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224 V Zusammenfassung und Implikationen In der Literatur zum internationalen Marketing wird die Fragestellung des Marktverhaltens von Unternehmen in Auslandsmärkten seit geraumer Zeit aus- giebig diskutiert. In den verschiedenen Forschungsrichtungen und Erklärungs- ansätzen sind oftmals übereinstimmende, in der Mehrzahl jedoch divergierende Erkenntnisse über die entscheidenden Einflußfaktoren des Marktverhaltens von Unternehmen im internationalen Kontext festzustellen. Die Untersuchungen fokussieren sich in der Regel auf das Marktverhalten von größeren Industrieunternehmen, während KMU weniger Berücksichtigung finden. Abbildung 46 Ablaufmodell Kapitel V •Charakteristika von KMU •EU-Rahmenbedingungen •Formen institutioneller Marktanpassung Kapitel I •Theoretische Ansätze zur Erklärung der institutionellen Marktanpassung Kapitel II Kapitel III •Typische Internationalisierungspfade •Typen institutioneller Marktanpassung •Einflußfaktoren der institutionellen Marktanpassung Kapitel IV •Implikationen Kapitel V •Konzeptioneller Bezugsrahmen •Variablen des Forschungsansatzes •Untersuchungsdesign

V Zusammenfassung und Implikationen - … · Dabei werden z.T. einzelne Internationalisierungsstufen über- sprungen, so daß keine festgelegte Abfolge von Internationalisierungsstufen

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224

V Zusammenfassung und Implikationen

In der Literatur zum internationalen Marketing wird die Fragestellung des

Marktverhaltens von Unternehmen in Auslandsmärkten seit geraumer Zeit aus-

giebig diskutiert. In den verschiedenen Forschungsrichtungen und Erklärungs-

ansätzen sind oftmals übereinstimmende, in der Mehrzahl jedoch divergierende

Erkenntnisse über die entscheidenden Einflußfaktoren des Marktverhaltens von

Unternehmen im internationalen Kontext festzustellen. Die Untersuchungen

fokussieren sich in der Regel auf das Marktverhalten von größeren

Industrieunternehmen, während KMU weniger Berücksichtigung finden.

Abbildung 46 Ablaufmodell Kapitel V

•Charakteristika von KMU•EU-Rahmenbedingungen

•Formen institutioneller Marktanpassung

Kapitel I

•Theoretische Ansätze zur Erklärungder institutionellen Marktanpassung

Kapitel II

Kapitel III

•Typische Internationalisierungspfade

•Typen institutioneller Marktanpassung

•Einflußfaktoren der institutionellen Marktanpassung

Kapitel IV

•Implikationen

Kapitel V

•Konzeptioneller Bezugsrahmen•Variablen des Forschungsansatzes

•Untersuchungsdesign

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225

Vor diesem Hintergrund wurde in der vorliegenden Arbeit der Versuch

unternommen, die zentralen Einflußfaktoren des Marktverhaltens von KMU aus

Deutschland in EU-Schlüsselmärkten herauszuarbeiten und anschließend eine

empirische Überprüfung des Marktverhaltens vorzunehmen. Die EU-

Harmonisierung ermöglichte eine derartige Analyse. In diesem abschließenden

Kapitel werden die Untersuchungsergebnisse zusammengefaßt und

Implikationen sowohl für den Mittelstand als auch für die betriebs-

wirtschaftliche Forschung abgeleitet.

Die generelle Zielsetzung der vorliegenden Arbeit lag in der Entwicklung eines

Erklärungsansatzes und der darauf aufbauenden empirisch gestützten Analyse

der Einflußfaktoren und Gestaltungsformen der institutionellen Marktanpassung

von KMU in EU-Schlüsselmärkten. Es sollte gemessen werden, ob und wie

KMU im Laufe der EU-Harmonisierung reagieren und insbesondere warum. Für

steigendes oder sinkendes Engagement deutscher KMU in europäischen

Auslandsmärkten wurde ein Indikator gesucht. Das ist die institutionelle Form

der Marktanpassung. Zur Erklärung des Marktanpassungsverhaltens wurden

dynamische und statische Komponenten gleichzeitig betrachtet. Es wurden

Rahmenbedingungen sowie weitere Einflußfaktoren bestimmt, die das

Marktanpassungsverhalten beeinflussen.

Um die Frage zu klären, wie KMU reagieren, wurden zunächst typische

Internationalisierungspfade deutscher KMU in EU-Schlüsselmärkten

identifiziert. Auf der Basis konzeptioneller Überlegungen zu den identifizierten

Internationalisierungspfaden der EU-Harmonisierung wurden anschließend

differenzierte Typen der institutionellen Marktanpassung in EU-Schlüssel-

märkten abgeleitet.

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226

Hierauf aufbauend wurden die abgeleiteten Typen institutioneller

Marktanpassung am Beispiel der Aktivitäten von KMU aus Deutschland

explizit für die 1. Phase der EU-Harmonisierung empirisch überprüft. Davon

ausgehend, daß die institutionelle EU-Marktanpassung auf den Einfluß sowohl

interner Erfolgspotentiale als auch externer Rahmenbedingungen in EU-

Schlüsselmärkten seit 1992 zurückzuführen ist, wurden die Beziehungen der

angenommenen Typen zu verschiedenen internen und externen Größen

untersucht und dadurch die Merkmale institutioneller Marktanpassungstypen

für die 1. Phase der EU-Harmonisierung differenziert. Hierfür wurden

vornehmlich die den Phasenmodellen der Internationalisierung

(insbesondere Uppsala-Schule) und situativen Ansätzen zuzurechnenden

Studien und die dort jeweils diskutierten internen und externen Einflußfaktoren

herangezogen. Es wurde die Frage geklärt, warum deutsche KMU im Laufe der

EU-Harmonisierung reagieren.

