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03.04.2017 1 Warum kann man Gehirne nicht klonen? Neuronale Grundlagen vom Lernen und Gedächtnis Ich (wir, die Anderen) Gesellschaft Familie Gemeinschaft Organ Kultur Neuronaler Schaltkreis Neuron Genom Proteom Wer bin ich? 20 Jahre KlonSchaf Dolly 24.2.1997 Worüber ich sprechen will 1. Experimentelle Gedächtnisforschung 2. Was wissen wir über Gene und Gedächtnis 3. Spezielle Leistungsfähigkeit jugendlicher Gehirne

Warum kann man Gehirne nicht Neuronale Grundlagen Gedächtnis · 03.04.2017 2 Gedächtnissport Dezimalziffern merken in 1 Sekunde Weltrekord gehalten von Miguel Ángel Vergara (Spanien)

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03.04.2017

1

Warum kann man Gehirne nicht klonen? 

Neuronale Grundlagen vom Lernen und Gedächtnis

Ich (wir, die Anderen)

Gesellschaft

Familie

Gemeinschaft

Organ

Kultur

Neuronaler Schaltkreis

Neuron

Genom

Proteom

Wer bin ich?

20 Jahre Klon‐Schaf Dolly

24.2.1997

Worüber ich sprechen will

1. Experimentelle Gedächtnisforschung2. Was wissen wir über Gene und Gedächtnis3. Spezielle Leistungsfähigkeit jugendlicher Gehirne

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2

GedächtnissportDezimalziffern merken in 1 Sekunde

Weltrekord gehalten von Miguel Ángel Vergara (Spanien)

5863541684711848481675

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3

5863541684711848481675

Menschliche Gehirne sind die Besten, oder etwa nicht?

Youtube , National Geographic

Das humane Gehirn ist auf Langzeitgedächtnis optimiert um:

• In hochkomplexen sozialen Umgebungen zu funktionieren.

• Erfahrungen lange zu speichern und sogar an die nächste Generation weiterzugeben (Sprache).

• Imitation zu lernen

Die spezielle Bedeutung unseres Langzeitgedächtnisses 

Kollektives humanes Wissen wird zunehmend ausgelagert

Ein Teil des CERN Rechenzentrums

Nuclearforum.ch

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4

Lernen und Gedächtnis

Gehirn

ErfahrungVerhalten

Reaktion (ms)

Muskel Gehirn

Erfahrung Verhalten

SensorischesOrgan

Muskel

Emotion

ErwartungAssoziation

GehirnVerarbeitungbraucht Zeit (sec‐ Tage)

SensorischesOrganLernen

Konsolidierung

Retrieval

Langzeitgedächtnis im Tiermodell

http://mouse‐agility.com

Wo wird Langzeitgedächtnis erstellt und gelagert?

Großhirnrinde

Hippokampus

Lashley’s Engram

Keine einzelne Läsion oder Kombinationvon Läsionen verschlechterte die Gedächtnisleistung.

Die Gedächtnisleistung ist über die Großhirnrinde verteilt.

Je größer die Großhirnrinde, desto besser die Gedächtnisleistung.

Was passiert, wenn man Verbindungen zwischen den Teilen der Großhirnrinde durchtrennt oder Teile der Großhirnrinde entfernt?

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5

Patient HM und der Hippokampus

Unbehandelbare Epilepsie

Teile des Schläfenlappens wurden beidseitig entfernt

HM wurde weitgehend anfallsfrei

IQ stieg an

Kindheitserinnerungen und Schulwissen intakt    Aber: er war außerstande, sich an irgendetwas, das er nach der Operation erlebte zu erinnern.

Der Eingriff zerstörte sein explizites Gedächtnis für neue Erfahrungen: er erlitt eineanterograde Amnesie.

http://ahrp.org

Wo wird Langzeitgedächtnis erstellt und gelagert?

