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1 G. Hildmann Volkswirtschaft Stand Oktober 2011

Volkswirtschaft - Start€¦ · Die Nachfrage der privaten Haushalte ... sei es ein Unternehmen oder eine private Person, ... (Güter oder Produktionsfaktoren) verstanden

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G. Hildmann

Volkswirtschaft

Stand Oktober 2011

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Gliederung Volkswirtschaftslehre 1. Instrumente und Ziele der Volkswirtschaftslehre 2. Die Nachfrage der privaten Haushalte 2.1 Subjektive Konsumpräferenzen 2.2 Die Nutzenfunktionen und Indifferenzkurven 2.3 Der optimale Verbrauchsplan 2.4 Die Nachfragekurve des Haushalts

3. Das Angebot der Unternehmen am Gütermarkt 3.1 Die Produktionsfunktion 3.2 Die Grenzproduktivität und die Isoquanten 3.3 Die Minimalkostenkombination 3.4 Die Angebotskurve der Unternehmen 4. Einführende Überlegungen zum Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage 4.1 Die Preiswirkung von Änderungen des Angebots bzw. der Nachfrage 4.2 Die verzögerte Anpassung an Preisänderungen 4.3 Preisfindung bei atypischer Angebotsfunktion 4.4 Die Wirkungen von Steuern auf das Marktgleichgewicht 4.5 Die Wirkungen von staatlichen Mindest- und Höchstpreisen

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1. Instrumente und Ziele der Volkswirtschaftslehre Mit den wesentlichen Fragestellungen der Makroökonomie sind alle Menschen vertraut. Begriffe wie Arbeitslosigkeit, Konjunktur, Inflation oder Wechselkursentwicklung gehö-ren zum täglichen Sprachgebrauch und beeinflussen die Lebenssituation jedes einzel-nen. Kenntnisse über die Zusammenhänge und Wechselwirkungen der Aggregate (= Gruppe von Wirtschaftssubjekten) ermöglichen es, den Einfluss wirtschaftlicher Ent-wicklungen auf die eigene Situation, sei es ein Unternehmen oder eine private Person, zu beurteilen und entsprechend zu (re)agieren. Ein Aspekt, der die Auseinandersetzung mit der Ökonomie so faszinierend macht, ist das Wechselspiel zwischen individueller und gesamtheitlicher Wirkung. Dabei zeigt sich, dass das Verhalten der Aggregate in der Regel nicht der Summe der individuellen (Re)Aktionen entspricht. Als Beispiel kann die individuelle Entscheidung eines Haus-halts, in Zukunft einen größeren Anteil des Einkommens zu sparen, angeführt werden. Der Haushalt geht davon aus, dass dieses Verhalten zu keiner wesentlichen Verände-rung der Wirtschaft führt. Treffen jedoch sehr viele Haushalte eine ähnliche Entschei-dung und wird die ausfallende Nachfrage nicht durch andere Wirtschaftssubjekte aus-geglichen, die dann zeitgleich beschließen müssen weniger zu sparen, dann wird aus der individuellen Entscheidung ein kollektives Problem. Aufgrund der geringeren Nach-frage kommt es zu Produktionsrückgängen, die wiederum zu einem Beschäftigungs-rückgang führen. Möglicherweise verliert der Entscheider sogar seinen Arbeitsplatz und damit seine Einkommensgrundlage und kann seine ursprüngliche Überlegung nicht rea-lisieren. Gegenstand der Mikroökonomie ist die Analyse der einzelnen Wirtschaftssub-jekte und deren Interaktion. Unter „Wirtschaften“ wird der zielgerichtete Umgang (Befriedigung von Bedürfnissen) mit knappen Ressourcen (Güter oder Produktionsfaktoren) verstanden. Es wird von einem bewussten und planenden Wirtschaften der Individuen ausgegangen. Dabei sind die Wirtschaftssubjekte bestrebt, die Differenz zwischen Ertrag und Aufwand zu maxi-mieren. Dieses Verhalten wird als Rationalprinzip (= ökonomisches Prinzip) be-zeichnet und tritt in zwei Ausprägungen auf. Entweder versucht der Entscheider ein gegebenes Nutzenniveau mit möglichst wenig Mitteln zu realisieren (= Minimalprinzip), oder er ist bestrebt, mit den vorhandenen Mitteln ein möglichst hohes Nutzenniveau zu erreichen (= Maximalprinzip). Da der Nutzen (= die Eigenschaft eines Gutes um de-rentwillen das Gut begehrt wird) abhängig ist von der Struktur der individuellen Bedürf-nisse, muss zwar der einzelne Entscheider in der Lage sein die unterschiedlichen Zie-le/Bedürfnisse zu ordnen, eine „objektive“, im Sinne einer von allen Wirtschaftssubjek-ten anerkannten, Reihenfolge wird sich jedoch niemals ableiten lassen. Die Grundlage der individuellen Entscheidungen bilden die Bedürfnisse der Individuen. Bedürfnis ist das subjektive Empfinden eines Mangels verbunden mit dem Wunsch, diesen Mangel zu beseitigen. Erst wenn der Haushalt sein Bedürfnis nach Art und Um-fang konkretisiert, er also eine Vorstellung davon hat mit welchen Produkt oder Leis-tung er ein Bedürfnis befriedigen kann, entsteht ein Bedarf. Zur eigentlichen Nachfra-

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ge kommt es jedoch erst, wenn zum Bedarf die entsprechenden finanziellen Mittel kommen. Das Bild des rationalen Entscheiders hat seit dem Erscheinen des homo oeconomicus als Konstrukt der klassischen Wirtschaftstheorie einen Wandel durch-lebt. Der homo oeconomicus steht für einen Menschen, der unter anderem alles weiß, unendlich schnell reagiert, alles kann und zudem keine interpersonellen Präferenzen (Gefühle, Vorlieben) hat. Der Vorteil dieser Beschränkung liegt darin, dass sich die Mo-tive des menschlichen Handelns auf die ökonomischen Aspekte reduzieren. Allerdings zeigt sich, dass dem rationalen Verhalten dort Grenzen gesetzt sind, wo er aufgrund mangelnder Informationen nicht alle entscheidungsrelevanten Daten zur Verfügung hat. Insbesondere häufig auftretende Informationsasymetrien, ein Entscheider verfügt über Informationen, die einem anderen nicht zur Verfügung stehen, führen zu suboptimalen Entscheidungen. Aufgrund der Informationsproblematik und dem damit verbundenen Optimierungspro-zess, tritt inzwischen an die Stelle des homo oeconomicus immer häufiger der einge-schränkt rational handelnde Entscheider, der deutlich mehr menschliche Züge trägt. Dem eingeschränkt rationalen Entscheider geht es weniger darum das „Optimale“ zu erreichen als vielmehr ein als befriedigend eingeschätztes Anspruchsniveau zu errei-chen. Den Prozess der Anspruchbildung beschreibt die Anspruchsanpassungstheorie als Aspekt der Mikroökonomie. Letztlich ist es für das Verständnis des Verhaltens der Wirtschaftssubjekte wichtig, dass spezifische Annahmen hinsichtlich ihres Verhaltens getroffen werden. Indem eine Form der Rationalität angenommen wird, wird irrationales Verhalten ausgeschlossen. Irrational im ökonomischen Sinn sind Handlungen, die

aufgrund von ethischen Grundüberzeugungen, die dem rationalen Handeln überge-ordnet sind, vorgenommen werden;

auf Gewohnheit beruhen;

ungeprüfte Anpassung an Ideale darstellen;

affektuale bzw. emotionale Reaktionen sind. Irrationales Verhalten ist nicht vorhersehbar und kann deshalb nicht als Grundlage von ökonomischen Modellen dienen. Angesichts der hohen Komplexität der ökonomischen Wirkungszusammenhänge wer-den Modelle entwickelt, anhand derer die untersuchungsrelevanten Aspekte und deren Interdependenzen analysiert werden. Diese Modelle sind vereinfachende Abbildungen der Realität, die sich auf das Wesentliche konzentrieren. In Modellen wird zwischen exogenen Variablen, sie werden nicht durch das Modell erklärt, und endogenen Vari-ablen, sie werden durch das Modell erklärt, unterschieden. Diese Unterscheidung ist willkürlich in dem Sinn, dass die wenigsten exogenen Variablen unabhängig von den Ausprägungen der endogenen Variablen sind. Um die zwischen den einzelnen Variab-len bestehenden Ursache-Wirkungsbeziehungen klarer hervorzuheben, wird häufig die Ceteris-paribus-Klausel angewandt. Diese besagt, dass alle Variablen, bis auf die beobachteten, als konstant betrachtet werden. Dieses Vorgehen ermöglicht es, die iso-

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lierte Wirkung einer einzelnen Größe zu untersuchen. Angesichts der Vernetztheit des ökonomischen Systems ist die Ceteris-paribus-Klausel insofern kritisch zu beurteilen, als die Wirkungen in Realität eben gerade nicht allein auftreten und somit ein falsches Bild von den Zusammenhängen entstehen kann. Trotz dieser Schwäche stellt das Konstantsetzen aller Parameter in einem System mit sich ständig ändernden Parame-tern häufig die einzige Möglichkeit dar, die Wirkungsmuster eindeutig herauszuarbeiten.

2. Die Nachfrage der privaten Haushalte am Gütermarkt In einer arbeitsteiligen Wirtschaft ist der Einzelne in der Regel nicht in der Lage, seine Bedürfnisse allein zu befriedigen. Es kommt zum Austausch von Gütern und Leistun-gen zwischen den Wirtschaftssubjekten. Dabei wird die Entscheidungsfreiheit des Ein-zelnen von der herrschenden Marktordnung beeinflusst. Während in der Zentralverwal-tungswirtschaft der Entscheidungsspielraum eng begrenzt ist, können Wirtschaftssub-jekte in der Marktwirtschaft weitgehend frei entscheiden. Von einem marktwirtschaftli-chen System ausgehend, setzt sich die Mikroökonomie deshalb im Wesentlichen mit dem Entscheidungsverhalten der Wirtschaftssubjekte und den sich durch das Zusam-mentreffen dieser Entscheidungen am Markt ergebenden Konsequenzen auseinander. Als oberstes Ziel der Mikroökonomie lässt sich somit die Erklärung der marktwirt-schaftlichen Koordination der individuellen Entscheidungen ausmachen. Die Konsumnachfrage der privaten Haushalte (= kleinste Entscheidungseinheit) stellt die wesentlichste Nachfragekomponente in den Volkswirtschaften dar. Die Erklärung des Verhaltens der Haushalte ist deshalb fundamental für das Verständnis der wirt-schaftlichen Zusammenhänge. Angesichts der Individualität der persönlichen Präferen-zen der Menschen und dem Anspruch der Theorie, das Verhalten möglichst vieler Indi-viduen zu erklären, müssen die entscheidungsrelevanten Eigenschaften stark verein-facht werden. Der gemeinsame Nenner aller Menschen dürfte das Streben nach der Maximierung des eigenen Nutzens sein. Da die privaten Haushalte einerseits als Nach-frager nach Gütern und andererseits als Anbieter von Ressourcen (Arbeitskraft, Kapital) auftreten, muss eine Theorie, die das ökonomische Verhalten der Haushalte erklären will, Antworten auf zwei Fragen finden:

Wie soll der Haushalt seine Ressourcen zum Einkommenserwerb einsetzen (Arbeits- bzw. Kapitalangebot)?

