Albrecht v. Graefes Arch. klin. exp. Ophthal. Graefes Archiv 206, 151 - 155 (1978) f~ k,.~sche u.d e~pe,~m~,te,e

Ophthalmologie �9 by Springer-Verlag 1978

Veriinderungen im Gehalt an reduziertem und oxidiertem Glutathion bei Inkubation von Rinderlinsen

O. Hockwin und Nobuyo Hata *

Abt. Biochemie des Auges, Institut fiir experimemelle Ophthalmologie der Universitiit Bonn, Abbestr. 2, D-5300 Bonn 1, Bundesrepublik Deutschland

Changes in the Content in Reduced and Oxydized Glutathione in Incubated Bovine

Lenses

Summary. Incubation of bovine tenses over a period of 24 h in Krebs-Ringer solu- tion effects a decrease in the content of GSH. This decrease can be blocked by addi- tion of 2 mM/l, each, of glycine, glutamic acid, and cysteine. The content in GSSG is

in no way influenced by incubation with or without addition of the three amino

acids.

Zusammenfassung. Bei Inkubation yon Rinderlinsen fiber 24 h in Krebs-Ringer- L6sung kommt es zu einer Abnahme im Gehalt an GSH. Dutch Zusatz yon je 2 raM/1

Glycin, Glutamins~iure und Cystein kann dieser Abfall verhindert werden. Der Ge- halt dieser Linsen an G S S G zeigt keine Beeinflussung dutch Inkubation ohne oder mit Zusatz der 3 Aminos~iuren.

Einleitung

Glutathion geh6rt mit seiner reduzierten und oxidierten Form zu den wichtigsten Redox-

systemen der Linse. Die Konzentration an GSH und GSSG besitzt eine Abh~ingigkeit vom Lebensalter und zeigt innerhalb der Linsc topographische Unterschiede (Kleifetd

u. Hockwin, 1955; Hata u. Hockwin, 1977). Bei St6rungen des Linsenstoffwechsels, die u. U. zu Trfibungen fiihren k/Snnen, zeigt sich verschiedentlich schon vor dem Auf- treten yon sichtbaren Transparenzver/inderungen ein Absinken im Gehalt an reduziertem

GSH (van Heyningen et al., 1954; Daisley, 1955; Hockwin u. Bergeder, 1962; Sippel, 1966).

Glutathion (GSH) wird aus den freien Aminos~iuren in der Linse synthetisiert (Reddy u. Kinsey, 1962; Reddy et al., 1966;Kern u. Ho, 1973). Rathbun (1976) hat die Synthesemechanismen ausfiihrlich diskutiert.

* Stipendiatin des DAAD 1975/77

0065-6100/78/0206/0151/$ 01.00

152 O.Hockwin und N.Hata

Aus den Versuchen mit 3H bzw. 14 C-Markierungen von Laurent et al. (1972/73) ist zu entnehmen, dag der i3bertritt yon Glycin und Glutamins~iure aus dem N~ihrme- dium in die Rattenlinse dem Aminos/iureangebot proportional ist. Auch bei Kaninchen- linsen finden sich fiir 14 C-markiertes Glycin und 14 C-markierte Glutamins~iure nach den Befunden yon Reddy et al. (1966) ~ihnliche Obertrittsraten, Die Berechnung der spezi- fischen Aktivit~iten des GSH ergibt einen gleichgrogen Einbau von 1,8 % ffir Glycin bzw. Glutamins/iure in das GSH der 24 h lang inkubierten Kaninchenlinsen ; die GSH Bildungs- rate berechnet sich daraus zu 21,6/~Mol/100 g Linse/1 h. Kern u. Ho finden ffir die Glu- tamins~iure bei Linsen von Kalb und Ratte geringere Obertrittsraten als fiir die Mono- carboxylaminos~iuren, Reddy et al. (1966) konnten den GSH-Gehalt yon Kaninchenlin- sen w~hrend der 24-stfindigen Inkubation in KEI-4 bei einem N~ihrlSsungsgehalt von 0.09 mM Glycin und 0.29 mM Glutamins~iure konstant halten.

In der vorliegenden Arbeit prtiften wir an Rinderlinsen, ob in einer Langzeitinkuba- tion fiber 4 bzw. 24 h mit einem Angebot von je 2 mM/1 Glycin, Glutamins~iure und Cystein der Gehalt an GSH und GSSG in diesen Linsen erh6ht werden kann.

