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Klin. Wschr. 52, 33--38 (1974) © by Springer-Verlag 1974 Verhahen der Reninaktivitiit im Plasma wS_hrend des menstruellen Cyclus und in der Postmenopause* H. Kaulhausen, W. Oehm** und H. Breuer Institut fiir Klinische Biochemie und Klinische Chemie der Universit~t Bonn Patteru o/Renin Activity in Plasma during the Menstrual Cycle and in Postmenopausal Women. Summary. Plasma renin activity (PRA) was continuously estimated under controlled conditions in seven women with ovulatory cycle, in six women with anovulatory cycle and in ten postmenopausal women. Blood samples were taken after at least 6 hours of sleep before getting up, between 7.30 and 9.30 a.m. in the young women and between 6.00 and 7.00 a.m. in the postmenopausal women. PRA was measured by radioimmunological determination of angiotensin I which was liberated during incubation under defined conditions. In wo- men with ovulatory cycle, PRA generally increased before ovulation; following a transient decrease, PRA increased again during the luteal phase. Shortly before or at the beginning of menstruM bleeding, an additional but small peak of PRA was observed in some subjects. PRA remained relatively low in women with anovulatory cycle during their follicular phase; during the second half of the cycle, a tendency towards higher values was observed. In postmenopausal women, PRA was constantly low. The results presented here strongly suggest that an interpendence exists between the renin-angiotensin system and female sex hormones. Various possibilities are discussed ~or explaining the mode of these interactions. Key words: genin, angiotensin I, menstrual cycle, postmeno- pause. Zusamraen]assung. Die Plasmareninaktivitiit (PRA) wurde unter kontrollierten Bedingungen kontinuierlich bei sieben Frauen mit ovalatorischem Cyclus, bei seehs Frauen mit sicher oder fraglich anovulatorischem Cyclus nnd bei zehn Franen in der Postmenopause bestimmt. Die Btutentnahmen erfotgten nach mindestens sechss~iindigem Sehtaf vet dem Aufstehen, und zwar zwischen 7.30 und 9.30 Uhr bei den jungen Versuehs- personen und zwischen 6.00 und 7.00 Uhr bei den Frauen in der Postmenopause. Die PRA wurde dutch radioimmunologi- sche Bestimmung von Angiotensin I, das wghrend einer Inku- bation nnter definierten Bedingungen freigesetzt wurde, er- mittelt. Bei Frauen mit ovulatorischem Cyclus stieg die PRA im allgemeinen pr~ovulatorisch an; nach einem vorfibergehen- den Abfall nahm die PICA in der Lutealphase wieder zu. 5~[anchmM wurde kurz vet oder zu Beginn der I~fenstruation ein erneuter, kurzdauemder Anstieg der PRA beobachtet. Bei Franen mit anovulatorischem Cyelus blieb die PRA wgh- rend der Follikelphase relativ niedrig; in der zweiten Cyclus- h~lfte war eine Tendenz zu h6heren Werten erkennbar. Bei Frauen in der Postmenopause war die PRA gleiehbleibend niedrig. Die