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Wechselwirkungs- und Transportuntersuchungen
dreiwertiger Radiometalle in Ton unter Berücksichtigung des
Einflusses von Fulvinsäure und erhöhten Salinitäten
Der Fakultät für Chemie und Mineralogie
der Universität Leipzig
vorgelegte
D I S S E R T A T I O N
zur Erlangung des akademischen Grades
DOCTOR RERUM NATURALIUM
(Dr. rer. nat.)
von
M.Sc. Maria Poetsch
geboren am 10.01.1989 in Leipzig
Leipzig, den 24.08.2017
Abstract
ABSTRACT
The storage of radioactive waste demands for evidence of security over a long period. Mainly be-
cause of its high sorption capacity as well as favourable geomechanical properties, clay is being ex-
plored as one of the potential host rocks for a final repository. This work contributes to the under-
standing of interactions between trivalent lanthanides (as analogues for trivalent actinides), fulvic
acid and Opalinus clay regarding high ionic strength. High salinity and natural organic matter are
both known to facilitate migration of toxic or radioactive metals in geochemical systems, but little is
known on their combined effect.
The complex system was split into three binary systems with the following interactions:
- Interactions between lanthanides as Tb(III) and Eu(III) and Opalinus clay
- Interactions between lanthanides as Tb(III) and Eu(III) and fulvic acid
- Interactions between fulvic acid/metal fulvates and Opalinus clay
The binary systems were investigated at pH of 5 and 7 with variable amounts of NaCl, MgCl2 or
CaCl2 within a range of 0 – 4 mol∙L-1. The sorption of the lanthanides and fulvic acid onto the
Opalinus clay was investigated in batch experiments, employing 160Tb, 152Eu and 14C as radiotracers.
For the investigation of the complexation behaviour of Tb(III) and Eu(III) with fulvic acid, time-
resolved laser-induced fluorescence spectroscopy was used.
A combined Kd approach (Linear Additive Model) was tested for suitability in predicting solid–liquid
distribution of metals in the presence of organic matter based on the interactions in the constituent
subsystems. The metal-ion interactions with fulvic acid were pursued by using the NICA-Donnan
model. To reproduce the migration behaviour of lanthanides in clay a diffusion-based process was
modelled.
This study has shown that there is no synergism in the mobilising effects of fulvic acid and electro-
lytes at in-situ pH. On the contrary, a mitigating effect of ionic strength was evidenced, based on the
fact that metal binding is suppressed while adsorption of humic matter is hardly influenced.
VORWORT
Die vorliegende Dissertation wurde in der Zeit von Februar 2013 bis August 2017 in der Abteilung
Reaktiver Transport von Frau Dr. Johanna Lippmann-Pipke des Institutes für Ressourcenökologie
von Herrn Prof. Dr. Thorsten Stumpf am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf in Kooperation
mit dem Institut für Anorganische Chemie an der Fakultät für Chemie und Mineralogie der Univer-
sität Leipzig im Arbeitskreis von Herrn Prof. Dr. Berthold Kersting angefertigt. Herr Dr. Holger Lip-
pold (Abteilung Reaktiver Transport, Institut für Ressourcenökologie, Helmholtz-Zentrum Dresden-
Rossendorf) war der direkte Betreuer der experimentellen Arbeiten.
Diese Arbeit wurde im Rahmen eines vom Bundesministerin für Wirtschaft und Energie geförderten
Projektes „Rückhaltung endlagerrelevanter Radionuklide im natürlichen Tongestein und in salinaren
Systemen“ (02E10971) unter dem Projektträger Karlsruhe Wassertechnologie und Entsorgung er-
stellt.
DANKSAGUNG
Herrn Prof. Berthold Kersting möchte ich für die Betreuung seitens der Universität Leipzig und der
Ermöglichung des Erstellens dieser Arbeit in Kooperation mit dem Helmholtz-Zentrum Dresden-
Rossendorf (HZDR) danken. Ebenso danke ich für die Möglichkeiten zur Diskussion in der
Arbeitsgruppe.
Mein Dank richtet sich ebenfalls an Herrn Prof. Thorsten Stumpf für seine Betreuung, seine
Unterstützung und die Möglichkeiten zum Dialog in den Doktorandenseminaren und auch stets
außerhalb davon.
Der Abteilung Reaktiver Transport am Institut für Ressourcenökologie des HZDR möchte ich für
insgesamt wunderbare vier Jahre an der Forschungsstelle Leipzig danken. Es war eine sehr
angenehme und freundschaftliche Arbeitsatmosphäre.
Mein ganz besonderer Dank gilt Herrn Dr. Holger Lippold für die Einarbeitung, die hilfreichen
Diskussionen, seine Unterstützung und Geduld mit all meinen Fragen und Problem(ch)en. Danke für
deine stets kritische wie auch freundliche Unterstützung in allen Punkten, die diese Arbeit betrafen!
Mein Dank gilt auch Frau Dr. Johanna Lippmann-Pipke für ihr Vertrauen in meine Arbeit, ihr
Verständnis und alle Hilfestellungen sowie die Möglichkeit zu zahlreichen Tagungsreisen im In- und
Ausland. Frau Dr. Nina Huittinen danke ich für die Betreuung bei der Durchführung der TRLFS-
Messungen, den Diskussionen und den interessanten Gesprächen zum Wirrwarr der finnischen
Sprache.
Herrn Dr. Stefan Schymura danke für die angenehme Gesellschaft im Büro, den kurzweiligen
Unterhaltungen und natürlich dem gründlichen Korrekturlesen dieser Arbeit. Danke an Herrn Dr.
Alexander Mansel für all das Zuhören, Ratschläge geben und ebenfalls Korrekturlesen der Arbeit.
Ich weiß eure unermüdliche Hilfsbereitschaft wirklich zu schätzen.
Für die Unterstützung bei der Aufnahme von Spektren und die erste Einweisung in die TRLFS an der
Universität Potsdam danke ich Herrn Dr. Sascha Eidner, Frau Katlen Brennenstuhl und Herrn Prof.
Michael Kumke. Frau Dr. Madlen Stockmann danke ich für die Unterweisung in PhreeqC sowie
diversen Diskussionen bezüglich Verteilungskoeffizienten an Mineralen. Für die Hilfestellungen bei
der Benutzung von COMSOL Multiphysics danke ich neben Frau Dr. Lippmann-Pipke auch Herrn
Dr. Lotfollah Karimzadeh. Herrn Dr. Michael Patzschke danke ich für die Erstellung der 3D-
Strukturen der Komplexierung von Eu(III) mit Fulvinsäure. Frau Dr. Uta Gottschalch gebührt mein
Dank für den Einblick in Dosisleistungsberechnungen. Den Kollegen Dr. Katja Schmeide, Dr.
Christina Hein, Jonas Sander, Dr. Ralf Kautenburger, Dr. Heike Hildebrandt, Katharina Fritsch,
Raphael Scholze und Dr. Sven Krüger danke ich für interessante Diskussionen und Anregungen auf
den Workshops und Treffen oder im Büro. Nicht unerwähnt bleiben soll auch die „Vorarbeit“ von
Manuel Benjamin Claus. Danke an Dagmar Lösel und Claudia Schößler für die immerwährende
Unterstützung im Labor.
Schließlich möchte ich mich bei meiner Familie und meinen Freunden bedanken, die mich während
meines Studiums und der Promotion in besonderer Weise unterstützt haben und immer hinter mir
standen. Das gilt im Besonderen für meine Eltern und meine beiden „Brüder“. Ich danke euch für
alles.
BIBLIOGRAPHISCHE BESCHREIBUNG
Poetsch, Maria
Wechselwirkungs- und Transportuntersuchungen dreiwertiger Radiometalle in Ton unter Berücksichti-
gung des Einflusses von Fulvinsäure und erhöhten Salinitäten
Universität Leipzig, Dissertation
156 Seiten, 283 Referenzen, 65 Abbildungen, 18 Tabellen, 4 Anhänge
Referat
Diese Dissertation mit dem Titel Wechselwirkungs- und Transportuntersuchungen dreiwertiger Ra-
diometalle in Ton unter Berücksichtigung des Einflusses von Fulvinsäure und erhöhten Salinitäten be-
schäftigt sich der Untersuchung des Einflusses hoher Ionenstärken und Fulvinsäure auf die Wech-
selwirkungen von Terbium oder Europium mit Opalinuston. Die Ergebnisse sollen das Prozessver-
ständnis im Rahmen der Langzeitsicherheitsforschung für Endlager radioaktiver Stoffe erweitern.
Terbium(III) und Europium(III) dienen als analoge Elemente für trivalente Aktinoide. Fulvinsäure
wurde hierbei als Modellsubstanz für höhermolekulare Tonorganika ausgewählt.
In Batchversuchen wird die Adsorption von Tb(III) beziehungsweise Eu(III) an Opalinuston unter
dem Einfluss von Fulvinsäure und hoher Ionenstärken untersucht. Zusätzlich werden zeitaufgelöste
fluoreszenzspektroskopische Untersuchungen der Wechselwirkungen zwischen Fulvinsäure und
Metallkationen bei hohen Ionenstärken zur Erweiterung des Prozessverständnisses durchgeführt.
Anschließend werden die experimentellen Daten durch Modellrechnungen bezüglich des Vertei-
lungsverhaltens des Radiometalls im ternären System (linear additive model), der Beladung der Ful-
vinsäure unter den gegebenen Bedingungen (NICA-Donnan-Model) sowie ein einfacher diffusionsba-
sierter Transport beschrieben.
Die vorliegende Dissertation ist in fünf Kapitel gegliedert. Im ersten Kapitel werden wesentliche
Grundlagen der Endlagerforschung, der Chemie von f-Elementen und Huminstoffen erläutert. Das
zweite Kapitel behandelt die Grundlagen der Fluoreszenzspektroskopie, die als wichtige Untersu-
chungsmethode diente. Im dritten Kapitel werden die Hintergründe und Annahmen der verwende-
ten Modelle beschrieben. Das vierte Kapitel beinhaltet den experimentellen Teil. Die Auswertung
der Ergebnisse und deren Diskussion sind im fünften Kapitel zu finden. Abschließend folgt das
Quellen- und Literaturverzeichnis.
Abstract
This scientific thesis entitled Radiotracer investigations and model simulations of salinity effects onto
mobility determining processes in diffusive transport of radioisotopes in organic-rich clays deals with
the investigation of the influence of high ionic strengths and fulvic acid on the interactions of ter-
bium or europium with Opalinus clay within the framework of long-term safety research for radio-
active waste disposal sites. Terbium (III) and europium (III) serve as analogous elements for trivalent
actinides. Fulvic acid was selected as a model substance for high molecular weight clay organics.
The adsorption of Tb (III) or Eu (III) onto Opalinus clay is investigated in batch experiments under
the influence of fulvic acid and high ionic strengths. In addition, time-resolved fluorescence spectro-
scopic investigations of the interactions between fulvic acid and metal cations with high ionic
strengths are carried out to extend the process understanding. Subsequently, the experimental data
are described by model calculations for the distribution behaviour in the ternary system (linear addi-
tive model), the loading of the fulvic acid under the given conditions (NICA Donnan model) and a
simple diffusion-based transport.
This thesis is divided into five chapters. In the first chapter, the basic principles of the research for
repository for radioactive waste, the chemistry of f elements and humic substances are explained.
The second chapter deals with the basics of fluorescence spectroscopy, which served as an important
investigation method. In the third chapter the background and assumptions of the used models are
described. The fourth chapter contains the experimental part. The evaluation of the results and their
discussion can be found in the fifth chapter. Finally, the source and literature list follows.
Inhaltsverzeichnis
X
INHALTSVERZEICHNIS
Abkürzungs- und Formelverzeichnis .............................................................................................. XIII
Einleitung ..................................................................................................................................................... 1
I. Theoretische Grundlagen ................................................................................................................ 4
1. Endlagerung und Ton als geologische Formation ............................................................................ 4
2. Chemie der f-Elemente .......................................................................................................................... 12
Wechselwirkungen von Aktinoiden in ternären Systemen ......................................................... 15
Transport von gelösten Stoffen ........................................................................................................... 18
3. Huminstoffe.............................................................................................................................................. 20
II. Grundlagen der Fluoreszenzspektroskopie .............................................................................. 25
Lumineszenzprozesse ...................................................................................................................................... 25
III. Beschreibung von mobilitätsbestimmenden Prozessen durch Modelle ............................ 30
1. Konzeptionelle Modelle ......................................................................................................................... 30
2. linear additive model.............................................................................................................................. 34
3. NICA-Donnan Modell ............................................................................................................................. 36
IV. Experimentelles ............................................................................................................................... 41
1. Materialien ................................................................................................................................................ 41
dreiwertige Lanthanoide ....................................................................................................................... 41
Ton ........................................................................................................................................................... 41
Fulvinsäure ............................................................................................................................................... 42
radioaktive Markierung der Fulvinsäure .......................................................................................... 42
2. Geräte ......................................................................................................................................................... 43
3. Batchexperimente ................................................................................................................................... 44
Inhaltsverzeichnis
XI
Adsorptionsexperimente ....................................................................................................................... 45
Komplexierungsexperimente ............................................................................................................... 46
4. TRLFS-Messungen - Untersuchung der Fulvatkomplexe ............................................................. 49
5. Verwendete Software und Parametrisierung der Modelle ........................................................... 50
Metall-Huminstoff-Wechselwirkung (NICA-Donnan-Modell) .................................................... 50
Diffuser reaktiver Transport durch Ton ........................................................................................... 52
V. Ergebnisse und Diskussion ........................................................................................................... 56
1. Batchexperimente ................................................................................................................................... 56
Adsorption von Tb(III)/Eu(III) an Opalinuston in Abwesenheit von Fulvinsäure .................. 56
Adsorptionsexperimente, Fulvinsäure an Opalinuston ................................................................. 58
Adsorption von Tb(III)/Eu(III) an Opalinuston in Gegenwart von Fulvinsäure ..................... 60
Komplexierungsexperimente, Metall an Fulvinsäure .................................................................... 62
2. TRLFS-Messungen .................................................................................................................................. 68
Emissionsspektren .................................................................................................................................. 68
Lebensdauerplots .................................................................................................................................... 79
Einfluss von Anionen und pH-Wert .................................................................................................. 84
3. Modellierungen ....................................................................................................................................... 87
Ternäres System – linear additive model ......................................................................................... 87
Bindung an Huminstoff – Modellierungen nach dem NICA-Donnan-Ansatz ......................... 90
Diffuser reaktiver Transport durch Ton ........................................................................................... 98
Inhaltsverzeichnis
XII
Zusammenfassung ................................................................................................................................. 104
Abbildungsverzeichnis .......................................................................................................................... 107
Tabellenverzeichnis ............................................................................................................................... 111
Formelverzeichnis .................................................................................................................................. 113
Quellenverzeichnis ................................................................................................................................ 115
Anhang ...................................................................................................................................................... 127
Anhang A: zusätzliche Daten ..................................................................................................................... 127
A I: Literaturwerte zum Vergleich ................................................................................................... 127
A II: Vollständige Zusammenstellung der Emissionsspektren von
Eu-Fulvatkomplexen .................................................................................................................. 128
A III: Berechnung der inneren Strahlenexposition ...................................................................... 133
Anhang B: Wissenschaftlicher Werdegang ............................................................................................ 135
Anhang C: Veröffentlichungen .................................................................................................................. 136
Publikationen in wissenschaftlichen Zeitschriften ..................................................................... 136
Vorträge auf wissenschaftlichen Konferenzen und Workshops .............................................. 136
Posterbeiträge auf wissenschaftlichen Konferenzen und Workshops.................................... 137
Publikationen in sonstigen Medien und Projektberichte ........................................................... 138
Anhang D: Selbstständigkeitserklärung .................................................................................................. 139
Abkürzungs- und Formelverzeichnis
XIII
ABKÜRZUNGS- UND FORMELVERZEICHNIS
[%Gew.] Gewichts-Prozent
[a] (anni) Jahre
[d] (dies) Tage
[D] Darcy (1 D = 9,86823∙10-13 m2)
[Da] Dalton (1 Da/u = 1,660538921∙10-27 kg)
[eq] Äquivalente (z.B. Ionenaustauschkapazität)
[eV] Elektronenvolt (1 eV = 1,6021766208∙10-19 J)
[h] (horae) Stunden
[M] molar (mol∙L-1)
[mT] Millitesla
[rpm] (revolutions per minute) Umdrehungen pro Minute
[Sv] Sievert (1 Sv = 1 J∙kg-1 = 1 m2∙s-2)
Abkürzungs- und Formelverzeichnis
XIV
Γ (Gamma) Beladung der Oberfläche/mol∙g-1
Θi, L (Theta) Bedeckungsgrad der Oberfläche
τ (Tau) Lebensdauer (in TRLFS)/ms
Χ (Chi) Boltzmann-Faktor (Donnan-Modell)
ΨD (Psi) Donnanpotential (Donnan-Modell)/mV
B empirischer Parameter (Donnan-Modell)
c Konzentration/mol∙L-1
De Diffusionskoeffizient; Größenordnung für Wasser: 10-9 m2∙s-1
e Elementarladung (1,60217733∙10-19 C)
ε Porosität
∊ Elektroneneinfang (beim Radionuklidzerfall)
F Faraday-Konstante (9,6485309∙104 C∙mol-1)
I Ionenstärke/mol∙L-1
J Gesamtdrehimpuls-Quantenzahl
k Boltzmann-Konstante (1,380658∙10-23 J∙K-1)
Kd Verteilungskoeffizient (zwischen zwei Phasen)/L∙g-1
Ki Affinitätskontante (NICA-Modell)
l Nebenquantenzahl
L Gesamtbahndrehimpuls-Quantenzahl
log β Komplexbildungskonstante organischer Ligand-Metall
ml magnetische Quantenzahl
ms Spinquantenzahl
p intrinsische Heterogenität des Huminstoffes (NICA-Modell)
q Nettoladung des Huminstoffes (Donnan-Modell)/meq∙g-1
Qi Gesamtmenge an Huminstoff gebundener Komponente i (NICA-
Modell)/eq∙kg-1
Qmax Anzahl Bindungsstellen (NICA-Modell)/ eq∙kg-1
R universelle Gaskonstante (8,314510 J∙K-1∙mol-1)
S Gesamtspin-Quantenzahl
T Temperatur/K
T1/2 Halbwertszeit von Radionukliden
VD Donnanvolumen bzw. (Wasser)Volumen der Donnan-Phase (Donnan-
Modell)/L
z Ionen-Ladung
Abkürzungs- und Formelverzeichnis
XV
Abb. Abbildung
Ann+ n-wertiges Aktinoidion
AtG Atomgesetz (Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie
und den Schutz gegen ihre Gefahren)
BET Brunauer, Emmett und Teller (Verfahren zur Größenbestimmung
von Oberflächen)
EDTA Ethylendiamintetraessigsäure (Ethylendiamintetraacetat)
ESK Entsorgungskommission
EXAFS (extended X-ray absorption fine structure) Röntgenabsorptionsspekt-
roskopie
FEP (Features, Events, Processes) Zustände, Ereignisse und Prozesse
FS Fulvinsäure
(FT)IR-Spektroskopie Fourier-transformierte Infrarotspektroskopie
HAW-Glas (high active waste) Verglasung für hochaktiven Abfall
HSAB (Hard and Soft Acids and Bases) Harte und weiche Säuren und Basen
HPGe (high purity Germanium) hochreines Germanium
HS Huminstoff
HZDR Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf
IC Ionenchromatographie
ICP-MS (inductively coupled plasma mass spectrometry) Massenspektrometrie
mittels induktiv gekoppeltem Plasma
ICP-OES (inductively coupled plasma optical emission spectrometry) Optische
Emissionsspektrometrie mittels induktiv gekoppeltem Plasma
IEP isoelektrischer Punkt
k.A. (in Tabellen) keine Angabe
LAM Linear Additive Model
Lnn+ n-wertiges Lanthanoidion
LSC (Liquid Scintillation Counting) Flüssigszintillation
M (in (chemischen) Formeln) Metall (stellvertretend für natürlich vorkommende Metallkationen)
NICA (non-ideal competitive adsorption) nicht ideale konkurrierende Ad-
sorption
NMR (Nuclear Magnetic Resonance) Kernspinresonanz Spektroskopie
nn (in Tabellen) nicht nachgewiesen
RFA Röntgenfluoreszenzanalyse
S (in (chemischen) Formeln) (surface) (Mineral)Oberfläche
sf (spontaneous fission) spontane Spaltung
Abkürzungs- und Formelverzeichnis
XVI
StrlSchV Strahlenschutzverordnung (Verordnung über den Schutz vor Schä-
den durch ionisierende Strahlen)
TOC (total organic carbon) gesamter organischer Kohlenstoff
TRLFS (time resolved laser fluorescence spectroscopy) zeitaufgelöste Laserflu-
oreszenzspektroskopie
UV/Vis-Spektroskopie Spektroskopie im ultravioletten und sichtbaren (visible) Bereich
XRD (X-ray diffraction) Röntgendiffraktion/-beugung
Einleitung
IV
EINLEITUNG
Etwa 13 % des gesamten in Deutschland produzierten Stroms wird durch Kernenergie erzeugt[1]. Im
Jahr 2016 waren in Deutschland acht Kernkraftwerke in Betrieb, davon sechs mit Druck- und zwei
mit Siedewasserreaktoren. Gemäß der Novellierung des Atomgesetzes im Jahr 2011[2] werden diese
bis spätestens 2022 abgeschaltet. Zusätzlich sind in Deutschland acht Kernreaktoren zu Forschungs-
zwecken für Medizin und Technik in Betrieb. Der beim Betrieb der Kernreaktoren entstandene radi-
oaktive Abfall muss aufgrund der langen Halbwertszeiten und der hohen Radiotoxizität über einen
Zeitraum etwa einer Million Jahre[3] sicher entsorgt werden. Dabei sieht das Entsorgungskonzept in
Deutschland eine Endlagerung in tiefen geologischen Formationen in Salz, Ton oder Granit vor[4].
Nach dem Standortauswahlgesetz[5] wird in Deutschland nach einem Endlager-geeigneten Standort
für radioaktiven Abfall gesucht. Gemäß der Vorgaben der International Atomic Energy Agency
(IAEA) wird dabei zwischen hoch- und schwach- bis mittelaktiven Abfällen unterschieden[6,7]. Der
schwach- bis mittelaktive Abfall wird durch Halbwertszeiten unter 30 Jahren definiert, sowie durch
seine spezifische Aktivität, welche für die α-Strahlung unter 400 Bq∙g-1 im gesamten Endlager bezie-
hungsweise unter 4000 Bq∙g-1 pro Einzelgebinde liegen darf. Hochaktive Abfälle zeichnen sich durch
hohe spezifische Aktivitäten, lange Halbwertszeiten und eine enorme Wärmeentwicklung von über
2 kW∙m-3[8,9] aus. Für schwach- und mittelradioaktive Abfälle werden bereits geeignete Standorte
eingerichtet (Schacht Konrad) oder noch erkundet (Salzstock Gorleben).
Laut Prognosen des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
(BMUB) und der Endlager-Kommission sind insgesamt etwa 27 000 m3 wärmeentwickelnder[10,11]
und etwa 600 000 m3 nicht-wärmeentwickelnder Abfälle zu erwarten[11,12].
Für das im Moment am Standort Schacht Konrad geplante Endlager für schwach- und mittelradioak-
tive Abfälle wird eine maximale Aktivität von 1,5∙1017 Bq für α-Strahlung und 5∙1018 Bq für β- und
γ-Strahlung angegeben[7]. Das zukünftige Nuklidinventar im Endlager Konrad wird voraussichtlich
ein Volumen von maximal 650 000 m3 mit einer spezifischen Gesamtaktivität von 653 800 Bq∙g-1
aufweisen. Dies ergibt im Endlager eine Gesamtaktivität von etwa 8,5∙1017 Bq. Die bestimmenden
Radionuklide werden für die nächsten 100 Jahre 60Co, 137Cs und 63Ni sein; für die nächsten
10 000 Jahre 240Pu und für den Zeitraum von etwa einer Million Jahre 239Pu und 59Ni[7] (siehe Abbil-
dung 0.1).
Einleitung
IV
Abbildung 0.1: Zeitverlauf des voraussichtlichen Nuklidinventars im Endlager Konrad nach RÜBEL[7].
Im potentiellen Endlager für hochradioaktive Abfälle hingegen sind vor allem die „erbrüteten“ Iso-
tope 239Pu, 241Pu, 243Pu, 241Am und 243Am aufgrund ihrer langen Halbwertszeiten und hohen spezifi-
schen Aktivitäten relevant (vgl. Tabelle 0.1) und ihre möglichen Wechselwirkungen mit der Matrix
zu untersuchen.
Tabelle 0.1: Halbwertszeiten und spezifische Aktivitäten[13] für die bei einer Kernreaktion „erbrüteten“ Isotope.
T1/2 Spezifische Aktivität [Bq] 239Pu 24 110 a 3∙1012
241Pu 14,3 a 3,8∙1012
243Pu 5 h 96∙1018 241Am 432 a 127∙1012 243Am 7370 a 7∙1012
Für hochradioaktiven Abfall muss demnach ein Endlagerstandort gefunden werden, der über einen
Zeitraum von einer Million Jahre als sicher angenommen werden kann. Hierbei richtet sich der Fo-
kus auf Reaktivität und Ausbreitung in das Endlagersystem von Radionukliden aus einem Abfallge-
binde nach möglicher Behälterkorrosion[14]. Eine wichtige Fragestellung sind die Einflüsse der phy-
sikalisch-chemischen Prozesse. Hierbei von Bedeutung sind neben des pH-Wertes des Grundwassers
auch darin enthaltene Komplexbilder. Neben Hydroxo- und Carbonatliganden stehen organische
Verbindungen, wie beispielsweise Huminstoffe, aufgrund ihres möglichen Einflusses auf den Trans-
port oder auf die (Im)Mobilisierung der Radionuklide[15–21] im Fokus von Untersuchungen. Weiterhin
können Mineralisierungs- und/oder Sorptionsprozesse der umgebenden Geomatrix[22,23] eine wichti-
ge Rolle hinsichtlich der Immobilisierung von Radionukliden spielen.
Einleitung
IV
Hinsichtlich des zu erbringenden Langzeitsicherheitsnachweises eines potentiellen Endlagers sind
Untersuchungen über das Verhalten von Radionukliden in diesen Systemen nötig. Dabei ist Ton als
potentielles Wirtsgestein für ein Endlager seit etwa Mitte der 1990er beispielsweise in der Schweiz in
den Fokus der Forschung gerückt[24]. Er zeichnet sich im Vergleich zu Salzstöcken durch gute Ab-
dichtungseigenschaften und ein hohes Isolationsvermögen gegenüber Wasser- oder Gaszutritt aus.
