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OSTERREICHISCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE KLASSE SITZUNGSBERICHTE. 566. BAND VERÖFFENTLICHUNGEN DER KOMMISSION FÜR LINGUISTIK UND KOMMUNIKATIONSFORSCHUNG NR. 24 HERAUSGEGEBEN VON WOLFGANG U. DRESSLER JORMA KOIVULEHTO Uralische Evidenz für die Laryngaltheorie VERLAG DER ÖSTERREICIDSCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN WIEN 1991

Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

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Page 1: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

OSTERREICHISCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE KLASSE

SITZUNGSBERICHTE. 566. BAND

VERÖFFENTLICHUNGEN DER KOMMISSION

FÜR LINGUISTIK UND KOMMUNIKATIONSFORSCHUNG NR. 24

HERAUSGEGEBEN VON WOLFGANG U. DRESSLER

JORMA KOIVULEHTO

Uralische Evidenz für die Laryngaltheorie

VERLAG DER ÖSTERREICIDSCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN

WIEN 1991

Page 2: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

Vorgelegt von w. M. MANFRED MAYRHOFER

in der Sitzung am 11. Oktober 1989

Gedruckt mit Unterstützung durch den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung

Alle Rechte vorbehalten ISBN 3-7001-1794-9 Copyright © 1991 by

Österreichische Akademie der Wissenschaften Wien

Gesamtherstellung: Druckerei G. Grasl, A-2540 Bad Vöslau

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INHALT

VORWORT .... 5

I. EINLEITUNG 7

II. BEHANDLUNG DES MATERIALS. 21

Allgemeine Bemerkungen . . . . 21

A. Substitution im Anlaut 1. Fi.-perm.jfrühurfi. (ural.) k als Substitut des idg.

Laryngals im Anlaut eines Lehnworts. . . . . . .. 23

B. Substitution im Inlaut 2. Ural.jfiu. x als Substitut des idg. Laryngals im In-

laut eines Lehnworts . . . . . . . . . . . . . . . .. 52 3. Fiu. k als Substitut des idg. Laryngals im Inlaut

eines Lehnworts . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 67 4. Fiu.jfrühurfi. 8 (> späturfi. h) als Substitut des

idg. Laryngals im Inlaut eines Lehnworts. . . . .. 72

III. ABSCHUESSENDE BETRACHTUNG DER ERGEBNISSE lOl

BIBLIOGRAPHIE. 117

ABKÜRZUNGEN . 129

WORTREGISTER 135

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VORWORT

Die vorliegende Arbeit hat das Ziel, Reflexe von indogermani­schen Laryngalen in alten indogermanischen Lehnwörtern des Uralischen nachzuweisen. Daneben werden auch eine Reihe son­stiger Lehnetymologien behandelt. Ich gehe von einer heutigen Normalfassung der Laryngaltheorie aus, wie sie etwa von MAN­FRED MAYRHOFER (1986) vertreten wird. Auf den Werdegang der Theorie konnte und wollte ich selbstverständlich nicht eingehen, dafür sei auf Arbeiten von berufener Hand verwiesen. Auf der uralischen Seite sind die neuen lautgeschichtlichen Untersu­chungen von JUHA JANHUNEN (1981) und PEKKA SAMMALLAHTI (1988) meiner Arbeit zugute gekommen. Grundlegend sind die For­schungen von ERKKI ITKoNEN geblieben. Das Uralische etymologi­sche Wörterbuch (UEW) von KARoLY REDEI hat für willkommene Übersicht gesorgt.

JURA JANIlUNEN hat freundlicherweise die Einleitung (Kap. I) und den Schluß (Kap. III) in Manuskriptform gelesen. RAIMO ANT­TILA danke ich für ergiebige Diskussionen.

Frau Prof. INGRID SCHELLBAcH-KoPRA und Herrn Mag. phil. KLAAs RupPEL danke ich für die sprachliche Durchsicht meines Textes.

Mein besonderer, herzlicher Dank gilt Herrn Prof. Dr. h. c. Dr. MANFRED MAYRHOFER, der meine Arbeit mit Rat und Ermunte­rung gefördert hat. Seiner Hilfe und Vermittlung ist es auch zu ver­danken, daß die Arbeit jetzt in den Sitzungsberichten der Österreichi­schen Akademie der Wissenschaften im Rahmen der Veröffentli­chungen der Kommission für Linguistik und Kommunikationsfor­schung erscheinen kann.

Mein Manuskript wurde im August 1989 abgeschlossen.

Helsinki, im Oktober 1990 Jorma Koivulehto

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1. EINLEITUNG

Für die Laryngaltheorie, die auf ein Alter von bereits hundert Jahren zurückblickt, hat sich eine ansehnliche Menge Evidenz an­gesammelt. Einerseits weist das Anatolische unmittelbare Reflexe von Laryngalen auf, andererseits hat sich gezeigt, daß die An­nahme von Laryngalen mehrere schwierige Punkte in der idg. Lautgeschichte erklärt, die mit "antilaryngalistischen" Annahmen kaum oder überhaupt nicht erklärt werden können. Normaler­weise nimmt man drei verschiedene idg. Laryngale an, h1, ~ h3•

Die Bezeichnung "Laryngal" ist traditionell und soll nicht besagen, daß die betreffenden konsonantischen, offenbar spirantischen Laute (ursprünglich) phonetisch exakt Laryngale waren. Vielmehr kann man sie sich zunächst als dorsale (palatale, velare, labio-ve­lare) Spiranten (Frikative, Engelaute ) vorstellen. Ich setze das wichtigste Beweismaterial als für Indogermanisten bekannt voraus und gehe deshalb hier nicht darauf ein 1.

Mit dem Anwachsen der Evidenz hat die Laryngaltheorie immer mehr Anhänger gefunden, die meisten Indogermanisten haben sich bereits von der Theorie überzeugen lassen, wenn auch die Meinungen in Einzelheiten auseinandergehen. Doch hat es bis heute immer auch noch Zweifler und Gegner gegeben. Zusätzliche Evidenz ist also noch vonnöten.

1 Für den weniger Eingeweihten empfehlen sich als Einführung MAYRHOFER 1986 (Indogermanische Grammatik, Zweiter Halbband: Lautlehre, S. 121-150) und LINDEMAN 1970 - und nunmehr LINDEMAN 1987, eine engl. Neufassung des eben genannten Buches. Übersichten über die neueste For­schung mit reichen Literaturangaben bieten auch z. B. MAYRHOFER 1981 a, 1981 b, 1982b, 1988. Eine kritische Auseinandersetzung mit der neueren Lite­ratur gibt LINDEMAN 1982. Besonders zu erwähnen ist auch der neue Sammel­band Die Laryngaltheorie und die Rekonstruktion des indogermanischen Laut­und Formensystems (hrsg. von A. BAMMESBERGER 1988), eine Übersicht bietet dort BEEKEs 1988. Es gibt auch Forscher, die nur einen Laryngal ansetzen. Dieser Standpunkt wird z. B. von A. BAMMESBERGER 1984 vertreten.

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8 Einleitung

Bisher hat man sich um die indogermanisch-uralischen Sprach­kontakte als mögliche Evidenzquelle wenig bemüht. Dabei ist der Wert einer positiven Aussage dieser Kontakte als ausschlaggebend zu betrachten: Wenn in alten idg. Lehnwörtern des Uralischen und Finnisch-Ugrischen in mehreren Fällen Reflexe von angenom­menen idg. Laryngalen gefunden werden können, an Stellen, wo sie der Theorie nach vorgekommen sind, dann dürfte es keinen Grund mehr geben, an der Theorie zu zweifeln. Natürlich kommt es auf die Glaubwürdigkeit der Belege an: Möglichst müßten wir mehrere Fälle belegen können und dazu in Wörtern, die möglichst eindeutig als· Lehnwörter nachgewiesen werden können, die also im Lautlichen genau den Erwartungen entsprechen und deren semantisches Verhältnis zum Original weitgehend problemlos ist. Weitere Sicherheit - von welcher Art auch immer - ist natürlich ebenfalls erwünscht.

Vor dreißig Jahren hat bereits TRYGGVE SKÖLD (1960) in seinem Aufsatz "Drei finnische Wörter und die Laryngaltheorie" drei Etymologien vorgelegt, nach denen Laryngalreflexe in alten idg. Lehnwörtern des Finnisch-Ugrischen (bzw. Frühurfinnischen) vorliegen. Die Fälle sind: (1) frühurfi. *pu§tas (> fi. puhdas ,rein" gemeinostseefinnische Verbreitung) aus idg. * puH-to-s (> aind. pütal,L ,rein, gereinigt" zur Wurzel idg. *pewH- ,[Getreide] rei­nigen'); (2) fiu. teke-2 (> fi. teke-, Inf. tehdä ,tun, machen" mit der­selben Bedeutung auch im Lappischen, Mordwinischen; im Ungari­schen außerdem auch ,setzen, stellen, legen') aus idg. *dhehr (> aind. da-dhäti ,setzt, stellt, legt" gr .• i-.sTlIlt ,setze usw. " zur selben Wurzel auch lat. jacio ,tue, mache' und dt. tun); (3) fiu. (uraL?) *toye- (so noch REDEI 1986: 41; SKES 1404 setzt *töke- an) (> fi. tuo-,Inf. tuoda ,bringen, holen" im Mordwinischen, Wogulischen, Ostjakischen mit ungefähr derselben Bedeutung; im Lappischen ,verkaufen" im Samojedischen ,geben, bringen') aus idg. *doh;r (> aind. da-däti ,gibt" gr. Oi-OWj.H ,gebe' USW.)3. Alle drei Zusammen-

2 SKÖLD (1960: 34) rechnet alternativ auch noch mit fiu. *teye-, das "in die Stufenwechselreihe k - Y übergegangen wäre"'. Diese Annahme scheint heute unnötig - phonematisch ist nur k anzusetzen. Der Stufenwechsel ist auch wohl erst eine ostseef'mnisch-Iappische Erscheinung.

3 Im Anschluß an MAYRHOFER (s. 1986: 121) bezeichne ich die drei "La­ryngale'" mit kleinem h, also mit h1, hz., h3; der große Buchstabe (hier in *puH-

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Frühere Forschung 9

stellungen waren in irgendeiner Form schon von der früheren For­schung vorgenommen worden, bei fiu. * teke- und * toye- (* toye-, *töke-) hatte man z. B. "Urverwandtschaft" angenommen (s. JOIU

1973: 328, 331; SKÖLD 1960: 34-35,28, 38), so noch COLLINDER (1965: 121) für *toye-. Neu war hier aber der Nachweis, daß die fiu. Wörter als uralte Entlehnungen erklärt werden können, wenn man von den idg. Formen mit Laryngalen ausgeht.

Über den Beweiswert seiner drei Etymologien für die Laryngal­theorie drückte sich SKÖLD 1960 allerdings noch überaus vor­sichtig, geradezu negativ aus: Bei den zwei fiu. Verben lägen "auch andere Erklärungsmöglichkeiten vor", bei *PuStas ,rein' spreche "die begrenzte Ausbreitung und die Möglichkeit von Schallnachah­mung gegen die angenommene idg. Herkunft. Wir dürfen also aus diesen Wörtern keine positiven Schlüsse für die Laryngaltheorie ziehen" (SKÖLD 1960: 42). Man kann diese Vorsicht in der dama­ligen Forschungslage gut verstehen. Es konnte damals befremdend wirken, daß ein fiu. Wort mit Laryngalreflex nur im Ostseefinni­schen vertreten wäre (*pu8tas, Schallnachahmung ist jedoch -vom Finnischen aus - nicht denkbar). Unter anderen Erklä­rungen für die Verben führt SKÖLD in seiner Behandlung etwa an: (1) die traditionelle Auffassung, wonach hier "Urverwandtschaft" vorliege (Urverwandtschaft würde aber das älteste laryngalistische e-farbige Rekonstrukt idg. * deh;r nicht gut zulassen). (2) Das -k- in fiu. * teke- könne auch auf ein idg. -k- in idg. *dh'd-k- (> lat. jacio) zu­rückgeführt werden. (3) Schließlich könne fiu.jural. -y- auch als "Bindekonsonant" erklärt werden, der eingesetzt wurde, um Zwei­silbigkeit zu bewahren; diese Erklärung hält SKÖLD jedoch für ganz unwahrscheinlich, weil in dieser Funktion eher -j- und -v- (= -wo) zu erwarten wären (S. 29). Man könnte noch bemerken: Es fällt auf,

to-s) wird nur als Zeichen des Archiphonems verwendet, in Fällen, wo die Zu­weisung zu einem bestimmten der drei nicht möglich oder sicher ist. - In der Uralistik ist der Ansatz des fiu. inlautenden Konsonanten im dritten Beispiel (* tore- - * töke-) umstritten gewesen. Während einige ihn als selbständiges Phonem, als -r- (gutturale Spirans) ansetzen, ist besonders von finnischer Seite (ERKKI ITKONEN) hier nur ein ursprüngliches -k-, aber nach langem Vokal, an­gesetzt worden: die Position nach langem Vokal habe später die Entwicklung k> r > ~ (im Ostseefinnischen) ausgelöst. JUHA JANHUNEN (1981) und PEKKA SAMMALLAHTI (1988) identifizieren nunmehr diesen Konsonanten mit ihrem Phonem x, das sie auch an einigen neuen Stellen ansetzen. Im folgenden werde ich der Notation von JANHUNEN und SAMMALLAHTI folgen.

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10 Einleitung

daß die Laryngale sowohl durch fiu. y oder k als auch durch fiu. 8 reflektiert werden; und zwar stehen 8 und k für ein und denselben Laryngal h1, wenn wir nach BENVENISTE (1935: 161, 169) ihn auch in idg. * PUHt08 annehmen.

Offenbar wegen der vorsichtigen Formulierung, die SKÖLD seinen Etymologien gab, scheinen sie in der Diskussion um die La­ryngaltheorie unter den Indogermanisten wenig beachtet worden zu sein. Etwas besser steht es unter den Finnougristen um sie: We­nigstens für fiu. * teke- ,tun' ist die laryngalistische Erklärung ziem­lich allgemein als eine plausible Etymologie anerkannt worden (vgl. SKES 1253; REDEI 1986: 47) - gleichzeitig wird aber auf die zweite Erklärung aus idg. *dh'iJ-k- verwiesen; auf jeden Fall gilt das Verb als eine uralte Entlehnung aus dem Indogermanischen. Für fiu./ural. *toye-j*täke- ,bringen' wird indogermanische Herkunft bei JOKI (1973: 331) und REDEI (1986: 42) angegeben, als idg. Origi­nale werden Formen mit und ohne Laryngal angeführt. Das finni­sche etymologische Wörterbuch (SKES) erwähnt die idg. Herkunft nicht. Zur idg. Herkunft von frühurfi. *PuStas ,rein' liegt wohl keine ältere Stellungnahme vor; ich selbst habe die Etymologie als Reflex des idg. Laryngals zitiert (KOIVULEHTO 1981 b: 355).

1967 griff BJÖRN COLLINDER SKÖLDS Laryngalerklärungen auf. Er meinte, daß er sich ohne Bedenken SKÖLD anschließen könne, weil er selbst noch mehr W ortentsprechungen gefunden habe, die sich durch Laryngalannahme erklären ließen (COLLINDER 1967: 186ff.). Er hat jedoch seine Gleichungen nicht als Lehnbezie­hungen verstanden, sondern als Zeugnisse einer indogermanisch­uralischen Urverwandtschaft. Die meisten von ihnen sind schon deshalb nicht geeignet, in dieser Arbeit berücksichtigt zu werden. Überdies operieren sie weitgehend mit unsicheren oder heute kaum akzeptablen Rekonstrukten4 • Eine Ausnahme sehe ich je-

4 Zum Beispiel könne ural. * koye- (so nach CoLLINDER = fi. koke-, s. unten Etym. Nr. 7) aus *koyye- < *koyy,e- entwickelt sein, die letzte Sternform wäre gleichzeitig auch die Vorform von gr. Koto> ,vernehme, merke" lat. cavere ,auf der Hut sein' (vgl. aind. ä·küta- ,Absicht" COLLINDER 1967: 186). Fi. koke- kann aber (nach heutiger Auffassung) nicht auf *koye- (bzw. *koxf:-, nach der Nota­tion von JANHUNEN / SAMMALLAHTI) zurückgeführt werden, und statt idg. * kOYlJe- (= * koHw-) müßte ja * kowH- = * kOY:iJ- stehen. Man könnte zwar die Zusammenstellung noch dadurch zu retten suchen, daß man sie in eine Lehn­wortetymologie umbaut unter gleichzeitiger Annahme, daß der idg. Laryngal hier durch ural. -k- substituiert wurde. Aber auch dann wäre noch zu erklären,

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Bemerkungen zum Material 11

doch wenigstens in seiner Zusammenstellung für fi. puu ,Baum, Holz" die er noch später (COLLINDER 1970: 175) ergänzt hat: Sie läßt sich als ein Fall uralter Entlehnung mit Laryngalreflex be­schreiben, deshalb habe ich sie in mein Material aufgenommen (Etym. Nr. 11). COLLINDER scheint aber gerade hier keinen Laryn­galreflex anzunehmen.

Die Beweiskraft des Materials hängt von der Anzahl der Bei­spiele ab. 1981 habe ich zwei neue Laryngal-Fälle in knapper Form vorgelegt (KOIVULEHTO 1981 a: 207 -208, Anm. 14; 1981 b: 355, s. unten Nr. 22,24). 1983 konnte ich diese Fälle noch um einen wei­teren vermehren (mordw. poniavt01ns, KOIVULEHTO 1983 a: 150, in dieser Arbeit unter Nr. 24). Insgesamt lagen also nunmehr bereits sechs Fälle vor, davon vier mit fiu. -s- für idg. -H-. 1985 habe ich in einem Vortrag mehrere neue Fälle vorgelegt, darunter zum ersten Mal auch Fälle mit anlautendem Laryngalreflex (s. KmVULEHTO

1986b: 171-172, 176-177). Unten werde ich insgesamt 27 Ety­mologien vorlegen und sämtliche Fälle eingehend besprechen (ne­benbei noch ein paar weitere Fälle). Mit diesem Material meine ich die Faktizität der Laryngalreflexe nachweisen zu können5•

warum *koke- (*kokj-) und nicht *kowke- (= *kowkj-) entstand, denn die Ver­bindung -wk- scheint doch bereits in recht alten Wörtern vorgekommen zu sein: vgl. z. B. fiu. *towkV = fi. touko ,Frühjahrsaussaat' (SKES 1365; vgl. übri­gens hiermit idg. *tewk- ,Keim, Same, Nachkommenschaft" aind. toM- [n.] ,Nachkommenschaft, Kinder" s. IEW 1085). Als ein sehr altes, uralisches Wort paßt * koke- = * kokj- wiederum schlecht, weil dann das 0 in der ersten Silbe zu u hätte werden müssen (s. Etym. Nr. 7). Weiter setzt COLLINDER u. a. (S. 188) ein *xeiry,o- - *xeiry,e- an, worauf er einerseits lat. aevum, got. aiw8 ,Zeit" an­dererseits ural. *airy,a > fi. aika ,Zeit' zurückführt (der anlautende Laryngal soll also keinen Reflex im Uralischen aufweisen). Nun ist fi. aika ein nur ost­seefinnisch bezeugtes Wort, das wohl - wie bereits angenommen - aus germ. * aiwo « * aiwa) entlehnt ist; das -k- scheint eine sporadische osfi. Entwick­lung -w- (-v-) > -k- vorauszusetzen, wofür auch andere Beispiele bekannt sind (verursacht durch eine Verwechslung von -v- und -y- im osfi. Stufenwechsel, s. T. ITKONEN 1974: 31, 34). "Ural. *aiyy,a" entspricht auch nicht der phonotakti­sehen Struktur des Uralischen, wie sie in der uralistischen Forschung ermittelt worden ist.

5 Eine vorläufige Zusammenstellung meiner Forschungen liegt in KOIVU­LEHTO 1988b vor. - Wie ich erfahren habe, hat auch lIARTMUT RATZ (Mün­chen) inzwischen Reflexe von idg. Laryngalen vorgelegt (nach GIPPERT 1985). Seine Ergebnisse, von denen ich noch nichts Näheres weiß, werden hoffentlich bald in seiner angekündigten Habilitationsschrift (über indoiranische Eie-

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12 Einleitung

Ein allgemeines, bei den vorgelegten Lehngleichungen zu be­achtendes Urteilskriterium ist das einfache Grundprinzip der ety­mologischen Forschung: Wörter entstehen nicht ohne Motivation. Neue Wörter, d. h. neue Grundstämme sind immer entweder (1) verdunkelte Ableitungen (bzw. Zusammensetzungen), (2) Entleh­nungen, oder (3) sie sind durch lautmalende und lautsymbolische Wortschöpfung (expressiv-onomatopoetisch) entstanden. Beson­ders wenn wir es mit Grundstämmen zu tun haben, die aufgrund der Verbreitung und/oder der kulturgeschichtlichen Tatsachen nicht uralt sein können, müssen wir ihre Entstehung - wenigstens im Prinzip - erklären können. Da die unten behandelten Wörter offensichtlich keine Ableitungen von älteren autochthonen fiu./ ural. Stämmen sind, sind die "nicht uralten"" unter ihnen schon aus diesem Grunde potentielle Lehnwörter, insofern sie nicht auf Laut­symbolik beruhen; diese letztere Alternative sollte aber nur dann erwogen werden, wenn keine von den zwei anderen (Ableitung, Entlehnung) möglich ist. In den idg. Sprachen sind bekanntlich die heutigen Grundstämme (besonders die nominalen) fast durchge­hend verdunkelte Ableitungen (vgl. z. B. dt. Korn zu idg. *gerH­,reiben" dt. Netz zu idg. *ned- ,knüpfen" dt. Wort zu idg. *werhr ,sagen, sprechen"), während die Grundstämme in den fiu. Sprachen weitgehend (aber natürlich nicht immer) etymologisch unzerlegbar bleiben (vgl. fi. jyvä ,Korn" [idg. Lehnwort], fi. verkko ,Netz" [germ. Lehnwort], fi. sana ,Wort": unzerlegbar), obwohl gerade die fiu. Sprachen über reiche Ableitungsmöglichkeiten verfügen (die zahl­reichen Ableitungen sind aber in der Regel noch synchron mehr oder weniger durchsichtig). Dieser Umstand hat dazu geführt, daß sich die etymologische Forschung innerhalb der Finnougristik -im Unterschied zur Indogermanistik - vorwiegend in der Aufstel­lung von etymologischen Gleichsetzungen erschöpft hat (auch dies eine schwierige Aufgabe). Die Unzerlegbarkeit der meisten, beson­ders jüngeren Grundwörter ist nun eben ein Indiz dafür, daß viele von ihnen Lehnwörter sind (vgl. die Beispiele oben), vor allem gilt dies für die Kulturwörter, bei denen eine lautsymbolische Motiva­tion ohnehin unwahrscheinlich wäre (vgl. z. B. die Fälle Nr. 3, 5, 8, 10, 22, 23, 24, 25 unten). - Zur Beweisführung tragen auch rein

mente in den uralischen Sprachen) in gedruckter Form vorliegen. Es bleibt ab­zuwarten, inwiefern die von KATZ gefundene Evidenz mit meinen Ergebnissen übereinstimmt.

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Uralische Lautgeschichte und Laryngalreflexe 13

strukturelle Kriterien bei (Phonotaktik, Suffigierung u. dgl., vgl. die Fälle Nr. 2, 4a, 7, 13,21,22 und s. KOIVULERTO 1981c).

Für das Verständnis der Materialbehandlung sind noch einige Ausführungen zur uralischen Lautgeschichte und zu den dadurch bedingten Laryngalreflexen nötig.

Für das Uralische werden traditionell aufgrund von verglei­chender Laut-, Form- und Wortforschung mehrere Zwischenur­sprachen postuliert. Das (Ur)uralische zerfällt in die finnisch-ugri­sche und die samojedische Grundsprache, das Finnisch-Ugrische gliedert sich ins Ugrische, die Grundsprache des Ob ugrischen (W 0-

gulisch und Ostjakisch) und des Ungarischen, und ins Finnisch­Permische. Das Finnisch-Permische stellt diejenige Ebene dar, auf die das Finnisch-Wolgaische und das Permische (Wotjakisch und Syrjänisch) zurückzuführen sind; aus dem Finnisch-Wolgaischen sind das Frühurfinnische, das Mordwinische (Ersa- und Mokscha­Mordwinisch) und das Tscheremissische hervorgegangen. Das Frühurfinnische bezeichnet jene Rekonstruktionsebene, auf die sich das Ostseefinnische (Finnisch, Estnisch und einige Kleinspra­chen) und das Lappische zurückfuhren lassen. In neuester Zeit ist dieser verzweigte "Stammbaum" auch kritisiert worden (HÄK­KINEN 1984), und auch meiner Meinung nach sind die Zwischenur­sprachen nicht immer als hierarchisch-chronologisch voneinander getrennte Ebenen, sondern auch als areal zusammenhängende Sprachgebiete aufzufassen. Jedoch zeigt gerade die neueste ver­gleichende Lautforschung, daß die Konzeption der verschiedenen Ebenen nicht einfach aufgegeben werden kann. Am eindeutigsten ist von diesen Zwischenursprachen bisher die Ebene des Frühur­finnischen herausgearbeitet worden, eine Ebene, die der finnisch­permischen und der finnisch-ugrischen noch relativ nahesteht.

In den letzten Jahren haben sich in der Erforschung der urali­schen Lautgeschichte dank der Untersuchungen von JURA JAN­RUNEN (1981) und PEKKA SAMMALLAHTI (1988) neue Einsichten er­geben. Meine Darstellung folgt im wesentlichen diesen Arbeiten.

Das Sibilantenphonem 8, das z. B. in frühurfi. *pu8tas ,rein' er­scheint, kann nicht als ein Bestandteil des uralischen Phonemsy­stems angesetzt werden, wie JANRUNEN (1981: 251-252) überzeu­gend festgestellt hat; SAMMALLAHTI (1988: 482) schließt sich JAN­RUNEN an. Es gibt kein etymologisches Material (= Stämme mit

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14 Einleitung

uralischer Verbreitung) dafür. Es kann sich kaum um eine zufällige Lücke im Material handeln, denn für ural. 8 und 8 ist eindeutiges Material reichlich vorhanden (s. die Liste der rekonstruierten ural. Stämme bei JANHUNEN 1981: 272-274 und SAMMALLAHTI 1988: 536-541).

Dagegen kann das 8 bereits für eine jüngere Ursprache, für die traditionelle Rekonstruktionsebene des Finnisch-Ugrischen, ange­setzt werden, und damit haben wir die Trias 8 - 8 - 8. Jedoch sind die Beispiele noch spärlich (SAMMALLAHTI 1988: 490: "the evi­dence for * 8 is scarce but probably conclusive"). Für das Finnisch­Permische ist 8 bereits gut belegt.

Die Wiedergabe von idg. Laryngalen durch fiu. 8 ist also erst seit der finnisch-ugrischen Periode (oder besser erst seit der End­phase dieser Periode) möglich gewesen. In uralischer Zeit müssen sie anders substituiert worden sein.

JANHUNEN hat das uralische Material nach strengen Kriterien durchgemustert und als Ergebnis seiner Analyse folgendes Kon­sonantensystem für das Ururalische aufgestellt (1981: 249, 251):

P t k s S c (c ist eine Mfrikata, d und

m n n 11 d' sind zunächst als dentale d d' Spiranten aufzufassen.) r I

w x

SAMMALLAHTI schließt sich in seiner Untersuchung über die uralische Lautgeschichte (1988: 482) JANHUNEN an.

Eine Neuheit ist hier vor allem das Phonem x. Es ist eine Ein­heit, die in antekonsonantischer Stellung (im Inlaut) die Entste­hung der späteren finnisch-ugrischen (SAMMALLAHTI 1988: 486) langen Vokale erklärt, denen jeweils samojedische Vokalsequenzen vom Typus Vc1 entsprechen (für das Uralische können noch keine Quantitätsoppositionen bei den Vokalen angesetzt werden): Auszu­gehen ist von einer uralischen Sequenz VxC, die im Finnisch-Ugri­schen (JANHUNEN: im Finnisch-Permischen) zu VC wird, z. B. ural. * käxli ,Zunge' > sam. * kec1j, fiu. * keli id. (offene Vokale werden bei Längung halboffen); ural. * kdxsf: ,Fichte' > sam. käc1t, fiu. * köm id.

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Uralische Lautgeschichte und Laryngalreflexe 15

(JANHUNEN 1981: 239-248, SAMMALLAHTI 1988: 486). Der Schwund des antekonsonantischen x und die Längung des vorauf­gehenden Vokals wird also von SAMMALLAHTI bereits für das Finnisch-Ugrische angesetzt, JANHUNEN hat in seiner Untersu­chung diese Ebene (aus methodischen Gründen) nicht eigens be­achtet.

Weiter setzt JANHUNEN (und nach ihm SAMMALLAHTI) das Phonem x intervokalisch an die Stelle des traditionellen y (bzw. k nach langem Vokal). Es handelt sich stets um die Struktur VxI (I =

ural. ilj) = tradit. Vye. Die Reflexe dieses intervokalischen Pho­nems sind in den finnisch-ugrischen Sprachen bekanntlich unter­schiedlich. Im Ostseefinnisch-Lappischen (Frühurfinnischen, wohl bereits im Finnisch-Wolgaischen, SAMMALLAHTI 1988: 523) wurde der voraufgehende Vokal gedehnt, während das Phonem im Lappi­schen als k erhalten blieb, im Ostseefinnischen aber schwand; im Ugrischen (in der Ursprache des Ostjakischen, Wogulischen und Ungarischen) scheint x durch spirantisches g vertreten zu sein (SAMMALLAHTI 1988: 502): z. B. ural. *mexi- ,geben, verkaufen' > sam. *mi- ,geben, verkaufen., lp. (nur ostlp.) *miekka- ,verkaufen", fi. myö-, schriftspr. myy- id., ugr. *migi- (ostj., wog.) ,geben' (SAM­MALLAHTI 1988: 538; REDEI, UEW I 275, setzt in der ersten Silbe urspr. i an)6. Wegen dieser Reflexe muß das intervokalische

6 Dieses ural. Verb für ,geben, verkaufen' hat schon BJÖRN COLLINDER (1934: 65; 1965: 127) mit idg. *mey- (C.: *mi"-. *mei-) ,wechseln, tauschen' ver­glichen (JOKI 1973: 288-289). Nach REDEI (1986: (0), der nach COLLINDER noch ural. *mire- rekonstruiert (-i- ist aber z. B. mit der lp. Form nicht ver­einbar, vgl. E. ITKONEN 1949: (7), handelt es sich um eine sichere Entlehnung aus dem Vorarischen (vgl. aind. minati ,tauscht, wechselt, täuscht" ni-mayate ,tauscht" MAYRHOFER, KEWA II 635). Lautlich ist jedoch idg./vorar. *mey- =

*mei- als original problematisch, weil es ja ein ural. *meje- (nach JANHUNEN/ SAMMALLAHTI *meji-) ergeben sollte. Eine mutmaßliche Erweiterung idg. *mey­gW_ (lEW 713), die JOKI und REDE! daneben anführen, kommt auch nicht gut in Frage, denn sie ist nur auf grund von gr. IXJ.LEißro ,wechsle, tausche' (und von lat. migräre ,wandern" lEW 713) rekonstruiert (also kaum als "vorarisch" zu be­zeichnen, wie bei REDEI), das ein anlautendes gr. a- aufweist und dessen Zuge­hörigkeit auch sonst nicht völlig sicher ist (FRISK I 90; CHANTRAINE 73-74). Es ist trotzdem motiviert (Tauschhandel!), in dem ural. Handelsterminus *mexi- ein altes idg. Lehnwort zu vermuten. Das lautliche Problem ver­schwindet, wenn wir das traditionelle idg. *mey- = *mei- auf urspr. idg. *mey-H- zurückführen. Es dürfte keine intern-idg. Fakten geben, die gegen diese Rekonstruktion sprächen, im Gegenteil ist damit vereinbar aind. mindti - mayate: vgl. aind. punati - pavate zu idg. *pew-H-. Vgl. auch das hom-

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16 Einleitung

Phonem also in irgendeiner Form noch in nachuralischer Zeit exi­stiert haben. SAMMALLAHTI (1988: 491, 524) setzt intervokalisches x für das Finnisch-Ugrische und Finnisch-Permische an.

Anhand der etymologischen Wortlisten bei SAMMALLAHTI (S. 536-554) kann man jedoch feststellen, daß das intervokalische x in nachuralischer Zeit, wenn überhaupt, nur in wenigen neuen Grundstämmen (d. h. in neuen Wurzelmorphemen, die ja prinzi­piell nur entweder lautsymbolische "Urschöpfungen'" oder Lehn­wörter sein können), eingesetzt wurde. Unter den insgesamt nur 123 uralischen etymologischen Gleichsetzungen finden sich näm­lich nicht weniger als 12 Fälle mit VxI, während die zusätzlichen 267 Gleichungen mit nur finnisch-ugrischer Verbreitung nur noch 5 "neue" Vxi-Fälle aufweisen. Gleichsetzungen mit nur finnisch­permischer Verbreitung gibt es bei SAMMALLAHTI 142, darunter aber nur noch einen Fall mit Vxi. Es ist deshalb wahrscheinlich, daß auch die "neueren" 6 Fälle eigentlich einer relativ frühen Sprachebene angehören, die noch nicht wesentlich vom Uralischen abwich. Auf jeden Fall können wir feststellen, daß die Produkti­vität dieser Struktur in nachuralischer Zeit bereits stark abge­nommen hatte, was wiederum bedeutet, daß die wenigen "neuen" Stämme (wenn sie tatsächlich neu sind) kaum mehr durch lautsym­bolische Urschöpfung entstanden sind. Demnach müßten sie Lehn­wörter sein. Zwei von ihnen sind denn auch bereits altbekannte idg. Entlehnungen, nämlich das bereits eingangs erwähnte * toxi­= tradit. *toye- ,bringen' (s. Etym. Nr. 13) und *wixi- = tradit. *wiye- ,nehmen, fuhren' (s. REDEI 1986: 41-42,48). Es wäre somit zu erwarten, daß auch die restlichen vier auf Entlehnung beruhen: fiu. *juxi- ,trinken' (s. unten), fiu. *kixi- ,balzen' (auch ,ein Zauber­lied singen, zaubern'), fiu. *mjxi ,Erde, Land' (= tradit. *maye, UEW I 263, s. unter Etym. Nr.9, Anm. 26), fi.-perm. *sexi­,kommen; erreichen' (= tradit. * saye-, UEW I 429).

onyme aind. minati ,schadet, mindert, beeinträchtigt' (MA YRHOFER, KEW A 11 636), dessen mf- etwa in pra-mUa- ,deceased, dead, immolated' (MONIER-WIL­LIAMS 686) den Laryngal sogar voraussetzt. Traditionell sind die beiden Verben ja flir urspr. identisch gehalten worden (,Wertminderung" ,Täuschung' durch ,Tausch'?). Idg. *mey-H- ergibt ural. *mexi- (= *meye-), denn der idg. Halbvokal y kann in diesem Kontext keinen ural. Reflex aufweisen (ural. -jx­ist nicht nachweisbar).

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Uralische Lautgeschichte und Laryngalreflexe 17

Über den phonetischen Charakter des *x äußert sich JAN­HUNEN (1981: 250) vorsichtig: Zunächst könne man es als einen Spiranten (? Velarspiranten) oder einen Klusil (? Laryngalklusil) auffassen, auch ein laryngaler Halbvokal käme in Frage. Etwas problematisch sei auch seine Unterscheidung von * k, die Phoneme scheinen z. T. in komplementärer Distribution vorzukommen (S. 246) - vgl. aber andererseits z. B. ural. * kdX8j ,Fichte' - ural. *8jk8j ,Zirbelkiefer' (S.274). SAMMALLAHTI (1988: 482) nimmt einen ähnlich reservierten Standpunkt ein: "The phonetic nature of lxi is unclear. On the basis of Ob-Ugric evidence, it is possible that lxi in fact represents two different sounds, a laryngeal (? Ih/, ? I ? I) yelding a long vowel in Proto-Ob-U gric, and a velar (/ gl or I -fS-/) giving the spirant Igj. It is also possible that lxi is merely syllable boundary reconstructed in cases which originally had two successive heterosyllabic vowels; the phonotactic peculiarities of lxi call for a thorough examination." Die letzte Alternative ("Sil­bengrenze") scheint mir allerdings voreilig formuliert. Ein ante­konsonantisches x kann z. B. keine Silbengrenze sein (vgl. ural. * käxli ,Zunge" * kdxsj ,Fichte' oben), und wie wären solche intervo­kalischen Fälle wie ural. *ljxi ,Knochen' und fiu. *kixi- ,balzen' (S. 538, 543) mit dieser Annahme vereinbar? Zwei gleiche hetero­syllabische Vokale hintereinander sind doch auf die Dauer nicht gut denkbar, wenn dazwischen kein konsonantisches Element vor­kommt bzw. einmal vorgekommen ist (und sei es nur ein Glottis­schlag).

Außerdem muß man in Rechnung ziehen, daß ural./fiu. intervo­kalisches x (= tradit. y) ja auch zur Wiedergabe des idg. inlau­tenden (/' gedient hat, was gegen die Annahme spricht, es wäre in der betreffenden Struktur nur eine bloße "immaterielle" Silben­grenze gewesen: fiu. *wixi- = tradit. *wiye- ,führen' aus idg.1 vorar. *we(/'-e1o- > aind. vahati ,führt' usw. (die Etymologie gilt als sicher bei REDEI 1986: 48, trotz fiu. i - idg. e in der ersten Silbe); fiu. *juxi- = tradit. *j'Uye- ,trinken' scheint auf vorar. *(ru-(/'ew­I*(ru-(/''U- > aind. j'Uho-ljuh'U- ,gießen, bes. Opfertrank gießen' zu­rückzugehen (eine neue Etymologie)7. Wir müssen somit dem -x-

7 Ich glaube, diese neue Etymologie - wenn auch zunächst mit Vorbehalt - in diesem Zusammenhang vorlegen zu müssen. Fiu. *juxi- wird lautgesetz­lieh zu osfi. *jö- > fi. juo- ,trinken'. Die Substitution idg., vorar. g- ...... fiu. j- ist erwartungsgemäß (s. Etym. 20), ebenso der i = e-Stamm (Labialvokale in der

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18 Einleitung

einen deutlich konsonantischen (tektalenjlaryngalen) Wert zuer­kennen.

Schließlich ergibt sich der (ursprünglich) konsonantische Wert auch aus der anscheinend teil-komplementären Distribution von ural. kund x. Während Vxl uralisch in zwölf Fällen bezeugt ist (JANHUNEN, SAMMALLAHTI), ist kein sicherer Beleg für ural. Vkl aufzutreiben (JANHUNEN 1981: 2(6). Da es nun nicht sinnvoll ist anzunehmen, daß ein tektaler (dorsaler) Konsonant in dieser Um­gebung im Uralischen überhaupt nicht vorgekommen ist, kann das (mögliche) Fehlen von Vkl nur dadurch erklärt werden, daß es (im synchronen System) durch Vxl vertreten wurde; d. h. das tektale (Archi)phonem wurde durch -x- vertreten. Deshalb kann man vor­sichtig annehmen, daß es auch in diachronischem Sinne ein älteres (frühuralisches) Vkl vertritt, d. h. daß es eine frühe Entwicklung k > x j v.:_l gegeben hatte. Nach dieser Entwicklung mußte dann allmählich ein neues Vkl (d. h. fiu. Vkt) entstehen, das durch fiu. * näki- ,sehen'. fiu. * luki- ,zählen, lesen'. * teki- ,tun· und * wäki

zweiten Silbe gab es nicht). Zur Semantik vgl. z. B. dt. gießen, das (bes. in äl­terer Sprache und umgangssprachlich) auch für ,trinken, saufen' steht; aind. juhOti steht seinerseits u. a. (vedisch) für Jemandem (Dat.) Opfertrank in den Mund (Lok.) gießen' (GRASSMANN 1669-1670). VgI. weiter schwed. hälla ,(ein)schenken, (ein)gießen' - hälla i sig ,trinken' = "in sich gießen"; lat. li­bäre ,ausgießen, spenden; kosten, genießen, nippen'. Die idg. Wurzelbedeutung ,gießen, (medial) strömen, fließen' zeigt sich bei osfi. *jo- auch noch unmit­telbar in den früh lexikalisierten Ableitungen *jo-ma > estn. joom ,Strömung, Strom" fi. juoma ,tiefste Stelle im Fluß" und *jo-pa > fi. juopa ,großer Kanal, Mündungsarm eines Flusses' (SKES 125, 126, hier noch mit Fragezeichen [na­türlich nur aus semantischen Gründen] zu fi. juo- ,trinken' gestellt; vgI. dazu die etymologisch identischen, aber durchsichtigen Bildungen fi. juoma ,Ge­tränk' und fi. juopa > juova ,trinkend" -pa > -va ist analogisch eingetreten nach lautgesetzlichem -pa> -va bei längeren Stämmen); vgI. gr. XEW ,gießen, (med.) sich ergießen, strömen" XEÜl-ta ,Guß, Strom, Trankopfer" X011, PI. xocti ,Guß, Trankopfer" npo-xocd ,Ergüsse, Mündung eines Flusses' (s. z. B. FRISK II 1090). Gleichzeitig wird die bisher dunkel gebliebene Etymologie von osfi. *jokse- ,laufen; rinnen, fließen' klar. Es ist eine alte, regelmäßige Ableitung auf -ks- (das Suffix hat frequentative Funktion, HAKULINEN 1978: 268): *jo-kse- (fi. juokse-, Inf. juosta). Von ,trinken' her wäre die Ableitung semantisch nicht zu verstehen. - Auf parallele Weise läßt sich das viel jüngere Verb, fi. ryyppää­(+- *ryyppä-tä-; Inf. heute ryypätä) ,einen Schluck nehmen, trinken, saufen, ze­chen' enträtseln: aus späturn./altschwed. *driüpa-/drypa; vgI. schwed. drypa ,tropfenweise fließen; (tr.) (eine Flüssigkeit) tropfenweise gießen'. VgI. noch se­mantisch fi. diaI. tipottele- (Inf. tipotella) ,saufen, zechen' zu fi. tippa ,Tropfen' (SKES 1308).

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Uralische Lautgeschichte und Laryngalreflexe 19

,Kraft' (JANHUNEN, SAMMALLAHTI) vertreten ist (s. unten Etym. 7: frühurfi. * koke-). - Komplementär scheint auch die Distribution vor ural. A (= ä/a; a = a bei J. und S.): VxA ist diesmal unbe­kannt, VkA ist dagegen bezeugt (s. SAMMALLAHTI S. 537, 538). Auch diese Verteilung scheint für den eben angenommenen frühen Lautwandel zu sprechen.

Als Reflex der idg. Laryngale kommt im Inlaut zunächst nun gerade dieses uralische *x für die ältesten Zeiten in Frage. Im An­laut scheint es aber nicht vorgekommen zu sein; ähnlich sind auch ural. *r, *d und *y in dieser Stellung unbekannt (JANHUNEN 1981: 250; SAMMALLAHTI 1988: 482). In dieser Stellung ist deshalb das Phonem * k das nächstliegende Substitut, auch für spätere Pe­rioden. Ein späteres * 8 wäre im Anlaut schon deshalb nicht gut denkbar, weil es in dieser Stellung in frühen Lehnwörtern oft für idg.jvorgerm.jgerm. 8- steht, wie ich in anderem Zusammenhang ausgeführt habe (s. z. B. KOIVuLEHTo 1981 b: 187 -195).

Auch im Inlaut wäre fiu. kais Laryngalreflex denkbar. In der­selben Stellung ist aber auch das (spätere) 8 zu erwarten, und für diese Vertretung finden wir denn auch mehrere Beispiele, dar­unter das schon erwähnte frühurfi. *PuBtas ,rein'. (Es sei noch daran erinnert, daß das ural. x in antekonsonantischer Stellung be­reits im Finnisch-Ugrischen geschwunden war; postkonsonantisch scheint es überhaupt nicht vorgekommen zu sein.) Vergleichbar ist, daß in den älteren germanischen Lehnwörtern des Ostseefinni­sehen das anlautende (antevokalische) germ. h- (= X-) durch osfi. k- substituiert wurde (vgl. fi. kallio ,Fels' aus germ. * xalljö > schwed. häll ,Felsplatte'), inlautend aber meistens durch h < früh­urfi. 8 (vgl. fi. pyhä ,heilig' = lp. basse id. < frühurfi. * püBä aus germ. *wiXa- id. und s. HOFSTRA 1985: 74; vgl. auch fi. mahta­,können, mögen' < *maB-ta- aus germ. *mag-/*max- ,können, ver­mögen" g ist spirantisch, X kommt vor t vor); die wenigen Fälle, die auch im Inlaut k aufweisen, können gut vorgermanische Lehn­wörter sein, deren Originale noch unverschobenes idg. k hatte.

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11. BEHANDLUNG DES MATERIALS

Allgemeine Bemerkungen

Jede Etymologie wird zuerst in komprimierter Form vorgelegt; es folgt jeweils ein Kommentar, in dem möglichst alle relevanten Faktoren zur Sprache kommen. Der Kommentarteil muß notwen­digerweise ausführlich sein, weil er sich gleichzeitig an Indogerma­nisten und Finnougristen wendet. Bei der Anführung des sprachli­chen Materials sind u. a. folgende formale Konventionen maßge­bend.

1. Die Rekonstrukte auf uralischer/finnisch-ugrischer Seite werden je nach der Verbreitung des betreffenden Wortes als "ural.", "fiu.", "fi.-perm.", "fi.-mordw.", "vorperm." (Nr. 23), "vor­tscher." (Nr.4b) oder "frühurfi." bezeichnet8 • In lautlicher Hin­sicht sind die Rekonstrukte oft identisch für sämtliche "Ebenen"; daraus folgt, daß auch ein Wort mit geringer Verbreitung theore­tisch uralt sein kann. (Ausnahmen bilden u. a. fiu. 8 und 15, die im [Ur]uralischen noch nicht nachweisbar sind, und das ural. X, s. Ein­leitung, S. 13-14).

2. Die traditionellen ural./fiu./fi.-perm. e-Stämme (z. B. ural./ fiu. * toye- bzw. * töke-) gebe ich als ural. ilj-Stämme (j = hinteres i), fiu. usw. i-Stämme an (z. B. ural. *pexi- [Nr.10], ural. *8'UX'j­[Nr. 12], fiu. *toxi- [Nr. 13]), vor allem dann, wenn ich mich aus-

8 Die Bezeichnung "frühurfi." bezieht sich sowohl auf Wörter mit ostsee­finnisch-lappischer Verbreitung als auch auf ausschließlich ostseefinnische Wörter, d. h. sie gibt in erster Linie die frühurfinnische Rekonstruktionsebene an. (Nicht jedes alte im Ostseefinnischen vorkommende Wort ist im Lappi­schen bezeugt, so hat z. B. fi. kasva- [so Etym. 4a] eine Entsprechung im Mord­winischen, aber nicht im Lappischen.) Die Bezeichnungen "vortscher." und "vorperm." deuten die ensprechend begrenzte Verbreitung an, als Rekon­struktionsebene ist aber die jeweils vorursprachliche Ebene gemeint, die mit der finnisch-wolgaischen/finnisch-permischen Ebene zusammenfällt.

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22 Behandlung des Materials

drücklich auf die Rekonstrukte von JANHUNEN oder SAMMALLAHTI beziehe, weil sie diese Schreibung eingeführt haben. (Für i plädiert jetzt auch M. KORHONEN [1988], der für ural. -i/i die Notation i [Ar­chiphonem] einführt; für e tritt aber weiterhin E. ITKONEN [1988] ein.) Für unsere Aufgabe hat diese neue Interpretation des Stamm­auslauts natürlich keine Bedeutung. Bei sonstigen Rekonstrukten wird der betreffende Stammausgang meist traditionsgemäß als e geschrieben (z. B. frühurfi. * koke- [Nr. 7]). Es gilt somit: auslau­tendes i/i = traditionelles e.

3. Die lappischen Wörter werden in norwegischlappischer Form (NIELSEN) angeführt. Falls ein Wort in dieser Mundart nicht belegt ist, wird die betreffende Form mit einem Asteriskus ver­sehen: z. B. südlp. *duokka- ,verkaufen'.

4. Die idg. Rekonstrukte werden nach dem traditionellen Klu­silsystem gegeben (d - dh - t usw.), also nicht etwa nach dem neuen System von GAMKRELIDZE und IVANov (t' - dN - tf'l). (Dies ist zu­nächst eine praktische Entscheidung - die hergebrachten Formen ermöglichen für einen Finnougristen eher den unmittelbaren An­schluß an die ältere Forschung.) Es gilt somit z. B. idg. *doh;r =

(G.-I.) idg. *t'oh3-.

5. Die idg. Laryngale werden klein geschrieben, wenn sie spezi­fiziert sind (h1, h2• h3). Sonst wird Großschreibung verwendet (H). Der Übersichtlichkeit halber wird die Spezifikation auch bei voll­zogener Umfärbung des jeweiligen benachbarten Vokals ange­geben, obwohl man für diese Phase mit einer Aufhebung der Oppo­sitionen rechnen kann.

