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104 Hans Pichler: ¥III. Kieferstation der I. chir. Klinik (Prof. Eiselsberg) in Wien. Zur Operation der doppelten Lippen-Gaumen- spalten. Vou Prof. Dr. Hans Pichler. Mit 3 Abbildungen. Eingegangen: 2. 11.25. Die bekannte Prominenz des Zwisehenkiefers bei dan beider- seitigen Sp~ltbildungen im Alveolarfortsatz des Oberkiefers bildet in fast allen derartigen Fillen ein Hindernis fiir jeden Versueh, die Spalte zu sehlieften, das durch einen vorbereitenden Eingriff beseitigt werden mull. Als soleh,er kommt bekanntlich in erster Linie die subperiosta]e Durehtrennung der Nasenscheidewaad nach Bardeleben in Frage. Ieh mSehte darauf aufmerksam maehen, dab es in den meisten F~illen gut mSglich ist, gelegentlich dieser Opera- tion, gewissermal~en nebenbei einen wertvollen Sehritt zum end- giiltigen Versehluft der Gaumenspalte zu tun. Dabei wird der Schleimhautperiostfiberzug des Vomer zum Verschluft der Spalten ausgeniitzt, was bisher in der Regel nur b ei den einseitigen Spalten gemacht wurde. Bei diesea hingt die Septumschleimhaut schon mit d er Schleimhant der einen Gaumenhilfte zusammen und kann daher ungezwungen als V.erlingerung derselben benutzt werden (Lannelongue and Sabatin). v. Eiselsberg i) hat nieht die Schleim- haut allein, sondern die ganze Dicke des Septums, die Verlin~erung der einen Gaumenplatte benfitzt und fiber die Spalte herunter- geklappt, so daft gleich eine knScherne Uberbrfieknng derselben entstaad. Meine Operation beginnt in bekannter Wei.se naeh Bardeleben mit dem Einschneiden der Schl.eimhaut in der Mittellinie, l~ngs der unteren Kaate der Nasenseheidewand; doch maehe ieh diesen Schnitt etwas l~tnger als gewShnlieh, d~s ist vom Hals des Zwi- sehenkiefers naeh riiekw~irts bis fiber die Gegend des harten Gau- mens hinaus. Hier ist, w~e am Gaumen, die Schleimhaut mit der Beinhaut innig verwebt und kann dah.er im Zusammenhang mit dieser mit einean zax~en Raspatorium beiderseits vom K_noehen bzw. Knorpel abgeschoben w erdea. Dann wird dieser in vertika]er Rich- 1) Zur Technik der Uranoplastik. Arch. f. kiln. Chirurg., 64, H. 3.

VIII. Zur Operation der doppelten Lippen-Gaumenspalten

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104 Hans Pichler:

¥ I I I .

Kieferstation der I. chir. Klinik (Prof. Eiselsberg) in Wien.

Zur Operation der doppelten Lippen-Gaumen- spalten.

Vou

Prof. Dr. Hans Pichler.

Mit 3 Abbildungen.

Eingegangen: 2. 11.25.

Die bekannte Prominenz des Zwisehenkiefers bei dan beider- seitigen Sp~ltbildungen im Alveolarfortsatz des Oberkiefers bildet in fast allen derartigen Fi l len ein Hindernis fiir jeden Versueh, die Spalte zu sehlieften, das durch einen vorbereitenden Eingriff beseitigt werden mull. Als soleh,er kommt bekanntlich in erster Linie die subperiosta]e Durehtrennung der Nasenscheidewaad nach Bardeleben in Frage. Ieh mSehte darauf aufmerksam maehen, dab es in den meisten F~illen gut mSglich ist, gelegentlich dieser Opera- tion, gewissermal~en nebenbei einen wertvollen Sehritt zum end- giiltigen Versehluft der Gaumenspalte zu tun. Dabei wird der Schleimhautperiostfiberzug des Vomer zum Verschluft der Spalten ausgeniitzt, was bisher in der Regel nur b ei den einseitigen Spalten gemacht wurde. Bei diesea hingt die Septumschleimhaut schon mit d er Schleimhant der einen Gaumenhilfte zusammen und kann daher ungezwungen als V.erlingerung derselben benutzt werden (Lannelongue and Sabatin). v. Eiselsberg i) hat nieht die Schleim- haut allein, sondern die ganze Dicke des Septums, die Verlin~erung der einen Gaumenplatte benfitzt und fiber die Spalte herunter- geklappt, so daft gleich eine knScherne Uberbrfieknng derselben entstaad.