Die Ergebnisse der Arbeit sind im besonderen geeignet, für die Unternehmens-

praxis hilfreiche Informationen zu generieren. Abbildung 47 gibt die in den

Untersuchungshypothesen empirisch ermittelten Einflußrichtungen zwischen

den abgeleiteten Typen institutioneller Marktanpassung deutscher KMU in

EU-Schlüsselmärkten und den internen und externen Einflußfaktoren für die

1. Phase der EU-Harmonisierung wieder.

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227

Abbildung 47a: Einflußrichtungen interner und externer Einflußfaktoren auf die institutionellen Marktanpassungstypen deutscher KMU in EU-Schlüsselmärkten

Einflußfaktor Bestimmungs-

faktor

Hypothese Variable aktiver

Markt-

anpassungs-

typ

passiver

Markt-

anpassungs-

typ

defensiver

Markt-

anpassungs-

typ

Unternehmens-potentiale

BH Unter-

nehmens-

potentiale

(bestätigt)

• Finanzkraft • Technologie • Fähigkeiten

H Finanzkraft 1,2

H Technologie 1,2 H Fähigkeiten 1,2

Kostensituation für eigene Vertriebs-organisation verbessert Kostensituation für eigene Messe-präsenz verbessert Kostensituation für eigene Besuche verbessert Kostensituation für eigene Kommunikation verbessert Kostensituation für eigene Markt-analysen verbessert Verfügbarkeit von Eigenkapital verbessert Verfügbarkeit von Fremdkapital verbesser Realisierung von Betriebsgrößen-vorteilen verbessert Technologie (vorteile) verbessert Vertriebsan- passungsfähigkeit verbessert Bereitstellung Serviceorganisation verbessert Know-how (vorteil) verbessert Fähigkeit der Ziel-gruppenansprache verbessert Fähigkeit der lang-fristigen Bindung von Großkunden verbessert Reaktionsfähigkeit auf Maßnahmen der Wettbewerber verbessert

+ +

+

+

+

+

+ 0

+

+ +

+ +

+ +

+ +

+

+ +

+ +

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+ +

+ +

- - 0 - -

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228

Abbildung 47b: Einflußrichtungen interner und externer Einflußfaktoren auf die institutionellen Marktanpassungstypen deutscher KMU in EU-Schlüsselmärkten

Einflußfaktor Bestimmungs-

faktor

Hypothese Variable aktiver

Markt-

anpassungs-

typ

passiver

Markt-

anpassungs-

typ

defensiver

Markt-

anpassungs-

typ

Unternehmens-potentiale

• Fähigkeiten

H Fähigkeiten 1,2

Steuerung des Produkt- und Kundenmarketings verbessert Durchsetzung länderübergr. Marketingkonzept verbessert Aufbau eigene Identität verbessert Aufbau Unter- nehmensimage verbessert

+

+

+ +

+ +

0

+

+

+

+ +

-

+

+

• Kenntnisse

H Kentnisse

Verfügbarkeit von Führungskräften Verfügbarkeit von Vertriebsbe- auftragten Fremdsprachen-kenntnisse Kenntnis landesüblicher Kaufkriterien Kenntnis landesüblicher Managementkonz.

+

+ +

+ + +

+ +

+ +

- 0

+ 0 0

0

+ +

+

+ +

+

Produktpotentiale BH Produkt-

potentiale

(bestätigt)

• Eigenschaften • Image • Leistungs-

differen-zierung

H Eigenschaften1,2

H Image

H Leistungs-

differenzierung

Kosten (vorteil) verbessert Qualitäts (vorsprung) verbessert Innovations (vorteil) verbessert Markenbekannt-heitsgrad verbessert Produkt-Image verbessert Fähigkeit der Leistungs-differenzierung verbessert Reaktionsfähigkeit auf veränderte Kundenwünsche verbessert

+ +

+ +

+ +

+ +

+ +

+ +

+ + +

-

+

+

+

+

+

+

- - -

- - -

+

+

+

+ + +

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Abbildung 47c: Einflußrichtungen interner und externer Einflußfaktoren auf die institutionellen Marktanpassungstypen deutscher KMU in EU-Schlüsselmärkten

Einflußfaktor Bestimmungs-

faktor

Hypothese Variable aktiver

Markt-

anpassungs-

typ

passiver

Markt-

anpassungs-

typ

defensiver

Markt-

anpassungs-

typ

politisch-rechtliche Rahmen-

bedingungen

BH politisch-

rechtl. Rahmen-

bedingungen

(teilweise bestätigt)

• ordnungs-

politische Rahmen-bedingungen

• wirtschaftlich

relevante Aspekte des Rechtssystems

H Ordnungspolitik

H Gesetzgebung

Staatliche Investitionsanreize verbessert Umwelt- bestimmungen verbessert Steuerrecht verbessert Gesellschaftsrecht verbessert techn. Schranken verbessert

0 - - 0 0

0 - - 0 0

- -

- - - - -

H Verwaltungs-

praxis

Rechtsschutz geistigen Eigentums verbessert Rechtsschutz techn. Leistungen verbessert Entscheidungswege verbessert Staatliche Vergabe von Aufträgen verbessert

0 0 0 -

- - - -

0 0

- - 0

wirtschaftliche Rahmen-

bedingungen

BH wirtschaft-

liche Rahmen-

bedingungen

(bestätigt)

• gesamtwirt-

schaftliche Situation

• vorhandene

Infrastruktur • Rahmenbe-

dingungen der Beschaffung

H Gesamtwirt-

schaft

H Infrastruktur

H Arbeit 1,2

Marktwachstum erhöht Ausbau der Ver- kehrsinfrastruktur verbessert Ausbau der infor-mationstechnischen Infrastruktur verbessert Know-how / Quali- fikationspotential der Mitarbeiter verbessert