6. Die halbvokalischen (konsonantischen) Werte idg. j., y, (die "glides") werden als y und w geschrieben (auch als zweite Bestand­teile von Diphthongen): *yehr = *j.ehr , *wes- = *y,es-; *weyH- =

*y,eiH-, *h2awks- = * h2auks-. Desgleichen steht idg. kw für klL usw. 7. Die auf idg. Seite häufig gebrauchte Formel "vertreten in"

steht für das gewohnte Winkel-Zeichen ,,>": z. B. "idg. * kwelH­e/o-, vertreten in aind. carati" = "idg. * kWeIH-elo- > aind. carati". Die Formel wurde wegen ihrer größeren Exaktheit gewählt. Das idg. Original wird nämlich oft zweckmäßig als Wortstamm (oben präsentischer Verbstamm) angeführt (doch nicht immer: vgl. z. B. idg. *puH-to-s, Nom. Sg. mask. [Nr.25]), während seine einzel­sprachlichen lautlich genauen Vertreter als konventionell festge­legte grammatische Formen - N om. Sg., eine präsentische Perso­nalform des Verbs (oben 3. P. Sg. Akt.) - angeführt werden.

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Allgemeine Bemerkungen 23

8. Die Behandlung des Materials erfolgt innerhalb der vier Gruppen (1. -4.) in alphabetischer Reihenfolge, die durch die Re­k 0 n s t r u k t e der uralischen Seite bestimmt ist.

A. Substitution im Anlaut

1. Fi.-perm.jfrühurfi. (ural.) k als Substitut des idg. Laryngals im Anlaut eines Lehnworts.

Ein Reflex des idg. Laryngals im Anlaut ist zunächst nur in idg. antevokalischer Stellung zu erwarten. Das UralischejFinnisch­UgrischejUrfinnische kennt nämlich keine anlautenden Konso­nantenverbindungen, und die fremden Verbindungen werden bei der Entlehnung dadurch erleichtert, daß normalerweise nur der letzte Konsonant "beibehalten'", d. h. durch das entsprechende ei­gene Phonem substituiert wird. Eine Ausnahme bilden die fremden anlautenden Konsonantenverbindungen vom Typus Cw-. Bei ihnen kann der fremde Halbvokal w in Entlehnungen vokalisch wiederge­geben werden, so daß der anlautende Konsonant mit substituiert werden kann.

Alle Etymologien stammen von mir9•

1. Fi. (dial.) kusa ,hervorstehende Spitze, Ecke', bes. kirveen (Gen. von kirves ,Axt, Beil') kasa ,die untere (spitzigere) Ecke an der Schneide des Beils' (gemeinosfi., mit der gleichen Semantik; je­doch nicht im Nordestnischen, Livischen) = lp. gatte ,Ende, Spitze' (= ? ung. hegy ,Berg, Spitze') (SKES 167; REDEI, UEW I HO)

< frühurfi. (fiu.??) *kaca (UEW I HO) aus: idg. *h2ak-o- bzw. *h2ak-ä oder *h2ak-yä (-ä = -ah2), oder

auch aus einem idg. n-Stamm; zur Wurzel idg. * h2ak- « * h2ek-) (= tradit. *ak-) ,scharf, spitz' (MAYRHOFER, EWAia I 137); dem 0-

Stamm entspricht schwed. ag (m.) ,Sumpfgras, Cladium mariscus; Schneide", mhd. ag ,Barsch", dem ä-Stamm gr. aKT] ,Spitze', dem yä-Stamm germ. * agjo > ahd. ekka ,Spitze, Schwertschneide' =

9 Mehrere von ihnen (Nr. 1, 3, 4, 5, 7) habe ich bereits in komprimierter Form in einem Vortrag vor der Finnisch-Ugrischen Gesellschaft in Helsinki am 20.9.1985 vorgelegt (vgl. KOIVULEHTO 1986b: 171-172, 176-177). Die Etymologien Nr. 2 und 6 wurden in KOIVULEHTO 1988b kurz angeführt.

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24 Behandlung des Materials

nhd. Ecke usw., dem n-Stamm (idg. * hzak-e/on-) gr. &KCOV, -OVtO~ (ält. *-ovo~) ,Wurfspieß' (IEW 18-20).

Auf beiden Seiten handelt es sich um wohlbekannte Etymolo­gien. Fi., osfi. -s- = lp. -cc- (starke Stufe) entspricht dem fiu./früh­urfi. -c- (palatale Affrikata). Die Zugehörigkeit des ung. Wortes ist umstritten gewesen, offenbar ist es auszuschließen (vgl. UEW I 110: Fragezeichen; SAMMALLAHTI [1988] führt die Gleichung nicht auf). In der ersten Silbe des lappischen Wortes ist der Vokal vor dem Palatalkonsonanten palatalisiert worden (a), dasselbe Phä­nomen ist u. a. im arischen Lehnwort lp. vaccer ,Hammer' = fi. va­sara id. bekannt (vgl. aind. vajra- ,Donnerkeil' < ar. *vazra- bzw. *vad'zra-).

Die Wiedergabe des idg. palatalen k (bzw. seiner palatalen Kon­tinuanten) durch fiu./frühurfi. c oder .9 ist durch mehrere bekannte Etymologien gesichert: vgl. etwa fi. porsus ,Ferkel' = fiu. *porcus - idg. *porkos = lat. porcus, lit. pafsus, ae. jearh. AULIS J. JOK! hat bereits (1959: 52) die Ansicht verteidigt, daß nicht nur die spä­teren satemisierten arischen Kontinuanten des idg. k, sondern auch bereits das idg. k selbst durch fiu. c hat substituiert werden können. Ich habe später (KmvuLEHTO 1983a, 1983b) diese Substi­tution weiter begründet und durch mehrere neue Etymologien er­härtet: Es handelt sich um Wörter wie fi. porsus, die in lautlicher Hinsicht der idg. Rekonstruktionsebene entsprechen, deren Ver­breitung aber nahelegt, sie nicht aus einer vorarischen Sprachform abzuleiten. Fi. kusa < * kaca kann jetzt zu diesen Beispielen hinzu­gefügt werden. Frühurfi. -c- mag hier aber auch die Verbindung idg./vorgerm. -ky- (= -ki-) reflektieren, die dem späteren germ. -gj- (Stimmhaftigkeit durch Verners Gesetz) in germ. * agjö = dt. Ecke entspricht. Diese Verbindung mußte ja zwangsläufig durch frühurfi. -c- substituiert werden 10, denn es gab keine Verbindung

10 Man könnte f"Ur -k:y- vielleicht auch die Geminata -cc- erwarten, wie auch germ. -'lJ- (T = dentaler Klusil oder Spirant) frühurfi. -cc- ergeben hat (vielleicht aber erst sekundär aus älterem *-lj-). Jedoch muß man bedenken, daß die Geminata erst sekundär entstanden ist (anscheinend gerade in germ. und balt. Lehnwörtern). In den ältesten Entlehnungen scheint auch das fremde -Ty- durch einfache Affrikata wiedergegeben worden zu sein: vgl. fi. kysy­,fragen, bitten' = lp. gacca- ,fragen; fordern' (auch im Mordw.) < fi.-mordw. *küce-/*kü8e- - vorgerm. *gWhedh_ye/o_ > germ. *beiJja- ,bitten' (die germ. Ety­mologie stammt von E. SEEBOLD 1980: 479-(82).

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A. Substitution im Anlaut 25

wie frühurfi. -cj- (aus leicht verständlichen Gründen). Eine erst ger­manische Entlehnung aus demselben Wort ist fi. (dial.) aaja ,Rand, Kante" karel. agja ,Ende, Rand' usw. < urfi. *akja (SKES 1).

In der betr. idg. Wurzel wird allgemein ein anlautender La­ryngal angesetzt, und zwar natürlich hz- (im Hethitischen erscheint lJ,-, s. MAYRHOFER 1986: 132; vgl. LrNDEMAN 1987: 37, 57). Nach der gängigen Theorie geht * hza- auf älteres *hze- zurück, d. h. der anlautende Laryngal hz- hat eine Färbung des anzunehmenden äl­teren e zu a bewirkt (s. MAYRHOFER 1986: 132); später ist der La­ryngal geschwunden, außer im Anatolischen. Unser Beispiel spie­gelt die Stufe wider, auf der die Färbung des e zu a bereits ge­schehen, aber der Laryngal noch nicht geschwunden war (s. MAYRHOFER 1986: 132; LINDEMAN 1987: 36, 116). Die Umfärbung bei den Laryngalen hz- und ha- zeigt sich auch in den meisten an­deren vergleichbaren Beispielen (Ausnahme: Nr. 9).

Die Wiedergabe des idg. 0 der zweiten Silbe (idg. * hzako-) durch fiu. a/ä ist normal: Ursprünglich lauteten die fiu. Grundstämme nur auf -a, -ä oder -e aus (-e ist bei JANHUNENjSAMMALLAHTI =

fiu. -i = ural. -ilj). Auch die femininen idg. Wortausgänge taugen als Originale. Entweder war der Laryngal im Wortauslaut bereits verstummt oder wurde so schwach artikuliert, daß er keine Substi­tution fand. Dazu kommt noch, daß ein fiu. Stamm auf -ak bzw. -0,8

recht ungewöhnlich, geradezu unmöglich gewesen wäre. Auch ein idg. n-Stamm taugt als Original: s. näher Etym. Nr. 5 (fi. kesä ,Sommer').

Semantisch braucht die Zusammenstellung keine Erläuterung. Erwähnt sei aber noch, daß die betreffende idg. Wortsippe um idg. * hzak- auch in anderen, jüngeren Lehnwörtern vertreten ist: Oben wurde bereits fi. aaja ,Kahte' genannt, weitere Beispiele sind fi. akana ,Granne, Achei' aus germ. * aganä > * aganä (= an. pgn ,Spreu" SKES 13) und offenbar auch fi. ohra ,Gerste' < frühurfi. * ostra/*ostra aus balt. * o,8tra- ,scharf, spitz' = idg. * hzak-ro­(KOIVULEHTO 1979b: 67-71); balt. a wird auch durch osfi. 0 er­setzt.

2. Fi. kaUis, Gen. kalliin ,teuer, kostbar; lieb" estn. kallis, Gen. kalli id. (gemeinosfi., mit der gleichen Semantik; vgl. noch z. B. estn. kaUiks-pidaja ,Liebhaber, Courmacher" kallitama ,liebkosen" kallistus ,Kostbarkeit; Liebkosung" SKES 150; WIEDEMANN 194)

< frUhurfi. * kallis (? < * katiis/*kaljis)

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26 Behandlung des Materials

aus: idg./vorgerm. *h2al-ye/o-(s) > germ. *alja-, substantiviert vertreten in an. elja ,Nebenfrau, Konkubine', ahd. ella, gi-ella id., ello (m.) ,Nebenbuhler' (DE VRIES 100); zum idg. Wurzelanschluß vgl. (1) an. ala ,zeugen; ernähren, füttern; beköstigen, bewirten' (BAETKE 15), nnorw. elja ,Vieh großziehen' « *aljan), an. elskr ,herzlich zugetan, von Liebe erfüllt' « *aliska-), elska ,lieben': idg. Wurzel (tradit.) *al- (= *h2al- < *h2el-) ,nähren', vgl. lat. alö ,nähre' usw. (IEW 26; FALK - TORP 188; TORP 88); vgl. aber auch (2) aind. arya- ,gastlicher Herr; (Adj.) gütig, hold; treu, ergeben" arya-man- (m.) ,Gastfreund, Busenfreund', zu aind. ari- ,Fremder, Gast' und somit offenbar zu idg. * h2al- « * h2el-) ,anders, fremd' (vgl. lat. alius, got. aljis ,anderer') (GRAssMANN 115; lEW 24; MAYRHOFER, KEWA I 49, 52, EWAia I 107, 111-112, 174-175).

Das nur im Ostseefinnischen bezeugte Adjektiv ohne weitere ei­gensprachliche Erklärung ist in zweifacher struktureller Hinsicht der Entlehnung verdächtig. (1) Es hat die Geminata -ll-, die in keinem älteren fiu. Wort vorkommt; Geminaten gab es im Fin­nisch-Ugrischen nur bei Klusilen (später auch bei c; theoretisch könnte -ll- auch aus -ln- entstanden sein, aber auch -ln- in einem Grundwort könnte nur entlehnt sein). (2) Es hat den Ausgang -is: Die meisten der Nomina auf -is sind bereits als Lehnwörter nach­gewiesen worden (von Deverbativa auf -lis abgesehen, s. HOFSTRA 1985: 256-287). In semantischer Hinsicht sei noch daran erin­nert, daß auch die übrigen fi. Grundadjektiva im Sinnbezirk von ,lieb, teuer' Lehnwörter sind: fi. armas aus germ. *armaz > dt. arm; fi. rakas (Gen. rakkaan) ,lieb; (dial.) begierig' aus germ. *frakaz > ags. frmc ,gierig', mnd. vrak id. usw. (KOIVULEHTO 1974: 123); fi. (dial., bzw. veraltet) tiuris. tyyris ,teuer' aus germ. *diuriz > dt. teuer. Wegen des offenkundigen Lehnwortcharakters hat T. HOF­STRA (1985: 281-282) bereits einen Versuch zur Enträtselung von kallis unternommen 11.

11 HOFSTRA schlägt mit Vorbehalt ein germ. *Xall- ,trocken' als Original vor: Die osfi. Bedeutung ,teuer' könnte aus germ. ,trocken' etwa in einer ähnli­chen Konnexion entstanden sein, wie sie in an. hall-ren ,schlechtes Jahr, Miß­ernte, Teuerung, Hungersnot' (eigtl. ,trockenes Jahr') vorliege, da ja Trocken­heit und Dürre zur Mißernte und dadurch zur Teuerung fUhrt. Der vorsichtig formulierte Vorschlag zeugt gewiß von Einfallsreichtum und ist als Lösungs­versuch berechtigt, aber es ist trotzdem schwer, sich vorzustellen, daß die Ur-

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A. Substitution im Anlaut 27

Das semantische Verhältnis (osfi.) ,teuer; lieb' germ. ,Neben-frau, Konkubine' hat eine Parallele in der bekannten Gleichung lat. cärus, cära ,lieb; teuer' = germ. *höra-, *hörö, wozu substanti­viert got. hors ,Ehebrecher" ahd. huora ,Hure' usw. (auch dieses Wort wurde - ziemlich spät - ins Finnische übernommen: fi. huora ,Hure'). Schon früher ist an. elskr ,von Liebe erfüllt' und elska ,lieben' mit an. ala ,nähren, bewirten" idg. *al- verbunden worden: ,lieben' ist gleich ,ernähren, füttern, bewirten'. Ein liebendes Ver­halten zu einem Tier oder zu einer Person äußert sich als ernäh­rende, bewirtende Betreuung des/der Geliebten (vgl. ält. dän. elske paa dyr ,Tiere aufziehen, mästen" norw. dial. elja id., FALK - ToRP I 188; TORP 88; IEW 26). Germ. *aljön- > an. elja ,Nebenfrau, Kon­kubine' usw. läßt sich somit als (urspr.) ,Geliebte, zu Ernährende, zu Unterhaltende' ebenfalls zur Wurzel ,nähren' stellen. Diese Deutung ist m. W. neu, sie läßt sich aber noch zusätzlich durch das aus demselben germ. Wort später entlehnte fi. (dial.) aljo unter­stützen. Fi. aljo (auch alju) bedeutet einerseits ,zu Hause gefüt­tertes und dadurch zahm gewordenes Tier; zahm" andererseits ,Konkubine, Nebenfrau, Hure'. Für die erste Bedeutung hat man früher ein anderes germ. Original angenommen, germ. * alwa- ,ge­füttert' (vgl. got. aljan ,mästen" stiur sa alida ,Zuchtkalb'), aber dazu gibt es keinen Anlaß. Die Bedeutungen sind nah verwandt und gehen in Mundarten ineinander über. Das Wörterbuch der fin­nischen Mundarten (SMS I 280-281) führt denn auch nur ein Lemma aljo auf. Zum Vergleich kann die fi. Zusammensetzung leipä-susi ,Konkubine, Geliebte' dienen: wörtlich bedeutet das Wort nämlich ,Brot-Wolf'12.

Die Bedeutung ,teuer, kostbar' muß sich aus ,lieb, geliebt' ent­wickelt haben, ähnlich wie bei lat. cärus. (Die Bedeutung ,lieb, ge­liebt' ist im Ostseefinnischen weit verbreitet, obwohl sie im heu­tigen Schriftfinnisch minder geläufig ist.)

finnen in einem derart speziellen germ. Kontext ihr zentrales Adjektiv für ,carus' entlehnt hätten, aus einem Adjektiv, das immerhin - auch in diesem Kontext - im Germanischen ,trocken, dürr' bedeutete. Man möchte sich des­halb nach einer semantisch natürlicheren Erklärung umsehen.

12 Man hat an. elja ,Kebsfrau' usw. auch noch mit an. eljan ,Kraft" got. aljan ,Eifer', ahd. ellen ,Eifer, Mut, Tapferkeit' usw. verbunden. ,Kraft' können wir aber weiter auf ,nähren' zuruckIlihren: vgl. besonders an. elna ,stärker werden, wachsen' « *a/janän), formell identisch mit got. aljanon ,eifern" ae. elnian ,wetteifern, stärken'.

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28 Behandlung des Materials

Traditionell hat man an. elja ,Kebsweib' usw. mit got. alji8, lat. aliU8 verbunden: ,die andere Frau' (DE VRIES 100). Eine solche Mo­tivbedeutung mutet jedoch recht modern an. Wenn wir aber die osfi. Bedeutung mitberücksichtigen, finden wir eine einfachere Er­klärung für den semantischen Zusammenhang. Semantisch stimmt das osfi. Wort ja weitgehend auch mit aind. arya- ,gastlicher Herr' überein, besonders, wenn wir die in einschlägigen Wörterbüchern angegebenen adjektivischen Verwendungsweisen in Rechnung ziehen (GRASSMANN 115: ,gütig, hold; treu, ergeben, fromm" Mo­NIER-WILLIAMS 93: ,kind, favourable; attached to, true, devoted, dear', arya-man- ,a bosom friend'). Aind. arya- gehört zu aind. ari­,Fremder, Gast" das wiederum wohl nicht von idg. *hzal- « *hzel-) zu trennen ist (vgl. EW Aia I 107, 111-112, 174-175; lEW 24; an­ders PUHVEL I 120). Das germ. Wort könnte also mit dem aind. Wort (beinahe) formell identisch sein, eine parallele Bildung mit ähnlicher Semantik. Die Herleitung des osfi. kallis aus einem vor­germ. * hzal-yo- ist somit auch dann möglich, wenn dem germ. Wort die letztgenannte Wurzel * h2al- ,fremd' tatsächlich - nach tradi­tioneller Etymologie - zugrunde liegen sollte.

Zum Lautlichen sind noch einige Bemerkungen zu machen. Osfi. -ll- für vorgerm. *-ly- (d. h. *-lj-) hat eine Parallele in fi. 8alli­,zulassen, erlauben' aus germ. *8alja- (> an. 8elja ,übergeben, ver­kaufen'; idg. Wurzel *8el-, IEW 899) (SKES 956); osfi. -is für vor­germ. -elo(8) vergleicht sich etwa mit fi. kauris ,Ziegenbock' < * kapris aus germ. * xaoraz / idg. * kapro8 (> an. hafr id.) (SKES 174).

Die Zusammenstellung setzt natürlich voraus, daß die betref­fende idg. Wurzel mit Laryngal (hz-J angelautet hat. Nach der Theorie ist der Laryngal bei außeranatolischen Wurzeln dieses Typs (tradit. aC-) aus distributionellen Gründen zu erwarten (MAYRHOFER 1986: 134), und in EWAia (I 107) setzt MAYRHOFER denn auch. h2- für ,anders, fremd' an (,nähren' im Indoarischen ist sehr zweifelhaft, s. KEWA I 33; EWAia I 70). Das unmittelbare Zeugnis des Anatolischen bleibt diesmal aus, weil die betreffenden Wurzeln offenbar nur außeranatolisch bezeugt sind. - Nach der "strengen" Laryngaltheorie gab es überhaupt keine vokalisch an­lautenden idg. Wurzeln.

3. Fi. kaski, Gen. kasken ,Schwende' = ,in Asche bestellter Brandacker, durch Abbrennen urbar gemachter Wald" auch ,abge-

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A. Substitution im Anlaut 29

hauener, abgetrockneter Wald vor dem Abbrennen'; (dial.) ,junger Laubwald; junge Birke" kare!. kaSki, kaski, lüd. kask, weps. kask ,Schwende (vor dem Abbrennen)', wot. kahtSi, estn. kask ,Birke' (SKES 168; KKS II 85; KUJOLA 112; ZAJCEVA - MULLONEN 183)

< frühurfi. * kaske (bzw. * kaske) aus: einer idg.jvorgerm. Nominalbildung zu idg. *hzazg(")-, zu­

nächst vertreten in germ. * askön- (= idg. * hzazg-) > an. aska, ahd. aska usw. ,Asche' und in got. azgo id. (= idg. * hzazg"-); vgl. arm. aciun id. (s. Anm. 13); die idg. Wurzel ist * hzas- < * hzes- (= tradit. *as-) ,brennen, austrocknen' (EWAia I 183), wozu auch aind. asa­(m.) ,Asche, Staub" lat. ara ,Altar" areö ,bin trocken, ausgedörrt" area ,freier Platz, Tenne' (eig. * ,ausgebrannte trockene Stelle'), ardeö ,brenne" germ. *asjön- ,Esse" heth. lJ,aSsa- ,Herd' gehören (lEW 68-69; MAYRHOFER, EWAia I 182-183).

Die Finnougrier haben Landwirtschaft und Ackerbau durch die Vermittlung der indogermanischen Völker kennengelernt, was auch durch Lehnwörter bewiesen wird: fi. jyvä ,Korn' « *j'iiwä < *jewä) aus idg. *yewo- > lit. javas ,Getreideart" aind. yava-l,t ,Ge­treide, Korn'; fi. puhdas ,rein' (urspr. von gereinigtem Korn, s. unten Etym. Nr. 25); fi. pohta- ,Getreide durch Schwingen reinigen' (s. unten Etym. Nr.24). Baltische Lehnwörter sind etwa fi. ohra ,Gerste' und siemen ,Same" germanischen Ursprungs sind u. a. fi. aura < * atra ,Pflug" multa ,Ackerkrume" pelto ,Feld" tade(h) ,Dünger' (vgl. an. ta6 id.), vannas ,Pflugschar" kaura < * kakra ,Hafer" ruis ,Roggen" um nur einige Beispiele zu nennen.

Mit den primitiven Werkzeugen der ältesten Zeit konnte man noch keine beständigen Äcker roden und instandhalten, dazu war der Boden zu hart. Anbaufähiges Land wurde nur durch Ab­brennen von Wald gewonnen: Gesät wurde auf die Brandfläche, in die mit Erde vermengte Asche. Nachdem der Erde ihre Kraft ge­nommen war - nach ein oder zwei Ernten -, wurde die Fläche wieder der Bewaldung überlassen; zuerst wuchsen dann Laub­bäume, vor allem Birken. Diese Wirtschaftsform hat man in Finn­land z. T. noch im vorigen Jahrhundert gekannt.

Die Schwendwirtschaft müssen die Urfinnen von ihren indoger­manischen Nachbarn übernommen haben. Bereits vor diesem Hin­tergrund wäre der Terminus technicus kaski ein potentielles Lehn­wort: Es handelt sich um ein Grundwort ohne innersprachliche Erklärung, das außerdem nur im Ostseefinnischen bezeugt ist.

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30 Behandlung des Materials

Die idg. Sequenz -zg(")- (phonematisch -sgf'}-) ist durch frühurfi. -8k- ersetzt worden, oder vielleicht durch -sk-, das ebenfalls ein spä­teres osfi. -sk- ergibt, wie in dem bereits bekannten uralten Lehn­wort ural. *moske- (= *moskj-) ,waschen' aus idg. *mozg- (s. z. B. REDEI 1986: 40).

Der idg. Laryngal ist hier durch das Hethitische bezeugt (LIN­DEMAN 1987: 44; GAMKRELIDZE - IVANov 1984: I 158; EWAia I 182). Der darauf folgende Vokal zeigt bereis die vollzogene a-Fär­bung durch h2-: *h2e8-g(")- > *h2as-gf')_13. Der idg. Stammauslaut des Originals kann natürlich nicht mit Sicherheit ermittelt werden; die germ. Form entspricht einem schwachen Fem. auf -on-. Der idg. Auslaut hat jedoch für die Etymologie keine Rele­vanz, denn es ist eine bekannte Erscheinung, daß osfi., fiu. e­Stämme (wie hier) auch idg. o/ä (usw.)-Stämmen entsprechen (s. etwa KmvuLEHTo 1983a: 147).

Nun zur Semantik. Es ist durchaus verständlich, daß eine Schwende nach ihrer Entstehung durch Brand benannt wird. Fi.

13 Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Nominalbildung Asche ur­sprünglich die o-Stufe (o-Abtönung) der Wurzel gehabt hat. Es sei mit Vorbe­halt auf ural. * koskj ,trockene Stelle" * koskj- ,trocknen, trocken sein' (bei JAN­HUNEN 1981: 235, 273) hingewiesen, das also auf idg. * h2ozg- (> * h2azg-) zu­rückgehen könnte und somit eine ältere Entlehnung wäre als das frühurfi. Wort mit a. Der Wandel ohzo > ah2a wird aber nicht allgemein angenommen (MAYRHOFER 1986: 135). Einige lehnen den Wandel schon deshalb ab, weil sie eine entsprechend frühe o-Stufe überhaupt nicht annehmen (LINDEMAN 1982: 30; NORMIER 1977: 181), andere nehmen die frühe o-Stufe zwar an, sind aber der Ansicht, daß 0 bei h2 erhalten blieb und nur ehze zu ahza wurde (BEEKEs 1988: 60; PETERS 1980: 1-2). Für den Wandel treten wiederum z. B. C. J. RUIJGH (1971: 190-194) und E. P. HAMP (1978) ein. Zu vermitteln versucht KORTLANDT (1980), dem RUIJGH später (1982: 207) zustimmt. Wenn nun in A8che ein ursprüngliches 0 vorlag, dann bieten sich für das osfi. -a- in fi. kaski folgende alternative Erklärungen: (1) Wir nehmen tatsächlich die Umfärbung h20 > h2a an (nach RUIJGH 1971 und HAMP 1978 und entgegen KORTLANDT 1980 und RUIJGH 1982); (2) die bekannte Entwicklung idg. 0 > germ. a ist älter als der Schwund des anlautenden Laryngals (unwahrscheinlich?); (3) die älteste frühurfi. Form lautete nicht * kaske, sondern * koska: Eine Entwicklung *ko8ka> *kaske ließe sich zur Not annehmen anhand von solchen bekannten Fällen wie fi. kansi ,Deckel' (Stamm kante-) < frühurfi. * komta, fi. 8almi (Stamm 8alme-) ,enge Wasserstraße' < frühurfi. *solma, fi. 8arvi (Stamm sarve-) ,Horn' < frühurfi. *.§orwa (die frühurfi. Formen werden hier durch lappische Evidenz vorausgesetzt). - Arm. aciun scheint nicht ein urs pr. e, sondern viel­mehr ein 0 oder die Schwundstufe zu reflektieren (vgl. KORTLANDT 1980: 128; BEEKES 1988: 76; GREPPIN 1988: 184-186).

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A. Substitution im Anlaut 31

palo ,Brand" (zu pala- ,[intr.] brennen") heißt ebenfalls ,Schwende", diese Bedeutung hat das entsprechende Wort auch im Karelischen und Wepsischen. Dt. Brand wird im DWb (II 295) u. a. als "novale, ubi silva eradicata et ligna inutilia combusta sunt, neubruch, schwende, die stelle, wo im wald gereutet und gebrannt worden ist"" erklärt. Hinsichtlich des semantischen Verhältnisses ,Brand" - ,Asche" im Bereich der Schwendwirtschaft sei schließlich noch hingewiesen auf russ. poi6g ,Brandstiftung; Ab-, Ausbrennen; Ro­deland; Feldfeuer; Feuerstätte, Aschenhaufen" (nach PAWLOWSKY

1133) zu russ. ieCb ,brennen (trans.)" und auf russ. zola ,Asche" -podz6l ,ausgelaugte Asche, Boden nach einem ausgebrannten Walde" (V ASMER I 460)14.

Die südosfi. Bedeutung ,Birke", der der südwestfi. dial. Ge­brauch ,junger Laubwald; junge Birke" nahekommt, erklärt sich als eine sekundäre Entwicklung: Auf einer alten Brandstelle wachsen vorzugsweise Birken. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich auch bei frühurfi. * 8ukta- = fi. huhta ,Schwende", dessen Entsprechung im Mordwinischen ,Baum, Holz" bedeutet (s. unten). (Ein permi­sches Wort für ,Birke', das früher mit fi. kaski verbunden wurde, gehört nicht hierher: lautlich unmöglich, die Zusammenstellung er­scheint auch nicht mehr bei E. ITKONEN 1953/54). Die semantische Entwicklung ,Brandstelle' > ,junger Laubwald' > ,Birke' war des­halb so leicht, weil das osfi. Wort als Lehnwort semantisch-mor­phologisch unmotiviert war. Doch kann auch bei semantisch durchsichtiger Motivierung eine ähnliche Verschiebung statt­finden: vgl. estn. palu, (dial.) palo ,Heide, sandiger Tannenwald, trockene mit Gebüsch bewachsene Fläche' (WIEDEMANN 762) = fi.

14 Wegen der Wurzelbedeutung von *hzazgfhl- ist es möglich - wenn auch nicht nötig -, daß die Bedeutung ,Asche' des germ. Wortes auf früheres ,Brand' = ,ausgebrannte Stelle' zurückgeht. Hierauf deutet auch das spätere, germ. Lehnwort fi. a(a)hku (aus germ. *askän-), das ,Aschenklumpen', aber auch ,glühende Kohlen, Glut; Kohle und Asche von verbranntem Holz' be­deutet (SKES 61; SKES [v. J. 1955] bezweifelt noch die germ. Herkunft); auf ,Glut' weist ferner fi. dial. a(a)hku ,Begierde, Eifer, Passion' hin, denn es ist wohl ursprünglich identisch mit dem ersteren (so auch SKES). In die gleiche Richtung weist noch fi. tuhka ,Asche" denn es ist offenbar früh aus einem germ. * tuska- bzw. * tuska entlehnt worden, das sich als nominales Grundwort für ahd. zuscen ,exurere, oburere" bi-zuscen ,exurere, perurere, adurere, ambu­rere' (GRAFF V 712) ansetzen läßt (s. bereits TOIVONEN 1916/20: 28-29). In alten ger man i s c h e n Lehnwörtern wurde also germ. -sk- durch (früh)urfi. -sk- (> späturfi. -hk-) substituiert.

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32 Behandlung des Materials

palo ,Brand; Schwende' zu pala- ,brennen (intr.)'. - Der alte Name der Birke ist dagegen fi. koivu, ein Wort uralischer Provenienz (JANHUNEN 1981: 241).

Das andere alte und undurchsichtige Wort für ,Schwende" fi. huhta < frühurfi. * mkta (= mordw. tSuvto, mftii ,Baum, Holz'), das heute vorzugsweise eine fern gelegene, im Nadelwald gebrannte Schwende bezeichnet, kann auf dieselbe Weise erklärt werden. Auf idg. Seite haben wir diesmal die Verbwurzel idg. * kewk-: aind. 80-cati ,leuchtet, glüht, brennt; trauert, leidet heftigen Schmerz" av. saok- (Part. Präs. saocint-) ,brennen, flammen" aind. 80ka- ,Glut, Flamme, Schmerz, Trauer' usw. (IEW 597; KEWA III 377-378). Das Part. Perf. dazu ist idg. * kuk-to- = av. (upa-}suxta- ,ange­zündet' (IEW 597; BARTHOLOMAE 1549). Die urbaltische Entspre­chung dieses Partizips wäre balt. * mkta-, das sich wiederum be­stens als Original für fi.-mordw. *sukta eignet. Man kann diese frühurfi.-idg. Übereinstimmung wohl kaum für einen Zufall er­klären - in Anbetracht von kaski und der anderen zahlreichen Lehnwörtern im Bereich der Landwirtschaft. Auf Entlehnung deutet auch die mordwinische Form mit -u- (E tSuvto, tSufto, M mftii), denn bei einem Wort älterer fiu. Provenienz wäre osfi. u =

mordw. ° zu erwarten: vgl. fi. muna = mordw. mona ,Ei'. Von einem * mkta- gibt es zwar im Baltischen heute keine Spur, aber z. B. auch fi. aisa ,Deichsel' < * ajsa wird aufgrund von lautlichen Kriterien aus dem Baltischen hergeleitet, obwohl das entspre­chende Wort dort heute unbekannt ist (s. Anm. 54). Arische Her­kunft ist bei fi. huhta < * sukta deshalb problematisch, weil es ja s­als Substitut der Kontinuante des idg. k- aufweist (die bekannten arischen Lehnwörter weisen fiu. 8 bzw. c als Substitut auf).

In der archäologischen Chronologie paßt die Entlehnung von kaski in die Periode der indogermanischen Streitaxtkultur, die im südwestlichen Finnland zwischen 2500 und 2000 v. Chr. datiert wird (s. auch Etym. Nr. 5: fi. kesä ,Sommer').

4 a. Fi. kasva- (Inf. kasvaa) ,wachsen, zunehmen, sich ver­mehren' (gemeinosfi., mit der gleichen Semantik) = mordw. (Ersa) kaso-, (Mokscha) kasa- ,wachsen, zunehmen' (SKES 169)

< fi.-mordw. * kaswa- (REDEI, UEW I 129) metathetisch (-ws- > -sw-) aus: idg. *hzawks-elo-, vertreten in

gr. OGö~(O ,mehre; wachse" (Med.) OGö~O!!OGL ,wachse" toch. B auks-, A oks- ,wachsen'; AbI. lit. aukstas ,hoch'; idg. * hzawks- (= tradit.

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A Substitution im Anlaut 33

*a'Uk8-) = *hfIl.wg-s- ist eine s-Erweiterung zu idg. *hp,wg- « *~wg-) ,vermehren., zunehmen' in lit. Q:ugti, Q:ugu ,wachsen" got. aukan ,sich mehren" lat. augeö ,vermehre'; daneben (ablautend, Zustand 11) idg. *hzweg-s-j*hzwog-s- in gr. at~ro ,vermehre' / germ. *waxsa- > ahd. wahsan usw. ,wachsen' und schwundstufIg idg. *hzug-s- in aind. u~ati ,wächst' (lEW 84ff.; FRISK I 188; ScHULZE - SIEG - SIEGLING 1931: 362,426; VAN WINDEKENS 1976: 32; MAYRHOFER, KEWA 198).

Aus demselben idg. Verb, aber mit einer anderen lautlichen Anpassung auch:

4 b. Tscher. (west- und osttscher.) kuSka- ,wachsen' (SKES 169; UEW I 129): s. den Kommentar.

Die idg. Wurzel gehört zu den meistzitierten Beispielen für La­ryngal h2- (CHANTRAINE 141; lANDEMAN 1987: 77; MAYRHOFER 1986: 108; HOFDHAUGEN 1968: 123)15. Auf der ural. Seite muß die lautliche Adaptation erläutert werden.

Fi.-mordw. * kaswa- und das gleichbedeutende tscheremissische Verb können nach normalen fIu. Lautentsprechungen nicht mit­einander verbunden werden: fi.-mordw. -8W- kann einem tscher. -sk· nicht entsprechen. Die ältere Forschung hat sie jedoch mit Vorbehalt als zusammengehörig betrachtet (Fragezeichen in SKES von Y. H. TOIVONEN, Bedenken in UEW), aber bereits E. ITKONEN 1953/54 führt die Zusammenstellung nicht mehr an. Das Problem löst sich, wenn idg. *h2awk8-elo- ,wachsen' zugrunde gelegt wird.

Wenn idg. * h2awks-elo- ohne phonotaktische Erleichterung ins Finnisch-Mordwinische übernommen worden wäre, wäre ein * * kawk8a- entstanden, das eine unmögliche Dreikonsonantense­quenz enthalten hätte (-w- gehört zur inlautenden Konsonanten­verbindung -wk8-, strukturell gab es noch keine Diphthonge); auch

15 Nach MARTIN PETERS (1980: 5-73) hat (nicht nur idg. * He/owC·, son­dern auch) idg. * HuC- im Griechischen lautgesetzlich * VuC- ergeben, und zum Beweismaterial zählt er auch gr. au~O), das er somit auf schwundstufiges idg. *hzugs- zurückführt und mit aind. itki}ati ,wächst' gleichsetzt (PETERB 1980: 15). Nach der Meinung von BEEKES (1988: 71) ist die besagte Entwicklung jedoch nicht bewiesen worden (s. auch Krat 26, 1981-1982, S. 106ff.), sie wird auch von RUIJGH (1988: (49) abgelehnt. Auch wenn man Peters' Erklärung akzep­tieren würde, bleibt hochstufiges idg. * h~wg-s- = * h~wks- immer noch (auch nach PETERB) bezeugt in toch. (B) auks-, (A) oks- ,wachsen', lat. aurilium und auch in lit. aukStas ,hoch', das ja eine -to-Bildung zu dem idg. Verb ist.

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34 Behandlung des Materials

heute gibt es noch keine Wörter mit entsprechender Struktur im Finnischen: **kauksa- usw. kommt nicht vor. Die Verbindung mußte also erleichtert werden.

Bei Erleichterung kann theoretisch eigentlich nur der Halb­vokal -w- oder der Klusil -k- verlorengehen, der Sibilant mußte bleiben (ein **kawka- ohne -s- wäre akustisch zu weit vom Original entfernt; außerdem gab es in der Sprache bereits ein fiu. * kawka ,lang", UEW I 13216). Im Finnisch-Mordwinischen ist der Klusil -k­geschwunden; der Schwund kann als Erleichterung der Verbin­dung -ks- interpretiert werden. Die Erleichterung ist bekannt: Sie geschah und - prozessual betrachtet - geschieht noch heute au­tomatisch in innersprachlichen morphologischen Prozessen, die sonst zu einer unmöglichen Dreikonsonanten-Verbindung führen würden: vgl. fi. uksi ,Tür' - Partitiv usta ~ *uks-ta, fi. juoksen ,ich laufe' - juossut ,gelaufen' < *jösnut ~ *jöks-nut.

Mit dieser Erleichterung würde man ein * kawsa- erwarten. Es ist möglich, daß diese Form auch vorübergehend existierte, aber auf die Dauer (und für die Mehrheit der Sprachteilhaber) war sie nicht normal. Eine Verbindung -ws- kann nämlich weder für das Frühurfinnische noch für eine noch ältere fiu. Sprachstufe ange­setzt werden, sie ist unbekannt (KOIVULEHTO 1986 b: 170, 176). Auch mehrere andere -wG-Verbindungen fehlten, unter ihnen etwa -WT- und -wj- (noch heute ist -Vuj- im Finnischen unakzeptabel). In alten Lehnwörtern, die diese fehlenden Verbindungen (wegen ihrer Originale) voraussetzen würden, erscheinen sie metathetisch umgestellt: -WT- > -rw-, -wj- > -jw-; vgl. fi. karva ,Haar' aus balt. *gaura- (lit. gaüras id., SKES 167), fi. laiva ,Schiff< *lajwa aus germ. *flauja- (an. fley ,Schiff', KOIVULEHTO 1973: 561-564); der estnische Flußname Koiva jogi spiegelt den balt. Namen (lett.) Gauja metathetisch wider.

Eine Parallele zu diesen Metathesen bildet die anzunehmende Metathese -ws- > -sw-: * kawsa- > * kaswa-. Die Metathese wird

16 Sicherheitshalber sei erwähnt, daß fi.-mordw. *kaswa- ,wachsen' iriner­sprachlich unmöglich mit fiu. * kawka ,lang' in Beziehung gesetzt werden kann (es ist auch natürlich niemand auf einen solchen Gedanken gekommen). Eine andere Frage ist, ob das fiu. Adjektiv womöglich aus einer idg. nominalen Bil­dung aus * hzawg- entlehnt sein könnte (vgl. semantisch das ural. Adjektiv *pi8e ,hoch, lang" UEW I 377). Wir wollen jedoch diesen Gedanken nicht weiter verfolgen.

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A Substitution im Anla.ut 35

noch dadurch bestätigt., daß der einzige finnische Reimstamm von fi. kasva- ,wachsen', nämlich fi. Tasva ,Fett' (ein gemeinosfi. Wort ohne eigensprachliche Erklärung), sich ebenfalls durch dieselbe Metathese erklärt: aus germ. * krausa-/*kra'U8ja- (KOIVULEHTO 1986b: 167-177; vgl. dt. Ge-kröse., älter auch Krös u. a. ,Fett um die Eingeweide, Fetteingeweide\ und vgl. semantisch fi. ihra ,Fett' aus germ. *instra- > an. istr ,Fett um die Eingeweide' = dt. dial. Inster ,Gekröse eines Schlachttiers'). Diese beiden Stämme sind zu­gleich die am weitesten verbreiteten fi. Stämme mit -8V-, außer ihnen gibt es überhaupt sehr wenig Stämme mit dieser Konsonan­tenverbindung. Somit fUhren auch die Fakten der Struktur und Verbreitung zu dem Schluß, daß fi.-mordw. * kaswa- aus idg. * h2awks-elo- entlehnt ist.

Durch das idg. Etymon wird nun auch das lautlich unregelmä­ßige Verhältnis zwischen dem fi.-mordw. *kaswa- und dem tscher. Verb kuska- erklärt: Es handelt sich nicht um eine normale Gleich­setzung, sondern das idg. Verb für ,wachsen' wurde ins Vortschere­missische mit einer anderen lautlichen Anpassung übernommen: Die fremde Verbindung -ks- wurde nicht erleichtert. Um eine Ver­bindung von drei Konsonanten zu vermeiden, mußte nun der fremde Halbvokal -w- ohne Vertretung bleiben.· Ob der Schwund von -w- bereits bei der Entlehnung stattfand oder ob zuerst wirk­lich eine Dreikonsonantensequenz -wks- versucht wurde, können wir nicht wissen, denn wir können nicht zeigen, daß ein eventuel­les VwO im Tscheremissischen eine andere Vertretung hätte als VO (vgl. unten Nr. 23 und 27).

Idg. -ks- spiegelt sich im tscher. Verb metathetisch als -sk­wider; 8 > 8 ist im Tscheremissischen lautgesetzlich. Die Meta­these von -ks- ist im Tscheremissischen bekannt. Einen Parallelfall dafür in einer Entlehnung finden wir in tscher. ü8k~z, ü8küz ,Ochse, Stier' (Metathese hier auch im Permischen): entlehnt aus einer ur­arischen oder uriranischen Form, der aind. u~a, av. ulJ8an- ,Stier' entspricht (JOK! 1973: 334; REDEI 1986: 61).

Wegen des Vollvokals u auch im Westtscheremissischen (BEKE 1911: 43) ist als vortscher. Vokal der ersten Silbe nach normalen Lautentsprechungen 0 oder auch a anzusetzen (E. ITKONEN

1953/54: 250-253). Normalerweise geht tscher. u zwar auf vor­tscher. 0 zurück, aber es gibt einige Fälle, in denen es eindeutig einem vortscher. (und osfi.) a entspricht (E. ITKONEN 1953/54:

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36 Behandlung des Materials

250), unter den von E. ITKONEN genannten Beispielen findet sich auch das alte Lehnwort fi. varBi, (Stamm) varte- ,Stiel, Schaft' =

tscher. ßur8'ii id. (s. KOIVULEHTO 1979a: 139-142). Somit können wir vortscher. * kask V- aufstellen. Aber auch * kosk V- ließe sich von idg. * h2awk8- herleiten: Das labiale -0- könnte ja idg. -aw- reflek­tieren.

Theoretisch wäre es auch möglich, tscher. ku8ka- aus einer an­deren idg. Ablautvariante zu erklären: entweder aus idg. *h2wok8-(> ge.rm. *waxsa- > ahd. wahsan, ae. weaxan, an. vaxa ,wachsen') oder aus schwundstufigem idg. * hlUk8- (in aind. u~ati ,wächst", av. ulJ,8yei ti id., s. IEW 84 ff.; MA YRHOFER, KEW A I 98). Es scheint je­doch einfacher, für das tscher. Verb genau dasselbe idg. Original anzunehmen wie für das fi.-mordw. Verb.

Die parallelen Entlehnungen aus dem Indogermanischen ins Finnisch-Mordwinische und ins Vortscheremissische mit jeweils verschiedener lautlicher Anpassung zeigen, daß das Finnisch-Wol­gaische schon recht früh ein ausgedehntes Sprachgebiet mit ver­schiedenen Strahlungszentren bildete. Zugleich wird die Ansicht untermauert, wonach Mordwinisch und Tscheremissisch (Mari) nicht auf eine gemeinsame wolgaische Zwischenursprache zurück­gehen, eine Ansicht, die von der neueren uralistischen Forschung allgemein vertreten wird.

5. Fi. kesä ,Sommer' (auch karel., lüd., weps.) = lp. gres8e ,Sommer' mordw. (Ersa) kize ,Sommer', (Mokscha) kiza ,Sommer; Jahr' (SKES 187; REDEI, UEW II 660-661)

< fi.-mordw. * kesä (UEW) aus: e-stufigem * hles-: * hles-en- * ,Erntezeit, Sommer' (rln­

Stamm, ablautend * h1e8-en-l*hlos-en-I-er- = tradit. * es-en-, *08-en-, -er-, IEW 343); e-stufig erhalten im Slavischen: serb.-ksl. je8em (f.), tschech. je8en, poln. jeBien, russ. 68enb usw. ,Herbst' (apreuß. a8sanis ,Herbst' aus *esenis oder *asanis); o-stufig im Germanischen: got. a8an8 (f.) ,Ernte, Sommer' (gr. ,~Ept(Jj..L6r;;' und ,~EpOr;;'); an. pnn « germ. *aznö) ,Ernte, Mühe" ahd. aran ,Ernte'. - o-stufiger er­Stamm erhalten in der Weiterbildung gr. 6nropa ,Spätsommer, ErntezeW (von Ende Juli bis Ende September) = *6n-o[cr]ap-ä ,die auf das *ö[cr]ap, d. h. den Sommer folgende Zeit' (lEW 343, VASMER II 281; CHANTRAINE 813; FRISK II 408; STREITBERG 1908-10: II 13; BENVENISTE 1935: 19) - Die idg. Wurzel ist wohl

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A Substitution im Anlaut 37

urspr. identisch mit idg. *h1e8- ,sein, existieren' *,leben' (vgl. MAVRHOFER, EWAia I 147: aind. tisu- [m.] ,Leben, Existenz' zu aind. Q,8- ,sein' = idg. *h1es-): vgl. fi. elo ,Leben; Ernte' zu elä­,leben': die Ernte ist etwas, wovon die Existenz abhängt.

Das slavische Wort geht auf die idg. e-Stufe zurück (das balti­sche wohl auch); anlautendes e- ergibt ein slav. je-, das im Ostslavi­sehen vor einem Vordervokal der folgenden Silbe zu 0- velarisiert wird: russ. 6senb (BRÄUER 1961: 1(8). Das balto-slavische und das gotische Wort sind i-Stämme (-ni-). Die i-Stämme ihrerseits sind Weiterbildungen von einem zugrundeliegenden n-Stamm, idg. *esen-/*osen- = *h1es-en-l*h1os-en-, wie durch das entsprechende griechische Wort bewiesen wird, das seinerseits aus einem alten r­Stamm gebildet ist. D. h. es handelt sich um einen heteroklitischen idg. Stamm auf -rl-n (BENVENISTE 1935: 19); solche Stämme waren immer Neutra.

Bekanntlich gehören die rln-Stämme zu den altertümlichsten Nominalbildungen des Indogermanischen. Nach BENVENISTE

(1935: 25, 177 -179, 184-185) erklärt sich diese Stammesalterna­tion aus einem solchen früheren System, in dem es noch den kür­zeren Stamm ohne -n gab. Daneben konnten dann allmählich län­gere Stämme auf -n auftreten, die ursprünglich dieselbe syntakti­sche Funktion hatten wie die kürzeren Stämme. Mit der Zeit wurde der n-Stamm zum Zeichen des obliquen Kasus, wobei der Nomi­nativ-Akkusativ mit einem anderen Element, hier mit -r, suffigiert wurde.