Meine Operation beginnt in bekannter Wei.se naeh Bardeleben mit dem Einschneiden der Schl.eimhaut in der Mittellinie, l~ngs der unteren Kaate der Nasenseheidewand; doch maehe ieh diesen Schnitt etwas l~tnger als gewShnlieh, d~s ist vom Hals des Zwi- sehenkiefers naeh riiekw~irts bis fiber die Gegend des harten Gau- mens hinaus. Hier ist, w~e am Gaumen, die Schleimhaut mit der Beinhaut innig verwebt und kann dah.er im Zusammenhang mit dieser mit einean zax~en Raspatorium beiderseits vom K_noehen bzw. Knorpel abgeschoben w erdea. Dann wird dieser in vertika]er Rich-

1) Zur Technik der Uranoplastik. Arch. f. kiln. Chirurg., 64, H. 3.

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tung mit einer spitzert Schere durchtrennt. Ieh ha.l~e es fiir zweck- migig, dies,en Schnitt etwas welter nach hinten anzulege.n, als em gew/3hnlieh a~sgefiihrt wird, weil dann die Rotation des Zwischen- kiefers nm die Frontalachse weniger stark ausfgllt, wenn man i ra jetzt nach hinten dr~ngt. Dabei werden die beiden T.eilstiicke des Septums a.neinaader vorbeigeschoben.

Durch die B eposition des Zwischenkiefers wird die Nazen- seheidewand yon vorn naeh hint,on verkfirzt und die, bedeckende Schleimhaat, die nun im Uberschug vorhandeu ist, legt sich in Falten (Abb. 1). Tut man nichts welter, so verschwin&en diese M1- mahlich dnrch Schrumpfung, wihrend des Periost wieder am Sep- turn anw/ichst. Di.eser SchleimhautfiberschuB maeht es nurt in den meisten F/~llen mOglich, die beiden Blgtter der Septumschleimkaut, wenn maal sie weir genug abgd~Jst hat, so weir nach augen zu ziehen, dal~ sie sieh ohn.e Spannung mit den beiden Gaumenhilften in brei~e B.erJlhmng brin~e.n lessen. Es ist nun niehts mehr nOtig, als dag man die letzteren in geeigneter .Weise anfriseht ; dann k~nn man diese Vomerlapp.en am herren Gaumen ann~then und dazait die Spalte im herren Gaumen Jlberbriieken.

Am all.er.einfaehsten g.esehieht diese AnfriscRang so, dal~ man mit din' Karate eines sehar~en Raspatoriums den Schleimhaut•ber- zug yon der Knochenka,nt.e des herren Gaumens abkratzt (Abb. 1), was nicht schwer gelingt, w.enn man sieh mehr an die nanale Seite dieser Kante h~tlt, 1/ings welcher die derbe Gaume.nsehleimhaut mit scharfer Grenze in die zarte Nasensehleimhaut iibergeht. Etwas schonender kamn man des natiirlich auch dureh einen Einsehnitt mit elnem geeigneten, fiber die Fl iehe gebogenen Messer aus- ftihren. Es kommt dab.el nur darauf an, den Knochen a~ ehler St.elle so weit freizulegen, da.l~ man mit einem Raspatorium zwi- sehen ihn nnd des Involuerum palati eindringen kaam (Abb. 2). ~an bra.ucht dazu kleine, fiber die Fl iehe gebogene Raspatorien, wie ieh sie zu diesem Zweek habe amfertigen lessen. Mit einem solchen ~V.erkzeug 15st man lgngs des ganz.en herren Gaumens den Mucosa-Periostaberzug in der Breite von einigen Millimetern at. Die se Art der Anfrischung ist deshalb vorzuziehen, well die Vomer- sehleimhaut gewOhnlieh so reiehlieh im Uberschug is~, dug man sie nieht nur End-zu-End mit der Gaumenschleimhaut voteS, hen kann, sondern imstande ist, sie mit Matratzennihten unter die Gaumensehleimhaut hineinzuziehen und so wenigstens in der Mitre eine Streeke w.eit eine breite Wundfl iche mit ihr zu vereinigen (Abb. 3) Nach Beendigung die.ser Naht liegt also die Kante tier Nasenseheidewand nackt in der MundhShle zuta~e. An ihren bei-