+ +

+

+

+ +

0

+

+ +

+

+

+ +

+ +

+

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230

Abbildung 47d: Einflußrichtungen interner und externer Einflußfaktoren auf die institutionellen Marktanpassungstypen deutscher KMU in EU-Schlüsselmärkten

Einflußfaktor Bestimmungs-

faktor

Hypothese Variable aktiver

Markt-

anpassungs-

typ

passiver

Markt-

anpassungs-

typ

defensiver

Markt-

anpassungs-

typ

wirtschaftliche Rahmen- bedingungen

• Rahmenbe-

dingungen der Beschaffung

H Arbeit 1,2

H Kapital

H Boden

Leistungsfähigkeit verbessert Arbeitsproduk- tivität verbessert Lohnkostenniveau verbessert Mobilität der Mitar-beiter verbessert Kalkulierbarkeit von Gewerkschafts-einflüssen verbessert Kalkulierbarkeit von Mitsprache- rechten verbessert Preise von Geld- kapital erhöht Eigenkapitalbe-schaffung verbessert Fremdkapitalbe-schaffung verbessert Preise von Grund-stücken erhöht Erschließungs-kosten / Miete erhöht

+ +

+ + +

+ +

+ +

+

+ -

+

+ 0 0

+

+

+ 0 - 0 0 0 - - -

+

+ -

+ 0 0 0 0 0 - -

• Absatz-

bedingungen

H Absatz 1,2

Möglichkeiten des Eindringens in Vertriebskanäle verbessert Möglichkeit des Ausbaus von Vertriebswegen verbessert Existenz von potentiellen Ver-triebspartnern verbessert Kontaktmöglich-keiten zu pot. Absatzmittlern verbessert Kontrollmöglich-keiten pot. Absatz-mittler verbessert Zuverlässigkeit pot. Absatzmittler verbessert

+ +

+ +

+ +

+

+

+

0 0

+

+ 0 -

+

+ + 0 0 - -

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Abbildung 47e: Einflußrichtungen interner und externer Einflußfaktoren auf die institutionellen Marktanpassungstypen deutscher KMU in EU-Schlüsselmärkten

Einflußfaktor Bestimmungs-

faktor

Hypothese Variable aktiver

Markt-

anpassungs-

typ

passiver

Markt-

anpassungs-

typ

Defensiver

Markt-

anpassungs-

typ

wirtschaftliche Rahmen-

bedingungen

• Absatz-

bedingungen

H Absatz 1,2

Kontaktmöglich-keiten zu Lieferanten verbessert Qualität der Lieferanten verbessert Preise der Lieferanten verbessert Zuverlässigkeit der Lieferanten verbessert Möglichkeit zur Präsentation des Unternehmens verbessert Zugriffsmöglich-keiten auf Marketing-agenturen verbessert

+

+

+

+

+

+

+

+ - -

+ 0

++

+ 0 0

+ + 0

sozio-kulturelle Rahmen-

bedingungen

BH sozio-kul-

turelle Rahmen-

bedingungen

(bestätigt)

• gesellschaft-

liche Werte / Einstellungen

H Werte

Technisches Know-how der Kunden erhöht Innovationsan-spruch erhöht Qualitätsanspruch erhöht Markenbewußtsein erhöht Preisbewußtsein erhöht

+

+ +

+ + +

+ +

+ + +

+

+

+ +

+

+ +

0 - - -

- - -

• kulturelle

Normen

H Normen

Kaufkraft der Kunden erhöht Akzeptanz für deutsche Produkte erhöht Akzeptanz für deutsche Anbieter erhöht Akzeptanz für deutsche Technik erhöht

+

+ +

+ +

+

- 0 0 0

- - - - 0

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Abbildung 47f: Einflußrichtungen interner und externer Einflußfaktoren auf die institutionellen Marktanpassungstypen deutscher KMU in EU-Schlüsselmärkten

Einflußfaktor Bestimmungs-

faktor

Hypothese Variable aktiver

Markt-

anpassungs-

typ

passiver

Markt-

anpassungs-

typ

Defensiver

Markt-

anpassungs-

typ

sozio-kulturelle Rahmen-

bedingungen

• kulturelle

Normen

H Normen

Akzeptanz für deutsche Innovationen erhöht

+

+

0

Einflußrichtung:

positiv indifferent / neutral negativ

+++ 0 - - -

++ - -

+ -

auf Marktverhalten

Aktive Marktanpassungstypen sind in EU-Schlüsselmärkten durch eine aktive

Grundhaltung geprägt, die sich auf das Bestreben nach Wachstum und

Expansion bezieht. Die KMU weisen homogene Verhaltensweisen auf, indem

sie im Betrachtungszeitraum der EU-Harmonisierung ihr Marktengagement

intensivieren. Dabei werden z.T. einzelne Internationalisierungsstufen über-

sprungen, so daß keine festgelegte Abfolge von Internationalisierungsstufen

während des Marktanpassungsprozesses vorliegt. Die Internationalisierungs-

aktivitäten der aktiven KMU werden sowohl durch interne Erfolgspotentiale als

auch externe Rahmenbedingungen beeinflußt. Bei der Analyse der Unter-

nehmenspotentiale wurde deutlich, daß die positive Entwicklung der

Finanzstruktur als bedeutender Einflußfaktor für die Intensivierung des

Marktengagements herauszustellen ist. Darüber hinaus haben sich die eigenen

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Fähigkeiten und Kenntnisse zur Marktbearbeitung europäischer

Schlüsselmärkte wesentlich verbessert und begünstigen den aktiven

Marktanpassungstyp. Zudem ist ein positiver Einfluß der technologischen

Entwicklung auf das Marktverhalten dieser KMU in EU-Schlüsselmärkten zu

konstatieren. Bei den Produktpotentialen haben verbesserte Produkt-

eigenschaften einen positiven Einfluß auf aktive Marktanpassungstypen

ausgeübt.