vorgetegten Befunde sprechen ffir eine Abhangig- keit des Renin-Angiotensin-Systems yon den weiblichen Sexualhormonen. Es werden mehrere M6glichkeiten zur Erkl/i- rung dieser Zusammenhgnge diskutiert. Schli~sselwSrtcr: Renin, Angiotensin I, menstrueller Cyclus, Postmenopause. Bisher liegen nur unvollst/~ndige Angaben fiber das Verhalten der Reninaktivit/it im Plasma bei Frauen w~hrend des menstruellen Cyctus vet. So waren bei den meistem Untersuchungen die Zeitabst/~nde zwischen den einze]nen Bestimmungen relativ groB; auBerdem wurde die K6rperhaltung vor der Blutentnahme nich~ kontrolliert und/oder die Basaltempera~ur nich$ ge- messen. Trotz dieser Einschr/inkungen scheint sicher zu sein, dag die Reninaktivit/it -- /ihnlich wie die Angiotensin-II-Konzentration im Plasma [2], die Aldosteronproduktionsrate [3] und die Aldosteronaus- scheidung im Urin [4] -- w/ihrend der Lutealphase h5her ist als zu Beginn des menstrellen Cyclus [5-11 ] ; hingegen ist die Reninsubstratkonzentration offenbar keinen cyclisehen Schwankungen unterwoffen [7, 8]. Um die Zusammenh~nge zwisehen dem Renin-Angio- tensin-System einerseits und den physiologischen und pathophysiologischen Ver/~nderungen w/~hrend des Cyclus (z. B. pr~menstruelles Syndrom und cyclisehes 0dem) andererseits besser verstehen zu kSnnen, wurde * Auszugsweise vorgetragen yon H. Kaulhausen auf dem 19. Symposium der Deutsehen Gesetlsehaft ffir Endokrinologie, Berlin, 28.2.--3.3.1973 [1]. ** Tell der Dissertation W. Ochre, i~Iedizinische Fakultgt der Universit~t Bonn. 3 Klin. Wschr., 52. Jahrg. die Reninaktivit~t unter kontrollierten Bedingungen bei 13 weiblichen Normalpersonen im Reproduktions- alter in zweitggigen Abst/inden bestjmml}. AuBerdem wird fiber das Verhalten der Reninaklbivit/~t bei Frauen in der Postmenopause beriehtet; entsprechende Unter- suchungen wurden unseres Wissens noch nieht durch- geffihr~. Versuchspersonen, Material und Methoden Versuchspersonen Die Untersuchungen wurden an 13 weiblichen normotonen Versuchspersonen (Alter 20--27 Jahre) durchgefiihrt, die Irei yon erkennbaren Krankheiten waren und weder orale Kontra- ceptiva, noch andere Hormone einnahmen. Die Basaltempe- ratur wurde tiiglieh registriert; Blutdruck und K6rpergewicht wurden in mehrt~gigen AbstEnden gemessen. Die Untersuchun- gen in der Postmenopanse wurden an 10 subjektiv gesunden Frauen (Alter 73--90 Jahre) durchgefiihrt, die in einem Alten- helm lebten; Angaben fiber den Blutdruck vgl. Ergebnisse. Alle Versuchspersonen erhielten eine normMe Kost; es wnrde darauf geachtet, dab besonders sMzreiche MahIzeiten vermie- den wurden. Die Blutentnahmen erfolgten naeh mindestens sechsstfin- digem Sehlaf vor dem Aufstehen, nnd zwar zwischen 7.30 und 9.30 Uhr bei den jungen Versuchspersonen und zwischen 6.00 und 7.00 Uhr bei den Frauen in der Postmenopause. Unmittel- bar naeh der Entnahme wurde das Blur in vorgekiihlte Poly-