Wie soll das Haushaltseinkommen verwendet werden (Güternachfrage)? Im Folgenden soll kurz dargestellt werden, wie der Haushalt angesichts der bestehen-den Diskrepanz zwischen unbegrenzten Konsumwünschen einerseits und knappen Mit-teln zur Befriedigung dieser Wünsche andererseits seine Entscheidungen trifft.

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2.1 Subjektive Konsumpräferenzen Der Konsument sieht sich einer Vielzahl von Gütern, gegenüber und muss entscheiden, welche dieser Güter in welcher Menge er nachfragen möchte. Vereinfachend wird zu-nächst nur von zwei Gütern (Gut 1 und Gut 2) ausgegangen, über deren Konsum das Wirtschaftssubjekt zu entscheiden hat. Die Kenntnisse lassen sich natürlich auch auf den n-Güter-Fall übertragen, allerdings kann dieser graphisch kaum dargestellt werden.

Dem Haushalt steht eine unendlich große Anzahl von Kombinationen von Gut 1 und Gut 2 zur Auswahl. Diese Gütermengenkombinationen können in einem Koordinaten-system (= Konsummengendiagramm) dargestellt werden. Welchen Wert die einzelnen Gütermengenkombinationen für den Haushalt haben, lässt sich anhand einer rein mengenmäßigen Betrachtung allerdings nicht immer erkennen. Welche Kombination bevorzugt wird, hängt von den Präferenzen des Haushaltes ab. Es sind also die persönlichen Präferenzen, von denen der Nutzen einer Gütermengen-kombination abhängt. Allgemein kann gesagt werden, dass der Nutzen eines Gutes umso höher ist, je begehrter und knapper das Gut ist und je besser es die Bedürfnisse einer Person befriedigt. Wie stark die Bedürfnisbefriedigung für den einzelnen Ent-scheider ist, hängt von dessen subjektiver Wertschätzung des Gutes ab. Die Bewer-tung der Güter hinsichtlich ihrer Bedürfnisbefriedigung durch den einzelnen Haushalt findet ihren formalen Ausdruck in der Nutzenfunktion.

2. 2 Die Nutzenfunktionen und Indifferenzkurven Die Nutzenfunktion eines Haushaltes ordnet den nicht-negativen Gütermengenkombi-nationen einen nicht-negativen Nutzen zu. Es wird von folgenden Annahmen ausge-gangen:

Die Steigung der Nutzenfunktion ist überall positiv, das heißt der Haushalt wird stets eine Mengenkombination vorziehen, die bei gleicher Menge des einen Gutes mehr

0 20 40 600

20

40

60

80

x2

x1

X1

X2

X3

7

vom anderen Gut enthält. Diese Annahme der Nichtsättigung ist nicht uneinge-schränkt plausibel, gleichwohl liegt sie der Haushaltstheorie zugrunde.

Die Nutzenfunktion ist stetig und differenzierbar.

Die Indifferenzkurven verlaufen konvex zum Ursprung.

Die Güter sind vollständig teilbar. Formal lässt sich die Nutzenfunktion eines Entscheiders darstellen als:

nxxxxfU ,...,,, 321 .

Somit kann jeder konkreten Gütermengenkombination ein spezieller Nutzenwert zuge-ordnet werden. Die graphische Darstellung der Nutzenfunktion in einem dreidimensio-nalen Diagramm zeigt ein Nutzengebirge, dessen Höhe dem Nutzen entspricht und das sich als Ergebnis der Konsummengen der beiden Güter einstellt.

Es wird deutlich, dass ein bestimmtes Nutzenniveau durch unterschiedliche Gütermen-genkombinationen erreicht werden kann. Werden die Mengenkombinationen zweier Güter, die für den Haushalt den gleichen Nutzenwert haben und zwischen denen er somit indifferent ist, graphisch dargestellt, dann ergibt sich die Indifferenzkurve. Sie ist der geometrische Ort aller 21xx -Kombinationen, die den gleichen Haushaltsnutzen re-

präsentieren und entspricht einem horizontalen Schnitt durch das Nutzengebirge. Indifferenzkurven können sich niemals schneiden, denn jeder konkreten Mengenkom-bination kann ein bestimmter Nutzen eindeutig zugeordnet werden. Da eine Indifferenzkurve, die weiter vom Koordinatenursprung entfernt liegt, größere Mengen der Güter repräsentiert, ist ihr Nutzenniveau höher als das einer tiefer liegenden Indifferenzkurve. Entsprechend wird der Haushalt eine höhere stets einer niedrigeren Indifferenzkurve vorziehen. Im Folgenden soll das Verhältnis zweier Güter zueinander genauer analysiert werden. Der Haushalt kann ein gegebenes Nutzenniveau nur halten, wenn ein Verzicht auf eine Einheit des einen Gutes durch einen Mehrverbrauch des anderen Gutes ausgeglichen

U

x1

x2

8

wird. Bewegungen entlang einer Indifferenzkurve entsprechen einem Substitutionspro-zess, in dessen Verlauf immer mehr des einen Gutes durch das andere ersetzt wird.

Wie viel im Einzelnen vom einen Gut benötigt wird, um den Verzicht auf eine Einheit des anderen Gutes auszugleichen, ist verschieden und hängt von der Konsumintensität ab. Wird viel des einen Gutes verbraucht, dann fällt dem Konsumenten ein Verzicht auf die letzte Einheit des Gutes relativ leicht. In diesem Fall ist nur eine kleine zusätzliche Menge des anderen Gutes nötig, um das Nutzenniveau zu halten. Je weniger der Haushalt jedoch von einem Gut zur Verfügung hat, um so mehr des anderen Gutes be-nötigt er, um den Nutzenrückgang auszugleichen. Wie das Substitutionsverhältnis im Einzelfall ist, wird durch die Grenzrate der Substitution des Gutes 2 durch das Gut 1 (

21GdS ) angegeben.

Die Grenzrate der Substitution entspricht betragsmäßig der Steigung der Indifferenzkurve an einer beliebigen Stelle. Da es sich um eine Punktbetrachtung han-delt, wird die Grenzrate der Substitution anhand des Differentialquotienten ermittelt und ergibt sich als:

x1

x2

U( )1

U( )2

U( )3

x2

x1

9

1

221

dx

dxGdS .

Da im Fall konvexer Indifferenzkurven die Grenzrate der Substitution kontinuierlich fällt, wird auch vom Gesetz der abnehmenden Grenzrate der Substitution gesprochen. Das Gesetz besagt, dass, je geringer die Konsummenge eines Gutes ist, umso schwie-riger wird es, eine Mengeneinheit zu ersetzen. Schwierig bedeutet in diesem Zusam-menhang, dass immer mehr des anderen Gutes notwendig ist, um auf eine Einheit des Gutes zu verzichten. Die Menge eines Gutes, die notwendig ist, um den Mengenrückgang des anderen Gu-tes auszugleichen, hängt also zum einen vom Mengenrückgang des Gutes, zum ande-ren von dessen Grenznutzen ab. Wird ein unendlich kleiner Mengenrückgang unter-stellt, dann ergibt sich der Nutzenrückgang allein aus dem Grenznutzen des zu erset-zenden Gutes. Entsprechend hängt die zusätzlich notwendige Menge des anderen Gu-tes von dessen Grenznutzen ab. Es gilt:

2

1

2

1

1

221

x

Ux

U

f

f

dx

dxGdS

.

Die Grenzrate der Substitution entspricht demnach dem umgekehrten Verhältnis der Grenzproduktivitäten. Während die Indifferenzkurve Auskunft über das Austauschverhältnis der Güter gibt, kann mittels senkrechter Schnitte durch das Nutzengebirge der Zusammenhang zwi-schen dem Konsum eines Gutes und dem erreichten Nutzenniveau bei konstanter Menge des anderen Gutes erfasst werden. Diese partiellen Nutzenkurven spiegeln den Zusammenhang zwischen der Variation nur einen Gutes und dem Haushaltsnutzen wider. Es zeigt sich, dass die Erhöhung der Menge des beobachteten Gutes zu einem stetigen Nutzenzuwachs führt, allerdings nimmt die Zuwachsrate des Nutens (= der

Grenznutzen) kontinuierlich ab. Formal ergibt sich der Grenznutzen ( if ) als 1. partielle

Ableitung der Nutzenfunktion. Es gilt somit:

i

ix

Uf

.

H. H. Gossen formulierte diesen Zusammenhang im 1. Gossenschen Gesetz, dem Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen eines Gutes. Es ist anzumerken, dass dieses „Gesetz“ nicht zwangsläufig gilt, denn innerhalb bestimmter Bereiche sind steigende oder konstante Grenznutzen durchaus zu erwarten. Allerdings kann auf die Allgemein-gültigkeit des Gesetzes verzichtet werden. An dessen Stelle tritt dann das Gesetz der abnehmenden Grenzrate der Substitution. Wie die nachfolgende Graphik verdeutlicht,

10

hängt der Verlauf der partiellen Nutzenkurve des einen Gutes auch vom Niveau des anderen, mengenmäßig gleich bleibenden Gutes ab. Je mehr vom anderen Gut kon-sumiert wird, umso höher ist der Gesamtnutzen, und auch der Grenznutzen des einen Gutes steigt mit der Verbrauchsmenge des anderen Gutes.

