

Tabelle 5. UÈ bersicht uÈber die Ergebnisse der BuÈgelprobenversuche

Table 5. Overview of results with U-bent specimens

Materials and Corrosion 50, 273±281 (1999) SpRK nichtrostender StaÈhle 279

Page 8: Untersuchungen zur Spannungsrißkorrosionsbeständigkeit nichtrostender Stähle mit unterschiedlichem Verformungsgrad

Beim Werkstoff 1.4462 wurde bei der PruÈfung unter50facher VergroÈûerung an einer Probe (0,9 mm) nach10 000 h bei 70 8C Anzeichen fuÈr Riûbildung gefunden.Der metallografische Schliff (Abb. 6) bestaÈtigte diesen Be-fund.

Bei den Proben aus 1.4529 wurden bei 50facher VergroÈûe-rung keine Hinweise fuÈr Spannungsriûkorrosion festgestellt.In den Schliffen der bei 70 8C ausgelagerten Proben sind je-doch am Lochgrund z.T. mikroriûartige Erscheinungen zu er-kennen (Abb. 8 und 9). Ein Einfluû des Verformungszustandesauf diese Befunde konnte nicht beobachtet werden.

3.2 Zugproben

3.2.1 1.4301

Die Proben aus 1.4301 wurde nach 1000 h komplett ausge-baut, da alle StaÈbe deutlich Spannungsriûkorrosion zeigten(Abb. 11 und 12). Die Proben waren zwar meist noch nichtvoÈllig gebrochen; die Risse klafften aber erheblich auseinan-der und oft war nur noch ein sehr geringer verbleibender Rest-querschnitt vorhanden.

3.2.2 1.4462

Nach 1000 h zeigten sich auf der OberflaÈche an Stellen mitChlorideinwirkung dunkelbraune VerfaÈrbungen durch Korro-sionsprodukte. Unter den VerfaÈrbungen wurde Lochfraûkor-rosion mit Eindringtiefen bis zu etwa 100 lm gefunden. An-zeichen fuÈr Spannungsriûkorrosion waren bei den metallogra-fischen Untersuchungen nicht feststellbar. Die aÈuûerlich er-kennbaren Korrosionserscheinungen (VerfaÈrbungen undLochfraû) verstaÈrkten sich mit laÈngerer Auslagerungszeit.Beim Ausbau nach 5000 h wiesen die Proben Lochfraûtiefenvon etwa 500 bis 1100 lm auf (siehe Tabelle 6). Bei beidenVerformungszustaÈnden wurden aber in den metallografi-schen Untersuchungen auch nach 5000 h keine AnzeichenfuÈr Spannungsriûkorrosion festgestellt (Abb. 13).

3.2.3 1.4529

An den kaltverformten Proben des Werkstoffes 1.4529 wa-ren nach 1000 h auf der OberflaÈche schwach braune VerfaÈr-bungen entstanden, unter denen Lochfraûerscheinungen biszu 120 lm Eindringtiefe festgestellt wurden. Kaum VerfaÈr-bungen wies die loÈsungsgegluÈhte Probe nach 1000 h auf.Hier traten auch noch keine meûbaren Korrosionserscheinun-gen in Form von Lochfraû auf. Bei den metallografischen Un-tersuchungen waren an keiner der 1000 h-Proben AnzeichenfuÈr Spannungsriûkorrosion feststellbar.

Die nach 5000 h ausgebauten Proben wiesen meûbareLochfraûtiefen auf. Die maximalen Lochfraûtiefen betrugenunabhaÈngig vom Verformungszustand 300 bis 1000 lm (sie-he Tabelle 6). Anzeichen fuÈr Spannungsriûkorrosion konntenauch nach 5000 h an keiner der Proben festgestellt werden.Die Abb. 14 zeigt beispielhaft einen metallografischenSchliff.

4 Zusammenfassung und Schluûfolgerungen

Durch experimentelle Versuche an verschiedenen nichtro-stenden StaÈhlen sollte geklaÈrt werden, ob kaltverformtes Ma-terial bei hoher Chloridbelastung, wie sie z.B. in Schwimm-hallenatmosphaÈre vorkommen kann, eine hoÈhere Empfind-lichkeit gegenuÈber Spannungsriûkorrosion aufweist. Die Un-

Abb. 11. Zugprobe 1.4301, loÈsungsgegluÈht, nach 1000 h

Fig. 11. Tension specimen, 1.4301, solution annealed, after 1000 h

Tabelle 6. Maximale Lochfraûtiefen der Zugproben in [lm]

Table 6. Maximum pitting depth of tension specimens in [lm]

Werkstoff 1.4529 1.4462

Auslagerungszeit [h] loÈsungsgegluÈht 5% kaltverformt 20% kaltverformt loÈsungsgegluÈht 20% kaltverformt