Weiterhin verfügt Tonstein über eine geringe Durchlässigkeit, was sich vorteilhaft auf die langfristi-
ge Wirksamkeit als geologische Barriere auswirkt. Das Rückhaltevermögen ist durch die erhöhte
Adsorptionskapazität von Ton sehr hoch, und aufgrund der Quellfähigkeit gibt es die Möglichkeit
zur Selbstabdichtung[24]. Vor allem in Norddeutschland lassen sich solche Lagerstätten finden, die
jedoch im Hinblick auf ihre Eignung erst untersucht werden müssen[25]. Diese Lagerstätten weisen
hochsaline Grund- und Porenwässer bis zu 4 mol∙L-1[26] auf, was Fragen zum Prozessverständnis zu
Sorption und Transport in dieser Matrix aufwirft.
Während das (Migrations)Verhalten von Radionukliden in Ton bei geringen Salinitäten bereits un-
tersucht wurde[15,27], sind die Prozesse in diesen hochsalinaren Systemen unzureichend erforscht (für
einen ausführlichen Review siehe VILKS[28]). Da eine Übertragung der Erkenntnisse von den niedrig
salinaren auf die hochsalinaren Systeme nicht ohne weiteres möglich ist, sollen mit dieser Arbeit die
Kenntnisse um Prozesse und Wechselwirkungen von Radionukliden in hochsalinaren Tonsystemen
erweitert werden.
Ziel dieser Arbeit ist somit die Untersuchung des Einflusses hoher Ionenstärken und Fulvinsäure auf
die Wechselwirkungen von Terbium oder Europium mit Opalinuston. Terbium(III) und Europi-
um(III) dienen als analoge Elemente für trivalente Aktinoide, da sie sich chemisch ähnlich verhalten,
jedoch aufgrund geringerer Radiotoxizität leichter zu handhaben sind. Diese Arbeit beschränkt sich
auf trivalente Aktinoide, wobei die Oxidationsstufen der Aktinoide allerdings in Abhängigkeit geo-
chemischer Randbedingungen variabel sind. Fulvinsäure wurde hierbei als Modellsubstanz für
höhermolekulare Tonorganika ausgewählt.
In Batchversuchen wird die Adsorption von Tb(III) beziehungsweise Eu(III) an Opalinuston unter
dem Einfluss von Fulvinsäure und/oder hoher Ionenstärken untersucht. Anschließend werden die
experimentellen Daten durch Modellrechnungen bezüglich des Verteilungsverhaltens des Radiome-
talls im ternären System (linear additive model)[29–31], der Beladung der Fulvinsäure unter den gege-
benen Bedingungen (NICA-Donnan Model)[32–35] sowie ein einfacher diffusionsbasierter Transport
beschrieben.
Zusätzlich werden zeitaufgelöste fluoreszenzspektroskopische Untersuchungen der
Wechselwirkungen zwischen Fulvinsäure und Metallkationen bei hohen Ionenstärken zur
Erweiterung des Prozessverständnisses durchgeführt.
Theoretische Grundlagen Endlagerung und Ton als geologische Formation
4
I. THEORETISCHE GRUNDLAGEN
1. ENDLAGERUNG UND TON ALS GEOLOGISCHE FORMATION
Das Ziel des deutschen Entsorgungskonzeptes für radioaktive Abfälle ist, dass die eingelagerten Ab-
fälle bis zu ihrem natürlichen Abklingen nicht freigesetzt werden und in die Biosphäre gelangen
können. Trotz der Notwendigkeit gibt es bis zum jetzigen Zeitpunkt in Europa kein dauerhaftes
Endlager für hochradioaktive Abfälle, abgesehen von Olkiluoto in Finnland, welches sich im Bau
befindet und etwa im Jahr 2020 in Betrieb genommen werden soll[36].
Der hochradioaktive Abfall für das potentielle Endlager besteht zum überwiegenden Teil aus den
abgebrannten Brennelementen aus Kernkraftwerken. In den Brennstäben befinden sich Pellets aus
UO2 oder auch aus einem Mischoxid (UO2 und PuO2) wobei diese mit jeweils etwa 4 % des radioakti-
ven Isotops 235U angereichert sind. Dieses dient als Energielieferant bei der durch Neutronenbe-
schuss induzierten Kettenreaktion:
(1.1)
Beim fortlaufenden, überwiegend in Form von β- stattfindenden Zerfall der radioaktiven Produkte 89Kr (T1/2 = 3 min) und 144Ba (T1/2 = 12 s), entstehen das radioaktive und langlebige Isotop 144Ce
(T1/2 = 285 d) sowie als Endprodukt der Zerfallsketten die stabilen Isotope 89Y und 144Nd.
Das natürliche Isotop 238U in den Brennelementen vollzieht ebenfalls Neutroneneinfangreaktionen:
(1.2)
Das dabei entstehende 239Pu ist sehr langlebig (T1/2 = 24 110 a) und zerfällt unter Aussendung von
Alphateilchen zu 235U oder wird in 145La (T1/2 = 25 s) und 91Rb (T1/2 = 58 s) gespalten, deren stabile
Endprodukte 145Nd und 91Zr sind.
Es ist möglich, dass das Isotop 239Pu selbst Neutronen einfängt und dadurch 243Pu und 241Pu entste-
hen, was als Brutreaktion oder Konversion[37] bezeichnet wird. Das Isotop 241Pu ist selbst langlebig
(T1/2 = 14,3 a) und zerfällt zu 241Am, welches aufgrund der langen Halbwertszeit (T1/2 = 432 a) und
seiner spezifischen Aktivität von 127 TBq∙g-1 eines der Endlagerrelevanten Radionuklide darstellt.
Das aus 243Pu hervorgehende Isotop 243Am zeichnet sich ebenfalls durch eine sehr lange Halbwerts-
zeit (T1/2 = 7370 a) und einer vergleichsweise hohen spezifischen Aktivität von 7 TBq∙g-1 aus. Die
durch Neutroneneinfang gebildeten Transurane werden als minore Aktinoiden bezeichnet. Auf-
grund ihrer extremen Langlebigkeit (vgl. Tab. 1.1) und der Hitzeentwicklung beim α-Zerfall, muss
Theoretische Grundlagen Endlagerung und Ton als geologische Formation
5
ein potentielles Endlager vor allem langfristig hitzestabil sein um den Sicherheitsnachweis hinsicht-
lich Ausbreitung und Reaktivität der Abfälle über Millionen Jahre erbringen zu können.
Tabelle 1.1: Halbwertszeiten einiger ausgewählter Aktinoide[38,39].
Aktinoid 232Th 231Pa 238U 237Np 239Pu 241Am 243Am 244Cm
T1/2 [a] 1,4∙1010 3,3∙104 4,5∙109 2,1∙106 2,4∙104 433 7370 18
In Deutschland wird im Hinblick auf die Zukunft ein „sicherer Endzustand“[11] für die Endlagerung
mit Option zur Rückholung angestrebt. Dies bedeutet, die möglichst sicherste Entsorgungslösung für
radioaktive Abfälle zu finden. Die Anforderungen an ein potentielles Wirtsgestein zur Anlage eines
Endlagers sind die geologische Langzeitstabilität (tektonisch stabiles Gebiet), eine genügende Aus-
dehnung, die Vermeidung störender Einflüsse (menschliches Eindringen, konkurrierende Nutzung)
und die baulichen Bedingungen (homogenes Gestein, einfacher Bau möglich)[40]. In Deutschland
werden aus diesen Gründen verschiedene tiefe geologische Schichten aus Steinsalz, Tonstein oder
Kristallingestein (Granit) mit ihren spezifischen Eigenschaften (vgl. Tab. 1.2) als Wirtsgestein disku-
tiert[25,41–43].
Tabelle 1.2: Eigenschaften der geologischen Schichten Steinsalz, Ton/Tonstein und Kristallingestein und deren
Einschätzung in Bezug auf ihre Eignung als Gesteinsformation für ein Endlager (nach BGR[43], für
weiterführende Literatur siehe KAUTENBURGER[44] und MARQUARDT
[45])
Eigenschaft Steinsalz Ton/Tonstein Kristallingestein (z. B.
Granit)
Wärmeleitfähigkeit Hoch Gering Mittel
Durchlässigkeit Praktisch undurchläs-
sig Sehr gering bis gering Gering bis durchlässig
Festigkeit Mittel Gering bis mittel Hoch
Verformungsverhalten Viskos (Kriechen) Plastisch bis spröde Spröde
Hohlraumstabilität Eigenstabilität Ausbau nötig Hoch bis gering
In-situ Spannungen Lithostatisch isotrop Anisotrop Anisotrop
Lösungsverhalten Hoch Sehr gering Sehr gering
Sorptionsverhalten Sehr gering Sehr hoch Mittel bis hoch
Temperaturbelastbarkeit Hoch Gering Hoch
Günstige Eigenschaft Ungünstige Eigenschaft Neutrale Eigenschaft
Theoretische Grundlagen Endlagerung und Ton als geologische Formation
6
Hohe Rückhalte- beziehungsweise Sorptionskapazitäten des Gesteins sowie ein möglichst geringes
Wasserangebot sind dabei die wichtigsten Eigenschaften. Weitere relevante Punkte sind die Zu-
sammensetzung der mineralischen Bestandteile, die Porosität sowie die Wasseraufnahmekapazität
und, sofern möglich, die Permeabilität des Gesteins.
Ein geologisches Multibarrieresystem baut auf einer Anlage aus mehreren Hindernissen auf, die zur
Isolation der radioaktiven Abfälle dienen und kombiniert dabei technische Barrieren mit geotechni-
schen und geologischen Barrieren. Natürliche Absperrungen sind durch das Isolationspotential des
Wirtsgesteines bestimmt und werden in hydrogeologische, petrografische und strukturelle Barrieren
unterteilt. Die hydrogeologischen Barrieren werden durch bestimmte Gesteine gebildet, die ein oft-
mals sehr salines Wasserangebot aufweisen, dies sorgt für eine Verdünnung ausgetretener Radio-
nuklide. Die petrografischen Hindernisse beschreiben Gesteine mit den Eigenschaften der Wasser-
undurchlässigkeit oder sogar Wasserdichtigkeit bei der Quellung und wirken somit wasserstauend
und Radionuklid-rückhaltend. Durch diese Eigenschaften reduzierte Ton einen möglichen Schad-
stofftransport auf diffusionsgesteuerte Vorgänge. Die strukturellen Barrieren sind beispielsweise
Verwerfungen im Gestein, die einen wasserdichten Abschluss der Formation, also Verwerfungszo-
nen, bilden. Hier kommt es zum Wasserstau beziehungsweise zur Unterbrechung hydraulischer
Ausbreitungswege. Weiterhin gibt es im Multibarrierenkonzept die technischen Barrieren, die zu-
sätzlich zu den Natürlichen errichtet werden und vor allem durch Verpackung der Abfälle sowie
deren Einlagerung beeinflusst sind. Hierbei wird Augenmerk auf die Konditionierung des Abfalls
gelegt, beispielsweise durch dauerhafte Verfestigung und Verpackung sowie die Auswahl geeigneter
Behälter. Technische Barrieren bestehen aus HAW-Glas (high active waste) oder abgebrannten
Brennelementen sowie dem Behältermaterial. Weiterhin existieren technische Barrieren in Form von
Schacht- oder Resthohlraumverfüllungen (–verschlüssen) mit geeignetem Versatzmaterial wie Ben-
tonit[24,26] für Tonstein, um dessen Hohlraumstabilität zu erhöhen.
Das Ziel der geowissenschaftlichen Untersuchungen ist eine detaillierte Beschreibung von Eigen-
schaften und Verhalten der Wirtsformationen sowie Prozesse in diesen Systemen, so dass für die
Langzeitsicherheitsanalyse abgeleitet werden kann, welche Vorgänge am zukünftigen Endlager-
standort ablaufen könnten. Die Sicherheitsnachweise für ein Endlager unterteilen sich jeweils in die
Betriebs- und Nachbetriebsphase sowie in radiologische und nicht-radiologische Aspekte[46]. Die
radiologischen Aspekte während der Betriebsphase umfassen die Störfallauslegung gegen Einflüsse
von innen (EVI) und außen (EVA), sowie den Strahlenschutz für Personal und Umgebung. Nicht-
radiologische Aspekte während der Betriebsphase umfassen im Wesentlichen bergbauliche Nach-
weise wie die Standsicherheit, die Betriebssicherheit, die Bergrettung und den Brandschutz. Wäh-
Theoretische Grundlagen Endlagerung und Ton als geologische Formation
7
rend der Nachbetriebsphase müssen die radiologischen* und wasserrechtlichen, nach Gewässer-
schutzrecht† vorgegebenen, Schutzziele eingehalten werden[46].
Dazu werden sogenannte Szenarien ermittelt und analysiert, also Wirkungen wahrscheinlichster
geotechnischer, klimatischer und physikalisch-chemischer Zustände, Ereignisse und Prozesse (FEP-
Abhängigkeiten) auf das Endlager-System. Ein Beispiel hierfür sind Klimaszenarien, die über einen
Zeitraum von etwa einer Million Jahre die klimatischen Entwicklungen am Standort unter Berück-
sichtigung der zukünftigen Klimaentwicklung betrachten. Dabei werden die Wechsel von Kalt- und
Warmzeiten und deren Auswirkungen auf Klima und hydrogeologische Verhältnisse sowie deren
Störungen durch menschliche Einflüsse in den Modellrechnungen berücksichtigt.
Der Langzeitsicherheitsnachweis gilt als geführt, wenn nachgewiesen werden kann, dass entweder
ein vollständiger oder sicherer Einschluss vorliegt. Das bedeutet, dass entweder keine Radionuklide
den einschlusswirksamen Gebirgsbereich verlassen können beziehungsweise die Expositionen für
Lebewesen durch Austreten der Radionuklide aus dem Endlager in die Biosphäre vernachlässigbar
ist. Die Nachweisführung erfolgt über die geologischen Barrieren wie die Undurchlässigkeit oder das
Rückhaltvermögen der geologischen Formation[53] oder über die technischen Barrieren, wobei hier
vorrangig die Behälter und deren Abdichtelemente betrachtet werden[46].
Die nationalen Begebenheiten und eine Beurteilung hinsichtlich der Wirksamkeit der geologischen
und geotechnischen Barrieren spielen bei der Bewertung einer Gesteinsformation als potentielle
Endlagerstätte die wesentlichen Rollen. Aus diesem Grund wird in Deutschland die Endlagerung in
kristallinen Gesteinen (beispielsweise Granit) nicht favorisiert, da die Verhältnisse im Vergleich zu
Tonformationen oder Salzstöcken aufgrund der Zerklüftung ungünstiger und die Lagerstätten zu
klein wären[54].
Steinsalz verfügt über ein besonders gutes Isolationsverhalten sowie geeignete geologische Eigen-
schaften (Undurchlässigkeit, gute Stabilität und Verformbarkeit gegenüber mechanischer Beanspru-
chung), die dieser Formation bis heute einen festen Bestandteil der Endlagerforschung sichern. Mög-
liche Schäden durch Radiolyse des Salzes sind vermutlich vernachlässigbar[55]. Durch die umfangrei-
chen geowissenschaftlichen Untersuchungen des Salzstockes Gorleben und dessen Verwendung als
Zwischenlager ist der Kenntnisstand über Salz als potentielle Wirtsformation sehr hoch. Da es je-
doch den enormen Nachteil der Wasserlöslichkeit hat und schlechte Sorptionseigenschaften auf-
weist, werden Tonformationen als potentielle Wirtsgesteine diskutiert.
* Radiologische Schutzziele nach der ESK-Empfehlung[47] gemäß Atomgesetz (AtG)[2] und Strahlenschutzverordnung (StrlSchV)[48][48]. † Umfasst Abwassergesetz (AbwAG)[49] [49] und –verordnung (AbwV)[50], Wasserhaushaltsgesetz (WHG)[51] und Grund-wasserverordnung (GWV)[52][52].
Theoretische Grundlagen Endlagerung und Ton als geologische Formation
8
Ton wird erst seit 2003 in Deutschland als potentielle Wirtsgesteinsformation für ein Endlager für
hochradioaktive Abfälle untersucht[24,27,40,43,56,57]. In Deutschland befinden sich untersuchungswürdi-
ge Tonformationen im Norden und Süden des Landes, wie auf der schematischen Darstellung in 1.1
zu sehen ist. Hierbei wird auf die norddeutschen Tonformationen ein besonderes Augenmerk gelegt,
weil die süddeutschen Formationen aufgrund ihrer Eigenschaften hinsichtlich Wasserzutritt und
seismischer Aktivität der Umgebung ungeeignet erscheinen.
Abbildung 1.1: Untersuchungswürdige Tonformationen in Deutschland (grün markiert). Quelle: BUNDESAN-
STALT FÜR GEOWISSENSCHAFTEN UND ROHSTOFFE[58].
Ton ist ein natürlich vorkommendes Material aus quellfähigen, feinkörnigen (Partikelgrö-
ße < 2 µm[59]) Materialien, die in der Regel Zweischichtsilikate wie Kaolinit oder Serpentin bezie-
hungsweise Dreischicht-Minerale wie Illit, Smektit oder Chlorit sind[60]. Allerdings sind auch Bei-
mengungen von Quarz, Calcit, Dolomit, Feldspat, Metalloxiden, Eisenhydroxidgelen, Kieselsäure und
Theoretische Grundlagen Endlagerung und Ton als geologische Formation
9
organischen Stoffen in vorwiegend kolloidaler Form[61] möglich, die die grundlegende Plastizität des
Tones verändern. Künstlich hergestellte Materialien mit Toneigenschaften oder Materialien mit
überwiegend organischen Bestandteilen wie Torf zählen nicht zu den Tonen. Ton ist aufgrund des
Anteils an quellfähigen Tonmineralen, die durch den Einbau von Wasser in ihre Schichtstruktur ihr
Volumen vervielfachen, sehr plastisch und besitzt eine abdichtende Wirkung. Durch diese teilweise
herausragende Undurchlässigkeit und die Pufferwirkung, sowie der hohen Sorptionsfähigkeit sind
Tonsteine ein wichtiges Element im Barrieresystem eines potentiellen Endlagers[57].
Die in Deutschland auftretenden Gesteinsformationen (siehe Abbildung 1.2 für einen geologischen
Querschnitt Deutschlands) bildeten sich ab der Erdfrühzeit (Paläozoikum) vor etwa 419 Millionen
Jahren. Zunächst formte sich durch tektonische Prozesse während der sogenannten variszischen
Phase das Grundgebirge, welches sich von Mittel- bis Süddeutschland erstreckt. Dieses besteht
hauptsächlich aus metamorphen Sedimentgestein sowie Magmatiten. Tonsteine lassen sich im
Deckgebirge nur lokal begrenzt finden (beispielsweise in Sachsen), da die Tonschichten durch hohe
Druck- und Temperaturbedingungen der jeweiligen Erdzeit zu Schiefern umgewandelt wurden.
Ab der jungen Erdfrühzeit (Perm und Karbon, vor etwa 299 bis 252 Millionen Jahren) sowie der
Erdmittel- und Erdneuzeit (Mesozoikum, vor 252 – 66 Millionen Jahren beziehungsweise Känozoi-
kum, vor 66 Millionen Jahren bis heute), bildete sich das sogenannte Deckgebirge. Dieses umfasst
vor allem in Norddeutschland ausgedehnte Tonformationen, die sich während des Jura (vor 201 –
145 Millionen Jahren) und der Kreide (vor 145 – 66 Millionen Jahren) bildeten[62–64].
Abbildung 1.2: Geologischer Querschnitt Deutschlands, nach dem INSTITUT FÜR LÄNDERKUNDE[65].
Die jurassischen und kretazischen Tonformationen in Norddeutschland (in der Nähe des Gifhorner
Trogs) sind weitestgehend grundwasserführend und weisen ebenso Wasserführung durch
Kluftsysteme auf. Die norddeutschen Tonsteinlagen weisen sehr niedrige Permeabilitäten in einer
Größenordnung von 10 bis 560 µD (Darcy; 1 D ≙ 9,86823∙10-13 m2)[26] auf, so dass selbst bei Druck-
gradienten kaum Fließbewegungen auftreten und eine Feuchteausbreitung demnach nur in geologi-
Theoretische Grundlagen Endlagerung und Ton als geologische Formation
10
schen Zeiträumen anzunehmen ist. Somit reduzieren Tonmineralien die Durchlässigkeit eines Ge-
steines, indem Porenkanäle verschlossen werden oder Ionenaustauschprozesse stattfinden. Durch
die Einlagerung von Wasser in die Zwischenschichten der Tonpartikel quellen die Tonmineralien
auf und verschließen somit Risse oder Hohlräume im Gestein.
Die norddeutschen sandigen und mergeligen Tonsteine enthalten Quarz SiO2 und Calcit Ca[CO3] als
Hauptkomponenten. Nebenkomponenten bilden Dolomit CaMg[CO3]2, Pyrit FeS2, Goethit α-
Fe3+O(OH), Magnetit Fe3O4, Feldspat (Ba,Ca,Na,K,NH4)(Al,B,Si)4O8, Steinsalz NaCl, Gips
Ca[SO4]∙2 H2O und Anhydrit CaSO4. Der Anteil organischer Substanzen im Sediment liegt bei 0,4 bis
0,9 %Gew. und die Kationenaustauschkapazität beträgt etwa 33 meq pro 100 g Tonstein. Die Formati-
onswässer der Tonsedimente (Kreide und Oberjura) weisen pH Werte zwischen 6 und 7, sowie sehr
hohe Salzgehalte auf, was Elektrolyt-Konzentrationen bis etwa 3 M entspricht. Es ist von den Tie-
fenwässern in Norddeutschland allgemein bekannt, dass sie einen hohen Salzgehalt aufweisen, der
mit zunehmender Teufe ansteigt[26]. Tabelle 1.3 listet die Zusammensetzung der Formationswässer
aus Bohrungsuntersuchungen für Kreideton (oberhalb 240 m Teufe) und Oberjuraton (etwa 550 m
und 690 m Teufe) auf.
Tabelle 1.3: Zusammensetzung der Formationswässer der Kreide- und Juraformation des Schachts Konrad 1,
Deutschland[26].
Ion Kreideformation
c (Ion)/mg∙L-1
Juraformation
c (Ion)/mg∙L-1
Na+ ≈ 32000 64500
Li+ ≈ 3,85 3,5
K+ ≈ 206 286
Ca2+ ≈ 5150 13500
Mg2+ ≈ 956 2380
Cl- ≈ 63750 130000
SO42- ≈ 138 733
Br- 98 860
BO3- 152 68
I- 6,6 30
Der in Süddeutschland und der Schweiz vorherrschende Opalinuston ist eine jurassische Gesteins-
formation, die ihren Namen einer im Gestein vorherrschenden Art von Fossilien (Leioceras
opalinum) verdankt. Der Opalinuston ist von feinporöser Struktur. Aufgrund der Erhaltung des or-
ganischen Materials marinen Ursprungs über lange Zeiträume hinweg kann auf stabile reduzierende
Theoretische Grundlagen Endlagerung und Ton als geologische Formation
11
Bedingungen der geochemischen Umgebung geschlossen werden. Über den geologischen Zeitraum
hinweg wurde der Opalinuston kompaktiert, wodurch die Porosität reduziert und das Porenwasser
zum größten Teil ausgetrieben wurde. Aus diesem Grund besitzt der Opalinuston eine geringe hyd-
raulische Durchlässigkeit. Das Selbstabdichtungsvermögen ist hoch, weshalb Störungen und Klüfte
im System vernachlässigt werden können. Zum großen Teil besteht der Opalinuston aus Tonminera-
lien, Quarz, Feldspäten, Calcit und Neubildungen von Pyrit, Siderit [Fe[CO3]] und Calcit-Zement[40].
Eine genaue Auflistung der mineralogischen Zusammensetzung des in dieser Arbeit verwendeten
Opalinustons findet sich in Kapitel IV.1. Die Konzentrationen der Elektrolyte im Tonporenwasser
sind eher gering und der pH-Wert liegt zwischen 7 und 8[40,66] (Tabelle 1.4).
Tabelle 1.4: Zusammensetzung des Tonporenwassers einer Opalinustonprobe aus Effingen, Schweiz[67].
Ion Porenwasser Opalinuston
c (Ion)/mg∙L-1
Na+ ≈ 8000
K+ ≈ 93
Ca2+ ≈ 2300
Mg2+ ≈ 750
Sr2+ ≈ 145
Cl- ≈ 16800
SO42- ≈ 1300
Br- ≈ 20
Theoretische Grundlagen Chemie der f-Elemente
12
2. CHEMIE DER F-ELEMENTE
Die chemischen Elemente der Ordnungszahlen 57 bis 103 werden als Lanthanoide (Ln) und Aktinoi-
de (An) bezeichnet, siehe Abbildung 1.3. Zu den Lanthanoiden zählen Lanthan, Cer, Praseodym, Ne-
odym, Promethium, Samarium, Europium, Gadolinium, Terbium, Dysprosium, Holmium, Erbium,
Thulium, Ytterbium und Lutetium. Zu den Aktinoiden zählen Actinium, Thorium, Protactinium,
Uran sowie die sogenannten Transurane Neptunium, Plutonium, Americium, Curium, Berkelium,
Californium, Einsteinium, Fermium, Mendelevium, Nobelium und Lawrencium.
Abbildung 1.3: Ausschnitt aus dem Periodensystem der Elemente: Lanthanoide und Aktinoide.
Lanthanoide kommen in der Erdkruste zu einem Anteil von etwa 0,02 % am häufigsten in der Form
der Minerale Monazit CePO4, Bastnäsit LnCO3F, Parisit CaLn2(CO3)3F2, Allanit
CaLn(Al,Fe2+)3Si3O11OH, Synchysit CaLn(CO3)2F, Ankylit Sr(La,Ce)[OH|(CO3)2] ∙ H2O oder Cerianit
CeO2 vor[68]. Meist liegen sie vergesellschaftet vor, was in ihrer starken chemischen Ähnlichkeit be-
gründet liegt. Sie verhalten sich ähnlich wie die Elemente Scandium oder Yttrium in der dritten
Gruppe des Periodensystems der Elemente: sie oxidieren schnell an Luft und reagieren mit Wasser
unter der Bildung von Wasserstoff. In wässriger Lösung neigen sowohl Lanthanoide als auch Akti-
noide zur Hydrolyse, was nachfolgend schematisch dargestellt ist[69,70]:
(1.3)
In einem pH-Bereich zwischen 2 und 5 dominiert [An(H2O)9]3+, bei einem pH-Wert von etwa 6,5
liegen die beiden Spezies [An(OH)]2+ und [An(OH)2]+ vor, und erst im stark alkalischen Bereich fällt
amorphes An(OH)3 aus[71].
Die Elektronenkonfigurationen ungeladener Lanthanoide und Aktinoide weisen Unregelmäßigkei-
ten hinsichtlich der Besetzung auf, was der individuellen Abschirmung Orbitale geschuldet ist. Die
chemische Ähnlichkeit beruht auf der sogenannten Lanthanoidenkontraktion. Da die 4f- bezie-
hungsweise 5f-Orbitale nach und nach aufgefüllt werden, sich jedoch in der Nähe des Atomkerns
befinden, können sie im Gegensatz zu d-Orbitalen wenig Einfluss auf das chemische Verhalten aus-
Theoretische Grundlagen Chemie der f-Elemente
13
üben. Deswegen werden bei chemischen Reaktionen auch zunächst Elektronen aus den d-Orbitalen
zur Koordination verwendet, weshalb die häufigste Oxidationszahl der Lanthanoide +3 beträgt. Bei
den Aktinoiden beträgt die häufigste und zumeist stabilste Oxidationszahl ebenfalls +3, siehe Tabel-
le 1.5.