Beispiel zur Nutzenfunktion, den Indifferenzkurven und der Grenzrate der Substi-tution Frau A hat ihre Nutzenwerte bezüglich der Güter Brot (x1)und Butter (x2)bestimmt und daraus ihre Grenznutzenfunktionen abgeleitet. Sie lauten:

6,0

2

4,0

1 xxU (Nutzenfunktion),

6,0

2

06

11

1

4,0 xxfx

U

(Grenznutzenfunktion Brot),

4,0

2

4,0

12

2

6,0 xxfx

U

(Grenznutzenfunktion Butter).

In der nachfolgenden Tabelle sind beispielhaft einige Gütermengenkombinationen mit dem durch sie gestifteten Nutzen dargestellt.

Brotmenge ( 1x ) 5 5 5 5 5 5

Buttermenge ( 2x ) 1 2 5 10 12 15

Nutzen (U) 1,90 2,86 5 7,58 8,46 9,67

Die nachfolgende Abbildung zeigt die Indifferenzkurve von Frau A für ein gegebenes Nutzenniveau von 5 Einheiten. Es zeigt sich, dass es unendlich viele Mengenkombina-tionen zwischen Brot und Butter gibt, die ihr den gleichen Nutzen stiften. Es kann des-halb eine Indifferenzkurve bildet werden. Übrigens kann Frau A nur dann ein höheres Nutzenniveau erreichen, wenn sie entsprechend mehr der Gütern konsumiert.

x1

U

x2 10

x2 5

11

In der nachfolgenden Tabelle sind beispielhaft einige Grenznutzenwerte des Gutes 1 (Brot) berechnet. Dabei zeigt sich, dass die Nutzenfunktion von Frau A den von Gossen als typisch bezeichneten Verlauf hat.

Brotmenge ( 1x ) 1 2 5 10 12 15

Buttermenge ( 2x ) 5 5 5 5 5 5

Grenznutzen des Brotes ( 1f )

1,05

0,69

0,40

0,26

0,24

0,21

Graphisch stellt sich der Grenznutzen des Brotes wie folgt dar.

Der Grenznutzen des Brotes ist immer positiv. Nach einem anfänglich raschen Rück-gang fällt der Grenznutzen des Brotes nur noch langsam. Deutlich ist zu erkennen, dass der Grenznutzen des Brotes auch vom Konsumniveau der Butter abhängt. Frau A konsumiert zurzeit 10 Einheiten Brot und 10 Einheiten Butter und erreicht damit ein Nutzenniveau von 10 Einheiten. Sie möchte nun wissen, auf wie viel Butter sie ohne Nutzenänderung verzichten kann, wenn sie den Konsum von Brot um eine infinitesimal kleine Einheit erhöht. Sie weiß, dass sich ihre Nutzenänderung aus zwei Elementen

0 5 10 15 20 250

5

10

15

20

25

U 5

U 10

Butter

Brot

0 5 10 15 20 25 300

0,5

1

1,5

x2 5

U

x1

x1

x2 10

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zusammensetzt, nämlich der Mengenänderung und dem Grenznutzen der konsumier-ten Einheit. Sie formuliert den Zusammenhang als:

2211 dxfdxfdU .

Bezogen auf ihre Nutzenfunktion ergibt sich für sie:

6,0

2

4,0

1 xxU :

06,04,0 2

4,0

2

4,0

11

6,0

2

6,0

1 dxxxdxxxdU .

Da sie ihr Nutzenniveau halten will, muss die Nutzenänderung, die aus dem veränder-ten Mengenverhältnis resultiert, Null sein (dU = 0). Die vorhergehende Gleichung kann man umformulieren zu:

4,0

2

4,0

1

6,0

2

6,0

1

2

121

6,0

4,0

xx

xx

f

fGdS .

Werden 10 Einheiten Brot und 10 Einheiten Butter konsumiert, dann beträgt die Grenz-rate der Substitution:

6667,06,0

4,0

10106,0

10104,04,04,0

6,06,0

GdS .

Möchte A beispielsweise zusätzlich 0,1 Einheiten Brot konsumieren, kann sie gleichzei-tig auf 0,06667 Einheiten Butter verzichten. In der nachfolgenden Tabelle sind beispiel-haft einige Mengenkombinationen, die alle zu einem Nutzen von 10 führen, deren Grenznutzen und die Grenzrate der Substitution aufgelistet.

Zur Überprüfung ihrer Ergebnisse berechnet sie den Nutzen, den sie mit einer Kombi-nation aus 10,1 Einheiten Brot und 9,9333 Einheiten Butter erzielt und kommt zum Er-gebnis, dass sie ihr Nutzenniveau (U = 9,9997) halten kann. (Die entstehenden Abwei-chungen sind darauf zurückzuführen, dass mittels des Differentialquotienten die Stei-gung in einem Punkt berechnet wurde. Indem diese Steigung jedoch auf eine Strecke (0,1 Einheiten Brot) übertragen wird, entstehen Ungenauigkeiten, die den Fehler bedin-gen. Dieser Fehler wird um so größer, je stärker die Krümmung der Indifferenzkurve ist bzw. je größer die Projektionsfläche ist.)

Brotmen-

ge ( 1x )

Butter-menge

( 2x )

Grenznutzen

1x = ( 1f ) Grenznutzen

2x = ( 2f ) Grenzrate der Substitution

1 46,4159 4,0000 0,1293 30,9439

5 15,8740 0,8000 0,3780 2,1165

10 10,0000 0,4000 0,6000 0,6667

15 7,6314 0,2667 0,7862 0,3392

20 6,2996 0,2000 0,9524 0,2100

25 5,4288 0,1600 1,1052 0,1448

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2. 3 Der optimale Verbrauchsplan Die Frage, die sich der Haushalt letztlich stellt, ist, welche der möglichen Gütermen-genkombinationen er realisieren soll. So hängt sein optimaler Verbrauchsplan, die Gütermengenkombination, die den höchsten Nutzen liefert, natürlich auch von seinen finanziellen Mitteln ab. Neben seinem Budget sind es die Preise der Güter und seine persönlichen Präferenzen, die wesentlich für seine Konsumentscheidung sind. Gibt er sein gesamtes Einkommen (E) für den Kauf der Güter 1x und 2x aus und wird mit 1p

der Preis des Gutes 1 und mit 2p der Preis des Gutes 2 bezeichnet, dann lässt sich der

Zusammenhang wie folgt formulieren:

2211 xpxpE

Diese Gleichung beschreibt alle Güterkombinationen, die bei gegebenem Budget und bestimmten Preisen gekauft werden können. Die Gerade wird als Budgetlinie oder Bilanzgerade bezeichnet. Ihre Steigung hängt vom Verhältnis der Preise zueinander ab.

Einkommenserhöhungen verschieben, bei unveränderten Preisen, die Budgetlinie nach oben. Das heißt, je weiter eine Budgetlinie vom Ursprung entfernt ist, umso höher ist die Konsumsumme, die sie repräsentiert, und umgekehrt. Veränderungen des Preis-verhältnisses bei gleich bleibendem Einkommen führen dagegen zu einer veränderten Steigung der Geraden. Dies bewirkt eine Drehung der Bilanzgeraden.

x2

x1

E

p2

E p/ 1

x2

x1

p

p1

2p

p1

2

p

p1

2

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Der optimale Verbrauchsplan, auch als Haushaltsgleichgewicht oder Haushaltsoptimum bezeichnet, ist dort erreicht, wo mit einem gegebenen Budget der maximale Nutzen erreicht wird (= Maximalprinzip). Dieser Punkt lässt sich graphisch und mit Hilfe der Lagrange-Funktion, als Verfahren zur Optimierung unter Nebenbedingungen, ermitteln. Graphisch ergibt sich das Haushaltsoptimum dort, wo die Bilanzgerade zur Tangente an einer Indifferenzkurve wird. Natürlich kann der Haushalt aufgrund seiner finanziellen Mittel auch beispielsweise die Punkte A oder C realisieren, sie liegen jedoch alle auf niedrigeren Indifferenzkurven und sind deshalb suboptimal. Punkte oberhalb der Bud-getlinie repräsentieren zwar einen höheren Nutzen, sie lassen sich mit den gegebenen Mitteln jedoch nicht realisieren.

An dem Punkt, an dem die Budgetlinie zur Tangente der Indifferenzkurve wird (B), ha-ben beide Funktionen die gleiche Steigung. Bekanntlich wird die Steigung der Budgetli-nie durch das Preisverhältnis bestimmt:

(2

1

p

p ).

Hingegen wird die Steigung der Indifferenzkurve durch die Grenzrate der Substitution festgelegt:

(1

2

dx

dx).

Im Haushaltsoptimum entspricht demnach die Grenzrate der Substitution dem negati-ven reziproken Preisverhältnis. Da die Grenzrate der Substitution bekanntlich dem um-gekehrten Verhältnis der Grenznutzen entspricht, sind im Haushaltsoptimum das Ver-hältnis der Grenznutzen und das Verhältnis der Preise identisch. Es lässt sich festhal-ten:

A

B

C

x2

x1

N

N

N

15

2

1

2

1

p

p

x

Ux

U

oder 2

2

1

1

p

x

U

p

x

U

.

Diese Identität ist Gegenstand des 2. Gossenschen Gesetzes. Es besagt, dass im Haushaltsgleichgewicht die letzte Geldeinheit in jeder Verwendung den gleichen Grenznutzen stiftet. Ober anders formuliert: Der Grenznutzen des Geldes ist im Haus-haltsoptimum für beide Güter gleich. Diese Aussage hat sowohl unter der Annahme kardinaler als auch ordinaler Nutzenfunktionen bestand. Formal kann das Haushaltsoptimum mittels der Lagrange-Funktion bestimmt werden. Bekanntlich ist es das Ziel des Haushaltes, seinen Nutzen zu maximieren, unter der Nebenbedingung eines beschränkten Budgets und gegebener Preise. Aus den Glei-chungen

21,xxUU (Zielfunktion) und 02211 xpxpE (Nebenbedingung)

ergibt sich die Lagrange-Funktion mit dem noch zu bestimmenden Lagrange-

Multiplikator , der Ausdruck für den Grenznutzen des Geldes ist.

)(, 221121 xpxpExxUL

Zur Lösung der Gleichung müssen die ersten partiellen Ableitungen gebildet und gleich Null gesetzt werden.