Verhalten der Reninaktivität im Plasma während des menstruellen Cyclus und in der Postmenopause

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Page 1: Verhalten der Reninaktivität im Plasma während des menstruellen Cyclus und in der Postmenopause

Klin. Wschr. 52, 33--38 (1974) © by Springer-Verlag 1974

Verhahen der Reninaktivitiit im Plasma wS_hrend des menstruellen Cyclus und in der Postmenopause*

H. Kau lhausen , W. O e h m * * u n d H. Breuer

Institut fiir Klinische Biochemie und Klinische Chemie der Universit~t Bonn

Patteru o/Renin Activity in Plasma during the Menstrual Cycle and in Postmenopausal Women.

Summary. Plasma renin activity (PRA) was continuously estimated under controlled conditions in seven women with ovulatory cycle, in six women with anovulatory cycle and in ten postmenopausal women. Blood samples were taken after at least 6 hours of sleep before getting up, between 7.30 and 9.30 a.m. in the young women and between 6.00 and 7.00 a.m. in the postmenopausal women. PRA was measured by radioimmunological determination of angiotensin I which was liberated during incubation under defined conditions. In wo- men with ovulatory cycle, PRA generally increased before ovulation; following a transient decrease, PRA increased again during the luteal phase. Shortly before or at the beginning of menstruM bleeding, an additional but small peak of PRA was observed in some subjects. PRA remained relatively low in women with anovulatory cycle during their follicular phase; during the second half of the cycle, a tendency towards higher values was observed. In postmenopausal women, PRA was constantly low. The results presented here strongly suggest that an interpendence exists between the renin-angiotensin system and female sex hormones. Various possibilities are discussed ~or explaining the mode of these interactions.

Key words: genin, angiotensin I, menstrual cycle, postmeno- pause.

Zusamraen]assung. Die Plasmareninaktivitiit (PRA) wurde unter kontrollierten Bedingungen kontinuierlich bei sieben Frauen mit ovalatorischem Cyclus, bei seehs Frauen mit sicher oder fraglich anovulatorischem Cyclus nnd bei zehn Franen in der Postmenopause bestimmt. Die Btutentnahmen erfotgten nach mindestens sechss~iindigem Sehtaf vet dem Aufstehen, und zwar zwischen 7.30 und 9.30 Uhr bei den jungen Versuehs- personen und zwischen 6.00 und 7.00 Uhr bei den Frauen in der Postmenopause. Die PRA wurde dutch radioimmunologi- sche Bestimmung von Angiotensin I, das wghrend einer Inku- bation nnter definierten Bedingungen freigesetzt wurde, er- mittelt. Bei Frauen mit ovulatorischem Cyclus stieg die PRA im allgemeinen pr~ovulatorisch an; nach einem vorfibergehen- den Abfall nahm die PICA in der Lutealphase wieder zu. 5~[anchmM wurde kurz vet oder zu Beginn der I~fenstruation ein erneuter, kurzdauemder Anstieg der PRA beobachtet. Bei Franen mit anovulatorischem Cyelus blieb die PRA wgh- rend der Follikelphase relativ niedrig; in der zweiten Cyclus- h~lfte war eine Tendenz zu h6heren Werten erkennbar. Bei Frauen in der Postmenopause war die PRA gleiehbleibend niedrig. Die vorgetegten Befunde sprechen ffir eine Abhangig- keit des Renin-Angiotensin-Systems yon den weiblichen Sexualhormonen. Es werden mehrere M6glichkeiten zur Erkl/i- rung dieser Zusammenhgnge diskutiert.

Schli~sselwSrtcr: Renin, Angiotensin I, menstrueller Cyclus, Postmenopause.

Bisher l iegen nu r unvollst/~ndige Angaben fiber das Verha l t en der Ren inak t iv i t / i t im P l a sma bei F r a u e n w~hrend des mens t rue l l en Cyctus ve t . So waren be i den meistem Unte r suchungen die Zeitabst/~nde zwischen den einze]nen Bes t immungen r e l a t i v groB; auBerdem wurde die K6rpe rha l t ung vor der B l u t e n t n a h m e nich~ kon t ro l l i e r t und /ode r die Basa l t empera~ur nich$ ge- messen. Tro tz dieser E inschr / inkungen schein t s icher zu sein, d a g die Ren inak t iv i t / i t - - /ihnlich wie die A n g i o t e n s i n - I I - K o n z e n t r a t i o n im P l a s m a [2], die A ldos t e ronp roduk t i ons r a t e [3] u n d die Aldos te ronaus- scheidung i m Ur in [4] - - w/ihrend der Lu tea lphase h5her is t als zu Beginn des mens t re l len Cyclus [5-11 ] ; h ingegen is t die R e n i n s u b s t r a t k o n z e n t r a t i o n offenbar ke inen cycl isehen Schwankungen un te rwof fen [7, 8]. U m die Zusammenh~nge zwisehen d e m Renin-Angio- t en s in -Sys t em einersei ts und den physiologischen und pa thophys io log ischen Ver/~nderungen w/~hrend des Cyclus (z. B. pr~menst rue l les S y n d r o m und cyclisehes 0 d e m ) andererse i t s besser vers tehen zu kSnnen, wurde

