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Verkalkung
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Impressum
Verlag Kirchheim + Co GmbHKaiserstraße 41, 55116 Mainz, Telefon 0 61 31 / 9 60 70-0
Verantwortlicher Redakteur:Dr. med. Albert Röder
Titelillustration: Agentur Focus/SPL
Herausgeber:Bundesverband Niere e.V.
Sonderbeilage in „der nierenpatient“ 3/2008
Mit freundlicher Unterstützung der Genzyme GmbH
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„Der ist doch ver-kalkt!“ – mit diesem Spruch will man meist zum Ausdruck brin-gen, dass es einem äl-teren Menschen an geistiger Leistungsfä-
higkeit fehlt und tatsächlich kann eine Gefäßverkalkung der Hirnar-terien die Durchblutung und damit die Leistungsfähigkeit des Gehirns stark einschränken.
Verkalkungen richten aber noch viel mehr im Körper an. Sie können le-bensgefährlich sein. Dann nämlich, wenn aufgrund der Verkalkung von Gefäßen das Herz leidet.
Leider sind insbesondere Nieren-patienten von Verkalkungen be-troffen. Das liegt daran, dass durch die Nierenerkrankung auch deren Funktion zur Konstanthaltung des
Mineralhaushaltes verlorengeht. Die Folge sind zu hohe Calcium- und Phosphatspiegel, die auf Dau-er gesehen das Leben von Dialy-sepatienten erheblich verkürzen können.
Zum Glück gibt es Medikamente, die in der Lage sind, den Calcium-und Phosphathaushalt zu stabili-sieren.
Wie es zu Verkalkungen kommt und was man dagegen tun kann, haben wir in diesem Heft für Sie zusammengestellt. Es würde uns freuen, wenn unsere Information ein wenig dazu beiträgt, dass Sie sich nicht eines Tages sagen lassen müssen: „Der ist doch verkalkt.“
Peter Gilmer Vorsitzender Bundesverband Niere e.V.
Kalkähnliche Substanzen kommen im menschlichen Körper vor allem in den Knochen und den Zähnen vor. Dabei handelt es sich überwie-gend um Verbindungen aus Calci-um und Phosphat. Im Rahmen der Knochenbildung ist eine Verkal-kung ein ganz normaler Vorgang.
Ganz anders ist die Situation, wenn sich solche Verbindungen außer-halb des Knochens ablagern. Eine sogenannte Weichteil- oder Gefäß-verkalkung kommt bei einer Reihe von Erkrankungen vor. Besonders häufig ist sie bei Menschen mit ge-störter Nierenfunktion.
Verkalkungen können schon vor Beginn der Dialysepflicht auftre-ten. Ihre Ursache sind vor allem er-
Was sind Verkalkungen?
höhte Calcium- und Phosphatwer-te im Blut.
Im Röntgenbild sind Verkalkun-gen von Gefäßen und Weichteilen meist gut zu erkennen. Es handelt sich ja um ähnliche chemische Ver-bindungen wie im Knochen. Diese Verbindungen werden von Rönt-genstrahlen nicht gut durchdrun-gen. Auf dem Röntgenfilm erschei-nen sie daher milchig weiß.
Verkalkungen können sowohl in den Gefäßen als auch in den Weich-teilen, zum Beispiel Muskeln oder Haut, auftreten. Obwohl Verkal-kungen der Weichteile mehr Be-schwerden verursachen, sind die meist unerkannten Ablagerungen in den Gefäßen gefährlich.
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Seitliche Röntgenaufnahme, auf der eine schwerere Verkal-kung der Hauptschlagader zu erkennen ist.
Massive Verkalkungen am Oberschenkel sind auf dem Röntgenbild dieses 52-jähri-gen Mannes zu erkennen.
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Bei fast allen Menschen werden die Gefäße im Laufe der Zeit enger. Das liegt an Ablagerungen in den Ge-fäßwänden. Umgangssprachlich werden alle diese Ablagerungen meist als Verkalkungen bezeichnet. Die Mediziner unterscheiden aber zwei unterschiedliche Formen.