Tabelle 1.5: Bekannte und stabilste Oxidationszustände der Aktinoide[72].
+2 +3 +4 +5 +6 +7
Ac stabil
Th bekannt stabil
Pa bekannt bekannt stabil
U bekannt stabil bekannt stabil
Np bekannt bekannt stabil bekannt bekannt
Pu bekannt stabil bekannt bekannt bekannt
Am bekannt stabil bekannt bekannt bekannt
Cm stabil bekannt bekannt
Bk stabil bekannt
Cf bekannt stabil bekannt
Es bekannt stabil
Fm bekannt stabil
Md bekannt stabil
No stabil bekannt
Lr stabil
Aktinoide sind ausnahmslos radioaktiv, besitzen also keine stabilen Nuklide. Hierbei sind Uran und
Thorium primordial, also seit der Entstehung der Erde vorhanden. Die Transurane hingegen sind
Tochternuklide aus den natürlichen Zerfallsreihen von Thorium oder Uran oder könnten durch
Neutroneneinfangsreaktionen künstlich erzeugt werden. Bei Aktinoiden sind die Oxidationszahlen
vielfältig, weshalb sie in Lösung gleichzeitig parallel vorliegen können.
Durch ihre geringe Größe und Polarisierbarkeit aufgrund der f-Schale sowie der hohen Ladung gel-
ten Lanthanoide und Aktinoide chemisch als starke Lewis-Säuren und wechselwirken deshalb mit
starken Lewis-Basen (beispielsweise H2O). Lewis-Säuren sind elektrophile Elektronenpaarakezpto-
ren und Lewis-Basen sind Elektronenpaardonatoren. Die Wechselwirkung zwischen Lewis-Säure
und Lewis-Base wird beschrieben durch das von PEARSON[73] vorgestellte HSAB-Prinzip. Starke be-
ziehungsweise harte Lewis-Säuren und Lewis-Basen sind kleine Ionen mit hoher Ladung und niedri-
ger Polarisierbarkeit. Als weiche oder schwache Lewis-Säuren beziehungsweise Lewis-Basen werden
vergleichbar größere Ionen mit niedriger Ladung, also kleinem Ladung:Radius-Verhältnis bezeich-
net. Dabei steht die Komplexierung mit großen Liganden in direkter Konkurrenz zur Komplexierung
Theoretische Grundlagen Chemie der f-Elemente
14
mit Hydroxidionen oder auch Carbonationen. Bei niedrigen pH-Werten spielen diese beiden eine
untergeordnete Rolle, gewinnen jedoch mit zunehmendem pH-Wert an Bedeutung. In Abhängigkeit
des pH-Wertes folgt die Komplexierungsaffinität zu den Liganden der spektrochemischen Reihe[74]:
O22- < I- < Br- < S2- < SCN- < Cl- < N3
- < F- < NCO- < OH- < ONO- < C2O42- < H2O < NCS- < NC- <
Pyridin < NH3 < Ethylendiamin < Bipyridin < Phenantrolin < NO2- < CNO- < CN- < CO
Die Liganden am linken Ende der Reihe gelten als schwache Lewis-Basen sind und rufen eine
schwache Ligandenfeldaufspaltung hervor. Je weiter rechts sich die Liganden in der Reihe befinden,
umso größer ist die erzeugte Ligandenfeldaufspaltung und um desto stärkere Lewis-Basen handelt es
sich. In einem Ligandenfeld verlieren d- und f-Orbitale ihre Entartung, wobei sie energetisch ange-
hoben oder abgesenkt werden. Dies ist abhängig von ihrer Richtung zum Liganden und ihrer La-
dung, die im Ligandenfeld entsprechend abgestoßen beziehungsweise angezogen wird.
Hinsichtlich der Koordinationszahl der Komplexe, vor allem der Wasser-Komplexe für die Lantha-
noide, wird von der Koordinationszahl neun für die „frühen“ Lanthanoide (La – Eu) und von der
Koordinationszahl acht für die „späten“ (Dy - Lu) ausgegangen. Damit ergeben sich für die Geomet-
rie der Komplexe die folgenden möglichen Strukturen[72]:
Abbildung 1.4: Strukturen für Komplexe der Koordinationszahl neun: dreifach überkapptes trigonales Prisma
oder überkapptes quadratisches Antiprisma (von links nach rechts). Quelle: METALPDB[75].
Abbildung 1.5: Strukturen für Komplexe der Koordinationszahl acht: hexagonale Bipyramide, quadratisches
Antiprisma oder Würfel (von links nach rechts). Quelle: METALPDB[75].
Theoretische Grundlagen Chemie der f-Elemente
15
Für die Komplexe von Lanthanoiden sind im Fall der Koordinationszahl acht das quadratische Anti-
prisma und im Fall der Koordinationszahl neun das dreifach überkappte trigonale Prisma die häu-
figsten Strukturgeometrien[72]. Für die Aktinoide variiert die Anzahl der umgebenden Wassermole-
küle in Abhängigkeit der Oxidationszahl des Ions[72]. Im Falle der trivalenten Aktinoide wie U3+,
Np3+, Pu3+, Am3+, Cm3+ oder Cf3+ ist die Anzahl der koordinierten Wassermoleküle geringfügig hö-
her als bei den dreiwertigen Lanthanoiden. U3+ und Np3+ koordinieren neun bis zehn Wassermolekü-
le; Pu3+, Am3+ und Cm3+ etwa zehn und Cf3+ sieben bis zehn[72]. Da sich die dreiwertigen Aktinoide
chemisch wie die trivalenten Lanthanoiden verhalten, können letztere für Experimente und Unter-
suchungen als Analoga herangezogen werden[72,76,77].
Die Aktinoide weisen in der Regel eine sehr hohe Radiotoxizität auf[78], womit deren Gesundheits-
schädlichkeit aufgrund des radioaktiven Zerfalls bezeichnet wird. Hierbei wird nicht nur die Aktivi-
tät, also die Anzahl der Zerfälle pro Sekunde betrachtet, sondern auch die Strahlungsart, die Strah-
lungsenergie, die Resorption im Organismus und die Verweildauer im Körper. Die meisten Aktinoi-
de sind α-Strahler, deren Strahlung eine kurze Reichweite und geringe Eindringtiefe hat. Das Ge-
fährdungspotential ist bei Inkorporation extrem hoch: durch die in der Regel hohen Strahlungsdosen
von α-Strahlern wird das empfindliche Zellgewebe von beispielsweise Lunge oder dem Ma-
gen-Darm-Trakt stark geschädigt. Aufgrund dessen ist die Beobachtung des Gefährdungspotentials
von Radionukliden in der Endlagerforschung von enormem Interesse.
Wechselwirkungen von Aktinoiden in ternären Systemen
Die Untersuchung des Verhaltens langlebiger Radionuklide - vor allem von Aktinoiden wie bei-
spielsweise 241Am (T1/2 = 18,1 a; α-Zerfall), welches in 237Np (T1/2 = 2,144∙106 a; α-Zerfall und Spon-
tanzerfall) zerfällt oder 244Cm (T1/2 = 432,2 a; α-Zerfall, Aussendung von γ-Strahlung), welches in 240Pu (T1/2 = 6563 a; α-Zerfall und Spontanzerfall)[13] zerfällt und deren weiteren Zerfallsprodukten -
nach einem Wassereinbruch und ihrer Freisetzung aus dem Abfallgebinde ist ein zentrales Thema in
der Endlagerforschung. Von besonderem Interesse ist hierbei die Geochemie der Aktinoide; ihre Re-
aktion mit der natürlichen Umgebung (gesteinsspezifische Lösungen), die Wechselwirkung mit den
Mineralphasen oder Gesteinsformationen[79], vorkommende Transportprozesse, mögliche Einflüsse
auf die Ausbreitungsgeschwindigkeit und generelle Wechselwirkungen und Reaktionen[15,56,80] ste-
hen dabei im Fokus der Forschung. Hauptsächlich finden Komplexierungs- und Redoxreaktionen,
Kolloidbildungen[81] und Wechselwirkungen mit den Mineraloberflächen statt und beeinflussen die
Mobilität der Aktinoide[22]. Gemeinhin ist die Mobilität und Löslichkeit von Aktinoiden in wässrigen
Systemen gering[23] und ihr Transport in der entsprechenden Matrix rein diffusionskontrolliert. Mit
Theoretische Grundlagen Chemie der f-Elemente
16
gelösten organischen Grundwasser-Komponenten stattfindende Komplexierungsreaktionen der Ak-
tinoide werden unter bestimmten Bedingungen als Auslöser für eine erhöhte Mobilität der Radio-
nuklide diskutiert[42,82]. Sie komplexieren stark mit hoch geladenen anionischen Liganden, was sich
mit Zunahme ihrer effektiven Ladung verstärkt.
Im Fernfeld-Bereich eines Endlagers spielen vor allem größere organische Verbindungen wie Hu-
minstoffe (Kapitel I.3) eine wichtige Rolle als mobile Träger von Aktinoiden. Allerdings bedeutet die
Assoziation von Aktinoiden an Kolloide nicht zwangsläufig eine erhöhte Mobilität, da die Kolloide
zu Agglomerierung, Sedimentation und Filtration sowie Sorptionsprozessen neigen. Eine Retention
solcher Kolloide findet bevorzugt bei hohen Ionenstärken, niedrigem pH-Wert und undurchlässigem
Gestein statt[23].
Neben der Ausfällung und Ko-Ausfällung ist die Sorption von Aktinoiden an Mineraloberflächen der
wichtigste Retentionsprozess. An der Oberfläche eines Minerals können verschiedene Sorptionspro-
zesse stattfinden, die die Mobilität eines Sorbens beeinflussen (Abbildung 1.6).
Abbildung 1.6: Sorptionsprozesse an Oberflächen, übernommen aus WELP[60].
Die innersphärische Komplexierung ist die wichtigste Sorptionsreaktion und basiert auf der direkten
Bindung mit kovalentem oder ionischem Anteil des Metallkations an die negativ geladene Oberflä-
che, wobei es zum teilweisen Verlust der Hydrathülle kommt. Diese Komplexe sind sehr stabil, im
Gegensatz zu den bei niedrigen pH-Werten vorherrschenden außersphärischen Komplexen, die
Theoretische Grundlagen Chemie der f-Elemente
17
hauptsächlich auf Van-der-Waals-Wechselwirkungen oder Dipol-Dipol-Wechselwirkungen basie-
ren. Vor allem organische Säuren, Kationen der Übergangsmetalle und Oxyanionen bilden mit den
Hydroxylgruppen der Oberfläche innersphärische Komplexe aus. Bei außersphärischen Komplexen
behält das Metall seine Hydrathülle und der Ligand koordiniert nur durch elektrostatische Wech-
selwirkungen[60]. Vor allem stark hydratisierte, einwertige Kationen bilden mit einer Oberfläche
schwache außersphärische Komplexe aus und verbleiben im diffusen Ionenschwarm[60]. Durch die
Ansammlung der Ionen in der diffusen Schicht und eine permanente negative Oberflächenladung
kommt es zur Ausbildung der elektrischen Doppelschicht.
Es ist bekannt, dass tri- und tetravalente Aktinoide in Lösung ternäre Komplexe der Form
Cax[An(III)(OH)n]3-n+2x (mit n = 3, 4 oder 6) und Ca4[An(IV)(OH)8]4+ bilden können[83]. Die Adsorpti-
on der Aktinoide findet hauptsächlich an Kanten von Kristallen und Mineralen statt, wo vier Sauer-
stoffatome zur tetraedrischen oder oktaedrischen Koordination zur Verfügung stehen, siehe Abbil-
dung 1.7. Prinzipiell ist jedoch die Unterscheidung der stattfindenden Prozesse Adsorption, Ausfäl-
lung oder Ionenaustausch nur spektroskopisch möglich, bevorzugt über Röntgenabsorptionsspekt-
roskopie.
Abbildung 1.7: Schematischer Aufbau der Tonminerale Kaolinit (links) und Illit (rechts). Dargestellt sind die
Tetraeder und Oktaeder, die durch Sauerstoff aufgebaut werden.
Rot gezeichnet: Sauerstoff-Atome, blau: Wasserstoff, grün: Silicium und orange: Aluminium, Grafik nach JASMUND[84].
Für Tonminerale wie beispielsweise Smektit und Illit ist bekannt, dass in die Zwischenschichten
Wassermoleküle, gelöste Ionen oder kleine polare organische Moleküle eindringen können und dort
adsorbiert werden. Ebenfalls ist eine Bildung ternärer Oberflächenkomplexe der Form
≡S-O-An/Ln(III)(OH)x(2-x)(H2O)5-x oder als Carbonat-Komplex der Form ≡S-O-An/Ln(III)CO3
0 und
≡S-O-An/Ln(III)OHCO3− möglich und bekannt[85]. Zusätzlich kann es durch Ausfällungsreaktionen
von beispielsweise Calcium-Silikat-Hydrat-Spezies oder Al(OH)3 an der Mineraloberfläche zur Bede-
ckung oder auch zum Einbau in die Kristallstruktur[86,87] kommen.
Theoretische Grundlagen Chemie der f-Elemente
18
Für eine Quantifizierung der Retention und in Durchführungs-Beurteilungs-Rechnungen wird der
Fest/Flüssig Verteilungskoeffizient Kd in einem gegebenen Grundwasser/Gestein-System (hauptsäch-
lich ohne Einsicht in unterliegende molekulare Reaktionsmechanismen) herangezogen. Dieser Wert
geht vom Gleichgewichtszustand zwischen adsorbiertem und in der Lösung befindlichem Feststoff
im System aus. Der Kd-Wert reagiert sehr sensitiv auf Änderungen des pH-Wertes oder der Ionens-
tärke der Lösung. Auf eine Berechnung der Verteilungskoeffizienten unter Berücksichtigung der
Randbedingungen/Umstände wird in Kapitel III genauer eingegangen.
Transport von gelösten Stoffen
Die Diffusion beschreibt das Phänomen der ungeordneten Teilchenbewegung innerhalb eines Sys-
tems. Dabei wird zwischen Transport- und Selbstdiffusion unterschieden. Die Selbstdiffusion be-
schreibt die Bewegung eines einzelnen Teilchens in der kinetischen Gastheorie (Brownsche Bewe-
gung). Diese Diffusion findet auch in Systemen statt, die sich im thermodynamischen Gleichgewicht
befinden[88]. Erfolgt die Bewegung mehrerer Teilchen entlang eines anliegenden Gradienten im
chemischen Potential, wird diese als Transportdiffusion bezeichnet. Hervorgerufen wird der Gradi-
ent durch Konzentrationsunterschiede im System, wodurch ein makroskopischer Stoffstrom jD
(Stofftransport) zu beobachten ist. Mathematisch beschrieben wird dieses Verhalten durch die Geset-
ze von FICK[88], hier in einfacher Form für einen Konzentrationsgradienten:
(1.4)
Der Diffusionsstrom D (mol∙m-2∙s-1) eines Stoffes ist abhängig vom Konzentrationsgradienten
, der
Weglänge x (m) und dem Diffusionskoeffizienten D (m2∙s-1), der spezifisch für das Material ist. Der
negative Konzentrationsgradient ergibt sich durch die gerichtete Bewegung der Teilchen im System
von hoher zu niedriger Konzentration.
Die Änderung des Konzentrationsprofils mit der Zeit wird durch das zweite FICKsche Gesetz be-
schrieben:
(1.5)
Theoretische Grundlagen Chemie der f-Elemente
19
Für die Diffusion in porösen Medien wie beispielsweise Ton müssen die Eigenschaften des Mediums
berücksichtigt werden. Eine wichtige Rolle spielt hierbei die Porosität ε des Festkörpers. Die dimen-
sionslose Kennzahl ist definiert durch das Verhältnis des Hohlraumvolumens VH zum Gesamtvolu-
men Vges[89]:
(1.6)
Für die Teilchenbewegung stehen nur die wassergesättigten Poren des porösen Materials zur Verfü-
gung, und es muss der Einfluss nicht durchströmbarer Poren berücksichtigt werden. Dieser geomet-
rische Einfluss auf die Transportwege wird als Tortuosität τ bezeichnet und berechnet sich aus dem
Quadrat der mittleren effektiven Weglänge leff des Transportweges zur Dicke der porösen
Schicht l[90]:
(1.7)
Unter Berücksichtigung dieser Faktoren[91] lässt sich der scheinbare (apparente) Diffusionskoeffi-
zient Da eines Mediums berechnen, der den effektiven Diffusionskoeffizienten De um den Einfluss
der Sorption mit Hilfe des dimensionslosen Gesteins-Kapazitätsfaktors α korrigiert[90]:
(1.8)
(1.9)
Hierbei beschreibt ρ die Dichte des Materials (g∙cm-3) und Kd den Distributionskoeffizienten für das
Fest-Flüssig System.
Der Transport gelöster Spezies in einem homogenen porösen Material mit konstantem Wasservolu-
men und stationären Durchflussbedingungen wird im Allgemeinen mit Hilfe der Konvektions-
Dispersionsgleichung beschrieben[92,93]:
(1.10)
Es stehen t für die Zeit, x für die zurückgelegte Weglänge, j die Fließgeschwindigkeit, c die Konzent-
ration des gelösten Stoffes (mol∙L-1). D beschreibt den Dispersionskoeffizienten und kann für die ver-
Theoretische Grundlagen Huminstoffe
20
schiedenen Raumrichtungen unterschiedliche Werte annehmen. Werden Sorptionsprozesse berück-
sichtigt, ergibt sich die Gesamtkonzentration Ct aus der Summe der gelösten und adsorbierten Spezi-
es[93]:
(1.11)
wobei Γ die Beladung der Oberfläche beschreibt (mol∙g-1).
Die allgemeine Konvektions-Dispersionsgleichung (Gleichung 1.10) bildet die Basis für die Berech-
nung von Stofftransport.
3. HUMINSTOFFE
Organische Bestandteile von Böden und insbesondere auch Tongestein spielen eine wichtige Rolle
bezüglich des physikalisch-chemischen Verhaltens von Metallen. Diese organischen Substanzen
können vor allem die Migration von Metallkationen beziehungsweise Aktinoiden nachhaltig beein-
flussen und bedürfen daher eingehender Untersuchung.
Ton enthält etwa ein Gewichtsprozent Kohlenstoff in Form von organischen Substanzen (total
organic carbon, TOC), wovon der Großteil kleine, hydrophile Substanzen wie Acetat, Formiat, Oxalat,
Laktat oder Propionat[94,95] sind. Diese Substanzen können mit Metallkationen (Chelat-)Komplexe
bilden und somit für eine Mobilisierung oder Immobilisierung (beispielsweise durch Ausfällung)
sorgen. Dies ist vor allem abhängig vom pH-Wert, der Ionenstärke der Lösung und der Temperatur,
sowie der thermodynamischen Stabilität der Komplexe. Ausführliche Beschreibungen des Einflusses
kleiner organischer Substanzen auf das Migrations- und Sorptionsverhalten von Aktinoiden finden
sich in der Literatur[96–102].
Die sogenannte Tonorganik besteht zu etwa fünf Prozent[103] aus höhermolekularen
(> 10 000 Da[104]) aromatischen Verbindungen, sogenannten Geopolymeren oder Huminstoffen. Die-
se entstehen beim Verrottungsprozess von Lebewesen und sind somit ubiquitär. Grundlegend kann
davon ausgegangen werden, dass sich Huminstoffe durch sequentielle Kondensation phenolischer
und aromatischer Verbindungen mit Proteinen bilden, was während des mikrobiellen Abbaus von
Biopolymeren geschieht[104]. Sie können das Endprodukt einer Reihe von Schiffschen Basen-
Reaktionen aus Proteinen und Lignin, der Verholzungsverbindung von Pflanzen, sein, worauf die
Theoretische Grundlagen Huminstoffe
21
ähnlichen chemisch-physikalischen Eigenschaften von Lignin-Protein-Komplexen und Huminstof-
fen hindeuten[105–107]. Ebenfalls denkbar ist, dass Huminstoffe bei der Reaktion von Tanninen und
Proteinen entstehen[108–110]. Ein weiterer wichtiger Reaktionspfad ist eine Maillard-Reaktion zwi-
schen Aminosäuren und Zuckern, die über weitere Schritte zur Entstehung von huminstoffartigen
Substanzen führt[111–113]. Dabei kann es zu Polykondensationen zwischen phenolischen Verbindun-
gen und Aminosäuren kommen, die durch Minerale im Boden sogar katalysiert werden[114].
Huminstoffe werden in drei Gruppen unterteilt: in die unlöslichen Humine sowie die gut löslichen
Fulvinsäuren, und Huminsäuren, wobei letztere nur im Alkalischen löslich sind[115]. Obwohl Hu-
minstoffe spektroskopisch untersucht wurden[116,117], ist ein einheitlicher chemischer Aufbau dieser
Moleküle nicht festlegbar, allerdings sind häufig gleiche und wiederkehrende Grundstrukturen er-
kennbar. Der Kohlenstoffgehalt liegt meistens über 50%, wobei manche Huminstoffe auch geringere
Gehalte aufweisen können. Abbildungen 1.8 und 1.9 zeigen einen wahrscheinlichen Strukturaus-
schnitt aus dem Aufbau eines Huminstoffes.
Abbildung 1.8: Vermutete Struktur von Huminstoffen nach SCHULTEN[118] in zweidimensionaler Ansicht.
CN
OO
HO
O
HO
O
HO
HO
O
OH
O
HN
HO
HO
CH3
HO
HO
OH
O
O
OH
CH3
OH
OH
OH
O
CH3
OH
O
HO
O
HO
OO
H3C
O
O
NH
H3C
OH
O
HO
CH3
O
O
CH3
O
O
HO
H3C
O
C
N
H3C
H3C
OH
HOO
OH
CH3
O
OH
HO
O
O
N
HO
OH
O
HO
O
O
Theoretische Grundlagen Huminstoffe
22
Abbildung 1.9: Vermutete Struktur von Huminstoffen nach SCHULTEN[118] in dreidimensionaler Ansicht. Grau
dargestellt sind die Kohlenstoffatome, weiß die Wasserstoffatome, rot die Sauerstoffatome und blau die Stickstoffatome.
Deutlich erkennbar sind Benzol-, Benzoesäure-, Phthalsäure-, Naphthalin, Pyridin- oder auch
Furanderivate, die hauptsächlich durch aliphatische Gruppen miteinander verknüpft sind. Zusätzlich
treten Amino-, Amid-, Carboxy-, und Methoxy-Verknüpfungen auf. Die Arbeitsgruppe um
PLANCQUE[119] dokumentierte anhand von Fulvinsäuren in welche Bestandteile Huminstoffe während
einer Elektrospray-Ionisierung zerfallen(dargestellt in Abbildung 1.10). Somit können Benzoesäure
und n-Butylbenzol als kleinste und häufigste Bausteine von Huminstoffen angenommen werden.
Theoretische Grundlagen Huminstoffe
23
Abbildung 1.10: Bausteine von Huminstoffen.
Da der Großteil des Wasserstoffs (etwa 80%[120]) im Huminstoffmolekül fest an Kohlenstoff gebun-
den ist, ergibt sich für dissoziierbare Protonen eine Kapazität von etwa 10 meq∙g-1. Hinsichtlich der
Bindung von Metallkationen an Huminstoffe sind die Gruppen mit austauschbaren Protonen von
Wichtigkeit. Huminstoffe enthalten viele schwach saure funktionelle Gruppen, vor allem phenoli-
sche und carboxylische Gruppen. Huminsäure und Fulvinsäure haben aufgrund ihrer strukturellen
Eigenschaften mehrere Dissoziationsstufen. Über potentiometrische Untersuchungen wurden für die
in dieser Arbeit als Modell für Huminstoffe verwendete Fulvinsäure pKS-Werte von ungefähr 4 für
die starken Carboxylgruppen und 6,2 für die schwachen Carboxylgruppen ermittelt. Eine Stufe für
die Dissoziation der phenolischen Hydroxylgruppen konnte nicht eindeutig belegt werden[121]. Da-
mit liegt der pKs-Wert für die carboxylischen Gruppen im ähnlichen Bereich wie 3-
Hydroxybenzoesäure[122]. Aus diesem Grund haben die carboxylischen funktionellen Gruppen im
umweltrelevanten pH-Wertbereich den größten Einfluss auf das Verhalten eines Huminstoffes und
produzieren eine permanente negative Gesamtladung des Moleküls. Die wenigen Aminogruppen
können beispielsweise für die Bindung bestimmter Metallkationen eine Rolle spielen[123], ebenso
schwefelhaltige funktionelle Gruppen - für beispielsweise Quecksilber.
Aufgrund der Vielfalt der chemischen Grundbausteine sind Huminstoffe Polyelektrolyte und spielen
eine wichtige Rolle in Transportprozessen von Metallkationen[124] beziehungsweise Aktinoiden[15–17]
in Boden und Wasser. Es wird vermutet, dass Huminstoffe Metalle (also auch Aktinoiden im Fernbe-
reich eines Endlagers) durch die Bildung von innersphärischen Komplexen in Abhängigkeit des pH-
Theoretische Grundlagen Huminstoffe
24
Wertes[18,125] mobilisieren[126–129] und sie in wasserlöslicher Form zusammen mit dem Grundwasser
transportiert werden.
Die sauerstoffhaltigen chemischen Gruppen koordinieren mit den Metallkationen, hauptsächlich mit
Erdalkalimetallen wie Calcium und Magnesium[16,130], wobei diese unterschiedliches Verhalten zei-
gen. Beide Erdalkalimetalle koordinieren fast ausschließlich an die carboxylischen Gruppen, jedoch
zeigt Calcium die stärkere Wechselwirkung (siehe Anhang A I für Stabilitätskonstanten). Magnesi-
um scheint weniger stark an den Huminstoff gebunden zu sein, weil es vermutlich eher zu elektro-
statischen Wechselwirkungen in der Donnan-Phase des Huminstoffes neigt[131] (vgl. Kapitel III.3).
Oft werden mehrwertige Metallkationen auch chelatisiert, wohingegen einwertige Kationen wie
Natrium oder Kalium elektrostatische Bindungen zu einzelnen anionischen Gruppen des Huminstof-
fes ausbilden können. Hierbei konkurrieren Protonen (H+) mit den einwertigen Metallkationen um
die anionischen Bindungsstellen des Huminstoffes. Die reine Komplexierung von Huminstoffen mit
Aktinoiden wurde in der Literatur bereits beschrieben[132–134], allerdings werden Konkurrenzeffekte
erst seit kürzerer Zeit berücksichtigt[135,136] und Untersuchungen bei sehr hohen Ionenstärken stehen
aus.