* Auszugsweise vorgetragen yon H. Kaulhausen auf dem 19. Symposium der Deutsehen Gesetlsehaft ffir Endokrinologie, Berlin, 28.2.--3.3.1973 [1]. ** Tell der Dissertation W. Ochre, i~Iedizinische Fakultgt der Universit~t Bonn.

3 Klin. Wschr., 52. Jahrg.

die R e n i n a k t i v i t ~ t u n t e r kon t ro l l i e r t en Bedingungen bei 13 weibl ichen Normalpe r sonen im Reproduk t ions - a l t e r in zwei tggigen Abs t / inden bestjmml}. AuBerdem wird fiber das Verha l t en der Reninaklbivit/~t be i F r a u e n in der Pos tmenopause be r i eh te t ; en tsprechende Unter - suchungen wurden unseres Wissens noch n ieh t durch- geffihr~.

Versuchspersonen, Material und Methoden

Versuchspersonen Die Untersuchungen wurden an 13 weiblichen normotonen

Versuchspersonen (Alter 20--27 Jahre) durchgefiihrt, die Irei yon erkennbaren Krankheiten waren und weder orale Kontra- ceptiva, noch andere Hormone einnahmen. Die Basaltempe- ratur wurde tiiglieh registriert; Blutdruck und K6rpergewicht wurden in mehrt~gigen AbstEnden gemessen. Die Untersuchun- gen in der Postmenopanse wurden an 10 subjektiv gesunden Frauen (Alter 73--90 Jahre) durchgefiihrt, die in einem Alten- helm lebten; Angaben fiber den Blutdruck vgl. Ergebnisse. Alle Versuchspersonen erhielten eine normMe Kost; es wnrde darauf geachtet, dab besonders sMzreiche MahIzeiten vermie- den wurden.

Die Blutentnahmen erfolgten naeh mindestens sechsstfin- digem Sehlaf vor dem Aufstehen, nnd zwar zwischen 7.30 und 9.30 Uhr bei den jungen Versuchspersonen und zwischen 6.00 und 7.00 Uhr bei den Frauen in der Postmenopause. Unmittel- bar naeh der Entnahme wurde das Blur in vorgekiihlte Poly-

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styrolrShrehen eingefiillt, welche Dinatrium~thylendiamin- tetraaeetat (Endkonzentration 10 rag/10 ml Blur) enthielten. Das Blur wurde bis zur Zentrifugation bei 4 ° aufbewahrt, anschliellend in einer Kiihlzen~rifuge zentrifugier~ und das Plasma bis znr Aufarbeitung bei --25 ° eingefroren. Bei dieser Anfbewahrung nimmt die Reninaktivitgt auch bei mehr- monatiger Lagerung der PIasmaproben nieht ab.

Material Zur radioimmunologischen Resbimrntmg yon Angiotensin I

wurde der CEA-IRE-Sorin-Kit (Isotopendienst West, Frank- furt a. Main) verwendet; die speziL Aktivit~t yon [~25j] Ileu-5- Angiotensin betrug 1550 mCi/mg. - - Mikroliterpipetten, Poly- sSyrolgefi~Be fiir die radioimmunologisehe Bestimmung und Rotationsmiseher (,,Eppendoff-System") wurden yon Netheler und Hinz, Hamburg, bezogen.