Abbildung 48: Charakteristika aktiver Marktanpassungstypen in der

1. Phase der EU-Harmonisierung (n=57)

• UnternehmenspotentialeKostensituation, Fähigkeiten, Kenntnisse, EK-VerfügbarkeitTechnologie-, Know how-Vorteile

• ProduktpotentialeKostenvorteil, Qualitätsvorsprung, Image

• Sozio-kulturelle RahmenbedingungenKaufkraft, Markenbewußtsein, Preisbewußtsein, Akzeptanz

• Wirtschaftliche RahmenbedingungenGesamtwirtschaft: Verkehr, InformationstechnikInfrastruktur: Verkehr, InformationstechnikAbsatz: Eindringen in Vertriebskanäle, Existenz von pot.Vertriebspartnern, Absatzmittler (Kontrolle, Zuverlässigkeit)Arbeit: Qualifikation, Leistungsbereitschaft, Arbeits-produktivität, Lohnkosten, MobilitätKapital: Eigenkapital-, Fremdkapitalbeschaffung

• Politisch-rechtliche RahmenbedingungenTechn. Schranken, Entscheidungswege

• Wirtschaftliche Rahmenbedingungen (Boden)Miete, Erschließungskosten

• Politisch-rechtliche RahmenbedingungenSteuerrecht, Staatliche Vergabe von Aufträgen

• Branchen: Maschinenbau, Textil, Metall, Nahrung• Umsatz: Verschiebung auf höheres Niveau• Internat.-grad: steigender Umsatzanteil in der EU• Beschäftigte: Verschiebung auf höheres Niveau

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Realisierte Kostenvorteile sowie Qualitätsvorsprung haben einen positiven

Einfluß auf das Marktverhalten ausgeübt. Darüber hinaus hat sich das

Produktimage deutscher KMU wesentlich verbessert und zu einer

Intensivierung des Marktengagements beigetragen. Bei der Analyse externer

Rahmenbedingungen wurde deutlich, daß die Entwicklung politisch-rechtlicher

Rahmenbedingungen in EU-Schlüsselmärkten das Marktverhalten dieser KMU

nicht wie erwartet positiv beeinflußt, sondern überraschenderweise

beeinträchtigt hat. Insbesondere die Entwicklung der Steuergesetzgebung übt

einen negativen Einfluß auf aktive Marktanpassungstypen aus. Die EU-

Harmonisierung hat diesbezüglich die Situation für KMU eher verschärft. Bei

den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen läßt sich bei den ausgewählten

Einflußfaktoren übergreifend ein positiver Einfluß auf das Marktverhalten

feststellen. Dabei sind insbesondere die Absatzbedingungen hervorzuheben, die

sich für aktive Marktanpassungstypen in EU-Schlüsselmärkten in der 1. Phase

der EU-Harmonisierung wesentlich verbessert haben und zu einer

Intensivierung des Marktengagements positiv beigetragen haben.

Gesellschaftliche Werte und kulturelle Normen sind für aktive

Marktanpassungstypen als bedeutende Einflußfaktoren herauszustellen. Die

Rahmenbedingungen haben sich für KMU wesentlich verbessert und einen

positiven Einfluß auf das Marktverhalten ausgeübt. Die Aktivitäten dieser KMU

sind durch eine überdurchschnittliche Bedeutung der Branchen Maschinenbau,

Textil-, Metallverarbeitung und Nahrungsmittel gekennzeichnet. Die

Konstellation der Einflußfaktoren deutet darauf hin, daß aktive Markt-

anpassungstypen wie vermutet in der EU-Harmonisierung eine Herausforderung

für die Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit sehen. In diesem

Kontext begreifen KMU die Entwicklung des europäischen Binnenmarktes als

eine Chancensituation, die die Unternehmen für die Intensivierung ihres Markt-

engagements in EU-Schlüsselmärkten nutzen. Unerwarteter Weise haben aber

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235

die im Zusammenhang mit der europäischen Harmonisierung postulierten

politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen keinen positiven Einfluß auf aktive

Marktanpassungstypen ausgeübt. Dieses Ergebnis restringiert u.a. die

Aussagekraft des Cecchini-Berichts, in dem Vorteile aus der EU-

Harmonisierung insbesondere für KMU gesehen wurden. Es ist anzunehmen,

daß auch häufig unternehmensspezifische Gründe für ein intensiveres

Engagement in EU-Schlüsselmärkten maßgeblich sind. Die Abbildung 48

verdeutlicht nochmals den dargestellten Zusammenhang.390

Es stellt sich an dieser Stelle klar die Frage, welche Implikationen sich aus den

empirischen Ergebnissen für die Praxis ableiten lassen. Neben der Ableitung

von Handlungsempfehlungen für KMU erlauben die empirischen Ergebnisse

darüber hinaus eine Evaluierung der EU-Harmonisierungspolitik im

Hinblick auf die Förderung der Internationalisierungsaktivitäten deutscher

KMU innerhalb europäischer Grenzen. Für aktive mittelständische

Unternehmen sind unternehmens- sowie produktspezifische Kosten-/Know-

how-Vorteile unerläßlich für eine Intensivierung des Marktengagements. Die

positive Situation wirtschaftlicher und sozio-kultureller Rahmenbedingungen

begünstigt aktives institutionelles Verhalten. Wenn auch die externen

Rahmenbedingungen zu einer Reduktion von Unsicherheit beitragen, ist eine

Intensivierung zu empfehlen. Insgesamt ist zu konstatieren, daß die positive

Situation insgesamt (interne und externe Rahmenbedingungen) eine

Ressourcenallokation zugunsten von Auslandsmärkten fördert. Die EU-

Harmonisierungspolitik hat zur Förderung von Internationalisierungsaktivitäten

beigetragen. Wirtschaftspolitische Maßnahmen werden seitens KMU positiv

empfunden. Die Chancensituation wird transparent und seitens von KMU daher

genutzt.