Die Atherosklerose tritt bei fast al-len Menschen irgendwann auf. Es handelt sich dabei um punktuelle Ablagerungen von Fetten und an-deren Substanzen in die innerste Schicht der Gefäße. Fettstoffwechselstörungen, Blut-hochdruck und Rauchen beschleu-nigen den Ablagerungsprozess. Er kann dazu führen, dass ein Gefäß komplett verstopft. Handelt es sich
Atherosklerose und Arteriosklerose
dabei um ein Herzkranzgefäß oder eine Hirnarterie, kommt es zum Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Bei der Arteriosklerose, auch Media-verkalkung genannt, handelt es sich um Ablagerungen von kalkähnlichen Substanzen in die mittlere Schicht der Gefäße. Diese Ablagerungen be-treffen oft ganze Gefäßabschnitte. Sie engen das Gefäß nicht so stark ein wie bei der Atherosklerose, füh-ren aber dazu, dass die Gefäße ihre Dehnbarkeit verlieren und sozusa-gen zu starren Rohren werden.
Die Elastizität der Gefäße unter-stützt normalerweise das Herz bei seiner Arbeit. Verlieren die Gefä-ße ihre Dehnbarkeit, muss das Herz schwerer arbeiten.
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Schematische Darstellung von Atherosklerose und Arteriosklerose
atherosklerosePunktuelle Einlagerungen in die innere Gefäßschicht
arterioskleroseEinlagerung kalkähnlicher Substanzen in die mittlere Gefäßschicht
Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck, Rauchen
Gestörter Calcium- und Phosphat-Haushalt
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Foto: © Agentur Focus / SPL
� Bei Verkalkungen werden kalkähn-liche Substanzen in die Weichtei-le oder Gefäßwände eingelagert. Schuld an diesen Ablagerungen bei Nierenpatienten ist ein gestörter Calcium- und Phosphat-Haushalt.
Diese Störungen des Mineralstoff-haushalts haben vor allem zwei Ur-sachen. Zum einen kann die Niere die Mineralstoffe nicht mehr aus-zuscheiden, zum anderen kann sie kein Vitamin D mehr aktivieren und damit funktionsfähig zu machen.
Durch die verminderte Ausschei-dungsfähigkeit steigen vor allem die Phosphatspiegel. Die vermin-derte Produktion von aktiviertem Vitamin D führt zu einer gestörten Calciumaufnahme im Darm. Da die
Ursachen von Verkalkungen
Calciumspiegel aufgrund der ver-minderten Aufnahme zu sinken dro-hen, schüttet die Nebenschilddrü-se so genanntes Parathormon aus. Dieses Hormon setzt Calcium und Phosphat aus den Speichern, näm-lich den Knochen, frei.
Normalerweise hemmt das Vitamin D aus der Niere die Nebenschilddrü-se. Da bei Nierenerkrankungen aber meist zu wenig Vitamin D aktiviert wird, kommt es zu einer Überpro-duktion von Parathormon. Zusätz-lich regen erhöhte Phosphatspiegel die Parathormon-Produktion an.
Die Überproduktion von Parathor-mon führt zur Erweichung des Kno-chens, da er Calcium- und Phosphat vermehrt ins Blut abgibt.
Foto: © mauritius images
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Verminderte Ausscheidung
Nieren-erkrankung
Foto: © Fotolia
Mangel an aktivier-tem Vitamin D
Gefäß- und Weich-teilverkalkung
Phosphatfreisetzung aus dem Knochen
Knochenabbau
Calciumfreisetzung aus den Knochen
Erhöhte Phosphatspiegel
Vermehrte Freisetzung von Parathormon
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Verbindung mit Phos-phat und Kalkbildung außerhalb des Knochens
Wenn in einer Flüssigkeit zu vie-le Mineralstoffe gelöst sind, dann können sich diese ablagern. Auch bei einem gestörten Mineralstoff-haushalt kann dies passieren. Calci-um und Phosphat verbinden sich zu Kalk und werden in den Weichtei-len und Gefäßen abgelagert. Durch diese Ablagerungen sinkt der Mine-ralstoffspiegel im Blut, weshalb z.B. eine erhöhte Calciumbelastung oft nicht im Blut messbar sind.