Methoden Die Plasmarenlnaktivit~i~ wurde durch radioimmnnolo-

gische Bestimmung yon Angiotensin I, das w~ihrend einer In- kubation unter definiel~en Bedingtmgen freigesetzt wurde, in Anlebnung an die Methode yon Haber et al. [12] ermittelt. 5Tach dem Auftauen bei 4 ° wurden den 2-ml-Plasmaproben 0,05 ml einer 8-Hydroxychinolinsulfat-LSsung (0,34M) und 0,01 ml einer 2,3-Dimercaptopropanol-LSslmg (10% in Ben- zylbenzoat [Gew./Vol.]; 0,8 M) zugesetzt, um den enzymati- schen Abbau yon Angiotensin I zu verhindern. Ansch]ieBend wurde durch vorsichtige Zugabe yon mindestens 0,05 m] einer 1 N Salzs~iure der pH-Wert der Probe auf 5,9 (bei 4 °) einge- st~llt. Jeweils 0,5 ml der vorbehandelten Plasmaproben wur- den 1 h bei genau 37 ° in einem Wasserbad inkubiert; der Rest tier Plasmaproben wurde bei 4 ° gehalten und diente Ms Plasma- leerprobe.

Naeh der Beendigmng der Inkubation wurde in jeweiIs 0,05 ml der Plasmaproben (37 °. und 4°-Proben) das freige- setzte Angiotensin I radioimmunologisch bestimmt. Zu diesem Zwecke wurden die Plasmaproben mit 0,85 ml eines Tris- Puffers (0,025 M, pH 7,4), der 0,25% Lysozym enthielt, ver- seize und naeh Zugabe yon ]eweils 0,05 ml [~J ] Angiotensin I und Antiserum e~wa 22--24 h bei 4 ° ~iquilibriert. Das freie Angiotensin I wurde ansehlieBend an dextranbeschichtete Aktivkohle (0,025% Dextran nnd 0,25% Aktivkohle [Gew./ Vol.] in jeweils 0,5 ml Tris-Puffer) adsorbierb; die Kontakt- zei~ betrug zwisehen 10 und 13 rain. Naeh dreiminutiger Zen- trifugation bei 8000 × g und 4 ° wurde der lJ~berstand dekan- tiert und die im l_Yberstand befindliche, an den Antik5rper gebundene Radioaktivit~tt in einem v-Spektrometer mit auto- matischem Probenweehsler (Typ FHT 770 D, Friesecke und HSpfner, GSttingen) gemessen. Die w~hrend der Inkubation entstandene Menge Angiotensin I wnrde mi~ Hi]re einer Stan- dardkurve (Bereich 0,05--0,8 ng Angiotensin I) ermittelt und die Plasmareninak~ivit~ (ausgedrfiekt in ngAngiotensin I/ml × h) errechnet.

Ergebnisse Das Verhalten der Plasmareninaktivit~it (PRA)

bei sieben Frauen mi t ovulatorischem Cyclus (biphasi- sehe Basaltemperaturkurve) ist in Abb. 1 a - - g darge- stellt. Bei fiinf Versuchspersonen (Abb. 1 a - - e ) zeigte die PRA ein charakteristisehes Verhalten: In der zwei- ten H~.lfte der Folliketphase steigt die Aktivit~t deut- lieh an nnd fiillt perio~tlatorisch wieder ab; in der Lutealphase kommt es zu einem erneuten Aktivit~ts- anstieg. ])as Verhalten der Basal temperatur w~hrend des Cyclus der Versuehsperson C.W. (Abb. l e) l~il~t vermuten, dab es sieh um eine Corpus luteum-Insnffi- zienz bei verspiiteter Ovulation handelt; andererseits kann ein anovulatoriseher Cyelus nicht vollstandig

ausgeschlossen werden. Bei zwei weiteren Versuehs- personen (Abb. l f - -g) konnten keine charakteristi- schen Ver~nderungen der PRA festgestellt werden.