(1) 01

11

px

U

x

L

(2) 02

22

px

U

x

L

(3) 02211 xpxpEL

Das 2. Gossensche Gesetz findet Ausdruck in den partiellen Ableitungen nach 1x bzw.

nach 2x . Die Aussage:

0

L

beinhaltet, dass der Haushalt seine Finanzmittel vollständig ausgibt. Die aufgeführten Optimierungsbedingungen sind notwendige, aber noch keine hinreichenden Bedingun-gen. Diese müssen im Einzelnen überprüft werden. In der Regel kann auf diese Prü-

16

fung jedoch verzichtet werden, da die Konvexitätsbedingung der Indifferenzkurven dazu führt, dass nur Maxima berechnet werden. Rechenbeispiel zum Haushaltsoptimum: Nach einer eingehenden Analyse ihrer Präferenzen ist Frau A in der Lage, ihre Nutzen-funktion zu bestimmen. Sie formuliert ihre Nutzenfunktion als:

( 6,04,0

21xxU )

Frau A möchte nun die für sie nutzenmaximalen Mengen an Brot ( 1x ) und Butter ( 2x )

bestimmen. Das ihr für den Konsum zur Verfügung stehende Budget beträgt 200 GE. Der Preis für eine Einheit Brot beträgt 5 GE (p1 = 5) und der Preis für eine Einheit Butter 10 GE (p2 = 10). Die Lagrange-Gleichung hat in diesem Fall die Form:

21

6,04,0 105200*21

xxxxL .

Zur Lösung der Gleichung werden zunächst die partiellen Ableitungen gebildet. Sie lau-ten:

(1) 054,0 6,0

2

6,0

1

1

xx

x

L

(2) 0106,0 4,0

2

4,0

1

2

xx

x

L

(3) 0105200 21 xxL

Wird Gleichung (1) durch Gleichung (2) dividiert, kann eliminiert werden und es ergibt

sich:

10

5

6,0

4,04,0

2

4,0

1

6,0

2

6,0

1

xx

xx

Das Auflösen der Gleichung nach x2 führt zu:

2

1

6,0

4,06,0

1

4,0

1

4,0

2

6,0

2

xx

xx

2

1

6,0

4,0

1

2 x

x

12 6,08,0 xx

12 75,0 xx

Wird dieser Ausdruck in Gleichung (3) eingesetzt, folgt daraus:

17

075,0105200 11 xx

05,12200 1 x

121675,016 21 xx

Bei gegebenen Preisen und gegebenen Einkommen ist es für A optimal, wenn sie 16 Einheiten Brot und 12 Einheiten Butter konsumiert. Sie gibt dabei ihr gesamtes Ein-kommen aus, denn:

01210165200 .

Durch den Konsum von 16 Einheiten Brot und 12 Einheiten Butter beträgt ihr Nutzen

4635,131216 6,04,0 U .

Frau A möchte nun gerne in ihrem konkreten Fall die Gültigkeit des 2. Gossenschen Gesetzes überprüfen. Sie bestimmt deshalb den Grenznutzen, den ihr die letzte Geld-einheit in beiden Verwendungen stiftet. Da allgemein gilt:

2

2

1

1

p

x

U

p

x

U

ergibt sich in ihrem Fall:

0673,05

12164,04,0 6,06,0

1

6,0

2

6,0

1

p

xx

0673,010

12166,06,0 4,04,0

2

4,0

2

4,0

1

p

xx

Die letzte Geldeinheit stiftet sowohl beim Kauf des Brots als auch beim Kauf der Butter einen Grenznutzen von 0,0673 Einheiten. Das 2. Gossensche Gesetz hat damit Gültig-keit.

2. 4 Die Nachfragekurve des Haushalts Es stellt sich nun die Frage, welchen Einfluss Preisänderungen auf das Haushalts-gleichgewicht haben. Dabei wird das Haushaltseinkommen als konstant angenommen, um die reinen Preiseffekte isolieren zu können. Der Zusammenhang zwischen dem Preis eines Gutes und der nachgefragten Menge wird in der Konsumfunktion dargestellt. Bekanntlich bewirkt eine Preisänderung, so-fern die Preise nicht proportional steigen, eine Drehung der Budgetlinie. Aufgrund des nun höheren Preises kann der Haushalt sein altes Konsumniveau nicht länger halten. Er fällt auf eine niedrigere Indifferenzkurve. Es zeigt sich, dass eine Preiserhöhung ähn-

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lich wie ein Einkommensrückgang wirkt. Sie führt gleichzeitig zu einer Änderung des optimalen Mengenverhältnisses. Werden alle Haushaltsoptima miteinander verbunden, dann ergibt sich die Preis-Konsum-Kurve. Sie stellt den Zusammenhang zwischen der Nachfrage nach den beiden Gütern und der Preisänderung eines Gutes (bei konstan-tem Einkommen) her. Damit gibt sie indirekt auch den Zusammenhang zwischen dem Preis eines Gutes und seiner nachgefragten Menge wieder. Werden die Preise und die entsprechenden Mengen in ein Preis-Mengen-Diagramm übertragen, so ergibt sich die Preisabsatzkurve, das heißt die Nachfragekurve des Haushalts.

Dies ist allerdings nicht die typische Darstellungsform einer Nachfragekurve. Sie ergibt sich, wenn der Preis auf der waagerechten und die Menge auf der senkrechten Achse abgetragen werden.

Preisabsatzkurve= Nachfragekurve

p2

x2 Normalerweise verläuft die Nachfragekurve von links oben nach rechts unten, denn je teurer ein Gut ist, umso weniger wird von ihm nachgefragt. Es werden jedoch auch Ausnahmen beobachtet, in denen bei steigenden Preisen die Nachfrage zunimmt.

3. Das Angebot der Unternehmen am Gütermarkt Im Wirtschaftskreislauf übernehmen die Unternehmen zwei wichtige Aufgaben. Einer-seits setzen die Unternehmen Faktorleistungen ein, die sie bei den Haushalten nach-

Preis-Konsum-Kurve

x2

x1p2

19

fragen (Arbeit, Kapital) und zahlen dafür den Haushalten Arbeits- oder Besitzeinkom-men. Anderseits produzieren sie Güter, die sie den Haushalten anbieten. Für die Ent-stehung von Unternehmen lassen sich verschiedene ökonomische Gründe finden. Ein-Personen-Unternehmen entstehen immer dann, wenn eine Person einen kompara-tiven (vergleichsweisen) Vorteil in der Herstellung von Gütern hat. Ist dies der Fall, dann ist es für den Haushalt vorteilhaft, solche Güter über den eigenen Bedarf hinaus zu produzieren, anderen Haushalten zum Kauf anzubieten und selbst jene Güter nach-zufragen, in deren Herstellung er komparative Nachteile hat. Angeborene oder erwor-bene Fähigkeiten sind der Grund für das Entstehen komparativer Vorteile. Es sind demnach nicht die absoluten Produktionsvorteile, sondern nur die relativen Vorteile, die zur Aufgabenteilung führen. Komparative Vorteile sind die Ursache, weshalb Ein-Personen-Unternehmen entste-hen, sie lassen sich jedoch nicht zur Erklärung der Existenz von Mehr-Personen-Unternehmen heranziehen. Deren Gründung ist auf die technischen Vorteile der Ar-beitsteilung zurückzuführen. Indem die Spezialisierungsvorteile der Arbeitsteilung ge-nutzt werden, sind Mehr-Personen-Unternehmen in der Lage, mehr als die Summe der durch Einzelunternehmen erzeugbaren Leistung zu produzieren. Ein weiterer Vorteil ergibt sich durch die organisatorische Zusammenfassung trennbarer Tätigkeiten in ei-ner organisatorischen Einheit. Zwar ließe sich jede einzelne Leistung eines Unterneh-mens über den Markt beschaffen, dies verursacht jedoch Transaktionskosten (= alle Kosten die im Zusammenhang mit Vertragsabschlüssen entstehen). Sind die internen Koordinationskosten eines Unternehmens niedriger sind als die Transaktionskosten am Markt, haben Mehr-Personen-Unternehmen einen Kostenvorteil gegenüber Ein-Personen-Unternehmen. Unternehmen produzieren Konsumgüter, Zwischenprodukte, Investitionsgüter oder Dienstleistungen, im Folgenden als Güter bezeichnet, die sie am Markt anbieten. Da Investitionsgüter wiederum zur Erzeugung von Konsumgütern eingesetzt werden, ist jedes Unternehmen direkt oder indirekt an der Versorgung der privaten Haushalte be-teiligt und entsprechend von deren Nachfrage abhängig. Zur Herstellung ihrer Güter setzen die Unternehmen Produktionsfaktoren ein. Bekanntlich sind Unternehmen be-strebt, ihren Nutzen, der in diesem Fall dem langfristigen Gewinn entspricht, zu maxi-mieren. Dabei werden dem Oberziel der Gewinnmaximierung alle anderen Unterneh-mensziele, wie etwa der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit oder die Marktanteilsmaximie-rung, untergeordnet. Voraussetzung für die Zielerreichung ist die Beantwortung zweier zentraler Fragen, nämlich: 1. Welche Güter sollen in welcher Menge produziert werden? 2. Welche Produktionsfaktoren sollen in welchen Mengen eingesetzt werden?