Da nun fi.-mordw. *kesä keinen Reflex eines idg. -n aufweist, kann es aus einem einfachen idg. Grundstamm ("radical") ohne -11.,

idg. *h1e8- (oder *h1e8V-) erklärt werden, wie ihn BENVENISTE ange­nommen hat. Der vokalische Ausgang auf -ä braucht natürlich keinen bestimmten idg. Vokal widerzuspiegeln, denn ein Vokal ist hier auf jeden Fall strukturell notwendig, und ursprünglich gab es nach einem e in der ersten Silbe nur zwei Möglichkeiten: e (= i nach JANHUNENjSAMMALLAHTI) und ä. Die Wahl von ä war hier bereits deshalb angebracht, weil ein * kese homonym gewesen wäre mit * kese ,zahm' (s. die nächste Etymologie Nr. 6). Doch ist die Her­leitung aus einem sufTlXlosen idg. Grundstamm keineswegs obliga­torisch, denn man könnte auch von einem n-Stamm ausgehen, wie er dem baltoslavischen und germanischen Wort zugrunde liegt. Auch das idg. Lehnwort ural. *wete (= *weti) ,Wasser' (s. REDEI

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38 Behandlung des Materials

1986: 43) weist keinen n-Reflex auf, obwohl das idg. Original durch einen rln-Stamm vertreten ist. Desgleichen zeigen auch die spä­teren germanischen n-stämmigen Lehnwörter normalerweise keinen Reflex eines on: vgl. fi. kana ,Huhn' aus germ. *xanan-, fi. rauta ,Eisen' aus germ. *raulJan-; wohl aber die baltischen (fi. paimen ,Hirt', 8iemen ,Same').

Idg. * hl e8- benennt den Sommer als "Erntezeit" , es ist somit ein Wort einer frühen ackerbautreibenden idg. Kulturform (s. auch GAMKRELIDZE - IVANOV 1984: 691, 868). In der idg. Frühzeit -d. h. in der Jungsteinzeit (Neolithikum) - war das Klima bekannt­lich wärmer und trockener als heute, und folglich muß das Ge­treide auch in nördlicheren Gebieten, in denen die langen Tage das Wachstum noch fördern, früher gereift sein als heute, also im Juli-August; auch heute heißt der Monat August im Finnischen elo-kuu ,Ernte-Monat'.

Der alte, uralische Name der warmen Jahreszeit lautete ural. *8urJe (*8urJi, JANHUNEN 1981: 14), fi. 8uvi. Die Übernahme des idg. Lehnwortes kesä muß bei den frühen Urfinnen in den Anfängen der Landwirtschaft geschehen sein. Die neue Lebensform hat eine Neu­einteilung der Jahreszeiten mit sich gebracht, die arbeitsreiche Ern­tezeit brauchte einen eigenen Namen. So gehört ke8ä mit den an­deren alten Lehnwörtern der Landwirtschaft zusammen: fi. ka8ki ,Schwende" kasva- ,wachsen" pohta- ,Getreide reinigen" puhdas ,rein". Wohl erst sekundär hat ke8ä seine heutige Geltung für die warme Jahreszeit insgesamt erhalten. Im Westfinnischen und Estni­schen (auch im W otischen und Livischen) blieb der alte Name für den Sommer, also fi. suvi., in Gebrauch, während dasselbe Wort im Ostfin­nischen heute für ,Tauwetter' steht. Der Grund zur Erhaltung des alten Sommer-Namens im Westen ist wohl darin zu suchen, daß ge­rade hier ein neueres, mit kesä homonymes, aber davon etymologisch zu trennendes Wort (SKES 185, 187; UEW 11 661), westfi. ke8ä, estn. ke8a ,Brache" aufgekommen war. Fi. ke8ä-kuu ,Juni' ist also ur­sprünglich ,Brachmonat' und nicht ,Sommermonat' (V ILKUNA 1935: 80)17. - Im Slavischen wurde ,Erntezeit' zu ,Herbst'.

17 ,Brachmonat' heißt der Juni auch in mehreren anderen Sprachen: ahd. bräh-mänöt., afrz. jascherez (zu afrz. jaschiere ,Brache'), ung. ugar-h6nap (nach VILKUNA). VILKUNA (1935: 79-81) hat auch bereits die etymologische Ver­schiedenheit gesehen und bemerkt, daß hinter ke8ä ,Brache' die alte Vorstel­lung stecke, nach der der brachliegende Acker durch Aufpflügen zur ,Gährung'

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A. Substitution im Anlaut 39

Die angesetzte idg. Wurzelform, idg. * hles- mit Laryngal, und zwar mit hr (wegen e/o) ist nach der strengen Laryngaltheorie die einzig mögliche (LINnEMAN 1987: (1), nach einer gemäßigten Auf­fassung, die auch vokalisch anlautende Wurzeln zuläßt, wäre auch idg. *es- möglich: hr kann ja in unseren Belegen vor e/o keine Re­flexe aufweisen. Daß jedoch hr vorliegt, wird schon durch die vor­gelegte Lehnetymologie vorausgesetzt. Außerdem sprechen intern­idg. Gesichtspunkte dafür.

Wenn wir * hr ansetzen, wird die Wurzel von ihrer etymologi­schen Beschränkung auf ,Ernte' befreit: Wir können es etymolo­gisch mit * hles-, der Wurzel für ,sein, existieren' identifIzieren (für ,sein' ist der Laryngal durch mehrfache Reflexe gesichert, s. MAVRHOFER 1986: 123-125). ,Existenz' hängt begrifflich eng mit ,Leben' zusammen; vgl. auch aind. as-u- ,Leben, Existenz", das nun­mehr zu idg. * hles- ,sein' gestellt wird (so bei MAVRHOFER, EW Aia I 147, mit Hinweis auf SCHLERATH). Hieraus erklärt sich die seman­tische Entwicklung zu ,Ernte'. Die Ernte ist nämlich das, wovon die Existenz, das Leben einer ackerbautreibenden Bevölkerung ab­hängt und wird deshalb auch leicht danach benannt; vgl. fI. elo eigtl. ,Leben" aber auch ,Ernte, Getreide' (entspricht got. asans in Matth. 9. 37-38), dial. auch ,Besitz, Gut, Habe", elo-kuu ,Ernte­Monat' = ,August'. Die Lappen benennen mit demselben Wort (lp. cello) ihre Rentierherde, weil ihre Existenz davon abhängt, au­ßerdem bedeutet das lp. Wort allgemeiner ,Besitz, Habe, Gut'

gebracht werden muß: vgl. IL dial. kesä-yty- ,faul, ranzig, sauer werden'; estn. hapandik.maa ,Brache' (zu estn. hapu ,sauer" hapnema ,sauer werden, gären'), litt. p4dymcu ,Faulenlassen; Brachfeld" lett. papuve ,Brachacker' (nach Vrr.­KUNA; FRAENKEL 681). Es seheint also, daß hinter diesem jüngeren ke8ä ,Brache' (wohl elliptiseh rür ke&ä-maa; maa ,Land" VILKUNA) germ. *jesa­,gären' steckt (genauer, ein entsprechendes Verbalnomen, vgl. norw. dial. ja8e ,ophidselse av sind og krop, het hast" formell < germ. *je8an-, ToRP 2(9). Weil um. *je- unmöglich war, wurde es anscheinend in germanischen Lehn­wörtern (während einer bestimmten Periode) durch * ke- ersetzt (vgl. fi. kehu­,loben, preisen; sagen, erzählen' - germ. *jeha- > ahd. jehan ,sagen; be­kennen; preisen" oder noch viel später fi. dial. Kie&us rür Jee8'U8, e > ie ist laut­gesetzlich). In einer noch älteren (vorgerm.) Zeit wurde idg. *ye-I*yi- durch *(j)e-I*(j)i- ersetzt (vgl. Etym. 18 und 19). Die entsprechenden zwei Substitu­tionsschichten lassen sich bei anlautendem w + Labialvokal finden (fi. pyrki­,streben' = lp. Mr'gd- ,arbeiten' - germ. *wurkja- > engl. work; IL osta­.kaufen' ... lp. oas'te- id. < *was-ta- zu fiu. *wosa .Handelsware' - idg. *W08ii

> dt. Ware. die germ. Etymologie nach SZEMERiNYI 1979: 118-122).

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40 Behandlung des Materials

(SKES 37). V gl. hiermit wiederum heth. a88u- ,gut; Hab und Gut; das Gute' (FRIEDRICH - KAMMENHUBER I 422ff.), zu *h1es- ,sein' (MAYRHOFER 1986: 125). Ähnlich gehört russ. zito ,Getreide' zu idg. *ff'i- (= *ff'ihn MAYRHOFER 1986: 174) ,leben" russ. zitb (lEW 468). Auch wenn wir mit der Bedeutung ,existieren' auskommen, ist zu vermuten, daß die Wurzel *hles- in verbaler Anwendung ur­sprünglich (voridg.) eigtl. ,leben' bedeutet hatt 6•

Nachträglich finde ich, daß die Zusammenstellung mit ,sein' be­reits früher vorgebracht worden ist, von W. PRELLWITZ (1931: 92), jedoch mit einer anderen, mir nicht einleuchtenden Motivation ("zu teil werden, gehören").

6. Fi. kesy, dial. auch kesu (von Tieren) ,zahm, fromm., (von Menschen) ,fügsam, gutmütig, freundlich, vertraulich, zudringlich; wer sich allzu leicht mit dem anderen Geschlecht vertraulich macht., (bei LöNNROT auch als Subst.) ,Geselle" karel. ke8u, kesy,

18 BENVENISTE (1954: 35) hat mit *e8en-I*08en- auch heth. zena-, zenant­,Herbst' zusammengestellt. Nach seiner Deutung wäre das elo- ein Präfix. Da idg. 8 normalerweise durch heth. 8 vertreten ist, zieht B. aus dieser und einigen anderen Zusammenstellungen den Schluß, daß das Idg. ursprünglich eine M­frikata 18 gehabt habe, die im Hethitischen als z (= 18) von dem urs pr. Sibi­lanten idg. 8 (= heth. 8) unterschieden blieb, in den anderen Sprachen aber damit zusammengefallen sei. Die Annahme eines Präfixes kommt mir unwahr­scheinlich vor: Auch die gr. Form, die B. nicht erwähnt, müßte (mit 0-) präfi­giert sein, und sie ist ein r-Stamm, was die Ansetzung einer Wurzel idg. *8en­(nach B. also *18en-) unmöglich macht. Als gemeinsames Element bliebe näm­lich dann nur -8-. Die Annahme eines Präfixes steht an sich nicht unbedingt im Widerspruch zum Laryngalansatz, weil auch ein Präfix mit Laryngal anlauten könnte. Mit dem Anschluß an *hle8- ,sein' ist aber die Annahme unvereinbar. Auch GAMKRELIDZE - IVANOV (1984: 691, auch 126, 853) verbinden das heth. Wort mit den anderen, sie schreiben idg. *(e}8-en- ,Erntezeit, Sommer' (S. 691; S. 853 steht aber nur *8en-). Ein Laryngal wird nicht angesetzt; aber auch *e8-,sein' wird ohne Laryngal angesetzt (S. 217).

Das durchgehende z- bei dem reichlich belegten heth. Wort (GoETZE 1951: 469-(72) fällt auf, denn die anderen häufig zitierten Fälle von heth. z- statt 8-(zamankur ,Bart" zakkar ,Kot') weisen Nebenschreibungen mit 8- auf (vgl. GAM­KRELIDZE - IVANOV 1984: 1141, 11(3). - BENVENISTE (1954; 35, Anm. 1) weist ausdrücklich den Vorschlag (von W. PETERSEN) ab, das Wort mit heth. zena­(zi-in-na) ,zu Ende führen; vollenden; vernichten' zu verbinden; dieses Verb verbindet er selbst (1954: 33-34) mit idg. *8en- in lat. 8eneBCere ,altern, hin­schwinden" gr. ~VO~ ,alt'. Semantisch wäre der Anschluß von heth. ,Herbst' an *8en- jedoch einleuchtend. Vgl. auch idg. *sen-I*sen-H- ,bereiten, ausarbeiten, vollenden, erzielen' (lEW 906).

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A. Substitution im Anlaut 41

kezy ,zahm" olon. kezi, Gen. kezen ,zahm; (von Menschen) fromm, fügsam; schüchtern' (SMSA; KKS II 148, 149, 141; LöNNROT I 591) < frühurfi. * ke8e/*kesu/*kesü = urperm. * kQz (= LYTKIN - GUL­JAEV 77: * k9Z) > wotj. kuz ,Paar' (AbI. z. B. kuzjanf ,verheiraten, paaren') (WICHMANN - VOTILA - KORHONEN 137), syrj. goz (gozj-) ,Paar' (AbI. z. B. gozja ,paarig, gepaart; Ehepaar') (WICHMANN - Vo­TILA 60)

< fi.-perm. * ke8e (= * ke.n) etwa * ,gut, tüchtig, passend, (Freund, Gatte)'

aus: idg. *h1esu- bzw. *h18U-/*h1e8U-J (= tradit. *esu-. *su-), un­mittelbar vertreten in gr. tu-<; ,gut, tüchtig" aind. su. su- ,gut, wohl" av. kii- id., aksl. Sb- id. usw.; hierzu wohl auch lat. erus ,Herr" era (alat. esa) ,Herrin" weiter heth. a,8SU- ,gut, zweckmäßig, ange­nehm'; zu idg. *h1es- ,sein' (IEW 342; FRISK 594; OHANTRAINE 388; KEWA III 478; MAYRHOFER 1986: 125); vgI. Nr. 5.

Fi. kesy hat bisher keinerlei Etymologie gehabt; es wird im Fin­nischen Etymologischen Wörterbuch (SKES) nicht einmal er­wähnt. Das Adjektiv ist in allen finnischen Mundarten und zusätz­lich im Karelisch-Olonetzischen bezeugt. Neben der schriftsprach­lich gewordenen Variante fi. kesy ist der u-Stamm kesu (teilweise auch keso) mundartlich weit verbreitet und kommt auch im Kareli­schen als kesu vor. Im Olonetzischen erscheint das Adjektiv aber als ein e-Stamm, kezi, Gen. kezen. Ein solcher e-Stamm ist einem u/ ü-Stamm gegenüber als primär zu betrachten: Stämme auf Labial­vokal hat es erst seit dem Frühurfinnischen geben können.

Mit dem finnisch-karelischen Adjektiv setze ich wotj. kuz, syrj. goz ,Paar' etymologisch gleich. (Zur permischen Semantik vgI. noch wotj. kuz-pal ,Ehehälfte, Gattin' [pal ,Hälfte'], KOR­HONEN - VOTlLA - WICHMANN 137, syrj. sapg,g-goz ,Stiefelpaar" starik gozja ,Mann mit seiner Frau" WICHMANN - VOTlLA 60). Das permische Wort entspricht lautlich genau dem finnischen. Der Vokal der ersten Silbe ist in diesem Wort nach E. ITKONEN ur­perm. *Q (geschlossenes 0) (E. ITKONEN 1953/54: 274ff.: die syrjä­nische SO-Mundart hat gQz), und dieser Vokal ist die lautgesetz­liehe Entsprechung des vorpermischen (= finnisch-permischen) e, wenn in der nächsten Silbe ein e (d. h. ein nicht-offener Vokal, nach JANHUNEN = i), gestanden hat (E. ITKoNEN 1953/54: 277 -279). LYTKIN (1964: 35) definiert den urperm. Vokal dieses Wortes noch genauer, als 9. das einen vorpermischen Hintervokal

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42 Behandlung des Materials

ausschließt. Auch nach dem System von SAMMALLAHTI (1988: 527 -531) ist die fi.-perm. Gleichsetzung lautgesetzlich korrekt (s. Beispiel 18: *peli- ,sich fürchten'). Fi.-perm. * kese (= * kesi) ergibt somit syrj. goz (SO gflZ), wotj. kuz (auch kutz). Syrj. -j-, das in der Flexion auftaucht, hat keine etymologische Bedeutung.

In semantischer Hinsicht läßt sich die Gleichsetzung etwa durch folgende Fälle beleuchten: einerseits mordw. jalga ,Freund, Kamerad' - jalgatsek ,zu zweit, paarweise" kafine j. ,paarweise Bastschuhe' d. h. ,ein Paar Bastschuhe' (RAVILA 15); fi. aljo ,zahm; wer leicht mit dem anderen Geschlecht vertraulich wird (von einer Frau); Kebsweib' (SMS I 280-281), eine germ. Entlehnung, s. oben Nr. 2; andererseits dt. gut - gätlich ,passend' - Gatte, Gattin (ae. gegada ,Genosse') - mhd. getelinc ,Genosse, Geselle, Bursche' -aksl. godbn'b ,gefällig" ross. g6dnyj ,tauglich' (germ. *göiJa- ,gut' < *,passend, tauglich" s. z. B. KLUGE - MITZKA 234-235); ahd. gi-mah ,zugehörig, passend, bequem' ahd. gi-mahho ,socius" gi­mahha ,Gattin' (IEW 696).

Anhand dieser Parallelbeispiele läßt sich die perm. Bedeutung ,Paar, Ehepaar' aus Bedeutungen wie ,gut, tauglich, freundlich, (zu­sammen)passend, Genosse, Freund' ableiten, von denen wiederum die fi. Bedeutungen nur gering oder gar nicht abweichen. Nach LöNNROT (1866-1880) wäre auch der substantivische Gebrauch als ,Geselle' (schwed. gesäll) noch im vorigen Jahrhundert vorge­kommen, jedoch finden sich wohl keine anderen Belege dafür19•

19 Eine ältere Etymologie setzte das permische Wort für ,Paar' mit fi. kansa ,Volk, Leute' gleich (so noch E. ITKoNEN 1953/54: 279 und TmvoNEN in SKES 156, v. J. 1955), aber schon REDEI (UEW 11 645) findet die Zusammen­stellung unsicher, und SAMMALLAHTI (1988) hat sie nicht mehr berücksichtigt. Die alte Zusammenstellung wäre also möglich, wen n im perm. Wort perm. Q

(und nicht p, nach LYTKIN) gestanden hätte, denn es gibt mehrere Fälle, in denen dieses Phonem dem vorperm. und osfi. a entspricht (s. E. ITKONEN 1953/54: 279). Wie oben ausgeführt, hat jedoch V. LYTKIN (1964: 35; LYTKIN - GULJAEV 77) zusätzlich ein perm. ij angesetzt (= urperm. ü nach SAMMALLAHTI 1988: 530), das nach ihm eben nur ein vorperm. e vor einem nichtoffenen Vokal vertreten kann und das nach ihm eben auch in unserem Wort vorauszusetzen ist. E. ITKoNEN findet heute LYTKINS Ansatz im Prinzip richtig, nur über den phonetischen Wert des Phonems hat er eine abweichende Meinung (persönliche Mitteilung, s. auch schon E. ITKONEN 1967: 141-142). Fi. kansa ,Volk, Leute' = lp. guos'se ,Gast, Fremder' ist nach mir ein frühes germ. Lehnwort, aus frühurgerm. *Xansä > germ. * hansö > got. hansa ,Schar, Menge" ae. hös ,Gefolge, Schar' usw. (s. KmVULEHTO 1976: 251-253,

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A. Substitution im Anlaut 43

Das fi.-perm. Wort führe ich seinerseits auf idg. *h1e8U-/*hl 8'U­zurück. Für das semantische Verhältnis (gr.) ,gut, tüchtig' - (fi.) ,zahm, fügsam, gutmütig' sei noch dt. fromm zum Vergleich heran­gezogen. Auf Personen, zunächst Männer, bezogen hat fromm, mhd. vrum, vrom zuerst ,tüchtig, brav, gut' bedeutet, danach u. a. (heute veraltet) ,fügsam (von Tieren und Menschen)': "ein frommes pferd, das sich nicht bäumt, nicht ausschlägt, noch abwirft, lenkbar, ohne tücke", "der hund ist fromm, beißt nicht", "eine fromme frau, die dem manne willig ist, sich nicht sträubt" (DWb N, 1, 1, 242). Vgl. hiermit fi. ke8Y hevonen ,zahmes, fügsames, frommes Pferd" dial. kesu flikka ,ein Mädchen, das den Jungen willig ist' (SMSA). Zum fi.-perm. Nebensinn ,Genosse, Gatte' (> ,Paar') paßt wie­derum lat. erus ,Herr = Hausherr" era ,Herrin" das wohl auch zu idg. * hles- gehört (lEW 342).

Dem idg. u-Stamm * hlesu-/*hl 8'U- entspricht erwartungsgemäß der fi.-perm. e-Stamm, ein fi.-perm. u-Stamm war noch unmöglich: vgl. den Parallelfall fiu. *mete (= *meti) ,Honig' (> fi. mesi, Gen. meden) aus idg. *medhu- id. Der Imnisch-karelische ulii-Stamm fi. kesulkesy könnte eine etwas spätere Anpassung an den u-Stamm des Originals darstellen; ähnlich gibt es ja neben fi. mesi ein sel­tenes Ci. metu ,Honig', das traditionell aus dem Baltischen oder aus dem Germanischen hergeleitet wird (SKES 343). Aber natürlich ist auch eine selbständige Neuerung möglich.

Gr. eo-<; hat man als hochstulIges *hle8U- (= tradit. *e8'U-) be­trachtet, aind . .m. aksI. 8lr usw. vertritt die Schwundstufe * hl8'U-. Neuerdings möchte man jedoch auch das gr. Adjektiv auf * hl8'U- zu­rückfuhren (s. MAYRHOFER 1986: 125). Auch diese schwundstufige Form taugt als Original des fi.-perm. Adjektivs. Ein einsilbiges Nomen war im fiu. System unbekannt, deshalb hätte * hl8'U- nicht durch (fi.-perm.) **8'U substituiert werden können. Der Stamm hätte zweisilbig bleiben müssen, was durch Einf"lihren des silbenbil­denden e geschehen konnte. Daß der Vokal eben e hätte sein

285-286; die osIL-lp. Gleichsetzung stammt von KNUT BERGSLAND), und es wäre prinzipiell möglich, daß es bis ins Permische weiterentlehnt worden wä.re (s. KOIVULEH"TO 1986 b: 166). Wir fassen zusammen: (1) Die oben angenom­mene neue fL-perm. Gleichsetzung ist auf jeden Fall lautlich regelmäßig - un­abhängig von LYTKINS p. (2) Daneben ist auch die ältere Gleichsetzung mög­lich, wenn LYTKINS Rekonstruktion nicht statthaft ist (was aber kaum der Fall ist). (3) Die ä.ltere Etymologie ist unmöglich, wenn LYTKINS Rekonstruk­tion im Prinzip richtig ist (was kaum zu bezweifeln ist).

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44 Behandlung des Materials

müssen, erklärt sich aus der Affinität des idg. h1 zu e (MAYRHOFER 1986: 126). Die Schwundstufe muß aber wohl auch einen realen anaptyktischen e-farbigen Vokal besessen haben [h1e8U-J, sonst wäre die V okalisierung zu e im Griechischen kaum zu verstehen (vgl. MAYRHOFER 1986: 125ff.).

Das uralische Wort für ,zahm' lautete ural. *jnj, das z. B. noch in lp. vuonjeis ,zahm' weiterlebt (JANHUNEN 1981: 238; SAMMAL­LAHTI 1988: 536; UEW I 340 rekonstruiert ural. * ons [s = V, unbe­stimmbarer Vokal]).

7. Fi. koke- (Inf. kokea) eigtl. ,(Netze und andere Fanggeräte) nachsehen" dann auch ,erleben, erfahren; versuchen' (AbI. koetta­,versuchen" karel. kuottele- ,prüfen, fühlen; versuchen'), estn. dial. koge- ,sich fürchten, sich vorsehen, sich schämen" liv. ko'ktj (Inf.) ,versuchen, die Absicht haben' = lp. *guokka-, vertreten in inarilp. kuoha- ,(Netze und andere Fischfanggeräte ) besichtigen, nach­sehen' und im Skoltlp., id. (SKES 208; KKS II 455; KETTuNEN 144; E. ITKoNEN I 410) - vgl. auch sam. *ko- ,sehen, finden' (JAN­HUNEN 72) und s. den Kommentar -

< frühurfi. (- ural.) * koke- (REDEI, UEW I 171: ural.) zunächst aus: idg. * h30kw -yelo-, vertreten in gr. (Präs.) ÖO"O"Ol.Hxt

. ,schaue (geistig), ahne, lasse ahnen'; die Wurzelform idg. *h30kw-

,sehen' (= tradit. *ok1!-) ist auch enthalten in gr. (Fut.) Ö\jIOIHxt und (Perf.) ön:ffimx ,sehen, beobachten, wahrnehmen, erblicken, be­trachten" weiter in gr. 6n:-'t6~ ,sichtbar" 6n:-TfJp ,Späher' usw.; weiter auch im Germanischen: ags. eawan, afries. äwia ,zeigen' (kausative Bildung); dehnstufig in poln. obaczyc ,sehen, bemerken, erblicken'; nominal hierzu mehrere idg. Wörter (AbI.) für ,Auge': gr. ÖIlI.UX, lat. oculus, lit. akts usw. (lEW 775-777; FRISK 407 -408; CHANTRAINE 811; BEEKES 1969: 131; MAYRHOFER 1986: 108, 141).

Das traditionelle idg. *ok1!- ,sehen' geht nach der Laryngal­theorie auf urspr. *h3ekw- zurück, das durch die o-färbende Wir­kung des Laryngals h3 zu *h30kw- werden mußte (s. MAYRHOFER 1986: 141; UNDEMAN 1987: 35, 63). Die Etymologie setzt somit voraus, daß die Entlehnung ins Finnisch-Ugrische nach der o-Fär­bung, aber vor dem Schwund des anlautenden Laryngals stattfand. Auf gleiche Weise ist die entsprechende a-Färbung bei Laryngal h9 - in den Etvmolo~ien Nr. 1, 2, 3, 4 zu sehen. (Unwahrscheinlich

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A Substitution im Anlaut 45

wäre die Annahme einer ursprünglichen o-Stufe [Abtönungs-o), wie sie fur das germ. Kausativ ,zeigen' in Frage kommt.)

Frühurfi. / fiu. * koke- ist die erwartete Wiedergabe von idg. *h;pkW-yelo- (Jotapräsens-Stamm). Auch die einfache Wurzelform *h;pkw- würde sich als Original eignen, falls wir einen ursprünglich kürzeren (nicht erhaltenen) Präsensstamm *h;pk"'-(elo-) annehmen. Idg. _ktD

_ müßte durch fiu./friihurfi. -k- substituiert werden, ein **-kw- war phonotaktisch nicht möglich (und Stämme auf u waren auch ursprünglich nicht möglich; vgl. fiu. *mete .,Honig' - idg. *medhu-, s. Nr. 6).

Einen genauen Parallelfall bietet uns lL hoke- ,(etwas wieder­holt) sagen; (dial. und in älterer Sprache auch nur) sagen, spre­chen, nennen, erzählen, verkünden' (SMSA, VKS I 6(5) < * soke­= permisch * su- in wotj. m-, mf-, syrj. m- ,sagen, sprechen' (SKES 79; UEW n 786-787), das ich auf das idg. (genauer gesagt, germ.­balt.-slav.) Verb zurückführe, das in lit. sakiJti, saka'Ü ,sagen", germ. *8ag(w)ja. > an. 8egja, asächs. 8eggian ,sagen' usw., wohl auch in aksl. sociti ,anzeigen' usw. vorliegt. Es handelt sich ursprünglich um eine regelmäßige o·stufige intensiv-iterative Bildung auf -eyelo­zum idg. Primärverb * sekw• ,sagen' (= lat. in-seque ,erzähle, sage an' [Imp.] usw.), somit um idg. *sokW-eye/o- (s. BRUGMANN 11, 3, 1, 250; FRAENKEL 757; FRISK 1520). Das fi. Verb scheint auch den ursprünglichen intensiv-iterativen Sinn noch z. T. widerzuspiegeln. Das idg. (= vorbalt., vorgerm.) anlautende 8- wurde durch früh­urfi./fi.-perm. s- substituiert, wie in anderen vergleichbaren Fällen: z. B. fi. hake- ,suchen; holen' < *sake- aus frühurgerm./ vorgerm. * sdk-/*säg-(e)yelo- (> germ. * 8ökja- > an. sCEkja ,suchen; holen'), fi. hauta ,Grube (Fanggrube, Kochgrube, Teergrube, Was­serloch); Grab' < *sawta aus germ. *saupa. (> ae. slap ,Grube, Fanggrube, Brunnen'); s. näher KOIVULEHTO 1981 b: 191 ff. 20•

20 Diese finnisch·permische Gleichsetzung - bereits altbekannt (UEW 11 787) - ist lautlich und semantisch einwandfrei. Gemeinpermisch * Iu- (s. auch LYTKIN - GULJAEV 324), das auf grund der permischen Formen anzusetzen ist, kann nach normalen Lautgesetzen mit fi. hoke· < * soke- gleichgesetzt werden: Perm. u ist die normale Entsprechung des fiu./fi. 0 (E. ITKONEN 1953/54: 323), und fiu. -k· ist in intervokalischer Stellung im Permischen erwartungsgemäß geschwunden (vgl. fi. joki, Stamm joke- ,Fluß' = wotj. ju [in ju.lur], syrj. ju id., UEW I 99). Trotzdem ist die Gleichsetzung in SKES (v. J. 1955) und UEW (11 786-787) mit Fragezeichen versehen worden, vielleicht weil die geringe Ver­breitung des Verbs im Ostseefinnischen (im Finnischen und in einer estn.

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46 Behandlung des Materials

Wegen der Bedeutung ,Netze usw. nachsehen' bei fi.-Ip. *koke­sei auf das gleichbedeutende schwed. vittja hingewiesen, das zu idg. *wid- ,sehen' gehört, weiter auf fi. katso- ,ansehen, betrachten, (bes. auch) Fanggeräte nachsehen; aufpassen auf. *koke- wurde wohl bereits von Anfang an als ein Terminus flir ,aufmerksames Nachsehen, Beobachten, Spähen' verwendet (vgl. gr. [Ka't-]onnlp ,Späher' und om!Xro ,beobachte" f:n-ronTJ ,Aussicht, Aussichtsort, Warte" FRISK II 1154); - das neutrale ,Sehen' heißt im Finni­schen näke-. Verben dieses Sinnbezirks sind ins Finnische immer wieder entlehnt worden: fi. katso- (s. oben) < * kaccV- (wohl) aus germ. * gätja- (> an. gmta ,aufpassen auf); fi. vako-ile- ,spähen' aus germ. *wakö- (> an. vaka ,wachen'); fi. varto- ,warten' aus germ. * warlJö- (> dt. warten); fi. dial. vahtaa- (Inf. vahdata) ,beaufsich­tigen, anstarren' aus schwed. vakta ,bewachen, hüten'.

Vor diesem Hintergrund ließe sich nun auch fi. koko ,Haufen; Größe, Format; ganz' als eine alte, verdunkelte Ableitung von koke- auffassen, wie man übrigens schon früher vermutet hat: etwa < * ,Haufen von gefangenem Fisch' (IIAKULINEN 1979: 216-217): vgl. morphologisch fi. tulo ,Ankunft' zu tule- ,kommen'. ,Haufen' wäre ursprünglich ein Stein- oder Holzhaufen (in Kegelform), er­richtet als See- oder Wegzeichen, bzw. ein Holzhaufen, der als Warnungszeichen angezündet wurde (vgl. weps. kogo ,Haufen; Feldfeuer" ZAJCEVA - MULLONEN 215). Semantisch wäre zu verglei­chen z. B.: an. viti (schwm.) ,Zeichen; Holzstapel, der bei Heran­ziehen von Feinden als Alarmsignal angezündet wird, Feuerzei­chen' (BAETKE 751) = schwed. vette ,Seezeichen, Steinhaufen; Netzzeichen; Balban" etymologisch zusammengehörig mit schwed. vittja ,Netze nachsehen'; an. vartJa ,Steinhaufen als Wegzeichen, Warte" ahd. warta ,spähendes Ausschauen; Ort, von dem aus ge­lauert wird'; schwed. kummel ,Seezeichen" aber auch überhaupt ,Steinhaufen' .

Mundart) zusammen mit seiner z. T. iterativen Bedeutung als Unsicherheits­faktor aufgefaßt wurde und an sog. "deskriptive Bildung" denken ließ. Durch die hier aufgezeigte idg. Etymologie wird die Beurteilungsgrundlage natürlich eine andere. Festzustellen ist außerdem, daß auch die e-Stämmigkeit des Verbs gegen einen jungen "deskriptiv-onomatopoetischen" Ursprung spricht. Die e­Stämme sind im Osfi. seit langem nicht mehr produktiv, und alle anderen ver­gleichbaren e-stämmigen Verben sind alt, vom f"mnischen Standpunkt aus un­abgeleitete Wurzelverben (trotzdem aber z. T. uralte Lehnwörter, wie eben fi. hake- .suchen; holen'. fi. teke- ,tun' und das oben behandelte fi. koke-).

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A. Substitution im Anla.ut 47

Auch die Phonotaktik spricht für die fremde Herkunft von *koke-. JANHUNEN (1981: 246) hat festgestellt, daß es bisher kein si­cheres Beispiel für ein uralisches -k- vor einem geschlossenen Vokal (= frühurfi. e) gibt, dagegen existieren für die späteren Ebenen (Stufen) mehrere Beispiele dafür. Wie JANHUNEN bemerkt, kann es sich auch um eine scheinbare Lücke im spärlichen Mate­rial handeln (s. aber Einleitung S. 18). Andererseits ist jedoch be­kannt, daß neue phonotaktische Strukturen durch fremden Ein­fluß entstehen können. Ein wichtigeres Indiz haben wir in der Vo­kalkombination -oCe-. Nach JANHUNEN ist ein 0 in dieser Stellung, d. h. in offener Silbe vor einem ural. j > urfi. e, zu u erhoben worden (nach SAMMALLAHTI bereits im Fiu.: ural. *lomj > fiu. * lumi ,Schnee' > fi. lumi, Gen. lumen [Stamm lume-]; ural. *porj­> fiu. *puri- ,beißen' > fi. pure-, JANHUNEN 1981: 231; SAMMAL­LABT! 1988: 486). Weil *koke- also ein 0 aufweist, muß es sich erst nach diesem alten Lautwandel in der Sprache eingebürgert haben; seine Vokalkombination war einst eine Neuerung in der Phono­taktik. Ein neues Wort mit neuer Phonotaktik ist schon ein Grund, fremde Herkunft anzunehmen, dasselbe gilt für das oben kurz be­handelte fi.-perm. *aoke-.

JANHUNEN setzt in seinem Samojedi8chen Wort8chatz (S. 72) ein (ur)samojedisches *ko- ,sehen, finden' an; es ist das Verb, das tra­ditionell mit fi.-lp. * koke- gleichgesetzt wurde (so noch in SKES und UEW). Diese ural. Gleichsetzung wird aber nicht mehr bei JANHUNEN (1981) und SAMMALLAHTI (1988) angeführt, offenbar, weil sie lautlich nicht einwandfrei erscheint. Bei uralischer Urver­wandtschaft sollte (nach JANHUNEN und SAMMALLAHTI) das ural. 0

zu fiu./frühurfi. u geworden sein (** kuke-), und die Einsilbigkeit des (ur)samojedischen Stamms * ko- deutet ihrerseits eigentlich auf ural. *koxj- (vgl. JANHUNEN 1981: 243-246) und nicht auf *kokj­(= tradit. * koke-). Gerade bei Entlehnungen kann man mit Unre­gelmäßigkeiten rechnen (die jedoch zu erklären wären), und es wäre deshalb zu fragen, ob das samojedische Verb eine Weiterent­lehnung aus fiu. * koke- oder aber vielmehr eine parallele Entleh­nung aus dem idg. Verb sein könnte. (-k- wäre entweder durch -x­ersetzt worden, weil die Struktur VkI fehlte, oder es hätte ein früher Wandel k > x vor hohem Vokal stattgefunden: vgl. Einlei­tung S. 18-19.) Einen etwa ähnlichen Fall könnte man bei fi. tuo­,bringen' vermuten (s. Nr. 13). Doch müssen hier die Samojedo­logen entscheiden.

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48 Behandlung des Materials

8. Fi. kuto- (Inf. kutoa) ,weben; (Netze) knüpfen; (Strümpfe) stricken' (gleichbedeutende Entsprechungen in sämtlichen osfi. Sprachen, die südestn. und livische Entsprechung vertritt noch den älteren a-Stamm *kuta-, T. ITKONEN 1983: 373) = lp. goaae­id. « * ku8a-) = mordw. koda- ,weben, flechten' = tscher. koe-, kue- ,weben' = wotj. kuj-, kj- ,weben, flechten' = syrj. kj-, kjj­,weben, stricken, flechten' (SKES 249; REDEI, UEW 11 675)

< fi.-perm. *ku8a- (UEW 11 675) zunächst aus: idg.jvorbalt. * h2,fl,dh-ah2-(yelo-), d. h. aus einer

schwundstufigen (bzw. gedehnt-schwundstufigen) Iterativableitung zur Wurzel idg. *h2ew-dh

- ,weben' (= tradit. *au-d"-, IEW 75); solche schwundstufigen Bildungen waren normalerweise mit idg. -a- (= -ah2-) suffigiert. Idg. * h2ew-dh- > * h2aw-dh

- ist vertreten in balt. *aud- in lit. aU8ti, audiiu ,weben" lett. ailst ,weben, wirken' (FRAENKEL 26), woneben mit gedehnter Schwundstufe Jit. pa-üdeti ,ein wenig weben" nominal §'dis, -diio ,(einmaliges) Gewebe, das an einem Tag Gewebte; gewobenes Zeug' belegt ist (FRAENKEL 1157). Russ. usl6 ,angefangenes Gewebe' < *ud-slo zeigt ein altes *aud­(VASMER 111 190-191).

Anlautender Laryngal h:t- wird in * h:tew-dh- > * h:taw-dh

- allge­mein anerkannt (s. MAYRHOFER, EWAia 1275-276; BENVENISTE 1935: 156); unerweitertes *h2ew- liegt in aind. Inf. 6tum ,weben' uSW. vor (EW Aia, ebenda). Idg. _dh_ (und nicht -d-) wird U. a. wegen germ. -iJ- in an. auiJr (f.) ,Schicksal', (wohl eigtl. * ,Gewebe'), an. auiJinn ,vom Schicksal bestimmt' und an. VM (f.) ,Gewebe" an. valJr ,Seil, Schnur' usw. angesetzt (lEW 76; DE VRIES 18), die wohl zu derselben Wurzelerweiterung gehören (es läßt sich also idg. * h2ewdh-l*h2wedh- ansetzen).

Das bei FRAENKEL verzeichnete lit. pa-üdeti ,ein wenig weben' ist ein durch pa- gekennzeichnetes "diminutives Perfektivum" und verhält sich zu aU8ti, audiiu ,weben' wie lit. pa-lüketi ,ein wenig warten' zu laukti, laukiu ,warten' (SENN 1966: 281). Ohne pa- hat lit. lükUi eine nur intensive Bedeutung ,warten' (NIEDER­MANN - SENN 11 15). Solche Intensiva bzw. Durativa haben oft Ne­benformen auf lit. -oti (vgl. SENN 1966: 280, 286), und diese Bil­dungsweise ist offenbar die ältere, denn sie entspricht den letti­schen und slavischen Intensiv-Iterativen, die idg. -a-yelo- wider­spiegeln: vgl. lett. lükat, -iiju ,schauen' (MÜHLENBACH - ENDZELIN 11 519) - lit. lüketi ,warten'; lett. dirat, -aju ,schinden' (zu lit. difti,

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A. Substitution im Anlaut 49

vgl. ENDZELIN 1922: 632). Die idg. deverbalen Bildungen auf -ä­

yelo- waren eben ursprünglich schwundstufig (aind. grbhäyati ,er­greift" lat. dicäre ,weihen, widmen" ahd. boron ,bohren'), und die balto-slavischen Intensiv-Iterativa mit gedehnter Schwundstufe (bzw. mit Dehnstufe) stellen eine alte gemeinsame Neuerung dar, die auch im Germanischen zu belegen ist: ahd. klübon ,klauben' (KURYLOWICZ 1968: 322; WISSMANN 1932: 201; MEID 1967: 240ff.).

Das oben aufgestellte idg.-vorbaltische schwundstufige Rekon­strukt * h2~dh-ah2-(ye/O-) = tradit. *~dh-ä-ye/o- entspricht somit einer bereits idg. Bildungsweise, und die gedehnte Schwundstufe ü findet noch heute seinen Vertreter in dem behandelten lit. Verb -damit soll nicht behauptet sein, daß das lit. Verb ein unmittelbarer Reflex des angenommenen Rekonstrukts sein müßte. Semantisch paßt der iterative Sinn bei ,weben' gut, denn beim alten stehenden Webstuhl "bewegte sich die Frau hin und her"'; vgl. mhd. weben ,sich hin und her bewegen, weben, spinnen' (KLUGE - MITZKA 843).

Für das fi.-perm. Verb können wir ebensogut von einem kurzen wie von einem langen idg. -u- ausgehen, denn auch ein langes -ü­

hätte (besonders in einem a-Stamm wie * ku8a-) durch ein kurzes substituiert werden müssen.

Die Wiedergabe des stimmhaften idg. _dh_ (bzw. des etwas spä­teren balto-slavischen -d-) durch die ebenfalls als stimmhaft ange­setzte fiu. dentale Spirans -8- ist eine natürliche Substitution. Die bisher bekannten Lehnwörter zeigen zwar meist fiu. -t- als Wieder­gabe von Vertretern der idg. _dh_ und -d- - insofern sich der ge­naue fiu. Wert überhaupt bestimmen läßt (so fiu. *mete = *meti ,Honig' - idg. *medhu-; fiu. *wetä- ,führen, ziehen' - idg. *(H)wedh

-, urspr. wohl * (H)wed- [so MAYRHOFER 1963: 191 und KEWA III 137]; ural. *wete = *weti ,Wasser' - idg. *wed-), aber die unterschiedliche Substitution kann durch eine verschiedene Entlehnungszeit und offenbar auch durch eine verschiedene Origi­nalsprache (Mundart) bedingt sein. Wir finden denn auch Parallel­talle für fiu. -8- als Wiedergabe von idg. _dh _, -d-. Wenigstens ein Fall ist bereits vorgelegt worden: fi.-mordw. *nic5a1ä- (bzw. *nic5'a/ä-) > fi. nito- ,binden, heften', lp. njaaae- id. (auch im Mordw.) - idg. *nedh

- (*ned-) > aind. nahyati ,bindet, knüpft' (s. JOKI 1973: 291; REDEI 1986: 53-54; beide mit Vorbehalt: "Zufäl­liger Gleichklang?"; für das idg. Verb s. KEW A II 147-148). Das -i- kann hier durch eine reduzierte bzw. schwundstufige Wurzel­form im Original erklärt werden (*nedf'}-), vgl. air. nascim ,binde'

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50 Behandlung des Materials

< idg. *ned-skö (IEW 758), Schwundstufe ebenfalls in ahd. nuscia ,Mantelschnalle'. (Die Palatalisierung bei 11,- wird mit dem einge­schobenen -i- zusammenhängen.) Es handelt sich also um ein Verb, das sich semantisch an * kuoa- anschließt und mit ihm im Ostsee­finnischen den Stammauslaut gegen 0 ausgetauscht hat. Ein zweiter Fall liegt offenbar vor in: fi. sata- ,regnen, (urspr., diaI.) fallen' (SKES 980) = samojedisch *sara- ,regnen' < uraI. *saoa­(nach JANHUNEN 1981: 221; SAMMALLAHTI 1988: 540) = *saoa- -idg. * kad- ,fallen' > aind. sad- ,abfallen, ausfallen" lat. cadere ,fallen" AbI. air. casar ,Hagel; Blitz' (IEW 516; KEWA III 294). Die drei Fälle, * kuoa-, *11,ioä-, *saoa- weisen im Unterschied zu den t­Fällen eine vorwiegend nördliche Verbreitung auF!.

Neben *kuoa- ,weben' und *11,ioä- ,binden, heften' läßt sich noch ein drittes altes Verb mit ähnlicher technischer Bedeutung auf einen schwundstufigen idg. Verbstamm zurückführen, fi. puno­,flechten' (= lp. bodne- ,spinnen; flechten' = mordw. pona­,flechten' usw.) = sam. *p§n- ,flechten' < ural. *punj-/*puna­(JANHUNEN 1981: 258; SAMMALLAHTI 1988: 539; UEW I 402: * puna- ,spinnen, flechten'), und zwar auf idg. * P1}-elo- (Vollstufe *pen-), dem lit. pinti, pinu ,flechten" lett. pU, pinu id. entspricht, wie auch russ. pjatb, pnu ,anspannen' usw. (s. FRAENKEL 594, Ku­RYWWICZ 1968: 323; BJÖRN COLLINDER [zuletzt 1965: 124] führt dieselbe Zusammenstellung an, jedoch unter Annahme von idg.­uraI. Urverwandtschaft). Die mit labialem p- anlautende Schwund­stufe wurde in der entlehnenden Sprache offenbar durch u-Vokali­sierung adaptiert22 •

21 GAMKREUDZE und IVANOV (1984: 937) möchten fiu. *mete statt aus idg. *medhu- erst aus frühtoch. *met (*milU) herleiten (= toch. B mit ,Honig'), eben weil sie fiu. -t- als Reflex des idg. _dh_ bezweifeln. Mit dieser Erklärung hätten wir wohl kein sicheres Beispiel mehr für fiu. -t- < idg. _dh_. Der zweite Ein­wand der Verfasser, bei einer Herleitung aus *med"u- wäre ein fiu. auslau­tendes -u zu erwarten, ist jedoch nicht statthaft: Im Finnisch-Ugrischen gab es noch keine Stämme auf -u bzw. -0, deshalb ist gerade das -e (= -i) der zU er­wartende Ausgang. - Das -t- in ural. *weti ,Wasser' könnte übrigens aus dem glottalisierten idg. -t'- (= tradit. -d-) erklärt werden. Ural. *8aoa- ,fallen' mit -0- könnte dann aus solchen idg. Mundarten stammen, in denen die Entwick­lung t' > d stattgefunden hatte (vgl. GAMKREUDZE - IVANOV 1984: 50, 942).

22 Liegt ein Parallelfall zu dieser Vokalisierung in fi. putoa- ,fallen' < *puto-ta- (Inf. pudota) vor? (-ta- ist ein Suffix, wie es bei Lehnverben häufig vorkommt): vgl. gr. 1tt-1t'too ,falle" 1t'too-'t6-~ ,fallend" 1['tW-I .. LO: ,Fall" schwund-

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A. Substitution im Anlaut 51

Es lassen sich also drei finnische Verben auf 0- < a-/(j-, die eine semantisch zusammenhängende Gruppe bilden, auf idg. Origi­nale zurückführen. Es handelt sich um Verben technischer Kultur, bei denen Entlehnungen ohnehin wahrscheinlich sind. Ein vierter Fall liegt offenbar noch in fi. sito- ,binden' < *sita- vor23 •

stufige Bildungen zur idg. Wurzel *pet-h1- ,fallen' (s. MAYRHOFER 1986: 135, Anm.158).

23 Die livische Entsprechung von fi. sito- ,binden' (Inf. sitoa) weist zu­sammen mit der mordwinischen (Ersa sodo-, Mokscha sod§- id.) auf ein älteres *sita- hin (TERHO ITKoNEN 1983: 373-374). Das Element -ta- erklärt sich als das normale Verbalsuffix -ta-I-tä-, das bei den meisten Verbentlehnungen ein­gesetzt wurde: Ein einsilbiges suffixloses * si- hätte ja keinen Verbstamm kon­stituieren können (dasselbe Suffix auch unten in Nr. 12, 19, 21, 24). Als Ori­ginal dieses osfi.-mordw. Verbs paßt ein Vertreter von idg. (tradit.) "8e(i)-, 8~': Bi- ,binden' (lEW 871), am besten eine schwundstufige Form. Eine genaue idg. Vorlage (als Präsensstamm) läßt sich in diesem Fall (idg. "langdiphthongische" Wurzel) kaum mit Sicherheit angeben, zu vergleichen ist jedoch die Parallelität zwischen *8i-ta- - idg. *sei-I*Bi- und fi. itä- ,keimen' < (nach meiner Erklä· rung) *(j)itä- bzw. *(j)i.t(j. - idg. (tradit.) *gei-I"~ ,keimen., sich spalten, auf· blühen' (lEW 355) > germ. * ki- in got. keinan ,keimen' = germ. *ki-na· (ohne urs pr. präsentisches -n.: got. 'U8.kijans ,hervorgekeimt'), ahd. kimo ,Keim' = germ. *kij;·man- wie germ. *Bi-man· > ahd. Bimo ,Band' (s, näher KOIVULEHTO

1988a: 4-5); *6)itä- könnte übrigens nach dem von JANHUNEN (1981: 242, 2(8) aufgestellten Lautgesetz auch ein früheres *6)ix·tä. vertreten (in dieser Stellung nämlich Vx > V > V), der idg. Laryngal (*gihl' > *gi.) könnte also hier noch mit dem alten urat.jfiu. ·x- substituiert worden sein (wegen des *6)­s. Etym. Nr. 18). - Als urspr. Grundform der Wurzel wird von lIAMp (1983: 72-73) neuerdings * sUei- angesetzt, wozu schwundstufig * sUi- in heth. iI~ijazzi ,bindet' < *(i)s~i-jo-ti < *sUi-je-t-i und aind. (vedisch) sinati id. < ·s(U)i-ne-H-t-i (die Rekonstrukte nach R); vgl. aber auch aind. syati ,bindet' und sim- ,gebunden' (MAYRHoFER., KEW A m 549-550). Die Wurzelform der anzunehmenden idg. Vorlage wä.re somit zunächst als * sHi· > • si· oder (vgL fi. itä· oben) * siH- > * Bi- anzusetzen (zur Metathese * sHi- > • siH· s. MA YRHOFER

1986: 175). Zum frühen Schwund des Laryngals in *sHi· vgL HAMP 1983, Anm. 4 zu *s(H)i-ne-H-t-i: "Perhaps the laryngeal placing this in the -00- class reflects a transposition of the deleted *6 in the initial cluster." Das lappische Verb rur ,binden" lp. Mdnd- (Inf. Mdndt) erinnert kaum zufällig an dieses idg. ·si-m·H- > *sim-, denn es kann a.ufvorlp_ *8im- zurückgeführt werden (alter­native Möglichkeiten wären * 8ene- oder * Mim-). Es kann auch eine Entlehnung aus dem Baltischen (bzw. Vorbaltischen) vorliegen: vgl_ lit. (dia!.) sien1l, siniau ,binden" das IIAMP mit aind_ sinati gleichsetzt. Die Palatalisation zu 8- kann durch das folgende i bewirkt worden sein (KoIVULEHTO 1988c: 45. Anm.7). Der Laryngal war entweder schon geschwunden oder konnte im Vorlappischen aus strukturellen Gründen (Verbalstämme wie **8ineke-, **8ine8e· sind nicht bezeugt) nicht reflektiert werden_

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52 Behandlung des Materials

B. Substitution im Inlaut

2. Ural./fiu. x als Substitut des idg. Laryngals im Inlaut eines Lehnworts

Diese Substitution kommt nur in den ältesten Lehnwörtern vor. Die Etymologie Nr. 13 ist bereits von T!tYGGVE SKÖLD (1960: 27 -33) vorgelegt worden, die Etymologie Nr. 11 baut auf einer Zu­sammenstellung von BJÖRN COLLINDER (1967: 187) auf, die übrigen vier Etymologien stammen von mir.