Das Verhalten der PRA bei seehs Frauen mit sicher oder fraglich anovulatorischem Cyclws ist in Abb. 2 a - - f wiedergegeben. Bei vier Versuchspersonen (Abb. 2a bis d) zeigt die PRA in der zweiten Cyelushiilfte eine an- steigende Tendenz. Bei zwei •rauen mit einer Cy- clusdauer yon 38 bzw. 57 Tagen (Abb. 2e u. f) wurde ein uncharakteristisches Verhalten beobachtet.

Bei neun der zehn Frauen in der Postmenopause (Abb. 3a u. b) war die PRA deutlich niedriger als bei Frauen in der Reproduktionsphase; darfiber hinaus t ra ten nur geringe Schwankungen anf. Diese Feststel- lung gilt sowohl ffir den ffinft/~gigen (Abb. 3a) als auch fiir den 29ti~gigen (Abb. 3b) Untersuchungszeit- ranm. Eine Abhiingigkeit der PRA yon der ItShe des BluMrucks (Mittelwerte aus jeweils drei Bestimmun- gen) war nicht erkennbar.

Diskussion Die hier besehriebenen Verlanfsbeobachtungen

lassen ein charakteristisehes Verhalt~n der Renin- aktivitiit im Plasma bei Frauen in der Reproduktions- phase und in der Postmenopause erkennen. So steigt bei Frauen mit ovnlatorisehem Cyclus die PRA im allgemeinen pr~ovulatoriseh (d. h. in der zweiten l~ilfte der Follikelphase) an; naeh einem voriibergehenden Abfall in der Lutealphase n immt die PRA wieder zu. Bei einigen Frauen wurde kurz vor oder zu Beginn der Menstruation ein erueuter, kurzdauernder Anstieg der PRA beobaehtet (Abb. 1 b und d, 2a und e); inwieweit ein soleher Anstieg mit dem Auftreten eines prgmen- struellen 0dems in Verbindung gebracht werden kann, bedaff weiterer Untersuchungen.

Liegt ein anovnlatorischer Cyelus vor, so bleibt die PRA wi~hrend der Follikelphase relativ niedrig; zwar schwanken die Werte, doeh t r i t t ein eindeutiger Gipfel nicht auf. In der zweiten CyelushglfCe zeigt sich dagegen eine Tendenz zu hSheren Werten der PRA. Diese Ergebnisse spreehen, zusammen mit der Beob- aehtung, daIl die PRA bei Frauen in der Postmeno- pause gleiehbleibend niedrig war, fiir eine Abhgngig- keit des Renin-Angiotensin-Systems yore Funktions- zustand des Ovars.

Zur Frage, in weleher Weise die PRA wiihrend des menstruellen Cyelus und damit durch die weiblichen Sexualhormone reguliert ~4rd, kSnnen zun~ichst nur Vermutungen gei~uBert werden. Es ist bekannt, dab Progesteron als Aldosteronantagonist eine Natriurese bewirkt [13, 14] ; dies wiederum lfihrt indirekt zu einer erhShten PRA [8]. Nun steigt abet die PRA bereits wghrend der Follikelphase deutlieh an - - zu einem Zeitpunkt, wo die Progesteronprodnktion des Ovars vergleiehsweise gering ist. Infolgedessen mug die MSg- lichkeit diskutiert werden, dab auch enge Beziehungen zwisehen Renin, Angiotensin sowie Aldosteron einer- seits und den ovariellen 0strogenen andererseits be- stehen. Diese Vorstellung wird dnrch die Tatsache

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Abb, 1 a---g, Verha, lten der Plasmareninaktivit&t (PICA) und der Basaltemperatur bei 7 weiblichen Versuchspersonen mit

ovulatorischem Cyclus

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Abb. 2w--f. Verhalten der Piasmareninaktivit~t (PRA) und der Basaltemperatur bei 6 weiblichen Versuchspersonen mi~

sicher oder fraglieh anovulatorisehem Cyclus

unters~fit, zt, dab die Ostrogenproduktion - - gemessen an der OsSrogenausscheidung im Urin und an der Kon- zent, ration yon Ostradiol-17fl im Plasma - - sowohl vor der Ovulation als auch w~hrend der Lutealphase Maxima zeigt [15--19].