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106 Hans Pichler:

den S eiten sieht man allerdings noch Spalten in die Tiefe r~ichen; diese ffihl~en a ber nicht mehr in die fre~e NasenhShle, sondern liegen unter der Septumschleimhaut. Es ist also vielleicht rich- tiger, nicht von eiaem Versehlu~ der Gaumenspalte, sondern yon einer Beseitigung der Spalten im Nasenboden zu spreehen, was abet

.~bb. 1. Fa|tenbildung der Septum- Schleimhaut nach der Zwischen- kieferreposition nach Bardeleben. Ab- schaben der Schleimhaut vom knS-

chernen Gaumenrand.

Abb. 3.

Abb. 2. Abheben des Involucrum vom Spaltrand mit dem Raspatorium des

Autors.

Beendete Septum-Gaumennaht.

praktisch natiirlich auf dasselbe hinauskommt. Die Septumlappen wachsen allm~hlich vonde r Nase ge~en den Mund zu wieder an die Scheidewa~d an, und ich glaubo, dal3 der dabei entstehende Naa-benzug die Gaumenh~lft,en mit der Zeit merklich ann~herr~ dfirfte, so dal~ dadurch die Spalte im weichen Gaumen schmi~ler wird und daher sp~tter leichter zu operieren ist. E,s fragt sich, ob die

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Pichler: Zur Operation u s w . - Knoflach u. Eichelter: Exogastrisch usw. 107

EntblSgung des Septumskeletts nach der MundhShle zu ohne Seha- den vertragen wird. Meine Erfahrung, die sieh auf mehr als 10 F~tlle erst~eekt, spricht dafiir. Knoehen und KnorpeI pflegen sieh auffallend raseh mit Granulationen und bald aueh mit Epi- thel zu fiberziehen, und ich ha be hie eine Nekrose davon gesehen. Bisweilen hat allerdings die Naht nicht gehalten. Aber es war durch den Versueh aueh in diesem Fall nichts verdorben worden. Gelingt die S e p t u m- G a u m e n n a h t , so erreicht man dureh sie cinetl VerschluB ira Bereiche des haxten Gaumens, der schon fiir den Augenblick eine nennenswerte Verbesserung ftir die Funktion der Ern/ihrung und im sp~teren Alter auch fttr die Spraehfunktion bedeutet. Uberdies wird der sp~ter noeh n5tige Eingriff zum Ver- sehluL~ des weichen Gaumens dadurch zu einem weniger ausgedehn- ten und gibt dureh die oben angedeutete MSgliehkeit einer Ver- sehm~lerung der Spalte auch bessere Aussicht auf einen giins~igen Enderfolg. Da~ Verfahren ist durchaus naheliegend, and ich wiirde mieh wundern, wenn es nicht aueh von ander.er Seite ~thnlieh aus- gefiihrt worden wiire. Da ich abet in der Literatur nichts dariiber gefunden habe, glaubte ieh die einfaehe Methode mitteilen und empfehlen zu sollen.

IX.

Pathol.-anatom. Inst. (Prof. R. Mareseh) und I. chir. Klinil~ (Prof. A. Eiselsberg) der Univ. Wien.

Exogastrisch wachsendes Carcinoma granulomato- sum des Magens.

Von

Dr. J. Knoflach, Assistent am Institut, und Dr. G. Eichelter, Operateur der Klinik.

Mit 4 Abbildungen.

Eingegangen: ~99. 12. 25.

Unter den Magenkarzinome~ sind jene an tier gml~en Kurvatur und am Mageafu~dlts die seltenste~. Nach der gro~en St atistik voa Gussenbauer und Winiwarter, wele~e ein Material yon fiber 61 000 Obduktionen umfal3t, maehen diese Tumoren etwa 11/2 P roz. aller Magenkarzinome arts. Auffallend ist, da~ gerade diese Ge-