20

3.1 Die Produktionsfunktion Zur Herstellung ihrer Güter können die Unternehmen auf freie oder auf wirtschaftliche Güter zurückgreifen. Wirtschaftliche Güter zeichnen sich dadurch aus, dass sie knapp sind und einen Preis haben. Freie Güter, wie Luft, Straßen, Rechtsschutz, sind dage-gen unbegrenzt verfügbar und haben keinen Preis. Der Einsatz freier Güter verursacht für die Unternehmung, im Gegensatz zur Nutzung wirtschaftlicher Güter, keine direkten Kosten. Sie bleiben deshalb zumeist in den Produktionsfunktionen unberücksichtigt, obwohl sie für die Leistungserstellung durchaus relevant sein können und auch über Steuern finanziert werden. Produktionsfaktoren können auch hinsichtlich der Interdependenzen zwischen Faktoreinsatz- und Produktionsmenge unterschieden werden. Ist die Einsatzmenge eines Produktionsfaktors unabhängig von der Produktionsmenge, dann wird dieser als fixer Faktor bezeichnet. Beim variablen Faktor ist die Einsatzmenge dagegen vom Produktionsergebnis abhängig. Allgemein wird die Herstellung von Gütern, als Ergebnis der Kombination von Produkti-onsfaktoren, als Produktion bezeichnet, unabhängig von der Art der erzeugten Güter. Der funktionale Zusammenhang zwischen den Faktoreinsatzmengen (= Input) und dem Produktionsergebnis (= Output) wird durch die Produktionsfunktion Primär hat die Produktionsfunktion einen technischen Charakter, da sie die technischen Zusammen-hänge bei der Erzeugung der Güter reflektiert. Entsprechend setzt jede Produktions-funktion den Einsatz einer bestimmten Produktionstechnik voraus. Diese wird innerhalb des Untersuchungszeitraums als gegeben, das heißt konstant, betrachtet. Bedingung einer jeden Produktionsfunktion ist, dass die eingesetzte Technik die Produktionsfakto-ren technisch effizient nutzt. Diese ist dann gewährleistet, wenn die vorhandenen Pro-duktionsmöglichkeiten voll ausgenutzt werden, also keine Faktoreinheit eingesetzt wird, ohne dass dies zu einer Outputsteigerung führt. Kommt es zum Einsatz veränderter Technologie im Unternehmen, dann tritt an die Stelle der ursprünglichen Produktions-funktion eine neue Produktionsfunktion mit veränderten Leistungsparametern. Die Ent-scheidung für eine bestimmte Produktionsfunktion ist demnach immer auch die Festle-gung auf eine konkrete Produktionstechnik. Die Produktionsfunktion stellt den Zusammenhang zwischen dem Einsatz der verschie-denen Produktionsfaktoren iv (mit i = 1, 2, 3,..., n) und der erzeugten Menge eines

konkreten Gutes (x) her. Für nicht-negative Inputmengen von iv lässt sich die Produk-

tionsfunktion wie folgt schreiben:

nvvvvfx ,....,, 321 .

Aufgrund der unterschiedlichen technisch bedingten Interdependenzen zwischen den Produktionsfaktoren können verschiedene Typen von Produktionsfunktionen unter-schieden werden. Können die Produktionsfaktoren im Produktionsprozess gegeneinan-der ausgetauscht werden, was die Teilbarkeit der Faktoren voraussetzt, dann handelt

21

es sich um substitutionale Produktionsfunktionen. Komplementäre Produktionsfak-toren bilden die Grundlage der limitationalen Produktionsfunktionen.

3.2 Die Grenzproduktivität und die Isoquanten In diesem Abschnitt wird von einer partiell substitutionalen Produktionsfunktion ausge-gangen. Es soll der Zusammenhang zwischen dem Einsatz der Inputfaktoren und dem Output veranschaulicht werden. Wird die Produktionsfunktion (nur zwei Inputfaktoren) geometrisch dargestellt, dann ergibt sich das Ertragsgebirge. Es wird deutlich, dass sich der Output in Abhängigkeit der Einsatzmengen der beiden Produktionsfaktoren entwickelt.

Indem senkrechte Schnitte zur Grundfläche des Ertragsgebirges getätigt werden, ent-stehen die partiellen Ertragskurven für den jeweiligen Faktor. Sie stellen die Ertrags-entwicklung in Abhängigkeit von nur einem Faktor, bei Konstanz des anderen Faktors, dar und können ganz unterschiedlich verlaufen. Während die Erträge in Abhängigkeit von Faktor 1v linear zunehmen, weisen die Erträge mit steigendem Einsatz von 2v ab-

nehmende Zuwachsraten auf. In einem technisch effizienten Prozess müssen die parti-ellen Ertragskurven stets steigen. Da die Erträge auch vom Niveau des konstanten Fak-tors abhängen gilt, dass eine partielle Ertragskurve umso weiter vom Ursprung entfernt verläuft, je mehr vom konstanten Faktor eingesetzt wird.

v1

v2

x

x

v1

v2

v2

v2

x

v1

v1

22

Die Steigung der partiellen Ertragskurven bezeichnet man als Grenzproduktivität oder Grenzertrag. Obwohl Unterschiede bestehen, sollen die beiden Begriffe, in Anlehnung an den angelsächsischen Sprachgebrauch, nicht weiter unterschieden werden. Die Grenzproduktivität gibt an, welcher Ertragszuwachs auf den Einsatz der letzten Input-einheit zurückzuführen ist. Sie kann positive oder negative Werte annehmen.

Formal ergibt sich die Grenzproduktivität ( ix̂ ) als erste partielle Ableitung der Produkti-

onsfunktion nach dem Faktor i. Es gilt:

i

iv

xx

ˆ .

Faktor 1v weist eine konstante Grenzproduktivität auf, d. h. unabhängig von der einge-

setzten Menge von 1v erbringt jede Einheit den gleichen zusätzlichen Ertrag. Dessen

Höhe variiert jedoch mit der eingesetzten Menge des anderen Faktors. Faktor 2v weist

dagegen fallende Grenzerträge auf. Je mehr von 2v eingesetzt wird, umso geringer ist

der Ertragszuwachs, den eine zusätzlichen Einheit 2v erbringt. Es wird deutlich, dass

die beiden Faktoren höchst unterschiedlich auf den Ertrag wirken. Ein horizontaler Schnitt durch das Ertragsgebirge ergibt eine Linie, auf der alle Faktorkombinationen zur gleichen Produktionsmenge führen. Werden die Punkte in ein v1v2-Koordinatensystem übertragen, ergibt sich die Isoquante, der geometrische Ort aller Input-Kombinationen die zum gleichen Output führen. Je weiter eine Isoquante vom Koordinatenursprung entfernt ist, umso höher ist der Ertrag, den sie repräsentiert (

xxx ). Isoquanten können sich niemals schneiden, da es technisch nicht mög-lich ist, mit einer konkreten Faktormengenkombination zwei unterschiedliche Ertrags-mengen zu generieren (siehe nachfolgende Abbildung).

v1 v2

v1

v1

v2

v2

x1 x2

23

Die unterschiedlichen Inputkombinationen, die alle zum gleichen Ertrag führen, lassen sich durch die Isoquantengleichung bestimmen. Sie ergibt sich durch Auflösen der Gesamtertragsfunktion nach einem der Inputfaktoren. Es wird deutlich, dass ein Unter-nehmen unzählige Optionen zur Erzeugung einer konkreten Produktionsmenge hat. Diese Auswahlmöglichkeit ist es, die den großen Vorteil der substitutionalen Produkti-onsfunktionen ausmacht. In der betrieblichen Praxis zeigt sich, dass die Austauschbar-keit der Einsatzfaktoren mit dem Planungszeitraum zunimmt. Während kurzfristig die Einsatzmengenverhältnisse der Faktoren zumeist festliegen, sind sie langfristig zumin-dest in gewissem Umfang variabel. Beispiel zur Produktionsfunktion Unternehmerin A hat verschiedene Alternativen, ihr Produkt herzustellen, denn ihre Cobb-Douglas-Produktionsfunktion lautet:

2,0

2

8,0

1 vvx .

Sie hat einen Auftrag zur Lieferung von 100 Einheiten des Gutes. Um einen Überblick über die bestehenden Handlungsalternativen zu bekommen, stellt sie zunächst die Isoquantengleichung auf. Aufgelöst nach 1v ergibt sich:

25,1

2,0

2

1

v

xv .

Es zeigt sich, dass die Isoquante der Cobb-Douglas-Funktion konvex zum Ursprung verläuft, das Gesetz der abnehmenden Grenzproduktivität mithin Gültigkeit hat. In der nachfolgenden Tabelle wurden einige Alternativen zur Produktion von 100 Gütereinhei-ten (x = 100) berechnet.

1v 316,23 177,83 100,00 66,87 56,23 37,61

2v 1 10 100 500 1000 5000

x

x

x

v1

v2

24

Es lässt sich gut erkennen, dass je weniger von einem Faktor eingesetzt wird, es umso schwerer fällt, diesen Faktor weiter zu ersetzen. Frau A überlegt, den Output durch Ein-satz von 10 Einheiten 2v und 177,83 Einheiten 1v zu erzeugen. Deshalb möchte sie

ermitteln, wie produktiv der Faktor 2v ist, wenn von ihm 10 Einheiten eingesetzt wer-

den. Der Durchschnittsertrag beträgt an dieser Stelle:

1010

100

2

2 v

xx .

Wird die angegebene Faktormengenkombination zur Produktion eingesetzt, dann kön-nen mit einer Einheit 2v durchschnittlich 10 Gütereinheiten hergestellt werden. Als

Kehrwert ergibt sich der Produktionskoeffizient des Faktors 2v , der angibt wie viele

Einheiten von 2v nötig sind, um eine Gütereinheit zu produzieren. Frau A berechnet:

10,0100

101 2

2

x

v

x.

Zur Herstellung einer Produkteinheit werden bei der gegebenen Faktorkombination 0,10 Einheiten 2v benötigt. Da A auch wissen möchte, welcher zusätzliche Ertrag auf

die zuletzt eingesetzte Einheit des Faktors 2v zurückzuführen ist, berechnet sie die

Grenzproduktivität des Faktors. Es ergibt sich:

8,0

2

8,0

1

2

2 2,0ˆ vvv

xx

.

Eingesetzt an der Stelle 2v = 10 und 1v = 177,83 beträgt die Grenzproduktivität:

00,21083,1772,0ˆ 8,08,0

2 x .

Die zuletzt eingesetzte Einheit erbrachte einen zusätzlichen Ertrag von 2 Einheiten. Ausgehend von der bekannten Faktormengenkombination ist Frau A abschließend da-ran interessiert, welche relative Reaktion bezüglich des Produktionsergebnisses zu er-warten ist, wenn es zu einer relativen Inputänderung des Faktors 2 kommt. Sie ermittelt die Elastizität des Faktors 2v :

2,010,000,22

2

2

22

x

v

v

x

v

vx

x

xv

.

25

Eine 1 %ige Erhöhung der Menge des Faktors 2v führt demnach zu einer 0,2 %igen

Erhöhung des Produktionsergebnisses. Der Output entwickelt sich demnach unterpro-portional.