Grunds~tzlich erscheinen mehrere Mechanismen m6glieh, fiber die eine Beeinflussung der PRA durch 0strogene effolgen kSnnte. 1. Eine gesteigerte hepati-

sche S3mthese von Reninsubs$rat, wie sic nach Verab- reichung yon 0strogenen und oralen Kontraeeptiva sowie wghrend der Schwangerschaft beobachte~ wurde [20], k6nntc - - unter der Annahme einer tehlenden Substratsi~ttigung [7, 20, 21] - - eine erh6hte Angio- tensin_freisetzung verursachen. Allerdings ist bisher noch kehle Zunahme der Reninsubstratkonzentration im Plasma w~,hrend der Lutealphase nachgewiesen

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Abb. 3a u. b. Verhalten der Ptasmareninaktivit~t (PRA) und des peripheren Blutdrueks bei t0 Frauen in der Postmeno- pause. Die Untersuchungszeitr~ume betrugen 5 (a) bzw. 29 (b) Tage

worden [7, 9, 10]. 2. Eine indirekte Stimulation der renalen Reninfreisetzung dutch 0sbrogene w/£re fiber eine erhShte Proteinbindung yon Aldosteron und - - was noch nicht fiberprfift worden ist - - yon Angio- tensin im Plasma denkbar. In der Tat wurde eine ver- mehrte Bindung yon Aldosteron an Ptasmaproteine nach Gabe yon synthetisehen 0strogenen oder 0stro- gen-Gestagen-Kombinationen schon frfiher beobaehtet [22, 23]. 3. Katz und Kappas [24] haben festgestellt, dab hohe Dosen yon 0stradiol-t7fl und Ostriol einen natriuret£schen Effekt haben, der jedoch im Gegen- satz zu demjenigen yon Progesteron nut kurz anh~lt; erst sp/~ter erfolgt eine Natriumretention. Im vorliegen- den Zusammenhang w~re es interessant zu prfifen, ob die 5strogenbedingte Natriurese zu einer gesteigerten Reninfreisetzung ffihrt. 4. SehlieBlieh erscheint es nicht ausgesehlossen, dab die Aktivit~t der ,,Angio- tensinasen" dureh 0strogene stimuliert und dadureh die Inaktivierung yon Angiotensin I I besehleunigt wird; dies kSnnte dann fiber einen Feedbaek-Meeharris- mus eine SteigeI~ng der Reninfreisetzung bewirken.

An dieser Stelle ist zu erw/~hnen, da$ die Aktivit/~t der Angiotensin-II-spaltenden ~-L-Aspartylamino- peptidase wahrend der Sehwangersehaft erh6ht ist [25].

Welehe der bier kurz skizzierten M6gliehkeiten und Meehanismen zur Erkl/~rung des eharakteristi- sehen Verhaltens der PRA wKhrend des menstruellen Cyelus herangezogen werden kSnnen, bleibt der Ab- kl/~rung dureh weitere Versuche vorbehalten. Immer. bin daft eine vermehrte Angiotensinfreisetzung im Plasma dutch weibliche Sexualhormone heute als gesichert gelten. Dies wird aueh dutch die bier vorge- legten Ergebnisse best/~tigt, wonaeh die PRA bei Frauen in der Postmenopause niedriger und konstanter ist als bei Frauen in der Reproduktionsphase.

Wir danken Frl. C. Abel und Herrn Dr. O. Bellmann ffir ihre Unterstfitzung bei der Durchffihrung der Isotopenmessung.

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Prof. Dr. H. Breuer lnstitut fiir Klinische Biochemie der Universiti~t D-5300 Bonn 1 Venusberg Bundesrepublik Deutschland