Großhirnrinde

Hippokampus

Gedächtnis erstellenKurzzeitgedächtnis in Langzeitgedächtnis überführen

Gedächtnis verteilen und speichern

„Bottom Up“ Ansatz der Neurowissenschaften

Die Nervenzelle ist die funktionelle Einheit des Nervensystems

Hypothese: 

Wenn wir verstehen, wie Neuronen funktionieren und  miteinander  kommunizieren, verstehen wir auch die „höheren Funktionen“ des Gehirns

Zellulärer Aufbau der Großhirnrinde(Cortex)

Zeichnung von S. Ramón y Cajal

(nach Spektrum der Wissenschaft)

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6

Informationsfluss im Nervensystem

„elektrisch“ chemisch „elektrisch“

Synapse

präsynaptisch postsynaptisch

Neurotransmission = BiochemieGrundlage von „elektrischer“ Aktivität im Gehirn sind biochemische Prozesse, bei denen Ionen als Ladungsträger transportiert werden. 

Höhere Gehirnfunktionen beruhen auf dem hoch‐koordinierten Öffnen und Schließen von Ionenkanälen in miteinander verbundenen Nervenzellen

Kalium‐Ionenkanal

Seitenansicht Extrazelluläre Ansicht

Kuo et al. Science. 2003 :1922‐6.

Sigmund Exner (1895): Idee eines lernenden neuronalen Netzwerkes

Bereits eine 5x5 Matrix hat 225 oder ungefähr 30 Millionen Kodes 

Output    Verhalten

Input  Erfahrung    Synaptische MatrixGedächtnisspeicher

Neuronale Netzwerke sind  hocheffiziente Informationsspeicher 

Die Kortikale Säule• Verarbeitungs‐ und Speichereinheit im Großhirn• Zelluläres Substrat für „Erfahrungen“ und Gedächtnis • Enthält „Neuronale Ensemble“• ca. 100 Nervenzellen / Säule• ca. 20.000.000  Säulen /Kortex

Modell (Blue Brain Project)

Nervenzellen sind nicht immer oder gleichmäßig aktivSie werden durch gleichzeitige Aktivität funktional zu Netzwerken verbundenTiming der Nervenzell‐Aktivierung ist wichtig 

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Neuronale Ensemble

Gedächtnis ist als gleichzeitige Aktivierung und Re‐aktivierung von synaptisch verbundenen Nervenzellen (Ensembles) kodiert.

Lernen

Speichern

Abrufen

Informationsverarbeitung im Nervensystem

Information ist in der Anzahl, Anordnung und Stärke synaptischer Verbindungen zwischen Nervenzellen kodiert.

Die zu Netzwerken verbundene Nervenzellen können direkt nebeneinander oder weit von einander entfernt liegen.

Neuronale Netzwerke verändern sich ständig

Synapsen werden gebildet und gehen verloren(zwischen 1‐15% am Tag in der Großhirnrinde)

Einzelne Synapsen werden stärker oder schwächer1010 ‐1011 Nervenzellen103‐105 Synapsen je Nervenzelle

Neuronale Plastizität• Das Gehirn wird ständig in seiner Feinstruktur verändert.• Dies geschieht in Abhängigkeit von den Erfahrungen, die wir machen.

enriched isolated

Enriched Environments

Was sind „Erfahrungen“ 

• Erfahrungen sind komplexe biochemische Ereignisse.• Erfahrungen werden durch Neurotransmission in Strukturveränderungen der Nervenzelle übersetzt.

• Dies verändert die „Netzwerkeigenschaften“ von Neuronen in neuronalen Ensembles.

• Wie geht das?

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Konvergenz an Pyramidenzellen

Wo ? Wer?Was?

Neu ?

Wichtig ? Gefährlich?

Sensorische OrganeGedächtnis

Limbisches System

Sinnvolle Reize kommen gleichzeitig an

Nur gemeinsam sind sie stark genug, die Zelle zuaktivierenAktionspotential

Ja ?  Nein?

Koinzidenz und Summation

Präsynapse PostsynapseDie postsynaptische Zelle wird nur aktiv nach starkem Input, d.h. wenn genügend viele präsynaptische Zellen gleichzeitig (d.h. innerhalb von Millisekunden) ein Aktionspotential feuern.

Wenn dies geschieht ist die Verbindung „sinnvoll“.

Die Hebb´sche Voraussage fürSynapsen

excited

+++++++++++++++++++++++++- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

SynapseStrengthened

inactive active

excited

+++++++++++++++++++++++++- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

SynapseWeakened

Synapsen / Ensembles verändern sich ständig, je nach Gebrauch.

Sie können stärker oder auch schwächer werden.