390 Vgl. auch Anhang, Abbildung 52-55.

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236

Passive Marktanpassungstypen sind in EU-Schlüsselmärkten durch eine

passive Grundhaltung geprägt. Die KMU weisen homogene Verhaltensweisen

auf, indem sie im Betrachtungszeitraum der EU-Harmonisierung ihr

Marktengagement auf derselben Stufe des Internationalisierungsniveaus

beibehalten. Die Unternehmen haben bereits vor der EU-Harmonisierung die

EU-Schlüsselmärkte bearbeitet. Die Handlungsbereitschaft der KMU ist in EU-

Schlüsselmärkten in geringerem Maße von einem Veränderungswillen bestimmt

und orientiert sich an einer kontinuierlichen Entwicklung des internen

Potentials. Bei der Analyse von Unternehmenspotentialen wurde deutlich, daß

sich die Entwicklung von Fähigkeiten und Kenntnissen für KMU unverändert

darstellt und den passiven Marktanpassungstyp somit begünstigt. Die

Verfügbarkeit von Eigen- und Fremdkapital hat das Marktengagement passiver

Marktanpassungstypen eher beeinträchtigt. Die Entwicklung der

Kostensituation für eigene Marktaktivitäten stellt sich unverändert dar und hat

für KMU eher dazu beigetragen, die Stufe des Internationalisierungsniveaus

beizubehalten. Bei den Produktpotentialen haben verbesserte Produkt-

eigenschaften einen positiven Einfluß auf passive Marktanpassungstypen

ausgeübt. Darüber hinaus haben sich das Produktimage sowie die

Möglichkeiten zur Leistungsdifferenzierung deutscher KMU verbessert. Bei der

Analyse externer Rahmenbedingungen wurde deutlich, daß die Entwicklung

politisch-rechtlicher Rahmenbedingungen in EU-Schlüsselmärkten das

Marktverhalten passiver Marktanpassungstypen eher beeinträchtigt hat. Neben

Umweltschutzauflagen haben insbesondere die Entwicklung steuerrechtlicher

Bestimmungen sowie der Verwaltungspraxis das Marktengagement

beeinträchtigt. Dagegen stellt sich die Entwicklung technischer Schranken in

EU-Schlüsselmärkten unverändert dar und begünstigt somit passive

Marktanpassungstypen. Die Rahmenbedingungen haben sich weder verbessert

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237

Abbildung 49: Charakteristika passiver Marktanpassungstypen in der

1. Phase der EU-Harmonisierung

• UnternehmenspotentialeFähigkeit der langfristigen Bindung von Großkunden

• ProduktpotentialeProdukt (Qualität, Innovation), Artikel

• Sozio-kulturelle RahmenbedingungenQualitätsanspruch, techn. Know-how

• UnternehmenspotentialeKostensituation, Betriebsgrößenvorteile, Technologievorteile,Reaktionsfähigkeit, Fähigkeiten

• Sozio-kulturelle RahmenbedingungenKaufkraft, Akzeptanz

• Politisch-rechtliche Rahmenbedingungentechn. Schranken

• Wirtschaftliche RahmenbedingungenGesamtwirtschaft: MarktwachstumAbsatz: Möglichkeit des Eindringes in Vertriebskanäle, Ausbau vonVertriebswegen, Absatzmittler, Lieferanten, Unternehmens-präsentation

• Arbeit: Lohnkosten, Know-how, Leistungsbereitschaft,Arbeitsproduktivität, Mobilität

• Kapital: Eigenkaptial, Fremdkapitalbeschaffung,

• ProduktpotentialeProdukt (Kostenvorteil)

• Politisch-rechtliche RahmenbedingungenEntscheidungswege, Steuerrecht, Rechtsschutz g. Eigent.

• Branche: Holz, Chemie, Maschinenbau• Umsatz: Stagnation / Verschiebung auf höheres Niveau• Internat.-grad: steigender Umsatzanteil in der EU/ gleichbl.• Beschäftigte: Stagnation/Verschiebung auf höheres Niveau

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noch verschlechtert. Bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen läßt sich bei