Bei Verkalkungen der Weichteile sind teilweise heftige Beschwerden wie Schmerzen, Gelenkbeschwer-den, Hautveränderungen oder Juckreiz die Folge.
Die für Dialysepatienten typische-Verkalkungen von Gefäßen – also
Folgen eines gestörten Mineralstoffhaushalts
die Mediaverkalkung – verursacht zunächst keine Symptome, hat aber langfristig schwere Konsequenzen. Sie führen nämlich zu einer übermä-ßigen Belastung des Herzens, was wiederum eine Herzmuskelschwä-che und lebensbedrohliche Herzin-farkte nach sich ziehen kann.
Dass mit der Höhe der Calcium- und Phosphatspiegel auch die Sterblichkeit zunimmt, fand man 2004 in einer großen Studie mit Dialysepatienten heraus. Da der Überschuss an Calcium und Phosphat im Blut auch aus dem Kno-chen stammt, leiden viele Nieren-patienten außerdem an Knochen-beschwerden und einer erhöhten Brüchigkeit des Knochens.
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Erhöhung des Risikos durch Zunahme der Calcium/Phosphatspiegel
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Calcium-undPhosphatspiegel(mg/dlCalciumxmg/dlPhosphat)
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Modifiziert nach Block et al. 2004
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Behandlungsmöglichkeiten
Zunächst wird versucht, die Phos-phatwerte in den Normalbereich zu senken und eine Überladung des Körpers mit Calcium zu vermeiden. Zum anderen kann man versuchen, die überaktive Nebenschilddrüse zu bremsen. Bei den meisten Pati-enten sind beide Behandlungsan-sätze notwendig.
Die Parathormonwerte kann man über die Gabe von Vitamin D-Prä-paraten senken. Allerdings steigen dadurch die Calciumwerte, was häufig unerwünscht ist. Einen Aus-weg stellen dann die selektiven Vit-amin D-Präparate oder so genannte Calcimimetika dar. In Extremfällen kann es vorkommen, dass die Ne-benschilddrüse operativ entfernt werden muss.
Zur Senkung der Phosphatspiegel stehen so genannte Phosphatbin-der zur Verfügung. Sie verhindern, dass Phosphat aus der Nahrung vom Körper aufgenommen wird. Die unterschiedlichen Typen ha-ben wir auf Seite 14 für Sie zusam-mengestellt.
Mit der Behandlung sollten nach Möglichkeit die Zielwerte der ame-rikanischen „Kidney Disease Out-comes Quality Inititiative (KDOQI)“ erreicht werden. Man geht heute davon aus, dass dadurch das Risiko für Gefäß- und Weichteilverkalkun-gen und auch das Risiko für Kno-chenerweichungen minimiert wird. Eine regelmäßige Überprüfung die-ser Blutwerte ist daher sehr emp-fehlenswert.
Parameter Zielbereich
intaktes Parathormon(iPTH)
150 – 300 pg/ml(16,5 – 33,0 pmol/l)
Calcium-Phosphat-Produkt(Ca x P)
< 55 mg2/dl2 (< 4,44 mmol2/l2)
Phosphat 3,5 – 5,5 mg/dl (1,13 – 1,78 mmol/l)
Calciumkorrigiert für Serum-Albumin
8,4 – 9,5 mg/dl(2,10 – 2,37 mmol/l)
Zielwerte nach KDOQI
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Maximale tägliche Calciumaufnahme: 2 g CalciumFo
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Welche Phosphatbinder gibt es?