Sinnvolle Synapsen werden verstärkt.

Sinnvoll ist, wenn die präsynaptische Zelle und die postsynaptische Zelle gleichzeitig aktiv sind.

Hebb´sche Kompetition

Die „Verkabelung“ des Gehirns wird von elektrischer Aktivität reguliert

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Langzeitpotenzierung von Synapsen

Hippokampus

CA3 

CA1

Input

Output

StimulusAbleitung

Stimulus Ableitung

Stimulus Ableitung

schwach

schwach

stark

AP

1

2

3

LTP und LTD als Modell für´s Lernenund Vergessen

Lernen

Vergessen

Langzeitpotenzierung (LTP)

Langzeitdepression (LTD)

Stärke der synaptischen Antwort auf einen Reiz

LTP hat zwei Phasen

Late‐LTP korreliert mit Langzeitgedächtnis (Stunden bis Tage)Genexpression verändert sich. Proteine werden neu hergestellt. Es bilden sich neueSynapsen aus.

Early‐LTP (bis 1h post‐stimulation) korreliert mit KurzzeitgedächtnisBereits vorhandene Proteine werden verändert (z.B Protein Phosphorierung) und vorhandene Synapsen werden schnell stärker.

LTP stimuliert Synapsenbildung imHippocampus

Engert und Bonhoeffer, Nature 1997

Synaptogenese

Vor LTP

Nach LTP

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Neuronale Plastizität• Das Gehirn wird ständig in seiner Feinstruktur verändert• Dies geschieht in Abhängigkeit von den Erfahrungen, die wir machen.

enriched isolated

„Enriched Environments“

• Ionenkanäle öffnen/schließen sich innerhalb von Millisekunden

• Timing (Koinzidenz) der Aktivität von Prä‐ und Postsynapse erlaubt Assoziation verschiedener Reize

• E‐LTP Aktivitäts (= Aktionspotential) abhängige Modifikation von Synapsen. 

• L‐LTP Gene werden aktiviert, Proteine translatiert

• Synapsen entstehen und vergehen

• Dendriten werden kürzer oder länger

• Neuronale Ensemble entstehen oder werden modifiziert

Langzeitgedächtnis: Moleküle und Mechanismen

Wie bin ich geworden wer ich bin?

Sind meine Gene bestimmend? 

Nature

Oder meine individuellen Erfahrungen? 

Nurture

Wird meine Gedächtnisleistung durch meine Gene bestimmt?

Menschliche Genome sind zu 99,9% identisch.

Aber etwa 3.000.000 Basenpaare sind variabel.

Humangenetische Analysen und Zwillingsforschung weisen auf den Einfluss einzelner Gene auf zahlreiche Gehirnfunktion und Fehlfunktionen hin.

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11

Genom‐weite Assoziationsstudie (GWAS) der Schizophrenie

S Ripke et al.doi:10.1038/nature13595

Wahrscheinlichkeitder Assoziation

Platzierung im Genom

Signifikanzschwelle

108 Loci sind signifikant

Genom‐weite Assoziationsstudie (GWAS) der Gedächtnisleistung

Wahrscheinlichkeitder Assoziation

Platzierung im Genom

Signifikanzschwelle0 Loci sind signifikant

Molecular Psychiatry;doi:10.1038/mp.2016.45

Einer der Risiko‐Loci der Schizophrenie ist SATB2

S Ripke et al.doi:10.1038/nature13595

Wahrscheinlichkeitder Assoziation

Platzierung im Genom

Signifikanzschwelle

SATB2Chromosom 2

Special AT‐rich Sequence Binding Protein 2

• Protein im Zellkern, 733 Aminosäuren, nur 3 Aminosäuren sind zwischenMensch und Maus unterschiedlich

• Homeodomänen Protein = DNA‐bindendes Protein

• Adulte ZNS Expression: Cortex und Hippokampus CA1 Satb2

Jaitner et al. eLIFE 2016

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12

Satb2 regelt die 3D‐Struktur der DNA 

HD  homeodomainCUT 1/2   CUT domainsCUTL CUT‐like domainULD  ubiquitin‐like domain