9. Fi. nainen ,Frau, Weib' (gemeinosfi.), naara ,Hündin, Sau; (verächtl.) Weib', naaras ,Weibchen, weiblich': Ableitungen von osfi. *nä ,Frau" einer velaren Variante von *na = mordw. (Ersa) ni ,Frau, Weib' = tscher. -nö in CÜC3-nö ,die Frau des jüngeren Bruders der Mutter' (PAASONEN 155; PAASONEN 1917: 28) = (?) wog. ni(u. ähnl.) ,Frau, Weib' = (?) ostj. niV(u. ähnl.) id. = ung. no ,Frau, Weib, Ehefrau' = sam. *ne ,Frau' (JANHUNEN 1981: 245-246; SAMMALLAHTI 1988: 539)

< ural. *näxi (JANHUNEN, SAMMALLAHTI) aus: schwundstufigem idg. *gWneh2- > *g"'nah2- ,Frau', vertreten

in aind. gnu', Gen. gnäs- ,Göttin, Götterweib" av. ffnä, ynä ,Weib" gr. yvvfJ, böot. ßava ,Frau, Weib" an. kona ,Frau'; daneben hoch­stufig (*gWenhz-) ahd. quena aksl. zena, aind. jani- ,Frau, Ehefrau' (lEW 473; KEWA I 351; CHANTRAINE 243; PETERS 1980: 232).

JANHUNEN (1981: 245-246) hat die finnisch-ugrischen und sa­mojedischen Formen auf ural. *näxi ,Frau' zurückgeführt, SAM­MALLAHTI (1988: 539) hat die fiu. Liste ausgebaut. Im Ostseefinni­schen, wo das Grundwort als solches nicht mehr existiert, müßte daraus lautgesetzlich osfi. *na entstanden sein, das aber nach JAN­HUNEN ausnahmsweise zu *nä velarisiert wurde, wozu dann regel­mäßig die Ableitungen (fi.) nainen (+- *nä-inen) ,Frau" naa-ra(s) ,Weibchen u. dgl.', nai- ,heiraten' gebildet sind (vgl. fi. puinen ,höl­zern" pui- ,dreschen' zu osfi. *p'Ü = fi. puu ,Baum, Holz' < fiu. *puxi, s. Etym. Nr. 11)24.

24 In UEW (I 297 -298, 305-306) wird fi. nainen ,Frau' und nai- ,hei­raten' noch von den übrigen uraI. Wörtern getrennt, indem dafür fiu. *naje ,Frau, Weib; heiraten' rekonstruiert wird, wozu auch ostj. näj, wog. näjiu. dgl. ,Dame (im Kartenspiel), Gattin; Feuer, Sonne' gestellt wird. Für die übrigen oben erwähnten uralischen Wörter wird ural. *nirJä angesetzt, jedoch wird zu-

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B. Substitution im Inlaut 53

Das vordere offene ural. ä [00] scheint anzudeuten, daß die Um­färbung des idg. e vor h2 zur Zeit der Entlehnung ins Uralische noch nicht bis a gediehen war, sondern eben erst den phonetischen Wert eines offenen [E] oder [00] erreicht hatte, also einen Wert, der zwischen e und einem reinen a liegt. Dieser frühe Vokalreflex stimmt mit dem uralischen Alter des Wortes überein. Ein a weisen dagegen erwartungsgemäß die Lehnwörter auf, die auch ihrer Ver­breitung nach als jünger anzusehen sind: s. die Etymologien Nr. 1-4. Die ostseefinnisch bezeugte velare Variante *nä- ließe sich übrigens als ein Reflex einer schon vollzogenen Velarisierung im idg. Original deuten: Es wäre dann nicht durch sprachinterne unregelmäßige Lautentwicklung entstanden. (Diese Erklärung ist jedoch entbehrlich, denn ähnliche Doppelformen sind auch sonst bezeugt: vgl. z. B. fi. jäärä, dial. auch jaara ,Widder" entlehnt aus dem Baltischen, vgl. lit. jeras ,Lamm'.) Beachtenswert ist noch, daß das ural. -x- hier noch den Laryngal des suffixalen -ehs reflektiert25•

Das ura!. auslautende -i (traditionell oe) wird durch die urali­sche Stammstruktur verlangt: Ein einsilbiges *näx war unmöglich. Die Substitution der idg. anlautenden Konsonantenverbindung *gWn_ durch ural. *n- entspricht der Erwartung: Bei anlautenden fremden Konsonantenverbindungen wird nur der letzte Konso­nant substituiert. Theoretisch wäre wohl auch eine Vokalisierung zu * kün- möglich gewesen, aber dann wäre ein dreisilbiges * künäxi entstanden, das als unmotivierter Grundstamm höchst auffällig ge­wesen wäre (und eine Ableitung auf -xi gab es mit Sicherheit nicht). Bei einer späteren Entlehnung, als der auslautende Laryngal schon geschwunden gewesen wäre (aus spätidg. *g"'nä), könnte man eine

gleich festgestellt, daß der Vokal der ersten Silbe in den ugrischen Wörtern auf *e oder *ä zurückgeht. Diese Rekonstrukte spiegeln zunächst die älteren Auffassungen wider; das UEW hat die neueste Forschung leider nicht mehr be­rücksichtigen können (s. a.uch UEW, Vorwort, S. XII).

25 Ich habe früher beiläufig fi. näätä ,Marder' und fi. näälä ,Bruder der Ehefra.u' als verdunkelte Ableitungen von der palatalen Form • nll erklärt (Km­VULEHTO 1988b: 284); strukturell müßten die Wörter nämlich entweder Ablei­tungen oder Entlehnungen sein, und es lagen keine Lehnetymologien vor. In­zwischen ist jedoch fUr näätä slavische Herkunft angenommen worden (NmVI 1986: 46-48: eigtl. ,braun'), und meinerseits kann ich feststellen, daß alle an­deren mir bekannten fmnischen Nominalstämme mit dieser Struktur -(C)VtA - Lehnwörter sind. In dieser veränderten Forschungslage ist es vor­läufig angebracht, weder näätä noch näälä für ein bewahrtes osfi. *nIl in An­spruch zu nehmen.

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54 Behandlung des Materials

Vokalisierung zu * kuna schon für möglich halten, denn der Stamm hätte eben zweisilbig bleiben müssen. Die ural. Form *näxi statt * kuna setzt also eine sehr frühe Entlehnungszeit voraus.

Für das anzusetzende idg. Original wird ein schwundstufiger Stamm * gWnehz- (Schwundstufe der Wurzel) vorausgesetzt, wie er etwa in aind. gnä vorliegt. Ursprünglich hat das idg. Paradigma of­fenbar sowohl hoch- als auch schwundstufige Formen enthalten, der Ausgleich ist je nach Mundart verschieden erfolgt (vgl. CHAN­

TRAINE 243). Dieser Stamm auf -eh2 stellt nach heutiger Auffassung eine Suffigierung zu einem Wurzelnomen *gWen dar, und zwar in Zustand II; Zustand I wird durch die hochstufige Form *gWen-h2-vertreten (s. HAMP 1979). Nach HAMP (1979) ist das traditionelle hochstufige Rekonstrukt *gWenä (also -eh2 mit Hochstufe ver­bunden) ein "ghost on the Indo-European level" und stellt eine erst spätere (balto-slavische) Innovation dar (1979: 4). Nach ihm er­schien die Hochstufe (Zustand I) ursprünglich (wenigstens im Sin­gular) in den "starken" Kasus (Norn., Akk.), die Schwundstufe (Zu­stand II) in den "schwachen" (z. B. Gen. Sg.). Da die obige Herlei­tung des ural. Wortes nur aus Zustand II möglich ist, müssen wir als Originalsprache eine solche idg. Mundart ansetzen, in der sich die Schwundstufe auch bereits im Nom. S. durchgesetzt hatte (wie in jedem Fall auch in gr. YUvT], ßava und an. kona, s. auch PETERS 1980: 232; die an. Form ist natürlich eine n-Stamm-Erweiterung, wie auch ahd. quena)26.

26 Es ist verlockend, auch in fi. maa ,Erde, Land' (gemeinosfi., tscher., perm., obugr. id.) < fiu. *maxi (der Ansatz von a ist traditionell) = *mare (UEW I 263) den Reflex eines alten schwundstufigen idg. Femininums auf * ·ah2 < * -ehz zu sehen: vgl. aind. ~ f. ,Erde" ein ä-Stamm zum alten m­Stamm ~am-. Dürfen wir aber eine entsprechend alte (vorarische) -ehz-Bildung annehmen? (~t1 ist erst nachvedisch bezeugt, MONIER-WILLIAMS 333; zur Frage nach dem Anlaut dieses uralten m-Stamms s. zuletzt MJ\YRHOFER 1982 a: 245-246). SAMMALLAHTI (1988: 546) rekonstruiert neuerdings das fiu. Wort als *mjxi, sein j (er schreibt i) oder dessen spätere nach a hin tendierende Kontinuante scheint jedoch auch in einigen anderen Fällen ein idg.jar. usw. a widerzuspiegeln; so etwa in fi. 8alko ,lange, dünne Stange' < (S. 549) fiu. * Bilkd: - idg. * (/'aUfo- > lit. zaCgas (zalgd) ,lange, dünne Stange' (KOIVULEHTO 1983a: 142-143). Das ungeklärte, nur im Ostseefinnischen nachgewiesene *mes ,Mann' (> fi. mies, Gen. miehen) scheint wiederum eine schwundstufige idg.jvorgerm. Nominativform *(/'me(n) > *(/''Tfte- zu reflektieren, deren genaue Kontinuanten got. guma, an. gumi ,Mann' sind. Das osfi. Wort ist strukturell ganz eigenartig (der einzige einsilbige Stamm auf -8). Das -8 könnte ein altes

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B. Substitution im Inlaut 55

Zum semantischen Vergleich sei noch bemerkt, daß die südli­cheren der lappischen Mundarten ein sehr viel späteres Lehnwort aus der hochstufigen germ. (an.) Form unseres idg. ,Frau'-Wortes aufweisen: lp. gui'na ,Frau, Weib' (vgl. an. kvinna id., s. DE VRIES 338).

10. Mordw. (Ersa) pije-, (Mokscha) pifa- ,kochen (intr.)' = syrj. pu- ,kochen, sieden (tr., intr.)' = wog. päj- u. ähnl. ,kochen (intr.)' = ung. fo- ,kochen, sieden (intr.)' = sam. *pi- ,gar werden, kochen' (COLLINDER 1977: 33; REDEI, UEW I 368; JANHUNEN 1981: 245; SAMMALLAHTI 1988: 539)

< ural. *pexi- (JANHUNEN, SAMMALLAHTI) aus: idg. * bhehr(yelo-) etwa ,wärmen, rösten' (= tradit. * bhe-,

IEW 113), vertreten in germ. *be-jela- > ahd. bä(j)en, mhd. bre(je)n ,bähen, (Brot) rösten\ nhd. btthen ,(durch Umschläge) wärmen, (dial.) Brot rösten'; zu dieser Verbwurzel * bhehr gehört das schwundstufige Partizip idg. *bhhrto- = *bh~-to- ,erwärmt' > germ. *bapa- ,Bad'; mit -g- erweitert zeigt sich die Wurzel o-stufig in gr. q>wyro ,röste, brate\ schwundstufig in germ. *baka- ,backen' (lEW 113; KLuGE - MITZKA 44).

Der Ansatz idg. * ~ehr wird von der Laryngaltheorie vorausge­setzt.

Traditionell wurde das ural. Verb als *pejä- (CoLLINDER 33; SAMMALLAHTI 1979: 33) oder *peje- (UEW I 368) rekonstruiert. JANHUNEN (1981: 245) und nach ihm SAMMALLAHTI (1988: 539) setzen aber auf grund des samojedischen Befunds die obige Form *pexi- an, die wiederum genau aus idg. *~ehr bzw. aus *~ehryelo­(= germ. * be-jela-) hergeleitet werden kann (wegen -yelo- vgl. Nr. 7). Wie bereits öfters angedeutet, entspricht dieser ural. Stammtypus dem traditionellen e-Stamm (*pexe-). In semantischer Hinsicht ist die Gleichung insofern ungenau, als das ural. Verb fast ausschließlich für intransitives ,kochen' belegt ist, während das idg. Verb die transitive Bedeutung aufweist. Man kann aber auf solche Fälle hinweisen wie dt. kochen. sieden und auch braten, die sowohl intransitiv als auch transitiv gebraucht werden. Eine spä-

SuffIX sein « -8) oder ein hyperkorrektes Element: Alte entlehnte Maskulina besaßen ja oft ein -8. Eine ursprüngliche Sta.mmstruktur CVist bei fiu. Nomina und Verba nicht bezeugt.

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56 Behandlung des Materials

tere Entlehnung aus demselben idg. Verb liegt anscheinend vor in lp. bas8e- ,braten, rösten' usw.: mit fiu. -s- < idg. ohr, s. Etymologie Nr.22.

In uralischer Urzeit gab es noch keine feuerfesten Kochtöpfe. U ral. * pexi- bezog sich wohl auf mit Erde zugedeckte Kochgruben, in denen das Essen gegart, d. h. wörtlich "gebäht" wurde. Diese Methode ist bei den Lappen und Finnen beinahe bis in unsere Tage erhalten geblieben und auch bei den germanischen Skandina­viern für ältere Zeiten bezeugt (Kulturhistoriskt lexikon Jär nordisk medeltid VIII 624). Die Grube hieß bei den letzteren an. 8eylJir, das eine Ableitung von germ. * 8eupa- ,kochen, sieden' darstellt. Aus derselben germ. Sippe stammt auch die fi. Bezeichnung der Koch­grube, hauta< frühurfi. *sawta (aus germ. *8aupa-, s. KOIVULEHTO 1976: 33-40,46).

11. Fi. puu ,Baum, Holz' (gemeinosfi.) = tscher. pu id. = wotj. pu id. = syrj. pu id. = wog. -pä, -pa (nur in Zss.) ,Baum' = ung. Ja ,Baum, Holz' (SKES 664; UEW l 410) < fiu. *puxi (SAMMALLAHTI 1988: 539); sam. *pä ,Baum, Holz; Wald' (nach JANHUNEN 1981: 262)

< ural. *puxj (*poxj/pVxI) (das sam. Wort läßt nach Janhunen die ursprüngliche Vokalqualität nicht deutlich erkennen, wohl ein Hintervokal)

zunächst aus: idg. * bhuH- bzw. * bhowH-, zur idg. Wurzel * bhewH-/*b"owH-/*bhuH- ,wachsen, gedeihen' (= tradit. * bheY:iJ-, *bhü_, lEW 146ff.); vgl. gr. q>ui] ,Wuchs; Natur, Charakter' (= idg. * bhuHehz), ahd. baum, ae. beam, got. bagms ,Baum' (wohl aus idg. *b"owH-mo-, IEW 148); vgl. auch: gr. <PÜ\.w; ,Gewächs; Geschwür' (= aind. bhUma ,Erde, Welt' = idg. *b"uH-m?}); gr. <pu'tov ,Ge­wächs, Pflanze'; ahd. bü ,Wohnung' > dt. Bau (lEW 146ff.; zum Laryngal s. CHANTRAINE 1235).

Das traditionelle uralische Rekonstrukt für fi. puu usw. war ural. *puwe (UEW I 410). JANHUNEN und SAMMALLAHTI setzen aber neuerdings auch in diesem Wort statt -w- ein -x- an. Nach SAMMALLAHTI (1988: 539), der die ugrische Lautgeschichte unter­sucht hat, läßt sich die gesamte fiu. Vertretung auf fiu. * puxi zu­rückführen. Nach bei den Forschern sei dagegen der samojedische Vokalismus nicht eindeutig mit ural. -u- zu verbinden. JANHUNEN (1981: 262) setzt deshalb die ural. Urform zunächst vorsichtig als

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B. Substitution im Inlaut 57

?p3Xj (= *pVxj) an, jedoch nimmt er einen Hintervokal an (älo/u), während SAMMALLAHTI ulo/ä vorschlägt27. Es liegt also hier of­fenbar eine samojedischerseits unregelmäßige Vokalvertretung vor, die als Indiz für fremde Herkunft des Wortes aufgefaßt werden könnte. (Ur)sam. ä (in *pä) in erster Silbe wird von JAN­HUNEN (1981: 247) als neues Phonem bezeichnet, das durch "unre­gelmäßige Lautwandlungen und mit neuem Wortschatz" aufge­kommen ist. Man kann auch annehmen, daß das samojedische Wort eine andere idg. Ablautstufe widerspiegelt als das finnisch­ugrische.

Der Ansatz * puxi, der wenigstens alle fiu. Formen vereinigt, ist zunächst mit der idg. Schwundstufe * bhuH- zu vergleichen, wie sie etwa in gr. <pu" vorliegt (der Laryngal H ist wohl als hz zu spezifi­zieren, s. MAYRHOFER 1986: 140). Daneben kommt die o-Stufe idg. * bhowH-, wie sie in der semantisch genau entsprechenden -mo-Bil­dung Baum vorliegt, in Betracht. Nach JANHUNEN (1981: 248) und SAMMALLAHTI (1988: 486) gilt nämlich ural. 0 > fiu. u in offener Silbe vor hohem Vokal, so daß *puxi aus älterem *Pox! entstanden sein kann (aber nicht muß). Ural. *poxj würde gut idg. *~owH- wi­derspiegeln: idg. -ow- > ural. -0-, denn ein ural. *powxj dürfte eine unnatürliche Struktur gewesen sein (-x- scheint postkonsonantisch nicht vorgekommen zu sein).

Wenn die Zusammenstellung zutrifft, handelt es sich um eine sehr alte Entlehnung aus einem idg. Nomen, vielleicht aus einem (geschwundenen) Wurzelnomen. Ein genaues idg. Original kann hier nicht angesetzt werden. Wichtig ist natürlich die genaue se­mantische Übereinstimmung mit dem germ. Wort für ,Baum" das offenbar hierher gehört28. Es ließe sich vermuten, daß das uraI.

27 Ural. ä ist aber merkwürdig, denn ural. ä > ursam. e (JANHUNEN 1981: 2(7).

28 LINDEMAN (1964: 1(2) akzeptiert diese Etymologie von Baum nicht. Bei KLUGE - MITZKA (57) wird westgerm. *bauma- auf germ. *baugma- zurnckge­ruhrt und mit biegen verbunden; Baum sei ,das (im Winde) sich biegende Ge­wächs': ein wenig überzeugendes Benennungsmotiv. Das Wort ist gewiß schwierig, weil man got. bagms, aschwed. bagn. und an. balhnr ,Baum' davon nieht gern trennen möchte. Die lautliche Vielfalt bleibt aber bei jeder Erklä­rung bestehen. Am ehesten ist hier jedoch m. E. mit LaryngaJreflexen von *lf'owH-mo- zu rechnen: -wHm- > -wwm- > -g(gJm- f"ür das Gotische, wo be­ka.nntlich ohnehin -ww- > -ggw-; an. -hIn- könnte eine Dissimilation darstellen.

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58 Behandlung des Materials

Wort im Zusammenhang mit primitivem Bau- und W ohnungs­wesen übernommen wurde29•

Es gibt noch einen Umstand, der für die Zusammenstellung spricht. Im Tscheremissischen, Wotjakischen und Syrjänischen existiert ein Wort flir ,Boot" tscher. pu&, wotj., syrj. PiZ (P AASONEN 100; WICHMANN - UOTILA - KORHONEN 202; WICHMANN - UOTILA 209), das auf die gemeinsame Urform (fi.-perm.) *pu§V zurückzu­führen ist (SAMMALLAHTI 1988: 553)30. Da nun wenigstens im Ost­seefinnischen fast alle unabgeleiteten Grundstämme für ,Boot, Schiff" Lehnwörter sind, muß auch für *puSVfremde Herkunft na­heliegen, zumal es das relativ neue Phonem s enthält, dessen äl­teste Belege gerade in Lehnwörtern vorkommen (s. Etymologie Nr. 22). *PuSV war natürlich ursprünglich ein Einbaum, aus einem Baumstamm ausgehöhlt. Es scheint also, als wären tscher.-perm. *pu§V,Einbaum' und ural./fiu. *puxj ,Baum, Holz' beide aus dem­selben laryngalhaitigen idg. Wort für ,Baum' entlehnt, *puSVmit -s- wäre nur jünger. Semantisch vgl. eben Einbaum oder russ. dub ,Eiche" dia!. auch ,Einbaum' (V ASMER 1377). Dasselbe Verhältnis, älteres -x- - jüngeres -SO, liegt auch bei ura!. *pexi- ,kochen (intr.)' - fiu. *pesä-/*püsä- ,braten, bähen' vor (s. die Etymologien Nr. 10 und 22).

Bereits BJÖRN COLLINDER (1967: 187) hat "ura!. *pü oder * puwe" mit "aind. bhü-, bhuv- ,das Werden, Entstehen, die Erde, werdend, entstanden, entspringend, entsprossen, seiend'" vergli­chen unter Hinweis auf gr. <j>UL"OV usw. und (1970: 175) auf Baum (jedoch anscheinend olme Annahme einer Laryngalvertretung). Den Vergleich hat er jedoch unter dem Aspekt seiner Theorie der Urverwandtschaft zwischen Indogermanisch und Uralisch gesehen. Doch spricht hier m. E. sowohl die Semantik als auch die W ortbil­dung gegen eine Urverwandtschaft der betreffenden Wörter. Auf

29 Auch eine Zeltwohnung benötigte einen Mittelbaum. Es sei daran erin­nert, daß eine primitive Zeltwohnung um einen wachsenden Baum errichtet wurde, so daß der Baum als Mittelsäule funktionierte (SIRELIUS 1921: 141).

30 UEW (I 398, II 739) rekonstruiert das betreffende Wort als fi.-perm. oder ?ural. *pucv. Die tscher. und perm. Formen geben jedoch keinen Anhalts­punkt für die Affrikata -c- (= ural. c nach der Notation von JANHUNEN), dafür würde nur das samojedische Wort (für ,Gefäß aus Birkenrinde') sprechen, das jedoch nur mit Fragezeichen angeführt wird. Das sam. Wort gehört aber kaum hierher (nicht bei JANHUNEN 1981, SAMMALLAHTI 1988); JANHUNEN führt das Wort auch nicht unter seinen gemeinsamojedischen Etymologien an (1977).

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B. Substitution im Inlaut 59

idg. Seite haben wir eine reiche derivative und semantische Entfal­tung der Wurzel *bhewH- etwa ,wachsen, werden; wohnen" wobei die Bedeutung ,Baum' nur eine von mehreren Realisationen dar­stellt. Auf ural. Seite existiert dagegen nur das eine Grundwort mit dem feststehenden Inhalt ,Baum, Holz' - gewiß gibt es dann in den verschiedenen ural. Einzelsprachen zahlreiche Ableitungen von diesem Grundwort, aber sie gehen wohl immer semantisch auf ,Baum, Holz' zurück (vgl. fi. p'Ui- ,dreschen' < *,mit einem Holz­stock bearbeiten" fi. p'U'U-t'U- ,holzig werden, erstarren, gefühllos werden'). Bereits dieser Sachverhalt deutet eher auf Entlehnung als auf Urverwandtschaft hin. Dazu kommt noch, daß die Lautent­sprechungen eher auf Lautsubstitutionen deuten, wie sie bei Ent­lehnungen vorkommen.

12. Lp. sukka- « *süke- < *süye- < *suye-) ,rudern' = tscher . .ma-, .me- id. (auch ,paddeln') = (?) syrj. sjn- id. = wog. tow- u. ähnl. id. = ostj. ttJw- u. ähnl. id. = sam. * t'U- id. (SKES 1086-1087; JANHUNEN 1981: 245; UEW I 449): < ural. *8'I.tXj-; im Ostseefinnischen (gemeinosfi.) erscheint ,rudern' mit -ta- suffigiert: *süy-ta- > fi. so'Uta- (Inf. so'Utaa) ,rudern; hin und her bewegen, ein Kind wiegen u. dgl.' = estn. sö'Uda- ,rudern; schweben, sich be­wegen, sich regen', hierzu estn. söudik ,Ruderer, Lenker, Ein­richter' (SKES; WIEDEMANN 1079); der Grundstamm *suxj- > *süye- > *sö- ist offenbar als solcher erhalten in fi. *sö- > s'Uo­(Inf. suoda) ,(einem etw.) verleihen, zuteil werden lassen (bes. von Gott und anderen höheren Mächten), gönnen, gewähren'

< ural. *s'Uxj- (JANHUNEN 1981: 245; SAMMALLAHTI 1988: 540; UEW I 449: *suye-)

aus: idg. * s'UH-e/o- (KEW A III 489) * ,in Bewegung setzen, an­treiben" vertreten in aind. suvati ,setzt in Bewegung, treibt an, er­regt, belebt" aber auch ,verleiht, bescheidet, gönnt (einem etw.)' (meist vom Gott Savitar, Rig-Veda), vgl. daneben av. h'Unä- in hu­näiti etwa ,treibt einem etw. zu, versucht einem etw. zu verschaffen' und av. apa-lJ,vanvainti ,sie lenken ab' (s. auch COWGILL 1963: 256); hierzu idg. * s'UH-to- > aind. süta- in pra-süta- ,in Bewegung ge­bracht, angetrieben, gesandt" nr-süta- ,von Männern angetrieben" av. mainy'U-Süta- ,vom Geist getrieben" (mit akt. Bed.) aind. süta-l}, ,Wagenlenker, Stallmeister' = * ,antreibend'; heth. 8'Uwäi- ,stoßen, drängen'; die idg. Wurzel ist also *sewH-/*suH- (tradit. *sey,tJ-, *sü-) und tritt hochstufig auf z. B. in aind. Savitar- ,Gott Savitar' =

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60 Behandlung des Materials

* ,Antreiber' und wohl auch in gr. Earo ,lasse, lasse zu, gestatte' (lEW 914, 915; MAYRHOFER, KEWA III 488-489, 491; MONIER­WILLIAMS 1239; GRASSMANN 1560-1562; BARTHOLOMAE 1782, 1822; FRISK I 434).

Der Ansatz eines Laryngals ist hier - wie bekannt - ein­deutig festgelegt, einmal durch das lange ü in aind. 8üta-, zum an­dern durch die zweisilbige präsentische Schwundstufe aind. suva-, das aus idg. * suH-e- entstanden sein muß, weil ein idg. * su-e- > ein aind. einsilbiges **sva- ergeben würde (KURYLOWICZ 1935: 75-76; MAYRHOFER, KEWA III 489).

Die Substitution des anlautenden idg. 8- durch ural. 8- ist natür­lich die einzig mögliche. (Im Uralischen gab es noch kein 8, das [viel] später u. a. zur Substitution des germ./vorgerm. antevokali­sehen anlautenden 8- gedient hat.)

Auf uralischer Seite hat man den inlautenden Konsonanten tra­ditionell als -y- (*suye-) oder als -k- (*süke-) angesetzt. Wie in an­deren vergleichbaren Fällen, rekonstruieren JANHUNEN und SAM­MALLAHTI hier ural. -X-, ural. * suxj-; das lange *ü des Ostseefin­nisch-Lappischen ist offenbar erst als eine sekundäre Entwicklung vor der Kontinuante des ural. -x- zu betrachten (JANHUNEN 1981: 244). Im Urlappischen ist diese Kontinuante (etwa -y-) zu -k- ge­worden, im Ostseefinnischen ist sie geschwunden (zu -y- s. E. IT­KONEN 1949: 4-14).

Gegenüber der idg. faßbaren Bedeutung allgemeiner Art ,in Be­wegung setzen, antreiben' scheint gemeinural. ,rudern' eine Bedeu­tungsverengerung darzustellen: ,rudern' ist ja = ,ein Boot (mit einem oder mehreren Rudern) antreiben, fortbewegen, lenken'; vgl. hierzu den Gebrauch des aind. suvati, pra-suvati im Rig-Veda in Konnexionen wie ,(alles, was lebt) zum Wandel (= carayai, eigtl. ,zum Wandern", s. Nr. 15, fi. kulke-) antreiben' (Rig-Veda 7.77, 1), ,Soma-Preßsteine in Bewegung setzen' (Rig-Veda 10.175, 1 u. 4) (nach GELDNER 1951: II 250, III 397). Aind. süta-~ ,Wagenlenker' deutet darauf hin, daß das idg. Verb von alters her auch für ,An­treiben und Lenken von Fahrzeugen' gegolten hat. Bei den Ura­liern war der Wagen noch lange unbekannt, und deshalb konnte das Lehnverb auf das Antreiben eines ihnen bekannten Fahrzeugs, nämlich des Einbaums bezogen werden. Jedoch liegt die Vermu­tung nahe, daß auch das idg. Original ursprünglich u. a. namentlich für das primitive Fortbewegen eines Einbaums gebraucht wurde.

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B. Substitution im Inlaut 61

(Als ein gemeinuralisches Wort müßte * suxj- ja eigentlich so alt sein, daß seine Übernahme schon vor dem allgemeinen Bekannt­werden des Wagens bei den Indogermanen erfolgt sein sollte31 .)

Ein mehr entwickeltes Rudern in größeren Schiffen wurde aber je­denfalls schon mit idg. * hjerhz-/*hjrehz- ausgedrückt, das im Indo­germanischen weitverbreitet ist und dessen Ableger auch im Altin­dischen in den Ableitungen ari-tra- ,treibend; Ruder" ari-tar- ,Ru­derer' faßbar sind (lEW 338; KEW A I 49). Zum semantischen Ver­hältnis ,treiben, bewegen' - ,rudern' vgl. eben die Semantik von aind. aritra- ,treibend; Ruder' und ferner auch russ. vesl6 ,Ruder, Paddel' aus idg. *we(/'-slo-, Nomen Instrumenti zu idg. we(/'- ,be­wegen, fahren' (lEW 1118, 1120; V ASMER I 192).

Im Ostseefinnischen gilt für ,rudern' der mit -ta- suffigierte Stamm fi. souta- usw.; derselbe suffigierte Stamm existiert auch im Lappischen: lp. suw'de- ,rudernd befördern' (E. ITKONEN 1949: 4). Wenn sich der Grundstamm als solcher erhalten hätte, müßte er im Finnischen genau * suo- (Inf. * suoda) lauten, wie ein Parallelfall, fi. juo- (Inf. juoda) ,trinken' zeigt (E. ITKONEN 1949: 13): fi. juo- < *jä- « *juye-) = lp. jukkd- < fiu. *juxi- (SAMMALLAHTI 1988: 543; zu fiu. *juxi- s. Einleitung S. 17 und Anm. 7), danach also fi. * BUO­= lp. * sukka-. Nun gibt es tatsächlich ein fi. BUO- (Inf. suoda) mit der Bedeutung ,(einem etw.) verleihen, bescheiden = zuteil werden lassen, gönnen, geWähren" oft von Gott oder anderen höheren Mächten gebraucht, mit der Bedeutungsvariante - wie bei dt. gönnen - ,einem etw. (neidlos) zugestehen' = ,einem etw. (von Herzen) wünschen'. Abgesehen von der letzterwähnten Variante ist diese Bedeutung auch für aind. BUvati, pra-suvati, ä-BUvati be­legt, und zwar (besonders) im Rig-Veda, wo sie hauptsächlich (aber nicht ausschließlich) vom Gott Savitar gebraucht wird. Die Stellen mit dieser Bedeutung im Rig-Veda lassen sich alle stilgerecht mit fi. BUO- übertragen: z. B. "Savitr soll uns Vollkommenheit schicken' (8Uvatu - nas sarvatätim, RV 10.36, 14; GELDNER III 188), "Da be-

31 Nach dem heutigen Wissen ist der Wagen bei den Indogermanen frühe­stens um 3000 v. ehr. bekannt geworden. Sein intensiverer Gebrauch muß demnach erst ins 3. Jahrtausend gehören, d. h. in eine Periode, als die idg. Grundsprache bereits in verschiedene Dialekte aufgespalten war. (Ausführ­liche Information hierüber bietet GAMKRELIDZE - IVANov 1984: 11 724-738.) In jener Zeit (nach 3000 v. ehr.) gab es auf der uralischen Seite schon längst keine uralische Grundsprache mehr, ihre Endphase wird (spätestens) um 4000 v. ehr. datiert.

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schied euch [den -8bhus] Savitr die Unsterblichkeit" (a-asuvat vas amrtatvam, RV 1.110, 3; GELDNER I 142) (Übertragung nach GELDNER 1951 - er verwendet sonst meist stereotyp die Überset­zung "zuweisen"; die Konstruktionen zitiert nach GRASSMANN [1873: 1560-1562]). Ein ähnlicher Gebrauch ist auch für av. huna­,antreiben' belegt: "etwas antreiben nach jemand hin (Dat.), einem etwas zu verschaffen suchen" (BARTHOLOMAE 1782). Ein solches finnisch-arisches Zusammentreffen wird wohl unmöglich auf einem Zufall beruhen, vielmehr bekräftigt es die vorgelegte idg.-ural. Zu­sammenstellung. Wie die anderen uralischen Sprachen hat das auch sonst so konservative Ostseefinnisch den Grundstamm * suxj­erhalten, aber mit einer Bedeutung, die nicht an ,rudern' an­knüpft, sondern unmittelbar eine alte Bedeutungsvariante des idg. Originals widerspiegelt: * ,antreiben' als ,einem etw. zukommen lassen' = ,verleihen, gönnen' (handelt es sich vielleicht um eine se­parate, parallele Entlehnung?). Der Zusammenhang von fi. suo­mit fi. sou ta- wurde natürlich bisher nicht gesehen, weil er ja auf synchroner Ebene und rein innersprachlich unmöglich aufzu­decken ist. Im Südosten des Estnischen scheint übrigens auch die suffigierte Form die idg. ,gönnen'-Bedeutung widerzuspiegeln, denn dort gilt (nach Wiedemann 1079) ein mit söudma (söuan, söuda) ,rudern' homonymes söudma (söuan, söuda) ,gönnen, wün­schen (einem anderen)', also in der Bedeutung von estn. soovima (Stamm soovi-), das auch zur Sippe von fi. suo- gehört32•

Auf idg. Seite ist die Zugehörigkeit von gr. Earo ,lasse, lasse zu, gestatte, lasse in Ruhe' wegen der abweichenden Semantik ange­zweifelt worden (s. FRISK I 434; CHANTRAINE 309); formal kann das gr. Verb über *(cr)Efo:- gut idg. *sewH- vertreten (FRISK ibid.). Die oben gezeigten Zusammenhänge dürften den Zweifel auf­heben: gr. Earo erklärt sich semantisch etwa aus ,fahren lassen'. Man vergleiche noch semantisch fi. laske- ,lassen, loslassen, fahren lassen' und auch ,(mit einem Fahrzeug, Boot) fahren, steuern' (s. LöNNROT I 894).

Ung. evez- ,rudern' wurde früher mit den übrigen ural. Formen zusammengestellt (COLLINDER 1960: 160, Nr. 341), wegen des Vor­dervokals in der ersten Silbe ist jedoch eine unmittelbare Gleich-

32 Das Verhältnis zwischen Ci. (Inf.) 8'Uoda und estn. (Inf.) 800vima ,gönnen, wünschen (einem anderen)' ist lautlich unklar (SKES 1110). Ein etymologi­scher Zusammenhang kann jedoch kaum bezweifelt werden.

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B. Substitution im Inlaut 63

setzung unmöglich (vgl. UEW I 450). Nunmehr dürfte es aber mög­lich sein, das ung. Verb aus der anzunehmenden hochstufigen Ab­la.utvariante idg. * 8ewH- zu erklären (vgl. eben das hochstufige griechische Verb). Ural. 8- ist im Ungarischen lautgesetzlieh ge­schwunden, und ural. -w- und -x- (= tradit. -r-) sind in ung. -v- zu­sammengefallen. Als Urform läßt sich offenbar sowohl *8ewxi-, *8exi- als auch * sewi- (bzw. die traditionell entsprechenden e­Stämme) ansetzen (man weiß ja nicht, ob die Verbindung -wx- mög­lich war, außerdem könnte das ung. Verb eine etwas spätere Ent­lehnung sein). Das -z läßt sich als altes Suffix frequentativer Bedeu­tung erklären (vgl. UEW 176)33. Dasselbe SuffIx erscheint bekannt­lich auch z. B. in ung. nez- ,ansehen' (Grundstamm fIu. *näki- = fi. näke- ,sehen'), ung. !6z- ,sieden, kochen (trans.)' (Grundstamm ural. *pexi., s. Nr. 10) (zum SuffIx vgl. HA..mu 1985: 335).

13. Fi. tuo- (Inf. tuoda) ,bringen, holen' (gemeinosfI.) = (süd)lp. *duokka· ,verkaufen' = mordw. (Ersa) tuje-, (Mokscha) tujIJ­,bringen, holen' = (?) wog. tül- id. = ostj. tu- id. = ? ung. toj- ,Eier legen' (SKES 1404; REDEI, UEW I 529); nach SKES, UEW hierzu auch sam. Uurakisch) tao ,geben, bringen" (Taugi) taa- ,bringen" (Jenissei) te-da- ,bringen, geben' usw. (= [ur]sam. *t~- ,bringen, geben' nach JANHUNEN 145)

< fiu. (ural.?) *toxi- (SAMMALLAHTI 1988: 550; UEW: ura.l. * tore-)

aus: idg. *doh3- < *deh3- ,geben' (= tradit. *00-), redupliziert vertreten in aind. da-dati ,gibt" gr. ot-oroJ,tt ,gebe'; lit. doodu id. (alit. dUomi), Inf. dooti (s. STANG 1966: 318) usw.; heth. da­,nehmen' (lEW 223-225; MAYRHOFER. KEWA 11 13; MAYRHOFER

1986: 141, 143)34.

33 Das ung. Verb ist frUher u. a. mit fi. evä ,Flosse' verbunden worden (noch in UEW, I 76, wird diese Etymologie als unsichere Möglichkeit ange­geben). Das Finnische etymologische Wörterbuch· (SKES (3) verzeichnet sie aber nicht mehr. Über IL evä S. nunmehr KOIVULEHTO 1986a: 87-89.

34 Als konkrete Vorlage CUr die Entlehnung paßt die idg. reduplizierte Präsensform der Wurzel, wie sie in aind. da-OO-, gr. ~t-oo>- vorliegt, natürlich schlecht (vgl. KATZ 1987: 256: Kritik an "Wurzeletymologien"). Es bleiben zwei Erklärungen: (1) entweder hat die lehnnehmende Seite die Wurzelform *doh3• auf grund der konkreten Manifestationen des gesamten idg. Paradigmas abstrahiert {minder wahrscheinlich, obwohl gute Kenntnisse des Idg. und

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64 Behandlung des Materials

Die an sich alte "indouralische" Zusammenstellung der obigen fiu.jural. und idg. Verben (s. Joki 1973: 225) wurde bereits von TRYGGVE SKÖLD (1960: 27-33) "laryngalistisch" gedeutet, und zwar als eine Entlehnung aus dem Indogermanischen ins Urali­sche. Er setzte ural. * tore- (bzw. * töre-) an, wofür wir jetzt (mit SAMMALLAHTI 1988: 550) * toxi- schreiben; d. h. der inlautende Konsonant ist das -X-, das in allen vergleichbaren Fällen für die traditionelle Notation -r- (bzw. -k- nach langem Vokal) steht (s. Nr. 12: ural. *suxj-).

Die Etymologie setzt voraus, daß die Entlehnung nach der an­genommenen Entwicklung idg. * deh3- > idg. * doh3- geschehen ist; d. h. der Laryngal h3 hatte den voraufgehenden e-stufigen Vokal be­reits zu 0 umgefärbt. Eine entsprechende U mfärbung in der Posi­tion nach dem Laryngal (h2 und h3) liegt vor in den Etymologien Nr. 1, 2, 3, 4, 7.

Traditionell wird mit den fiu. Entsprechungen von * toxi- (= * tore-) auch das oben angeführte samojedische Verb für ,bringen, geben' gleichgesetzt (so SKES und UEW). JANHUNEN (1981) bringt aber diese Zusammenstellung nicht mehr, und SAMMALLAHTI

(1988: 550) bezeichnet *toxi- nur als fiu. Diese Entscheidung be­ruht natürlich auf lautlichen Kriterien: Z. B. hätte eine bereits ura­lische Vokalkombination oCj (nach JANHUNEN 1981: 248) eigent-

Zweisprachigkeit bei den Vermittlern solcher zentralen Lehnwörter sicher vor­ausgesetzt werden müssen), oder (2) (mit größerer Wahrscheinlichkeit) es wurde aus einer nichtpräsentischen (d. h. urspr.: nichtdurativen) konkreten Form entlehnt, wohl aus dem idg. athematischen Aoriststamm (Wurzelaorist) des Sg., aus idg. *(e) doh3- (3. P. Sg. *fe) doh3-t; das Augment e [,Vergangenheit'] war urspr. ein selbständiges Wort [Adverb] und nicht obligatorisch, BRUG­MANN 11, 3,1, IOff., 4lff., 79ff., 99, 11, 3, 2, 712ff.), dessen punktuelle, momen­tane Bedeutung ("Aktionsart") sich für ,geben' gut eignete. Dieselben Alterna­tiven lassen sich auch bei idg. *dhehr annehmen (s. Nr. 17). - Bei neuen verbalen Entlehnungen kann man das Original mit einer vollständigen Form des Paradigmas, etwa mit dem Infinitiv, umschreiben, bei alten, vorgeschichtli­chen Entlehnungen aber wird das Original zweckmäßig als Verbstamm ange­geben. Bei idg. unabgeleiteten Primärverben ist dieser Stamm oft gleich (meist präsentische) Wurzelform (athematische Verben, wenn keine Reduplikation vorliegt) oder Wurzel + Themavokal (thematische Verben). Eine genauere Form für das Original anzugeben scheint mir weder möglich noch nötig: Als Original für fiu. *aja- ,treiben' muß doch idg. *ag- (Wurzel) oder idg. *ag-elo-(Wurzel + Themavokal) genügen (eine Personalform wie *ag-e-ti ,treibt' wäre überflüssig). Auch schon die Anfügung des Themavokals ist für die Etymologie irrelevant (s. auch Anm. 57).

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B. Substitution im Inlaut 65

lieh zu fiu. uCi werden müssen, d. h. die fiu. Fälle mit (erhaltenem) oCi scheinen in nachuralische Zeit zu gehören (auch das von JAN­HUNEN rekonstruierte ursam. a scheint nicht gut mit ural. 0 über­einzustimmen). Man könnte aber wohl diese lautliche Diskrepanz eben als Zeichen von fremder Herkunft des Verbs auffassen. (Das sam. Verb könnte vielleicht eine separate Entlehnung aus einer späteren idg. Form darstellen?, s. JOK! 1973: 331.) Das Verb scheint also in einer solchen Zeit entlehnt worden zu sein, als ein neues 0 in dieser Stellung bereits möglich wurde, die alte Substitu­tion des idg. Laryngals durch ural./fiu. -x- aber noch galt.

Die idg. Herkunft des ural. (fiu.) Verbs wird z. B. von REDE!

(1986: 42) anerkannt ("vorarisch"). Das semantische Verhältnis idg. ,geben' - fiu. ,bringen' läßt sich etwa mit dem Hinweis auf das samojedische Verb erklären, das ja beide Bedeutungen vereinigt. Auch die Ip. Bedeutung ,verkaufen' läßt sich gerade aus ,geben' ab­leiten: vgl. den Parallelfall fiu. *amta- ,geben' = fi. anta- ,geben' =

lp. V'Uow'de- ,verkaufen' (UEW I 8)35.

14. Fi. tuuli (Gen. tuulen) ,Wind; Laune, Stimmung, Mut" als Verbstamm tuule- ,wehen, blasen (Wind)' (gemeinosfi.) = tscher. tul,Sturm' = wotj. ~l,Wind' = syrj. ~l. ~vid. (SKES 1438-1439; UEW 11 800) < fi.-perm. *t'Üli (JANHUNEN 1981: 241; SAM MAL­

LAHT! 1988: 554) = *t'Üle (E. ITKONEN 1953/54: 324; UEW hat *tule): in uralischer Rekonstruktion = ural. *tuxlj > sam. *tu5j ,Feder, Flügel' (beide Bedeutungen belegt; hierzu auch die AbI. fiu. *tulka = *tul-ka > Ip. dol'ge ,Feder' [auch mordw., wotj., syrj., wog., ostj., ung., in einigen Sprachen auch ,Flügel" s. UEW I 535], JANHUNEN 1981: 241)

< ural. *tuxlj (JANHUNEN 1981: 241; SAMMALLAIITI 1988: 540) aus: idg. *d"uH-li- (= tradit. *d"'Ü-li-, IEW 261), einer schwund­

stufigen Nominalbildung zur idg. Wurzel *d"ewH- (*d"ew-) ,stieben, wirbeln, bes. von Staub, Rauch, Dampf; wehen, blasen, Hauch, Atem - -' (= tradit. * d"ey,()-); diese Nominalbildung auf -li- ist er-

35 F. O. LINDEMAN hat mir brieflich vorgeschlagen, fiu. *toxi- doch eher an. idg. *dhohr (d. h. die Abtönungsstufe zu idg. *dheh1- und somit = germ. *dö· ,tun" s. Nr. 17) anzuknüpfen, da die Wurzel *dhe/ohr etwa im Altirischen (·tarti) mit der Bedeutung ,bringen, geben etc.' auftrete. Ich habe den Vor­Schlag llberdacht, fmde jedoch, daß der Anschluß an idg. * doh3• mehr ein­leuchtet.

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66 Behandlung des Materials

halten in lat. *füli- in lat. füligo ,Ruß" mir. düil ,Wunsch, Begehr' (* ,Gemütswallung'), lit. dulis, -io (Weiterbildung zu einem ja-Stamm) ,Nebel, Dunst; Räucherwerk zum Forttreiben der Bienen' (vgl auch lit. dulke ,Stäubchen', lett. dur~e ,feine, kleine Stroh-, Spreuteilchen') (aber aind. dhüli- ,Staub' gehört nicht hierher: MAYRHOFER, KEWA II 110); idg. *dhuH- > *dhü- ist als Verb vertreten u. a. in slav. *dyjp = sloven. dijem, diti ,wehen, duften, leise atmen' (ablautend in slav. *dujp = russ. duju, dutb [dunutb] ,blasen, wehen" aksl. dunp, dunpti ,blasen'), weiter in aind. dhün6ti ,schüttelt, bewegt hin und her, facht an" gr. Büro und B6vO) ,stürme einher, brause, tobe, rauche' (hierzu BUEAAet ,Sturmwind'); als Nominalbildungen gehören hierher noch u. a. gr. BO~6t; ,Ge­mütswallung, Leidenschaft, Mut' = aind. dhüma-'" ,Rauch, Dampf" an. dünn (= germ. *dü-na-) ,Daune, Flaumfeder' (lEW 261-263; KEWA II 107-109; FRISK I 690; CHANTRAINE 448; BERNEKER I 236; VASMER 1381, 383; FRAENKEL 109, 110; DE VRIES 87; GAM­KRELIDZE - IVANOV 1984: I 206).

Der Laryngal H (ohne weitere Spezifikation) wird von der La­ryngaltheorie eindeutig vorausgesetzt (s. auch GAMKRELIDZE­IVANov 1984: 206).