5000 500 ± 1000 300 ± 650 400 ± 800 500 ± 900 600 ± 11002000 30 200 60 ± 120 400 2801000 70 120 88 56

Abb. 12. Schliff durch einen Riûbereich der Probe aus Abb. 11

Fig. 12. Micro-section through crack area from specimen ofFig. 11

280 Mietz, Baszynski und Fischer Materials and Corrosion 50, 273±281 (1999)

Page 9: Untersuchungen zur Spannungsrißkorrosionsbeständigkeit nichtrostender Stähle mit unterschiedlichem Verformungsgrad

tersuchungen erfolgten an den hochlegierten StaÈhlen 1.4462sowie 1.4529. Als Vergleichswerkstoff mit bekannter Emp-findlichkeit gegenuÈber Spannungsriûkorrosion bei hoherChloridbelastung wurde der Stahl 1.4301 eingesetzt. Von al-len drei Sorten lagen Proben im loÈsungsgegluÈhten und im 20%kaltverformten Zustand vor. Vom Werkstoff 1.4529 wurdenzusaÈtzlich Proben im 5% kaltverformten Zustand unter-sucht. Die Versuche erfolgten mittels BuÈgel- und Zugpro-ben, auf die Tropfen aus gesaÈttigter MagnesiumchloridloÈsungaufgebracht waren. Die Luftfeuchtigkeit waÈhrend der Versu-che betrug ca. 35%.

ErwartungsgemaÈû trat an den Proben aus 1.4301 Span-nungsriûkorrosion bereits nach relativ kurzen Zeiten auf.Selbst bei 30 8C konnten schon nach 1200 h deutliche Risse

an den BuÈgelproben beobachtet werden. Bei einer Versuchs-temperatur von 70 8C waren nach etwa 10 000 h aber auch aneiner Probe des Stahles 1.4462 deutliche Anzeichen fuÈr Span-nungsriûkorrosion zu erkennen. Im metallografischen Schliffzeigten auch die anderen beiden Proben aus 1.4462 sowie diedrei Proben aus 1.4529 Mikrorisse. Hinweise auf eine hoÈhereSpannungsriûkorrosionsempfindlichkeit des kaltverformtenMaterials wurden aber sowohl bei den Versuchen mit BuÈgel-proben als auch bei den Versuchen mit Zugproben nicht fest-gestellt.

Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse konnte die in demersten Textentwurf fuÈr die Zulassung vorgenommene RuÈck-stufung der kaltverfestigten, hoÈherlegierten StaÈhle in die je-weils naÈchst niedrigere Widerstandsklasse zuruÈckgenommenwerden.

5 Danksagung

Die vorgestellten Untersuchungen wurden zum uÈberwie-genden Teil durch die Informationsstelle Edelstahl Rostfrei,DuÈsseldorf, finanziell unterstuÈtzt, wofuÈr an dieser Stelle aus-druÈcklich gedankt wird.

6 Literatur

[1] Entwurf der neuen allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungdurch das DIBt, Bauteile und Verbindungsmittel aus nichtro-stenden StaÈhlen, Stand 97-12-16. GuÈltige Allgemeine bauauf-sichtliche Zulassung durch das DIBt: Z-30.3.6, September1998.

[2] G. Salvago, G. Fumagalli, D. Sinigaglia: The Corrosion Be-havior of AISI 304L Stainless Steel in 0.1 M HCl at RoomTemperature ± II. The Effect of Cold Working, Corrosion Sci-ence 23 (1983) 515.

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Grimme, G. Steinbeck: Steel Research 64 (1993) 526.[11] P. Muraleedharan, H. S. Khatak, J. B. Gnanamoorthy, P. Ro-

driguez: Metallurgical Transactions A, 16A (1985) 285.[12] F. Hunkeler: Korrosion und Korrosionsschutz, Teil 3, Einsatz

von nichtrostenden StaÈhlen im Bauwesen, SIA-Dokumentati-on D 030, ZuÈrich (1988) S. 77/93.

[13] DIN EN ISO 7539-3, Ausg. 08/95, PruÈfung der Spannungsriû-korrosion, Vorbereitung und Anwendung von BuÈgelproben.

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Corrosion 48 (1997) 679.[16] DIN EN ISO 7539-4, Ausg. 08/95, PruÈfung der Spannungsriû-

korrosion, Einachsig belastete Zugproben.

(Eingegangen: 20. Oktober 1998) W 3339

Abb. 13. Schliff durch Lochfraûbereich, 1.4462, 20% kaltver-formt, nach 5000 h

Fig. 13. Micro-section through pitting area, 1.4462, 20% cold de-formation, after 5000 h

Abb. 14. Schliff durch Lochfraûbereich, 1.4529, 5% kaltverformt,nach 5000 h

Fig. 14. Micro-section through pitting area, 1.4529, 5% cold defor-mation, after 5000 h

Materials and Corrosion 50, 273±281 (1999) SpRK nichtrostender StaÈhle 281