Huminstoffe wechselwirken durch ihre assoziierte elektrische Doppelschicht mit Mineraloberflä-
chen[137,138], wobei die Adsorptionsmechanismen Ligandenaustausch, Wasserstoffbrückenbindungen,
Metallbrückenbindungen, Van-der-Waals-Wechselwirkungen oder hydrophobe Wechselwirkungen
sind[95]. Es ist bekannt, dass die Adsorption von Metallkationen im Aquifer an Tongesteinen[103,139–
142] beziehungsweise Tonmineralien wie Kaolinit[17,19,20,30], Montmorillonit[143] oder Illit[144] durch
Wechselwirkungen mit Huminstoffen beeinflusst wird. Für diese Prozesse spielen vor allem der pH-
Wert und die Ionenstärke der Lösung eine wichtige Rolle. Eine geringe Salinität beeinflusst die
Komplexbildung von Huminstoffen mit Metallkationen wenig bis gar nicht[21], wohingegen bei hö-
heren Elektrolytkonzentrationen Konkurrenzreaktionen oder elektrostatische Wechselwirkungen
auftreten können[120]. Für Huminstoffe wird eine spezifische Oberfläche von etwa 5 000 m2∙g-1[120]
angenommen. Die Vorgänge im System sind signifikant vom pH-Wert abhängig, so dass dieser bei
den Wechselwirkungen von Huminstoffen mit ihrer Umgebung der Schlüsselparameter ist[115]. In
Abhängigkeit des pH-Wertes (und auch der Ionenstärke der Lösung) können Huminstoffe durch ihre
flexible Struktur eine gekräuselte Konformation eingehen (sog. curling), was ihre Eigenschaften ver-
ändern kann. Beispielsweise wird bei steigender Ionenstärke eine verstärkte Adsorption an Mineral-
phasen[145] beobachtet, da die elektrostatische Abstoßung der negativen Ladungen des Huminstoffes
und der Mineraloberfläche abgeschirmt werden.
Grundlagen der Fluoreszenzspektroskopie Lumineszenzprozesse
25
II. GRUNDLAGEN DER FLUORESZENZSPEKTROSKOPIE
LUMINESZENZPROZESSE
Bei der Fluoreszenzspektroskopie wird die Lumineszenz beobachtet, die bei der Relaxation der ange-
regten Energieniveaus eines Atoms entsteht. Damit ein daraus resultierendes Spektrum interpretiert
werden kann, bedarf es der Kenntnis der elektronischen Struktur, der quantenmechanischen Aus-
wahlregeln für die Übergänge zwischen den elektronischen Niveaus, sowie des Einflusses des Ligan-
denfelds auf die elektronische Struktur des Ions.
Bei den f-Elementen ist die Wechselwirkung mit einem Ligandenfeld nur gering ausgeprägt, basie-
rend auf der starken Abschirmung der diffusen f-Niveaus durch die s- und p-Niveaus. Dies ist be-
sonders stark bei den Lanthanoiden ausgeprägt, da die f-Niveaus relativistisch destabilisiert und die
darin liegenden Elektronen schwächer lokalisiert sind. Dennoch bedingt die Wechselwirkung mit
dem Ligandenfeld eine Aufspaltung und/oder eine Verschiebung der Energieniveaus, so dass Aussa-
gen über die Koordinationssphäre eines Lanthanoids oder Aktinoids möglich sind[72,86,146,147] [72,86,146,147].
Abbildung 2.1: Termschema nach JABLONSKI[148]. Dargestellt sind die Anregungen der Singulett-Zustände (S), der
strahlungslose Energieübergang inter system crossing (ISC) in einen Zustand anderer Multiplizität (hier Triplett, T), sowie
die Relaxationen in die Grundzustände und daraus ableitbare Spektren.
Als Lumineszenz wird die Eigenschaft eines Stoffes beschrieben, durch elektrische, chemische, me-
chanische oder durch Strahlung hervorgerufene Aktivierung Licht zu emittieren. Diese Emission
kann in Fluoreszenz und Phosphoreszenz unterteilt werden, was meistens anhand der jeweiligen
Lebensdauer geschieht, als direkte Einteilung jedoch zu ungenau ist. Vielmehr lassen sich beide Vor-
gänge anhand der elektronischen Übergänge definieren: Die Fluoreszenz beschreibt erlaubte Über-
Grundlagen der Fluoreszenzspektroskopie Lumineszenzprozesse
26
gänge zwischen Niveaus mit identischem Spin (ΔS = 0), während die Phosphoreszenz Übergänge mit
Spinwechsel (ΔS ≠ 0) oder Wechsel der Multiplizität (Abbildung 2.1: von Singulett S in Triplett T)
beschreibt, die durch inter system crossing (ISC) hervorgerufen werden. Da die Abregung in den
Grundzustand Spin-verboten ist, erfolgt die Rückkehr langsamer (zwischen 0,1 ms und 100 s) als bei
der Fluoreszenz (zwischen 1 ns und 1 µs)[88].
Die stattfindenden elektronischen Übergänge werden mit Hilfe von Quantenzahlen beschrieben. Die
Hauptquantenzahl n definiert das Hauptniveau/die Schale für den elektronischen Zustand des Elekt-
rons (n = 6 für Lanthanoide und n = 7 für Aktinoide). Für den Bahndrehimpuls beziehungsweise die
Form des Orbitals, in welchem sich das Elektron befindet, wird die Nebenquantenzahl l herangezo-
gen. Sie kann die folgenden Werte annehmen, um die Orbitale zu beschreiben: l = 0 (s-Orbital), l = 1
(p-Orbital), l = 2 (d-Orbital) und l = 3 (f-Orbital). Die magnetische Quantenzahl m beschreibt die
räumliche Orientierung des Bahndrehimpulses des Elektrons und kann dabei die folgenden Werte
annehmen: ml = -l, -(l-1), …, (l-1), l. Für mehrere Elektronen im gleichen System werden diese Werte
summiert, um den gesamten elektronischen Bahndrehimpuls L zu erhalten. Für die Werte von L gel-
ten die folgenden Bestimmungen bezüglich der Benennung: 0 = S, 1 = P, 2 = D, 3 = F, 4 = G, 5 = H,
6 = I, 7 = K usw. Die Werte der Spinquantenzahl ms (als „Eigendrehimpuls“ der Elektronen
veranschaulichbar), die ein Elektron annehmen kann, sind +
und -
, die für Mehrelektronen-
Systeme unter Berücksichtigung der HUNDschen Regeln[149] summiert werden, um den gesamten
Spin S und die Spinmultiplizität (2S+1) zu bestimmen. Um die Energieniveaus zu beschreiben, wer-
den diese Quantenzahlen zu Termsymbolen zusammengefasst[150,151]. Bei schweren Atomen wie Lan-
thanoiden und Aktinoiden muss beachtet werden, dass die Wechselwirkung der Valenzelektronen
aufgrund der Ausdehnung der f-Orbitale geringer ist als die Spin-Bahn-Kopplung. Dabei werden die
Spins s und die Bahndrehimpulse l jedes einzelnen Elektrons zum Gesamtdrehimpuls j gekoppelt,
welche summiert den Gesamtdrehimpuls des Atomzustandes beschreiben. Dies wird als jj-Kopplung
bezeichnet, unterscheidet sich hinsichtlich der Termsymbolik jedoch nicht von der RUSSEL-
SAUNDERS-Kopplung. Es werden der Gesamtbahndrehimpuls L, die Spinmultiplizität 2S+1 und der
Gesamtdrehimpuls J (mit ) wie folgt zusammengesetzt: 2S+1LJ[152]. Beispielsweise
ergibt sich für Tb(III) mit 4f8 der gesamte elektronische Grundzustand 7F6 (mit l = 3; ml = -3, …, 3;
L = 3 = F; ms = 6 ∙
; S = 3; Spinmultiplizität = 7; J = 6, …, 0). Gemäß der vierten HUNDschen Regel ist
der Zustand mit minimaler Gesamtdrehimpulsquantenzahl J bei maximal halb gefüllten Unterscha-
len am stärksten gebunden. Aus diesem Grund hat Eu (III) den Grundzustand 7F0 (mit l = 3;
ml = -3, …, 3; L = 3 = F; ms = 6 ∙
; S = 3; Spinmultiplizität = 7; J = 6, …, 0). In Abbildung 2.2 sind die
elektronischen Niveaus von Europium und Terbium dargestellt.
Grundlagen der Fluoreszenzspektroskopie Lumineszenzprozesse
27
Abbildung 2.2: Energieniveaus für Europium und Terbium nach RICHARDSON[153]. Übergang vom Grundzustand
in den angeregten, energetisch stabilen Zustand: 7F0 5D0 für Europium und 7F6 5D4 für Terbium.
Durch energetische Direktanregung werden die Elektronen in höhere Niveaus gehoben, im Fall von
Europium auf das energetisch stabile 5D0- und bei Terbium auf das 5D4-Niveau. Anhand der Lumi-
neszenz aufgrund der Relaxation in energetisch niedrigere Zustände kann mit Hilfe der Laser-
Fluoreszenzspektroskopie (time resolved laser fluorescence spectroscopy) der Komplexierungszustand
und die chemische Umgebung der Elemente untersucht werden. Vorteilhaft ist die hohe Empfind-
lichkeit der Methode, so dass Messungen sogar bis in den nanomolaren Bereich möglich sind (bei-
spielsweise für Cm(III)[154]). Genau genommen werden bei diesen Experimenten eigentlich Phospho-
reszenz-Prozesse gemessen, da Relaxation von einem Quintett-Zustand (D) in den Grundzustand
(Septett, F) und somit eine Änderung des Spins stattfindet[86]. Aufgrund der Konvention bezüglich
„Fluoreszenzspektroskopie“ in der gängigen Literatur wird in dieser Arbeit jedoch auch durchge-
hend der Terminus „Fluoreszenz“ verwendet.
Die Wechselwirkungen des Ligandenfelds mit Aktinoiden können so stark sein, dass sie die spekt-
roskopischen Eigenschaften des Ions beeinflussen und eine weitere Aufspaltung der Ligandenfeldni-
Grundlagen der Fluoreszenzspektroskopie Lumineszenzprozesse
28
veaus erfolgt. Hierbei kann eine Verschiebung der Emissionsbanden oder deren Aufspaltung durch
Separation der Einzelniveaus stattfinden[155].
Bis auf den 5D0 7F1 Übergang im Fall von Europium sind alle in Abbildung 2.2 dargestellten
Übergänge elektrische Dipolübergänge und aus diesem Grund paritätsverboten‡. Das heißt, dass die
chemische Umgebung nur geringen Einfluss auf die Intensität der entsprechenden Emissionsbanden
hat. Der 5D0 7F2 Übergang stellt die Ausnahme dar und findet im Falle einer Komplexierung des
Eu(III) statt, weshalb er durch das Ligandenfeld beeinflusst wird. Dies wird als hypersensitiver Effekt
bezeichnet. Der 5D0 7F1 Übergang hingegen ist ein magnetischer Dipolübergang und ist aus die-
sem Grund paritätserlaubt. Er wird nicht durch das Ligandenfeld beeinflusst, weshalb das Intensi-
tätsverhältnis beider Übergänge, in Kurzform F1:F2, als Maß für die Komplexierung von Eu(III) her-
angezogen werden kann. Der 5D0 7F0 Übergang weist die geringste Intensität aller Signale auf, da
er ausschließlich bei Ligandenfeldwechselwirkungen und abgeschwächtem Spin-Verbot beobachtbar
ist. Ist die Koordinationsgeometrie des Ions sehr symmetrisch, nimmt die Intensität dieses Übergan-
ges ebenfalls ab, weshalb bei dem Komplex [Eu(H2O)9]3+ mit einer Struktur eines dreifach überkapp-
ten trigonalen Prismas dieses Signal äußerst schwach ausgeprägt ist oder fehlt. In Anwesenheit eines
Liganden ändert sich die Koordination des Eu(III) zu einer weniger symmetrischen Geometrie, wes-
halb der 5D0 7F0 Übergang im Emissionsspektrum sichtbar wird[153].
Beim Terbium sind im Gegensatz zu Eu3+ alle 5D4 7FJ Übergänge struktursensitiv, wobei 7F1 und 7F2 aufgrund der geringen Intensität eine untergeordnete Rolle spielen. Eine Hypersensitivität liegt
bei allen Übergängen nicht vor, allerdings ist es möglich, strukturelle Informationen aus den 5D4 7F5 und 5D4 7F3 zu ermitteln. Vor allem 5D4 7F5 ist dafür sehr geeignet, da dieser Über-
gang auch unter variablen chemischen Bedingungen am intensivsten ist und bei ausreichend guter
Auflösung Informationen über das Ligandenfeld gibt[153].
Durch zeitaufgelöste Messungen ist beispielsweise eine Charakterisierung adsorbierter Spezies, wie
oberflächengebundener Aktinoiden[156,157] möglich. Prinzipiell wird zwischen drei grundlegenden
Arten unterschieden: Emissionsspektren, Exitationsspektren und Lebensdauer-Messungen. Durch
Sorptionsprozesse verändert sich die erste Koordinationssphäre des Aktinoids, was zu einer Ver-
schiebung oder Intensitätsveränderung der Signale im Emissionsspektrum führt. Indem relative Ab-
stände zu koordinierten Liganden und die Symmetrie bestimmt werden, kann auf strukturelle Para-
meter wie Atomabstände, Anzahl und Typus der Nachbarn geschlossen werden[23,158]. Die Lebens-
dauer des angeregten Zustandes ist von der Übergangswahrscheinlichkeit abhängig[159], bezogen auf
die untersuchten Spezies demnach von der Anzahl und Art der Liganden. Die Fluoreszenzabnahme
folgt einem Zerfallsgesetz erster Ordnung[88,160]. Wassermoleküle aus der ersten Koordinationssphä-
re des Ions können Energie aus dem angeregten Zustand aufnehmen und sorgen somit für eine ver-
‡ Die Parität beschreibt das symmetrische Verhalten eines Systems gegenüber der räumlichen Spiegelung an einem Inversi-onszentrum.
Grundlagen der Fluoreszenzspektroskopie Lumineszenzprozesse
29
kürzte Fluoreszenzlebensdauer. Demnach erhöht sich die Lebensdauer im Allgemeinen, wenn Was-
sermoleküle aus der ersten Koordinationssphäre durch andere Liganden ausgetauscht werden oder
das Ion kristallchemisch eingebaut wird[161].
Das Abklingverhalten der Lebensdauerkurve gibt Aufschluss über die mögliche Anzahl der Spezies
in der untersuchten Lösung[128,133], wodurch eine Existenz von beispielsweise ternären Oberflächen-
oder Ligandenkomplexen belegt[162]oder die Anzahl von Wassermolekülen in der ersten Koordinati-
onssphäre eines Lanthanoids bestimmt[161] werden kann. Diese werden für aquatische Systeme mit
Hilfe der Gleichung nach HORROCKS[161] bestimmt:
(2.1)
Wobei n die Anzahl der Wassermoleküle, A eine empirische Proportionalitätskonstante für das beo-
bachtete Ion und und die Lumineszenz-Zerfallskonstanten in Wasser beziehungsweise
deuteriertem Wasser sind.
Bei Anwesenheit eines Liganden mit einem konjugierten π-System sind für dreiwertige Lanthanoide
(vor allem Eu3+, Tb3+. Dy3+ und Sm3+) Antenneneffekte bekannt, wodurch sie Licht im sichtbaren
Bereich emittieren können. Dabei wird absorbierte Energie aus dem aromatischen System des Li-
ganden auf die Elektronen der 5d-Niveaus übertragen (Abbildung 2.3), die dadurch in das 4f-Orbital
gehoben werden und von dort aus sichtbares Licht beim relaxieren emittieren[163].
Abbildung 2.3: Darstellung des Antenneneffekts für Eu3+aq mit einem Liganden. Dargestellt ist die Lumineszenz
der sichtbaren Übergänge (Pfeile) sowie die möglichen Energietransferschritte (ET) innerhalb des Liganden sowie vom
Liganden zum Eu3+ und zurück. Werte aus SINHA[164], Darstellung nach ALPHA
[165] und KUMKE[163].
Beschreibung von mobilitätsbestimmenden Prozessen durch Modelle Konzeptionelle Modelle
30
III. BESCHREIBUNG VON MOBILITÄTSBESTIMMENDEN PROZESSEN
DURCH MODELLE
1. KONZEPTIONELLE MODELLE
Um die Vorgänge in dem komplexen System Opalinuston/Radionuklid/Huminstoff unter dem Ein-
fluss hoher Ionenstärken verstehen zu können, ist die Beschreibung durch Modelle notwendig. In
einfachen Modellen, die Durchbruchskurven und Strömungsprofilen eines Pseudo-
Dreiphasensystems beschreiben (vgl. LIPPOLD[166]), wird davon ausgegangen, dass Huminstoffe im
gewählten System mobil sind. Dies lässt sich unter bestimmten chemischen Bedingungen nicht ge-
währleisten, weshalb eine mögliche Adsorption in Betracht gezogen werden muss. Sie ist abhängig
von den Wechselwirkungen zwischen den gelösten Spezies und lässt sich mit Hilfe von Distributi-
onskoeffizienten beschreiben.
Zur Ermittlung des Verteilungskoeffizienten kann im einfachsten Fall die lineare Adsorption, die auf
der Henry-Isotherme basiert, angenommen werden. Das Sorptionsgleichgewicht und damit der Kd-
Wert (L∙g-1) werden wie folgt beschrieben:
(3.1)
Hierbei beschreibt Γ die Beladung des Sorbents und ceq die Konzentration [mol∙L-1] des Sorptivs in
Lösung im Gleichgewicht[167].
In Anwesenheit eines Liganden wird die Beladung durch das Metall und den Metall-Liganden-
Komplex addiert, analog dazu die Konzentration[168–170]:
(3.2)
Kd beschreibt den Verteilungskoeffizienten [L∙g-1], ΓM [g∙g-1] die Beladung der Oberfläche durch das
Metallion, ΓM-L [g∙g-1] die Beladung der Oberfläche durch den Metallion-Liganden(L)-Komplex, cM
[g∙L-1] die Konzentration des freien Metallions in Lösung und cM-L [g∙L-1] die Konzentration des
Metallion-Liganden-Komplexes in Lösung. Von diesem additiven, linearen Ansatz wird auch beim in
dieser Arbeit angewendeten linear additive model ausgegangen, welches in Kapitel III.2 beschrieben
ist.
Beschreibung von mobilitätsbestimmenden Prozessen durch Modelle Konzeptionelle Modelle
31
Diese einfachen Modelle berücksichtigen jedoch keine Sättigungsbeladung und sind ausschließlich
bei geringen Sorbat-Konzentrationen gültig. Zudem können sie vor allem in natürlichen Systemen
von einer großen Anzahl von Variablen abhängig sein, welche die Randbedingungen, wie beispiels-
weise den pH-Wert oder die Ionenstärke der Lösung, festlegen. Aus diesem Grund sind für eine rea-
listische Beschreibung detaillierte Modelle nötig, die mögliche Einflüsse und Effekte im System, wie
Änderungen in der Speziation oder konkurrierende Adsorptionsprozesse, berücksichtigen. Bei die-
sen Oberflächen-Komplexierungs-Modellen wird von folgenden Reaktionen an der Oberfläche aus-
gegangen (hier beispielhaft mit Protonen):
≡S-OH + H+ ⇄ ≡S-OH2+ (3.3)
≡S-OH ⇄ ≡S-O- + H+ (3.4)
Für die Beschreibung der Adsorption von Ionen an einer fest-flüssig Phasengrenze können verschie-
dene Grundmodelle angenommen werden[60,171], welche in Abbildung 3.1 schematisch dargestellt
sind.
Abbildung 3.1: Wichtigste Vertreter der Oberflächenkomplexierungsmodelle: A: constant capacitance model
(CCM), B: diffuse layer model (DLM)[172] und C: charge-distribution multi-site surface complexation model (CD-
MUSIC)[173,174].
Alle diese Modelle gehen von einer reinen Oberflächenadsorption nach definierter Stöchiometrie
sowie einer festen Anzahl an Sorptionsplätzen aus und berücksichtigen elektrostatische Wechsel-
wirkungen. Betrachtet wird die Veränderung des Oberflächenpotentials Ψ in Abhängigkeit des Ab-
standes von der Oberfläche. Wie in Abbildung 3.1 ersichtlich, betrachten diese Modelle eine unter-
schiedliche Anzahl zwischen einer und drei diffusen Schichten: ausgehend von der starren Helm-
holtz-Schicht, welche direkt an die Potentialquelle angrenzt bis über eine oder mehrere diffuse
Schichten, welche dadurch inner- und außersphärische Komplexe (vergleiche Kapitel I.2) beschrei-
Beschreibung von mobilitätsbestimmenden Prozessen durch Modelle Konzeptionelle Modelle
32
ben können. Das CD-MUSIC Modell nimmt im Gegensatz zu den anderen Modellen eine Ladungsver-
teilung statt einer Punktladung an.
In dieser Arbeit stehen die organischen Substanzen im Ton im Vordergrund, bei denen die Anwen-
dung dieser (Mineral-)Oberflächenkomplexierungsmodelle versagt. Die Liganden sind sehr hetero-
gen und weisen eine Vielzahl verschiedener Bindungsstellen mit unterschiedlichen Affinitäten zu
Metallkationen auf, die im Komplexierungsmodell berücksichtigt werden müssen[141]. Zudem kön-
nen Faktoren wie Herkunft des Huminstoffes, seine Zusammensetzung oder der Verrottungsgrad die
Kationenbindung beeinflussen. Bei der Beschreibung der Huminstoff-Metall-Komplexe wird in der
Regel von unterschiedlichen Bindungsplätzen ausgegangen, weshalb ermittelte Stabilitätskonstanten
in der Literatur stark variieren können. Zur von den Untersuchungsbedingungen unabhängigen Be-
schreibung einer Konstante wird vom Prinzip der Ladungsneutralität ausgegangen, bei der Metallio-
nen die gleiche Anzahl an Austauschplätzen wie Protonen am Huminstoff belegen. Prinzipiell sind
allerdings nicht alle protonenaustauschenden Plätze für das Metallion verfügbar, was meistens auf
sterischer Hinderung basiert. Je nach pH-Wert der Lösung, Ionenstärke und Art des Huminstoffes
und Metallions ist nur ein bestimmter Anteil der Austauschplätze verfügbar, der durch die Katio-
nenaustauschkapazität beschrieben wird[120].
Darauf basierend lassen sich konditionelle Komplexbildungskonstanten log β von Huminstoff-
Metallkomplexen bestimmen und für den jeweiligen Typ vergleichen. In Tabelle 3.1 sind log β-
Werte aus der Literatur für die in dieser Arbeit verwendeten Komponenten Eu(III), Tb(III) und Ful-
vinsäure aufgelistet. Im Anhang A I findet sich eine Übersicht für log β Werte diverser Huminstoff-
Metallkomplexe.
Beschreibung von mobilitätsbestimmenden Prozessen durch Modelle Konzeptionelle Modelle
33
Tabelle 3.1: Stabilitätskonstanten für Fulvinsäure-Komplexe mit Eu(III) und Tb(III).
pH I [mol∙l-1] log β Quelle
Eu(III)
5 0,1 5,9 SAMADFAM[30]
4,7 0,1 7 YAMAMOTO[175]
4,5 0,1 6,49 BERTHA[176]
2,7 0,1 6,2 BIDOGLIO[177]
2,7 1 6 BIDOGLIO[177]
5,56 0,1 5,95 BIDOGLIO[177]
5,56 1 6 BIDOGLIO[177]
6,51 0,1 6 BIDOGLIO[177]
6,51 1 6,4 BIDOGLIO[177]
5 0,1 5,84 RABUNG[178]
Tb(III) 4,7 0,1 6,75 YAMAMOTO
[175]
5,56 0,1 5,95 BIDOGLIO[177]
Die aufgeführten Werte sind abhängig von der Art und Herkunft des Huminstoffes, dem pH-Wert
und der Ionenstärke. Um eine von den genannten Parametern unabhängige Komplexbildungskon-
stante β zu ermitteln, muss die Ladungskapazität des Huminstoffes betrachtet werden. KIM et al.[179]
entwickelten aus diesem Grund das Ladungsneutralitätsmodell (Metal Ion Charge Neutralisation Mo-
del, MICN), welches die Komplexbildungskonstante um den Korrekturfaktor der Ladungskapazität
erweitert. Zur Bestimmung der Ladungskapazität werden Komplexierungsversuche mit ansteigender
Metallkonzentration durchgeführt.
Zur Beschreibung des Bindungsverhaltens von Metallkationen an Huminstoffe kommen im Wesent-
lichen neben einfachen statistischen Verteilungs-Modellen[180] zwei detaillierte Ansätze zur Anwen-
dung: das Model VI nach TIPPING[120] und das NICA-Donnan Model. In den einfachen Modellansätzen
wird zumeist davon ausgegangen, dass die aziden funktionellen Gruppen des Huminstoffes als eine
Einheit monoprotonischer Säuren angenommen werden, während bei den detaillierten Modellansät-
zen von unterschiedlichen funktionellen Gruppen ausgegangen wird.
Der Unterschied zwischen den beiden genannten, detaillierten Modellansätzen besteht in der An-
nahme verschiedener Affinitätsverteilungen über den Huminstoff. Beim Model VI wird von diskreten
Verteilungen ausgegangen, denen in Gruppen für die Protonen- und Metallbindungen feste Werte
zugeordnet werden können, die gleichmäßig um einen Mittelwert verteilt sind. Elektrostatische Ef-
fekte sind durch einen BOLTZMANN-Faktor berücksichtigt, so dass zu optimierende Modellparameter
klein gehalten werden, weshalb in dieser Arbeit der Fokus auf das NICA-Donnan Model gelegt wur-
Beschreibung von mobilitätsbestimmenden Prozessen durch Modelle linear additive model
34
de, welches in Kapitel III.3 detailliert erklärt wird. Für eine Beschreibung der Kationenbindung an
Huminstoffe bei stark erhöhten Ionenstärken können allerdings beide genannten Modelle unzurei-
chend sein. Es sollten die elektrostatischen Wechselwirkungen der Ionen, also ihre Coulombschen
Anziehungs- und Abstoßungskräfte berücksichtig werden. Grundlegend wird dieses Verhalten durch
die Debye-Hückel-Gleichung[181,182] mit Hilfe von Aktivitätskoeffizienten beschrieben. Bei hohen
Ionenstärken ist die Gleichung nicht mehr ausreichend und muss um weitere Parameter
(Virialkoeffizienten) erweitert werden, wie beispielsweise in den durch PITZER[183] entwickelten Glei-
chungen.
2. LINEAR ADDITIVE MODEL
Generell soll das linear additive model nach ZACHARA[29] einen Überblick über das Verteilungsverhal-
ten eines Metalls im ternären System Oberfläche/Metall/Huminstoff liefern, um damit eine Grundla-
ge für weiterführende Modellrechnungen zu schaffen[166]. Unter der Berücksichtigung der Adsorpti-
on des Huminstoffes geht es von den drei grundlegenden Wechselwirkungen der binären Systeme
im ternären System aus, wie in Abbildung 3.2 dargestellt ist.
Abbildung 3.2: Linear additive model für die Adsorption von Metall (M) an einer Oberfläche in der Gegenwart
von Huminstoffen (HS). Die drei Grundprozesse sind die Adsorption des Metalls an die Oberfläche, die Komp-
lexierung des Metalls mit dem Huminstoff und die Adsorption des Komplexes an die Oberfläche.