Basis für eine Senkung des Phos-phatspiegels ist eine phosphatarme Ernährung. Allerdings weisen viele Dialysepatienten einen Eiweißman-gel auf. Sie müssen daher genügend Eiweiß essen. Leider enthalten die meisten eiweißreichen Nahrungs-mittel aber auch viel Phosphat.
Einen Ausweg aus diesem Dilem-ma stellen die Phosphatbinder dar. Gleichzeitig mit dem Essen einge-nommen, binden sie überschüssiges Phosphat im Darm und verhindern so, dass es ins Blut aufgenommen wird. So können auch bei eiweißrei-cher Kost die Phosphatspiegel nied-rig gehalten werden.
Es gibt unterschiedliche Typen von Phosphatbindern. Schon länger auf
dem Markt und deshalb preisgünstig sind die calcium- und aluminiumhaltigen Typen.
Aluminiumhaltige Phosphatbinder wirken sehr stark. Allerdings be-steht bei langfristiger Anwendung die Gefahr, dass sich Aluminium im Körper ablagert und Schädigungen des Nervensystems und der Kno-chen hervorruft. Deswegen gilt die Dauertherapie als problematisch. Calciumhaltige Phosphatbinder werden am häufigsten eingesetzt. Bei einer zu hohen Dosierung kann es zu einem stärkeren Voranschrei-ten von Verkalkungen kommen. Leitlinien empfehlen, dass Dialyse-patienten mit der Nahrung und Me-dikamenten insgesamt nicht mehr
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als 2 Gramm Cal-cium täglich aufneh-
men. Hintergrund dieser Empfehlung sind neue Unter-
suchungen, die eine zu hohe Calci-umzufuhr mit der Entstehung von Gefäßverkalkungen in Verbindung bringen.
Inzwischen gibt es Alternativen zu den genannten Präparaten. Eine davon ist ein lanthanhaltiger Phos-phatbinder. Er hat den Vorteil, dass man nur wenige Tabletten einneh-men muss. Geringe Mengen Lan-than werden allerdings vom Körper aufgenommen. Langzeiterfahrun-gen zu den Folgen dieser Aufnahme sind derzeit noch begrenzt.
Ein weiterer neuer calcium- und aluminiumfreier Phosphatbinder besteht aus Molekülen, die nicht vom Körper aufgenommen werden.
Foto: © Fotolia
Bei ihm gibt es daher auch keine Gefahr von Ablagerungen und An-reicherungen. Die notwendige Ta-blettenzahl ist zwar noch vergleich-bar zu calciumhaltigen Phosphat-bindern, momentan ist aber eine neue Zubreitung als Pulver in Ent-wicklung.
Fragen Sie Ihren Arzt nach der für Sie geeigneten Phosphatbinder-Therapie. Wichtig ist aber auch, dass Sie den verschriebenen Phos-phatbinder regelmäßi-ge einnehmen. Sie leisten damit näm-lich einen großen Beitrag zu Ihrer Gesundheit.
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www.bundesverband-niere.de/ HomepagedesBundesverbandesNieree.V
www.der-nierenpatient.deHomepagederZeitschrift„DerNierenpatient“
www.nieren-und-gefaesse.de InformationseitefürPatientenzuNierenundGefäßerkrankungen
Patientenflyer der genzyme gmbH „MehralsPhosphatbindung“
Patientenbroschüre der genzyme gmbH„PEP-Phosphatmanagement–ganznachIhremGeschmack“
DievorgestelltenundweitereBroschürenkönnenSiekostenlosperPostkarteoderperFaxabrufbestellen:Postkartean:GenzymeGmbHc/oAtrikom,Stichwort„GenzymePatientenservice“,Postfach940296,60460Frankfurt/MainoderFaxan06134/282800,Stichwort„GenzymePatientenservice“
Internet-Links und weiterführende Literatur
RENA 26/03-08