3.3 Die Minimalkostenkombination

Es wird davon ausgegangen, dass die Inputfaktoren auf einem vollkommenen Markt gehandelt werden. Somit ist der Faktorpreis für ein einzelnes Unternehmen ein Datum, d. h. es kann den Preis durch seine Nachfrage nicht beeinflussen. Allerdings zeigt sich bei genauer Betrachtung, dass die Unternehmen nicht zwangsläu-fig für die Nutzung aller Faktoren zahlen müssen. Einige produktionsrelevante Fakto-ren, wie Straßen oder Luft, stehen ihnen kostenfrei zur Verfügung und gehen somit auch nicht in die Kostengleichung ein. Es ist deshalb sinnvoll, zunächst zwischen priva-ten und gesellschaftlichen Kosten zu unterscheiden. Private Kosten sind diejenigen Kosten, die im herstellenden Unternehmen anfallen. Gesellschaftliche Kosten entste-hen dagegen Dritten, wie der Gesellschaft oder der Gesamtwirtschaft. Typische gesell-schaftliche Kosten sind Kosten der Umwelt- und Gesundheitsbelastung. Sind die gesellschaftlichen Kosten höher als die privaten Kosten, dann wird das Gut „zu billig“ am Markt angeboten, was zur Kumulierung der gesellschaftlichen Kosten führen kann. Es wird deshalb seitens der Gesellschaft angestrebt, die gesellschaftlichen Kos-ten zu internalisieren, d. h. den Unternehmen zuzurechnen. R. Coase weist nach, dass sich externe Kosten internalisieren lassen, wenn es zu Verhandlungen zwischen Verur-sacher und Betroffenem kommt. Voraussetzung für den Verhandlungserfolg ist jedoch, dass eine der beiden Parteien die Eigentumsrechte am Gut erhält. Das Coase-Theorem besagt, dass es zur Internalisierung externer Kosten lediglich der eindeutigen Festlegung von Eigentumsrechten (und der Möglichkeit der Durchsetzbarkeit dieser Rechte) bedarf. In der Praxis erweist sich die Durchsetzung der Eigentumsrechte durchaus als schwierig, da im Einzelfall die mit einer Vertragsabwicklung verbundenen Transaktionskosten sehr hoch sein können. Ausgehend von einer konkreten Produktionsfunktion und unberücksichtigt möglicher

gesellschaftlicher Kosten, ergibt sich die Kostengleichung (K ) durch Bewertung der Faktoreinsatzmengen mit ihren Preisen (q). Für den Zwei-Faktoren-Fall lässt sich schreiben:

2211 qvqvK .

Durch Auflösen der Gleichung nach 2v entsteht die Isokostenlinie, der geometrische

Ort aller Faktorkombinationen, die die gleichen Kosten verursachen.

26

1

2

1

2

2 vq

q

q

Kv .

Der Schnittpunkt der Isokostenlinie mit der Abzisse gibt die Menge des Faktors 1v an,

die maximal gekauft werden kann, wenn die gesamten Kosten auf 1v entfallen. Analog

gibt der Ordinatenabschnitt die Maximalmenge von 2v an. Die Steigung der

Isokostenlinie entspricht dem Preisverhältnis der eingesetzten Faktoren. Gemäß dem ökonomischen Prinzip wird das Unternehmen stets bestrebt sein, eine ge-gebene Produktionsmenge mit minimalen Kosten zu produzieren (Minimalprinzip). Sollte dagegen der seltenere Fall eintreten, dass sich das Kostenbudget als Engpass erweist, dann greift das Maximalprinzip. Es bringt das Bestreben zum Ausdruck, bei gegebener Kostensumme die Produktionsmenge zu maximieren. Wird die Isokostenlinie in ein 21vv -Diagramm übertragen, dann zeigt sich, dass alle

Faktormengenkombinationen auf bzw. unterhalb der Isokostenlinie realisiert werden können.

Es soll nun, ausgehend von einer vorgegebenen Ausbringungsmenge, die Minimalkos-tenkombination bestimmt werden. Gesucht ist diejenige Faktormengenkombination,

die einen gegebenen Output mit minimalen Kosten produziert. Es gilt ( KKK ), d. h. die Kosten, die eine Isokostenlinie reflektiert, sind umso höher, je weiter diese vom Ursprung entfernt liegt. Genau wie in der Haushaltstheorie, ist es der Tangentialpunkt zwischen Isoquante und Isokostenlinie, der die kostengünstigste Variante markiert.

Isokostenlinien, die unterhalb der Linie K liegen, repräsentieren eine Kostenhöhe, die nicht ausreicht, um die benötigte Menge an Inputfaktoren zu erwerben. Erst mit der

Kostenhöhe K lässt sich die vorgegebene Produktmenge erzeugen. Dagegen entste-hen an den Schnittpunkten von Isokostenlinien und Isoquante Produktionskosten, die

höher sind als K (Punkt B) und damit nicht effizient sind.

B

v1

A

x

K K

K

v2

27

3.4 Die Angebotskurve der Unternehmen

Im Folgenden wird gezeigt, wie sich die Angebotsfunktion eines Unternehmens, d.h. der optimale Produktionsplan ableiten lässt. Bekanntlich verfolgen die Unternehmen das Ziel einer (langfristigen) Gewinnmaximierung. Deshalb müssen sie neben der Kos-tensituation auch die Erlösentwicklung berücksichtigen. Da sich der Gewinn (G) als Dif-ferenz zwischen Erlös (E) und Kosten (K) ergibt, lässt sich schreiben:

KpxKEG .

Ein rational handelndes Unternehmen, das mit seinem Angebot den Marktpreis nicht beeinflussen kann, wird sein Angebot solange ausdehnen, wie der Gewinn zunimmt. Erst wenn die Gewinnkurve ihr Maximum erreicht, der Grenzgewinn mithin gleich Null ist, ist die gewinnmaximale Produktionsmenge erreicht. Der Grenzgewinn (G ) lässt

sich aufgrund der ersten partiellen Ableitung der Gewinnfunktion:

x

GG

,

oder als Differenz zwischen Grenzerlös und Grenzkosten ermitteln:

KEG mit x

EE

.

Da im Gewinnmaximum der Grenzgewinn gleich Null ist, lässt sich formulieren:

KEKEG 0 .

Der Erlös bzw. der Grenzerlös berechnet sich als:

xpE ,

pKpx

EE

,

d. h. im Gewinnmaximum entspricht der Marktpreis den Grenzkosten. Ob es sich tat-sächlich um ein Gewinnmaximum, nicht um ein Gewinnminimum handelt, zeigt sich daran, dass die 2. partielle Ableitung der Gewinnfunktion kleiner Null ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Grenzkosten schneller steigen als der Grenzerlös, also im steigen-den Ast der Grenzkostenkurve.

28

Das Gewinnmaximum ist erreicht, wenn der Marktpreis p dem Grenzerlös entspricht,

also die Menge x produziert wird. Der Gesamtgewinn ergibt sich graphisch als Fläche zwischen Marktpreis und totalen Stückkosten, rechnerisch als Differenz der beiden Werte, multipliziert mit der Produktionsmenge. Das Unternehmen erzielt immer dann einen Gewinn, wenn der Marktpreis über dem Minimum der totalen Stückkosten, der Gewinnschwelle, liegt. Sinkt der Marktpreis unter diese Grenze, dann können nicht mehr alle mit der Produkti-on verbundenen Kosten gedeckt werden. Kurzfristig kann die Aufrechterhaltung der Produktion durchaus sinnvoll sein, wenn der Marktpreis höher als die variablen Stück-kosten ist. In diesem Fall sind zwar die Fixkosten nicht (vollständig) gedeckt, das Un-ternehmen kann den entstehenden Verlust jedoch kleiner halten, als er bei einer Ein-stellung der Produktion wäre. Erst wenn der Marktpreis unter das Minimum der variab-len Stückkosten fällt, entsteht durch die Produktion ein höherer Verlust als ohne Pro-duktion. Das Minimum der variablen Kosten wird aufgrund dieser Zusammenhänge als Produktionsschwelle bezeichnet. Die Angebotsfunktion eines Unternehmens ergibt sich als Teil der Grenzkostenfunktion, denn es gilt: 1. Für das Unternehmen ist es sinnvoll, die Produktion aufzunehmen, wenn der Markt-

preis über dem Minimum der variablen Stückkosten liegt. 2. Der Gewinn ist bei einem gegebenen Marktpreis immer dann maximal, wenn die

Menge produziert wird, für die sich Marktpreis und Grenzkosten entsprechen. Die Angebotsfunktion entspricht dem durchgezogenen Teil der Grenzkostenkurve. Da bei Produktionsmengen, die zwischen der Produktions- und der Gewinnschwelle liegen nicht alle Fixkosten gedeckt sind, kann dieses Produktionsniveau nur kurzfristig gehal-ten werden. Langfristig führt die Unterdeckung der Fixkosten zum Niedergang des Un-ternehmens.

k

kv

k

k

k

kv

p

p

x x

29

Die gesamtwirtschaftliche Angebotsfunktion ergibt sich, indem bei gegebenem Markt-preis die individuellen Angebotsmengen der Unternehmen addiert werden. Welche Re-aktion der Angebotsmenge auf eine relative Preisänderung zu erwarten ist, lässt sich mit Hilfe der Preiselastizität des Angebots ermitteln. Im Normalfall wird die Preiselas-tizität des Angebots ein positives Vorzeichen haben, da mit steigendem Marktpreis eine Ausweitung der Angebotsmenge einhergehen dürfte. Beispiel zur Bestimmung der optimalen Produktionsmenge: Unternehmerin A muss entscheiden, welche Menge ihres Produktes Z sie produzieren lassen soll. Der Marktpreis für das Gut beträgt 70 GE. Die Kostenfunktion bzw. die Er-lösfunktion lautet:

xxxK 1301880 23 ,

xE 70 .

Da im Gewinnmaximum der Grenzgewinn Null ist, bildet A die ersten partiellen Ablei-tungen der beiden Funktionen, setzt sie gleich und bestimmt dann die Produktionsmen-gen:

130363 2 xxx

KK

70x

EE

13036370 2 xx

603630 2 xx

20120 2 xx

k

kv

k

k

k

kv

x

Angebotsfunktion

30

21020366 212,1 xundxx

Im Fall der Produktionsmenge 22 x ist zwar die erste Bedingung KE erfüllt, nicht

aber die Bedingung, dass die zweite Ableitung der Gewinnfunktion kleiner Null ist. Die-se Bedingung wird nur von der Produktionsmenge 101 x erfüllt. Den maximalen Ge-

winn kann Unternehmerin A erzielen, wenn sie 10 Stück produziert.