Aufgrund ihrer Größe und ihres physikalisch-chemischen Verhaltens werden Huminstoffe als eine
dispers verteilte Pseudo-Festphase angesehen, also ein Sorbent, welcher selbst adsorbiert werden
kann. Es wird angenommen, dass in diesem ternären System der Huminstoff die intrinsischen Ei-
Beschreibung von mobilitätsbestimmenden Prozessen durch Modelle linear additive model
35
genschaften der Oberfläche nicht beeinflusst[29,30,125,166], die drei Grundprozesse unabhängig vonei-
nander und reversibel verlaufen und von einer linearen Adsorption ausgegangen werden kann.
Das linear additive model geht von folgenden Annahmen aus[178]:
- Das Metall wird ausschließlich adsorbiert, und es findet keine (Ko-)Ausfällung statt,
- das System befindet sich insgesamt im chemischen Gleichgewicht,
- die Menge an adsorbierten Metallkationen ist geringer als die Sorptionskapazität der Ober-
fläche und
- die einzelnen Wechselwirkungen finden unabhängig voneinander statt[29,125,184].
Das linear additive model kann durch seine Annahmen nicht direkt für eine quantitative Beschrei-
bung herangezogen werden. Vielmehr lassen sich mit dessen Hilfe Trends und Vorhersagen bezüg-
lich des Verteilungsverhaltens des Metalls formulieren und Einflüsse von Huminstoff, pH-Wert und
Ionenstärke bestimmen. Die Distributionskoeffizienten der drei Gleichgewichte lassen sich aus Ad-
sorptions- und Komplexierungsmessdaten erheben und anhand der Gleichungen 3.5 - 3.7 beschrei-
ben.
Für das binäre System Metall/Oberfläche ergibt sich der fest-flüssig Verteilungskoeffizient KdM/S
(L∙g-1):
(3.5)
wobei ΓM (mol∙g-1) die Menge an adsorbiertem Metall und cM (mol∙L-1) die Konzentration des freien
Metalls in Lösung in Abwesenheit des Huminstoffes beschreibt.
Analog dazu lässt sich der Verteilungskoeffizient KdHS/S (L∙g-1) für den Huminstoff an der Oberfläche
berechnen, wobei angenommen wird, dass die Adsorption unbeeinflusst von der Komplexierung ist:
(3.6)
ΓHS (g∙g-1) beschreibt die Menge an adsorbiertem Huminstoff (einschließlich des komplexierten Me-
talls) und cHS (g∙L-1) dessen Konzentration in Lösung.
Für die Komplexierung wird ebenfalls ein Verteilungskoeffizient KdHS/M (L∙g-1), ausgehend vom Hu-
minstoff als Pseudo-Festphase, angenommen und nach Gleichung 3.7 berechnet.
Beschreibung von mobilitätsbestimmenden Prozessen durch Modelle NICA-Donnan Model
36
(3.7)
Hierbei beschreibt (mol∙L-1) die Konzentration des an den Huminstoff gebundenen Metalls.
Unter der Annahme des linear additive models, dass die einzelnen Gleichgewichte unabhängig von-
einander sind, lassen sich die Gleichungen 3.5 bis 3.7 zum Verteilungskoeffizienten des Metalls (frei
und als Huminstoff-Komplex) KdLAM (L∙g-1) im ternären System zusammenfassen:
(3.8)
Dieser Wert kann mit dem Verteilungskoeffizienten Kdexp (L∙g-1), der die experimentell ermittelten
Werte aufsummiert, verglichen werden.
(3.9)
3. NICA-DONNAN MODEL
Das NICA-Donnan Model (non-ideal competitive adsorption) beschreibt die Bindung von Ionen an den
Huminstoff durch eine Gauß-Häufigkeitsverteilung. Grundlegend basiert es auf dem LANGMUIR-
Sorptionsmodell[32,60], erweitert dieses jedoch um die Heterogenität hinsichtlich der Stärke der Bin-
dungsplätze. Im Modell beschreibt die NICA-Gleichung spezifische Wechselwirkungen der funktio-
nellen Gruppen mit den Kationen und der Donnan-Term unspezifische elektrostatische Coulomb-
Wechselwirkungen.
Das Modell nach Langmuir geht von einer Adsorption einer einzelnen molekularen Schicht aus, wo-
bei die Sorptionsplätze hier als gleichwertig betrachtet werden und keinerlei sonstige Wechselwir-
kungen (beispielsweise zwischen benachbarten Sorptionsplätzen) stattfinden. Die Beladung des Sor-
bents Γ berechnet sich nach Gleichung 3.10[88,185]:
Beschreibung von mobilitätsbestimmenden Prozessen durch Modelle NICA-Donnan Model
37
(3.10)
Für mehrere Komponenten ergibt sich:
(3.11)
Hierbei beschreibt KL(,i) den jeweiligen Langmuir-Sorptionskoeffizienten, qmax die maximale Bela-
dung des Sorbates [mol∙g-1] und ceq(,i) die Konzentration des Sorbates in Lösung [mol∙L-1]. Abbil-
dung 2.3 zeigt den Verlauf der Adsorptionsisotherme nach Langmuir, in der sich die sorbierte Menge
mit steigender Sorbatmenge asymptotisch einer Sättigungsbeladung annähert. Der Anstieg bei nied-
rigen Konzentrationen verläuft linear und folgt damit der Henry-Iostherme, da die Konzentration
des Stoffes in Lösung direkt proportional zur Menge des adsorbierten Anteils ist.
Abbildung 3.3: Verlauf der Adsorptionsisotherme nach Langmuir.
Unter Berücksichtigung der erwähnten Heterogenität der Bindungsstellen und der Nicht-Idealität
von Huminstoffen sowie der Multikomponenten-Konkurrenz und elektrostatischer Wechselwirkun-
gen, erweitert sich die NICA-Gleichung auf die wesentlichen zwei funktionellen Gruppen eines Hu-
minstoffes – den carboxylischen und phenolischen Gruppen. Zur Vereinfachung der Rechnungen
wird nur von einer monodentaten Bindung der Kationen ausgegangen, was sich für Protonen und
Metallkationen wie folgt darstellt:
Beschreibung von mobilitätsbestimmenden Prozessen durch Modelle NICA-Donnan Model
38
≡S- + H+ → SH0 und ≡S- + Mz+ → SM(z-1) und ≡SH0 + Mz+ ⇄ ≡SM(z-1) + H+
Ausgehend von einer kontinuierlichen Affinitätsverteilung der Bindungsstellen und die Unterteilung
der Nicht-Idealität in zwei Parts (zum einen die intrinsische Heterogenität des Huminstoffes für alle
Ionen und zum anderen eine Ionen-spezifische Heterogenität) lässt sich die Beladung des Humins-
toffes allgemein nach Gleichung 3.12 ermitteln:
(3.12)
Dabei beschreibt Qj die Gesamtmenge der Komponente j, die an den Huminstoff gebunden ist
(mol∙kg-1), Qmax die Anzahl der Bindungsstellen in (mol∙kg-1), die gemittelte Affinitätskonstante
für die Komponente j und cD,j die lokale Konzentration von j in der Nähe der Bindungsstellen
(mol∙L-1). Der Exponenten nj ist Ionen-spezifisch und beschreibt jegliches nicht-ideales Verhalten,
das heißt je kleiner der Wert von n ist, umso größer ist die Nicht-Idealität. Für die Adsorption gilt
0 < n ≤ 1. Der Faktor p beschreibt die generelle intrinsische Heterogenität der Bindungsplätze des
Huminstoffes und ist Literatur-bekannt[33,35,186,187]. Es gilt 0 < p ≤ 1, das heißt je kleiner p ist, umso
größer ist die Heterogenität. Durch eine Aufsummierung über j und i werden Protonen und Metall-
kationen zusammengefasst. Der für diese Gleichung notwendige Parameter cd,j wird durch das Don-
nan-Modell ermittelt, siehe Gleichung 3.15.
Sind Daten für die Bindung von Protonen über einen weiten pH-Bereich verfügbar, lässt sich daraus
eine bimodale Verteilung ableiten, die die beiden funktionellen Gruppen von Huminstoffen, die phe-
nolischen (1) und die carboxylischen (2) und deren Bindungsaffinitäten berücksichtigt:
(3.13)
Beschreibung von mobilitätsbestimmenden Prozessen durch Modelle NICA-Donnan Model
39
Die unspezifischen elektrostatischen Wechselwirkungen des Huminstoffes mit Kationen werden
durch den Donnan-Term beschrieben. Dabei wird der Einfluss der Ionenstärke beziehungsweise der
elektrostatischen Wechselwirkungen auf das Ladungsverhalten der Huminstoffe abgeschätzt. In Lö-
sung verhalten sich Huminstoffe elektrisch neutral und verfügen über ein spezielles Volumen mit
einem einheitlichen, mittleren elektrischen Potential, dem Donnanpotential ΨD (mV). Das Donnanvo-
lumen lässt sich über die elektrischen Neutralität des Huminstoffes in Lösung berechnen[35]:
(3.14)
Dabei beschreibt q die Nettoladung des Huminstoffes (eq), VD das Wasservolumen in der Donnan-
Phase in (L∙kg-1), cD,j die molare Konzentration der Ionen in der Donnan-Phase (mol∙L-1) und zj die
Ladung der Ionen. Die Konzentration cD,j in der Donnan-Phase kann mit Hilfe des Boltzmann-
Faktors χ beschrieben werden:
(3.15)
oder
(3.16)
wobei k die Boltzmann-Konstante (1,380658∙10-23 J∙K-1), e die Elementarladung (1,60217733∙10-19 C)
und T die absolute Temperatur (K) beschreibt.
Die Menge der Komponente j in der Donnan-Phase QjD wird anhand der folgenden Gleichung ermit-
telt:
(3.17)
Die Ladung des Huminstoffes und sein assoziiertes Donnanpotential ΨD sorgen für den Hintergrund-
Elektrolyteffekt einer Lösung, da vor allem bei höheren Molekulargewichten der Huminstoffe ihr
polyelektrolytisches Verhalten bestimmend ist. Aus diesem Grund ist die Anwendung des Donnan-
Terms für Fulvinsäuren umstritten, da bei diesen nur wenige Moleküle groß genug sind, ein Don-
Beschreibung von mobilitätsbestimmenden Prozessen durch Modelle
40
nanpotential ausbilden zu können[188]. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass um die Ful-
vinsäure-Moleküle eine diffuse Doppelschicht ausgebildet ist[32].
Das Donnanvolumen VD ist stark von den Eigenschaften der umgebenden Lösung abhängig. Unter-
suchungen[35,186] haben gezeigt, dass das Donnanvolumen gegenüber dem pH-Wert relativ unemp-
findlich, jedoch stark abhängig von der Ionenstärke I ist (Abbildung 3.4). Diese Abhängigkeit lässt
sich mit Hilfe eines empirischen Faktors B beschreiben:
(3.18)
Abbildung 3.4: Zusammenhang zwischen dem geschätzten Donnanvolumen und der Ionenstärke nach BENE-
DETTI[32].
Mit steigender Ionenstärke kann der Huminstoff weniger Kationen binden, was am sinkenden Don-
nanpotential und –volumen[32] und somit an verringerten elektrostatischen Wechselwirkungen liegt.
Hierbei ist die Relation zwischen der Ionenstärke und dem Donnanvolumen zwar unabhängig von
der Art und Herkunft des Huminstoffes, ein allgemein gültiger Zusammenhang lässt sich jedoch le-
diglich approximieren[32], siehe Gleichung 3.18.
Experimenteller Teil Materialien
41
IV. EXPERIMENTELLER TEIL
1. MATERIALIEN
dreiwertige Lanthanoide
Tb3+ und Eu3+ wurden als Analoga für dreiwertige Aktinoide bezüglich ihres Verhaltens im wässri-
gen System von Ton und Huminstoff bei hohen Ionenstärken untersucht. Aufgrund ihrer chemi-
schen Ähnlichkeit bei gleichen Oxidationsstufen[72,76,77], werden Lanthanoide oftmals als Analoga für
trivalente Aktinoide eingesetzt, um deren Radiotoxizität zu umgehen.
Als Radiotracer wurden 160Tb (T1/2 = 72,3 d; Zerfallsart: β- (100 % Wahrscheinlichkeit) in 160Dy;
Eγ = 879; 299; 966 keV), 152Eu (T1/2 = 13,33 a; Zerfallsart: ∊ (72,1 % Wahrscheinlichkeit) in 152Sm; β-
(27,9 % Wahrscheinlichkeit) in 152Gd; Eγ = 122; 344 keV[13]) und 14C (T1/2 = 5730 a; Zerfallsart: β-
(100 % Wahrscheinlichkeit) in 14N; = 156 keV) eingesetzt. 160Tb wurde durch Neutronenaktivierung von 159Tb(n,γ) am TRIGA Mark II Forschungsreaktor an
der Universität Mainz (Deutschland) hergestellt und in Form einer 10-4 M Stammlösung verwendet. 152Eu wurde bei Radioisotope Centre Polatom (Polen) erworben und in Form einer geträgerten
[152Eu]EuCl3-Lösung in 0,1 M HCl verwendet.
Ton
Als Tonmaterial wurde Opalinuston in Pulverform aus einer Bohrprobe (BHE-241, Mont Terri Fels-
labor, Schweiz) verwendet. Die Behandlung der Bohrprobe ist durch BOSSART[27] beschrieben. In den
Batchversuchen lag der Opalinuston in Form einer Suspension mit 4,8 g∙L-1 unter oxischen Bedin-
gungen vor.
Die Opalinustonprobe besitzt eine spezifische Oberfläche (N2-BET) von 28 m2∙g-1 und eine Korngrö-
ße von 100 nm – 10 µm. Die Kationenaustauschkapazität liegt bei 11,1 – 16 meq auf 100 g Material,
und die Anzahl von Bindungsstellen wird mit einem Mittelwert von 2,31 pro nm2 angegeben[189]. Der
totale Gehalt an organischem Kohlenstoff beträgt etwa 1 %Gew. (mit über 94 % Anteil an hydrophilen
Substanzen[103]). Der Ton enthält die folgenden Mineralphasen:
Experimenteller Teil Materialien
42
Tabelle 4.1: Gewichtsanteile der Minerale im Opalinuston[8,40].
Mineral Gewichtsanteil
Kaolinit (Schichtsilikat) Al4[(OH)8Si4O10] 22 ± 2 %Gew.
Illit (Schichtsilikat) K0,65Al2Al0,65Si3,35O10(OH)2 32 ± 6 %Gew.
Illit/Smektit-Gemenge Al0,65Mg0,33[(OH)2Si4O10]∙Na0,33(H2O)4 11 ± 2 %Gew.
Chlorit (Schichtsilikat) (Fe, Mg, Al, Zn)6(Si, Al)4O10(OH)8 10 ± 1 %Gew.
Quarz SiO2 14 ± 4 %Gew.
Siderit Fe[CO3] 3 ± 1,8 %Gew.
Calcit CaCO3 13 ± 8 %Gew.
Feldspat (Ba, Ca, Na, K, NH4)(Al, B, Si)4O8 2 ± 1,8 %Gew.
Pyrit FeS2 1,1 ± 0,5 %Gew.
Die Gehalte an Mineralien wurden in früheren Untersuchungen mit Hilfe von
Röntgendiffraktometrie unter der Rietveld-Verfeinerung (TOPAS 2.1) bestimmt. Die Elementarzu-
sammensetzung wurde mittels Säureaufschluss und ICP-MS (inductively coupled plasma mass
spectrometry; Massenspektrometrie mittels induktiv gekoppeltem Plasma) sowie RFA (Röntgenfluo-
reszenzanalyse) ermittelt[8,40].
Fulvinsäure
Bei der Fulvinsäure handelte es sich um eine natürliche Probe aus dem Moor „Kleiner Kranichsee“
(in der Nähe von Carlsfeld im Erzgebirge, Deutschland). Die Aufbereitung wurde gemäß der Emp-
fehlungen der International Humic Substances Society durchgeführt[116]. Das Molekulargewicht be-
trägt etwa 38 kDa, welches durch Größenauschlusschromatographie bestimmt wurde. Die durch
Potentiometrie ermittelte Kationenaustauschkapazität liegt bei 8,46 meq∙g-1. Die Fulvinsäure setzt
sich aus 4,5 % Stickstoff, 49,2 % Kohlenstoff und 4,4 % Wasserstoff zusammen. Die verwendete Ful-
vinsäure weist eine Totalazidität von 8,46 meq∙g-1 auf (3,6 meq∙g-1 für die Carboxylgruppen und
0,9 meq∙g-1 für die phenolischen Hydroxylgruppen).
radioaktive Markierung der Fulvinsäure
14C wurde in Form [14C]Anilin Hydrochlorid (690 nmol; 4,48 GBq∙mmol-1; Amersham (England)) er-
worben und zur radioaktiven Markierung der Fulvinsäure durch eine Azokupplung genutzt[190].
Experimenteller Teil Geräte
43
Abbildung 4.1: Azokupplung zur 14C-Markierung der Fulvinsäure.
Für die Herstellung der 14C-markierten Fulvinsäure-Lösung mit einer Konzentration von 40 mg∙L-1
wurden 5 mg der Fulvinsäure in einem 10 ml Kolben eingewogen und mit Boratpuffer aufgefüllt.
Anschließend wurde 1 ml dieser Lösung in ein Cryoröhrchen und in einem zweiten Cryoröhrchen
400 µl 1 M HCl vorgegeben. Beide Röhrchen wurden in ein Eisbad getaucht und etwa fünf Minuten
gewartet, bis die Lösungen eine Temperatur von 0 °C aufwiesen. In das Cryoröhrchen mit der Salz-
säure wurden 20 µl einer 2 M NaNO2 Lösung geben, so dass eine verdünnte salpetrige Säure ent-
stand. Von der [14C]Anilin Hydrochlorid Lösung wurden 10 µl in das Cryoröhrchen mit der salpetri-
gen Säure hinzugegeben, um die reaktive Phenyldiazonium-Verbindung zu erhalten. Nach
15 Minuten Reaktionszeit wurden 50 µl dieser Lösung und 80 µl 1 M NaOH zu der Fulvinsäu-
re-Lösung in Cryoröhrchen 1 gegeben und vermischt. Mit Hilfe von NaOH wurde der pH-Wert zwi-
schen 8 und 9 gehalten. Die Phenyldiazonium-Verbindung koppelt an die Fulvinsäure wobei die
Reaktionszeit etwa 45 Minuten beträgt.
2. GERÄTE
Zur Aufnahme der Gammaspektren von 160Tb und 152Eu wurde ein γ-Spektrometer WIZARD 3“
(PERKIN ELMER; USA) verwendet. 14C wurde mit Hilfe von Flüssigszintillationszählung und einem
Ultima Gold Szintillationscocktail (PERKIN ELMER) nach einer Wartezeit von etwa 30 Minuten analy-
siert, wobei ein TRI-CARB 3110TR (PERKIN ELMER) zum Einsatz kam. Aufgrund der geringen Konzent-
ration von Fulvinsäure in der Menge des Szintillationscocktails kann ein Farbquench vernachlässigt
werden.
Experimenteller Teil Batchexperimente
44
UV/Vis-Spektren wurden an einem LAMBDA 25 (PERKIN ELMER) und IR-Spektren an einem FT-IR-
Spektrometer BRUKER VERTEX 80V mit Diamant-ATR-Kristallen und MCT (Mercury Cadmium
Telluride) als auch DTGS (deuteriertes Triglycinsulfat) Detektor aufgenommen. Die Bestimmung der
pH-Werte erfolgte über eine INOLAB pH Level 2 Einstabmessketten-Elektrode (WTW LABORPRODUK-
TE; Weilheim, Deutschland). Als Reaktionsgefäße wurden Zentrifugenröhrchen aus Polypropylen
(CARL ROTH GMBH; Karlsruhe, Deutschland) und zum Filtrieren Ultrafilter „Vivaspin 2“ für eine Mo-
lekülmasse von 2 kDa (SARTORIUS, Deutschland) verwendet. Die verwendeten Ultrafilter „Vivaspin 2“
mit 2 kDa zeigten in Kontrollexperimenten das beste Rückhaltevermögen für die Fulvinsäure (zu-
rückgehaltene Fulvinsäure 97,3 ± 0,6 %; 1 kDa Filter 96,3 ±1,0 %; 3 kDa Filter 95,0 ± 1,0 %).
Alle verwendeten Chemikalien wurden kommerziell bei FLUKA, SIGMA ALDRICH oder MERCK erwor-
ben und, sofern nicht anders angegeben, ohne weitere Aufarbeitung verwendet. Es kam ausschließ-
lich Reinstwasser Milli-Q (Micropore SA) mit einer Leitfähigkeit von 0,055 µS∙cm-1 zum Einsatz. Alle
Experimente wurden unter oxischen Bedingungen bei atmosphärischem CO2-Partialdruck durchge-
führt
3. BATCHEXPERIMENTE
Die nachfolgenden Experimente wurden, sofern nicht anders beschrieben, im ternären System
Ton/Lanthanoid/Fulvinsäure durchgeführt. Für die Batchversuche wurden zwei Arten von Tonsus-
pensionen hergestellt und auf einen pH-Wert von 5 beziehungsweise 7 bis zur Gleichgewichtsein-
stellung durch Zugabe von HClO4 oder NH4OH eingestellt. Für die Tonsuspensionen wurden die
pH-Werte von 5 und 7 gewählt, um die natürlichen Tonporenwässer in den jurassischen und kreta-
zischen Formationen abzubilden (pH-Werte zwischen 6,4 und 6,7[26]). Niedrigere pH-Werte können
durch den Transport von Kontaminanten entlang von Rissen und Kanten auftreten. Zudem verän-
dert sich das Verhalten von Huminstoffen bezüglich ihrer Transport- und Komplexierungseigen-
schaften in diesem pH-Bereich oftmals erheblich[191], so dass Experimente bei einem pH-Wert von 5
durchgeführt wurden.
Zum einen wurde eine reine Tonsuspension in ultrareinem Wasser hergestellt und zum anderen vier
Tonsuspensionen mit jeweils 4.5 mol∙L-1 Elektrolytkonzentration von NaCl, CaCl2 oder MgCl2 bezie-
hungsweise 2,145 mol∙L-1 bei AlCl3 (Sättigung). Hierbei zu beachten ist die Tatsache, dass hohe Io-
nenstärken den pH-Wert einer Lösung durch Veränderung des elektrischen Potentials der Elektro-
denmembran verfälschen, weshalb dieser mit Hilfe des A-Wertes korrigiert werden muss. Der beo-
bachtete pH-Wert hängt wie folgt mit der Konzentration von H+ zusammen[192,193]:
Experimenteller Teil Batchexperimente
45
(4.1)
Die Konstante A ist dabei für eine feste Temperatur definiert durch die Gleichung 4.2:
(4.2)
Hierbei beschreibt γ den Aktivitätskoeffizienten von H+ gemäß der Debye-Hückel-Gleichung[181,182],
F die Faraday-Konstante (9,6485309∙104 C∙mol-1), R die ideale Gaskonstante (8,314510 J∙K-1∙mol-1), T
die Temperatur (K) und das Diffusionspotential zwischen einem Standard und der untersuchten
Lösung.
Die Elektrolytlösungen wurden durch Zugabe von 1 M HCl mit der entsprechenden Konzentration
an H+ versetzt, um theoretische pH-Werte von 1,0; 1,699; 2,0 und 3,0 zu erhalten. Diese wurden mit
den gemessenen pH-Werten verglichen und daraus der A-Wert bestimmt (Tabelle 4.2).
Tabelle 4.2: Für diese Arbeit ermittelte A-Werte für die Elektrolyte.
Elektrolyt A-Wert
CaCl2 2,82 ± 0,22
MgCl2 2,90 ± 0,24
NaCl 0,91 ± 0,08
AlCl3 2,06 ± 0,47
Adsorptionsexperimente
Zur Bestimmung des am Ton adsorbierten Anteils von Tb(III) und Eu(III) wurden Äquivalente der
Tonsuspensionen (jene nur in Wasser und jene mit dem jeweiligen Elektrolyten, 4,8 g∙L-1 Ton) so
zusammen gegeben, dass sich für die Elektrolyten NaCl, CaCl2, MgCl2 und AlCl3 (für Aluminium nur
pH 5) Konzentrationsreihen 0,1; 0,2; 0,3; 0,4; 0,5; 0,67; 0,83; 1,0; 2,0; 3,0 und 4,0 mol∙L-1 (bei Al-3 bis
2 mol∙L-1) für ein Gesamtvolumen von 4,8 ml ergaben. Die entsprechende Ionenstärke I wurde dann
mit Hilfe der folgenden Formel berechnet:
(4.3)
Experimenteller Teil Batchexperimente
46
wobei ci die Konzentration des entsprechenden Ions beschreibt und zi dessen Ladung.
Für die Aktinoidanaloga [160Tb]Tb(III) (bei pH 5) oder [152Eu]Eu(III) (für pH 7) wurde durch Zugabe
von 30 µl der Stammlösung (Konzentration 1∙10-4 mol∙L-1) eine Konzentration von 10-6 mol∙L-1 (ent-
spricht 42 Bq∙mL-1 für 160Tb und 930 Bq∙mL-1 für 152Eu) in der Reaktionslösung eingestellt. Dann
wurden jeweils 60 µl der Fulvinsäurelösungen (Konzentration der Stammlösung 2 g∙L-1, eingestellt
auf pH 5 beziehungsweise 7) für eine Konzentration von 40 mg∙L-1 in der Reaktionslösung zugege-
ben. Die so erhaltenen 5 ml Reaktionslösungen wurden über einen Zeitraum von 24 h geschüttelt
(Überkopfschüttler, 12 Umdrehungen pro Minute), anschließend zentrifugiert und 1 ml des Filtrats
zusammen mit 4 ml destilliertem Wasser mittels Gammaspektrometrie auf den gelösten Anteil an 160Tb beziehungsweise 152Eu analysiert.
Für die Adsorptionsmessungen der Fulvinsäure an Ton wurde die 14C-markierte Fulvinsäurelösung
zu den pH-adjustierten Tonsuspensionen in der oben genannten Konzentrationsreihe für Na+, Ca2+
und Mg2+ in Zentrifugenröhrchen hinzugegeben (Konzentration von Fulvinsäure in der Reaktionslö-
sung: 40 mg L-1, entspricht 150 Bq mL-1 14C) einzustellen. Die entstandenen Mischungen wurden 24 h
geschüttelt (Überkopfschüttler, 12 Umdrehungen pro Minute), anschließend zentrifugiert und 1 ml
des Filtrats zusammen mit 9 ml Ultima Gold Szintillationscocktail mittels Flüssigszintillation auf die
verbleibende Konzentration an 14C untersucht. Zusätzlich wurden zur Bestimmung der verbleiben-
den Fulvinsäure-Konzentration UV/Vis-spektroskopische Messungen durchgeführt.