den ausgewählten Einflußfaktoren ein unterschiedlicher Einfluß auf das

Marktverhalten feststellen. Während die Entwicklung des Marktwachstums sich

unverändert darstellt, hat die Entwicklung der Infrastruktur einen positiven

Einfluß auf passive Marktanpassungstypen ausgeübt. Bei den

Rahmenbedingungen der Beschaffung ist ebenfalls ein unterschiedlicher

Einfluß festzustellen. Dabei ist insbesondere der Faktor Arbeit hervorzuheben,

der sich für passive Marktanpassungstypen in EU-Schlüsselmärkten wesentlich

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238

verbessert hat. Während der Standortfaktor Kapital den passiven

Marktanpassungstyp begünstigt und zu einer Beibehaltung der

Marktanpassungsform beigetragen hat, sind für den Faktor Boden negative

Einflüsse auf das Marktverhalten zu konstatieren. Bei den Absatzbedingungen

stellen sich die Möglichkeiten des Eindringens und des Ausbaus von

Vertriebswegen sowie die Möglichkeiten zur Präsentation in EU-

Schlüsselmärkten im Grunde unverändert dar und begünstigen passive

Marktanpassungstypen. Dagegen hat die Entwicklung sowohl der

Lieferantenpreise als auch der Zuverlässigkeit von Lieferanten das

Marktverhalten passiver Marktanpassungstypen eher beeinträchtigt. Die

Entwicklung gesellschaftlicher Werte stellt sich für passive Marktanpassungs-

typen als positiv gerichteter Einflußfaktor dar, während die neutrale

Entwicklung kultureller Normen in EU-Schlüsselmärkten passive

Marktanpassungstypen begünstigt. Die Internationalisierungsaktivitäten der

passiven KMU sind durch eine überdurchschnittliche Bedeutung der Branchen

Holzverarbeitung, Chemie und Maschinenbau gekennzeichnet. Die

Konstellation der Einflußfaktoren deutet darauf hin, daß sich für passive

Marktanpassungstypen durch den Harmonisierungsprozeß nur bedingt

verbesserte Möglichkeiten zur aktiven Teilnahme am internationalen

Wettbewerb eröffnen. Obwohl die Entwicklung des EU-Binnenmarktes für

KMU aus Deutschland weitgehend eine Chancensituation geschaffen haben,

sind damit nicht ausreichend Anreize für ein verstärktes Auslandsengagement

geschaffen worden. In diesem Kontext begreifen KMU die Entwicklung des

europäischen Binnenmarktes weder als eine Chancensituation noch als eine

Bedrohung für die Unternehmen, so daß KMU ihr Marktengagement bzw. ihre

Formenwahl in EU-Schlüsselmärkten auf derselben Stufe des

Internationalisierungsniveaus beibehalten. Mit Blick auf die Aktivitäten

passiver Marktanpassungstypen ist anzunehmen, daß auch häufig

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239

unternehmensspezifische Gründe für eine Beibehaltung des Marktengagements

auf derselben Stufe des Internationalisierungsniveaus maßgeblich sind. Die

Abbildung 49 verdeutlicht nochmals den dargestellten Zusammenhang. 391

Aus den empirischen Ergebnissen lassen sich Handlungsempfehlungen für

KMU ableiten. Die empirischen Ergebnisse erlauben zudem eine Evaluierung

der EU-Harmonisierungspolitik im Hinblick auf die Förderung der

Internationalisierungsaktivitäten deutscher KMU innerhalb europäischer

Grenzen. Die unveränderte unternehmens- sowie produktspezifische

Kostensituation fördert die Passivität von KMU. Produktspezifische

Erfolgspotentiale reichen nicht aus für eine Intensivierung des Markt-

engagements. Die unveränderte Situation wirtschaftlicher Rahmenbedingungen

im Ausland behindert die Ressourcenallokation. Es kommt zu keiner Reduktion

von Unsicherheit, so daß sich eine Passivität empfiehlt. Für KMU ist es besser

abzuwarten und gleichzeitig interne Potentiale weiter zu verbessern. Die EU-

Harmonisierungspolitik ist für KMU nicht transparent bzw. nicht positiv

wahrnehmbar. Es sind seitens der politischen Instanzen somit wirtschafts-

politische Maßnahmen zu fordern, um passive KMU zu aktivieren. Die EU-

Rahmenbedingungen, die die Passivität begünstigt haben bzw. die Unsicherheit

nicht reduziert haben, sind attraktiver zu gestalten.

Defensive Marktanpassungstypen sind in EU-Schlüsselmärkten durch eine

defensive Grundhaltung geprägt. Die KMU weisen homogene Verhaltensweisen

auf, indem sie im Betrachtungszeitraum der EU-Harmonisierung ihr Markt-

engagement einschränken. Dabei werden einzelne Internationalisierungsstufen

teils übersprungen, so daß keine festgelegte Abfolge von Internationalisierungs-

stufen während des Marktanpassungsprozesses vorliegt. Bei der Analyse von

Unternehmenspotentialen wurde deutlich, daß die negative Entwicklung der

391 Vgl. auch Anhang, Abbildung 56-59.

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240

Finanzkraft den defensiven Marktanpassungstyp begünstigt. Die technologische

Entwicklung hat das Marktengagement defensiver Marktanpassungstypen

zusätzlich beeinträchtigt. Bei der Entwicklung eigener Fähigkeiten ist ein

unterschiedlicher Einfluß auf defensive Marktanpassungstypen festzustellen.

Während sich die eigenen Fähigkeiten zur Vertriebsanpassung verbessert

haben, sind sowohl schwerwiegende Know-how-Defizite als auch die

nachlassende Reaktionsfähigkeit auf Maßnahmen der Wettbewerber als

negative Einflußfaktoren anzuführen. Damit einher gehen abnehmende

Fähigkeiten der KMU zur Kundenbindung, die zu einer Einschränkung des

Marktengagements beigetragen haben. Dabei reichte der positive Einfluß

verbesserter Kenntnisse hinsichtlich der Gegebenheiten in EU-Schlüssel-

märkten für defensive Marktanpassungstypen nicht aus, die Marktanpassungs-

form beizubehalten. Bei den Produktpotentialen sind insbesondere die

verschlechterten Eigenschaften der Produkte anzuführen, die zu einer

Einschränkung des Marktengagements beigetragen haben. Dabei haben

insbesondere Kosten- und Innovationsnachteile sowie Qualitätsdefizite

defensive Marktanpassungstypen begünstigt. Demgegenüber haben sowohl die

Entwicklung des Produktimages als auch die verbesserten Möglichkeiten zur

Leistungsdifferenzierung eher einen positiven Einfluß auf das Marktverhalten

defensiver Marktanpassungstypen ausgeübt. Bei der Analyse von politisch-

rechtlichen Rahmenbedingungen wurde deutlich, daß die ungünstige

Entwicklung von Ordnungspolitik und Gesetzgebung in EU-Schlüsselmärkten

den defensiven Marktanpassungstyp begünstigt. Bei den wirtschaftlichen

Rahmenbedingungen läßt sich bei den ausgewählten Einflußfaktoren ein

unterschiedlicher Einfluß auf das Marktverhalten feststellen. Während die

Entwicklung sowohl der Gesamtwirtschaft als auch der vorhandenen

Infrastruktur in EU-Schlüsselmärkten eher einen positiven Einfluß auf

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Abbildung 50: Charakteristika defensiver Marktanpassungstypen in der