Linsenmaterial

Rinder- und K~ilberlinsen wurden etwa 2 h nach dem Enukleieren der Augen im Labor pr~pariert, wobei streng darauf geachtet wurde, daft die Linsenkapsel unverletzt blieb. Die Linsen wurden paarweise zum Versuch eingesetzt. Die gereinigten Linsen wurden gewogen und anschlieflend in einem verschlieflbaren Erlenmeyerkolben mit 40 ml einer Krebs-Ringer-Bicarbonat-LSsung eingelegt. Die LSsung hatte folgende Zusammensetzung: 0,9 % NaCI (0,154 M); 1,22 % CaC12 (0,11 M); 3,82 % MgSO4 x 7 H20 (0,154 M); 1,15 % KC1 (0,154 M); 2,11% KH2PO4 (0,154 M); 1,3 % NaHCO3 ; 0,025 % Dithiothreitol (1,62 raM); sie wurde mit einem Gasgemisch yon 80 % N2 und 20 % 02 10 rain lang begast.

Einem Tell der LSsung wurden Glutamins~ture, Cystein und Glycin 1 in einer Konzen- tration yon jeweils 2 mMol/l zugesetzt. Die Linsen der Augenpaare wurden bei 37 ~ 4 bzw. 24 h inkubiert, wobei eine Linse unter Normalbedingungen gehalten wurde, die andere erhielt die N~hrl6sung mit dem zus~ttzlichen Aminos~iureangebot.

Nach der Inkubation wurden die Linsen mit dest. Wasser abgespfilt, auf Filterpapier getrocknet und dabei geprfift, ob w~hrend der Inkubation Kapselsch~iden aufgetreten waren.

Linsenaufarbeitung

Die Linsen wurden mit 15 m] HCIO4 (6 %) versetzt und mit einem Ultra-Turrax-Homo- genisator homogenisiert. Das Homogen~t wurde 30 rain lang mit 18.000 g bei 4 ~ zentri- fugiert, der Oberstand wurde in der K~lte mit 0,1 N K3PO4 auf pH = 6,5 eingestellt.

1 Fiir die Ubedassung von Aminos~uren p.a.-Reinheitsgrad danken wit den Laboratoires Chauvin- Blache, Montpellier, Frankreich

GSH und GSSG in Rinderlinsen 153

Das dabei ausfallende KC104 wurde durch Filtration getrennt. Von dem Filtrat wurden 0,5 ml zum Enzymtest eingesetzt. Von jeder Linse wurden Doppelbestimmungen durch- gefiihrt.

Enzymtest auf GSH und GSSG

Die Bestimmung des GSH und GSSG erfolgte in e i n e m Ansatz auf enzymatischem

Wege, wie yon Hata und Hockwin (1977) beschrieben.

Ergebnisse

In Tabelle 1 sind die Werte an GSH und GSSG in Rinderlinsenpaaren dargestellt, die 4 h lang in einem N~ihrmedium inkubiert worden waren, wobei eine Linse unter dem Ein-

flug yon jeweils 2 mM Glycin, Glutamins~ure und Cystein gestanden hatte. Diese Werte

wurden mit den GSH- und GSSG-Werten der normalen Linsen verglichen. Weder bei

den GSH- noch bei den GSSG-Werten konnte ein Unterschied gefunden werden, der auf den Einflug der 3 Aminos/iuren zurfickgefiihrt werden kann.

In einer weiteren Versuchsserie inkubierten wir insgesamt 18 Linsenpaare ffir die Dauer yon 24 h. Die Analysenwerte sind in der Tabelle 2 eingetragen. Darfiber hinaus

wurde die Differenz im GSH-Gehalt und im GSSG-Gehalt ausgerechnet, wobei die Werte

der normalen Linsen zum Bezugspunkt gew~ihlt wurden.

In 15 F~llen war der GSH-Gehalt der Linsen mit Zusatz der 3 Aminos~iuren h6her, in 3 F~illen war er niedriger als in der Bezugslinse ohne Aminos~iurezusatz.

Der GSSG-Gehalt zeigte keinen einheitlichen Trend, in 10 F~illen fanden sich h6here, in 8 F~llen niedrigere GSSG-Werte bei den Linsen mit Aminos~iurezusatz. Der Mittel- wert der paarweise errechneten Differenzen zeigte mit +2,65 (10+; 8 - ) keinen Hinweis auf eine Beeinflussung.