Komplexierungsexperimente
Die Komplexierungsexperimente betrachten das binäre System Fulvinsäure/Lanthanoid. Lösungen
der Fulvinsäure (40 mg L-1, was bei 38 kDa Molmasse etwa 10-6 mol∙L-1 Stoffmengenkonzentration
entspricht) und die Aliquote der Stammlösungen der Lanthanoide [160Tb]Tb(III) (bei pH 5) oder
[152Eu]Eu(III) (für pH 7) wurden zusammen mit unterschiedlichen Mengen der Elektrolyte Na+, Ca2+,
Mg2+ und Al3+ im Konzentrationsbereich 0 – 4 mol∙L-1 (bei Al3 bis 2 mol∙L-1) eine Stunde zur Gleich-
gewichtseinstellung geschüttelt und danach mit Ultrafiltern „Vivaspin 2“ für eine Molekülmasse von
2 kDa zentrifugiert (45 min, 7000 rpm). Die Konzentration von unkomplexiertem Metall (160Tb bezie-
hungsweise 152Eu), welches sich im Filtrat befindet, wurde durch Gammaspektrometrie bestimmt.
Für die Einstellung eines chemischen Gleichgewichtes der Komplexierung wurden 24 h angenom-
men, da sich dieser Zeitraum in einer früheren Studie mit Fulvinsäure[194] als ausreichend erwiesen
hat. Ebenso konnte in früheren Studien nachgewiesen werden, dass eine mögliche Adsorption von
Metall oder Fulvinsäure an der Gefäßwand erst bei pH-Werten größer 7 auftritt und somit vernach-
Experimenteller Teil Batchexperimente
47
lässigbar ist. Eine Ausfällung der Fulvinsäure aufgrund der hohen Elektrolytkonzentrationen konnte
nicht beobachtet werden.
Die Werte für die Komplexierung von Tb(III) und Eu(III) mit Fulvinsäure wurden in dieser Arbeit mit
der Methode der Ultrafiltration bestimmt, weshalb mögliche systematische Fehler dieser Trennme-
thode diskutiert werden müssen:
- Der Filter ist für kleine Moleküle (< 2 kDa) der Fulvinsäure permeabel, was eine Unterbe-
stimmung des komplexierten Metalls zur Folge hätte.
- Tb(III) oder Eu(III) könnten an der Filtermembran adsorbiert werden, was zu einer Überbe-
stimmung führt.
- Aufgrund einer der Aufkonzentrierung der Fulvinsäure in der Lösung bei der Ultrafiltration
wird das chemische Gleichgewicht der Komplexierung verschoben.
In Voruntersuchungen wurden diese Punkte betrachtet. Dabei wurde festgestellt, dass maximal 5 %
der Fulvinsäure die Membran des Filters passieren. Diese Fehlerquelle kann nicht eliminiert werden
und wird demnach in der Auswertung berücksichtigt. Der zweite Punkt stellte sich als nicht signifi-
kant heraus, da keine Adsorption von Tb(III) oder Eu(III) an der Membran stattfand.
Die Komplexierungsuntersuchungen wurden mit Hilfe von TRLFS unter Anregung von Tb(III) als
alternative Methode beispielhaft für das CaCl2-System und einige Proben des MgCl2-Systems verifi-
ziert. Hierfür wurden Messungen an einem gepulsten Nd-YAG Lasersystem (SPECTRA-PHYSICS, USA)
in Kombination mit einem optischen Oszillator (GWU LASERTECHNIK, Deutschland) durchgeführt.
Die Fluoreszenzemission wurde mit Hilfe einer an einen Spektrographen gekoppelten iCCD Kamera
(ANDOR TECHNOLOGY, Großbritannien) aufgenommen. Die Anregungswellenlänge betrug 325 nm für
eine Direktanregung des Tb(III). Die Spektren wurden in einem Wellenlängenbereich von 415 –
755 nm mit einem 500 Linien∙mm-1 Gitter aufgenommen. Die Abbildung 4.2 zeigt die Emissions-
spektren für den Tb(III)-Fulvatkomplex in Systemen mit ansteigender Elektrolytkonzentration von
CaCl2 beziehungsweise MgCl2.
Experimenteller Teil Batchexperimente
48
Abbildung 4.2: Emissionsspektren von Tb(III)-Fulvat bei einem pH-Wert von 5 und ansteigenden Ionenstärken
für CaCl2 (oben) und MgCl2 (unten).
Wie in den Spektren zu erkennen ist, nimmt die Intensität der energetischen Übergänge von Tb(III)
mit steigender Ionenstärke und Elektrolytkonzentration ab. Für Tb(III) werden die Übergänge von 5D4 nach 7F6,
7F5, 7F4 und 7F3 betrachtet, da sie am intensivsten sind. Dabei sind die Übergänge 7F6
und 7F4 ligandensensitiv, ändern also ihre Intensität mit Änderung im Ligandenfeld. Die Übergänge
nach 7F5 und 7F3 können bei hoher Auflösung grundlegende Informationen über die strukturelle Be-
schaffenheit des Komplexes liefern, allerdings keine detaillierte Strukturaufklärung[153]. Anhand der
absinkenden Intensität kann aus den ligandenselektiven 7F4 Übergängen auch auf eine schwächer
werdende Komplexierung geschlossen werden, was in Abbildung 4.3 für das System mit CaCl2 bei-
spielhaft dargestellt ist. Die Ermittlung des komplexierten Anteils aus Intensitätsverhältnissen ist in
Kapitel V.2 detailliert beschrieben.
Experimenteller Teil TRLFS-Messungen - Untersuchung der Fulvatkomplexe
49
Abbildung 4.3: Vergleich des Anteils an mit Fulvinsäure komplexiertem Tb(III) für die Batch-Versuche und die
TRLFS-Messungen für das System mit CaCl2.
Es ist festzustellen, dass bei beiden Methoden sehr ähnliche Ergebnisse für den Anteil an komple-
xiertem Tb(III) bestimmt werden. Damit können die systematischen Fehler der Ultrafiltration als
überschaubar angesehen und diese Methode zur Bestimmung von Verteilungskoeffizienten einge-
setzt werden.
4. TRLFS-MESSUNGEN - UNTERSUCHUNG DER FULVATKOMPLEXE
Es wurden Untersuchungen zum Einfluss der Ionenstärke auf das Komplexierungsverhalten der Ful-
vinsäure mit Europium durchgeführt. Zu einer Lösung aus 40 mg∙L-1 Fulvinsäure und 10-5 mol∙L-1
Eu(III) wurden bei pH 5 unterschiedliche Mengen von NaCl, CaCl2, MgCl2, AlCl3 oder GdCl3 für ei-
nen Konzentrationsbereich zwischen 0 bis 2 mol∙L-1 Elektrolyt zugegeben.
Zur Verwendung kam ein gepumptes Nd:YAG-OPO Lasersystem (Powerlite Precision II 9020 mit
einem grünen PANTHER EX OPO von Continuum, Santa Clara, USA). Die Energie des Lasers wurde
mittels einer Photodiode überwacht und lag im Bereich zwischen 1,2 und 1,9 mJ. Mit Hilfe des Multi-
Kanal-Analysesystems (Oriel MS 257 Spektrograph mit 300 und 1200 Linien∙mm-1 und Andor iStar
ICCD Kamera (Lot-Oriel Group, Deutschland))[195] wurden Lumineszenz-Spektren aufgenommen.
Für die Emissionsspektren von Eu(III) wurde dieses mit Hilfe des Lasers bei 394 nm angeregt und
anschließend die Spektren mit einem 1200 Linien∙mm-1 Gitter in einem Wellenlängenbereich von
570 – 640 nm aufgenommen. Die Lebensdauer-Spektren wurden im gleichen Wellenlängenbereich
mit einem 300 Linien∙mm-1 Gitter bei einer Verzögerungszeit von 10 µs zwischen Laserpuls und
Spektrenaufnahme aufgezeichnet. Alle Spektren wurden Basislinien-korrigiert, Energie-korrigiert
Experimenteller Teil Verwendete Software und Parametrisierung der Modelle
50
und mit Hilfe von MATLAB R2015a (MathWorks GmbH, USA) und Origin 8.5 (OriginLab Corporati-
on, USA) die Peakflächen ermittelt und ausgewertet.
Durch die Anregung mit UV-Licht (394 nm) wird Eu(III) in den 5L6-Zustand versetzt, welcher strah-
lungslos in den 5D0 relaxiert. Es wurden die Lumineszenzen der Übergänge von 5D0 7F1 und 5D0 7F2 beobachtet, um Informationen über die Komplexierung von Fulvinsäure mit Eu(III) zu er-
halten. Besonderes Augenmerk wurde auf den 5D0 7F2 Übergang gelegt, da dieser Liganden-
sensitiv ist und ein intensives Signal im Spektrum erzeugt[153]. Im Falle von Veränderung in der ers-
ten Koordinationssphäre des Eu(III) durch Ligandenaustausch lässt sich ebenfalls eine Veränderung
der Signalintensität des F2-Übergangs feststellen. Dadurch verändert sich auch das F1:F2-
Signalverhältnis, aus welchem die Menge an komplexiertem Eu(III) in Lösung bestimmbar ist.
Die Anzahl der Wassermoleküle in der ersten Koordinationssphäre des Europium-Ions kann mit Hil-
fe der Gleichung nach HORROCKS[161,196]:
(4.4)
oder der angepassten empirischen Formel nach KIMURA[197]
bestimmt werden:
(4.5)
wobei τ die gemessene Fluoreszenz-Lebensdauer (ms) ist.
5. VERWENDETE SOFTWARE UND PARAMETRISIERUNG DER MO-
DELLE
Metall-Huminstoff-Wechselwirkung (NICA-Donnan-Modell)
Um die Elektrolyteffekte auf die Adsorption eines Metalls an den Huminstoff zu charakterisieren,
wurde das NICA-Donnan-Modell verwendet. Hierfür wurde das geochemische Modellierungspro-
gramm ECOSAT 4.7 (M. KEIZER)[198] verwendet, welches die chemische Speziation eines Metalls und
eindimensionalen Massentransport in wässrigen Bodensystemen modellieren kann. Mit Hilfe des
FIT-Moduls können Parameter aus den NICA- oder Donnan-Gleichungen in ECOSAT angepasst
werden.
Experimenteller Teil Verwendete Software und Parametrisierung der Modelle
51
In dieser Arbeit wurde mit den folgenden Komponenten gearbeitet:
- Terbium und Europium in einer Konzentration von 10-6 mol∙L-1
- GFA (generalized fulvic acid) als Fulvinsäure mit 40 mg∙L-1
- H2O bei pH 5 und 7
- NaCl, CaCl2, MgCl2 und AlCl3 (nur bei pH 5) als Elektrolyte in variablen Konzentrationen
Die generalized fulvic acid ist eine charakterisierte Standard-Fulvinsäure mit einem pKs von 4 für die
carboxylischen Gruppen (pKs = 10 für die phenolischen Gruppen)[199] und folgender Struktur:
Abbildung 4.4: Struktur der generalized fulvic acid nach STEVENSON[200].
Der Parametersatz für das System[186,187] ist in der folgenden Tabelle aufgelistet:
Experimenteller Teil Verwendete Software und Parametrisierung der Modelle
52
Tabelle 4.3: Parameter und ihre Werte in ECOSAT für das modellierte System Fulvinsäure/Tb3+ bzw. Eu3+.
Parameter eingesetzter Wert
Qmax1 5,88 mol∙g-1
Qmax2 1,86 mol∙g-1
p1 0,59
p2 0,70
B -0,57 | 1,25§
log KH1 2,34 (L∙mol-1, ermittelt durch pH-Titration)
log KH2 8,60 (L∙mol-1, ermittelt durch pH-Titration)
nH1 0,66
nH2 0,76
log KM1 -1,92 (L∙mol-1)
log KM2 5,87 (L∙mol-1)
nM1 0,47
nM2 0,45
Ψ 11 mV
T 298,15 K
q -2,5 meq∙g-1[120]
Mit Hilfe von ECOSAT wurden die Parameter log KM1, log KM2, nM1 und nM2 über den Konzentrati-
onsbereich der Elektrolyte von 0 bis 4 mol∙L-1 bei pH 5 und 7 angepasst. Da die Modellierungen das
System unzureichend abbildeten, wurde versucht, den Parameter B mit Hilfe des Programmes an die
hohen Elektrolytkonzentrationen und somit Ionenstärken anpassen zu lassen, was jedoch nicht ge-
lang. Aus diesem Grund wurde B manuell berechnet und in den Modellierungen für die Beladung
der Fulvinsäure verwendet.
Diffuser reaktiver Transport durch Ton
Die Diffusion eines Kontaminanten (Tb3+) durch das Tonporenwasser von Opalinuston wurde mit
Hilfe des Modellierungsprogrammes COMSOL Multiphysics (Version 5.2) dargestellt. Das Programm
nutzt zur numerischen Lösung der Transportgleichungen auf die Finite-Elemente-Methode (FEM).
§ Der Parameter B wurde in späteren Modellierungen auf 1,25 geändert, da dieser Wert gemäß Gleichung 5.10 eher der in dieser Arbeit verwendeten Fulvinsäure nahekommt.
Experimenteller Teil Verwendete Software und Parametrisierung der Modelle
53
Hierbei wird die zu untersuchende Geometrie in viele Teilgebiete einfacherer Form, beispielsweise
Dreiecke, zerlegt. Dadurch entsteht eine Netzstruktur (mesh), welche von grob bis sehr fein einge-
stellt werden kann, wodurch sich aufgrund der höheren Anzahl von Teilkörpern die Genauigkeit
erhöht. Welche Netzstruktur eingestellt werden soll, kann anhand einer Sensitivitätsanalyse be-
stimmt werden, welche den in dieser Arbeit getätigten Modellierungsrechnungen voran gegangen
ist.
In den Teilkörpern werden sogenannte Ansatzfunktionen definiert, um die Differentialgleichungen
für den Transport zu approximieren. Durch das Definieren der Bedingungen für die Konzentrations-
verteilung im System lässt sich dann eine numerische Näherung für den Transport berechnen. De-
taillierte Erklärungen zur FEM lassen sich in der Literatur[201–203] finden.
Im Programm COMSOL wurde mit Hilfe des Interface „Transport verdünnter Spezies (tds)“ das
Transportverhalten von Tb(III) simuliert. Es wurde gewählt, weil das Interface im Vergleich zu ande-
ren die Modellierung der anisotropen Diffusion ermöglicht. Für den zeitabhängigen, rein diffusiven
Transport ist folgende Gleichung implementiert:
(4.6)
Di beschreibt den Diffusionstensor [m2∙s-1], t die Zeit und die unabhängige Variable ci die Spezies-
konzentration [mol∙m-3]. Der Term Ri steht für stattfindende chemische Reaktionen [mol∙m-3∙s-1]. Bei
Implementieren eines porösen Materials wird zusätzlich die Porosität ε und die Tortuosität τ berück-
sichtigt, wodurch sich folgende Gleichung für den Transport ergibt:
(4.7)
wobei Si den Sorptionsanteil beschreibt [g∙g-1] beschreibt.
Durch die niedrige hydraulische Leitfähigkeit von Ton kann von einem rein diffusionsbasierten
Transport gelöster Stoffe ausgegangen werden[204]. Um den Einfluss des unterschiedlichen Kd-
Wertes aufgrund der Ionenstärke auf die Diffusion zu veranschaulichen, wurden mit Hilfe von
COMSOL zwei verschiedene Szenarien modelliert. Es handelt sich um eine Ausbreitungsberechnung
hinsichtlich der Auswirkung unterschiedlicher Diffusionskoeffizienten. Hierbei ist Tb(III) ein Kon-
taminant im System, das mit Wasser gesättigte Medium ist Ton (mit ρ = 2,31 g∙cm-3 und ε = 0,159)[40].
In Tabelle 4.4 sind die Werte für die scheinbaren Diffusionskoeffizienten Da, basierend auf den un-
terschiedlichen Kd-Werten für die beiden Szenarien dargestellt.
Experimenteller Teil Verwendete Software und Parametrisierung der Modelle
54
Tabelle 4.4: Kd-Werte für die scheinbaren Diffusionskoeffizienten Da für Tb(III) im System niedriger (0 M) und
hoher (≥ 2 M) Hintergrund-Elektrolytkonzentration für einen pH-Wert von 5 in Abwesenheit von Fulvinsäure.
Kd/L∙g-1** Da/m2∙s-1
cElektrolyt = 0 M 0,673 ± 0,108 6,43∙10-13 ± 1,85∙10-4
cElektrolyt ≥ 2 M 0,011 ± 0,007 4,03∙10-11 ± 0,42
Die ermittelten Diffusionskoeffizienten befinden sich im Wertebereich für den Transport gelöster
Anionen wie Cl- oder I- (10-13 m2∙s-1)[204] beziehungsweise im Wertebereich für den Transport gelös-
ter Kationen wie Na+ und titriertem Wasser (10-12 bis 10-11 m2∙s-1)[204]. Da für die Diffusion im ge-
wählten Beispiel Opalinuston der Diffusionskoeffizient bei senkrechter Schichtung ein Fünftel des-
sen parallel zu Schichtung verlaufenden Wertes[40] beträgt (Da⊥ = ⅕ Da∥), handelt es sich um ein ani-
sotropes System, was in der Modellierung entsprechend berücksichtig wurde. Es wurde für die An-
schaulichkeit der Ausbreitungsrechnung eine Geometrie von 10 m mal 10 m für 10 000 Jahre ge-
wählt. 100 m mal 100 m wurden für eine Skala gewählt, die den notwendigen einschlusswirksamen
Gebirgsbereich für den Zeitraum von 1 Million Jahren repräsentiert. Es wurden zwei Punkte P1
(x = 10 m {1 Million Jahre Rechnung: 100 m}/y = 1 m {10 m}) und P2 (x = 1 m {10 m}/y = 10 m {100 m})
als Beobachtungsstellen festgelegt, an denen Durchbruchkurven berechnet wurden. Die Geometrie
der beiden Systeme ist am Beispiel des Systems 10 m mal 10 m in Abbildung 4.5 dargestellt. Als Netz
wurde nach der erfolgten Sensitivitätsanalyse eine extra feine Struktur als ausreichend befunden.
** Es handelt sich hier um einen Mittelwert aus den Kd-Werten für die entsprechenden Elektrolyten (Na+, Ca2+ und Mg2+) bei einer Konzentration von 2 mol∙L-1.
Experimenteller Teil Verwendete Software und Parametrisierung der Modelle
55
Abbildung 4.5: Geometrie und Netz für das 10 m mal 10 m messende Modellsystem. Die Beobachtungspunkte
P1 und P2 sowie die Position der Quelle Q sind grün markiert.
Die Randbedingungen wurden wie folgt definiert:
- Die Anfangskonzentration innerhalb des Systems beträgt null.
- Es handelt sich um einen rein diffusionsbasierten Transport auf Basis eines Kd-Wertes (keine
Strömung, keine Oberflächenkomplexierung und keine Migration im elektrischen Feld).
- Die Quellkonzentration ist dauerhaft und beträgt exemplarisch 1 mol∙m-3.
- Das System ist geschlossen (geschlossene Ränder).
Ergebnisse und Diskussion Batchexperimente
56
V. ERGEBNISSE UND DISKUSSION
1. BATCHEXPERIMENTE
In den nachfolgenden Ausführungen werden die Ergebnisse der Batchexperimente im ternären Sys-
tem Ton/Lanthanoid/Fulvinsäure dargestellt und diskutiert.
Adsorption von Tb(III)/Eu(III) an Opalinuston in Abwesenheit von Fulvinsäure
Der Einfluss der Ionenstärke im wässrigen System auf die Adsorption von Tb(III) und Eu(III) an Opa-
linuston wird anhand des binären Systems Ton/Lanthanoid untersucht.
Abbildung 5.1: Adsorption von Tb(III) (pH 5) und Eu(III) (pH 7) an Opalinuston in Gegenwart von CaCl2, MgCl2
und NaCl.
Abbildung 5.1 zeigt den Einfluss der Ionenstärke auf die Adsorption von Tb(III) (pH 5) beziehungs-
weise Eu(III) (pH 7) an Opalinuston in Abwesenheit von Fulvinsäure. Die Adsorption sinkt rasch bei
steigender Ionenstärke und erreicht bei einem pH-Wert von 5 ein Plateau, bei dem nur noch 1 % des
Ergebnisse und Diskussion Batchexperimente
57
Tb(III) aus der Lösung am Opalinuston adsorbieren. Bei einem pH-Wert von 7 fällt die Adsorption
ebenfalls herab und erreicht ein Plateau, bei dem 10 % des Eu(III) aus der Lösung an der Tonoberflä-
che adsorbiert haben. Bei einem pH-Wert von 5 wird die Adsorption durch eine erhöhte Ionenstärke
sehr viel stärker unterdrückt als bei pH 7, was durch eine verringerte Adsorptionskapazität der Mi-
neraloberfläche durch Protonierung erklärt werden kann. Der isoelektrische Punkt der Mineralien
im Opalinuston ist bei einem pH-Wert von 7 weitestgehend überschritten, weshalb ein Überschuss
positiver Ladungen vorliegt. Tabelle 5.1 listet die isoelektrischen Punkte der Mineralien aus dem
Opalinuston auf.
Tabelle 5.1: Isoelektrische Punkte von Mineralen.
Mineral isoelektrischer Punkt
Illit 2,5[205]
Kaolinit ≈ 3,5[205–207]
Quarz ≈ 2[208–213]
Calcit ≈ 10[214,215]
Alumosilikate ≈ 4,5[216]
Es fällt auf, dass die bivalenten Kationen Ca2+ und Mg2+ den stärksten Einfluss auf die Adsorption zu
haben scheinen. Ein Einfluss anderer organischer Materialien auf die Adsorption kann ausgeschlos-
sen werden, da ihre Gehalte mit 1%Gew.[40] zu niedrig sind. Die eisenhaltigen Mineralien könnten bei
einem pH-Wert von 5 teilweise gelöst werden. Durch ihren Gewichtsanteil von 4 % im Opalinuston
ergeben sich Eisen-Konzentrationen im mM-Bereich. Das gelöste Eisen kann mit Tb(III) und Eu(III)
um Bindungsplätze konkurrieren.
Aufgrund ihres hohen Anteils im Opalinuston und der hohen BET-Oberfläche (Illit mit 100 m2∙g-1)[21]
kann davon ausgegangen werden, dass die Minerale Illit und Kaolinit sorptionsbestimmend sind. Die
anderen Mineralbestandteile des Tons weisen geringe Gehalte und BET-Oberflächen kleiner
0,5 m2∙g-1 auf. Hinzu kommt der Anteil an reaktiven Bindungsstellen, der für Illit 2,84 sites∙nm2 und
für Kaolinit 1,2 sites∙nm2 (Aluminolgruppen) und 0,84 sites∙nm2 (Silanolgruppen) beträgt. Aus der
Literatur sind für Kaolinit negative Werte für log Kd bekannt (vergleiche Anhang A I) und auch die
Literatur-Werte für Illit ähneln den in dieser Arbeit ermittelten. Die Unterschiede liegen darin, dass
Opalinuston ein Gemenge aus verschiedenen Mineralien ist und Illit etwa 40 %Gew. ausmacht. Eine
verminderte Adsorption von Lanthanoiden und Aktinoiden an Mineraloberflächen bei steigender
Ionenstärken ist literaturbekannt[217], jedoch bisher nur bis 1,0 mol∙L-1 Elektrolytkonzentration un-
tersucht worden.
Ergebnisse und Diskussion Batchexperimente
58
Tabelle 5.2: log Kd-Werte für Tb(III) und Eu(III) an Kaolinit und Illit bei verschiedenen pH-Werten und Ionen-
stärken.
pH-Wert I [mol∙L-1] log Kd
Tb(III) an Kaolinit 4,5 0,025 - 0,155[218]
Eu(III) an Kaolinit 4,5 0,025 - 0,097[218]
Eu(III) an Illit 5 0,09 3,8[162]
Eu(III) an Illit 7 0,09 5,5[162]
Für den genauen Adsorptionsvorgang konnte in verschiedenen spektroskopischen Untersuchun-
gen[157,219–221] belegt werden, dass die Lanthanoiden beziehungsweise Aktinoiden als außersphäri-
scher Komplex mitsamt ihrer vollständigen Hydrathülle an die Aluminol-Kanten der Mineraloberflä-
che koordinieren. Mit steigendem pH-Wert bildet sich zunehmend ein innersphärischer Komplex,
bei dem das Metallkation direkt mit den freien Sauerstoff-Gruppen der Oberfläche wechselwirkt. Im
Fall von Curium an Smektit konnten für den pH-Wert 4 Verbindungen der Form ≡Al-O-Cm2+(H2O)5
und für pH-Werte größer 4 Verbindungen der Form ≡Al-O-Cm+(OH)(H2O)4 und ≡(Al-O)2-Cm+(H2O)5
nachgewiesen werden. Eine Inkorporation in das Mineral kann ausgeschlossen werden[221]. Auf-
grund des ähnlichen chemischen Verhaltens von Lanthanoiden und Aktinoiden kann davon ausge-
gangen werden, dass Tb(III) und Eu(III) analog wie Curium an Smektit an eine Mineraloberfläche
koordinieren. Da das Mineral Illit der Hauptbestandteil von Opalinuston ist, kann davon ausgegan-
gen werden, dass Tb(III) und Eu(III) als Aquo-Komplex an die Silanolgruppen des Illit koordinie-
ren[158].
Adsorptionsexperimente, Fulvinsäure an Opalinuston
Für das binäre Teilsystem Ton/Fulvinsäure wurden ebenfalls Adsorptionsexperimente durchgeführt.
In Abbildung 5.2 ist der Kd-Wert für am Opalinuston adsorbierte Fulvinsäure in Abhängigkeit der
Ionenstärke für die verschiedenen Elektrolyte dargestellt.
Ergebnisse und Diskussion Batchexperimente
59
Abbildung 5.2: An Opalinuston adsorbierte Fulvinsäure für pH 5 und pH 7 in Gegenwart von CaCl2, MgCl2 und
NaCl.
Im Vergleich zu der Adsorption von Tb(III) und Eu(III) zeigen die Ergebnisse eine Unabhängigkeit
von der Ionenstärke. In der Literatur ist ein schwacher Trend zu steigender Adsorption bei höheren
Ionenstärken bekannt[145]. Die adsorbierte Menge Fulvinsäure variiert zwischen 90 % und 100 % der
eingesetzten Menge (40 mg∙L-1). Die erhaltenen log Kd-Werte sind vergleichbar mit Literaturwerten,
die zwischen 2 und 4 liegen[166,191,222]. Die Adsorption von Fulvinsäure an Opalinuston liegt bei ei-
nem pH-Wert von 5 leicht höher (etwa 100 % adsorbierte Fulvinsäure) als bei pH 7 (etwa 90 % adsor-
bierte Fulvinsäure). Bei einem pH-Wert von 7 sind die isoelektrischen Punkte der Mineralbestandtei-
le des Tons (vergleiche Tabelle 5.1) sowie von Fulvinsäure (IEP < 3[223]) überschritten, weshalb sie
protoniert vorliegen und sich aufgrund dessen abstoßen.