Lautlich paßt das fi.-perm. * tüli (= ural. * tuxlj) zum idg . . * dhuH-li- genau. Semantisch erklärt sich die Zusammenstellung aus der idg. Wurzelbedeutung, die einerseits als ,stieben, wirbeln" andererseits als ,wehen, blasen' zu definieren ist. Die Bedeutung ,wehen' kommt besonders im Slavischen vor; unter nominalen Bil­dungen sind Bedeutungen wie ,Staub" ,Rauch" ,Sturm' vertreten. Auch die Bedeutung der einzelsprachlichen Kontinuanten von idg. *dhuH-li-, lat. ,Ruß" mir. ,Wunsch, Begehr', lit. ,Räucherwerk" lassen sich nur verstehen, wenn von ,stieben, wehen' ausgegangen wird: Ruß und Rauch ist etwas, was im Winde wirbelt, stiebt; ,Wunsch, Begehr' als *,Gemütswallung' vergleicht sich mit fi. tuuli ,Wind" aber auch ,Laune, Stimmung'.

Für die angesprochenen semantischen Zusammenhänge bietet z. B. fi. dial. nuoha eine Parallele. Das Wort bedeutet je nach Mundart 1. ,Ruß; Staubschicht" 2. ,bewegter, stiebender Staub" 3. ,Schneegestöber, Sturm überhaupt" 4. ,Aufruhr, Streit'. Der Fennist LAURI HAKULINEN (1939) hat an mundartlichem Material ausführlich bewiesen, daß alle diese Bedeutungen einem einzigen fi. nuoha zukommen. Zu vergleichen ist auch ahd. tun(i)st ,Sturm,

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B. Substitution im Inlaut 67

Hauch' = nhd. Dunst = ae. dÜ8t, eng!. dU8t ,Staub' (KLUGE­

MITZKA 148). JANHUNEN (1981: 241) bemerkt, daß das samojedische Wort für

,Feder, Flügel' lautlich genau dem fi.-perm. Wort für ,Wind' ent­spricht, und äußert vorsichtig die Vermutung, daß sie vielleicht auch etymologisch zusammengehören könnten, weil es semantische Par­allelfälle gebe (ohne Beispiele zu nennen). Ein bekannter Fall ist etwa an. vangr, schwed. vinge,Flügel' aus germ: *weinga(n)-, einer Bildung zu germ. *we- (= idg. * h2wehr ) ,blasen, wehen', wozu auch Wind ge­hört. Die vorliegende Etymologie stimmt nun mit der Annahme JAN­HUNENS überein. Eine Bedeutung wie ,Feder' ist gerade zu erwarten, denn auch die Federn sind leichtbewegliche Dinge, die im Winde stieben; andererseits kann man damit auch Luftzug, Wind erzeugen. In der idg. Sippe finden wir denn auch Wörter für ,Daune' = ,kleine Feder'; auch die aind. Instrumentalbildung zu *dhewH-, aind. dha­vitra- ,Fächer, Wedel' (lEW 262) = ,Gerät zum Erzeugen von Luftzug' kann zum Vergleich herangezogen werden.

Wir setzen somit nur ein uralisches * tuxlj an, das im Finnisch­Permischen als ,Wind, Sturm', im Samojedischen als ,Feder, Flügel' erscheint. Auf der finnisch-ugrischen Seite wird die letztere Bedeutung durch die Büdung fiu. * tulka vertreten, das nach JAN­HUNEN eine alte Ableitung von ura!. * tuxlj darstellt (vor einer Kon­sonantenverbindung und dazu noch in einem a-Stamm muß das ural. -ux- als kurzes -u- erscheinen, JANHUNEN 1981: 248).

Die Semantik des ura!. Wortes zusammen mit der weiten Ver­breitung setzt eine recht frühe Entlehnungszeit voraus.

Das x-Element des uralischen Wortes wird zunächst auf grund der samojedischen Evidenz angesetzt. Es ergibt sich das Lautge­setz: ural. VxC > sam. V:JC, fi.-perm. VC (JANHUNEN 1981: 248-250, s. Einleitung S. 14-15); im Uralischen gab es noch keine langen Vokalphoneme.

3. Fiu. k als Substitut des idg. Laryngals im Inlaut eines Lehnworts

Die Etymologie Nr. 17 ist bereits von TRVGGVE SKÖLD (1960: 27-33) vorgelegt worden. Die zwei anderen stammen von mir.

15. Fi. kulke- (Inf. kulkea) ,gehen, sich bewegen, wandern, her­umwandern' (gemeinosfi., doch nicht im Liv.) = lp. gol'ga- ,fließen, rinnen; herumwandern, sich herumtreiben' = mordw. (Ersa)

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68 Behandlung des Materials

ko[ge-, (Mokscha) ko[g-a- ,triefen, rinnen, sickern' = syrj. kjlal­,stromabwärts treiben (intr.)' (-al- ist suffixal) = ostj. bral-, xorat­u. ähnl. ,schreiten, laufen' = ung. ha lad- ,fortschreiten; vergehen (Zeit)' (-d- ist suffixal) (SKES 233; NI ELSEN 11 271; REDEI, UEW I 198)36

< fiu. *kulki- (SAMMALLAHTI 1988: 544) = *kulke- (UEW) aus: idg. * kwelH-elo-, vertreten in aind. carati ,bewegt sich, wan­

dert, wandert umher, weidet, treibt' (schwere Wurzel, vgl. Inf. ca­ritum, Part. Perf. Pass. carita-, ci1(l-a-, Nomen actionis cürti­,Gehen'); idg. Verbwurzel * kWel(H)- etwa ,sich regen, sich herumbe­wegen, wandern' (= tradit. * k1Jel-, *kYel'a-, IEW 639) zeigt sich auch in gr. n:EAffi, n:EAO/-LCXL (urspr.) ,bin in Bewegung" (dehn stufig) n:ffiM-0/-LCXL ,bewege mich an einem Orte herum, komme häufig hin" lat. colö « *kwe-) ,bebaue, bewohne; pflege'; hierzu auch Nominalbil­dungen für ,Rad' (IEW 639-640; MAYRHOFER, KEWA I 376; MAYRHOFER 1986: 108; MONIER-WILLIAMS 399, 401; FRISK 11 500).

In der aind. Präsensform carati usw. (mit a aus idg. e) kann der Laryngal keinen Reflex aufweisen. Jedoch setzen die "schweren" (set-)Formen, wie die des Infinitivs caritum, des Partizips ci1(l-a­(carita-) die laryngalhaltige Verbwurzel idg. *kwelH- (thematisches Präsens * kwelH-elo-) voraus, wie allgemein bekannt ist (s. LIN­DEMAN 1987: 26; MAYRHOFER 1986: 108). Natürlich hat es daneben auch ein leichteres idg. * kWel- geben können.

Die anzunehmende Substitution idg. * kWelH-elo- > fiu. * kulki­(= *kulke-) erklärt sich daraus, daß ein fiu. **kwelki- bzw. * * kuelki- phonotaktisch völlig unmöglich war: Es gab keine anlau­tenden Konsonantenverbindungen, auch keine Diphthonge wie **ue. Den Klusilwert k- wollte man auch nicht preisgeben, wie mehrere Parallelfälle zeigen: vgl. fi. kurkku ,Kehle, Gurgel' aus germ. * kwerkö (urn. * kwerku) > an. kverk ,Kehle, Gurgel" ahd. querka ,Gurgel'; fi. kuja ,Gasse, Zaunweg' aus frühgerm. *kwijä (> * kwijö) > an. kvi ,Pferch; Gasse' (s. SKES 245, 231).

Die anzunehmende Substitution des idg. -lH- durch fiu. -lk­braucht nicht unbedingt zu bedeuten, daß das Verb eine frühere Entlehnung ist als die ältesten Fälle mit fiu. -8- < idg. -H- (s. die

36 SKES (Y. H. TOIVONEN, 1958) und UEW (1198) ftihren hier noch einiges aus dem Samojedischen an, JANHUNEN (1981) und SAMMALLAHTI (1988) haben dies jedoch nicht mehr berücksichtigt; SAMMALLAHTI bringt nur fiu. * kulki-.

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B. Substitution im Inla.ut 69

Etymologie Nr.22, fiu. *peBä-/*püSä-), denn ein fiu. -18- wäre of­fenbar auch aus phonotaktischen Gründen vermieden worden: Es läßt sich wohl kein fiu. -1,8- nachweisen. Übrigens ist auch kein ural. -b;- nachzuweisen, -x- ist postkonsonantisch unbekannt.

Wegen der Semantik ,sich bewegen, gehen, (herum)wandern' in einem Lehnwort sei an fi. * käve- (heute My., Inf. käydä), (frequen­tativ) käve-le- ,gehen, wandern· erinnert, das offenbar ein sehr altes germ. Lehnwort ist: aus germ. * skrewjela- (> got. skewjan ,gehen, wandern" s. KOIVULEHTO 1981 b: 365; HOFSTRA 1985: 140)37.

16. Fi. suke-utu- (Inf. sukeutua., AbI. vom Grundstamm suke-) ,werden, entstehen', dial., ält. auch suke-a- oder suke-ne- (Inf. sueta) id. und auch (ält.) ,erzeugen, erschaffen" (Grundstamm) suke- (Inf. 8Ukea, nur bei LöNNROT) ,erzeugen, erschaffen" estn. suge- (Inf. su· geda., 1. P. Sg. Präs. Boen, Bugen) ,geschehen, werden, wachsen, sich mehren" liv. (Inf.) su'gg~ ,werden, entstehen, sich einfinden, sich ereignen'; altes Verbalnomen zu osfi. *suke- ist fi. sub ,Ge­schlecht; Abstammung, Geburt; (ält.) Leibesfrucht. Brut., estn. 8UgU ,Art, Gesohleoht; Frucht, Kind, Zuwachs' (gemeinosfL); lp. 8okkd. ,Geschlecht' (SKES 1098-1099; LöNNROT 581, 587, 588; WIEDEMANN 1083-1084; KETTUNEN 384); Grundstamm (osfi.) *suke·

< frühurfi. (fiu.) *suke- (= *suki-) aus: idg. *suH-, vertreten in aind. (Med.) 8'4te (= .ra-te) ,gebiert,

zeugt, erzeugt" (Pass.) (pra-)8Üyate ,geboren werden, entstehen'; hierzu aind. 8'11- ,Erzeuger; Geburt .. 8Üti- ,Geburt, Entstehung·; die idg. Wurzel ist *8ewH'/*8UH- (*sew-) ,gebären' (= tradit. *8eu-. *8ey,a-. *si-, lEW 913), wozu auch av. hunämi ,gebäre" haota- ,Ge­schlecht' usw.; hierzu auch idg. * suH-nu- > aind. 8'Ünu- = lit. 8Ünu.s = aksI. aynö ,Sohn· (lEW 913-914; MAYRHOFER, KEWA In 492; MONIER-WILLIAMS 1240, 698; GAMKRELIDZE - IVANOV 1984: 765).

37 Ein weiteres, evidentes Beispiel für die Substitution des idg. ·lH· durch fiu. ·lle· liegt in riu. * kelki· ( .. * kelke-) ,müssen, sollen' (UEW I 145; SAMMAL·

LAHTI 1988: 54a) vor (> lp. gal'ga. ,sollen, müssen" ung. kell· ,müssen, sollen, benötigen; gefallen' usw.), wenn wir neuerdings mit BEEKEs (1988: 99) got. 8kulan ,schuldig sein, sollen, müssen' usw. auf idg. ·8kJH· zurückführen. Das benötigte e.stufige Original ist vertreten in lit. 8keUti. 8keliu (älter s"lu) ,schuldig sein' (FRAENKEL 799). Idg. ·,kelH- ist (mit dieser Bedeutung) nur im Germanischen und Baltischen bezeugt (lEW 927).

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70 Behandlung des Materials

Die ostseefinnische Wortsippe mit dem alten Verbalnomen (fi.) suku setzt als verbalen Grundstamm osfi. * suke- voraus, zunächst mit aktiv-transitivem Sinn, wie er auch bei LöNNROT (587) für fi. suke- angeführt ist (derselbe Sinn, ,erzeugen, erschaffen", ist auch für si. suke-a-, suke-ne- bezeugt, s. oben; die estnische und livische Entsprechung sind dagegen intransitiv). Fi. suke-utu- ist eine re­flexiv-mediale Bildung dazu: vgl. fi. suke- : suke-utu- : suku wie fi. puke- ,anziehen, kleiden' : puke-utu- ,sich anziehen, sich kleiden' : puku ,Anzug" oder fi. luke- ,lesen; zählen' : luke-utu- ,gezählt werden = zählen (intr.)' : luku ,Zahl; Lesen'. (Fi. suke-a- < * su­ke-ta- stellt eine -ta-Suffigierung dar.) Frühurfi. * suke-, wofür nach der neueren Notationsweise von JANHUNEN und SAMMALLAHTI (fiu.) *suki- geschrieben werden könnte, läßt sich somit lautlich und semantisch genau auf schwundstufiges idg. * suH- (> aind. 8'U­in 8'U-te ,gebiert' usw.) zurückführen, mit -k- als Reflex des idg. La­ryngals, der für diese Wurzel feststeht (s. z. B. GAMKRELIDZE­IVANov II 765).

Trotz der begrenzten Verbreitung von suke- - mit Sicherheit nur im Ostseefinnischen, denn das lappische Substantiv sokka ,Ge­schlecht' kann (wegen -a) aus dem Ostseefinnischen entlehnt sein - setzt die Etymologie eine frühe Entlehnungszeit voraus, zumal das entsprechende idg. Verb nur noch im Indoiranischen als Verb erscheint. Eine nur osfi. Verbreitung haben wir jedoch auch bei fi. kallis, fi. kaski, fi. ehkä, fi. kehdata, fi. pohtaa, fi. puhdas, fi. vihdoin (*vihta) (s. Nr. 2, 3, 18, 21, 24, 25, 26).

Es hindert uns nichts, eine frühe Entlehnungszeit anzunehmen, denn seiner Struktur und Bedeutung nach gehört suke- : suku durchaus zum denkbar ältesten Wortschatz. Daß es außerhalb des Ostseefinnischen (und des Lappischen) nicht vorkommt, bedeutet entweder, (1) daß es nur in die westlichen fiu. Mundarten entlehnt wurde, die dem Ostseefinnischen zugrundeliegen, oder (2) daß es in den anderen fiu. Sprachen geschwunden ist.

Die letztere Alternative wäre prinzipiell weniger gut, in un­serem speziellen Fall läßt sich aber das Fehlen des Verbs in den anderen fiu. Sprachen dadurch erklären, daß es dort weitgehend mit ural. * 8'UXj- ,rudern' (s. Nr. 12) homonym geworden wäre. Da­gegen erhält gerade das Ostseefinnische und Lappische den ur­sprünglichen lautlichen Unterschied lautgesetzlieh in Kraft: *suxj­> fi. suo- (suffigiert souta-) = lp. sukka- gegen *suki- > fi. suke- == Ip. * sokka-.

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B. Substitution im Inla.ut 71

Aber B'Uke- kann auch so beurteilt werden, wie etwa fi. yuhdas ,rein': erst im Ostseebereich (etwa 2500-2000 v. Ohr.) über­nommen. Die Substitution des inlautenden Laryngals durch -k- (und nicht durch -8- > -ho) braucht mit dieser Alternative nicht im Wi­derspruch zu stehen. Eine ursprüngliche Struktur sVIVwäre als un­gewöhnlich vermieden worden, denn sie kommt in keinem nach­weisbar alten osfi. Wort vor. Es gibt in der finnischen Hochsprache Il.berhaupt nur ein Wort mit s Vh V, das nicht auf Lautmalerei beruht, nämlich fi. saha ,Säge" ein Lehnwort aus dem (späteren) Germa­nisch-Skandinavischen; alle anderen sind junge lautmalende Bil­dungen (aihise- ,zischen., B'Uhise- ,sausen' usw.). Fi. 8aha kann nun -aus mehreren Gründen - kaum auf frühurfi. * 8ala zurückgehen, sondern ist ein späteres Lehnwort mit ursprünglichem späturfi. -h­(fi. 8 Vh V kommt außerdem noch in ein paar ganz jungen ostmund­artlichen Lehnwörtern aus dem Russischen vor, s. SKES 1088).

17. Fi. teke- (Inf. tehdä) ,tun, machen' (gemeinosfi.) = Ip. diikka­id. = mordw. (Ersa) t' eje-, (Mokscha) t' ija- id. = ung. tev-, te-, tesz­,tun, machen; legen, setzen, stellen' (SKES 1253; REDEI 1986: 47; REDEI, UEW I 519)

< fiu. *teki- (SAMMALLAHTI 1988: 550) = *teke- (UEW) aus: idg. *d"ehr (= tradit. *dhe_, IEW 235), redupliziert ver­

treten in aind. da-dhäti ,setzt, stellt hin, legt" gr. -Ci ... STIIlt ,setze, lege, stelle'; lit. dedll id. (alit. demi), Inf. deti (s. STANG 1966: 318), aksl. deidp ,lege\ Inf. deti (auch lat. ab-do ,verberge" credö ,ver­traue, glaube' enthält ein urspr. *dhehr ); ablautend o-stufig in germ. *dö- > ahd. t'Uon, ae. dön ,tun'; mit k-Erweiterung in lat. (schwundstufig) faciö ,tue, mache' (= *dhhrk-), phryg. <XO-O<XK8't ,ar­ficit' (lEW 235-236; MAYRHOFER, KEWA II 14; FRAENKEL 91).

TRYGGVE SKÖLD, der diese "laryngalistische" Erklärung schon vorgelegt hat (1960: 33-37) setzt neben *teke- auch noch fiu. *tere- (r = gutturale Spirans) an, was heute nicht mehr angängig ist (s. oben Anm. 2). Wir hätten also hier dieselbe Substitution des idg. Laryngals im fiu. Inlaut wie in den beiden obigen Fällen. Die l:-Substitution ist hier zunächst als Zeichen einer sehr frühen Ent­lehnung aufzufassen, denn wir können (anders als bei den beiden obigen Fällen) keinen phonotaktischen Grund zur Vermeidung von -8- erkennen, das auch - und offenbar verhältnismäßig früh - zur Substitution des Laryngals im Inlaut verwendet worden ist (s.

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72 Behandlung des Materials

Nr.22). Jedoch kann verschiedene Substitution auch durch ver­schiedene Kontaktgebiete bedingt sein.

Es ist jedoch nicht ganz sicher, daß fiu. -k- hier für den idg. La­ryngal steht. Die Möglichkeit, daß es hier das idg. -k- wiedergibt, das in der damit erweiterten Form, lat. jacio usw. (vgl auch gr. Aor. E--9TJK<X ,setzte") vorliegt, kann nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Die "laryngalistische" Lösung gewinnt aber durch die zwei neuen k-Fälle, die nunmehr vorliegen, an WahrscheinlichkeiP8.

4. Fiu./frühurfi. s (> späturfi. h) als Substitut des idg. Laryngals im Inlaut eines Lehnworts

Dieses Substitutionsmuster ist jünger als die Substitution durch ural. -X-. Die Etymologie Nr.25 ist bereits von SKÖLD (1960: 37 -41) "laryngalistisch" gedeutet worden, die übrigen neun Ety­mologien stammen von mir. Nr. 18 und 19 habe ich inzwischen in finnischer Sprache ausführlich behandelt (KOIVULEHTO 1989), mehrere andere sind in verschiedenen Zusammenhängen (seit 1981) kurz vorgelegt worden (Nr. 21,22,23,26). Die Etymologien Nr. 20 und 27 erscheinen hier zum ersten Mal.

18. Fi. ehkä (Adv.) ,möglicherweise, vielleicht, wohl"; (Konj., veraltet) ,obwohl", karel.-olon. ehki ,doch, wenigstens", ingrisch ehkä ,vielleicht", wot. ehtsi ,vielleicht; obwohl", estn. ehk ,vielleicht, etwa; oder (auch); wenn gleich" (SKES 34; VKS I 277 -278; WIE­DEMANN 85); AbI. fi. ehkäise- (Inf. ehkäistä) ,verhüten, (dial.) (Blut) stillen, (einer Krankheit) vorbeugen, (sie) heilen" (SMS I 694; zum semantischen Verhältnis s. den folgenden Kommentar)

< späturfi. *ehkä < frühurfi. *(j)eskä *,Vermögen" > *,Mög­lichkeit"

38 Bei REDEI (1986: 47) wird fiu. * teke· als idg. Lehnwort anerkannt. Als mögliches Original wird "vorar. od. frühurar." *dhe·, *dhehl' oder *dh~k. ange­geben. Hier muß eine Ungenauigkeit vorliegen. Es kann ja nicht gemcint sein, daß fiu. * teke- aus * dhe- als Entlehnung entstanden wäre (vgl. auch SKOl.l) 1960: 35, SKES 1253 und KATZ 1987: 256). Diese Form hat man zwar in dor älteren Forschung natürlich auch (neben *dh~_k_, *dhe-k-, *dhe-k- u. dgl. s. S,,:ÖT.Il) her­angezogen, aber offenbar in erster Linie deshalb, weil man mit fiu.-idg. Urver­wandtschaft - oder mit einer noch älteren Entlehnung - gerechnet hat (und so ist es auch bei JOKI 1973: 327 zu verstehen). In UEW (I 519) findet sich nur noch *dhehr , jedoch ohne deutliche Angabe einer Entlehnung. Wegen der Re­duplikation vgl. Anm. 34.

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B. Substitution im Inlaut 73

aus: vorbalt. *jehlgä (= balt. *jegä = idg. *(H)yehlg"'eh2

tradit. *jeg1'ä) > lit. jega ,Kraft, Stärke" pa-jega ,Kraft, Vermögen, Potenz" lett. Rga ,Vermögen, physische Kraft; Vernunft' (= gr. ilß" ,Jugendkraft, jugendliches Alter') (lEW 503; FRAENKEL 192; MÜlILENBACH - ENDZELIN 11 Ill).

Ausdrucke fur ,Kraft, Vermögen, Fähigkeit' werden leicht zu Bezeichnungen fur ,Möglichkeit, Eventualität" ,vielleicht'; oft weist ein und dasselbe Wort beide Aspekte auf, wie dt. können. Dt. mögen (wozu möglich), engl. may (may be ,vielleicht') haben früher ,vermögen, imstande sein' bedeutet. Zu estn. voim ,Kraft, Ver­mögen, Stärke' gibt es die Ableitung voimalik ,möglich, eventuell': vöimalik et ma tulen ,(es ist) möglich, daß ich komme' = ,vielleicht komme ich'. Lit. geil ,möglicherweise, vielleicht' gehört zu galeti, galiu ,können, vermögen" woneben galia ,Vermögen, Kraft, Macht'.

Auf dieser semantischen Grundlage verbinden wir fi. ehkä ,viel­leicht' mit lit. jega ,Kraft, Vermögen" und zwar muß dann das osfi. Wort ein so altes Lehnwort sein, daß es den idg. Laryngal vor Kon­sonant widerspiegelt: idg. ehIG> eC (= balt., gr. eG). Gleichzeitig erhalten wir noch einen Fingerzeig dafür, daß die idg. Ausgangsbe­deutung ,Kraft, Vermögen' einmal auch bei ehkä vorgekommen ist. Es ist nämlich eben diese Bedeutung, die das fi. Verb ehkäiße- ,ver­hüten, (Blut) stillen' als eine Ableitung davon begreifen läßt. Das Heilen von Krankheiten und das Blutstillen wurde ja fruher einer übernatürlichen, magischen Kraft zugeschrieben, über die der Heiler verfügte. Als ein semantischer Parallelfall kann z. B. fi. jaksa· gelten: Es bedeutet eigentlich ,die nötige Kraft haben, im­stande sein, etw. zu tun" veraltet und dial. aber auch ,dämpfen, be­zwingen' (SKES ll2-ll3) und im Lappischen hat es die Entspre­chung juokso- ,eine mit Zaubermitteln verursachte Krankheit mit magischer Kraft heilen' (FRIIS 342). Vgl. auch lit. jlgti ~ nu-jlgti ,überwältigen, unterkriegen' (NIEDERMANN - SENN II 222). Zum Ab­leitungsverhältnis ehkä : ehkäiße- vgl. z. B. fi. potka ,Schenkel' : pot­kaise- ,mit dem Fuß treten, stoßen'. Die Ursprungsbedeutung ,Kraft' kommt auch bei der verbalen Entlehnung fi. ehti- zum Vor­schein (s. die nächste Etymologie).

Das Substantiv muß bereits früh zum Adverb erstarrt sein, und zwar im Nominativ. Adverbien, die auf Nominativformen zurück­gehen, sind auch fi. kohta ,sogleich' « kohta ,Stelle') - auch dies

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74 Behandlung des Materials

ein altes Lehnwort (s. UOTILA 1985) - und fi. vasta ,eben erst; erst' « *vasta ,Stelle gegenüber" SKES 1667). Die Erstarrung zum Ad­verb läßt sich etwa folgendermaßen verstehen: *ehkä: tulen ,(es be­steht die) Möglichkeit: ich komme' > ehkä tulen ,vielleicht komme ich'. Der Gebrauch als Konjunktion ist wohl recht alt, muß aber se­kundär sein: Alle Konjunktionen des Finnischen sind sekundär und gehen auf Adverbien zurück - insofern sie nicht bereits als Konjunktionen entlehnt sind (s. IIAKuLINEN 1979: 76). Entlehnte alte Adverbien bzw. Konjunktionen sind bekanntlich u. a. fi. ja ,und' (aus dem Germ.), vielä ,noch, nochmals' (aus dem Balt., vgl. lit. vll, dial. vela ,wieder, nochmals; andererseits').

Der anlautende Halbvokal j- (y-) des idg.jvorbalt. Originals zeigt im Ostseefinnischen keinen Reflex. Im Ostseefinnischen gibt es nämlich keine alten Wörter mit anlautendem je-Iji-. Entweder war diese Sequenz von Anfang an (d. h. in frühurfinnischer oder gar in finnisch-ugrischer Zeit) sprachwidrig, so daß das Wort als * eskä übernommen wurde, oder aber ein anlautendes j- ist vor eli sekundär geschwunden: * jeskä > * eskä > * ehkä. Der Schwund wäre vergleichbar mit dem frühurfinnischen Schwund von anlau­tendem w- (v-) vor olu (vgl. fi. osta- ,kaufen' = urspr. *os-ta- < *wos-ta-, letztlich aus idg. *wosä ,Handelsware'). Andere Beispiele für diesen (primären oder sekundären) Schwund habe ich in KOI­VULEHTO 1988a und 1986a vorgelegt. Die Vokalkombination e (in 1. Silbe) - ä (in 2. Silbe) ist in einer alten Entlehnung ganz normal (die Kombination e - a hat sich erst allmählich in Lehnwörtern ein­gebürgert).

Auf der idg. Seite ist der Ansatz des h1 hier berechtigt. Das Wort ist in einschlägigen etymologischen Wörterbüchern ohne weiteren Wurzelanschluß angeführt, es ist mit Sicherheit nur im Baltischen und Griechischen belegt und hat ein langes e. Die An­nahme einer Dehnstufe von idg. e wäre bei solcher Isolation keine gute Lösung, und sie würde eine Wurzel *(H)yegW

_ voraussetzen, die nicht bezeugt ist. Es ist somit natürlicher, eine normale Hoch­stufe, d. h. die Struktur mit -ehr anzunehmen. Idg. *(H)yehrff'-ehz läßt sich schwerlich weiter analysieren (wegen des möglichen an­lautenden Laryngals s. PETERS 1976 und 1980: 3, 107, 321)39.

39 Lit. jegd gehört zur Akzentklasse 4, in der die stammbetonten Formen (z. B. Akk. Sg. jlg{l) Zirkumflex (Schleif ton) haben. Dieser Befund würde (nach KORTLANDT 1988: 299-304; 1985) für die Dehnstufe und somit gegen den An-

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B. Substitution im Inlaut 75

19. Fi. ehti- (Inf. ehtiä) ,Zeit genug haben, um etwas tun zu können", (diaI. sporadisch auch ohne Bezug auf Zeit:) ,können, mögen' (z. B. ehtii olla ,es kann/mag sein'), ,rechtzeitig hin­kommen; reifen' (gemeinosfi., im Wot., Estn., Liv. mit einer Bedeu­tungsverschiebung zu ,schmücken, kleiden, bauen'): *esti- « früh­urfi. * (j)estä-j-?: Kontinuativabl. von * (j)estä-, s. unten); das Verb ist bis ins Permische verbreitet, (s. den Kommentar): lp. ds'ta- ,Zeit genug haben, um etwas tun zu können; rechtzeitig hinkommen", tscher. aste- ,machen, tun; kosten" syrj. e8tj-, je8tj- ,fertig werden; Zeit haben; (etwas tun) können; rechtzeitig hinkommen; reifen' (SKES 35; SMS 698-699; WICHMANN - UOTILA 42; vgl. UEW II 626); daneben *estä-, vorausgesetzt durch die Ableitung fi. eh(d)ättä- « *e8tä-ttä-), (dial.) ,über ein Gewässer übersetzen (tr.)' (dieselbe AbI. auch im Karel., Weps., SKES 35)

< frühurfi. (fi.-perm.?) *e8-tä- (bzw. *je8-tä-) - *(j)e8k-tä- * ,ver­mögen, Kraft genug haben, um etwas fertigzubringen" ein mit -tä­suffigiertes Verb, wohl unmittelbar aus dem entsprechenden (vor)balt. Verb entlehnt:

aus: (vor)balt. *jeh1g-je/o-, vertreten in balt. *jegja- > lit. jlgti, jegiu ,vermögen, imstande sein" pa-jlgti ,imstande sein, können, vermögen, Kraft genug haben, um etwas fertigzubringen', lett. jegt, j~dzu ,verstehen, begreifen' (FRAENKEL 192; KURSCHAT II 982;

satz des Laryngals sprechen, da die Langvokale, die auf V + H zurückgehen, nach KORTLANDT im Baltischen den Akut haben sollten (Ausnahme: Dehnstufe + H). Im Lettischen hat das Wort jedoch den Dehnton (l, der geschichtlich nicht dem Zirkumflex, sondern dem alten Akut entspricht (ENDZELIN 1922: 25ff.; STANG 1966: 140): vgl. lit. duona ,Brot' = lett. duona (vgl. KORTLANDT 1988: 302). Der widersprüchliche baltische Befund dürfte also nicht den An­satz des Laryngals gefahrden, besonders weil für eine Dehnstufe hier kein idg. Wurzelanschluß zu finden ist und weil auch im Griechischen langes e vorliegt. Mit Intonationswechsel im Litauischen kann wohl bei einem isolierten Wort gerechnet werden. BEEKES (1969: 183) hat seinerzeit gerade wegen des balti­schen Wortes an den Laryngal gedacht, aber dann doch (wegen gr. aßp6c; ,üppig, weich" wozu s. CHANTRAINE 405) lieber laryngalloses *jegU_/j.gU_ ange­setzt. Heute WÜrde er den laryngallosen Ansatz wohl nicht mehr billigen (vgl. BEEKES 1988: 60: "I assurne - - no reduced grade ."), denn der Wechsel eI. kann ja heute nur als ursprüngliches eh1/h1 interpretiert werden. - KORT­LANDT stimmt dem Ansatz des Laryngals in jega zu, aufgrund der lettischen und griechischen Evidenz; der litauische Zirkumflex müsse auf sekundärer Entwicklung beruhen (briefliche Mitteilung vom 15. 5. 1989).

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76 Behandlung des Materials

NIEDERMANN - SENN II 405-406; MÜHLENBACH - ENDZELIN II 112).

Das baltische Verb ist ein verbales Korrelat (bzw. eine vorein­zelsprachliche Ableitung) auf balt. -ja- zu dem unter fi. ehkä (Nr. 18) behandelten idg.-balt. Nomen. Die Bildungsweise deutet darauf hin, daß hier keine jüngere balt. Ableitung vorliegt (s. STANG 1966: 354-356; ENDZELIN 1922: 589, 601). Das osfi. (fi.­perm.) Verb erklärt sich am besten als ein unmittelbares, parallel mit dem Nomen übernommenes Lehnwort.

Alte wie neue re Lehnverben sind oft suffigiert worden, das häu­figste Suffix ist -ta-/-tä-, das heute bei jeder Neuentlehnung auto­matisch hinzugefügt wird. Heute wie auch schon früher wird es an vokalisch auslautende Stämme gefügt, wodurch sog. Kontraktions­verben entstehen (s. die übernächste Etymologie, Nr. 21); in frü­heren Zeiten wurde das Suffix aber auch an konsonantisch auslau­tende Stämme (eigtl. Stammvarianten) angefügt, wofür die obige Etymologie ein neues Beispiel ist. Auf die gleiche Weise wurden und werden innerfinnische verbale Ableitungen gebildet. Beispiele für diese Suffigierung (von konsonantischen Stämmen) sind etwa: fi. niittä- (= *nit-tä-) ,mähen; (dial.) schneiden· aus germ. *snipa­,schneiden" fi. pohta- ,Getreide schwingen· (AbI. pohti-, kontinua­tiv) < frühurfi. *posta- (+- *pows-ta-) aus idg. *powH-eyelo­(> ahd. jewen ,Getreide reinigen" s. Etymologie Nr.24), fi. kestä­,aushalten, leiden; dauern· < *kenc-tä- aus balt. *kentja- (> lit. kfsti, kenci1l ,leiden, dulden·), fi. mahta- ,vermögen, mögen· < früh­urfi. *maS-ta- (auch im Mordw., Tscher.) aus germ. *may- (Allo­morphe *may-/*max-)40.

Durch Suffigierung dieser Art entsteht aus dem vorbalt. Ori­ginal zunächst frühurfi * (j)esk-tä-, das jedoch in dieser Form nicht phonetisch realisiert werden kann, sondern erleichtert wird zu *(j)estä-; -k- fällt aus. Vgl. fi. laske- ,(los)lassen· < *laSke- - lp. luoi'te- id. < *laSta-. Das lappische Verb erklärt sich als eine mit -ta- suffigierte Weiterbildung von *laSke-, vom Konsonantenstamm * laSk-; es entsteht also * laSk-ta-, das zu * laSta- erleichtert wird. Vgl. weiter etwa fi. astu- ,schreiten· < *aStu- +- *aSk-tu- zu *aSke­in fi. askel,Schritt·. - Zum anlautenden *(j)- s. oben Nr. 18.

40 Diese vier Etymologien stammen von mir und sind bereits an anderen Stellen aufgellihrt worden.

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B. Substitution im Inlaut 77

Osfi. *ehtä- wird vor allem durch die Ableitung *ehtä-ttä- > fi. eh(d)ättä- ,über ein Gewässer übersetzen (trans.)' = kare I. ehättä­= weps. ehtata- id. vorausgesetzt.

Ein regelmäßig gebildetes Verbalnomen zu * estä- = fi. * ehtä­ist offenbar fi. und kareI. ehto, das heute standardsprachlich für ,Bedingung' steht, früher aber ,freie Wahlmöglichkeit, Willkür' be­deutet hat: ,eligendi potestas, facultas' (RENV ALL I 29). Der seman­tische Zusammenhang wird nunmehr durch den idg.-balt. Hinter­grund klar: ehto < *esto ist eben ursprünglich ,potestas': ,Gewalt, Möglichkeit (über sich selbst zu bestimmen)'41.

Osfi. * esti- verhält sich zu * estä- wie eine Kontinuativableitung zum Grundverb: vgI. fi. pohti- ,Getreide schwingen; (daraus) erör­tern, durchsprechen' zu fi. pahta- ,Getreide schwingen'. Die zen­trale, überall vorkommende Bedeutung von *esti- ist ,Zeit haben, um etwas tun zu können'. Die Bedeutung unterscheidet sich somit nur darin von derjenigen des baltischen Verbs, daß das Vermögen, Können im Finnischen von der Zeit abhängig ist. Daneben findet sich aber diaI. auch einfaches ,können', desgleichen auch im Syrjä­nischen. Diese Bedeutungsentwicklung ,imstande sein' > ,zeitlich imstande sein' hat eine Parallele in einer anderen alten Entleh­nung: fi. jO'Uta- ,genug Zeit haben, um etw. tun zu können (u. dgl.)' = estn. jÖ'Uda- ,können, vermögen, imstande sein, Kraft haben; eilen, hinkommen" (AbI., Verbalnomen) jötul ,Kraft, Vermögen, Fähigkeit' (estn. jötul semantisch genau = lit. jegd). Es handelt sich auch hier um eine alte baltische bzw. vorbaltische Entlehnung: vgl. lett. ja'Üdiit ,vermögen, können" jaiLda ,Vermögen, Kraft' (s. FRAENKEL 195; MÜHLENBACH - ENDZELIN 11 97. IEW 511)42.

41 Zu ,potestas' ist auch schon SETÄLÄ (1933: (82) in seiner semantischen Analyse von Ci. ehto gelangt. Seine etymologische Deutung des Wortes ist je­doch unannehmbar: Er möchte in Ci. ehto ein germ. Lehnwort sehen (angeblich entlehnt aus germ. *ehto < *ihtä, mit gebrochenem e aus i also), indem er auf got. aihts ,Eigentum' (= germ. *aihti-) usw. hinweist. Ein solches schwundstu­figes germ. Wort läßt sich aber nicht nachweisen. Es hat auch keine Entspre­chungen in anderen idg. Sprachen, und ein kunes i wäre ja in dieser Wunel (lEW 298: *eik- ,zu eigen machen, vermögen') überhaupt nicht erwartungs­gemäß. Zu *ehtä- wurde fL ehto bereits von KETTum:N (1959) gestellt.

42 Das Finnische etymologische Wörterbuch (SKES 120) läßt umgekehrt die lettischen Wörter aus dem OSfL entlehnt sein, was angesichts der deutli­chen Zusammengehörigkeit der ersteren mit einer größeren idg. Sippe nicht a.ngeht.

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78 Behandlung des Materials

Auffallend ist, daß auch lp. da'ta- (s. oben) bereits 'auf *eSti- zu­rtlckgeht (und nicht auf * eStä-j-, das die älteste Form der Kontinua­tiv~bleitung sein müßte). Danach scheint der i-Stamm recht alt zu sein, auch. wenn das lp. Verb letztlich aus dem Ostseefinnischen entlehnt sein sollte. Das hohe Alter des ti-Stammes scheint wie­derum gegen seine Herleitung aus * estä-j- zu sprechen. Wie sich das Nebeneinander *estä- - *eSti- nun letztlich erklärt, muß hier offen bleiben. Auf jeden Fall ist aber klar, daß ein solcher ti-Stamm irgendwie sekundär aufgekommen ist, denn einem alten e-Stamm (= einem ural. ilj-Stamm bei J ANHUNEN), also einem * eSte- kann er nicht unmittelbar entsprechen. Es gibt im Finnischen nur noch einen vergleichbaren, scheinbar alten ti-Stamm, nämlich fi. tohti­(Inf. tohtia) ,wagen· < *tosti- > lp. duos'ta- id. (= tscher. tosta- id., SKES 1324), und die auf *e.fti- angewandte Analyse führt auch hier zur Annahme einer Entlehnung: vgl. aind. dhr~-n6-ti. dMr~-a-ti ,ist dreist, mutig, wagt., got. ga-dars ,wage· (IEW 259)43. So erhalten wir für alle drei Fälle, fi. ehti-, fi. pohti- und fi. tohti- dieselbe Ana­lyse und Erklärung (UEW 11 799 hat fi.-wolg. * toste-).

Bei syrj. estj-. jestj- deutet der Vokal e der ersten Silbe auf Ent­lehnung aus dem frühen Ostseefinnisch. Normalerweise (bei Urver­wandtschaft) entspricht nämlich dem osfi. e im Syrjänischen ein ve­larer Vokal (0). Syrj. dial. anlautendes j- könnte freilich auch die Erhaltung des Vordervokals erklären, wenn es alt wäre (E. IT­KONEN 1953/54: 309,325, 326). Eine solche Weiterentlehnung ist plausibel auch im Hinblick darauf, daß das syrj. Verb seinerseits noch ins Ostjakische weiterentlehnt worden ist, wie allgemein be­kannt ist (SKES 35; UEW 11 626): Lehnwörter haben Prestige und

43 Das idg. stammhafte -r- ist in * tost- ohne Reflex geblieben, weil sonst eine sprachwidrige Verbindung von drei Konsonanten, **-rit-, entstanden wäre. Auf die gleiche Weise ist das stamm hafte germ. -r- in urfi. *atra ,Pflug' (> fi. aura) aus germ. *arjJra- unterdrückt worden. Das Phonem -i- (statt -s-) läßt sich nattlrlich aus altem, bereits frühurarischem ·s- erklären (vgl. fin. *mekii ,Biene' aus frühurar. *meM- > aind. ma~kä ,Fliege, Biene'), aber es könnte wohl auch daran gedacht werden, daß es die originale idg. Verbindung -r8- reflektiert, d. h. zur Wiedergabe des fremden -r8- (vor dem eigenen suffi­xalen -t-) war -8- geeigneter als -8- (vgl. urfi. -sk- aus germ. -8k- in alten germ. Lehnwörtern, s. HOFSTRA 1985: 98). Der Vokal ·0- kann entweder das idg. Ab­tönungs-o- (aind. dhar!layati, got. ga-dar8) oder auch (theoretisch) die Schwund­stufe (aind. dhr!l-) reflektieren (vgl. fiu. *.§orwa ,Horn' - av. BrU- ,Horn', arvä­,Nagel').

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B. Substitution im Inlaut 79

verbreiten sich leicht. (Andere vergleichbare Fälle s. HOFsTRA 1985: 391-401). Aber natürlich kann die Entlehnung auch bereits in die anzunehmende finnisch-permische Grundsprache erfolgt sein. - Traditionell ist fi.-perm. *e8te- (UEW 11 626) = *e§ti- (SAM­MALLAHTI 1988: 552) rekonstruiert worden.

20. Fi. ihminen (Gen. ihmisen) ,Mensch" ältere Formen inhi­minen, inheminen (vgl. inhimillinen ,menschlich'), estn. inimene, inemine id. (gemeinosfi. ,Mensch" SKES 102); osfi. *inhi-m-inen (AbI.) < *inBi- = *in8e- = mordw. (Ersa) inze, (Mokscha) inzi ,Gast' (SKES; REDEI, UEW 11 627)

< fi.-mordw. *in8e (UEW) = *inBi aus: idg./vorgerm./vorar. *(whr , bzw. *(whrelo- oder *(whryel

0-: *(whr > aind. ja-I], ,Abkömmling, Nachkommenschaft, (GRASS­MANN 482) Geschöpf, Wesen'; *(whrelo- > germ. *kuna- > an. kon-r ,Sohn, vornehmer Mann'; *(rp,hryelo- > germ. *kunja- > an. kyn ,Geschlecht, Familie; Art" ahd. kunni id., ae. cynn ,Geschlecht, Art; Familie, Rasse, Volk' (*(Jrfhr = tradit. *gti-). Es handelt sich um schwundstufige Bildungen zur idg. Wurzel *genhr (= tradit. *gem-) ,zeugen, gebären' (IEW 373-375; KEWA I 432; MAYRHOFER 1986: 104, 128; DE VRIES 325; HOLTHAUSEN 67).

Das ostseefinnisch-mordwinische Grundwort *in8e kann sicher nicht durch (lautsymbolische) Urschöpfung entstanden sein, es ist auch keineswegs eine Ableitung (Ableitungen sind dagegen die spä­teren osfi. Formen). Es kann somit praktisch nur auf Entlehnung beruhen, wie mehrere andere fiu. Wörter für ,Mensch', ,Mann', ,Frau', ,Gast" ,Volk' usw. (s. auch Etymologie Nr. 9).

Mit der obigen Etymologie ist in semantischer Hinsicht zu­nächst zu vergleichen aind. jana-lf m. ,Geschöpf, Mensch' = gr. y6vo~ m. ,Geburt; Abkömmling" das ja o-stufig ebenfalls zu idg. *genhr ,gebären' gehört (MAYRHOFER, KEWA I 416; die Wurzel gehört zu den bekanntesten Laryngal-Beispielen, s. MAYRHOFER 1986: 123 usw.). Wegen der idg.-osfi.-mordw. Semantik vgl. auch fi. kansa ,Volk' = weps. kanz ,Familie, Nachkommenschaft' = lp. guos'se ,Fremder, Gast' (aus frühurgerm. *Xansä, s. KmvuLEHTO 1976: 251-253), weiter auch mordw. lommt ,Mensch; Fremder, fremd' (wohl aus ossetisch limcen ,Freund, Geliebter" s. JOKI 1973: 278) und wotj. murt ,Mensch, Mann; Fremder' « fi.-perm. *mertä

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80 Behandlung des Materials

aus vorar. *merto- [so näher KATZ 1983b], wohl nicht aus *mrto- [so auch REDEI 1986: 53]; die zwei letzten Beispiele nach UEW 11 627).

Die genaue Bedeutung des Grundworts *ime braucht nicht un­bedingt ,Mensch' gewesen zu sein (UEW setzt diese Bedeutung an), sondern kann mit den bezeugten idg. Bedeutungen noch genauer übereingestimmt haben. Das osfi. Wort ist ja eine Ableitung von *inse, sogar eine doppelte. Der Ausgang -minen muß nämlich ety­mologisch gesehen zwei verschiedene Suffixe enthalten, weil ein einheitliches -minen nur deverbal ist. Das erste m-haltige SuffIx läßt sich mit dem Suffix identifizieren, das in den uralten verdun­kelten Ableitungen fi. sydän, Gen. sydämen ,Herz' und fi. ydin, Gen. ytimen ,Mark (n.)' enthalten ist, außerdem auch z. B. in dem baltischen Lehnwort fi. morsian, Gen. morsiamen ,Braut". An dieses -m(e)- ist dann das noch heute produktive Suffix -(i)nen- : -(i)se- ge­treten (vgl. fi. nainen, Gen. naisen ,Frau" zu *nä-/*n&-, s. Etym. Nr. 9): inhi-m-inen vergleicht sich also rein morphologisch genau mit solchen produktiven Adjektiven wie -sydäminen ,-herzig" und -ytiminen ,-markig"; vgl kivinen ,steinig' (zu kivi ,Stein"). Die Bedeu­tung des Grundworts *ime kann somit eben etwa * ,Geschlecht, Fa­milie, Nachkommenschaft, Mann o. dgl: gewesen sein - wegen der mordw. Bedeutung ,Gast' vgl. noch die Bedeutungen des germ. Lehnworts (fi.) kansa (s. oben).

Auch die osfi.-mordw. Vokalverhältnisse deuten auf Entlehnung, denn normalerweise gilt in erster Silbe bei einem e-Stamm osfi. i = mordw. e: vgl. fi. kivi, Stamm kive- ,Stein' = mordw. kev id. (E. IT­KONEN 1946: 300); ein ähnlicher Fall mit abweichender Lautvertre­tung liegt in fi.-mordw. * sukta vor (s. unter Etymologie Nr. 3).

Idg. * g'!l--, wo -'!I-- Silbenträger ist, also vokalische Funktion hat, erscheint im Lehnwort durch *in- substituiert. Das palatale idg. g hätte nämlich hier durch j substituiert werden müssen, wie in fiu. * aja- ,treiben" aus idg./vorar. * ag-e/o- (> aind. ajati ,treibt'). Ein anlautendes **jn- war aber natürlich unmöglich (es wäre auch keine Silbe gewesen!), andererseits durfte die erste Silbe im Lehn­wort nicht verloren gehen. So mußte das unmögliche konsonanti­sche **j- vokalisch als i- realisiert werden. Die Stelle des Silbenträ­gers wurde also verschoben: idg. konsonantisches g + vokalisches '!I- ..... fi.-mordw. vokalisches i + konsonantisches n. Genau die­selbe Substitution finden wir in fi. ihme ,Wunder, Wunderwerk' < *imeh < frühurfi. *imes (SKES 102), einem osfi.-Ip. Wort, das ebenfalls bisher etymologisch dunkel gewesen ist. Es ist evident

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B. Substitution im Inlaut 81

entlehnt aus vorbalt. (oder auch vorgerm.) * (ro(h:J-m- > balt. *iin-m- > *zim-, das in lit. zyml,Merk-, Kennzeichen, Spur", lett. zime ,(Merk)zeichen, Mal, Spur, Anzeichen, Schriftzeichen' weiter­lebt; vgl. auch gr. yvro~a ,Kennzeichen' (s. IEW 377; FRAENKEL 1309). Bei diesem Wort handelt es sich um eine idg. m-Ableitung zur Wurzel idg. *{Jneh3- ,erkennen, kennen' (zu *genhr und *(Jneh3-

s. MAYRHOFER 1986: 128-129, 141-144). Zum Verhältnis ,Zei­chen' - ,Wunder(zeichen)' vgl. z. B. lit. iynfjs, -l,Zauberer, Zau­berin" zinid ,Nachricht, Kunde, Wissen, Führung; Kunst, Zau­berei' (FRAENKEL 1310), die mit lit. zyml etymologisch eng zusam­menhängen. Zu derselben idg. Wurzel gehört hinwieder im Germa­nischen u. a. an. kyn n. ,Wunder' und kynsl (n. PI.) ,Wunder, wun­derbare Dinge' (vgI. auch an. kynstr n. PI. ,schlauer Rat, Zauber­kunst, Wunder' entlehnt aus mnd. kunst, ebenfalls zu idg. *(Jneh3-,

DE VRIES 340). VgI. auch das germ. Lehnwort fi. taika ,Zauber(ei), Vorzeichen' aus germ. *taikna- > dt. Zeichen (SKES 1196). Osfi. *imes weist keinen wurzelhaften Laryngalreflex auf. Um ihn zu be­wahren, hätte das Wort dreisilbig werden müssen: *inaemel*iniimi, also homonym mit *in8e-mel*inai-mi ,Mensch' (vgI. oben). Wahr­scheinlich war aber der Laryngal in der betreffenden vorhalt. Form zwischen den Nasalen bereits geschwunden, als die Entleh­nung geschah: Er zeigt ja im Baltischen keinen Reflex, denn die baltische Form erklärt sich unmittelbar aus vorbalt. *!T!'-m-. Osfi. -m- erklärt sich aus der Phonot3ktik: Ein **-nm- war völlig unmög­lich, und auch geminierte Nasale sind erst sekundär entstanden. Der Ausgang -eS ist typisch in baltischen und germanischen Lehn­wörtern44•

Der e-Ausgang (= i nach SAMMALLAHTI) in *inae ist erwar­tungsgemäß: Alte Lehnwörter (bes. solche mit schwerer, d. h. ge­schlossener erster Silbe) sind häufig e-Stämme geworden.