Tabelle 1. Gehalt an GSH und GSSG in Rinderlinsen nach 4-stiJndiger Inkubation ohne und mit Zusatz vofi Glycin, Glutaminsiiure und Cystein (je 2 raM/l) zum Krebs-Ringer N~ihrmedium

Normal

Linsen- GSH GSSG gewicht mg/100 g rag/100 g

(g)

Mit Zusatz von Glycin, Glutaminsiiure und Cystein - je 2 raM/1

GSH GSSG mg/lO0 g mg/lO0 g

2.284 154.9 16,8 2.318 202,9 16.0 2,365 165.2 7.8 2.128 159.2 10.6 2.256 172,1 18.1 2.289 189.0 8.6 2.306 171.8 3.8 2.562 162.9 10.8 1.968 171.5 6.2

167.6 19.0 191.7 12.2 170.4 5,3 163.6 8.0 173.9 6.3 183.9 13.5 196.2 3.8 156.5 11.6 164.3 8.9

154 O. Hockwin und N. Hata

TabeUe 2. Gehalt an GSH und GSSG in Rinderlinsen nach 24-sttindiger Inkubation ohne und mit Zusatz yon Glycin, Glutamins~iure und Cystein (je 2 mM/1) zum Krebs-Ringer Ni~hrmedium

Normal Mit Zusatz yon Glycin, Glutaminsfiure und Cystein - je 2 mM/l

Linsen GSH GSSG GSH GSSG Gewicht mg/100 g mg/100 g rag/100 g mg/100 g

(g)

A GSH A GSSG

1.954 182.9 3.8 194.0 6.8 + 11.1 + 3.0 1.954 150.6 20.4 166.7 20.6 + 16.1 + 0.3 2.078 101.4 7.0 164.3 17.8 + 62.9 +10.8 2.093 174.9 9.2 157.5 7.2 - 17.4 - 2.0 2.120 151.6 17.8 164.2 14.9 + 12.6 - 2.9 2.125 155.2 12.3 157.4 15,6 + 2.4 + 3.3 2.149 161.5 18.9 171.9 17,6 + 10.4 -- 1.3 2.198 178.9 16.5 200.0 15.5 + 21.1 - 1.1 2.206 159.1 17,1 179.2 12.7 + 21.1 - 4.4 2.208 164.1 7.0 143.8 23.5 - 20.3 +16.5 2.227 17!.7 6.7 197.7 5.1 + 26.0 - 1.6 2.281 129.5 20.2 183.5 26.0 + 54.0 + 6.0 2.330 135.9 20.9 155.7 19.3 + 19.8 - 1.6 2.330 184.6 14.7 169.5 17.1 - 15.1 + 2.4 2.349 178.7 3.2 195.0 8.2 + 16.3 + 5.0 2.417 181.3 4.7 192.9 16.8 + 11.6 +12.1 2.516 160.5 6.5 188.5 4.9 + 28.0 - 1.6 2.595 190.6 7.6 195.7 12.3 + 5.1 + 4.7

MW +14.7 +2.65

Die GSH-Werte des 24-h-Versuchs wurden einer s ta t is t ischen Priifung unterzogen.

Sie erfolgte als Differenz von Meflwerten bei paarweisem Versuchsansatz . Die Differenz

der Einzelpaare ergab ein Mittel yon 14,7 mit einer S tandardabweichung yon -+ 4,78.

Hieraus er rechnete sich ein t von 3.07. Die Differenz ist signifikant mi t 0,01 ) p ) 0,005.

Diskussion

Werden die be iden Linsen eines Tieres far 24 h in einer N~ihrl6sung inkubier t , wobei

die eine Linse ein zus~itzliches Angebo t der drei Aminos~iuren des Glu ta th ion (Glycin,

Glutamins~iure und Cystein) in einer Konzen t r a t i on yon jeweils 2 mM/1 erh~lt, w/ihrend

die andere Linse ohne Aminos~iurezusatz aufbewahr t wird, dann ist der GSH-Gehal t

nach der Inkuba t ion in der Linse unter Aminos~iurezusatz signifikant h6her als in der

Geschwisterl inse, die keine Aminos~iuren hatte . Es handel t sich hierbei aber um keine

Erh6hung des GSH-Gehal tes fiber den physiologischen Normalwer t hinaus (Hata und

Hockwin, 1977), sondern eher um ein Kons tan tb le iben des ursprtinglich vo rhandenen

GSH-Gehaltes fiber die 24 h du rch das Aminos~iureangebot, w~ihrend die Kont ro l l en

in dieser Zeit eine Verminderung an GSH erleiden. Der GSSG-Gehal t blieb durch die

unterschiedl ichen Inkuba t ionsbed ingungen unbeeinfluf~t.

GSH und GSSG in Rinderlinsen 15 5

Die Ergebnisse weisen darauf hin, dag ein Zusatz yon Aminos~iuren (Glycin, Cy- stein und Glutamins~iure) den GSH-Gehalt fiber 24 h Inkubationszeit zu stabilisieren vermag. Fehlen diese Aminos/iuren in der N/ihrl6sung, so sinkt w/ihrend dieser Zeit- spanne der GSH-Gehalt ab.

Literatur

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575 (1966)

Eingegangen am 25. Januar 1978