Da die Adsorptionsexperimente unter oxischen Bedingungen stattfanden ist es wahrscheinlich, dass
eisenhaltige Mineralien wie Pyrit möglicherweise oxidiert wurden. Dadurch könnte es zu Verände-
rungen im Absorptionsverhalten der Fulvinsäure aufgrund von Wechselwirkungen mit Eisen ge-
kommen sein. Allerdings werden keine signifikanten Effekte angenommen, da die Konzentration der
eisenhaltigen Minerale mit einem Gewichtsanteil von 1,5 %[40] sehr klein ist.
Ergebnisse und Diskussion Batchexperimente
60
Bei großen und komplexen Molekülen wie Fulvinsäure spielen Wasserstoffbrückenbindungen bei
Adsorptionsprozessen eine zentrale Rolle. Für die Bindung der Fulvinsäure an die Mineraloberfläche
gibt es verschiedene Möglichkeiten[60], die im Folgenden näher erläutert werden sollen.
Fulvinsäure kann über einen Ligandenaustausch mit protonierten Hydroxylgruppen einfache Koor-
dinationen ausbilden. Es bilden sich innersphärische Komplexe zwischen den Carboxylgruppen der
Fulvinsäure und der protonierten Oberfläche. Dies geschieht vor allem an Seitenflächen von Tonmi-
neralen und bevorzugt an Aluminolgruppen. Fulvinsäure kann auch an Silanolgruppen koordinie-
ren, wenn der pH-Wert der Umgebung ausreichend niedrig ist und deswegen eine Oberflächenla-
dung auf dem Mineral existiert. Hier kommt es zu einer ionischen Bindung zwischen positiv gelade-
nen Gruppen der Fulvinsäure (beispielsweise Aminogruppen) und der negativ geladenen Mineral-
oberfläche in Form eines außersphärischen Komplexes.
Adsorption von Tb(III)/Eu(III) an Opalinuston in Gegenwart von Fulvinsäure
Abbildung 5.3 zeigt die Adsorption von Tb(III) (pH 5) und Eu(III) (pH 7) an Opalinuston in An- und
Abwesenheit von Fulvinsäure für die verschiedenen Elektrolyte. Bei einem pH-Wert von 5 zeigt sich
in Anwesenheit von Fulvinsäure eine verstärkte Adsorption von Tb(III) an Opalinuston im Vergleich
zum Fulvinsäure-freien System. Fulvinsäure führt zu verstärkter Adsorption des Metallkations an
der Mineraloberfläche bei einem sauren pH-Wert (in dieser Arbeit 5), was auch in anderen Untersu-
chungen beobachtet wurde[166,224]. Eine steigende Ionenstärke führt auch bei den Systemen mit Ful-
vinsäure zum Abfall der Adsorption.
Ergebnisse und Diskussion Batchexperimente
61
Abbildung 5.3: Adsorption von Tb(III) (pH 5) und Eu(III) (pH 7) an Opalinuston in Gegenwart von CaCl2, MgCl2
und NaCl in Abwesenheit (gestrichelte Linie) und Anwesenheit (Symbole) von Fulvinsäure.
Bei einem pH-Wert von 7 kehrt sich dieser Effekt um: im System mit Fulvinsäure adsorbiert weniger
Eu(III) am Opalinuston als im vergleichbaren Fulvinsäure-freien System. Durch die Protonierung der
Fulvinsäure bei einem pH-Wert von 7 kann diese aufgrund blockierter Bindungsplätze nicht mehr
mit Metallkationen komplexieren und dadurch adsorptionsverstärkend wirken. Ein Einfluss der Io-
nenstärke auf das Adsorptionsverhalten der Fulvinsäure ist vernachlässigbar, da über den ansteigen-
den Ionenstärkebereich keine signifikanten Veränderungen hinsichtlich Adsorptionsverhaltens be-
obachtbar sind (Abbildung 5.2). In den Ergebnissen zeigt sich ein Unterschied im Einfluss der zwei-
wertigen Kationen Ca2+ und Mg2+: Bei einem pH-Wert von 5 übt Mg2+ unabhängig von der Anwe-
senheit von Fulvinsäure einen stärkeren unterdrückenden Effekt auf die Adsorption aus als Ca2+.
Dies lässt sich durch das eigene Adsorptionsverhalten von Mg2+ erklären, welches stärker zu nicht-
austauschbaren Oberflächenreaktionen neigt als Ca2+[225]. Durch die Adsorption von Mg2+ an der
Tonoberfläche und gleichzeitige Blockierung von Bindungsplätzen der Fulvinsäure (vergleiche Kapi-
tel X) wird in diesem Fall die Adsorption von Tb(III) stärker unterdrückt. Die Adsorption von
Tb(III)/Eu(III) an den Opalinuston kann auch durch herausgelöste Minerale beeinflusst sein. Bei ei-
nem pH-Wert von 5 kann es zu einer teilweisen Auflösung von Calcit kommen, weshalb der Anteil
von Ca2+ in der Lösung weiter ansteigt. Ausgehend von einer kompletten Auflösung von Calcit be-
trüge die Konzentration von zusätzlichem Ca2+ 10-2 mol∙L-1.
Ergebnisse und Diskussion Batchexperimente
62
Aus den erhaltenen Daten kann geschlussfolgert werden, dass Fulvinsäure bei erhöhten Salinitäten
kein verstärktes mobilisierendes Potential besitzt, wie bisher angenommen wurde[127]. Die Ergebnis-
se legen nahe, dass im ternären System nur Komplexe der Form ≡S-FS-Mn+ und nicht der Form
≡S-Mn+-FS[143] vorliegen. Aufgrund des adsorptionsverstärkenden Effekts bei einem pH-Wert von 5
und dem adsorptionsvermindernden Effekt bei einem pH-Wert von 7 kann davon ausgegangen wer-
den, dass Fulvinsäure direkt an der Mineraloberfläche adsorbiert und anschließend Komplexbildun-
gen mit dem Metall stattfinden. Würde das Metall an der Oberfläche adsorbieren und dann erst mit
der Fulvinsäure wechselwirken, wiese diese keinen adsorptionsverstärkenden oder -vermindernden
Effekt auf. Die Bindung des Metall-Fulvinsäure-Komplexes an eine Oberfläche basiert auf Van-der-
Waals Wechselwirkungen[226–228] und Wasserstoffbrücken[142,194,229][230,231]. Ihre Festigkeit wird durch
die austauschbaren Kationen des Minerals beeinflusst[60].
Die außersphärische Koordination der Metallkationen an die Mineraloberfläche verläuft spontan
und reversibel[144]. Bei der Anlagerung von Huminstoffen an die Oberfläche bilden sich zwar soge-
nannte Huminstoff-Mineral-Hybride[143], jedoch findet keine strukturelle Veränderung wie der Mi-
neralmatrix durch beispielsweise Inkorporation statt[144].
Komplexierungsexperimente, Metall an Fulvinsäure
Im Folgenden wird das binäre Teilsystem Fulvinsäure/Lanthanoid betrachtet. Die Abhängigkeit der
Komplexbildung von Tb(III) (pH 5) und Eu(III) (pH 7) mit Fulvinsäure von der Ionenstärke der um-
gebenden Lösung ist in Abbildung 5.4 grafisch dargestellt. Zur besseren Darstellung wurde hier
ebenfalls der Verteilungskoeffizient gewählt, da Huminstoff-Kolloide als eine Pseudo-
Festphase betrachtet werden können[232]. Die Komplexierung von Tb(III) beziehungsweise Eu(III) mit
der Fulvinsäure ist bei höheren Ionenstärken stark unterdrückt und bei pH 5 generell geringer als
bei pH 7, was auf die Protonierung der Fulvinsäure zurückzuführen ist. Durch H+ werden die funkti-
onellen Gruppen der Liganden für eine Koordination mit Metallen blockiert.
Ähnlich wie bei den Adsorptionsexperimenten von Tb(III) und Eu(III) an Ton in Gegenwart von Ful-
vinsäure zeigt sich auch hier ein stärkerer Einfluss der bivalenten Kationen Ca2+ und Mg2+ auf die
Komplexierung im Vergleich zu Na+. Bei beiden Kationen ist ein deutliches Absinken der Koordina-
tion von Fulvinsäure an Tb(III) beziehungsweise Eu(III) zu erkennen. Ausgedrückt als Anteil an
komplexiertem Metall sinkt dieser mit der Ionenstärke bei einem pH-Wert von 5 für Tb(III) bei Ca2+
von 87% auf 10% und bei Mg2+ von 85% auf 20%. Bei einem pH-Wert von 7 ergeben sich für die An-
teile an komplexiertem Eu(III) bei Ca2+ 54% (von 99 %) und bei Mg2+ 60% (von 99 %). Allein aus die-
Ergebnisse und Diskussion Batchexperimente
63
sen Batch-Untersuchungen lässt sich nicht belegen, ob Konkurrenz- oder Abschirmungseffekte vor-
herrschend sind, weshalb dies in Kapitel V.2 wieder aufgegriffen wird.
Zudem fällt auf, dass Ca2+ und Mg2+ jeweils unterschiedlich stark auf die Komplexierung einwirken,
obwohl beide zweiwertige Erdalkalimetalle sind. Der Unterschied kann möglicherweise durch das
Ionenpotential erklärt werden, welches für Mg2+ (0,026) höher liegt als für Ca2+ (0,019), da Mg2+ (Io-
nenradius = 78 pm)[233,234] kleiner ist als Ca2+ (Ionenradius = 106 pm)[233,234]. Dies bringt einen kova-
lenten Bindungsanteil von Mg2+[235–237] mit sich. Bindungen von Magnesium an Kohlenwasserstoffe
sind beispielsweise bei Grignard-Reagenzien bekannt[74,238,239]. Aus diesem Grund könnte Mg2+ teil-
weise kovalent an das Kohlenwasserstoffgrundgerüst der Fulvinsäure koordinieren, ohne dabei Bin-
dungsplätze an funktionellen Gruppen zu blockieren.
Abbildung 5.4: Komplexierung von Fulvinsäure mit Tb(III) (pH 5) und Eu(III) (pH 7) in Gegenwart von CaCl2,
MgCl2 und NaCl.
Für die Komplexierung gibt es vier strukturelle Möglichkeiten, welche für den Grundbaustein der
Fulvinsäure Benzoesäure in der folgenden Abbildung 5.5 dargestellt sind.
Ergebnisse und Diskussion Batchexperimente
64
Abbildung 5.5: Bindungsstrukturen für Benzoat mit Metallen (M). I: ionische Bindung; II: monodentate Bindung; III:
bidentate oder Chelat-Bindung und IV: Brückenbindung. Schema verändert für Benzoat, nach NAKAMOTO[240].
Für Lanthanoide (z. B. Nd3+, Dy3+) ist bekannt[241,242], dass diese mit Benzoat Chelat- oder Brücken-
bindungen eingehen (III und IV, Abbildung 5.5), während Na+ ionisch reagiert (I). Mg2+ koordiniert
ebenfalls über eine Chelat- oder Brückenbindung (III und IV)[242] und für Ca2+ kann ein Chelatkomp-
lex (III) angenommen werden††. Das Koordinationsverhalten lässt sich auch mit den höheren Stabili-
tätskonstanten für die Lanthanoiden mit Benzoesäure belegen, deren log β bei etwa 2[244] liegt. Im
Vergleich mit den strukturellen Analoga polycarboxylischer Verbindungen wie Phthalsäure,
Isophthalsäure, Terephthalsäure und den Benzoltricarbonsäuren zeigen sich ähnliche Verteilungsko-
effizienten und Stabilitätskonstanten[245] wie für die Wechselwirkung Eu(III)/Fulvinsäure. Bei gerin-
ger Ionenstärke liegen die in dieser Arbeit ermittelten Verteilungskoeffizienten log Kd bei ungefähr 5
(siehe Abbildung 5.5) und sind denen für Terephthalsäure (5,25 ± 0,01)[245] und Hemimellitsäure
(5,25 ± 0,01)[245] sehr ähnlich, was die Annahme von Benzoesäurederivaten als Grundbaustein von
Fulvinsäuren bekräftigt. Aufgrund der rein ionischen Bindungsstruktur[242] kann angenommen wer-
den, dass Na+ einen geringen Einfluss auf das Komplexierungsverhalten der Fulvinsäure hat. Die
Kationen Ca2+ und Mg2+ koordinieren über Chelat- oder Brückenbindungen, was hinsichtlich der
Komplexierung von Tb(III) und Eu(III) direkte Konkurrenzeffekte um die Bindungsplätze bedeutet.
Eine detaillierte Aufklärung der Komplex-Struktur über spektroskopische Methoden ist diffizil, da es
sich bei Fulvinsäure um ein heterogenes Makromolekül handelt. IR-Spektren sind wenig aussage-
kräftig[246,247], um Rückschlüsse auf die Bindungsart[248] ziehen zu können. NMR-Spektren für Was-
serstoff wären aufgrund der Vielzahl an funktionellen Gruppen und Kohlenstoff-NMR-Spektren auf-
grund der Anzahl an Atomen und deren Nachbarschaft zu komplex. Abbildung 5.6 zeigt beispielhaft
IR-Spektren der Fulvinsäure und in Gegenwart von Na+, Ca2+, Mg2+ und Eu3+.
†† Es wird für Sr2+ eine Chelatbindung angegeben[242]. Da Ca2+ und Sr2+ sich chemisch sehr ähnlich verhalten[243], ist anzu-nehmen, dass Ca2+ ebenfalls Chelatbindungen eingeht.
Ergebnisse und Diskussion Batchexperimente
65
Abbildung 5.6: IR-Spektren (ATR, Differenzmessung gegen H2O) von Fulvinsäure (orange) sowie Lösungen von
Fulvinsäure mit 10-5 M Na+, Ca2+, Mg2+ oder Eu3+. Spektrum im Bereich von 1800 bis 1200 cm-1.
Aufgrund der eher geringen Konzentration der Fulvinsäure in Lösung ist die Bandenausbeute ge-
ring. Es zeigen sich jedoch die folgenden Schwingungen:
Fulvinsäure in Wasser: = 1711 m - s, 1603 w, 1494 w
Fulvinsäure + 10-5 M Eu3+: = 1714 m - s, 1612 s, zwischen 1300 und 1200 m - s
Fulvinsäure + 10-5 M Ca2+: = 1629 w (vermutlich zwei Signale überlagert)
Fulvinsäure + 10-5 M Mg2+: = 1695 s, 1620 s
Fulvinsäure + 10-5 M Na+: = 1631 w (vermutlich zwei Signale überlagert)
Die Buchstaben beschreiben dabei die relative Intensität der Banden im Spektrum und reichen von
schwach (weak, w) über mittel (medium, m) bis stark (strong, s)[248]. Für die Fulvinsäure allein zeigen
sich im Spektrum die Banden der asymmetrischen C=O-Valenzschwingung bei 1711 und 1603 cm-1,
welche durch Carbonsäuregruppen beziehungsweise Aldehydgruppen erzeugt werden können. Die
breite Bande bei 1494 cm-1 kann durch Amidgruppen und jene zwischen 1300 und 1200 cm-1 durch
asymmetrische C-O-Valenzschwingung hervorgerufen werden.
Die Zugabe eines Elektrolyten bewirkt für die Lage der Banden bei 1711 und 1603 cm-1 eine gering-
fügige Verschiebung. Im Spektrum der Lösung mit Eu3+ zeigt sich anstatt der beiden Banden bei et-
wa 1500 und 1250 cm-1 eine durchgehend breite Bande im Bereich von 1400 bis etwa 1100 cm-1. Dies
kann auf eine Verringerung der Kraftkonstante der entsprechenden C=O- und C-O-Bindung durch
Koordination mit Eu3+ zurückzuführen sein. Im Spektrum der Lösung mit Mg2+ werden die beiden
Signale der asymmetrischen C=O-Valenzschwingung bei 1711 und 1603 cm-1 symmetrischer und
fallen im System mit Ca2+ oder Na+ zu einem Signal zusammen. Allerdings sind die Spektren auf-
Ergebnisse und Diskussion Batchexperimente
66
grund der schlechten Bandenausbeute nicht geeignet, um Rückschlüsse auf das Bindungsverhalten
ziehen zu können.
Weiterhin wurden UV/Vis-Spektren der Komplexe aufgenommen, die in den folgenden Abbildun-
gen 5.7 dargestellt sind.
Abbildung 5.7: UV/Vis-Spektren von Fulvinsäure mit verschiedenen Konzentrationen der Elektrolyte, beispiel-
haft für Mg2+, Na+ und Ca2+.
Die Signale im UV/Vis-Spektrum werden von den verschiedenen chromophoren Gruppen hervorge-
rufen, wobei aromatische oder konjugierte sowie Chinon-Systeme die wichtigste Rolle spielen. In
den UV/Vis-Spektren ist ein sehr intensives Signal im Bereich ab etwa 400 nm erkennbar. Es wird im
Bereich zwischen 280 und 200 nm hauptsächlich durch π π* Übergänge im konjugierten aromati-
Ergebnisse und Diskussion Batchexperimente
67
schen System der Fulvinsäure hervorgerufen. Weiterhin befinden sich in diesem breiten Signal
n π* Übergänge der Carboxylgruppen. Deren Einfluss erklärt den Anstieg der Signalintensität bei
Anwesenheit eines Kations, wie beispielsweise Magnesium, siehe Abbildung 5.7. Mit zunehmender
Konzentration wird das Signal intensiver. Da die Zunahme der Intensität im Falle von Magnesium
erst ab sehr geringen Wellenlängen (210 nm) stattfindet, spricht dies für eine Koordination des Kati-
ons an das aromatische π-System der Fulvinsäure und weniger an die funktionellen Gruppen selbi-
ger. Im Vergleich dazu nimmt die Intensität des Signals im System mit NaCl und CaCl2 bereits un-
terhalb einer Wellenlänge von 400 nm zu, was für eine Koordination in der Nähe der carboxylischen
Gruppen sprechen könnte. Allerdings konnte der signalverstärkende Effekt bei Benzoesäure als
struktureller Einheit von Fulvinsäure nicht nachgewiesen werden, wie Abbildung 5.8 zeigt.
Abbildung 5.8: UV/Vis-Spektren von Benzoesäure mit verschiedenen Konzentrationen der Elektrolyte Ca2+
(rot), Mg2+ (grün), Na+ (blau) und Eu3+ (grau). Detailaufnahme des Gesamtspektrums zwischen 200 und 300 nm.
Ein unterschiedlicher Einfluss der Kationen auf den π π* Übergang im Fall der Benzoesäure ist
zwar festzustellen, ist jedoch nicht starken Ausmaßes. Im Vergleich zur reinen Benzoesäure steigt
die Intensität des Signals in Anwesenheit eines Kations in der Reihenfolge Mg2+ < Ca2+ < Eu3+.
Ergebnisse und Diskussion TRLFS-Messungen
68
2. TRLFS-MESSUNGEN
Emissionsspektren
Zur Untersuchung des Koordinationsverhaltens dreiwertiger Lanthanoide, hier beispielhaft Eu(III),
mit Fulvinsäure werden spektroskopische Experimente durchgeführt. Dabei werden Lösungen aus
40 mg∙L-1 Fulvinsäure und 10-5 mol∙L-1 Eu(III) bei pH 5 mit unterschiedlichen Mengen des Elektroly-
tes für einen Konzentrationsbereich zwischen 0 bis 2 mol∙L-1 verwendet.
Abbildung 5.9 zeigt die Emissionsspektren der beiden untersuchten Basis-Spezies des Eu(III), den
Aquo-Komplex [Eu(III)∙(H2O)9], bezeichnet als Eu3+aq und den Komplex mit Fulvinsäure, bezeichnet
als Eu-Fulvat. Alle in diesem Kapitel dargestellten Spektren wurden auf die Peakhöhe des 5D0 7F1
Überganges bei 593 nm normalisiert.
Abbildung 5.9: Emissionsspektrum für Eu3+aq und Eu-Fulvat.
In diesem Spektrum ist deutlich die gesteigerte Signalintensität des F2-Überganges beim Fulvat-
komplex im Vergleich zum hydratisierten Ion zu erkennen. Dies lässt den Rückschluss auf eine
stattgefundene Veränderung des Ligandenfelds von Eu(III) in der ersten Koordinationssphäre zu, da
der 5D0 7F2-Übergang Liganden-sensitiv ist. Zusätzlich ist beim Fulvatkomplex die Existenz des F0-
Überganges zu erkennen, welcher ein nicht entarteter Übergang ist und beim Vorhandensein ver-
schiedener Eu(III)-Spezies mehrere Peaks aufweisen kann. Bei ausreichend guter Auflösung der ein-
zelnen Peaks könnte anhand dieses Übergangs die Anwesenheit mindestens zweier verschiedener
Spezies belegt werden[128].
Ergebnisse und Diskussion TRLFS-Messungen
69
Aus dem F1:F2-Signalverhältnis lässt sich auf die Konzentration an komplexiertem Eu(III) schließen,
wobei für alle weiterführenden Berechnungen davon ausgegangen wurde, dass beim Eu3+aq-Signal
kein Europium komplexiert ist und beim Eu-Fulvat-Signal 100% des zugegebenen Europiums sich in
einem Komplex mit Fulvinsäure befinden. Nachfolgend dargestellt sind Spektren bei ausgewählten
Elektrolytkonzentrationen, die Spektren mit allen gemessenen Werten befinden sich im Anhang A 3.
Abbildung 5.10: Emissionsspektren für Eu3+aq und Eu(III)-Fulvatkomplexe bei unterschiedlichen
Konzentrationen von CaCl2.
Abbildung 5.11: Verlauf des F1:F2 Verhältnisses und daraus resultierender Kd-Wert für die Komplexierung von
Eu(III) mit Fulvinsäure in Gegenwart von Ca2+ (Konzentration umgerechnet auf Ionenstärke).
Ergebnisse und Diskussion TRLFS-Messungen
70
Abbildung 5.10 zeigt das Emissionsspektrum von Eu-Fulvat (blaue Linie) bei steigender Ionenstärke.
Es ist deutlich zu erkennen, dass bei geringen Ionenstärken (1 mM CaCl2) das Signal im Spektrum
noch sehr dem des Fulvatkomplexes ähnelt. Bei steigender Ionenstärke hingegen sinkt die Intensität
des Liganden-selektiven F2-Überganges ab, ebenso die des F0-Überganges. Bei 500 mM CaCl2 gleicht
das Spektrum dem des reinen Aquo-Komplexes Eu3+aq. Anhand des F1:F2-Verhältnisses lässt sich der
Anteil an komplexiertem Eu(III) ermitteln und der Kd-Wert berechnen (Abbildung 5.11).
Im Folgenden (Abbildungen 5.12 – 5.19) sind die Emissionsspektren und die zugehörigen Diagramme
für das F1:F2-Verhätlnis sowie den Kd-Wert für die Elektrolyten MgCl2, NaCl, AlCl3 und GdCl3 abge-
bildet. Das Lanthanoid Gadolinium wurde eingesetzt, um die direkte Konkurrenz der beiden Lantha-
noide zu untersuchen.
Ergebnisse und Diskussion TRLFS-Messungen
71
Abbildung 5.12: Emissionsspektren für Eu3+aq und Eu(III)-Fulvatkomplexe bei unterschiedlichen
Konzentrationen von MgCl2.
Abbildung 5.13: Verlauf des F1:F2 Verhältnisses und daraus resultierender Kd-Wert für die Komplexierung von
Fulvinsäure mit Eu(III) in Gegenwart von Mg2+ (Konzentration umgerechnet auf Ionenstärke).
Ergebnisse und Diskussion TRLFS-Messungen
72
Abbildung 5.14: Emissionsspektren für Eu3+aq und Eu(III)-Fulvatkomplexe bei unterschiedlichen
Konzentrationen von NaCl.
Abbildung 5.15: Verlauf des F1:F2 Verhältnisses und daraus resultierender Kd-Wert für die Komplexierung von
Fulvinsäure mit Eu(III) in Gegenwart von Na+.
Ergebnisse und Diskussion TRLFS-Messungen
73
Abbildung 5.16: Emissionsspektren für Eu3+aq und Eu(III)-Fulvatkomplexe bei unterschiedlichen
Konzentrationen von AlCl3.
Abbildung 5.17: Emissionsspektren für Eu3+aq und Eu(III)-Fulvatkomplexe bei unterschiedlichen
Konzentrationen von GdCl3.
Ergebnisse und Diskussion TRLFS-Messungen
74
Abbildung 5.18: Verlauf des F1:F2 Verhältnisses und daraus resultierender Kd-Wert für die Komplexierung von
Fulvinsäure mit Eu(III) in Gegenwart von Al3+ (Konzentration umgerechnet auf Ionenstärke). Oben: Ionenstärke
von 0 bis 6 M, unten: Ionenstärke von 0 bis 0,5 M.
Ergebnisse und Diskussion TRLFS-Messungen
75
Abbildung 5.19: Verlauf des F1:F2 Verhältnisses und daraus resultierender Kd-Wert für die Komplexierung von
Fulvinsäure mit Eu(III) in Gegenwart von Gd3+ (Konzentration umgerechnet auf Ionenstärke). Oben: Ionenstärke
von 0 bis 6 M, unten: Ionenstärke von 0 bis 0,2 M.
In den Emissionsspektren und anhand der Kurvenverläufe für das F1:F2-Verhältnis lässt sich anhand
der Normierung auf den 5D0 7F1 Übergang eindeutig erkennen, dass alle Elektrolytkationen unter-
schiedliche Einflüsse auf die Komplexierung haben, wie in Abbildung 5.20 dargestellt ist. Dies
spricht, mit Ausnahme von Na+, für stattfindende Konkurrenz-Prozesse. Vor allem die dreiwertigen
Kationen Al3+ und Gd3+ üben den stärksten Einfluss auf die Komplexbildung aus, da hier bereits ab
einer vergleichsweise geringen Konzentration das Eu(III) beinahe vollständig aus der Fulvinsäure
verdrängt wird.
Ergebnisse und Diskussion TRLFS-Messungen
76
Abbildung 5.20: Verlauf aller F1:F2 Verhältnisse für die Komplexierung von Eu(III) mit Fulvinsäure bei einem
pH-Wert von 5 und in Anwesenheit der Kationen Ca2+, Mg2+, Na+, Al3+ und Gd3+ (Konzentrationen umgerech-
net auf Ionenstärke).
Abbildung 5.21: Emissionsspektren für Eu3+aq und Eu(III)-Fulvatkomplexe in Gegenwart von CaCl2, MgCl2,
NaCl, AlCl3 und GdCl3.
Abbildung 5.21 zeigt Emissionsspektren für Eu3+aq und Eu(III)-Fulvatkomplexe bei jeweils gleicher
Konzentration der Elektrolytkationen. Es ist deutlich zu erkennen, dass im Fall von 500 µM Konzent-
ration an AlCl3 oder GdCl3 in Lösung das Signal des Eu(III) dem des Eu3+aq entspricht. Das bedeutet,
dass kein Eu-Fulvatkomplex mehr existiert. In der gleichen Konzentration anwesendes CaCl2, MgCl2
oder NaCl führt zu keinem geminderten Signal, was bedeutet, dass der Eu(III)-Fulvatkomplex vor-
herrschend ist. Bei einer Konzentration von 500 mM Elektrolyt ist der unterschiedliche Einfluss der
Kationen sehr gut erkennbar. Diese Beobachtung lässt sich auf das Komplexierungsverhalten und
den Kd-Wert übertragen, was in Abbildung 5.20 dargestellt ist.