Vertreter von idg. * !T!'hrye/o- wurden später in germanischer Zeit erneut entlehnt: germ. *1r:un(n)ja- ,(vornehmes) Geschlecht'

44 FrUhurfi. *imea hat eine genaue Entsprechung auch im Lappischen (SKES) (SUdlp.-Ostlp.): norwegischlp. dmIiB ,fremd, unbekannt; merkwürdig, verwunderlich' (NIELSEN I 51), lnarilp. oomas ,fremd; seltsam, ungewöhnlich; Wunder' (E. ITKONEN n 281), skoltlp. ,fremd; Wunder' (T. I. ITKONEN I 30). Das Wort hat also noch in frühurfi. Zeit auch das Vorlappische des frühurfi. Sprachgebiets erreicht. Eine spätere Entlehnung (aus dem Finnischen, SKES 102) ist norwegischlp. imas ,Wunder; merkwürdig, sonderbar' (NIELSEN 11 373).

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82 Behandlung des Materials

(vgl. an. konr ,vornehmer Mann') ergab fi. kunnia ,Ehre" fi. ku­ningas ,König' geht auf germ. * kuningaz zurück (nach RrrrER 1986: 242 wäre zu fragen, ob fi. -nn- in kunnia germ. -nn- aus -nhr reflektieren könnte). Erneute Entlehnungen in germanischer Zeit liegen auch oben bei den Etymologien Nr. 1, 2, 3 vor.

21. Fi. kehtaa- (Inf. kehdata) ,sich nicht schämen, scheuen (etw. zu tun), dial. auch ,die Mühe nicht scheuen (etw. zu tun)" meist ne­giert gebraucht im Sinne von ,sich schämen (etw. zu tun)" dial. auch ,die Mühe scheuen (etw. zu tun)" karel. (Inf.) kehtata (entspre­chend) ,die Mühe (nicht) scheuen" weps. (Inf.) kehtta id., estn. köhta- (Inf. köhata, köhtama) ,können, vermögen" dial. kehta-, kähta- ,mögen, über sich gewinnen' (SKES 175-176; WIEDEMANN 367,240)

< frühurfi. * ke8ta-ta-aus: (vor)balt.j(vor)balto-slav. *gehjd- (= balt. *ged- = idg.

*gWeh1dh-), vertreten in lit. geda ,Scham(gefühl)" apreuß. gidan (Akk.) ,Schande' und in lit. gedetis, gedytis ,sich schämen" apoln. zadac 8i~ ,sich ekeln' (za- < *ge-) (FRAENKEL 142). In idg. *gWehzfu}dh-l*gWohzfu}dh- (= tradit. *g'!!-e{u}dh-I*g'!!-ö{u}dh-), das im Ger­manischen und Balto-Slavischen mit Bedeutungen ,Schande, Scham, Ekel u. dgl.' verbreitet ist (idg. -ehr noch in germ. * kwM­> ahd. quät ,Kot" nl. kwaad ,böse, häßlich, verderbt' usw.) hat man eine dh-Erweiterung zu idg. (tradit.) *g'!!-öu-, *!fü- ,Mist, Exkre­mente, Kot, Ekelhaftes' gesehen (lEW 483-484).

Das ostseefinnische Verb macht bereits phonotaktisch und morphologisch den Eindruck einer Entlehnung. Es weist die Vo­kalkombination e (1. Silbe) - a (2. Silbe) auf, die nicht aus dem Fin­nisch-Ugrischen vererbt ist und sich erst in Lehnwörtern eingebür­gert hat. Es ist formell eine mit -ta- suffigierte Bildung zu einem (nominalen) Grundstamm * kehta., das jedoch nicht vorkommt (vgl. fi. aitaa- [Inf. aidata] ,umzäunen' zu aita ,Zaun'). Solche Bildungen ohne eigensprachliches Grundwort sind in der Regel Lehnverben: vgl. fi. maalaa- (Inf. maalata) ,malen' aus aschwed. mala id.

Im einzelnen können wir das osfi. Verb aus der oben angege­benen idg.-vorbalt. Vorlage auf verschiedene Weise herleiten. (1) Als fremdes Original kann ein frühes Verb angenommen werden, das heute durch lit. g€detis (1. P. Sg. Präs. g€diiu08, 3. P. gedisi) ver­treten wird. Weil das lit. Verb aber ein i-Stamm ist und dazu auch

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B. Substitution im Inlaut 83

offenbar eine denominale Bildung zu gida (STANG 1966: 321), kann es als solches kaum als unmittelbares Original in Frage kommen. (2) Wahrscheinlicher ist deshalb, daß das formale Grundelement des osfi. Verbs, also * kehta- das fremde nominale Original (= lit. geda ,Schamgelühl") widerspiegelt. Ob es auch als solches tibernommen wurde, können wir nicht mehr wissen. Ein vergleichbarer alter Fall ist fi. 08ta- ,kaufen" < frühurfi. *(W)08-ta-, dessen Grundstamm anscheinend das idg. Nomen *W08ä ,Handelsware" (> dt. Ware) widerspiegelt, denn das entspre­chende idg. Verb muß doch wohl e-stufig gewesen sein (im Präs., idg. *wes-)45. In *W08-ta- ist das Suffix an den Konsonanten­stamm fiu. *W08- angelügt, in *kesta-ta- aber an den Vokalstamm (Kontraktionsverb ).

Semantisch verhalten sich fi. kehtaa- und lit. gedetis wie Gegen­sätze zueinander: lit. ,sich schämen" - fi. ,sich nicht schämen" Die finnische Bedeutung erklärt sich durch eine Bedeutungsverschie­bung, für die sich mehrere Parallelen in diesem Sinnbezirk finden. Die Fennistin SILVA KIURU (1977: 103-105) hat diese Fälle ge­nauer untersucht. Fi. kehtaa- gehört zu den sog. "negopetalen" Verben, d. h. Verben, die vorwiegend negiert gebraucht werden, und zwar zu einer solchen Gruppe, die nur in Verbkonnexionen mit einem infiniten Hauptverb vorkommen, und die deshalb von der Verfasserin Modalverben genannt werden (KIURU 1977: 36-41). Die Aufgabe solcher negopetalen Modalverben ist es, den Grund anzugeben, warum das Subjekt des Satzes etwas nicht tut. Bei fi. kehtaa- ist der Grund ,Schamgefühl, Schüchternheit, Angst". Logisch wird eigentlich der Infinitiv negiert, das formal negierte Modalverb gibt nur den Grund des Nicht-Tuns an (KIURU 1977: 105): vgl. fi. (mit negiertem kehtaa-) minä en kehtaa tehdä sitä ,ich schäme mich, es zu tun" = ,ich tue es nicht: ich schäme mich näm­lich". Kiuru lührt nun mehrere Beispiele dafür an, wie ein und das­selbe Verb, das Schamgefühl, Scheu, Angst ausdrückt, mit entge­gengesetzten Bedeutungen gebraucht wird und zwar sogar in je­weils denselben Mundarten. Die Bedeutung wechselt je nachdem, ob das betreffende Verb als normales Hauptverb oder als Modal­verb gebraucht wird: (1) Fi. häpeä- (als normales Verb) ,sich schämen" - (als modales Verb, dial.) ,sich nicht schämen" (also ne-

45 Diese neue, m. E. überzeugende Etymologie für Ware stammt von SZE­

MERENYl (1979: 118-122), also idg. *wosä > germ. *wazö, später *warö.

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84 Behandlung des Materials

giert: ,sich schämen')46; (2) fi. ilkeä- (als normales Verb, nur dial.) ,sich (vor einemjetw.) schämen' - (als negopetales Modalverb) ,sich nicht schämen, sich nicht ekeln (davor, etw. zu tun)" (also ne­giert: ,sich schämen'); (3) fi. hirviä- (als normales Verb, nur dial.) ,sich (vor einemjetw.) fürchten' - (als negopet. Modalverb) ,sich nicht scheuen, sich nicht fürchten' (also negiert: ,sich scheuen').

Anhand dieser Parallelfälle läßt sich somit das baltisch-ostsee­finnische Bedeutungsverhältnis verstehen. Da kehtaa- nur als nego­petales Modalverb gebraucht wird, hat sich die zu erwartende Be­deutungsverschiebung durchgesetzt: Aus (balt.) ,sich schämen' wurde (fi.) ,sich nicht schämen", negiert ,sich schämen'.

Da die idg. Basis, die von lit. geda vertreten wird, eine langvo­kalische Hochstufe, also keine Dehnstufe ist (s. IEW 484), muß sie nach der Laryngaltheorie auf idg. *gWeh1dh- mit Laryngal hl zurück­gehen. Auch der baltische Akut setzt den Laryngal voraus (s. KORTLANDT 1988: 299-302). Die Schwundstufe enthält ein 'U-Ele­ment (tradit. *g1J'iJudh

-, *g~üdh_, lEW), das in der Hochstufe bei dieser Wurzelerweiterung keine Spur aufweist. Im einzelnen sind für diese sog. idg. Langdiphthonge bekanntlich verschiedene laryn­galistische Erklärungen gegeben worden (s. LrNDEMAN 1987: 7lff.; MAYRHOFER 1986: 173-175).

Die Lautform des osfi. Verbs scheint anzudeuten, daß die Ent­lehnung aus einer solchen vorbalt. Form erfolgte, in der die frühe, allen Satemsprachen gemeinsame Entwicklung von idg. Labiove­laren zu reinen Velaren (hier gW_ > g-) bereits vollzogen war. Der Laryngal scheint sich also in der vorliegenden Stellung (VHC) im Vorbaltischen noch in einer Zeit erhalten zu haben, als die Labio­velaren schon zu einfachen Velaren geworden waren (diese relative Datierung überrascht nicht, vgl. z. B. KORTLANDT 1985: 122). Aus einer grundsprachlichen Form mit bewahrter labiovelarer Artiku­lation würde man nämlich lieber osfi. **kuhta- bzw. **kühtä- er­warten (vgl. oben fiu. *k'Ulki-, Etymologie Nr. 15).

46 Ein Mundartbeleg für fi. häpeä- (Inf. hävetä) als negiertes Modalverb im Sinne von kehtaa- (KmRU 1977: 105) : minä en häpii sanoo sitä ,ich schäme mich, es zu sagen'. Als schriftsprachliches Verb hat häpeä- die Bedeutung ,sich schämen" und in der Schriftsprache hätte der zitierte Satz also die gegentei­lige Bedeutung ,ich schäme mich nicht, es zu sagen' (fi. en ,nicht'). Die mund­artliche Modalbedeutung des Verbs ist aber identisch mit der Bedeutung von fi. kehtaa-: en häpii = en kehtaa.

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B. Substitution im Inlaut 85

22. Lp. basse- ,braten, rösten" wotj. pjZ- ,braten, backen', syrj. p§i.- ,bähen, brühen; schmoren, gar werden' (AbI. pgias ,Bähung, heißer Umschlag'), wog. pit- ,kochen, brühen" ostj. päl-. pät- (u. dg!.) ,im Fett braten, kochen' (COLLINDER 90; SAMMALLAHTI 1988: 547; WICHMANN - UOTlLA - KORHONEN 202; WICHMANN - UOTILA 202; WIEDEMANn, Syrj. 254; LIIMOLA 1934: 168-170)

< fiu. *pesä-/*püSä-aus: idg. *bhehr (= tradit. *bhe-), bzw. *bhehryelo-, unmittelbar

vertreten in germ. * be-je/ja- > ahd. bä(j)en, mhd. bce(je)n ,bähen, (Brot) rösten" nhd. bähen ,durch Umschläge wärmen; (diaI.) (Brot) rösten'; mit g-Erweiterung, o-stufig in gr. epffiyw ,röste, brate" schwundstufig in germ. *baka- ,backen' (lEW 113; .KLUGE - MITZKA 44 usw.).

Diese Etymologie habe ich bereits 1981 kurz vorgelegt (KOIVU­LEHTO 1981 b: 355).

Die fiu. Zusammenstellung geht auf Y. H. TOIVONEN (1928: 302-303) und M. E. LIIMOLA (1934: 168-170) zurück. Bei COL­LINDER (1960: 410) und REDEI (UEW I 385) wird der fiu. Stamm als *piSä- angesetzt (in UEW werden die permischen Formen ausge­schlossen). In seiner neuen Untersuchung über die Lautgeschichte der uralischen Sprachen setzt SAMMALLAHTI (1988: 547) fiu. *pi8ä-/ *pesä- an; die e-Form wird durch die (ob)ugrische Vertretung vor­ausgesetzt, die Nebenform mit -i- steht bei SAMMALLAHTI offenbar wegen der Tradition (und wegen der Ip.-perm. Formen)47. Die per­mischen Mittelvokale erklären sich jedoch auch - und sogar besser - aus einem gerundeten *'Ü (wotj. j ist dann streng lautge­setzlich, und syrj. § könnte durch ein sporadisches Offenwerden dieses vorperm. *'Ü erklärt werden, vgI. E. ITKoNEN 1953/54: 327)48. Für die lappische Form paßt wiederum *'Ü genauso gut wie *i. Die Entstehung der 'il-Form im Finnisch-Permischen läßt sich als frühe Labialisierung e > 'Ü erklären, die durch die labialisie-

47 SAMMALLAHTI (1988: 547) verbindet mit den obugrischen Formen auch ung. /0. ,kochen (intr.)" das jedoch von anderen zu mordw. pije- id. usw. ge-8tellt wird, a.lso zu ural. *pexi- (s. Etym. Nr. 10).

48 Gerade bei einer Entlehnung sind solche vom Normalen etwas abwei­chende Lautentsprechungen zu erwarten. Das UEW (I 385) hä.lt die permi-8chen Formen "wegen des ursprünglich vela.ren Vokalismus" fern. Fiu. 'U und fiu. 'Ü weisen jedoch im Permischen denselben Reflex auf: normalerweise i (E. ITRONEN 1953/54: 300, 324, 327).

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86 Behandlung des Materials

rende Umgebung bewirkt wurde (e > ü, weil es im Fiu. kein ö gab). Solche sporadischen Labialisierungen sind eine bekannte Erschei­nung; einen Parallelfall für e > ü gerade in einem alten Lehnwort finden wir z. B. in fiu. = fi.-perm. *jewä > *juwä ,Getreide' aus idg. *yewo- (> aind. yava- ,Getreide, Korn, Feldfrucht, Gerste' usw., JOKI 1973: 265; UEW II 633; eine nichtpalatalisierte Form hätte fi. *evä ergeben, s. Nr. 18, wogegen wir jetzt fi. jyvä ,Korn' haben). Natürlich ließe sich auch eine Labialisation i > ü an­nehmen (s. unter Etymologie Nr. 23, S. 89), aber dann müßte man (nach SAMMALLAHTI) eben ein ursprüngliches Nebeneinander *pisä-/*pesä- annehmen, das ohne eigentliche Erklärung bleiben würde. Es ergibt sich somit folgende Interpretation: Idg. * bhehr wurde ins Finnisch-Ugrische zunächst als *pesä- entlehnt, im Fin­nisch-Permischen wurde es früh zu *püsä- labialisiert. Semantisch stimmt das fiu. Verb mit dem idg. denkbar genau überein.

Aus derselben idg. Verbwurzel haben wir bereits ural. *pexi­,kochen' hergeleitet, mit uralischer x-Substitution (s. Etymologie Nr. 10). In *pesä-/*püsä- hätten wir somit eine spätere, erneute Entlehnung ins Finnisch-Ugrische, diesmal mit fiu. -SO, das ja in­zwischen entstanden war (für einen ähnlichen Fall, zwei sukzessive Entlehnungen, die eine mit -x-, die andere mit -8-, s. Etymologie Nr. 11). Es wäre immerhin ein recht früher Fall von s-Substitution, ein gewisser Vorbehalt wäre deshalb vorerst geboten. Jedoch spricht gerade das inlautende -8- selbst für Entlehnung. Als neues Phonem ist es ja entweder in Lehnwörtern oder in expressiv-ono­matopoetischen Neuschöpfungen zu erwarten. Will man nun an­hand der fiu. Zusammenstellungen bei SAMMALLAHTI (1988: 541-551) erfahren, welche anderen Wörter mit fiu. Verbreitung ein inlautendes wurzelhaftes -s- aufweisen, findet man außer dem vorliegenden nur zwei andere Fälle: fiu. *pu.sa- (SAMMALLAIITI *pu.§ä-) ,blasen' (> fi. puhu- auch ,sprechen') und fiu. *mekBi ,Biene' (> fi. mehi-läinen id.)49. Davon ist das erste Wort deutlich lautmalend, das zweite ist schon längst als ein altes Lehnwort be­trachtet worden (vgl. aind. mak~kä ,Fliege, Biene" SKES 339; MAYRHOFER, KEWA II 541)50. Unter den Wörtern von finnisch-

49 Bei SAMMALLAHTI (1988) fehlt fi. pihka ,Baumharz', das nach bisheriger Auffassung eine Entsprechung im Ostjakischen besitzt (s. SKES 542, UEW I 385) und dann auf fiu. *piSka hinweist.

50 Für anlautendes 8- gIbt es mehr fiu. Beispiele: nach SAMMALLAHTI acht

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B. Substitution im Inlaut 87

permischer Verbreitung finden wir bereits 15 bis 16 Fälle mit -8-. Vor diesem Hintergrund ist die aufgestellte idg. Etymologie die zu erwartende Erklärung, denn als transitives unabgeleitetes Primär­verb und Kulturwort (Kochkunst) ist *pesä- wohl kaum lautma­lenden Ursprungs. Im Ostseefinnischen ist *püSä- (nach meiner Er­klärung) durch eine noch spätere, germanische Neuentlehnung aus immer noch demselben idg. Verb verdrängt worden: fi. paista­,braten; scheinen (Sonne)' .... *pä-ista-, entlehnt aus nordwest­germ. *bä-je/a- (> dt. bähen), s. näher KOIVULEHTO 1981 b: 348-358.

23. Wotj. puz, püZ ,Sieb· (puznj- ,sieben·) = syrj. poz, (SO-Dia­lekt) Pf!z" (ostpermjakisch) puZ ,Sieb· (pozn-al- ,sieben·) (E. ITKONEN 1953/54: 275; LYTKIN 1964: 59; LYTKIN - GULJAEV 223; WICH­MANN - UOTILA - KORHONEN 214; WICHMANN - UOTILA 215) < ur­perm. *pQz(n) (nach dem System von E. ITKONEN 1967) = *p!!i(n) (nach LYTKIN) = *püZ(n) (nach dem System von SAMMALLAHTI 1988)

< vorperm. (= fi.-perm.) *pe(w)senV aUs: idg./vorar. *pewH-eno-, vertreten in aind. pavana- (n.)

,Sieb, Seihe' (Atharva-Veda), (n., m.) ,Reinigen, Schwingen von Ge­treide" päli pavana- (n.) ,Schwingen, Worfeln von Getreide" lahndä portä (m.) ,Seihtuch" hindi ponä (m.) ,perforated iron ladle for skimming or straining' (MA YRHOFER, KEW A 11 238; MONIER­WILLIAMS 610; TURNER 450); zu idg. *pewH- ,reinigen, läutern, sieben· (= tradit. *pey:a-) (lEW 827; KEWA 11 237-238).

Aind. pavana- (n.) ,Sieb, Seihe· ist eine Nominalbildung auf idg. -eno-, die in der ersten Silbe die e-Stufe der Wurzel voraussetzt: idg. *pewH-eno-; vgl. aind. vartana- (n.) ,das Drehen' = aksl. vre­teno (n.) ,Spindel' < idg. *wert-eno-; aind. vahana- (n.) ,das Fahren' < idg. *we(/'-eno- (Brugmann 11, 1,266). Idg. *pewH- gehört zu den bekanntesten Laryngalbeispielen (s. LINDEMAN 1987: 26; MAYRHOFER 1981 a: 437).

Die Formen des permischen Wortes für ,Sieb' zeigen alle in der ersten Silbe lautgesetzliehe Reflexe des Phonems, das ERKKI IT­KONEN früher (1953/54: 275-278) noch mit urperm. 9 bezeich-

Fälle (neunter Fall [mit Fragezeichen]: für das Lehnwort ,Gold' ist fiu. 8- nicht anzunehmen, s. REDEI 1986: 82).

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88 Behandlung des Materials

nete. Später hat LYTKIN (1964: 59) den Lautwert genauer als ur­perm. {/ definiert, wonach E. ITKONEN (1967: 142) dasselbe Phonem als urperm. 9 bezeichnete. SAMMALLAHTI (1988: 530) schreibt dafür neuerdings urperm. ü (s. oben Etymologie Nr. 6: fi. kesy, wo das­selbe Phonem auftaucht). Dieses Phonem ist der lautgesetzliche Vertreter des vorpermischen (= fi.-perm., fiu.) e vor einem e (d. h. vor einem nichtoffenen Vokal, nach SAMMALLAHTI i) der zweiten Silbe (E. ITKoNEN 1953/54: 278-279, 325; SAMMALLAHTI 1988: 526-527). V. I. LYTKIN, der aufgrund seiner Mundartforschungen den Unterschied zwischen urperm. 9 und 9 einführt, stellt nament­lich fest, daß das Wort für ,Sieb" wegen seines 9 nicht mit fi. pokta­,Getreide schwingen' übereinstimmt, das ja den Hintervokal fi. 0

aufweist (LYTKIN 1964: 59; LYTKIN - GULJAEV 24, 223). Zu fi. pokta- s. die nächste Etymologie (Nr. 24).

Die rein innerpermischen Daten führen somit zum Ansatz vor­perm. *pe-se-. Die leere Stelle (-) könnte theoretisch ~ sein (*pe8e-), aber sie kann auch mit -w- ausgefüllt werden, denn *pese- und *pewse- (bzw. *pesi- und *pewsi- nach der Notation von SAMMAL­LAHTI) führen zu denselben permischen Formen: -w- kann in dieser Position keinen späteren Reflex im Permischen aufweisen. Das zeigt der Vergleich mit den permischen Vertretern von fiu. * lewle (= * lewli) ,Hauch, Atem, Geist" dessen -w- durch die fin­nisch-lappische Vertretung gesichert ist (fi. löyly < * leülü < *lewle - lp. liew'ld., E. ITKONEN 1953/54: 277-278, SAMMALLAHTI 1988: 545). Die permischen Vokalreflexe sind in bei den Wörtern identisch: vorperm_ * lewlel*pewse- > urperm. * 19l1p9z- (= nach LYTKIN *l{W*p{/z- = nach SAMMALLAHTI *lül/*püz-) > wotj. lull puz., syrj. lollpoz, SO-Dialekt (= Ober-Sysola) 19l1P9z, ostpermja­kisch (PO) lullput (nach E. ITKONEN 1953/54: 274-275; LYTKIN - GULJAEV 160). Der Ansatz vorperm. *pewse- mit -w- als Reflex des idg. Halbvokals stimmt somit mit den permischen Daten genau überein. Wenn aber die Verbindung -ws- phonot.ak­tisch nicht möglich gewesen sein sollte, wäre aus dem idg. Original vorperm. *pese- entstanden (auch die Metathese zu *peswe- wäre theoretisch möglich).

Das -n- des angesetzten vorperm. Substantivs weist heute im Substantiv keinen Reflex mehr auf. Dieser Schwund des -n- im Substantiv erklärt sich aus seiner späteren (urperm.) Stellung im absoluten Auslaut (REDEI gibt dieselbe Erklärung für den identi­schen Fall wotj., syrj. Piz, piz ,Mehl': UEW I 408, s. auch weiter

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B. Substitution im Inlaut 89

unten). Daß das -n- aber einmal im Substantiv gestanden haben muß, zeigen die davon abgeleiteten denominalen Verben mit ihrer Basis auf n: wotj. puinj- ,sieben' und syrj. pozn-al- id. (-al- ist ein denominales Suffix: vgI. syrj. lol-al- ,atmen' zu lol ,Atem" WICH­MANN - UOTILA 141), die in den einschlägigen Wörterbüchern ange­führt werden (s. auch LYTKIN - GULJAEV 223). Erhaltung des -n- im abgeleiteten Verb und andererseits Schwund im einsilbig gewor­denen Substantiv zeigt sich ganz parallel auch in folgenden Fällen:

(1) Wotj. piZ, auch piz ,Mehl" syrj. piZ, auch piz id. : wotj. pjZn-al-, pizn-al- ,mit Mehl bestreuen" syrj. piZn-al-, pizn-al- id. (UEW I 408). Das urspr. -n- ist durch wog. pasan (pasen, posan) ,Mehl' erwiesen (REDEI, UEW). Auch in diesem Kulturwort muß eine idg. Entlehnung vorliegen (vgI. bereits MAYRHOFER, KEWA II 281 und E. M06R, Acta Linguistica [Budapest] 7 [1958], S. 344): aus idg./vorslav. *pis-eno-, das in aksI. pb8eno ,Mehl' (= russ. p8en6 ,enthülste Hirse" IEW 796) vertreten ist (bzw. aus *piS-eno-?, *-8-wäre die erste Phase der Entwicklung, die im Arischen und Vorsla­vischen später zu -8- führte, im letzteren weiter 8 > eh, woraus wie­derum in der ersten slavischen Palatalisierung -8- entstand). Wegen des wotj. und syrj. Mittelvokals j (normalerweise < fiu. u., ü) muß daran erinnert werden, daß er auch in zwei anderen si­cheren Fällen einem ursprünglichen i entspricht, nämlich in fiu. * Myere ,Maus' (fi. hiiri = wotj., syrj. Bir) und fi.-perm. *riYe8e ,Ge­treidedarre' (= fi. riihi = syrj. rjnjS. rjmjS id., wotj. [metathetisch] in8f:r, Binjr ,Dreschtenne" s. E. ITKONEN 1953/54: 327: wohl spora­dische Labialisierung i > 'Ü). Das wogulische Wort wird erst aus dem (Vor)permischen entlehnt worden sein (als urugr. *pi8na o. dgl., zum Lautlichen vgl. SAMMALLAHTI 1988: 504-505: fiu. *wicd­,schaben'). UEW setzt in der ersten Silbe fiu. u an (*pu.§nY, *pu.§VnV). Idg. *pis-eno- ist eigentlich Part. Perl. Pass. (Verbalad­jektiv) zu idg. *peY8-/*pis- ,zerstampfen' (vgl. ross. picluitb ,stampfen" aind. pind{l# ,zerstampft" pi{lttJ,- ,zerstampft; Mehl" av. piStra- ,Mehl' usw .. , IEW 796; KEWA TI 281). Perm. ,Sieb' und ,Mehl' sind offenbar in derselben Kulturperiode übernommen worden, von einer Ackerbau treibenden idg. Sprachgemeinschaft vorslavisch-vorarischer Prägung.

(2) W otj. joz ,Gelenk' (= syrj. j~) : wotj. jozna- ,gliedweise ab­schneiden' (WICHMANN - U<YrILA - KORHONEN 81), auch (nach UEW I 408) jozn-al- id. Das ursprüngliche -n- im Substantiv ist durch fi.

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90 Behandlung des Materials

jäsen ,Glied; Gelenk', Stammjäsene-, mordw. (Ersa) ezne, (Mokscha) jäznä usw. erwiesen (s. UEW I 95): also fi.-perm. *jäsene.

(3) Wotj. kort ,Eisen' (= syrj. kgrt) : wotj. kortna- ,zäumen, auf­zäumen (Pferd)' (WICHMANN - UOTILA - KORHONEN 122); wegen der Semantik vgl. syrj. v~m-k~rt ,Gebiß am Zaum" wörtlich ,Mund. Eisen' (WICHMANN . UOTILA 98). Das -n- kehrt in mordw. ksni ,Eisen" tscher. k'iwtni, kürtnö id. wieder (UEW II 653). Auch hier liegt eine idg. Entlehnung vor, nach UEW aus iran. * kärt- (vgl. av. ka'iJta- ,Messer" pers. kard, osset. kard ,Messer, Säbel, Schwert" s. auch JOKI 1973: 273; zu idg. */s}ker-t- ,schneiden'). Wegen des -n- möchte man auch hier von einer idg. Bildung auf -eno- aus· gehen, einer Form also, die dem aind. Verbalnomen kartana- (n.) ,das Schneiden' (IEW 941) (k-analogisch erhalten) < idg. * kert-eno­entspricht. Die mordw. und tscher. Wörter könnten nach REDEI (1986: 71) parallele Entlehnungen sein. Natürlich handelt es sich bei ,Eisen' um eine etwas jüngere Entlehnung als bei perm. ,Sieb" was auch aus dem Vokalismus ersichtlich ist, der auf vorperm. ä in der ersten Silbe weist (UEW)51.

Das permische Wort für ,Sieb' wurde früher mit fi. pohta- ,Ge­treide schwingen, worfeln' und mordw. poniavto- id. unmittelbar verbunden (UEW II 738, ohne Erklärung für -n- im denominalen Verb; in SKES [v. J. 1962] findet sich jedoch bereits ein Fragezei­chen). Nach den Untersuchungen von E. ITKONEN (1953/54) und LYTKIN (1964) ist klar, daß es sich nicht um eine lautgesetzliche Entsprechung handelt52• Nun sind gerade bei Lehnwörtern (wegen

51 Die aufgezählten drei Parallelbeispiele wurden mit Hilfe von SEREBREN­NIKOV (1963: 345) und Grammatika 8ovremennego udmurtskogo jazyka (1962: 246) gefunden. In diesen Werken werden die entsprechenden vier wotjaki­schen Verben als Belege für ein angeblich wotjakisches (denominales) -n-SuffIX angeführt, dessen sprachgeschichtlicher Hintergrund nach SEREBRENNIKOV je­doch dunkel sei. In Wirklichkeit läßt sich also ein solches altes Verbalsuff'IX nicht nachweisen. Natürlich kann das -n- aber auf heutiger synchroner Ebene als ein Suffix aufgefaßt werden. Offenbar hat es auch eine gewisse Produkti· vität erhalten, denn außer den vier oben behandelten Verben werden noch zwei wotj. Bildungen angeführt (Grammatika), die als "deskriptiv-mundartlich" bezeichnet werden: t~rna- ,anschwellen' (- t~r-~r, lautsymbolisch für "einen stark angeschwollenen Körperteil"), curtna- ,hineinstecken' (- curt, lautsym­bolisch für "ein plötzliches Erscheinen eines Gegenstandes").

52 Fi. und fiu. 0 entspricht lautgesetzlich einem urperm. u (nach E. !T­

KONEN 1953/54: 323) = urperm. u (nach SAMMALLAHTI 1988: 530, vor ader

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B. Substitution im Inlaut 91

Weiterentlehnung u. dgl.) auch nichtlautgesetzliche Entspre­chungen möglich (vgl. z. B. Etymologie Nr. 27), aber natürlich muß auch bei Lehnwörtern Lautgesetzliches vor Nichtlautgesetzlichem gehen. Das hier aufgezeigte lautgesetzlich und semantisch genaue idg. Original für ,Sieb' und besonders der Nachweis des stamm­haften Charakters des permischen -n- machen eine unmittelbare Gleichsetzung von permisch ,Sieb' mit dem osfi. und mordw. Verb für ,Getreide schwingen' unmöglich. Die letzteren gehören nur mit­telbar hierher: Sie sind jeweils gesonderte Entlehnungen aus der idg. Sippe *pewH-, mit jeweils unterschiedlicher Ablautstufe der Originale (s. die nächste Etymologie, Nr. 24).

Im Westen des fi.-perm. Gebiets finden wir also z. T. andere alte idg. Lehnwörter im Bereich der Landwirtschaft als im Osten. Westlich sind außer fi. pohta- (und mordw. ponzavto-) auch fi. kaski ,Schwende' (s. Nr. 3), fi. kasva- ,wachsen' (Nr. 4), fi. kesä ,Sommer' (Nr.5), fi. puhdas ,rein' (Nr.25). - Das osfi. Wort für ,Sieb" fi. seula usw., ist ein germanisches Lehnwort.

Das perm. Wort für ,Sieb' ist ein Beispiel für ein altes idg. Lehnwort mit ausschließlich permischer Verbreitung. Ein weiteres Beispiel ist das permische Wort für ,Flügel" wotj. burd., syrj. bord, das ebenfalls ein vorperm. e, aber diesmal in einem ä-Stamm (E. ITKONEN 1953/54: 268; LYTKIN - GULJAEV 40), und somit vorperm. *pertä voraussetzt (auch die syrj. SO-Mundart und das Ostpermja­kische haben hier 0). V orperm. *pertä ist eine metathetische Ent­lehnung aus idg./vorar. *petro- (n.) > aind. patra-, pattra- ,Flügel; Feder' (zu idg. *pethz- ,fliegen" s. MAYRHOFER 1986: 135, Anm. 158), wie ich in einem anderen Zusammenhang ausgeführt habe (KOIVULEHTO 1988c: 43, 51; auch das Ur- und Vorlappische weist dieselbe Metathese von t und r auf; sie wurde nötig, weil die Verbindung -tr- im Finnisch-Ugrischen ursprünglich unbekannt war).

24. Fi. pohta- (Inf. pohtaa) ,Getreide mit Kornschwinge rei­nigen' (davon abgeleitet pohti- [heute] ,überlegen, bedenken'), karel. (Inf.) puohtua id., weps. (Inf.) pohtta id., wot. (Inf.) pohta id. (Ableitungen von *pohta- sind estn. dial. [ma-Inf.] pohetama, puhe­tama u. dgl. id.) (SKES 589; MÄGISTE 2116)

Zweiten Silbe; nach ihm auch einem urperm. j, vor einem hohen Vokal der Zweiten Silbe).

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92 Behandlung des Materials

< frühurfi. *posta- ( ...... *pofw}s-ta-) aus: idg./vorgerm. *powH-eyelo-, vertreten in germ. *fauja- >

ahd. fewen (jouwen), mhd. vöuwen ,(Getreide) sieben, reinigen" dt. dial. (tirol.) ff-ibm, veben usw. ,sieben" (steir.) fäen ,fein sieben; fein streuen; durch Wurf sand- oder staubartige Dinge (z. B. Mehl) reinigen" weiter in aind. pavayati ,reinigt, läutert'; es handelt sich um eine (kausative) Bildung mit o-Stufe auf idg. -eyelo- zur idg. Wurzel *pewH- ,reinigen, läutern, sieben' (= tradit. *pey,'iJ-) (lEW 827; LEXER 111 332; SCHATZ 170; UNGER-KHULL 209; KEWA 11 237).

Gleichbedeutendes mordw. (Ersa) ponzavto-, (Mokscha) pond_

zaftj- (SKES 589; UEW 11 738) stammt offenbar aus dem idg. Grundverb idg. (Präs.) *pu-ne-H-I*pu-n-H-, vertreten in aind. pu­nati ,reinigt' usw. (lEW 827; KEW A 11 306; s. den Kommentar).

Diese Etymologien habe ich bereits 1981 und 1983 in einem an­deren Zusammenhang kurz vorgelegt (KoIVULEHTO 1981 a: 208; 1983a: 149-150). Es handelt sich um dieselbe idg. Grundlage, aus der das permische Substantiv für ,Sieb' (s. Etymologie Nr. 23) und fi. puhdas ,rein' (s. Etymologie Nr.25) stammt. Das idg. Verb *powH-eyelo- hätte ohne Suffigierung zunächst frühurfi. *powse- er­geben (statt w wird auch v geschrieben). Dieser theoretische Stamm wurde aber mit dem Suffix -ta- erweitert, das oft bei Verb­entlehnungen eingesetzt wurde (vgl. oben Etymologien Nr. 19 und 21). Wie immer bei alten e-Stämmen wurde das Suffix an den kon­sonantischen Stamm angefügt: *pows-ta-. Diese zugrundeliegende Form mußte aber zu *posta- erleichtert werden, weil sonst eine phonotaktisch auffällige Verbindung von drei Konsonanten, -wst-, entstanden wäre. Dieselbe Erleichterung haben wir etwa in fi .. nosta- ,heben" einem Kausativum auf -ta- zu (intrans.) fi. nouse­,sich erheben, steigen' (das Frühurfinnische kannte noch keine Diphthonge, ein heutiges -Vu- entspricht einem älteren -Vw- oder -Vy-).

Fi. pohta- wurde früher mit wotj. puz, syrj. poz ,Sieb' zusammen­gestellt (UEW 11 738; mit Fragezeichen in SKES 589). Wie aber be­reits oben (Nr.23) ausgeführt wurde, setzt das permische Sub­stantiv in erster Silbe lautgesetzlich ein vorperm. e voraus und ist deshalb von dem osfi. Verb zu trennen. Es gehört nur mittelbar hierher: Das vorperm. e führt auf dieselbe idg. Wurzel, aber in e­stufiger Gestalt zurück (idg. *pewH-eno-).

Page 93: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

B. Substitution im Inlaut 93

Auch mordwinisch (Ersa) ponzavto-, (Mokscha) pondzafta- ,Ge­treide schwingen' ist früher mit fi. pohta- verbunden worden (in SKES 589 ebenfalls mit Fragezeichen). In diesem Fall müßte pohta­auf *ponS-ta- zurückgehen, und der Grundstamm wäre ein osfi.­mordw. *p0nSe- ohne weitere Erklärung (ein a-Stamm *ponSa­käme nicht in Frage, weil im Mordwinischen dann ein -u- zu er­warten wäre, s. E. ITKONEN 1946: 306ff.). Mordwinisch 0 ist aber auch der regelmäßige Vertreter eines alten u (vgI. fi. muna ,Ei' = mord. mona, fi. tuli, Stamm tule- ,Feuer' = mordw. tal, s. E. IT­KONEN 1946: 301), und deshalb läßt sich das mordw. Verb auf eine andere idg. Verbform der Wurzel *pewH- zurückführen, nämlich auf die des Grundverbs, auf die mit -n- infigierte Präsensform *pu-ne-H-I*pu-n-H-, wie sie im aind. Grundverb (3. P. Sg.) punati ,reinigt' « idg. *pu-ne-H-ti), (1. P. PI.) punima~ ,wir reinigen' « idg. *pu-n-H-mes), (3. P. PI.) punanti ,sie reinigen' « idg. *pu-n-H­enti) usw. vorliegt (s. z. B. LINDEMAN 1987: 26; MAYRHOFER 1981 a: 437). VgI. noch: aind. (Veda) saktum iva titaünä punanta~ ,so wie Schrotmehl durch ein Sieb reinigend' (MAYRHOFER, KEWA I 500; das aind. Verb wird auch mit engl. ,to winnow' = ,Getreide schwingen, worfeln' übersetzt: MONIER-WILLIAMS 640), päli punäti ,cleans, sifts" präkrit pU'{l-af ,cleans, winnows' (TuRNER 469). Auf das Getreide bezogen schwankt die Bedeutung also zwischen ,sieben' und ,schwingen, worfeln'. Wie das ostseefinnische, wurde auch das mordwinische Lehnverb suffigiert: (Ersa) -vt(o)-, (Mok­scha) -ftf.])- ist identisch mit dem bekannten mordw. Kausativsuffix (s. SEREBRENNIKOV 1967: 233), dem wiederum das osfi. Suffix -ta­semantisch entspricht.

Das osfi. und das mordw. Verb erweisen sich somit als parallele Entlehnungen aus zwei verschiedenen, jedoch eng zusammengehö­rigen idg. Verben mit gleicher Semantik.

25. Fi. puhdas, Gen. puhtaan ,rein, lauter' (gemeinosfi., mit gleicher Semantik, z. B. estn. puhas, Gen. puhta id.) (SKES 624-625)

< frühurfi. *Pu8tas

aus: idg. *puH-to-s, vertreten in aind. püta-~ ,rein, gereinigt, ge­läutert'; das idg. Wort ist ein schwundstufiges Partizip auf -to- zur idg. Wurzel *pewH- ,reinigen, läutern, sieben' (= tradit. *pey,CJ-) (lEW 827; KEW A 11 306).

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94 Behandlung des Materials

Wie schon oben in der Einleitung angemerkt, ist diese "laryngaIi­stische" Etymologie bereits von TRYGGVE SKÖLD (1960: 37 -41) vor­gelegt worden. Da sie damals das einzige Beispiel für fiu./frühurfi. -s­als Substitut eines idg. Laryngals war (und weil man das osfi. Adjektiv auch als "onomatopoetisch-deskriptiv" auslegen wollte), wurde sie nicht von allen gebilligt, wohl auch, weil sie von SKÖLD selbst mit Vor­behalt behandelt wurde. Heute kann kein Zweifel mehr an der idg. Herkunft des osfi. Adjektivs bestehen. Auch strukturelle Gründe spre­chen für eine Entlehnung, denn fast alle anderen gemeinosfi. Nomina auf -as/-ä8(fi. Genitiv heute auf -aan/-ään), für die kein Grundwort be­kannt ist, haben sich inzwischen ebenfalls als Lehnwörter herausge­stellt(s.KoIVULEHTOI981 b:346-347).

Obwohl das idg. Partizip nur noch im Altindischen überliefert ist, kann es sich kaum gerade um eine Entlehnung aus einer ari­schen (d. h. vorarischen) Mundart handeln; die auf das Ostseefinni­sche beschränkte Verbreitung des Lehnworts spricht dagegen. Vielmehr stammt das osfi. Adjektiv aus einer frühen nördlichen idg. Mundart, die dieses idg. Partizip noch kannte und deren Spre­cher Ackerbau trieben, offenbar aus demselben Sprachgebiet, wie die anderen frühen Lehnwörter mit beschränkter nördlich-westli­cher Verbreitung, die in der vorliegenden Arbeit behandelt wurden, zunächst aus einer vorgermanischen oder vorbaltischen Mundart. Offenbar wurde es gleichzeitig mit fi. pohta- ,Getreide mit Kornschwinge reinigen" übernommen, dessen idg. Original noch im Germanischen zu belegen ist (s. Etymologie Nr. 24). Als eine innersprachlich-osfi. Ableitung von diesem *pohta- kann puhdas unmöglich ausgelegt werden, ebenso wenig ist die umge­kehrte Ableitungsrichtung denkbar. (Im Estnischen könnte jedoch mit einer sekundären volksetymologischen Beeinflussung der von *pohta- derivierten Verbformen durch das Adjektiv gerechnet werden, weil neben Formen mit 0 auch solche mit u vorkommen, s. oben Nr. 24.)

Im Laufe der Untersuchung hat sich herausgestellt, daß sich insgesamt vier verschiedene Wörter im finnisch-permischen Sprachgebiet auf jeweils verschiedene, belegbare idg. Originale zu­rückführen lassen, die alle zur idg. Wurzel *pewH- ,reinigen, läu­tern, sieben" gehören: außer (I) fi. pohta- und (2) fi. puhdas noch (3) mordw. poniavto- ,Getreide schwingen" und (4) wotj. pui (= syrj. pot) ,Sieb". Schon dieses Ergebnis allein müßte zum Beweis der La­ryngalreflexe genügen.

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B. Substitution im Inlaut 95

26. Fi. vihdoin ,endlich' < (ältere Sprache) ,einmal, ein Mal" kare I. (Volksdicht.) vihoi(n), vihon ,mit einem Mal" vihtoi ,einmal" wepS. vihtoi, vihtö ,einst, ehemals" vot. vihhg, ,endlich' (SKES 1734-1735; ZAJCEVA-MuLLONEN 632); fi. vihdoin ist ein er­starrter Instruktiv zu *vihta ,Mal o. dgl.' (HAKULINEN 1970)

< frühurfi. *wiata (= *vi8ta) aus: idg. *wiH-tah2 (f.) bzw. *wiH-to- (m./n.) etwa * ,Gang, Reihe,

Reihenfolge" das in aind. vitä (f.) ,Reihe" vita- (Part. Perf. Pass.) ,verfolgt; beliebt; (Adj.) geradlinig" lit. vfjtas ,verfolgt' vertreten ist; vgl. daneben aind. vithi-, vithi- ,Reihe, Weg'. Es handelt sich um eine schwundstufige -to-I-tä-Bildung zur idg. Wurzel *weyH­etwa ,gehen, gerade Richtung nehmen; Weg, Reihe" daneben ,ver­folgen u. dgl.' (= tradit. *y,ejiJ-, IEW 1123-1124): Vgl. aind. veti ,trachtet nach, verfolgt u. dgl.'. Zu derselben Wurzel gehören noch u. a. gr. ot~o~ ,Gang, Weg, Bahn" lat. via ,Weg' (woraus afrz. voie, nfrz. lois ,Mal'), ahd. weida ,Jagd, Weide; Fahrt, Reise' = mhd. weide, auch in ander-weide ,zum zweiten Mal" lit. iU-vejas ,Gang, Zug, Fall; Mal" vgl. antrUoju ätveju ,zum zweiten Mal' (IEW 1123-1124; KEWA III 237, 255-256; FRAENKEL 23; NIEDER­MANN - SENN I 64).

Der Laryngal H (ohne weitere Spezifikation) wird von der La­ryngaltheorie eindeutig vorausgesetzt.

LAURI HAKULINEN (1970) hat nachgewiesen, daß die ältere Bedeu­tung von fi. vihdoin,einmal, ein Mal' war. Bei AGRICOLA (1510-1557) entspricht es denoriginalsprachlichengr. &1t(x~,lat. semel, ält. schwed. en gäng, ena reso, dt. ein mal. Die neuere Bedeutung ,endlich' hat sich bei vihdoinähnlich entwickelt wie beim adverbialen Gebrauch des bal­tischen Lehnworts fi. kerta ,Mal, Schicht, Reihe': fi. kerran ,einmal' -(betont) kerran-kin,ein für allemal' > ,endlich'. Die ältere Bedeutung wird auch durch andere osfi. Sprachen bestätigt (Vgl. oben). Wie HA­KUUNEN feststellt, ist fi. vihdoin ein regelrechter Instruktiv-Kasus, der zum Adverb erstarrt ist, von einem sonst nicht mehr zu bele­genden *vihta ,Mal'. Zum Schwund des Substantivs hat offenbar so­wohl die Homonymie mit fi. vihta ,Bade quast" als auch das eben er­wähnte baltische Lehnwort fi. kerta ,Mal' beigetragen; vgl. apreuß. kerdan(Akk.) ,Zeit" eigtl. * ,Reihe, Reihenfolge' (SKES 184; lEW 579; F'RAENKEL 242).

*vihta, das sich auf frühurfi. *vi8ta (*wi8ta) zurückf'ühren läßt, ist offenbar ein noch älteres Lehnwort als das gleichbedeutende

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96 Behandlung des Materials

kerta. Das lautlich genau passende Original idg. *wiH-tah:l*wiH-to­zeigt im Altindischen die Bedeutung, die dem abstrakten Begriff ,Mal' am nächsten kommt, nämlich ,Reihe' (engl. ,line, row", Mo­NIER-WILLIAMS 1004); vgl. semantisch z. B. russ. cereda ,Reihe (in der einer dem anderen nach bestimmter Ordnung folgt), Reihen­folge, Tour; (dial.) Herde", das etymologisch identisch ist mit balt. * kerdä, woraus fi. kerta ,Mal' stammt.

Wie fi. puhdas ,rein' (Nr. 25) ist *vihta wohl nicht aus einer (vor)arischen, sondern vielmehr aus einer nördlichen idg. Mundart übernommen worden. Die angesetzte idg. Vorlage ist ja eine regel­rechte -to-I-tä-Bildung zu einer Wurzel, deren Vertreter überall im Indogermanischen vorkommen. Im Litauischen ist diese Bildung noch hE;ute erhalten, allerdings nur als Teil des Verbparadigmas von vyti. vej'll ,treiben, verfolgen, nachjagen' : vytas ,verfolgt' (s. FRAENKEL 1267). Aber zu diesem Verb gehört auch lit. at-vejas ,Gang, Zug, Fall; Mal" (FRAENKEL, ebenda u. 23). Im Germanischen zeigt sich die Bedeutung ,Mal' bei mhd. weide (s. oben). Semantisch zu vergleichen wäre noch z. B. schwed. gäng ,Gang' = gäng ,Mal' oder ält. schwed. ena reso ,einmal", eigtl. ,eine Reise'.