4. Einführende Überlegungen zum Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage Bekanntlich treffen Marktteilnehmer ihre Angebots- bzw. ihre Nachfrageentscheidung zwar unter Berücksichtigung der herrschenden Preise, aber unabhängig von der jeweils anderen Marktseite. Wie sich der Preis auf Grundlage von Angebot und Nachfrage bil-det, soll nun unter der Bedingung eines vollkommenen Marktes untersucht werden. Da-bei erweist sich, dass der Preis eine Ausgleichsfunktion besitzt. Der Preis ist das Regu-lativ, das zum Marktgleichgewicht führt, in dem sich Angebots- und Nachfragemenge entsprechen. In der nachfolgenden Abbildung ist dieser Fall gegeben, wenn der Marktpreis dem Gleichgewichtspreis Gp entspricht. Das Marktgleichgewicht weist eine Reihe von Vor-

teilen auf:

Angebotene und nachgefragte Mengen stimmen überein.

Die umgesetzte Menge ist maximal.

Der Preis ist pareto-effizient, denn keine Marktseite kann besser gestellt werden, ohne die andere Seite schlechter zu stellen.

Die Summe aus Produzenten- und Konsumentenrente ist maximal.

Sollte der Preis, etwa aufgrund staatlicher Eingriffe, höher als der Gleichgewichtspreis sein, dann werden von den Produzenten mehr Güter angeboten, als nachgefragt wer-

Angebot

Nachfragep

x

p1

x A1x N1

pG

xG

31

den. Es besteht ein Angebotsüberhang (= Nachfragelücke) in Höhe der Differenz zwischen Ax1 und Nx1 . Liegt der Marktpreis hingegen unter dem Gleichgewichtspreis,

dann entsteht ein Nachfrageüberhang (= Angebotslücke), da zum niedrigeren Preis mehr Güter nachgefragt als angeboten werden. Ein Marktgleichgewicht muss sich aber nicht zwangsläufig einstellen. Angebots- und Nachfragekurve können so verlaufen, dass es keinen gemeinsamen Punkt gibt. Erst wenn sich die Angebotskurve, etwa aufgrund veränderter Produktionsprozesse, und/oder die Nachfragekurve, aufgrund einer Neubewertung des Produktnutzens, ver-schieben, stellt sich ein Gleichgewicht ein. Die Existenz eines Marktgleichgewichts be-deutet nicht, dass alle Produzenten ihre Güter verkaufen können, oder alle Konsum-wünsche befriedigt werden können. Nur jene Hersteller, die in der Lage sind, ihre Leis-tungen zum Marktpreis, oder darunter, anzubieten, kommen zum Zug. Dies sind Produ-zenten, die mit niedrigen Grenzkosten produzieren, die notwendigen Ressourcen effizi-enter einsetzen als die Wettbewerber. Ähnlich verhält es sich mit der Befriedigung der Nachfrage der Käufer. Nur jene Käufer erhalten das Gut, die bereit sind, einen Preis zu zahlen, der dem Marktpreis entspricht oder darüber liegt. Das sind jene Käufer, die den Nutzen des Gutes relativ hoch einschätzen. Der Vorteil, den beide Marktseiten durch die Abwicklung der Transaktionen über den Markt haben, kann durch die Konsumenten- bzw. Produzentenrente messen. In der Abbildung entspricht die Konsumentenrente der grauen Fläche. Alle Nachfrager links vom Gleichgewichtspunkt sind offensichtlich bereit, einen höheren Preis als den Markt-preis zu zahlen.

Die Differenz zwischen diesem Preis und dem Marktpreis kann aufgrund der Markt-transaktion gespart werden. Gleiches gilt für die Produzentenrente. Verschiedene An-bieter sind in der Lage, zu sehr niedrigen Grenzkosten zu produzieren und können ihre Produkte zu niedrigeren Preisen als dem Marktpreis anbieten. Wickeln diese Anbieter ihre Geschäfte allerdings über den Markt ab, erhalten sie den höheren Gleichgewichts-preis. Die Differenz zwischen dem individuellen Angebotspreis und dem Marktpreis

Angebot

Nachfrage

p

x

Konsumenten-rente

Produzenten-rente

pG

xG

32

ergibt die Produzentenrente, die als schraffierte Fläche dargestellt ist. Sie lässt sich auch als Gewinnüberschuss interpretieren. Wie hoch die Vorteile für Nachfrager und Anbieter sind, hängt vom Verlauf der Ange-bots- bzw. der Nachfragekurve ab. Generell nehmen die Renten mit der Steigung der Kurven zu, d. h. flache Kurvenverläufe ermöglichen nur geringe, steile dagegen deutlich höhere Renten. Beispiel zur Marktpreisbildung: Frau M arbeitet an der Frankfurter Börse als Kursmaklerin und betreut dort die Aktie Z. Nachfolgende Tabelle gibt die Kauf- und Verkaufsaufträge wieder.

Kurs der Aktie Z (GE) Kaufaufträge Verkaufsaufträge

100 3 1

105 6 5

110 14 8

115 10 8

120 5 10

125 3 10

130 2 6

135 2 4

Die Aufgabe von Frau M besteht darin, den Gleichgewichtspreis zu ermitteln, also jenen Preis, bei dem sich Angebot und Nachfrage entsprechen. Bei der Bestimmung des Gleichgewichtspreises ist zu berücksichtigen, dass bezüglich der Kaufaufträge der an-gegebene Kurs eine Preisobergrenze darstellt, wohingegen auf der Verkaufsseite die angegebenen Kurse als Preisuntergrenze fungieren. Deshalb ist es Frau M möglich, die Aufträge zu aggregieren. Wer beispielsweise seine Aktie zum Preis von 110 GE zum Verkauf stellt, ist auch bereit, einen Verkaufspreis von 120 GE zu akzeptieren. Entspre-chend wird ein Käufer, der einen Preis von 125 GE zu zahlen bereit ist, keinen Wider-spruch gegen einen Kaufpreis von 100 GE einlegen. Die aggregierten Werte sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst.

Nur wenn der Aktienkurs 115 GE beträgt, stimmen Angebot und Nachfrage überein, der Markt befindet sich im Gleichgewicht. Alle Transaktionen werden zum Marktpreis ab-

Kurs der Aktie Z (GE) Kaufaufträge Verkaufsaufträge

100 45 1

105 42 6

110 36 14

115 22 22

120 12 32

125 7 42

130 4 48

135 2 52

33

gewickelt. Bedient werden alle Käufer, die bereit sind, einen Preis von 115 GE und mehr zu zahlen und alle Verkäufer, die bereit sind, einen Preis von 115 GE und weniger zu akzeptieren.

4.1 Die Preiswirkung von Angebots- oder Nachfrageänderungen Die Existenz eines Marktgleichgewichts ist immer an eine bestimmte Ange-bots/Nachfrage-Konstellation gebunden. Ändern sich die Kurvenverläufe, dann stellt sich ein neuer Gleichgewichtspunkt ein. Die typischen Wirkungen von Verschiebungen sind, normal verlaufende Funktionen vorausgesetzt, in der nachfolgenden Abbildung dargestellt.

Angenommen, die Nachfrager schätzen den Nutzen eines Gutes höher als zuvor ein, dann verschiebt sich die Nachfragekurve nach rechts. Dies drückt die generelle Bereit-schaft der Käufer aus, einen höheren Preis für das Gut zu zahlen. Bei unverändertem Angebot kommt es zu einem neuen Gleichgewicht, in dem gegenüber der Ausgangssi-tuation sowohl die Gleichgewichtsmenge als auch der Gleichgewichtspreis gestiegen ist. Umgekehrt führt eine Verschiebung der Nachfragekurve nach links, zu einem nied-rigeren Gleichgewichtspreis und einer geringeren Gleichgewichtsmenge. Folgende Ursachen lassen sich für eine Verschiebung der Nachfragekurve ausmachen:

Die Zahl der Nachfrager hat sich geändert,

die Nutzeneinschätzung hat sich geändert,

das Einkommen der Nachfrager hat sich geändert,

die Preise komplementärer Güter haben sich geändert,

die Preise substitutiver Güter haben sich geändert. Auch angebotsseitig sind eine Reihe von Veränderungen auszumachen, die zu Ver-schiebungen der Lage der Angebotskurve führen. Dies können u. a. sein:

Veränderungen der Produktionstechnik und damit veränderte Grenzkosten,

Veränderungen des Wettbewerbs, insbesondere der Anbieterzahl,

Nachfrage

p

x

A1

A2

A3

p1

p3

p2

x1x3 x2

p

x

p1

p3

p2

x1x3 x2

Angebot

N1

N2

N3

34

Veränderungen der Faktorpreise

Veränderte Besteuerung des Gutes. So führt der Einsatz neuerer, effizienterer Produktionstechnologien zu einem Rückgang der Grenzkosten und damit zu einer Rechtsverschiebung der Angebotskurve. Ein neu-es Gleichgewicht stellt sich dann bei niedrigerem Preis und höherer Menge ein. Wird dagegen das Angebot eingeschränkt, etwa weil die Faktorpreise gestiegen sind, dann kommt es zu einem neuen Gleichgewicht links vom alten Punkt; es wird nun weniger Menge zu höheren Preisen über den Markt abgewickelt. Ähnlich wirkt sich die Einfüh-rung bzw. die Erhöhung einer direkt vom Produzenten abzuführenden Steuer. In den genannten Beispielen wird unterstellt, dass beide Marktseiten ohne Verzögerung auf die veränderte Situation reagieren. Im Folgenden sollen die Wirkungen einer Preiserhöhung auf die Nachfrage genauer untersucht werden. Um die einzelnen Zusammenhänge herausarbeiten zu können, wird der Gesamteffekt in seine Teileffekte zerlegt. Wie sich in der nachfolgenden Abbildung erkennen lässt, vollzieht sich der Übergang vom ursprünglichen Haushaltsoptimum zum neuen Gleichgewichtspunkt in zwei Schritten. Zunächst findet ein reiner Substitutionseffekt statt. Um diesen Effekt kenntlich zu ma-chen, wird unterstellt, dass der Haushalt für die Preiserhöhung durch eine Einkom-menserhöhung entschädigt wird. Die Einkommenserhöhung ist so hoch, dass der Haushalt weiterhin sein altes Nutzenniveau halten kann vgl. nachfolgende Abbildung).

