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© 2004 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Nr. 1 | 35. Jahrgang 2004 | Phys. Unserer Zeit | 47 | MAGAZIN Wie im letzten Beitrag erwähnt, war Rumford auch an der ökonomischen Optimierung von Lichtquellen inte- ressiert, nicht zuletzt, um die von ihm eingerichteten Arbeitshäuser effizien- ter betreiben zu können. In diesem Zusammenhang stellte sich die Schwierigkeit, wie die Lichtausbeute einer Lampe zu bewerten ist. Hierfür entwickelte Rumford ein Photometer, das er 1792 in Briefen an den Präsi- denten der Londoner Royal Society beschrieb. Bei diesem Gerät wurden zwei Lichtquellen miteinander verglichen. Hierfür stellte man sie zunächst in gleichen Abständen unter einem Win- kel von 60° von einer Projektions- fläche so auf, dass sich die Lichtwege kreuzten. Dann wurde jeweils ein Metallblech in den Lichtweg jeder Quelle gebracht, so dass ihr Licht nur noch in den Schatten der anderen fiel. Jetzt zu beobachtende Helligkeits- unterschiede wurden durch ein Ver- schieben der Lampen kompensiert. Wenn das Licht beider Lampen auf dem Schirm die gleiche Helligkeit be- saß war der Abstand ein Maß für die Qualität der Lichtquelle (Abbildung 1). Für zukünftige Untersuchungen schlug Rumford vor,eine so genannte Argand-Lampe als Standardkerze zu verwenden. Die von dieser Lampe ausgestrahlte Lichtintensität sollte also als Vergleichsmaßstab verwendet werden. Diese Petroleumlampe hat einen röhrenförmigen Docht und eine besondere Luftzufuhr. Auch wenn diese Lampe sehr gleichmäßig zu brennen scheint zeigten doch spätere Untersuchungen, dass die ab- gegebene Lichtleistung keineswegs absolut konstant ist. Bis zur ersten Hälfte des 20. Jahr- hunderts wurden weitere Lampen- typen als Standard vorgeschlagen und teilweise auch eingeführt. Erst da- nach wurde die Lichtstärke über ei- nen Schwarzen Strahler definiert. Mittlerweile geschieht dies über eine Lampe, die monochromatisches Licht mit einer Wellenlänge von etwa 555 nm abstrahlt und eine bestimmte Strahlstärke erreicht. Die Idee der Standardkerze findet auch in einem völlig anderen Bereich Verwendung, nämlich in der Astrono- mie. Hierbei wird allerdings Rum- fords Messprinzip umgekehrt. Die Messungen dienen jetzt der Bestim- mung von Entfernungen. Eine dieser modernen Standardkerzen sind Supernovae eines bestimmten Typs. Sie entstehen in einem Doppel- sternsystem, in dem ein kompakter Stern Masse von seinem Begleiter ab- zieht. Hat der Stern eine bestimmte Masse erreicht, kommt es zu einer thermonuklearen Kettenreaktion und der Stern explodiert. Die dabei frei- gesetzte Energie ist für jede Explosion etwa gleich. Aus der wahrgenomme- nen Helligkeit lässt sich dann prinzi- piell der Abstand der Supernova zur Erde errechnen. Untersuchungen mit Supernovae als Standardkerzen haben jüngst zu der Hypothese geführt, dass das Uni- versum unter dem Einfluss einer Dunklen Energie beschleunigt expan- diert. Wie bei Rumfords Standardkerze ist aber auch hier noch nicht allge- mein akzeptiert, dass die gemachten Annahmen über die Konstanz der abgestrahlten Energien bei einer Supernova tatsächlich streng gelten. Literatur S.C. Brown (Hg.), The collected Works of Count Rumford. Band 1, Cambridge (Mass.), Belknap, 1968. S. F. Johnston, Science in the Shadows: A history of light and colour measurement. Bristol, Institute of Physics Publ., 2001. C.J. Hogan, R.P. Kirshner, N.B. Suntzeff, Spektrum der Wissenschaft 1999, (3), 40. Internet www.pnas.org/cgi/content/full/96/8/4224 www.astronews.com/news/artikel/2000/08/ 0008-004.shtml www.ptb.de/de/wegweiser/einheiten/si/ candela.html Peter Heering, Uni Oldenburg PHYSIK GESTERN UND HEUTE | Vom Arbeitshaus zur Supernova In der letzten Ausgabe stellten wir einige Arbeiten des Grafen von Rumford vor. Unter seinen vielfältigen Entwicklungen findet sich auch die Beschreibung eines der ersten Photometer. Diese Arbeiten aus dem Jahre 1792 führten letztlich zu einer Definition der Lichtstärke, die lange Zeit gebräuchlich war. Rumfords Konzept der Standardkerze findet sich heute unter anderem in der Astronomie wieder. ABB. 1 | CAD-DARSTELLUNG Diese CAD-Darstellung zeigt Rumfords Photometer, wie es an der Universität Oldenburg demnächst nachgebaut wird. Erkennbar die beiden Eingangs- strahlen (unten) und die Blenden vor der Austrittsöffnung (Grafik: H. Koch). Abb. 2 Supernovae vom Typ Ia dienen den Astronomen als Standardkerzen für die Entfernungsbestimmung. Diese Supernova (rechts) beobachteten Astronomen der Europäi- schen Südsternwarte im Jahre 2001.