Wie die alte idg. Bedeutung ,verfolgen' mit ,Reihenfolge' -,Mal' etwa zusammenhängen kann, zeigt uns vielleicht estn. järg, das (nach WIEDEMANN 148) u. a. bedeutet: ,Reihe (vices), fort­laufende Reihe, Fortgang', ühtejärge (Illativ von "eine Reihe") ,hin­tereinander, in einem Striche fort", vahid olid temal järel (Adessiv) ,Wachen waren hinter ihm her, verfolgten ihn' (so WIEDE­MANN).

Schließlich sei noch einmal festgestellt, daß das frühurfi. aus­lautende -a ebensogut den idg. fem. Ausgang -ah2 > -0, (Nom.) wie den (mask.jneutr.) Stammausgang -0- reflektieren kann. Wegen des femininen Ausgangs vgl. die Parallelfälle *ka6a (Nr. 1), *(j)eskä (Nr. 18), *kesta- (Nr. 21) und *wo(j)sa (Nr. 27) und s. die Erklärung bei * kaea, und -al-ä als Reflex eines idg. ° zeigt sich ebenfalls auch in anderen alten Lehnwörtern; in einer nicht-ersten Silbe konnte nämlich ursprünglich kein Labialvokal vorkommen (deshalb auch *PuBtas - idg. *puHtO-8, Nr. 25; das maskuline Nominativzeichen -s ist aber bekanntlich keineswegs immer mitentlehnt worden: vgl. z. B. fi.-perm. *jewä > *jüwä ,Getreide, Korn' - idg. *yewo-s).

27. Mordw. (Ersa) uio, (Mokscha) uzo, ,Ecke' = tscher. (west­tscher.) ßai., (osttscher.) ßoi ,Verzweigung, Verzweigungspullkt;

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B. Substitution im Inlaut 97

Ast' = syrj. voz ,Flußarm am Oberlauf; große Gabel, gabelförmige Teilung, gabelförmig geteiltes Ende (eines Gegenstands), Ast, Zweig, (permjakisch auch) Sproß, Schoß' (ITKONEN 1953/54: 165; PAASONEN 13; WICHMANN - UOTILA 350; LYTKIN - GULJAEV 60 s. v. voz II; BATALOVA - KRIVOSCEKOVA-GANTMAN 77; REDEI, UEW II 825)

< fi.-perm. *wo(j)sa aus: idg./vorar./vorslav. *woyHä « -ak2), vertreten in aind.

vaya ,Zweig, Ast', aksl. veja id., sloven. veja usw. id.; es handelt sich um eine o-stufige Nominalbildung zur idg. Wurzel *weyH- ,drehen, biegen' (= tradit. *y,ej:a-) (LINDEMAN 1964: 118, 121; 1987: 69), vgl. lit. vyti, veju ,drehen, winden" vytas ,gewunden, gedreht" aind. vita- ,gewunden, gewickelt' (IEW 1120-1122; KEWA III 148; VASMER I 196; FRAENKEL 1267).

Für die betreffende idg. Wurzel wird der Ansatz des Laryngals H (ohne weitere Spezifikation) von der Theorie vorausgesetzt (vgl. lit. vytas < *wiH-to- usw.).

Traditionell hat man aufgrulld der innersprachlichen Evidenz fi.­perm. *wosa (*vosa) angesetzt (E. ITKONEN 1953/54: 165, UEW II 825; SAMMALLAHTI 1988: 554). Das obige Rekonstrukt mit (j) steht hiermit nicht im Widerspruch, denn auch ein eventuelles *wojsa würde dieselben Reflexe wie *wosa zeigen; d. h. wir wissen nicht, ob die Sequenz 1s- in der betreffenden sehr frühen Zeit möglich war oder ob sie bereits bei der Übernahme des Wortes zu -s- erleichtert wurde (dieselbe Sachlage haben wir bei *pe[wJsenY, Nr.23)53. Die letztere Alternative (*wosa) ist wohl wahrscheinlicher, denn das Ost­seefinnische, das den Reflex von -j- offenbar beibehalten hätte, weist keine alten fiu. Wörter mit der betreffenden Struktur (VikV) auf 54.

53 Auch im Mordwinischen könnte ein eventuelles -j- lautgesetzlieh keinen Reflex aufweisen (s. KATZ 1983a: 121, Anm. 13). Auch *wo- > mordw. u- ist lautgesetzlieh (Schwund von w- vor Labialvokal, und 0 > u in einem a-Stamm): vgl. fiu. *wuoe ,neu' > mordw. od (UEW I 587) und fiu. * kota ,Zelt, Hütte' > mordw. (E) kudo ,Haus' (E. ITKONEN 1946: 305-307). Die mordw. Bedeutung ,Ecke' ist sekundär (UEW 11 825): also etwa< *,Winkel' < *,Verzweigung'.

54 SAMMALLAHTI (1988: 492) führt in einer Tabelle mit beigefügten Bei­spielen die fiu. inlautenden Konsonantenverbindungen auf, die (nach seiner Ansicht) anhand von zuverlässigen Etymologien in fiu. Grundwörtern erfaßt werden können. Unter den 51 Kombinationen kommt -js. nicht vor. Über­haupt sind die Verbindungen mit j als erstem (oder auch zweitem) Bestandteil selten: nur -jw-, .jm- und -jy- (bzw. -rj- und -lj-) sind bezeugt. - Das älteste per-

Page 98: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

98 Behandlung des Materials

Im Ostseefinnischen ist dieses Wort nicht überliefert, dafür er­scheint fi. haara (s. unten).

Auf der idg. Seite weist besonders das slavische Substantiv mit seinem e auf den Laryngal, wie LINDEMAN (1964: 118, 121; 1987: 67 -69) erkannt hat: Die ursprüngliche Verbindung -yH- ergab durch Assimilation eine spätere Geminata -yy- (*woyyä), d. h. die erste Silbe erhielt den "Diphthong"" oy, der dann regelmäßig über ai zu slav. e wurde. So wird das slav. Wort mit dem aind. identisch (und wir brauchen keine gezwungene Erklärung aus einer Dehn­stufe); im Arischen ist aber der antevokalische Laryngal ohne assi­milatorischen Reflex geschwunden. Aus -yH- erklärt sich (mit LIN­DEMAN) auch die germ. Gemination im u-Stamm germ. *wajju- > got. waddjus, an. veggr ,Wand' (urspr. aus Zweigen geflochten), der ja ebenfalls (als *woyHu-) zu idg. *weyH- zu stellen ist (LINDEMAN 1964: 118).

Die Vokalentsprechungen für das anzunehmende fi.-perm. 0

sind sowohl im tscheremissischen als auch im syrjänischen Wort unregelmäßig (s. E. ITKoNEN 1953/54: 190, 251, 323); im Syrjäni­schen wäre hier lautgesetzlich ein u zu erwarten. Dieselbe unregel­mäßige Vertretung begegnet (nach ITKoNEN) auch in dem be­kannten idg. Lehnwort syrj. pors ,Schwein' (vgl. idg. *porfco8 id.) und in syrj. nort ,Schlitten" das ebenfalls ein Lehnwort (Wander-

mische Wort, das z. T. Reflexe eines .j. vor -s- aufweist, scheint das arische Lehnwort für ,Deichsel' zu sein (s. UEW II 605); aber auch hier zeigt sich der Reflex nur im Wotjakischen (wotj. vajii, vaii, vajij, vaij, aber auch vai ,Deichsel, Femerstange, Gabeldeichsel'), wo wiederum unser *wo(j)sa nicht be­legt ist, während das Syrjänische keinen Reflex mehr aufweist: syrj. voz, OZ, 9z ,Deichsel'. Das entsprechende mordw. Wort, (E) aiija, (M) azjc ,Deichsel' zeigt ebenfalls keinen j-Reflex vor s > z. Nach KATZ (1983a: 118-122) ist das mordw. Wort eine separate Entlehnung, die er auf * iij8jti (-j8j- = nach üblicher Notation -jBj-) zurückführt (das perm. Wort führt er dagegen auf * 6j8V zurück; zu *5 s. KATZ 1983a: 118, Anm. 6); traditionell hat man es (und das permische Wort) aus * ajsa hergeleitet (UEW), indem man eine Metathese von j und s (> i) angenommen hat, die sich ja nun leicht aus der Ungewöhnlichkeit dieser neuen Verbindung erklären läßt. Diese perm.-mordw. Wörter für ,Deichsel' sind (mit ihrem -s- für ar. -8- < idg. -s-) offensichtlich etwas jüngere Lehn­wörter als *wo(j)sa mit -s- für den idg. Laryngal. - Osfi. *ajsa > fi. aisa usw. ,Deichsel' ist (wegen seines -8-) eine separate Entlehnung, wohl - wie man an­nimmt - aus dem Baltischen, wo das entsprechende Original allerdings nicht mehr bezeugt ist (zu solchen Fällen vgl. oben fi. huhta ,Schwende', s. Etym. Nr. 3: fi. kaski ,Schwende'). Für die schwierigen Formen der idg. Wortsippe für ,Deichsel' s. MAYRHOFER, EWAia 1208.

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B. Substitution im Inlaut 99

wort) sein wird (s. UEW II 709-710, fi.-perm. *norta). Die Unre­gelmäßigkeit könnte also mit dem Lehnursprung der Wörter zu­sammenhängen (s. jedoch E. ITKONEN 1953/54: 323 und UEW II 709, 736)55.

Wörter für ,Ast, Zweig, Gabel(holz)" sind immer wieder ent­lehnt worden. Wotj. vai ,Zweig, Ast; Gabel' (WICHMANN - Uo­TlLA - KORHONEN 309; LYTKIN - GULJAEV 60 S. v. vot I) dürfte eine spätere Entlehnung aus demselben idg. Wort, d. h. aus ar./iran. *vayä darstellen (a vor Palatalkonsonant erwartungsgemäß er­halten, vgl. wotj. 8ai ,Schutz, Schirm" WICHMANN - UOTlLA - KOR­HONEN 216, nach REDEI, UEW II 748, aus dem Uriranischen [*8äyä = npers. 8aya ,Schatten, Schutz' = aind. chäyci ,Schatten, Wider­schein']). Das semantisch entsprechende ostseefinnische Wort, fi. haara « *8-) ,Ast, Zweig, Gabel(holz), (Fluß)arm' stammt evident aus dem Baltischen (vgl. lit. tara. täras ,Ast, Zweig, Zacken, Zinken" lett. zar8 ,Ast, Zweig, Zinke; Strahl; Kind, Sprößling" FRAENKEL 1290), obwohl dies aus irgendeinem Grunde bisher nicht erkannt wurde; die Dehnung des osfi. a(vor rund nach k) ist wohl sekundär (kurzes a zeigt ri. kam ,Astegge" SKES 57). Auch mehrere andere osfi. Wörter für ,Zweig, Gerte, Rute' sind Lehn­wörter. Aus dem Baltischen stammt noch fi. virpi ,Zweig, Rute, Gerte' (vgl. lit. vifbas ,Zweig, Reisig, Gerte', SKES 1788). Germani­scher Herkunft sind u. a. fi. raippa ,Rute, Gerte, Prügelrute' (vgl. got. raip ,Riemen" dt. Reif, SKES 718), fi. ruoto ,Gräte; Schaft; Dorn' (vgl. dt. Rute, SKES 875), fi. vitsa ,biegsame Rute, (Weiden)band' « frühurfi. *wiCca aus frühurgerm. *wi]>jä > germ. *witJjö > an. 1M, Gen. 1Mjar id., s. HOFSTRA 1985: 166).

55 Interessant ist weiter, daß ural. *woca (REDEI, UEW I 577) = *woca (JANHuNEN 1981: 222-223) etwa ·,Zaun, Umzäunung' (sam. ,Zaun, Umzäu­nung; Stadt') vokalisch unregelmäßige Vertretungen nicht nur in syrj. voj ,Wehr zum Fangen von Fischen', sondern auch in mordw. 08,Stadt' aufweist. Handelt es sich auch hier um ein altes Wanderwort (d. h. Lehnwort)? Bezeich­nenderweise hat E. ITKoNEN (1953/54) dieses Wort in seiner vokalgeschichtli­chen Untersuchung nicht beachtet, obwohl die Gleichsetzung bereits alten Da­tums ist.

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III. ABSCHLIESSENDE BETRACHTUNG DER ERGEBNISSE

Oben wurden 27 Zusammenstellungen vorgelegt, die Reflexe von idg. Laryngalen in alten idg. Lehnwörtern des Finnisch-Ugri­schen bzw. Uralischen voraussetzen. Die meisten Etymologien (23 bis 24 Fälle) stammen von mir.

Die Zusammenstellungen mußten ausführlich besprochen werden, um sowohl dem Indogermanisten als auch dem Finnougri­sten möglichst all die Umstände klarzumachen, die bei der Beurtei­lung der jeweiligen Etymologie relevant sind, und um zu zeigen, wie sie die Aufstellung der Etymologie jeweils rechtfertigen. Es liegt in der Natur der Sache, daß bei einer einzelnen Zusammen­stellung dieser Art nur selten von absoluter Sicherheit gesprochen werden kann, und auch unter den hier vorgelegten Etymologien haben nicht alle denselben Grad von Sicherheit. Eins darf aber als sicher gelten: Von den 27 Fällen, deren lautlich-morphologische und semantische Angemessenheit sorgfältig überprüft wurde, können die meisten keineswegs als zufällige Übereinstimmungen abgetan werden56 • Somit ist bewiesen, daß die idg. Laryngale in alten Lehnwörtern des Uralischen/Finnisch-Ugrischen reflektiert werden. Damit ist ein neuer Beweis für die Richtigkeit der Laryn­galtheorie erbracht57•

56 Besonders überzeugend müssen solche Fälle sein, bei denen angebliche lautliche Unregelmäßigkeiten innerhalb des Finnisch·Ugrischen aus parallelen Entlehnungen erklärt werden: unterschiedliche lautliche Anpassung (Nr. 4 a, 4 b: idg. * h2awks·elo.), verschiedene idg. Originale mit jeweils veschiedener Ab­lautstufe (Nr. 23,24: idg. *pewH.eno-, *powH-eyelo., *pu.n/eJ.H-, vielleicht auch Nr. 12: idg. *suH-elo-, *sewH-; auch Nr. 4a, 4b könnte theoretisch so erklärt werden: * h2awks-elo-, *hzuks-elo-). Die jeweiligen fiu. Wörter, die in früherer Forschung mit Fragezeichen als zusammengehörig betrachtet wurden, gehören in Wirklichkeit nicht unmittelbar zusammen, sondern nur über das Idg.

57 LINDEMAN (1987: 42) meint, daß die von mir (früher kurz) aufgezählten (neun) Beispiele für Laryngalreflexe (KmvuLEHTO 1986 b: 176-177) keine Zwingende (cogent) Evidenz für die Laryngaltheorie liefern, sie seien vielmehr

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102 Abschließende Betrachtung der Ergebnisse

Gleichzeitig wird auch das hohe Alter der indogermanisch­uralischen Kontakte bewiesen.

Bei den ältesten Kontakten wurden die idg. Laryngale in ural. / fiu. inlautender Stellung durch ural./fiu. x (JANHUNEN. SAMMAL­LAHTI) substituiert (Beispiele: ural. *näxi, *pexi-, *puxj, *suxj-, *tuxlj, fiu. *toxi-. s. Nr.9 bis 14). Sein phonetisch-phonemischer Status wurde bereits in der Einleitung eingehend besprochen; es entspricht in intervokalischer Stellung z. T. dem traditionellen y. Der Beweiswert der intervokalischen Stellung für die Laryngale sei hier noch theoretisch ins Auge gefaßt. Die uralischen Grund­stämme (d. h. Wurzelmorpheme) lexikalischer Bedeutung mußten zweisilbig sein. Wir müßten somit zweisilbige uralische Reflexe auch in dem Falle erwarten. wenn es keine idg. Laryngale gegeben hätte: statt * bhehr und * doh3- nur die traditionellen * bhe- und * dö-. Im Uralischen wäre in einem solchen Fall ein Hiatustilger nötig ge-

spekulativ, indem sie auf "Wurzeletymologien'" troot etymologies1 basierten (die Stellungnahme ist in die Behandlung der anlautenden Laryngale einge­baut, und als Beispiele werden fi. kesä und koke· erwähnt, s. jetzt oben Nr. 5 und 7). Der unscharfe, aber abschätzige Terminus" Wurzeletymologie'" trifft wenigstens für die vorliegende Arbeit nicht zu, wie der sachkundige Leser leicht erkennt. Ich habe ja bei den meisten obigen Etymologien nicht etwa auf einen (abstrakten) Wurzelanschluß verwiesen, sondern habe eine genau defi­nierte, konkrete idg. Vorlage (bzw. alternative Vorlagen, vgl. Nr. 1 und 20) an­gegeben (Ausnahmen: Nr. 11 und gewissermaßen auch die bekannten Fälle Nr. 13 und 17 [Reduplikation: s. Anm.34]), mit Ablautstufe, eventuellen Suf­fixen usw. (also einen Wortstamm, z. T. auch den Nom. Sg.), und zwar (natür­lich) eine solche, die faktisch durch spätere idg. Formen bezeugt ist. Daß bei Verbentlehnungen häufig die sog. Wurzel (+ eventuell der Themavokal -e/o·) als Vorlage/Original angegeben wird, läßt sich nicht ändern, weil viele (Primär)verben ja eben nur die Wurzel (+ eventuell Themavokal) als Präsens­stamm aufweisen (vgl. z. B. Nr. 4 a, 4 b, 15 - und es gibt natürlich auch Wur­zeinomina): man kann keine "vollere'" Form angeben (s. auch Anm. 34). Die Bemerkung LrNDEMANs kann ich höchstens als voreilige Reaktion auf meine damalige kommentarlose Aufzählung von neun Etymologien verstehen, wo ich der Kürze halber z. T. Wurzeln statt vollerer Formen anführte (so idg. * hles­statt *hl e8-en- und idg. *hJokw- statt *haakW-ye/o-; doch der Unterschied zwi­schen Wurzel und Wortstamm ist hier für die Etymologie irrelevant; bei Verben auf -(e)ye/o- ist der e-Stamm die erwartete Wiedergabe). Oben habe ich jedoch die Etymologien kommentiert und ihre Angemessenheit mit zusätzli­chen Kriterien (Lautgeschichte, Phonotaktik, Morphologie, Verbreitung, Se­mantik, Kulturgeschichte) begründet. Das ist mehr als normalerweise bisher getan worden ist.

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Die verschiedenen Substitute 103

wesen. Bekanntlich erscheinen als Hiatustilger normalerweise Halbvokale, und das Uralische besaß ja die Halbvokale j und w. Wenn also ein laryngalloses idg. * bhe- oder * dö- im U ralischen/ Finnisch-Ugrischen zu einem I-Stamm (= tradit. e-Stamm) ge­macht worden wäre, würde man zunächst ein ural. *peji- und ein fiu. * toji- bzw. * towi- (und nicht *pexi- und * toxi-) erwarten. Of­fenbar wären nämlich solche Sequenzen durchaus möglich gewesen (vgl. ural. * toj:j bzw. * tuj:j ,Birkenrinde' und ural. * kaw:j ,Ohr" fiu. * koji ,Mann" fiu. * koji ,Morgenröte" fiu. täji ,Laus" fiu. * kiwi ,Stein' usw., SAMMALLAHTI 1988: 536-551). Es ist also unwahr­scheinlich, daß das ural./fiu. intervokalische x in solchen Bei­spielen wie * pexi-. *pux:j. *8Ux:f- und * toxi- lediglich aus struktu­rellen Gründen eingesetzt worden wäre: Als Hiatustilger wären die Halbvokale geeigneter gewesen. Als völlig sicher kann man das na­türlich nicht betrachten, und deshalb machen diese vier Wörter al­lein keinen ausreichenden Beweis für Laryngalreflexe aus. Bei ural. *näxi ,Frau' verhält es sich aber bereits anders. Wenn der äl­teste suffixale Ausgang des herangezogenen idg. Wortes keinen La­ryngal enthalten hätte (also nur *g"'nä statt *gWnehz > *gWnahz), könnte der ural. Reflex unmöglich *näxi, sondern nur *kuna (bzw. * künä) sein (s. Etymologie Nr. 9, dasselbe gilt für das nebenbei ge­streifte fiu. *m:fxi/*maxi ,Erde'). Desgleichen kann natürlich auch ural. *tuxl:j ,Wind; Flügel' nichts mit Hiatustilgung zu tun haben. Im ganzen kann man sagen, daß ural./fiu. x inlautend dort er­scheint, wo ein idg. Laryngal zu erwarten ist und wo es selbst strukturell möglich war. Wenn sein Beweiswert relativ ist, so liegt es an diesem Phonem selbst, d. h. an seiner phonetischen Beschaf­fenheit.

Für die Substitution der Laryngale durch inlautendes fiu. k haben wir in unserem Material nur drei Beispiele (fiu. * kulki-, früh­urfi. * suke- = * suki-, fiu. * teki-, s. Nr. 15 bis 17, ein viertes Bei­spiel, fiu. * kelki- in Anm. 37); für keines der Wörter kann urali­sches Alter nachgewiesen werden. Für ural. intervokalisches k in der Stellung vor ural. I (= iI:j) gibt es überhaupt keine sicheren Beispiele (JANHUNEN 1981: 244). Es hat den Anschein, als wäre (ein neues?) k in dieser Stellung erst in fiu. Zeit möglich geworden (s. die Einleitung, S. 18). Mit ihrer Struktur Vki scheinen * suki- und * teki- somit eine neue phonotaktische Struktur darzustellen, und neue Strukturen werden ja naturgemäß gerade in Lehnwörtern zuerst sichtbar. Für den Fall fiu. * kulki- (und fiu. * kelki-) wiederum

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104 Abschließende Betrachtung der Ergebnisse

kann festgestellt werden, daß ural./fiu. k in inlautender postkonso­nantischer Stellung (wie hier) nachzuweisen ist, nicht aber ural./ fiu. x (vgl. JANHUNEN 1981: 272-274). Somit kann für die älteste Zeit mit einer teilweise komplementären Distribution von k und x gerechnet werden, und kin * kulki- (und * kelki-) erklärt sich bereits daraus. Im ganzen scheint die Substitution durch k im Inlaut eine vorübergehende und phonotaktisch bedingte Phase darzustellen, denn bald tritt ein neues Substitut auf, fiu. und besonders fi.­perm./frühurfi. inlautendes s.

Für die uralische Zeit läßt sich ein s noch nicht nachweisen ' (JANHUNEN 1981: 249; SAMMALLAHTI 1988: 482), und auch in fin­nisch-ugrischer Zeit sind die Belege zuerst spärlich (SAMMALLAHTI 1988: 490, s. die Einleitung, S. 13 ff.). Die Entlehnungen mit s als Laryngal-Substitut im Inlaut stellen somit eine jüngere Schicht dar als die mit inlautendem x. Wir haben zehn Beispiele ausführlicher behandelt (fiu. *pe8ä-/*pü8ä-, fi.-perm. *[jJe§-tä-, fi.-perm./vorperm. *pe/w/senV, *wo/jJsa, fi.-mordw. *inae, frühurfi. */jJeskä, *kesta-ta-, *pos-ta-, *PuBtas, *wi8ta, außerdem noch mordw. poniavto-, s. Nr. 18-27). Eine zeitliche Überlappung der jüngeren s-Wörter mit' den älteren x-Wörtern ergibt sich offenbar nicht. Theoretisch wäre auch eine solche Überlappung möglich. In den einzelnen idg.-fiu. ' Kontaktgebieten (und in verschiedenen phonetischen Umge-: bungen) kann es ja unterschiedliche Substitutionen gegeben haben. '

Im Anlaut vor Vokal ist in unserem Material nur k als Laryn­galreflex bezeugt (8 bis 10 Fälle). Für ural. x im Anlaut sind über­haupt keine späteren Reflexe bekannt; man rechnet damit, daß es in dieser Stellung nicht vorgekommen ist. Die Beispiele für k­weisen eine Verbreitung auf, die sich auf das Finnisch-Permische, Finnisch-Wolgaische und Frühurfinnische beschränkt (von dem unsicheren ural. *koski [Anm. 13] abgesehen; vgl. auch *koke-): fi.­perm. * ke8i, *ku8a-, fi.-mordw. * kaswa- - daneben das entspre­chende tscher. Verb -, *kesä, frühurfi. *kaea, *kallis/*katli8;': *kaske = *kaski, *koke- = *koki- (s. Nr. 1-8). Die idg. Originale, sind dementsprechend überwiegend im Germanischen und Balti~: sehen vertreten. Die Wörter - wenigstens die meisten von ihnen - scheinen also nicht zu der allerältesten Lehnschicht zu gehören.j Dagegen gibt es mehrere alte idg. Lehnwörter mit ausgedehnter fiu. Verbreitung, die keinen Laryngalreflex im Anlaut aufweisen. Auf diese Frage soll gleich unten näher eingegangen werden.

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Lehnwörter ohne Laryngalreflex im Anlaut 105

Die Frage, warum im Anlaut nur k, im Inlaut aber in nachurali­scher Zeit 8 erscheint, wurde bereits in der Einleitung beantwortet. Im Anlaut wurde 8 später zur Substitution des (vor)germ. 8-Pho­nems verwendet. Außerdem bieten die ältesten germ. Lehnwörter eine Parallele: Anlautend wird germ. X durch osfi. k substituiert, inlautend aber steht fast immer osfi. h « 8) als Substitut (und die wenigen Ausnahmen können gut bereits aus dem V orgermani­sehen stammen, wo idg. k > germ. X noch nicht vollzogen war).

Wir müssen die gefundenen Laryngal-Fälle noch in ein Ge­samtbild einfügen, das auch andere frühe Lehnwörter mit berück­sichtigt. Vor allem muß eine Frage beantwortet werden: Wie er­klären sich solche idg. Lehnwörter, die aufgrund von bestimmten Kriterien recht alt sein müssen, die aber keinen Reflex eines an­lautenden Laryngals (vor Vokal) aufweisen, d. h. die vokalisch an­lauten? Ich führe zuerst eine Liste solcher Fälle auf und bespreche sie jeweils kurz. Die Liste umfaßt auch zwei neue Etymologien. Die idg. Originale werden hier zuerst nach "klassischer" Art ohne La­ryngale angesetzt. Nach der Besprechung dieser Fälle wird das Problem des "fehlenden"" Laryngalreflexes behandelt.

Lehnwörter ohne Laryngalreflex im Anlaut

1. Fi. aja- ,treiben" (Verbreitung: osfi., lp., wotj., syrj., wog., UEW I 4; nach KATZ 1987: 254 nur fi.-perm.)

< fiu. (fi.-perm.?) *aja- aus: idg. (vorar.) *ag-e/o- > aind. ajati ,treibt" usw. (lEW 4; MAYRHOFER, EWAia I 50-51). - Ein altbe­kanntes Lehnwort (REDEI 1986: 43). Die Substitution idg./vorar. -(f- > fiu. -j- setzt eine frühe Entlehnungszeit voraus (in einer spä­teren arischen Entlehnung würde man fiu. -8- oder -c- erwarten: vgl. fi.-mordw. *waBara ,Axt, Hammer" = fi. vasara ,Hammer" aus ar. *vaira-/*vadzra- > aind. vajra- ,Donnerkeil", vgl. UEW 11 815). Trotzdem kein Laryngalreflex.

2. Lp. cer'te ,Seite", mordw. ifd'e8, ifd'is ,Rippe", tscher. örDaz ,Seite, Flanke", wotj. urd, urd-lj ,Rippe", syrj. ord-lj id. (wotj., syrj. lj ,Knochen") (UEW 11 625)

< fi.-perm. *ertä{8} aus: idg. (vorar.) *erdho-8 > aind. ardha-l,1, ,Seite, Teil, Hälfte, Ort" usw. (lEW 333; MAYRHOFER, EW Aia I 119). - Ein altbekanntes Lehnwort (REDEI 1986: 50). Wegen des ein der ersten Silbe muß die Entlehnung recht früh erfolgt sein. Das idg. Original gehört wohl als *er-d"-o- zu idg. *er-/*erH- ,locker, ab-

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106 Abschließende Betrachtung der Ergebnisse

stehend; auseinandergehen, auftrennen' (lEW 333; Wurzelan­schluß offengelassen bei MAYRHOFER, EWAia I 119, 258-259)58.

3. Fi. orpo ,Waise, verwaist" lp. oarbes ,Waise, verwaist; einsam und verlassen" mordw. urus, uros ,Waise" ostj. -urwj ,Waise, Witwe" ung. arva ,Waise; einsam; (dial.) verwitwet' (UEW I 343)

< fiu. *orpa(s) aus: idg. *orbho-s ,verwaist, Waise' > aind. arbha- ,klein, jung" arm. orb, gr. *6p<po(; (dazu 6p<p<xv6~ ,verwaist, Waise'), lat. orbus ,einer Sache beraubt, verwaist' (lEW 781; MAYRHOFER, EWAia 1119-120: auch aind. arbha- gehört hierher). - Ein altbekanntes Lehnwort (REDEI 1986: 46). Ich habe idg. *orbho- als *or-bho- mit o-Stufe zu der Wurzel idg. *er- ,trennen' (s. oben unter 2) gestellt (KOIVULEHTO 1976: 251, 285): Benennungs­motivation ,(von seinen Eltern) getrennt' (vgl. Waise, Witwe: zu idg. *weydh- ,trennen'). BENVENISTE (1962: 11-12) stellt es mit der­selben Motivation zu heth. lJarp- ,separer, retrancher' (die Erklä­rung von BENVENISTE scheint weitgehend akzeptiert worden zu sein, s. aber MAYRHOFER, EW Aia I 120); das fiu. Wort weist jedoch keinen Laryngalreflex auf. Fi. arpa ,Los, Anteil' und ,Los zum Losen' = lp. vuor'be ,Los; Glück' zeigt (nach meiner Erklärung) den germ. Reflex derselben idg. -bho-Bildung: entlehnt aus germ. *arba- (> an. arf-r ,das Erbe" aschwed. arf ,Landbesitz, Erbe' usw.); germ. *arba- also eigtl. ,getrennter Anteil" erst hierzu die Ablei­tungen germ. *arbja- > got. arbi ,das Erbe' und germ. *arbjan- > got. arbja ,der Erbe' usw. Zur Semantik der germAi. Zusammen­stellung vgl. got. hlauts ,Los (zum Losen); Erbteil' und gr. KA.fJPO~ ,Los (zum Losen); Erbteil, Erbe'. Germ. *arba- ist somit (nach

58 In meinem Artikel (KOIVULEHTO 1988b: 291) habe ich auch fi. erä ,ge­trennter Teil, Anteil' (hierzu fi. erotta- ,trennen; unterscheiden' usw.) als ein Wort fiu. Alters unter den "laryngallosen" Lehnwörtern angeführt, gestützt auf SKES 41, wo das Wort noch mit ostj. ilriJX usw. ,getrennt, auseinander' ver­bunden wird. Heute wird die osfi.-ostj. Zusammenstellung aber nicht mehr an­erkannt (in UEW I 75 wird das ostj. Wort anders eingereiht, und SAMMAL­LAHTI 1988 bringt überhaupt kein fiu. oder ural. Rekonstrukt). Wir haben also heute keinen innersprachlichen positiven Beweis mehr für das fiu. Alter des osfi. Wortes, und das Beispiel hat deshalb hier keinen Platz. Ein Lehnwort wird fi. erä aber trotzdem sein (vgl. idg. * er- : lit. irti, yru ,sich auflösen, sich trennen" lEW 332-333, und fi. irta ,los, abgetrennt' das schon wegen seiner phonotaktischen Struktur auf Entlehnung hinweist, offenbar aus balt. *ir-ta-, s. KOIVULEHTO 1979a: 156, Anm. 14), doch läßt sich ein genaues Original nicht ermitteln.

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Lehnwörter ohne Laryngalreflex im Anlaut 107

meiner Erklärung) nicht motiviert als ,Besitztum eines Verwai­sten'.

4. Fi. osa ,Teil, Anteil' (gemeinosfi., im Wot., Estn., Liv. auch ,Fleisch'), lp. oa:f5e ,Fleisch" tscher. uzaS ,Teil, Anteil' (? ung. oszl-, o8zol- ,zerfallen, sich teilen, sich zerteilen" oszt- ,teilen, zerteilen, austeilen') (SKES 439-440; UEW 1333)

< fiu.?, fi.-wolg. *onca (nach UEW auch *oca) aus: idg.jvorar. *onko-I*onco- > aind. arhsa-}:t ,Anteil, Teil" altav. {Lsa- ,Anteil'; im Griechischen entspricht strukturell gr. ÖYKOr; ,Masse, Last, Ge­wicht' (lEW 316-317; MAYRHOFER, EWAia I 36). - Eine neuere Etymologie, von TRYGGVE SKÖLD vorgelegt (s. JOKI 1973: 298; REDEI 1986: 45). Die lp. Form zeigt mit ihrem -:3'5- den Reflex des idg. Nasals, das im Osfi. vor * c lautgesetzlich geschwunden ist. Wegen des 0 in der ersten Silbe ist *onca offenbar ein recht altes Lehnwort. Das idg. Substantiv wird traditionell (IEW 316) zu *enek-, nek-, enk-, '!/-k- ,reichen, erreichen, erlangen' gestellt59 •

Außer den obigen bekannten Fällen glaube ich, noch folgende zwei neue Etymologien - wenn auch mit einigem Vorbehalt -vorlegen zu müssen.

5. Fi. uni, Gen. unen ,Schlaf; Traum' (gemeinosfL), mordw. on id. (SKES 1538; UEW II 804)

< fi.-mordw. *uni = *une (UEW II 804) aus: idg. *on-enler­(alter rln-Stamm) > gr. övap, Gen. 6veipa'tOr; (urs pr. *öva'wr;) ,Traum'; övetpo<;, -ov id.; arm. anurj id. « *onör-j,o- nach IEW) (lEW 779; CHANTRAINE 802; vgl. BEEKES 1972: 126)60. - Der fiu. i (= e)-Stamm als Reflex eines idg. Wortes mit Heteroklisie auf rln zeigt sich gleichermaßen auch bei ural. *weti ,Wasser' - idg. *wed­(en/er-) id. (vgl. heth. watar, Gen. wetenas), s. auch oben fi. kesä

59 Das Material von REDE! 1986 enthält noch mehrere vokalisch anlau­tende ältere (arische, iranische) Lehnwörter, sie werden jedoch hier nicht ange­führt, weil bei ihnen entweder Zeichen jüngerer Entlehnung (nach-vorar.) vor­liegen oder aber Kriterien IUr eine genauere Altersbestimmung nicht vor­handen sind (z. B. kann ein fiu. a lür idg. a ja nicht zeigen, ob das betreffende Lehnwort vor oder nach dem Zusammenfall der idg, Trias e, a, 0 übernommen wurde).

60 Als wissenschaftsgeschichtliche Kuriosität sei erwähnt, daß ein finni­scher Gelehrter des 18. Jahrhunderts, NUß IDMAN, in seiner 1774 erschie­nenen Arbeit bereits das finnische und griechische Wort zusammengestellt hat: Die Finnen seien Skythen gewesen und hätten lange Zeit in der Nachbar­schaft der Griechen gewohnt (nach JOIu 1973: 6).

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108 Abschließende Betrachtung der Ergebnisse

,Sommer' idg. *h1es-(en/er-) (Etymologie Nr.5). Das Vokalver_ hältnis fiu. u - idg. 0, das auch in der nächsten Etymologie Vor­kommt, läßt sich nunmehr mit dem von JANHUNEN (1981: 231, 248) aufgestellten Lautgesetz erklären: ural. *oCi > fiu. *uCi, vgl. ural. * lomi ,Schnee' > fi.-perm. * lumi = fi. lumi, Gen. lumen ,Schnee'. Diese Erklärung erfordert also eine frühe Entlehnungs_ zeit. Jedoch braucht die Übernahme des Wortes nicht schon vor dem betreffenden Lautwandel stattgefunden zu haben; sie kann auch dan ach erfolgt sein, in einer Zeit, als die durch den Laut­wandel unmöglich gewordene Sequenz * oCi noch synchron wei­terhin eine Zeitlang sprachwidrig blieb und deshalb durch fiu. *uCi ersetzt wurde. Auf analoge Weise erklärt sich bekanntlich germ. *punda- ,Pfund' aus lat. *pondö: Im Germanischen war oNC nicht möglich. Auf gleiche Weise ließe sich jetzt fi. luke- ,lesen; zählen' (= fiu. * luki-) erklären, das immer wieder mit idg. * leg-/*log- ,zu­sammenlesen' verglichen wurde (s. JOKI 1973: 278-279). Wegen des fiu. -k- (statt -j- wie bei fiu. *aja- ,treiben' - idg. *ag-, s. die erste Etymologie dieser Liste) müßte fiu. *luki- entweder ungemein früh oder aber dann aus einer frühen Kentum-Mundart (mit g > g) übernommen worden sein.

6. Fi. uuhi, Gen. uuhen ,Mutterschaf' (gemeinosfi., nicht im Liv.), mordw. (Ersa) utSa, (Mokscha) uca ,Schaf, tscher. ui-ya ,Schafpelz" wotj. ii ,Schaf, syrj. ii id., wog. Ö8, 08 id., ostj. ac, 08, aB

id. (SKES 1560; UEW I 541) < fiu. *uci (UEW *uee) ? < *uwi-c(i) (meine Rekonstruktion) o.

dgl. aus: idg. *owi-, Nom. Sg. *owi-s ,Schaf' > aind. avi-I}, (m., f.) ,Schaf" gr. Öte; (m., f.) id., lat. ovis (f.) id., lit. avis (f.) id., an. (Er (f.) id., luw. lJ,a-a-u-i-i8 (Nom. Sg.), hierogl.-Iuw. hawa/i-; arm. hoviw ,Schäfer' (= *ovi-pä-) (IEW 784; MAYRHOFER, EWAia I 135; GAM­KRELIDZE - IVANOV 1984: 577). - Zum Verhältnis fiu. u - idg. 0 s. obige Etymologie Nr. 5. Für das fiu. Wort wird wegen der mordw. und obugrischen Reflexe die Affrikata -c- anzusetzen sein, die letzt­lich hypokoristischer Art sein könnte (Formen mit Affrikata in idg. Sprachen sind wohl zu jung, um hier als Vorlage gedient zu haben, vgl. aksl. OVbCa, altiran. * ävi-ci- [MA YRHOFER, EW Aia I 135]). Vergleichsweise aufschlußreich ist, daß das Wort auch im Ostseefinnischen zahlreiche hypokoristische Nebenformen hat: vgl. fi. uutti, uuttu, uttu, uukko usw., weps. uhu, uhatS (SKES). Auch die mordw. Form scheint unregelmäßig (-a). Der Übergang zU einem i (= e)-Stamm wäre vergleichbar mit solchen bekannten

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Lehnwörter ohne Laryngalreflex im Anlaut 109

Fällen wie fiu. * siyir(i) (bzw. * siyer) > fi. hiiri, Gen. hiiren ,Maus' und fi.-perm. *riyis(i) (bzw. *riye§) > fi. riihi, Gen. riihen ,Darre'. Das von mir angesetzte intervokalische -w- hätte dabei wegfallen können bzw. müssen: *uwic(i) > *uwci > *uci. Lange Vokale sind überhaupt immer sekundär, kein uralisches Erbe. Ein langes u muß aber als unmittelbare Vorform für osfi. *uhi < *uci angesetzt werden (SAMMALLAHTI 1988: 552 setzt fi.-perm. *uuci, d. h. *uci an; eine fiu. Form hat er überhaupt nicht aufgestellt). Es sei weiter bemerkt, daß auch die jüngeren unabgeleiteten (os)fi. Grund­stämme für ,Schaf' alle Lehnwörter sind: Aus dem Baltischen stammen fi. jäärä ,Schafbock, Widder" oinas id. und vuona ,Lamm" fi. lammas, Gen. lampaan ,Schaf' ist ein germanisches Lehnwort, und fi. pässi ,Schafbock' ein schwedisches.

Wie erklären wir den "fehlenden" Laryngalreflex im Anlaut in den obigen Lehnwörtern? Rein theoretisch bieten sich etwa fol­gende Erklärungsvorschläge an: (1) Die vokalisch anlautenden Fälle sind eben jüngere Lehnwörter als die mit anlautendem k- als Laryngalreflex (Kap. II, A). (2) Die vokalisch anlautenden Wörter sind zwar nicht in absoluter Chronologie jünger als die Wörter mit k-, stammen aber aus anderen, östlicheren idg. Mundarten als diese, aus (vorarischen) Mundarten, in denen der anlautende La­ryngal entweder total geschwunden war, oder wenigstens bereits so schwach artikuliert wurde, daß er ganz natürlich ohne fiu. Sub­stitution blieb. (3) Der anlautende Laryngal hatte auch bei den vo­kalisch anlautenden Wörtern ursprünglich ein fiu. (ural.) Substitut, doch diente dazu noch ural./fiu. X-, und im Anlaut ist dieses Phonem später spurlos geschwunden (bekanntlich gibt es keine Reflexe dafdr). (4) Die idg. Originale dieser vokalisch anlautenden Lehnwörter besaßen eben keine anlautenden Laryngale.

Fangen wir bei der letzten (4) Alternative an: Als alleinige Er­klärung kommt sie nicht in Betracht (vorausgesetzt, daß wir auch die obigen neuen Etymologien Nr.5 und 6 akzeptieren). Für ,Schaf' (Nr.6) ist ja der anlautende Laryngal durch die anatoli­schen Formen mit lJ- eindeutig festgelegt, dazu kommt noch die ar­menische Ableitung hoviw ,Schäfer'. * owi- geht somit auf älteres idg. * Howi- zurück. Nur über die Spezifikation des Laryngals gehen die Meinungen auseinander: entweder hz- (und somit * hzowi­mit ursprünglicher o-Stufe, MAYRHOFER 1986: 135, vgl. auch EICHNER 1978: 162, Anm.77) oder h3 - (und *h3owi- durch o-Fär-

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110 Abschließende Betrachtung der Ergebnisse

bung aus der e-Stufe *h3ewi-, BEEKES 1969: 130; 1988: 76; HAMP 1978: 64, Anm. 7; KORTLANDT 1980: 128)61. Für ,Traum' (Nr.5) haben wir keine anatolische Evidenz, und das Armenische zeigt hier nur 0-. Jedoch wird hier allgemein anlautender Laryngal (und zwar heute hz-, BEEKES) angenommen, gestützt durch das strukturelle Ge­samtbild der griechischen, armenischen und albanischen Belege (zum albanischen Wort s. HAMP 1960: 187). Gr. övap, alb. (geg.) an­derr, (tosk.) enderre gehen danach auf * Honr-, gr. ÖVELPO~ geht auf * Hner-yo-, arm. anurj auf * Hnär-yo- zurück (lIAMp 1960: 187; BEEKES 1969: 46; 1972: 126; GAMKRELIDZE - IVANOV 1984: 236).

In den übrigen vier Fällen scheint ein anlautender Laryngal zur Zeit weniger sicher. Die Wurzel von idg. *onko- ,Anteil' (Nr.4) muß zwar offenbar auf H-, genauer wohl auf h2-, angelautet haben (*h2enk-l*h2nek-, s. COWGILL 1965: 151; PETERS 1975: 41; MAYRHOFER 1986: 132), aber für die Möglichkeit *onko- auch ohne Laryngal vgl. ANrrrLA 1969: 54 (zu gr. 0 in ÖYKO~ s. auch HAMP 1978: 64, Anm. 7). Für *ag- (Nr. 1) aus *h2ag- < *h2eg- besteht die Evidenz in aind. (ved.) ijate ,treibt" das nach KLAus STRUNK (1977) auf redupliziertes *h2i-h2g-e- zurückgeht. A. BAMMESBERGER (1984: 66-68) hat jedoch den Beweiswert der aind. Form mit scharfsin­niger Argumentation bestritten (vgl. jedoch nunmehr die Entgeg­nung STRUNKS, 1988: 565-569: ein nachgrundsprachliches, früh­urar. * Hi-Hj-a-tai sei möglich). Es dürfte somit (innerhalb einer "gemäßigten" Laryngaltheorie, die auch vokalisch anlautende Wurzeln zuläßt) zur Zeit möglich sein, daß idg. *ag- keinen anlau­tenden Laryngal hatte. Für einen anlautenden Laryngal hr in idg. *er(H)- ,trennen' gibt es m. W. keine (eindeutige) sprachinterne Evidenz, und somit ist der Laryngal auch in idg. * erdho- ,Seite' (Nr.2) und (nach meinem Vorschlag) in idg. *orbho- ,verwaist, Waise' (Nr. 3) nicht sicher, wenn wir sie dieser Wurzel zuordnen (s. oben; vgl. jedoch heth. !Jarp- ,sich absondern" MAYRHOFER, EWAia I 120, wo *[h2 ?}6rbho-).

Von den sechs Fällen bleiben somit immerhin idg. * Howi­,Schaf' und idg. * Hon-r- ,Traum' sichere Laryngal-Fälle. Die Alter­native (4) könnte jedoch (theoretisch) teilweise zutreffen.

61 Der Ansatz von h2- wird mit anatol. [t- begründet, da h3- durch anatoJ. ~ vertreten sei (s. noch EICHNER 1978: 162). Mehrere Forscher haben trotzdem h3- angenommen. Es geht gleichzeitig um die Frage, ob bei h2o- eine Umfar­bung zu a stattfand oder nicht (s. hierzu auch Anm. 13 oben).

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Lehnwörter ohne Laryngalreflex im Anlaut 111

Die erste Alternative, wonach die Gruppe mit vokalischem An­laut jünger wäre als die Gruppe mit kM, kann auch kaum generell angenommen werden. Zwar ist die Verbreitung an sich kein zuver­lässiges Kriterium der absoluten Chronologie (fiu. * sata ,hundert' ist ja in allen fiu. Sprachen verbreitet, gehört aber nicht zu den äl­testen Lehnwörtern, sondern stammt aus einer erst arischen Form *sata-, nicht etwa aus idg. *krfl,to-), aber das -j- (statt -co) in *aja­(Nr. 1) und (nach meiner Erklärung) das u- (statt 0-) in den Vor­formen von fi. uni (Nr. 5) und fi. uuhi (Nr. 6) sind zusätzliche Indi­zien einer recht frühen Entlehnung. Somit können diese Wörter kaum alle später entlehnt worden sein als die Wörter mit anlau­tendem kM. Immerhin ist aber hervorzuheben, daß es unter den auf­geführten "laryngallosen" Fällen keine gibt, die nachweisbar be­reits in uralische Zeit gehören.

Die Alternative (3) setzt voraus, daß das ural./fiu. Phonem x ur­sprünglich auch im Anlaut vorgekommen, in dieser Stellung aber später ohne Reflex geschwunden ist. Das ist durchaus möglich, läßt sich aber mit sprachinternem Material nicht beweisen. Die Erklä­rung (3) wäre jedoch eine mögliche Lösung.

Es bleibt die Alternative (2). Die idg. Mundarten haben wohl die Laryngale in den einzelnen Gebieten zu unterschiedlichen Zeiten verloren. Man könnte annehmen, daß die alten fiu. Lehn­wörter ohne Laryngalreflexe aus solchen, zunächst zentralen bzw. östlichen, innovativen idg. Mundarten stammen, die die Laryngale im Anlaut früh geschwächt (bzw. verloren) haben. Am Rande -etwa im Nordwesten des idg. Sprachgebiets - könnte sich das In­dogermanische in lautlicher Hinsicht länger unverändert erhalten haben. Aus einem solchen Randgebiet könnten diejenigen Lehn­wörter stammen, die eine recht beschränkte fiu. Verbreitung, aber trotzdem einen Laryngalreflex aufweisen. Diese letztgenannten Wörter brauchen in der absoluten Chronologie nicht älter zu sein als jene ohne Reflex (und z. T. mit weiterer Verbreitung). Ihr äl­teres Aussehen kann eben darauf beruhen, daß gerade die idg. Mundarten, aus denen sie stammen, selbst in lautlicher Hinsicht ein konservatives Rückzugsgebiet bildeten, mit beibehaltenen an­lautenden Laryngalen. Es ist offenbar das Gebiet jener idg. Mund­arten, aus denen später das Germanische, das Baltische und das Slavische hervorgegangen sind: ein frühes "Germano-Balto-Sla­visch" mit wesentlich idg. Lautstand, eine Sprachgemeinschaft, wie sie etwa von ALFRED SENN (1966: 35) aufgrund von lexikalischen

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112 Abschließende Betrachtung der Ergebnisse

Übereinstimmungen angenommen wurde. Als Sprecher dieser idg. Mundarten muß man in erster Linie die Träger der schnurkerami­schen Streitaxtkulturen im Baltikum, in Skandinavien und in Süd­westfinnland betrachten, die von der archäologischen Forschung heute auf 2500 bis 2000 v. ehr. datiert werden (s. z. B. SALD 1981: 446). Ein Teil der Lehnwörter sind allem Anschein nach gerade im Baltikum und in Finnland übernommen worden, es kommen je­doch auch Kontakte in Frage, die sich östlicher und südlicher davon und wohl auch noch früher abgespielt haben.