1. Phase der EU-Harmonisierung

• Unternehmenspotentiale Serviceorganisation, Aufbau eigene Identität

• Wirtschaftliche Rahmenbedingungen Absatz: Ausbau vonVertriebswegen, Lieferanten, Präsentation

• UnternehmenspotentialeKenntnisse (Fremdsprache, landesübl. Managementkonz.)

• Politisch-rechtliche RahmenbedingungenUmweltbestimmungen, Staatliche Vergabe von Aufträgen

• Wirtschaftliche RahmenbedingungenAbsatz: Absatzmittler (Kontakt, Zuverlässigkeit)

• Wirtschaftliche RahmenbedingungenKapital:Eigenkapitalbeschaffung,

• UnternehmenspotentialeKostensituation, Technologie, Know-how, Betriebsgröße, Reaktionauf Maßn.d. Wettb., Bindung v. Großkunden

• ProduktpotentialeKosten-, Innovationsnachteile, Qualität

• Sozio-kulturelle RahmenbedingungenKaufkraft, techn. Know-how, Innovationsanspruch,Qualitätsanspruch, Markenbewußtsein, Akzeptanz

• Politisch-rechtliche RahmenbedingungenSteuerrecht, techn. Schranken, Entscheidungswege

• Wirtschaftliche RahmenbedingungenAbsatz: Kontrollmöglichkeiten pot. Absatzmittler

• Wirtschaftliche RahmenbedingungenArbeit: Lohnkosten

• Wirtschaftliche RahmenbedingungenBoden: Erschließungskosten, Miete

• Branche: Elektro, Kunststoff, Glas• Umsatz: Stagnation/Verschiebung auf niedrigeres Niveau• Internat.-grad: sinkender Umsatzanteil in der EU• Beschäftigte: Rückgang

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defensive Marktanpassungstypen ausübt, hat die negative Entwicklung des

Lohnkostenniveaus den defensiven Marktanpassungstyp begünstigt. Bei den

Rahmenbedingungen der Beschaffung ist ebenfalls ein unterschiedlicher

Einfluß festzustellen. Dabei ist insbesondere der Faktor Boden hervorzuheben,

der sich für defensive Marktanpassungstypen in EU-Schlüssel märkten

wesentlich verschlechtert hat und defensive Marktan passungstypen somit

begünstigt. Demgegenüber stellt sich der Faktor Kapital im Grunde unverändert

dar und hat dementsprechend einen indifferenten Einfluß auf das

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Marktverhalten. Bei den Absatzbedingungen haben sich die Beziehungen zu

Absatzmittlern in EU-Schlüsselmärkten wesentlich verschlechtert und zu einer

Einschränkung des Marktengagements beigetragen. Dagegen haben sich die

Möglichkeiten des Eindringens und des Ausbaus von Vertriebswegen für diese

KMU wesentlich verbessert. Aufgrund des positiven Einflusses dieser Faktoren

ist zu vermuten, daß diese KMU aufgrund ihrer internen Leistungsdefizite

nunmehr eher auf externe Partner zurückgreifen, die den Vertrieb in EU-

Schlüsselmärkten übernehmen. Insbesondere die ungünstige Entwicklung

sozio-kultureller Rahmenbedingungen haben defensive Marktanpassungstypen

begünstigt. Steigende Ansprüche und Forderungen der Kunden in EU-

Schlüsselmärkten, die begleitet werden von einer abnehmenden Akzeptanz für

KMU-eigene Produkte, haben zu einem enormen Wettbewerbsdruck geführt,

dem diese KMU nicht standhalten können. Es ist zu vermuten, daß insbesondere

interne Leistungsdefizite und die zunehmende Markttransparenz in EU-

Schlüsselmärkten defensive Marktanpassungstypen dazu veranlaßt haben, ihr

Marktengagement einzuschränken. Die Internationalisierungsaktivitäten

defensiver KMU sind durch eine überdurchschnittliche Bedeutung der

Branchen Elektro-, Kunststoff- und Glasverarbeitung gekennzeichnet. Die

Konstellation der Einflußfaktoren deutet weiter darauf hin, daß defensive

Marktanpassungstypen wie vermutet mit der EU-Harmonisierung erhebliche

Risiken assoziieren und das Auslandsengagement insofern einschränken. Es ist

indes anzunehmen, daß ebenso häufig unternehmensspezifische Gründe für ein

zurückgestuftes Marktengagement maßgeblich sind. Die Abbildung 50

verdeutlicht nochmals den dargestellten Zusammenhang.392

Neben der Ableitung von Handlungsempfehlungen für KMU erlauben die

empirischen Ergebnisse eine Evaluierung der EU-Harmonisierungspolitik im

Hinblick auf die Förderung der Internationalisierungsaktivitäten deutscher 392 Vgl. auch Anhang, Abbildung 60-63.