In obiger Abbildung kommt diese Überlegung durch die Budgetlinie E zum Ausdruck. Ausgehend von der ursprünglichen Geraden E führt die Preiserhöhung des Gutes 2 zu einer Drehung der Budgetlinie. Die neue Budgetlinie E verläuft flacher. Dem Haus-halt ist es nicht mehr möglich, seine ursprüngliche Indifferenzkurve N zu erreichen. Die Budgetlinie E bringt die fiktive Subventionierung des Haushalts zum Ausdruck, denn erst ein gestiegenes Einkommen ermöglicht es, das Nutzenniveau N weiterhin

N

N

A

B

C

E

E

E

x2

x1

35

zu halten. Angesichts des neuen Preisverhältnisses fragt der Haushalt nicht mehr die ursprüngliche Gütermengenkombination A nach, sondern die Kombination B. In ihr ist weniger vom teureren Gut enthalten. Erklären lässt sich der Substitutionseffekt anhand des 2. Gossenschen Gesetzes. Das treuere Gut wird solange substituiert bis der Grenznutzen des Geldes in beiden Ver-wendungen wieder identisch ist. Angesichts der Preiserhöhung des Gutes und unter Berücksichtigung der abnehmenden Grenzrate der Substitution kann dies nur an einem Punkt der Fall sein, an dem weniger vom treueren Gut verwendet wird. Deshalb ist der Substitutionseffekt stets negativ. Der Haushalt fragt vom verteuerten Gut also stets we-niger nach. Im Gegensatz zum Substitutionseffekt ist der Einkommenseffekt nicht ein-deutig, sondern hängt von der Einkommenselastizität der Nachfrage ab. Tatsächlich realisiert der Haushalt Punkt C und nicht Punkt B, da in der Realität kein Einkommens-ausgleich stattfindet. Aufgrund der Preiserhöhung kann von beiden Gütern weniger nachgefragt werden. Die Mengenunterschiede zwischen Punkt B und Punkt C sind al-lein auf den Realeinkommensverlust zurückzuführen, den der Haushalt durch die Preiserhöhung erlitten hat. Im Normalfall führen Einkommens- und Substitutionseffekt zu einem Rückgang der Nachfrage des verteuerten Gutes. R. Giffen zeigte allerdings, dass es trotz Preiserhö-hung Fälle gibt, in denen von dem teureren Gut mehr nachgefragt wird. Er beobachtete dieses Phänomen bei armen Bevölkerungsschichten, die sich kaum Fleisch und Gemü-se leisten konnten. Wurde in diesem Umfeld der Brotpreis erhöht, wurde mehr Brot ge-kauft. Dies ist darauf zurückführen, dass die Haushalte nicht auf das absolut wesentlich teurere Fleisch bzw. Gemüse auszuweichen konnten. Um nicht zu hungern, kauften sie noch weniger Fleisch und Gemüse und dafür mehr Brot. In diesem als Giffensches Paradox bezeichneten Fall wird der negative Substitutionseffekt durch den Einkom-menseffekt überkompensiert.

4.2 Die verzögerte Anpassung an Preisänderungen In diesem Abschnitt soll mittels eines einfachen dynamischen Modells, dem Cobweb-Modell, gezeigt werden, wie sich ein neues Marktgleichgewicht im Einzelnen einstellt. Ursprünglich wurde das Cobweb-Theorem zur Erklärung zyklischer Schwankungen des Schweinepreises in den USA vor dem zweiten Weltkrieg entwickelt, was die Annahmen plausibel macht. Folgende Annahmen werden getroffen: 1. Das Angebot ist kurzfristig starr, da der Verkäufer das Gut sofort verkaufen muss.

Drohender Verderb der Ware wäre ein Grund für dieses Verhalten. 2. Der Produzent reagiert auf eine Änderung des Verkaufspreises nur verzögert, indem

er den zuletzt erzielten Preis als Kalkulationsgrundlage für die nächste Periode her-anzieht.

3. Die Käufer reagieren auf eine Preisänderung unmittelbar mit einer Anpassung ihrer Nachfragemenge.

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Der grundsätzliche Wirkungsmechanismus des Cobweb-Modells ist in nachfolgender Abbildung dargestellt.

Ausgehend von einer exogenen Änderung der Rahmenbedingungen, kommt es zu ei-ner Rechtsverschiebung der Nachfragekurve. Gehen die Produzenten weiterhin von einem Gleichgewichtspreis 1p aus, werden sie in der Folgeperiode die Menge 1x an-

bieten. Zu dem Zeitpunkt, an dem das Angebot auf den Markt kommt, sind die Käufer jedoch bereit, für die angebotene Menge einen höheren Preis zu zahlen. Die Verkäufer erhalten den höheren Preis, realisieren einen Zusatzgewinn, und produzieren aufgrund des erwarteten höheren Preises eine größere Menge des Gutes. Allerdings sind die Nachfrager in der nächsten Periode angesichts der gestiegen Produktionsmenge, die auf den Markt drängt, nicht bereit, die Preisvorstellungen der Produzenten zu teilen. Bei gegebener Angebotsmenge muss der Preis des Gutes sinken, damit es zu einem Marktausgleich kommt. Da die Produzenten diesen Preis wieder als Grundlage ihrer Überlegungen nehmen, wiederholt sich der Anpassungsprozess in den nächsten Perio-den. Ob sich letztlich ein neues Gleichgewicht einstellt, hängt von der Neigung der Ange-bots- bzw. der Nachfragekurve ab. Denkbar sind drei verschieden verlaufende Anpas-sungsprozesse, bei denen die Preiselastizitäten des Angebots bzw. der Nachfrage die entscheidende Rolle spielen:

Zu einer Konvergenz, d. h. einer Stabilisierung des Systems und einem neuen Gleichgewicht, kommt es immer dann, wenn die Angebotskurve steiler verläuft als die Nachfragekurve. Dieser Fall wurde in der vorhergehenden Abbildung dargestellt.

Verantwortlich für eine Differenz, d. h. eine Destabilisierung des Marktes, ist ein Ver-lauf der Nachfragekurve, der steiler ist als der der Angebotskurve. Dieser Fall könnte sich in der Praxis höchstens im Bereich von Spekulationsmärkten einstellen.

Ein Karussellmodell, in dem sich keine Veränderungen ergeben, d. h. keine Anpas-sung stattfindet, stellt sich immer dann ein, wenn sich die Steigungen der beiden

p

x

p1

p2

x1 x2

Angebot

N1

N2

37

Kurven entsprechen. Bei steigenden Preisen weiten die Verkäufer ihre Mengen ge-nau um die gleiche Menge aus, wie sie diese bei fallenden Preisen zurücknehmen.

Obwohl das Cobweb-Modell Anpassungsprozesse und deren Ursachen verdeutlichen kann, bleibt seine Aussagekraft beschränkt. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass Lernprozesse auf beiden Marktseiten ausgeschlossen bleiben.

4.3 Preisfindung bei atypischer Angebotsfunktion Geht man davon aus, dass die Angebotsmenge nicht in Abhängigkeit vom Preis variier-te werden kann (dies ist u. a. auf dem Wohnungsmarkt der Fall), dann ist das Angebot vollkommen preisunelastisch und die Angebotsfunktion verläuft parallel zur Preisachse. Wie die nachfolgende Abbildung zeigt kommt es wie in jedem Markt zum Gleichge-wicht, wenn sich Angebots- und Nachfragemenge entsprechen, wie dies in Punkt A der Fall ist. Untypisch ist jedoch die Reaktion auf Nachfrageänderungen. Verschiebt sich die Nachfragekurve (etwa aufgrund von veränderten Präferenzen, gestiegenem Ein-kommen u. ä.), dann steigt allein der Preis, es kommt nicht zu einer Ausweitung der Angebotsmenge. Die Angebotsfunktion verändert sich nur mittel- bis langfristig, wenn die entstandenen Zusatzgewinne neue Anbieter an den Markt locken und es dadurch zu einer Ausweitung des Angebots kommt.

4.4 Die Wirkung von Steuern auf das Marktgleichgewicht Je nachdem Steuern beim Konsumenten oder beim Produzenten erhoben werden, führt dies zu Veränderungen der Angebots- bzw. Nachfragefunktion.

p

x

Nachfrage (alt)

Angebot

A

B

altp

neup

x

Nachfrage (neu)

38

Geht man davon aus, dass die Steuer als Mengensteuer beim Produzenten erhoben wird (z. B. Mineralölsteuer, Tabaksteuer u. a.), dann verschiebt sich die Angebotsfunk-tion nach oben, da die Steuern in die Kostenrechnung einfließen und Grenzkosten ent-sprechend erhöhen. Wie in nachfolgender Abbildung zu sehen ist, kommt es zu einem neuen Gleichgewicht, das oberhalb des alten Gleichgewichtspreises liegt. Durch die Steuer steigt der Preis des Gutes und damit geht die Nachfrage entsprechend zurück.

4.5 Die Wirkung von staatlichen Mindest- bzw. Höchstpreisen Vereinzelt greift der Staat in einen Markt ein, um eine der beiden Marktseiten zu „schüt-zen“. Im Fall des EU-Agramarkts soll den Produzenten durch das Festlegen von Min-destpreisen die Existenz gesichert werden. Die Verordnung von Mindestpreisen führt, wenn diese oberhalb des Gleichgewichts-preises liegen zu einem Auseinanderfallen von Angebot und Nachfrage (vgl. vorherge-hende Abbildung). Zu dem gegebenen Preis werden die Produzenten eine größere Menge produzieren als die Konsumenten bereit sind zu konsumieren. Normalerweise kann ein solches Ungleichgewicht nicht gestehen, da der Markt zum Ausgleich tendiert. Soll der Mindestpreis gehalten werden, dann muss der Staat den Angebotsüberschuss vom Markt nehmen. Sollte der Staat aus politischen Gründen versuchen die Preise für ein Gut niedrig zu halten, so kann er Höchstpreise verordnen. Auch in diesem Fall ent-steht ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage, nur das die Nachfrage das Angebot übersteigt. Der Staat muss den Nachfrageüberhang decken, etwa indem er die Güter teuer kauft und zum Höchstpreis verkauft. Ansonsten würde der Nachfrageüber-hang zum Entstehen von Schwarzmärkten führen, die dann die Nachfrage decken.

p

x

Nachfrage

Angebot (neu)

A

B altp

neup

neux

Angebot (alt)

altx

t

39

p

x

A

B

p

Nx

Angebot

x

Nachfrage

minp

Ax

C