Die m. E. natürlichste Erklärung ergibt sich als eine präzisierte Variante der Alternative (2): Die zweifache Behandlung der anlau­tenden idg. Laryngale spiegelt einfach zwei verschiedene Substitu­tionsmoden wider, die zu verschiedenen Zeiten und in verschie­denen Kontaktgebieten geherrscht haben. Wenn die Finno-Ugrier nicht imstande waren, das ural. x im Anlaut zu produzieren, so ließen sie die betreffenden Wörter vokalisch anlauten - insbeson­dere, wenn der anlautende Laryngal in der betreffenden idg. Mundart schon schwach realisiert wurde -; entsprechend igno­rieren die Sprecher der heutigen romanischen Sprachen ein germ. anlautendes h-. Einen fiu. Parallelfall finden wir im Lappischen. Germanische Lehnwörter mit anlautendem antevokalischem h­wurden ins Urlappische mit vokalischem Anlaut übernommen, denn das Urlappische besaß noch kein h: vgl. lp. awje ,Heu' -germ./urn. * hauja- > an. hey id., lp. aw'ju ,Traubenkirsche' -germ./urn. *hagjo > an. hegg-r id. (s. z. B. DE VRIES 226, 216). -Die andere Substitutionsmode galt in einer anderen Sprachge­meinschaft: Der nordwestliche, "alteuropäische" anlautende La­ryngal wurde offenbar recht deutlich realisiert, und im finnisch­permischen bzw. fruhurfinnischen Gebiet wurde er durch k- wie­dergegeben. Auf die gleiche Weise ist das germ. anlautende X-Ih- in den älteren germanischen Lehnwörtern des Ostseefinnischen durch k- substituiert worden: fi. kallio ,Fels' - germ. * xalljo(n)- > an. hella, schwed. häll ,Fels(platte)', fi. kaura, dial. kakra ,Hafer' -germ. *xagran- > altgutn. hagri id., fi. kana ,Huhn' - germ. * xanan- > dt. Hahn. - Möglich ist, daß die Substitution des an­lautenden Laryngals durch k- bereits in der ältesten uralischen Zeit vorkam und die späteren nördlichen Entlehnungen nur dieses älteste Substitutionsmuster fortsetzen (vgl. ural. * koskj ,trockene Stelle" s. Anm. 13 und sam. * ko- ,sehen, finden" s. fi. koke-, Etymo­logie Nr. 7).

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Andere frühe Lehnwörter 113

Aufgrund der Verbreitung des idg. Originals und des daraus entlehnten ural./fiu. Wortes können die behandelten Laryngal­wörter grob in zwei Schichten eingeteilt werden: 1. weitverbreitete, z. T. recht alte Entlehnungen, 2. Entlehnungen aus dem nördlichen Randgebiet des Indogermanischen. Für die erste Schicht ist die Substitution des Laryngals im ural./fiu. Inlaut durch ural./fiu. -x­

kennzeichnend, der zweiten Schicht sind jene Wörter zuzuweisen, die im Inlaut -8-, im Anlaut k- als Substitute aufweisen. (Nicht aus­zuschließen ist aber die Möglichkeit, daß k- als Substitut bereits in uralischer Zeit vorgekommen ist.)

Die Finno-Ugrier haben natürlich nicht nur laryngalhaltige idg. Wörter entlehnt. Deshalb wäre zu fragen, ob wir sonstige Lehn­wörter finden, die wir für ebenso alt wie diejenigen mit Laryngal­merkmalen halten können bzw. müssen.

Solche Wörter lassen sich finden. Für die oben definierte erste Schicht, Wörter mit ausgedehnter fiu. bzw. ural. Verbreitung seien hier nur folgende Beispiele genannt: (1) fiu. *meti ,Honig, Met' =

fi. mesi, Gen. meden (Verbreitung: osfi., mordw., (?) tscher., wotj., syrj., ung.) aus: idg. *medhu- ,Honig, Met' (s. z. B. REDEI 1986: 45); (2) ural. *moskj- ,waschen' (Verbreitung: estn., mordw., tscher., wotj., syrj., ung., sam., JANHUNEN 1981: 235,273) aus: idg. *mozg­(ablautend zu idg. *mezg- ,untertauchen'); die idg. o-Stufe ist ver­treten im Kausativum aind. majjayati ,versenkt, taucht unter' (KEW A 11 549) und im balt. lterativum lit. mazg6ti, mazg6ju ,wa­schen" lett. mazgat, mazgäju id. (= balt. *mazgäjö ,tauche mehr­fach ein, wasche" IEW 745), das idg. Original war wohl zunächst das Kausativum *mozg-eye/o- (bei REDEI 1986: 40); (3) ural. *punj-/*puna- ,flechten' (Verbreitung: osfi., fi. puno- ,flechten" lp. ,spinnen, flechten" mordw. ,flechten, zwirnen" tscher. id., wotj. ,winden, flechten" syrj., wog., ostj. id., ung. ,spinnen; flechten" sam. ,zwirnen, flechten" JANHUNEN 1981: 258, 273; UEW I 402) aus: idg. *W-e/o- (= balt. *pin-ti-) > lit. pinti, pinu ,flechten" lett. pU, pinu id. (s. FRAENKEL 594; KURYLOWICZ 1968: 323), die idg. Wurzel lautet *(s)pen- ,ziehen, spannen; spinnen' (lEW 988, und s. oben unter Etymologie Nr. 8), und semantisch stimmt wieder das balt. Verb am genauesten mit dem ural. überein; (4) ural. *weti ,Wasser' (Verbreitung: osfi., mordw., tscher., wotj., syrj., wog., ung., sam. *wit ,Wasser" s. JANHUNEN 1981: 234, 274; UEW 11 570) aus: idg. * wed-(r/n-) (*h2wed- ?): vgl. heth. watar, Dat.-Lok. we-

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teni ,Wasser', arm. get ,Fluß" phryg. ßEOU ,Wasser' usw. (lEW 78-80; bei REDEI 1986: 43); (5) fiu. *wosa ,Ware, Handel' (Ver­breitung: osfi., fi. os-ta- ,kaufen" lp. id.; tscher. uza ,Preis" wotj. vuz ,Ware, Handel" vuz-al- ,verkaufen" syrj. vuz ,Kauf, Handel', vuz-al- ,verkaufen" auch wog., UEW I 585) aus: idg. *wos-, zu­nächst * wosä (= * wosahz) = germ. * wazö > * warö = ags. waru ,Handelsware' = dt. Ware (zur Etymologie von Ware s. SZEMERENYI 1979: 118-122), die idg. Wurzel lautet *wes- ,kaufen' (IEW 1173; vgl. REDEI 1986: 48). Weitere Beispiele seien nur angedeutet, so fiu. *kota ,Zelt, Hütte, Haus' (vgl. REDEI 1986: 44; JOKI 1973: 272), fiu. *wetä- ,führen, leiten, ziehen' (vgl. REDEI 1986: 48; JOKI 1973: 344); das Vorhandensein alter idg. (bzw. vorar.) Lehnwörter wird ja allgemein anerkannt (vgl. JOKI 1973, REDEI 1986). (Der Einheit­lichkeit halber wurden die ural./fiu. Rekonstrukte hier nach der Notationsweise von JANHUNENjSAMMALLAHTI angeführt: *meti. *moskj-. *weti. *wosa. *kota = tradit. [UEW, REDEI] *mete. *moske-. *wete. *wosa. *kota; *punj-/*puna- = [UEW] *puna-.)

Für die oben umrissene zweite Schicht, Wörter mit vorwiegend begrenzter Verbreitung innerhalb des Finnisch-Ugrischen, sei hier nur auf eine Reihe von Etymologien hingewiesen, die ich schon früher (KoIVULEHTO 1983a, 1983b) vorgelegt habe und die anhand des palatalen Reflexes der idg. anlautenden Palatale k- und {/'- eine Entlehnung aus einer solchen idg. Sprachform voraussetzen, die lautlich noch wesentlich der rekonstruierten idg. Grundsprache glich. Die Wörter müssen also älter sein als das Germanische, wo ja die Opposition k - k. {/' -!I' (schon vorgermanisch) aufgehoben war, und das Baltische, wo die Palatale ja zu den Zischlauten 8 und z geworden waren und deshalb durch frühurfi. 8 substituiert wurden. Trotz des idg. Lautstandes weist jedoch die Verbreitung der idg. Originale in Übereinstimmung mit der westlichen Verbrei­tung der Lehnwörter auf eine Entlehnung aus solchen idg. Mund­arten hin, die zunächst an der Ostsee oder im Baltikum beheimatet waren. Ich möchte diese Beispiele hier nicht mehr im einzelnen vorführen, sondern verweise nur auf die bei den früheren Arbeiten, die außerdem auch andere (z. T. altbekannte) Beispiele früher Ent­lehnung (bei begrenzter Verbreitung) enthalten (fi.-perm. *jüwä ,Getreide, Korn" fi.-wolg. * ke8trä/*kesträ ,Spindel, Spinnwirtel" fi.­perm. *porcas ,Ferkel, Schwein" fi.-mordw. *re.§mä ,Seil' und an­dere). Außer diesen Lehnwörtern mit deutlichen lautlichen Kenn­zeichen können bzw. müssen eine ganze Reihe von anderen alten

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Phonetischer Wert der Laryngale, Umfärbung 115

Lehnwörtern mit begrenzter Verbreitung ebenso alt sein, obwohl man es lautlich nicht immer so eindeutig beweisen kann: Gerade Palatal- und Laryngalreflexe sind eben die eindeutigsten Merk­male einer frühen idg. Sprachform, wenn es sich um Entlehnungen mit begrenzter Verbreitung handelt. - Ich verweise außerdem noch auf einige in dieser Arbeit kurz behandelte neue Fälle: fi. hoke- ,(etwas wiederholt) sagen' (s. Etymologie Nr. 7: fi. koke-), fi. sito- ,binden" lp. Mdnd- ,binden' (s. Etymologie Nr.8: fi. kuto-, Anm. 23), wotj. burd ,Flügel' (s. Etymologie Nr. 23: wotj. puz ,Sieb').

Wegen der beträchtlichen Unterschiede zwischen den ural./fiu. und idg. Konsonantensystemen können die Lehnwörter nicht viel über den phonetischen Wert der idg. Laryngale aussagen. Ihr fri­kativer (= spirantischer) Charakter wird jedoch eindeutig von ihrer Substitution durch fiu./frühurfi. 8 im Inlaut vorausgesetzt; auch ural. x in den ältesten Fällen weist zunächst auf frikative Gel­tung hin. Daß die Substitution durch k- im Anlaut natürlich kein Gegenbeweis ist, braucht eigentlich nicht mehr hervorgehoben zu werden: Diese Substitution wurde bereits oben erörtert (S. 19, 105, 112). Der Befund steht im Einklang mit der gängigen Annahme, daß die Laryngale Engelaute, etwa dorsale Frikative gewesen sind, wohl - den dorsalen Klusilen entsprechend - Palatale (hj), Ve-1are (hz), und Labiovelare (h3)' Zu einem spätidg. Zusammenfall der Laryngale (s. lINDEMAN 1987: 103, 115; GAMKRELIDZE - IVANOV 1984: 170: von GAMKRELIDZE bereits 1960 angenommen), kann aufgrund des Befundes nichts gesagt werden, was natürlich keine Schwächung dieser sehr plausiblen Annahme bedeutet.

Und wie verhält sich der Befund zur angenommenen Umfär­bung von ursprünglichem idg. e (und 0) bei hz und h3? In dreien der fünf ältesten Belege mit nachweisbar uralischem Alter und inlau­tendem -x- (Nr. 9-12, 14) steht der idg. Laryngal in diphthongi­schen Wurzeln vom Typus CewH-, so daß schon prinzipiell keine Umfärbung vorkommen kann; außerdem handelt es sich bei den angesetzten idg. Originalen um schwundstufige bzw. o-stufige Formen (*bhuH-I*bhowH-, *8'UH-, *dhuH-). In einem Beleg haben wir hj (*bhehr ). Nur bei einem Beleg sind die Bedingungen der Umfär­bung erfüllt, und zwar bei hz: idg. *gWnehz, Nom. Sg. ,Frau' (Nr. 9). Der uralische Reflex ist (nach JANHUNEN) als ural. *näxi ,Frau' an­gesetzt. Der Vokal ä = [00] deutet also darauf hin, daß die Umfär-

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bung eh2 > ah2 bei der Übernahme des Wortes noch nicht vollendet war. (Im Ostseefinnischen begegnet eine hintervokalische Va­riante, *00- ,Frau", die auf eine etwas spätere Entlehnung aus einem Original mit schon vollzogener Färbung zurückgeführt werden könnte.) Ein inlautendes -x- kommt außerdem in fiu. * toxi­(Nr. 13) vor, bei dem idg. *doha- angesetzt ist. Der Reflex 0 setzt somit die bereits vollzogene U mfärbung * deha- > * doha- voraus. Aber hier handelt es sich schon um einen etwas jüngeren Fall: Wegen des erhaltenen fiu. 0 kann *toxi- (nach JANHUNEN) nicht mehr der uralischen Zeit angehören, muß also erst nach dem Wandel 0Of: > uCi entlehnt sein. Auch alle anderen Fälle, bei denen h2 und ha Umfärbung bewirkt haben, zeigen den bereits voll­zogenen Wandel zu a und 0; es sind alles Beispiele mit anlau­tendem k- als Laryngalsubstitut (Nr. 1-4, 7: idg. *h2ak-, *h2al-, *h2a8-gf']-, *h2awg-8-, *haokW

-). Außerdem wurde (mit Vorbehalt) auf einen uralischen Fall hingewiesen, der ein erhaltenes Abtönungs-o in * h20- reflektieren würde (Anm. 13).

Als Fazit ergibt sich somit: Bei den ältesten Kontakten des In­dogermanischen mit dem Uralischen kann damit gerechnet werden, daß die Umfärbungen noch nicht (vollständig) geschehen waren, alle späteren Lehnwörter weisen jedoch bereits die UmIär­bungen auf.

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Graz 1903. UOTlLA, EEVA, 1985: Kohta paikalleen (Summary: An etymology

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WICHMANN - UOTILA = Syrjänischer Wortschatz. Aufgezeichnet von YRJÖ WICHMANN, bearbeitet und herausgegeben von T. E. Ua­TILA. Helsinki 1942.

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VAN WINDEKENS, A. J., 1976: Le tokharien confronte avec les autes langues indo-europeennes. V olume I. Louvain.

WINTER, WERNER, 1965: Evidence for Laryngeals. Edited by W. WINTER. JL, Series Maior 11. The Hague - London - Paris.

WISSMANN, WILHELM, 1932: Nomina postverbalia in den altgermani­schen Sprachen. 1. Teil: Deverbative ö-Verba. Ergänzungshefte zur Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung (KZ) Nr. 11. Göttingen.

ZAJCEVA - MULLONEN = ZAJCEVA, M. - MULLONEN, M., Slovar' vepsskogo jazyka. Leningrad 1972.

Page 129: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

AION-L

AÖAW

AUU Balt

BSL FMS

FUB FUF

FUM Glo

IF

JL

JSFOu Krat

ABKÜRZUNGEN

Periodika und Reihen

Annali dell'Istituto Orientale di Napoli, Sezione lin­guistica. Napoli. Anzeiger der Österreichischen Akademie der Wissen­schaften, phil.-hist. Klasse. Wien. Acta universitatis Upsaliensis. Nova series. Uppsala. Baltistica. Beiträge zur baltischen Sprachforschung. Vilnius. Bulletin de la Societe de linguistique de Paris. Paris. Folkmälsstudier. Meddelanden frä~ Föreningen för nordisk filologi. Helsingfors. Finnisch-Ugrische Bibliothek. München. Finnisch-ugrische Forschungen. Zeitschrift für fin­nisch-ugrische Sprach- und Volkskunde. Helsinki. Finnisch-Ugrische Mitteilungen. Hamburg. Glotta. Zeitschrift für griechische und lateinische Sprache. Göttingen. Indogermanische Forschungen. Zeitschrift für Indo­germanistik und allgemeine Sprachwissenschaft. Zu-letzt Berlin - New York. Janua Linguarum. Studia Memoriae Nicolai van Wijk Dedicata. Journal de la Societe Finno-ougrienne. Helsinki. Kratylos. Kritisches Berichts- und Rezensionsorgan für indogermanische und allgemeine Sprachwissen-schaft. Wiesbaden.

KV Kalevalaseuran vuosikirja. Porvoo - Helsinki. KZ Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung (be­

gründet von A. Kuhn). Zuletzt Göttingen.

Page 130: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

130

L

Lg

LP MSFOu MSS NM

NTS Orient

PBB (T)

SbHAW

SbÖAW

SFU

Spr

UAJb uuA Vir VJa VKLK

ZDMG

ZPSK

Abkürzungen

Lingua. International Review of General Linguistics. Amsterdam. Language. Journal of the Linguistic Society of Amer­ica. Baltimore. Lingua Posnaniensis. Poznan. Memoires ~e la Societe Finno-ougrienne. Helsinki. Münchener Studien zur Sprachwissenschaft. München. Neuphilologische Mitteilungen. Bulletin de la Societe N eophilologique. Helsinki. Norsk Tidsskrift for Sprogvidenskap. Oslo. Orientalia. A Quarterly Published by the Faculty of Ancient Oriental Studies, Pontifical Biblical Institute. Rome. Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur (begründet von W. Braune, H. Paul, E. Sie­vers). Tübingen. Sitzungs berichte der Heidelberger Akademie der Wis­senschaften, phil.-hist. Klasse. Heidelberg. Sitzungsberichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien. Sovetskoe finno-ugrovedenie / Soviet Finno-Ugric Studies. Tallinn. Die Sprache. Zeitschrift für Sprachwissenschaft. Wies­baden - Wien. Ural-Altaische Jahrbücher. Neue Folge. Wiesbaden. Uppsala Universitets Arskrift. Uppsala. Virittäjä. Kotikielen Seuran aikakauslehti. Helsinki. V oprosy jazykoznanija. Moskva. Veröffentlichungen der Kommission für Linguistik und Kommunikationsforschung (Österreichische Aka­demie der Wissenschaften). Wien. Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesell­schaft. Wiesbaden. Zeitschrift für Phonetik, Sprachwissenschaft und Kommunikationsforschung. Berlin.

Page 131: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

AbI. ae. afries. afrz. agutn. ahd. aind. air. Akk. aksI. alb. an. apers. apoln. apreuß. ar. arm. aruss. asächs. aschwed. av. balt. boöt. C dän. Dat. diaI. dt. E estn. f. fi. fi.-mordw. fi.-perm. fiu. fi.-wolg. frühurfi. geg.

Sprachen, Dialekte, linguistische Termini

Sprachen, Dialekte, linguistische Termini

Ableitung altenglisch (angelsächsisch) altfriesisch altfranzösisch altgutnisch althochdeutsch altindisch altirisch Akkusativ altkirchenslavisch (altbulgarisch) albanisch altnordisch altpersisch altpolnisch altpreußisch arisch armenisch altrussisch altsächsisch altschwedisch avestisch baltisch, urbaltisch boötisch (beliebiger) Konsonant dänisch Dativ dialektal deutsch Ersa-mordwinisch (auch: Ersä, Erza, Erzä) estnisch feminin finnisch finnisch-mordwinisch finnisch-permisch finnisch-ugrisch finnisch-wolgaisch frühurfinnisch gegisch

131

Page 132: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

132

Gen. germ. got. gr. heth. hierogl.-luw. idg. Inf. intro iran. karel. lat. lett. lit. liv. Lok. lp. luw. m. M mhd. mir. mordw. n. nfrz. nhd. nl. nnorw. Nom. norw. obugr. olon. OP OS osfi. osset. ostj. P. Part. Perf.

Abkürzungen

Genitiv germanisch, urgermanisch gotisch (alt )griechisch hethitisch hieroglyphenluwisch indogermanisch Infinitiv intransitiv iranisch karelisch lateinisch lettisch litauisch livisch Lokativ lappisch (samisch) luwisch maskulin Mokscha-mordwinisch mittelhochdeutsch mittelirisch mordwinisch neutrum neufranzösisch neuhochdeutsch niederländisch neunorwegisch Nominativ norwegisch obugrisch olonetzisch ostpermjakisch syrj. Dialekt an der oberen Sysola ostseefinnisch ossetisch ostjakisch (chanti) Person Partizip Perfekt

Page 133: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

Sprachen, Dialekte, linguistische Termini 133

perm. permisch pers. persisch phryg. phrygisch PI. Plural poln. polnisch Präs. Präsens Prät. Präteritum russ. russisch s. Substantiv sam. samojedisch, ursamojedisch schwed. schwedisch schwf. schwaches Femininum schwm. schwaches Maskulinum schwn. schwaches Neutrum serb. serbisch serb.-ksI. serbisch -kirchenslavisch Sg. Singular slav. slavisch sloven. slovenisch späturfi. späturfinnisch steir. steirisch syrj. syrjänisch (komi) tiroI. tirolisch toch. tocharisch tosk. toskisch tr. transitiv tradit. traditionell trans. transitiv tschech. tschechisch tscher. tscheremissisch (mari) ugr. ugrisch ung. ungarisch ur al. uralisch, ururalisch urar. urarisch urfi. urfinnisch v. Verb V (beliebiger) Vokal vorar. vorarisch vorbalt. vorbaltisch vorgerm. vorgermanisch

Page 134: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

134

vorperm. vorslav. vortscher. weps. wog. wolg. wot. wotj. Zs.

Abkürzungen

vorpermisch vorslavisch vortscheremissisch wepsisch wogulisch (mansi) wolgaisch wotisch wotjakisch (udmurt) Zusammensetzung

Page 135: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

WORTREGISTER

Hochgestellte kleine Ziffern beziehen sich auf Anmerkungen

Indogermanische Sprachen

Indogermanisch / Vorarisch / Vorbaltisch / Vorgermanisch (Rekonstrukte)

Alphabetische Reihung: (g), g, gW, (rf), (/', gwh usw. folgen aufeinander, die La­ryngale H, hl, hz, hJ sind gleichwertig.

*ag-e/o- 6434, 80, 105, 108, 110ff. *bhehr(yelo-) 55f., 85ff., 102, 115 *bhewH- 56 * bhowH-, * bhuH- 56 ff., 115 * bhowH-mo- 56, 5728

* bhuHehz 50 ff. * dohJ- < * deha- 8 ff., 63 ff., 6334,

102,116 * dhehl- 8 ff., 6334, 6535, 7lf., 7238

*dhewH-, *dhuH- 65ff., 115 *dh-a-k- 9f., 72, 7238

*dhuH-li- 65ff. *erdho- 105f., 110 * er(H)- 105f., 11 0 *gei-, *gi- 5123

*genhr 79 *gerH- 12 * {JnehJ- 80 f. *(rohr 79 ff. * (rohrelo- 79ff. * (ro(hJ)-m- 8lf. * (rohl-yelo- 79 ff. * gu-(/'ew- 17, 177

*gWehldh- > *gehld- 82ff. *gWenhz- 52ff. * gWnehz- > * gWnahz- 52 ff., 103 f.,

115f.

*(/'alrfo- (usw.) 5426

* (/'me(n)- 5426

* gWhedh_ye/o_ 24 10

* hzag- < * hzeg- 110 * hzak- 23, 116 * hzak-ahz 23 ff. * hzak-o- 23 ff. * hzak-ro- 25 * hzak-yahz 23 ff. o.hzal- 26ff., 116 * hzal-yelo- 26 ff. * h2a8- < * hzes- 29 *hzawks-e/o- 32ff., 3315,10156,116 *hzazgf'}- 29ff., 3013, 3114, 116 o.hzenk-, o.hznek- 110 * hles- 37 ff., 4lff., 10257

* hles-: * hle8-enler-, * hlo8-enler-36ff., 10257, 108

* hl e8U-, * hl 8U- 41 ff. .. hzew-dh- 48 *h2ewg- 33 *hJokw- 44ff., 10257

*hJokW-yelo- 44ff., 10257, 116 * Hon-r- 107f., 110 *Howi- 109f. * hiidh-ahz-(yelo-) 48 ff. * hzUks- 33, 36, 10156

Page 136: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

136

* h2weks-, * hzwoks- 33, 36 *jehIgä 73ff. *jehIg-jelo- 75ff. *kapro- 28 *kad- 50 *kewk- 32 * kuk-to- 32 * kWelH-elo- 22, 68 f. * leg-, * log- 108 *medhu- 43, 45, 49, 5021 , 113 *mer-t-o-, *mr-to- 80 *mey-H- 156

*mezg-, *mozg- 30, 113 *mozg-eyelo- 113 *ned-, *nedh_ 49 f. *on-enler- 107f., 110 *onko- 107, 110 *orbho- 106, 110 * owi- 108 ff. *pethI- 5022

*peth2- 91 * pet(h2)ro- 91 *pewH- 8,87,92,93 *pewH-eno- 87 ff., lOp6 *peys-, *pis- 89 *pis-eno- 89 *Pr!-e/o- 50, 113 *porko-s 24, 98 *powH-eyelo- 76, 92, lOp6

Wortregister

*puH-to-s 8, 10, 93f. *pu-n-e-H-, *pu-n-H- 92ff., 10156

* säg- 45 *sei-, *si- 5123

*sekw- 45 *sen- 40 18

* sen(H)- 40 18

*sewH-, *suH- 1 59,101 56

* sewH-, * suH- 2 69 *sHey- 5123

* skelH-, * skJH- 6937

*sokW-eyelo- 45 * (s)pen- 50, 113 *suH- 69ff. *suH-e/o- 59ff., lOp6 *tewk- 114

*wed- 49, 107, 113 *wedh- 49 *wet-elo- 17 *werh1- 12 * wes-, * wos- 83, 114 *weyH- 1 95 *weyH- 2 97 *wiH-tah2, *wiH-to- 95ff. *wos-ahz > *wosä 3917,74,83,114 *woyH-ahz > *woyHä 97 f. *yehIgWehz > *jehIgä 73ff. *yewo- 29, 86, 96

Anatolisch Hethitisch unbezeichnet

a8,m- 40,41 lJarp- 106 lJa8sa- 29 hawa/i- hierogl.-Iuw. 108 lJawiSluw. 108 iSlJiyazzi 51 23

auks- B 32, 3315

mit B 5021

8uwäi- 59 watar 107, 113 zakkar 4018

zamankur 40 18

zena- 4018

zena-, zenant- 4018

Tocharisch

oks- A 32, 3315

Page 137: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

arhSa- 107 ajati 80, 105 ari- 26,28 aritar- 61 aritra- 61 ardha- 105 arbha- 106 arya- 28 avi- 108 asu- 37 Ma- 29 tjate HO uk~ati 33, 331S, 36 uk~an- 35 kartana- 90 ~am- 5426

~a 5426

grbhayati 49 gna 52ff. carati 22, 68 caritum 68 ci"11ta- 68 curti- 68 jana- 79 Jam- 52 jd- 79 juhOti 17, 187

toka- 114

dadiiti 8, 63, 6334

dadhiiti 8, 71 dhar~ati 78 dhar~ayati 78 dhavitra- 67 dhun6ti 66 dhuma- 66

pavana- pali 87 ponii hindi 87 pO'/.tii lahnda 87

Wortregister

Altindisch Sanskrit-Reihung

dhuli- 66 dhr~6ti 78 nahyati 49 patra- 91 pavana- 87 pavayati 92 p~.ta- 89 pundti 92, 93 p'Uta- 8,93 bMman- 56 mak~kii 784 3, 86 majjayati H3 mindti 156

yava- 29,86 vayd 97,99 vartana- 87 vahati 17 vahana- 87 vita- 95 vitii 95 vithi-, vithi- 95 sad- 50 s6ka- 32 s6cati 32 sita- 512 3

sind ti 5123

Bit, su- 41 suvati, pra- 59 ff. 8'Ii- 69 s'Uta-: pra-, nf- 59 ff. s'Uta~ 59f. s'Uti- 69 8'lite 69 s'Uyate: pra- 69

Mittel- und Neuindisch

pu'/.tai: prakrit 93 puniiti pali 93

137

Page 138: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

138

!pJa- 107 g'nä, ynä 52 haota- 69 h-a- 41 hunäiti 59 hunämi 69 kard osset. 90 kärd npers. 90

aciun 29, 3013

anurj 107, 110 get 114

aE~W 33, 3315

aKT] 23 &KWV 24 al!Eißw 156

CXÜ~W, CXÜ~OI!CXl 32 ßcxva böot. 52, 54 YOVO\; 79 yuvf] 52,54 OiOWl!l 8, 63, 6334

eaw 60,62 EVO\; 40 18

EU\; 41 ilßTJ 73 ~h)encx 66 BUl!o\; 66 Buw 66 KA:fipo\; 106 KOEW 104

ÖYKO\; 107, 110 oll!o\; 95 Öl\; 108 ÖI!I!CX 44

Wortregister

(Alt)iranisch Avestisch unbezeichnet

karata- 90 limren osset. 79 mainyu-Süta- 59 piBtra- 89 saok- 32 -suxta-: upa-suxta- 32 uljSan- 35 uljSyeiti 36

Armenisch

hoviw 108, 109 orb 106

Griechisch

ÖVCXp 107 övnpo\;, -ov 107 onTi]p 44, 46 om:o\; 44 önwncx 44 onwpcx 36 opq>CXVO\; 106 ÖcrcrOI!CXl 44 Ö\jIOI!CXl 44 nEAw, nEAOI!(Xl 68 nim:w 5022

n'tffil!cx 5022

n'tw'tO\; 5022

nWAEOI!(Xl 68 'tWTJl!l 8, 71 q>UT] 56 q>ÜI!CX 56 q>u'tov 56, 58 q>wyw 55, 85 Xeül!CX 187

XEW 187

XOT] 187

Page 139: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

a5-5aKET 71

aevum 114

alius 26,28 a16, alere 26 ära 29 ardeö 29 ärea 29 äreö 29 augeö 33 auxilium 33 15

cadö, cadere 50 cärus 27 caveö 104

colö, colere 68

casar aIr. 50 düil mir. 66

*agjö 23,24 *aganö 25 *aiwö 114

*alja-, *aljö 26,27 *arba- 106 *arbja- 106 *arbjan- 106 *armaz 26 *asjön- 29 *askön- 29 ff., 3p4 *aznö 36 * bä-je/a- 87 * baka- 55, 85 *bapa- 55 *belJja- 24 10

Wortregister

Phrygisch

ßE5u 114

Lateinisch

dicö, dicäre 49 erus, era 41 faciö, facere 8, 71 füligö 66 inseque 45 oculus 44 libö, libäre 187

migrö, migräre 156

orbus 106 ovis 108 porcus 24 senescö, senescere 40 18

via 95

Keltisch

nascim air. 49

(Ur)germanisch, Urnordisch (Re konstrukte )

* be-je/a- 55, 85 *diuriz 26 * dö- 6535, 71 *fauja- 92 *flauja- 34 *frakaz 26 *gätja- 46 *gölJa- 42 *xabraz 28 *hagjö 112 *xagran- 112 *Xall- 26 11

*xalljö(n)- 19, 112 *xanan- 38, 112 *hansö < *Xansä 42 19,79

139

Page 140: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

140

*hauja- 112 *instra- 35 *jeha- 39 17

*jesa- 39 17

*ki- 5123

* krausa-, * krausja- 35 *kuna- 79 * kuningaz 82 *kunja- 79,81 *kweiJ- 82 *kwerko 68 * kwijo < * kwijä 68 *may-, *max- 19, 76 *rauiJan- 38 *sag(w)ja- 45

aihts 7741

aiws 114 aljan s. 27 12

aljan v. 27 aljanon 27 12

aljis 26,28 arbi 106 arbja 106 asans 36 aukan 33 azgo 29

Wortregister

*salja- 28 * saupa- 45, 56 * skrewja- 69 *snipa- 76

*sokja- 45 *taikna- 81 *waxsa- 33, 36 *wajju- 98 *wako- 46

*wariJo- 46

* waro < * wazo 8345

*wiiJjo < *wiPjä 99 *wiXa- 19 *wurkja- 39 17

Gotisch

bagms 56, 5728

ga-dars 78 guma 5426

hansa 42 19

hlauts 106 hors 27 keinan. us-kijans 5123

raip 99 skewjan 69 skulan 6937

waddjus 98

Althochdeutsch und Mittelhochdeutsch Althochdeutsch unbezeichnet

ag mhd. 23 aran 23 aska 29 bä(j)en 55, 85 bre(je)n mhd. 55, 85 boron 49 boum 56 bräh-mänot 38 17

bü 56 ekka 23 ella. ello. gi-ella 26 ellen 27 12

fewen. fouwen 76, 92 getelinc mhd. 42 huora 27 jehan 39 17

kimo 5123

klübon 49 kunni 79 gi-mah 42 gi-mahha. gi-mahho 42 nuscia 50 quät 82 quena 52,54

Page 141: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

querka 68 simo 51 23

tun(i)st 66 tuon 71 vöuwen mhd. 92

arm 26 bähen 55,85 Bau 56 Baum 5728, 58 Dunst 67 Ecke 23,24 Einbaum 58 fäen, feibm dial. 92 fromm 43 gätlich 42 Gatte 42 Gekröse 35 gut 42

kwaad nl. 82 seggian asächs. 45

Wortregister

wahsan 33, 36 warta 46 weida 95 weide, ander-weide mhd. 95, 96 zuscen 31 14

Neuhochdeutsch

Hahn 112 Inster 35 können 73 Korn 12 möglich 73 Netz 12 Rute 99 teuer 26 tun 8 Ware 3917, 83, 114 warten 46 Wort 12 Zeichen 81

Niederdeutsch, Niederländisch

vrak mnd. 26

Englisch, Friesisch Altenglisch (= Angelsächsisch) unbezeichnet

äwia afries. 44 beam 56 cynn 79 dön 71 dust engl. 67 düst 67 eawan 44 elnian 27 12

fearh 24 frcec 26 hös 42 19

mayengl. 73 seap 45 warn 114 weaxan 36 work engl. 3917

141

Page 142: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

142

ag schwed. 23 ala 26 arfr 106 aska 29 balJmr 5728

bagn aschwed. 5728

drypa aschwed. 187

dunn 66 elja s. 26 ff. elja v. nnorw. 26, 27 eljan 27 12

elna 27 12

elska 26 elske dän. 27 elskr 26 fley 34 gäng schwed. 96 gumi 5426

greta 46 hafr 28 hagri agutn. 112 hüll schwed. 19, 112 hallreri 26 11

heggr 112 hella 112 hey 112 istr 35 jase nnorw. 3917

akis 44 as8anis apreuß. 36 cltvejas 95, 96 eiugti 33 eiukStas 32 a'llst lett. 48 eiusti 48 avis 108 deti 71 dirat lett. 48 difti 48

Wortregister

Nordgermanisch Altnordisch unbezeichnet

kona 52 konr 79,81 kumme I schwed. 46 kverk 68 kvi 68 kvinna 55 kyn 1 79 kyn 2 81 kynsl 81 (ena) reso ält. schwed. 96 segja 45 selja 28 seylJir 56 srekja 45 talJ 29 vaka 46 vakta schwed. 46 varlJa 46 vaxa 36 veggr 98 vette schwed. 46 vW, vWjar 99 viti 46 vittja schwed. 46 vrengr 67 rer 108 pgn 25 pnn 36

Baltisch Litauisch unbezeichnet

dulis 66 dulke 66 duppe lett. 66 duoti 63 geil 73 galeti 73 galici 73 gauras 34 geda 82ff. gedetis, gedytis 82 ff. gidan apreuß. 82

Page 143: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

jaüdat lett. 77 jävas 29 jega 73 j~ga lett. 73 jegt lett. 75 jigti 73, 75 jeras 53 kerdan apreuß. 95 k~sti 76 laukti 48 lükat lett. 48 lüketi. pa- 48 mazgat lett. 113 mazg6ti 113 parsas 24 paüdeti 48 pinti 50, 113

Wortregister

pit lett. 50, 113 sakyti 45 skeleti 6937

-üdeti: s. paüdeti iidis 48 -vejas: s. ätvejas vii. vila 74 virbas 99 vytas 1 95 vytas 2 97 vyti 97 zar8 lett. 99 zime lett. 81 ialga. iaigas 5426

iara. iäras 99 zyml 81

Slavisch Altkirchenslavisch (= Altbulgarisch) unbezeichnet

cereda russ. 96 deti 71 diti sloven. 66 dub russ. 58 dun{Jti 66 dutb russ. 66 godbno 42 godnyj russ. 42 je8em 36 je8eii tschech. 36 jesien poln. 36 obaczyc poln. 44 68enb russ. 36

pbseno 89 pjatb russ. 50 psen6 russ. 89 80citi 45 80- 41 usl6 russ. 48 veja 97 veja sloven. 97 ve816 russ. 61 vreteno 87 zadac 8it! apoln. 82 zena 52 zito russ. 40

143

Page 144: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

144 Wortregister

Uralische Sprachen

Uralisch / Finnisch-Ugrisch / Finnisch-Permisch / Finnisch-Mordwinisch / Frühurfinnisch

(Rekonstrukte)

In den nichtersten Silben steht hier der Einheitlichkeit halber durchgehend traditionsgemäß e für ural. ilj bei JANHUNEN/SAMMALLAHTJ (J, S) und für {iu. usw. i bei S. Ebenfalls steht a (in jeder Silbe) für urat, fiu. d und j bei J/S.

*aja- 6434, 80, 105, 108 *ajsa 9854

*amta- (8 fiu. *jmtä) 65 *ertä(s) 105 *estä-ttä- 75ff. *imes 80 *inSe 79ff., 104 * (j)eskä 72 ff., 104 * (j)estä. 75ff., 104 *jökse- 187

*jüwä 29, 86, 96, 114 *juxe- 16, 17, 177, 61 * kaca 23 ff., 104 * kallisl" katlis 25 ff., 104 * kaskel" kaSke 29 ff., 104 *kaswa- 32ff., 104 * käxle 14, 17 * kaxse (J ura!. * käxsJ) 14, 17 * kele 14 * kelke- 693 1, 103 * kesä 36 ff., 104 *kese 41ff.,104 * kesta-ta- 82 ff., 104 * kesträ/* kesträ 114 * kixe- 16, 17 * koke- 104, 19,22, 44ff., 104 * köse 14 *koske 30 13, 104, 112 *kota 114 * küce-I* küSe- 24 10

* kuDa- 48 ff., 104 * kulke- 68 f., 103 *lewle 88 * lome 47, 108 * luke- 18, 108 *lume 47, 108

*ma8-ta- 19, 76 *maxe (8 [iu. *mjrt) 16, 5426

*mekSe 78, 86 *mertä 79 *mete 43,45,49,5021 , 113, 114 *mexe- 15, 156

*moske- 30, 113, 114 *näke- 18, 63 *näxe 52 ff., 102, 115 *ni8a-l*niSä- 49[[. *onca 107, 110 "'orpa(s) 106 *pertä 91 *pe.sä-l*püSä- 58, 85ff., 104 *pe(w}8enV 87ff., 104 "'pexe- 55f., 58, 63, 102 *piBka- 8649

*porcas 24, 114 *pore- 47 "'posta- 76, 92ff., 104 "'puna-I"pune- 50, 113, 114 *pure- 47 *puBa- 86 *püSä 19 *pustas 8ff., 19, 93f., 104 *pusV 58 *puxel"poxe/*pVxe 52, 56ff., 102 *rebnä 114 *riyes(e) 89, 109 *saxe- (8 fL-perm. "'se:xi-) 16 *sita- 51,5123

* sjkse (J ura!. '" sjksJ) 17 *suke- 69ff., 103 *8uye 38 *suxe- 21, 59ff., 70, 102 *sat5a- (J ura1. *'§ddd-) 50, 5021

Page 145: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

* salka (8 fiu. * .§jlkd) 5426

* sake- 45 *sawta 45 * siyer(e) 89, 109 * soke- 45, 4520

*§Ukta 31 *teke- 8ff., 18, 71f., 103 *toye- 8ff., 16,21, 63ff. *töke- 8ff.,21 *towkV 114

*toxe- 16, 63ff., 102, 116 * tüle 65 ff. * tulka 65 ff.

a(a)hku 31 14

aaja 25 aika 114

aisa 9854

aja- 105 akana 25 aljo 27,42 anta- 65 armas 26 arpa 106 askel 76 astu- 76 aura 29 eh(d)ättä- 75ff. ehk estn. 72 ehkä 72ff. ehkäi8e- 73 ehki karei. 72 ehti- 75 ehto 77, 7741

ehtSi wot. 72 elo 37,39 elo-kuu 39 erä 10658

evä 6333

haara 99 hake- 45, 4620

häpeä- 83,8446

hara 98,99

Wortregister

* tuxle 65 ff., 102 *üce 108f. *une 107f. *wäke 18 *wetä- 49, 114

145

*wete 37,49,5021 , 107, 113, 114 *wi8ta 95f., 104 *wixe- 16, 17 *woca 9955

*wo(j)sa 97 ff., 104 *wo8a 39 17, 114 *W08-ta· > *08ta- 3917, 74, 83

Ostseefinnisch Finnisch unbezeichnet

hauta 45,56 hiiri 89, 109 hirviä- 84 hoke- 45, 4520, 115 huhta 31, 32, 9854

ihme 80 ihminen 79 ff. ihra 35 ilkeä- 84 irta 10658

itä- 5123

ja 74 jäärä 53, 109 jaksa- 73 järg estn. 96 jäsen 90 joki 4520

joom estn. 187

jouta- 77 jöud estn. 77 jöuda- estn. 77 juo- 17,177

juokse- 187

juoma 187

juopa 187

jyvä 12,29 kallio 19, 112 kallis 25 ff. kana 38,112

Page 146: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

146

kansa 42 19, 79 kansi 3013

karva 34 kasa dial. 23 ff. kaski 28ff., 38, 91 kasva- 32ff., 38, 91 katso- 46 kaura 29, 112 kauris 28 käve- 69 kehtaa- 82 ff. kehtata karel. 82 kehtta weps. 82 kehu- 39 17

kerta 95,96 kesa estn. 38 kesä 1 36ff., 91, 10257

kesä 2 38, 38 17

kesä-kuu 38 kestä- 76 kesy 40ff. kezi karel.-olon. 41 ff. kogo weps. 46 kohta 73 koke- 104, 44ff., 10257

koko 46 köhta- estn. 82 kuja 68 kulke- 67ff. kuningas 82 kunnia 82 kurkku 68 kuto- 48ff. kysy- 2410

laiva 34 lammas 109 laske- 62, 76 luke- 70, 108 lumi 47,108 maa 5426

mahta- 19, 76 mehiläinen 86 mesi 43, 113 mies 5426

multa 29 myy-, myö- 15, 156

näälä 5325

naara(s) 52

Wortregister

näätä 5325

nai- 52 nainen 52 ff. näke- 63 niittä- 76 nito- 49 nosta- 92 nouse- 92 nuoha 66 ohra 25,29 oinas 109 orpo 106 osa 107 osta- 3917, 74, 83, 114 paimen 38 paista- 87 pala- 31 palo 31 palu estn. 31 pässi 109 pelto 29 pihka 8649

pohetama estn. 91 pohta- 29,38, 77, 90, 9lff., 94 pohtä wot. 91 pohtta weps. 91 porsas 24 puhdas 8ff., 29, 38, 71, 91, 93f. puohtua karel. 91 puno- 50, 113 pure- 47 putoa- 5021

puu 11,52, 56ff. pyhä 19 pyrki- 39 17

raippa 99 rakas 26 rasva 35 rauta 38 riihi 89, 109 ruis 29 ruoto 99 ryyppää- 187

saha 71 salko 5426

salli- 28 salmi 30 13

sana 12

Page 147: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

8arvi 30 13

8ata- 50 8eula 91 Biemen 29, 38 Bito- 51, 5F3, 115 8oovi- estn. 62, 6232

8outa- 59 ff., 70 8öuda- estn. 59 ff. BUge· estn. 69 8UgU estn. 69 8uke- 69ff. BUkea-, BUkene- 69 ff. BUkeutu- 69 ff. BUku 69ff. BUO- 59 ff., 70 BUvi 38 tade 29 taika 81 teke- 8 ff., 4620, 71 ff. tiuris, tyyri8 26 tohti- 78 touko 114

tuhka 3}l4

Wortregister

tuo- 8 ff., 63 ff. tuule- 65 tuuli 65ff. uni 107 f. uuhi 108 f. vahtaa- 46 vakoile- 46 vannaB 29 varto- 46

VaBta 74 verkko 12 vielä 74 vihdoin 95 f. vihh§ wot. 95 *vihta 1 95 f. vihta 2 95 vihtoi, vihtö weps. 95 virpi 99 vitBa 99 vöim estn. 73 vöimalik estn. 73 vuona 109

Lappisch Norwegischlappische Formen (NIELSEN)

amti8 81 44

Mta- 75 aWJe 112 *aw'ja 112 cer 'te 105 bar 'ga- 3917

bti88e 19 bti88e- 56, 85 ff. bodne- 50 cadna- 5F3, 115 dakka- 71 dol'ge 65 *duokka- 22,63 duo8'ta- 78 gacca- 24 10

gal'ga- 6937

gcecce 23

gce88e 36 godde- 48 gol'ga- 67 *gui'na 55 *guokka- 44 guo8'8e 4219, 79 jukka- 61 luoi'te- 76 *miekka- 15 njadde- 49 oarbe8 106 oa;ße 107 80kka 69 8ukka- 59 ff., 70 vuonjti8 44 vuor'be 106 vuow'de- 65

147

Page 148: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

148

aiija E, azjä M 9854

cuvto E, sufta M 32 eine E, jäinä M 90 inze E, inii M 79 ff. ifd'es 105 jalga 42 kaso- 32 kize E, kiza M 36 koda- 48 kol'ge- 68 ksni 90 loman 79 ni 52

ßaz, ßoi 96 ff. .ste- 75 k-artni 90 koe-, kue- 48 kürtnö 90 kuSka- 33, 35 -nö 52 örö.z 105 pu 56

burd 91,115 inSjr, Sj,njr 89 ji 108 joz 89 jozna- 89 ki-, kuj- 48 kort 90 kortna- 90 kuz 41 lul 88 murt 79 pj,Z, pii 89 f. pj,Znal- piinal- 89

Wortregister

Mordwinisch

on 107 os 9955

pije- 55 ff., 8547

pona- 50 ponzavto- 11,90,91,93,94, 104 80do- 51 23

ieje- E., iij.- M 71 tsuvto: S. cuvto tuje- 63 ums E, uros M 106 utSa E, uca M 108 uzo E, uza M 96 ff., 9753

Tscheremissisch

pus 58 sua-, sue- 59 tosta- 78 tul 65 üSk'Jz, üSküz 35 uza 114 uzas 107 uzra 108

Permisch: Wotjakisch

pji 58 pji- 85 pu 56 puz 87 ff., 92, 94 puzni- 87ff. sir 89 fu-, fui- 45 tgl 65 urd, urd-lj 105 va] 99 vajiz, vaii, vaz 9854

vuz 114 vuzal- 114

Page 149: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

bord 91 estj-, jestj- 75, 78 goz 41 f,i 108 kj-, kjj- 48 kjlal- 68 101 88,89 lolal- 89 nort 98 ord-lj 105 oi, voi 9854

pgz- 85 pgzas 85 pjZ, piz 88 f. pjZnal-, piznal- 89

ni 52 os, ös 108 -pä, -pd 56 päj- 55

ac, as, os 108 xo~t-, b~l- 68 niy 52 päl-, pät- 85

ärva 106 evez- 62 f., 6333

ja 56 jo- 55,8547

jöz- 63 halad- 68 hegy 23

Wortregister

Permisch: Syrjänisch

piZ 58 pors 98 poz 87 ff., 92, 94 poznal- 87 ff. pu 56 pu- 55 rjnjB, rjmjB 89 sjn- 59 Bjr 89 §u- 45 tgl, tgv 65 voi 97ff. v03 9955

vuz 114 vuzal- 114

Wogulisch

pasiJn, pdsen, posan 89 pit- 85 tow- -59 tul- 63

Ostjakisch

tiJW- 59 tu- 63 -urwi 106

Ungarisch

keil- 6937

nez- 63 nö 52 oszl-, oszol- 107 oszt- 107 tesz- 71 toj- 63

149

Page 150: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

150

*kä3t 14 * ke3j 14

Wortregister

Samojedisch (Ursamojedische Rekonstrukte von JANHUNEN)

*ko- 44,47,112 *mi- 15

*pi- 55 *särä- 50 * t3- 63 * tu- 59 *tu3j 65 *wit 113

*ne 52 *pä 56 *p3n- 50

Page 151: Uralische Evidenz fur die Laryngaltherorie

Kurzbiographie

JORMA KOIVULEHTO, geb. 1934 in Tampere, Finnland, ist seit 1983 Ordinarius für Germanische Philologie an der Universität Hel­sinki, seit 1988 Forschungsprofessor an der Akademie von Finn­land. Nach einer dialektgeographisch-etymologischen Monographie (1971) hat er zahlreiche ausführliche Artikel zu germanischen Ety­mologien und germanisch-finnischen Lehnbeziehungen in germa­nistischen und uralistischen Reihen und Zeitschriften veröffent­licht. In letzter Zeit hat er sein Arbeitsgebiet durch Einbeziehung der indogermanisch-uralischen Kontakte erweitert.