TetramerDimer

Monomer

DNA strand 1

DNA strand 2

Modified after Wang et al. 2014

DNA

Satb2 Konditionale Maus Mutante

Ctrl

DAPI Satb2 Merge

DAPI Satb2 Merge

cKO

Satb2flox/flox::Camk2a‐Cre

cKO

Ctrl

DAPI Satb2 Merge

DAPI Satb2 MergeJugendliche Maus

Erwachsene Maus

“Freezing” als Mass für Gedächtnisbildung

“Furchtkonditionierung”: ein Modell für Gedächtnisbildung

Satb2 cKO Mäuse zeigen defektesLangzeitgedächtnis

Collaboration with N. Whittle and N. Singewald

cKOCtrl

Kurzzeitgedächtnis Langzeitgedächtnis

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13

Das Langzeitgedächtnis wird durchSatb2 Re‐Expression korrigiert

“Rescue” der Satb2 Expression “Rescue” der Gedächtnisfunktion

RedDot Satb2

V5Merge

Collaboration with N. Whittle, N. Singewald

Satb2 cKO Mäuse haben defektes“late‐LTP”

Collaboration with M. Korte

50

100

150

200

0 30 60 90 120 150 180 210 240

EPS

P sl

ope

[mV/

ms]

Time [min]

TBS

cKOCtrl

Early LTP ist intakt (Korrelat zum Kurzzeitgedächtnis) Late LTP ist defekt (Korrelat zum Langzeitgedächtnis)

Satb2 ist Teil eines “Feedback‐Loops” zwischen Synapsen und Zellkern

Jaitner et al. eLife.17361

Satb2

miRNAs

Neuronale Aktivität

Lokale Proteinsynthese

L‐LTPL‐LTP

Long‐term memoryLong‐term memory

SATB2‐associated syndrome (SAS)Entwicklungsverzögerung, schwere geistige Behinderung, kein oder kaumSpracherwerb

NCULD

CUTLCUT1 CUT2

HD

de novo Punktmutationen in SAS Patienten

SATB2 und kognitive Leistung

SATB2 als “risk locus" für SchizophrenieSNP Rs6704641, P‐value 8.333e‐9

(Schizophrenia Working Group of the Psychiatric Genomics Consortium, 2014)

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Gedächtnis und Gene• Die  „Intelligenz“‐Gene haben 

generelle neurobiologische Funktionen.

• Sie erklären die Diversität der individueller kognitiver  Leistungen menschlicher Gehirne nicht oder kaum. 

• Die Genetische Diversität von Homo sapiens ist überraschend gering.

• Die beobachtete Säkulare Erhöhung des IQ (auf ca. 130%) innerhalb von ca. 100 Jahren spricht deutlich für einen starken Einfluss der Umwelt (Komplexe Umwelt  und Ernährung).

Ebenen der Gedächtnisregulation

Lernen und Gedächtnis in der Jugend: Die magischen Jahre

Erfahrungen haben in verschiedenen Lebensaltern unterschiedliches Gewicht.Jugendliche Gehirne sind anders.

https://www.youtube.com/watch?v=VaDlLD97CLM

Der kindliche Kortex enthält die meisten Synapsen

Neugeboren 2 Jahre 6 Jahre 14 Jahre

Kritische Perioden der Gehirnentwicklung

Die Feinstruktur und Funktion des jugendlichen ZNS wird durch“Erfahrungen” besonders stark bestimmt.

Diese Erfahrungs‐abhängigensynaptischen und morphologischenModifikationen sind oft (mehr oderweniger) beschränkt auf spezifischeEntwicklungsphasen (critical periods).

VerschiedeneGehirnteile/Netzwerke habenjeweils ihre eigene “critical period”.

Kindesalter

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Warum sind kritische Perioden so wichtig?

• Sie bilden ein wichtiges Interface von Nature and Nurture

• Ein Individuum ist durch Genetik und Evolution ausgerüstet mit einer basalen neuronalen Maschinerie. 

• Es trifft nun auf sein spezifisches soziokulturelles Umfeld und macht essentielle Erfahrungen. 

• Dies übt mechanistisch beschreibbare biologische Wirkungen auf das sich entwickelnde Gehirn aus.

• Wenn Erfahrungen zu den vom Organ vorgegebenen Entwicklungszeitpunkten nicht gemacht werden, sind sie  hinterher nicht oder nur sehr schwer ersetzbar.