Vom Arbeitshaus zur Supernova

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© 2004 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Nr. 1 | 35. Jahrgang 2004 | Phys. Unserer Zeit | 47

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Wie im letzten Beitrag erwähnt, warRumford auch an der ökonomischenOptimierung von Lichtquellen inte-ressiert, nicht zuletzt, um die von ihmeingerichteten Arbeitshäuser effizien-ter betreiben zu können. In diesemZusammenhang stellte sich dieSchwierigkeit, wie die Lichtausbeuteeiner Lampe zu bewerten ist. Hierfürentwickelte Rumford ein Photometer,das er 1792 in Briefen an den Präsi-denten der Londoner Royal Societybeschrieb.

Bei diesem Gerät wurden zweiLichtquellen miteinander verglichen.Hierfür stellte man sie zunächst ingleichen Abständen unter einem Win-kel von 60° von einer Projektions-fläche so auf, dass sich die Lichtwegekreuzten. Dann wurde jeweils einMetallblech in den Lichtweg jederQuelle gebracht, so dass ihr Licht nurnoch in den Schatten der anderenfiel. Jetzt zu beobachtende Helligkeits-unterschiede wurden durch ein Ver-schieben der Lampen kompensiert.Wenn das Licht beider Lampen aufdem Schirm die gleiche Helligkeit be-saß war der Abstand ein Maß für dieQualität der Lichtquelle (Abbildung 1).

Für zukünftige Untersuchungenschlug Rumford vor, eine so genannteArgand-Lampe als Standardkerze zuverwenden. Die von dieser Lampeausgestrahlte Lichtintensität solltealso als Vergleichsmaßstab verwendetwerden. Diese Petroleumlampe hateinen röhrenförmigen Docht undeine besondere Luftzufuhr. Auchwenn diese Lampe sehr gleichmäßigzu brennen scheint zeigten doch spätere Untersuchungen, dass die ab-gegebene Lichtleistung keineswegsabsolut konstant ist.

Bis zur ersten Hälfte des 20. Jahr-hunderts wurden weitere Lampen-typen als Standard vorgeschlagen undteilweise auch eingeführt. Erst da-nach wurde die Lichtstärke über ei-nen Schwarzen Strahler definiert.Mittlerweile geschieht dies über eineLampe, die monochromatisches Lichtmit einer Wellenlänge von etwa 555 nm abstrahlt und eine bestimmteStrahlstärke erreicht.

Die Idee der Standardkerze findetauch in einem völlig anderen BereichVerwendung, nämlich in der Astrono-mie. Hierbei wird allerdings Rum-fords Messprinzip umgekehrt. DieMessungen dienen jetzt der Bestim-mung von Entfernungen. Eine diesermodernen Standardkerzen sindSupernovae eines bestimmten Typs.Sie entstehen in einem Doppel-sternsystem, in dem ein kompakter

Stern Masse von seinem Begleiter ab-zieht. Hat der Stern eine bestimmteMasse erreicht, kommt es zu einerthermonuklearen Kettenreaktion undder Stern explodiert. Die dabei frei-gesetzte Energie ist für jede Explosionetwa gleich. Aus der wahrgenomme-nen Helligkeit lässt sich dann prinzi-piell der Abstand der Supernova zurErde errechnen.

Untersuchungen mit Supernovaeals Standardkerzen haben jüngst zuder Hypothese geführt, dass das Uni-versum unter dem Einfluss einerDunklen Energie beschleunigt expan-diert.

Wie bei Rumfords Standardkerzeist aber auch hier noch nicht allge-mein akzeptiert, dass die gemachtenAnnahmen über die Konstanz der abgestrahlten Energien bei einer Supernova tatsächlich streng gelten.

LiteraturS.C. Brown (Hg.), The collected Works of CountRumford. Band 1, Cambridge (Mass.), Belknap,1968.S. F. Johnston, Science in the Shadows: A historyof light and colour measurement. Bristol, Institute of Physics Publ., 2001.C.J. Hogan, R.P. Kirshner, N.B. Suntzeff, Spektrum der Wissenschaft 11999999,, (3), 40.

Internetwww.pnas.org/cgi/content/full/96/8/4224www.astronews.com/news/artikel/2000/08/0008-004.shtmlwww.ptb.de/de/wegweiser/einheiten/si/candela.html

Peter Heering, Uni Oldenburg

PH YS I K G E S T E R N U N D H EU T E|Vom Arbeitshaus zur Supernova In der letzten Ausgabe stellten wir einige Arbeiten des Grafen von Rumford vor. Unter seinen vielfältigen Entwicklungen findet sich auchdie Beschreibung eines der ersten Photometer. Diese Arbeiten aus dem Jahre 1792 führten letztlich zu einer Definition der Lichtstärke, die lange Zeit gebräuchlich war. Rumfords Konzept der Standardkerzefindet sich heute unter anderem in der Astronomie wieder.

A B B . 1 | C A D - DA R S T E L LU N G

Diese CAD-Darstellung zeigt RumfordsPhotometer, wie es an der UniversitätOldenburg demnächst nachgebautwird. Erkennbar die beiden Eingangs-strahlen (unten) und die Blenden vorder Austrittsöffnung (Grafik: H. Koch).

Abb. 2 Supernovae vom Typ Ia dienen den Astronomen alsStandardkerzen für die Entfernungsbestimmung. DieseSupernova (rechts) beobachteten Astronomen der Europäi-schen Südsternwarte im Jahre 2001.