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KMU innerhalb europäischer Grenzen. Für defensive mittelständische

Unternehmen reichen zunehmende Fähigkeiten, Kenntnisse und Markterfahrung

für ein ausländisches Marktengagement allein nicht aus. Unternehmens- sowie

produktspezifische Defizite schränken die Wettbewerbsfähigkeit im Ausland

ein. Die verschlechterte Situation wirtschaftlicher und sozio-kultureller

Rahmenbedingungen befürworten einen Rückzug. Für KMU empfiehlt sich bei

Defiziten und erhöhter Unsicherheit eine Einschränkung des Marktengagements

mit primärer Konzentration auf den Heimatmarkt. Die EU-Harmonisierungs-

politik ist für KMU mit Risiken verbunden und führt daher zu einer erhöhten

Unsicherheit.

Zur Würdigung der Arbeit ist festzuhalten, daß mit dem vorliegenden Ansatz

der Deduktion, Validierung und Analyse von Einflußfaktoren institutioneller

Marktanpassungstypen bei veränderten Rahmenbedingungen im Ausland ein

bislang wenig beachtetes Gebiet der betriebswirtschaftlichen Forschung

behandelt wurde. Die EU-Harmonisierung war der Ausgangspunkt für die

vorliegende Arbeit. Die empirische Untersuchung stellt dabei die erste

umfassendere Bestandsaufnahme und Erklärung des Marktverhaltens von

deutschen KMU in Auslandsmärkten der EU unter der Prämisse veränderter

Rahmenbedingungen dar.

Die vorliegende Untersuchung hat gezeigt, daß für die Erklärung des Markt-

verhaltens von Unternehmen bei veränderten Rahmenbedingungen ein einziger

Theorieansatz nicht ausreicht. Hier wurden mit den Phasenmodellen der

Internationalisierung und den situativen Ansätzen statische und dynamische

Aspekte gleichzeitig betrachtet. Es wurden Rahmenbedingungen sowie

weitere Einflußfaktoren bestimmt, die das Marktanpassungsverhalten

beeinflussen. Diese Vorgehensweise ist neu und sowohl wissenschaftlich als

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auch praktisch von Bedeutung. Es erscheint auch für zukünftige

Forschungsvorhaben geboten, zur Entwicklung einer Theorie der Markt-

anpassung übergreifende Forschungskonzepte zu verfolgen.

Die in der Arbeit vorgenommene Systematisierung von Verhaltensweisen

deutscher KMU hat für weitere Forschungsvorhaben Ansatzpunkte

geschaffen, die Analyse sowohl der Formen institutioneller Marktanpassung als

auch relevanter Einflußfaktoren stärker auf Typologisierungsansätzen

aufzubauen.

In der betrachteten Stichprobe sind ausschließlich deutsche KMU enthalten. Da

nicht ausgeschlossen werden kann, daß nationale Besonderheiten die

Ergebnisse zum Teil beeinflußt haben, erscheint es interessant, auch das

Marktverhalten von KMU aus anderen Ländern zu untersuchen. Außerdem

stellen komparative Forschungsdesigns unter Verwendung „länderspezifischer“

Einflußfaktoren einen Ansatzpunkt dar, umfassendere Erkenntnisse auch über

andere Schlüsselmärkte wie Osteuropa oder Asien zu gewinnen. Überdies

könnte eine international vergleichende Studie weitere Erkenntnisse zum

Marktverhalten von KMU und zu den relevanten Einflußfaktoren liefern.

In der vorliegenden Untersuchung wurde ein Untersuchungsdesign gewählt,

was vornehmlich die Perspektive der jeweiligen Entscheidungsträger von

KMU berücksichtigt. Die Perspektive etwa einzelner Repräsentanzen oder

Landesgesellschaften in EU-Schlüsselmärkten und damit die operative Ebene

der Umsetzung von Marktanpassungsaktivitäten wurde hierbei nicht diskutiert

und bietet somit weiteren Forschungsbedarf. In diesem Zusammenhang stellen

Mehrebenenanalysen innerhalb von spezifischen Unternehmen unter

Berücksichtigung der Beziehungen zwischen Unternehmenszentrale und

ausländischen Landesgesellschaften eine Möglichkeit dar, die jeweilige

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Bedeutung einzelner Einflußfaktoren einer differenzierten Analyse zu

unterziehen.

Es ist darauf hinzuweisen, daß infolge der hier vorliegenden

Stichprobenstruktur die Ergebnisse nicht als repräsentativ zu werten sind. Es

wurde jedoch deutlich, daß für EU-Schlüsselmärkte bestimmte, in sich

konsistente Typen der Marktanpassung deutscher KMU zu identifizieren und zu

erklären sind. Zukünftige Forschungsvorhaben könnten durch die Be-

schränkung auf ausgewählte Branchen eine branchenspezifische

Repräsentativität gewährleisten.

In der vorliegenden Untersuchung wurde eruiert, welche Einflußfaktoren für

das Marktverhalten von nternehmen in Auslandsmärkten ausschlaggebend sind.

Vor diesem Hintergrund stellt die Rangfolge interner und externer Einfluß-

faktoren, die auf das Marktverhalten von KMU wirken, einen Ansatzpunkt dar,

umfassendere Erkenntnisse zu gewinnen.

Ein ebenfalls in der bisherigen Forschung weitgehend vernachlässigtes Feld

liegt in der Fragestellung nach den Erfolgsfaktoren des Marktverhaltens in

Auslandsmärkten bei veränderten Rahmenbedingungen. Auch die vorliegende

Arbeit kann zwar wertvolle Orientierungspunkte für Entscheidungen in anderen

Unternehmen liefern, für die Generierung von Unternehmenserfolg können

jedoch keine Handlungsempfehlungen gegeben werden. Einen möglichen

Ansatzpunkt liefern vergleichende Studien, in denen erfolgreiche und weniger

erfolgreiche KMU betrachtet werden.