• Die während dieser Perioden abgespeicherte Erfahrungen sind anatomisch im Gehirn verankert und nur noch schwer zu modifizieren.

Adulte Nervenzelle eingebettet in ein „PerineuronalesNetzwerk“ aus Inhibitoren neuronalen Wachstums können ihre Morphologie nur noch geringfügig verändern.   

Kritische Perioden werden aktiv beendet 

Massey, et al., The Journal of Neuroscience 2006, 26(16): 4406‐4414.

Ausbildung einmal anders verstanden

Gehirnreifung im „Teen“‐Alter

NIMH https://www.youtube.com/watch?v=Gnm8f76zx0g

Primum non nocere

Vermeidung von „toxischem“ Stress bei Kindern

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Manche Erfahrungen sind unersetzlich Manche Erfahrungen verändern das 

Gehirn für immer

Vergleichskind Straßenkind

Armut und Kognition

>60  X‐sektionale Studien belegen einen Zusammenhang zwischen Armut und Schulleistung

Effect size 0.5‐1 SD    (Lancet child development series Paper 2)

15 of 16 Interventionsstudien belegen positive Effekte für die Entwicklung armer Kinder durch

kognitive Stimulation“Environmental Enrichment” für

Kinder

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1 2 3 4 5 6 7 8 9

Sprachverständnis bei 18 Monate altenBangladeshi Kindern in Abhängigkeit

von der Anzahl ihrer Spielzeuge

p=0.001, (n=786)Hamadani et al. 2009

Entwicklungstypisches Alter

Chronologisches  Alter

Die Bedeutung frühkindlicher Erfahrungen für die Entwicklung

Hochrisiko Umgebung

Typische Umgebung

Ramey et al, 2000, Applied Developmental Science

Abecedarian (Child learning the Alphabet) Project  http://abc.fpg.unc.edu/ 

Seit 1972 in North Carolina

Vorschulbehandlung im “Abecedarian Project” 

Mit Intervention

Ohne Intervention

Ergebnisse des Abecedarian ProjektesFür die Phase zwischen 18 Monaten bis 21 Jahren

• Intelligenz (IQ)• Lese‐/Mathematik Fähigkeiten• Kontroll‐Überzeugung• Soziale Kompetenz• Jahre in der Schule/College• Vollzeit‐Beschäftigung

• Wiederholungsklassen• Sonderschulerziehung• ungewollte Schwangerschaften• Rauchen/Drogenmißbrauch

Für die Phase bis 36 Jahre

• Bluthochdruck • Risiko für koronare 

Herzerkrankungen

Ramey et al, 2000Campbell F. et al. 2014 Science,. 

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$1

$1

$1

$1

$1

$1Perry Preschool

Chicago Child ParentCenter

Abecedarian

Head Start*

PEIP (high risk)

PIDI

Cost Total Estimated Benefits

Kosten und Nutzen von “Early Intervention”

Gehirnentwicklung Ausgaben, Gesundheitswesen, Bildung, Sozialausgaben und Kriminalitätsbekämpfung

1 3 10 60 80

LebensalterGeburt

Gehirnentwicklung – Chancen und tatsächliches Investment

„Three Hit“ Konzept für Psychische Krankheiten/Krisen

Individuelles Genom

Risiko‐Kindheit Krankheit

Krise

Chromatin/Epigenetik

Disposition

psychischpsychosomatisch

Gehirne kann man nicht klonen!Jedes Gehirn ist einzigartig und verändert seine Feinstruktur ständig durch die Erfahrungen, die der Mensch macht.

Unsere Persönlichkeit wird durch die Interaktion zwischen Genom und unserer Umwelt plastisch geformt.

Dieses Zusammenspiel von Nature und Nurture ist besonders wichtig während kritischer Phasen der Gehirnentwicklung. 

Unsere frühkindlichen Erfahrungen bestimmen nicht nur unsere psychische sondern auch unsere körperliche Gesundheit während des gesamten Lebens.

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Martin KorteNigel Whittle Nicolas  SingewaldFrancesco FerragutiAndre FischerFarahnaz SananbenesiDietmar Rieder

EC “Trophic Neurogenome”

External Collaborations

MUI‐START ST2010012004

FWF P25014‐B24