Ergebnisse und Diskussion TRLFS-Messungen
77
Es ist bekannt, dass in Lösung ein dynamisches Gleichgewicht mit schnellen Umwandlungsraten
zwischen einem Huminstoff-Komplex und dem Aquo-Komplex eines Aktinoids[128,249] oder Lantha-
noids[250] vorliegt. Die Konzentration an Cl- ist in den Lösung sehr hoch, dennoch sind Chloro-
Komplexe für Eu(III) nicht nachweisbar[162]. Sie existieren höchstens als ternärer Komplex[251] oder
sind nur in übersättigten Lösungen zu finden[83]. Das bestätigen auch die Lebensdauer-Spektren,
vergleiche Kapitel 3.1.2 Lebensdauerspektren. Eine Bildung von Carbonat-Spezies ist für den pH-
Wert 5 vernachlässigbar[252] und erst ab einem pH-Wert von 7 relevant (~ 15% Eu(CO3)+ in Lö-
sung[253]).
Anhand ihres eigenen Komplexierungsverhaltens kann der variable Einfluss der Elektrolytkationen
auf die Komplexierung von Eu(III) mit Fulvinsäure erklärt werden. Da die Kationen selbst ebenfalls
an Fulvinsäure koordinieren können, müssen ihre verschiedenen Affinitäten in Betracht gezogen
werden. Die Carboxylgruppen der Fulvinsäure sind nach dem PEARSON-Konzept[73] harte Basen, die
bevorzugt mit harten Säuren wechselwirken. Als harte Säuren gelten kleine und hoch geladene Ka-
tionen, was auf Al3+ und auch auf Lanthanoide und Aktinoide zutrifft. Durch die Bindung an die
Carboxylgruppen oder auch durch Inklusion in die Struktur[254] bildet Fulvinsäure mit harten Säuren
stabile innersphärische Komplexe[230,255,256]. Hierbei wird das Kation wahrscheinlich in einer Bin-
dungsumgebung koordiniert, die eine salicylische Struktur aufweist[230,257–260] (Abbildung 5.22).
Abbildung 5.22: Komplexierung eines Metallkations (Mn+) in einer salicylischen Struktur.
Die Unterschiede im Einfluss der Elektrolytkationen auf das Komplexierungsverhalten von Eu(III)
mit Fulvinsäure können anhand der Ionenradien begründet werden. Für ihre jeweils stabilste Koor-
dinationszahl weisen die Kationen folgende Ionenradien auf:
Ergebnisse und Diskussion TRLFS-Messungen
78
Tabelle 5.3: Stabilste Koordinationszahl in Lösung und zugehöriger Ionenradius für verschiedene Kationen,
nach SHANNON[260].
Kation stabilste Koordinationszahl in Lösung Ionenradius für stabilste
Koordinationszahl/ Å
Al3+ 6 0,53
Mg2+ 6 0,72
Na+ 4 0,99
Tb3+ 8 – 9 1,04 – 1,10
Gd3+ 8 – 9 1,05 – 1,11
Eu3+ 9 1,12
Ca2+ 8 1,12
Demnach ist Al3+ das kleinste Kation der Elektrolyte und hat ebenso die höchste Ladungsdichte und
sollte den stärksten Konkurrenzeinfluss auf die Komplexierung von Eu(III) mit Fulvinsäure haben.
Nach den Ergebnissen hat Gd3+ von allen betrachteten Elektrolytkationen den stärksten Einfluss.
Dies liegt zum einen in der Hydrolyse des Al3+ begründet. Beim untersuchten pH-Wert von 5 liegt
Al3+ nur zu etwa 30% in seiner ionischen Form vor. Die Hauptspezies bildet Al(OH)2+ mit 38%, ge-
folgt von etwa 30% Al(OH)2+ und 2% Al(OH)3
[261,262]. Da das Al3+ bei diesem pH-Wert bereits mit ei-
ner anderen harten Base, dem OH-, koordiniert, sinkt seine Affinität zur Fulvinsäure.
Für Gd3+ ist ein umgekehrter Antenneneffekt[165] möglich, der das Signal aufgrund intramolekularer
Energieübergänge über die π-Systeme der Fulvinsäure[263] abschwächen könnte. Für supramolekula-
re Verbindungen ist bekannt, dass diese aufgrund strahlungsloser Übergänge[264] die Emission von
Eu(III) oder Tb(III) supprimieren können[265]. Speziell für Huminstoffe wurde der Energieübergang
zwischen Ligand und Lanthanoid und dessen Einfluss auf das Signal diskutiert[266], wobei von intra-
molekularen Deaktivierungspfaden aufgrund der engen räumlichen Bindung ausgegangen wird.
Anhand von Tb3+ wurde dieser Prozess als eine Energieübertragung vom Metall an den Liganden
beschrieben, da das 5D4-Energieniveau des Tb(III) sehr nahe an den Triplet-Energieniveaus des Hu-
minstoffes liegt[266].
Mg2+ sollte einen sehr starken Einfluss auf das Komplexierungsverhalten von Eu(III) mit Fulvinsäure
zeigen, was im Vergleich zum ebenfalls zweiwertigen Ca2+ nicht gegeben ist, wie bereits in Kapi-
tel V.1 diskutiert wurde. Na+ befindet sich hydratisiert durch elektrostatische Wechselwirkungen in
der Nähe von funktionellen Gruppen der Fulvinsäure. Es bildet demnach einen außersphärischen
Komplex, da die Hydrathülle Wasserstoffbrückenbindungen zu den Carboxylgruppen ausbildet[258].
Für Alkalimetallionen sind keine kovalenten Bindungen zu Huminstoffen bekannt[267]. Abbil-
Ergebnisse und Diskussion TRLFS-Messungen
79
dung 5.23 visualisiert den unterschiedlichen Einfluss der Elektrolytkationen bei jeweils gleicher
Konzentration.
Abbildung 5.23: Log Kd-Werte für die Komplexierung von Eu(III) mit Fulvinsäure in Gegenwart der verschie-
denen Kationen Ca2+, Mg2+, Na+, Al3+ und Gd3+ (Konzentrationen umgerechnet auf Ionenstärke).
Die Trends für die Abnahme des Komplexierungskoeffizienten von Eu3+ spiegeln sich analog wie bei
den Batchversuchen und Tb3+ auch in den TRLFS-Messungen wider. Ein deutlicher Unterschied fällt
hierbei für den Verlauf des Kd-Wertes in Gegenwart von Na+ auf, welches nach den Batchexperi-
menten keinen Einfluss auf die Komplexierung nähme. Bisher wurde davon ausgegangen, dass Na+
als Elektrolyt keine Rolle spielt[177,187] und wesentliche Prozesse bei der Komplexierung von Fulvin-
säure nicht beeinflusst. Die Untersuchungen mit der sensitiven spektroskopischen Methode hinge-
gen belegen einen Einfluss. Als Grund ist die ionenstärkebedingte Kontraktion des Fulvinsäuremole-
küls anzunehmen, woraufhin die Zugänglichkeit für Eu(III) an funktionelle Gruppen durch Ab-
schirmung und Abstoßung verringert wird. Es ist ersichtlich, dass die Lumineszenz mit steigender
Ionenstärke abnimmt, was an einer Veränderung der zweiten Koordinationssphäre liegen kann[268].
Je nach Art des Elektrolytkations basiert die unterdrückte Komplexierung hauptsächlich auf Kon-
kurrenzeffekten, also Blockierung von Bindungsplätzen an der Fulvinsäure durch den Überschuss
der Kationen. Dies trifft vor allem auf die zweitwertigen Kationen Ca2+ und Mg2+ sowie die dreiwer-
tigen Kationen Al3+ und Gd3+ zu.
Lebensdauerplots
Zu den Emissionsspektren wurden auch die Abklingkurven der Eu(III)-Spezies aufgenommen. Aus
diesen Plots ist lassen sich durch einen Fit Lebensdauern ermitteln. Die Lebensdauer τ eines ange-
Ergebnisse und Diskussion TRLFS-Messungen
80
regten Zustandes ist von der Relaxationsrate des Zustandes abhängig und lässt sich mit Hilfe der
Zerfallskonstante k ermitteln:
(5.1)
Werden die Signalintensitäten gegen die Abklingraten logarithmisch aufgetragen, ergibt sich aus
dem Anstieg des Plots die Zerfallskonstante k. Diese Vereinfachung gilt nur, wenn eine Spezies in
System vorhanden und der Datenverlauf dadurch linear ist. Bei Anwesenheit von beispielsweise
zwei Spezies, dem Eu3+aq und einem Eu(III)-Fulvatkomplex verläuft der Datensatz biexponentiell und
muss mit Hilfe eines Zerfalls zweiter Ordnung ermittelt werden:
(5.2)
Dabei steht y für die Fluoreszenzintensität, x für die Abklingzeit, ti für die jeweilige Lebensdauer der
Spezies und Ai für deren Anteil im System. In den folgenden Abbildungen 5.24 – 5.28 sind Abkling-
kurven für die Eu-Fulvat Systeme (in wässriger Lösung, pH 5) bei ansteigender Konzentration der
verschiedenen Elektrolyte dargestellt.
Abbildung 5.24: Abklingkurven für die Eu(III)-Fulvatkomplexe bei den unterschiedlichen Konzentrationen von
CaCl2.
Ergebnisse und Diskussion TRLFS-Messungen
81
Abbildung 5.25: Abklingkurven für die Eu(III)-Fulvatkomplexe bei den unterschiedlichen Konzentrationen von
MgCl2.
Abbildung 5.26: Abklingkurven für die Eu(III)-Fulvatkomplexe bei den unterschiedlichen Konzentrationen von
NaCl.
Ergebnisse und Diskussion TRLFS-Messungen
82
Abbildung 5.27: Abklingkurven für die Eu(III)-Fulvatkomplexe bei den unterschiedlichen Konzentrationen von
AlCl3.
Abbildung 5.28: Abklingkurven für die Eu(III)-Fulvatkomplexe bei den unterschiedlichen Konzentrationen von
GdCl3.
Ein Vergleich der Abklingkurven deutet auf zwei verschiedene Spezies in Gegenwart der Elektrolyte
hin: das Eu3+aq-Ion in Wasser (Abbildungen 5.24 – 5.28: grüne Symbole) und eine Fulvat-Spezies
(Abbildungen 5.24 – 5.28: blaue Symbole), die sich in ihren Lebensdauern unterscheiden. Die Le-
bensdauer eines Europium-Wasser-Komplexes beträgt 110 µs[269]. Bei einem linearen Fit über die
Daten für den Fulvatkomplex ergibt sich eine Lebensdauer von 159 ± 3 µs, welche sich gut in Litera-
tur-Daten einfügt[270]. Die Lebensdauer ist bestimmt durch den nichtstrahlenden Energieübergang
Ergebnisse und Diskussion TRLFS-Messungen
83
aus den energetisch angeregten Niveaus auf Schwingungszustände des koordinierten Wassers. Wie
die Abbildungen 5.24 – 5.28 zeigen, verlaufen die Datenpunkte der Fulvatkomplexe bei verschiede-
nen Elektrolytkonzentrationen nicht linear, sondern biexponentiell. Das heißt, dass mindestens zwei
verschiedene Spezies in Lösung parallel existieren. Die Lebensdauern liegen hierfür zwischen den
bereits erwähnten 159 ± 3 µs (Fulvatkomplex) und 110 µs (Wasserkomplex). Es gibt vermutlich eine
Spezies mit kurzer Lebensdauer, die dem Wasser-Komplex ähnlich ist und eine Spezies mit längerer
Lebensdauer, die wahrscheinlich auf der Entfernung der Hydrathülle des Europium durch die Ful-
vinsäure basiert[271].
Bei den Systemen mit NaCl oder MgCl2 ist die Fulvat-Spezies auch bei sehr hohen Elektrolytkon-
zentrationen noch präsent, was der biexponentielle Verlauf der Datenpunkte belegt. Bei hohen Io-
nenstärken gleichen sich die Lebendsauer-Werte an 110 µs für den Wasser-Komplex an. Dies lässt
darauf schließen, dass mit zunehmender Elektrolytkonzentration Fulvinsäure zur Koordination nicht
mehr zur Verfügung steht und sich stattdessen ein Komplex der Form [Eu(H2O)9]3+ bildet. Im System
mit CaCl2 zeigt sich die Umwandlung des Fulvatkomplexes in einen Wasser-Komplex sehr deutlich,
da bei einer hohen Elektrolytkonzentration die Datenpunkte monoexponentiell abfallen. Dieser Ver-
lauf deutet auf eine Spezies in Lösung hin, was gemäß den Gleichungen nach HORROCKS[161] und KI-
MURA[197]
(Kapitel IV.4) auf [Eu(H2O)9]3+ schließen lässt. Es fällt auf, dass die Umwandlung des
Fulvatkomplexes in den Wasser-Komplex sowohl bei AlCl3 als auch bei GdCl3 zeitig, das heißt bei
vergleichsweise geringeren Elektrolytkonzentrationen, auftritt. Bereits ab 250 µM (AlCl3) bezie-
hungsweise 1 mM (GdCl3) ist der Datenverlauf nur noch monoexponentiell. Dies deckt sich mit den
bisherigen Ausführungen insofern, dass Gd3+ und Al3+ den stärksten Einfluss auf die Komplexierung
nehmen. Der Unschärfe der Daten kann möglicher Weise Quenching durch Eisen zu Grunde liegen.
Die verwendete Fulvinsäure enthält 0,4 mg∙g-1[191] Eisen, welches herausgelöst werden könnte und
damit das empfindliche Fluoreszenzsignal stört[156,158].
Ausgehend von der Struktur der generalisierten Standard-Fulvinsäure (vgl. Kapitel IV) sind die in
Abbildung 5.29 dargestellten Struktureinheiten von Europium-Fulvatkomplexen möglich. Es handelt
sich um stabile Chelatverbindungen, bei denen Eu(III) von mindestens einer Carboxylgruppe koor-
diniert wird.
Ergebnisse und Diskussion TRLFS-Messungen
84
Abbildung 5.29: Mögliche Struktureinheit eines Europium(III)-Fulvatkomplexes. Das Europium (braun dargestellt)
wird durch Carboxylgruppen im Fulvinsäure-Molekül koordiniert.
Einfluss von Anionen und pH-Wert
Der mögliche Einfluss verschiedener Anionen auf die Komplexierung von Fulvinsäure mit Eu(III)
wurde ebenfalls untersucht. Abbildung 5.30 zeigt den Einfluss verschiedener Anionen anhand der
eingesetzten Salze Ca(ClO4)2, Ca(NO3)2 und CaCl2 bei jeweils gleichen Konzentrationen von 1 mM
und 200 mM.
Abbildung 5.30: Emissionsspektren für Eu3+aq und Eu(III)-Fulvatkomplexe bei jeweils gleicher Elektrolytkon-
zentration (1 mM und 200 mM) von CaCl2, Ca(ClO4)2 und Ca(NO3)2.
Wie aus den Spektren zu erkennen ist, üben die Anionen lediglich einen vernachlässigbaren Einfluss
auf die Komplexierung aus. Im Vergleich zum Perchlorat-System (Abbildung 5.30 links, rote Linie)
sind die Signalintensitäten im Nitrat- und Chlorid-System (Abbildung 5.30 links, blaue beziehungs-
weise grüne Linie) nur geringfügig schwächer. Bei der höheren Elektrolytkonzentration von 200 mM
lässt sich kein Unterschied in den Signalen erkennen, weder hinsichtlich der Intensität noch in den
Peakpositionen. Daraus lässt sich schließen, dass die Anionen im System keinen Einfluss auf die
Ergebnisse und Diskussion TRLFS-Messungen
85
Komplexierung von Fulvinsäure mit Eu(III) ausüben. Für die Abklingkurven ergibt sich der gleiche
Sachverhalt, wie in der Abbildung 5.31 ersichtlich wird.
Abbildung 5.31: Abklingkurven für Eu3+aq und Eu(III)-Fulvatkomplexe bei unterschiedlichen Konzentrationen
an CaCl2 (links) und Ca(ClO4)2 (rechts).
Abbildung 5.32: Emissionsspektrum für Eu(III) bei verschiedenen Konzentrationen von CaCl2.
Ein Einfluss von Cl- auf die Intensität oder Lage des Signals von Eu3+ bei den verwendeten Konzent-
rationen konnte ebenfalls ausgeschlossen werden, wie die Spektren für ein rein wässriges Eu(III)
System mit ansteigender Konzentration an CaCl2 zeigen (Abbildung 5.32). Für die Lebensdauer-
Messungen im fulvinsäurefreien System ergeben sich 112 ± 3 µs, was einen reinen Wasser-Komplex
belegt. Zudem belegen diese Untersuchungen das Nichtvorhandensein von Europium-Chloro-
Komplexen.
Ergebnisse und Diskussion TRLFS-Messungen
86
Wie schon in Kapitel V.1 diskutiert, hat der pH-Wert erheblichen Einfluss auf die Komplexierung.
Dessen Einfluss wurde für einige Konzentrationswerte am Beispiel von CaCl2 spektroskopisch un-
tersucht. Abbildung 5.33 zeigt das Emissionsspektrum für Eu-Fulvat bei einem pH-Wert von 7.
Abbildung 5.33: Emissionsspektren für Eu3+aq und Eu(III)-Fulvatkomplexe bei verschiedenen Konzentrationen
von CaCl2 (0 bis 1 M) bei einem pH-Wert von 7 und einer Eu(III)-Konzentration von 10-5 M.
Auffällig ist, dass das Emissions-Spektrum sehr verrauscht ist und die Datenpunkte bei den Lebens-
dauern im höheren Konzentrationsbereich stark schwanken. Dies ist auf Quenchingeffekte durch die
protonierte Fulvinsäure, die Wassermoleküle und – im Vergleich zu einem pH-Wert von 5 - eine
erhöhte Anzahl von Hydroxylionen zurückzuführen. Nach der Anregung des Eu(III) wird ein Teil
der Energie durch strahlungslose Prozesse auf die koordinierenden Wassermoleküle übertragen, die
dadurch zu Schwingungen angeregt werden[272,273]. Die Schwingungszustände des Wassers liegen
hierbei im gleichen Energiebereich wie die Anregung des Eu(III). Hierbei erhöht sich die Lebensdau-
er mit abnehmender Anzahl an quenchenden Molekülen (Wasser und Hydroxylionen) in der ersten
Koordinationssphäre[197,274]. Eine eindeutige Interpretation des Lebensdauerplots ist jedoch diffizil,
da davon ausgegangen werden muss, dass bei einem pH-Wert von 7 in der Lösung mindestens vier
Eu-Spezies existent sind: Eu3+aq (τ = 110 µs), der Eu-Fulvatkomplex (τ = 159 ± 3 µs), 20% Eu(CO3)
+
(τ = 180 ± 20 µs)[253] und etwa 5% Eu(OH)2+ (τ = 50 µs)[253] und ein Fit der Daten mit einer
tetraexponentiellen Funktion nicht zielführend wäre.
Ergebnisse und Diskussion Modellierungen
87
3. MODELLIERUNGEN
Ternäres System – linear additive model
Das in Kapitel III.2 vorgestellte linear additive model wurde angewendet, um Aussagen über die Zu-
sammenhänge zwischen den binären Einzelsystemen und dem ternären Gesamtsystem treffen zu
können. Abbildung 5.34 zeigt den experimentell ermittelten Verteilungskoeffizienten, der alle Vertei-
lungskoeffizienten der Einzelsysteme aufsummiert (Gleichung 5.3) zusammen mit den aus Glei-
chung 5.4 (linear additive model) berechneten, bei denen die Verteilungskoeffizienten der binären
Einzelsysteme als unabhängig voneinander angenommen werden.
(5.3)
(5.4)
Ergebnisse und Diskussion Modellierungen
88
Abbildung 5.34: Adsorption des gesamtem (frei und komplexiert) Tb(III) (pH 5) und Eu(III) (pH 7) an Opalinus-
ton in Anwesenheit von Fulvinsäure als Funktion der Ionenstärke für CaCl2, MgCl2 und NaCl. Die Symbole
repräsentieren den experimentellen Verteilungskoeffizienten und die Linien die Werte, die nach dem linear additive model
ermittelt wurden.
Das linear additive model ist geeignet, um Trends hinsichtlich der Kd-Werte in Abhängigkeit der Io-
nenstärke zu reproduzieren. Allerdings wurden Abweichungen von mehr als einer Größenordnung
beobachtet, speziell beim NaCl-System und den Systemen bei pH 5. Daraus lässt sich schließen, dass
eine quantitative Wiedergabe der experimentellen Daten mit Hilfe dieses Modells nicht ohne weite-
res möglich ist. Während die Linearität der Adsorption oder Komplexierung in Abhängigkeit der
Konzentration kein zwingendes Kriterium des Modells ist, muss jedoch die Additivität (siehe Glei-
chung 5.3) gewährleistet sein, was auf einigen Annahmen beruht:
- Es existieren keine ternären Oberflächenkomplexe der Form ≡S-M-FS.
- Fulvinsäure und der Fulvinsäure-Metall-Komplex zeigen dasselbe Adsorptionsverhalten.
- Die Adsorptionsprozesse von Metall und Fulvinsäure beeinflussen sich nicht gegenseitig.
- Die Stabilität des Komplexes in Lösung entspricht der Stabilität im adsorbierten Zustand.
- Die Fulvinsäure kann als einzelner Reaktionspartner betrachtet werden.
Ergebnisse und Diskussion Modellierungen
89
Echte ternäre Oberflächenkomplexe, bei denen das Metall als Brücke zwischen der Oberfläche und
dem Molekül fungiert, sind aufgrund der Größe der Huminstoffmoleküle nur schwer denkbar. Im
Rahmen einer spektroskopischen Untersuchung (TRLFS)[143] konnte gezeigt werden, dass Fulvinsäu-
re-gebundenes Cm(III) keine unterschiedlichen Signale in Lösung und als Adsorbat an der Mineral-
oberfläche zeigte. Dies deutet darauf hin, dass Fulvinsäure als Binder für das Metall fungiert und
nicht umgekehrt. Damit kann angenommen werden, dass ternäre Oberflächenkomplexe der Form
≡S-FS-M vorliegen.
Der zweite und dritte Punkt der Annahmen sind in der Hinsicht gültig, dass die Konzentrationen
von Tb(III) und Eu(III) im System sehr gering sind und die Elektrolyte im großen Überschuss vorlie-
gen. Adsorptionsplätze an der Oberfläche können durch Fulvinsäure-Komplexe belegt sein und nicht
mehr für das freie Metall zur Verfügung stehen. Jedoch zeigen die Ergebnisse, dass die Komplexie-
rung von Fulvinsäure mit den Metallen um Größenordnungen höher liegt als die Adsorption der
Metalle an der Oberfläche, daher kann eine Blockierung der Adsorptionsplätze durch Fulvinsäure
vernachlässigt werden.
Die vierte Annahme ist problematischer, da bekannt ist, dass sich Fulvinsäuremoleküle im adsorbier-
ten Zustand strukturell verändern können[118,275,276]. Zudem sind die komplexierenden Gruppen teil-
weise in die Wechselwirkung mit der Oberfläche eingebunden, was eine Konkurrenzreaktion zur
Metallkomplexbildung darstellt. Zusätzlich ist zu beachten, dass durch den pH-Wert von 5 eine teil-
weise Auflösung von Calcit im Opalinuston auftreten kann. Somit erhöht sich der Anteil von Ca2+
im System und beeinflusst die Adsorption und/oder die Komplexierung, wenngleich die Konzentra-
tionen an „geleachtem“ Ca2+ vergleichsweise gering sind (ca. 10-2 mol∙L-1).
Die größte Schwäche des Modells eröffnet sich vermutlich mit dem letzten Punkt der Annahmen, da
Fulvinsäure kein einheitliches chemisches Molekül ist und in Struktur, Molmasse und funktionellen
Gruppen stark variieren kann. Vielmehr handelt es sich um eine polydisperse Mischung verschiede-
ner Moleküle, die während Verrottungsprozessen entstanden sind und unter dem Begriff „Fulvinsäu-
re“ zusammengefasst werden. Die verschiedenen Moleküle verhalten sich bezüglich Adsorption und
Komplexbildung unterschiedlich. Daraus resultierende Selektivitäten werden im Modell jedoch nicht
berücksichtigt. Wenn beispielsweise stärker komplexierende Moleküle bevorzugt adsorbiert werden,
wird die Gesamtadsorption des Metalls unterschätzt, da im Modell eine gemittelte Metallbeladung
der Fulvinsäure als Ganzes verwendet wird.
Ergebnisse und Diskussion Modellierungen
90
Bindung an Huminstoff – Modellierungen nach dem NICA-Donnan-Ansatz
Für die Untersuchung der Koordination von Tb(III) an die Fulvinsäure wurde das geochemische Mo-
dellierungsprogramm ECOSAT 4.7 (M. KEIZER)[198] genutzt. Dabei wird von dem
NICA-Donnan-Ansatz ausgegangen, der die spezifischen Wechselwirkungen der funktionellen
Gruppen der Fulvinsäure und die elektrostatischen Coulomb-Wechselwirkungen mit dem Metallka-
tion berücksichtigt.
(5.5)
Gemäß der Gleichung 5.5 und unter Verwendung der in Kapitel IV.5 beschriebenen Modellparameter
(zunächst B = -0,57) wurde die Komplexbildung von Tb3+ und Eu3+ mit der Standard-Fulvinsäure
(GFA, generalized fulvic acid) in Abhängigkeit von der Ionenstärke berechnet. Die Ergebnisse sind in
Abbildung 5.35 dargestellt.
Ergebnisse und Diskussion Modellierungen
91
Abbildung 5.35: Werte für die Beladung der Fulvinsäure mit Tb3+/Eu3+ in Gegenwart von CaCl2, MgCl2, NaCl
oder AlCl3 unter Anpassung der Parameter log K und n. Die Symbole repräsentieren die experimentell erhalte-
nen Werte (vgl. Kapitel V.1) und die Linien die mit Hilfe des NICA-Donnan-Modells berechneten Werte für
B = -0,57.
Bei einem pH-Wert von 5 zeigt sich für Ca2+, Mg2+ und Al3+ eine gute Übereinstimmung der durch
das Modell berechneten Werte mit den experimentellen. Im Allgemeinen ist festzustellen, dass das
NICA-Donnan-Modell den starken Abfall der Komplexierung Metalle mit Fulvinsäure bei hohen Io-
nenstärken gut abbildet. Zudem werden auch die unterschiedlichen Einflüsse der Elektrolytkationen
mit ihrer spezifischen Konkurrenz realitätsnah widergespiegelt. Ca2+ zeigt auch im Modell einen
deutlich stärkeren Einfluss auf die Komplexierung mit Tb3+/Eu3+ als Mg2+, was auch in den Batchun-
tersuchungen festgestellt wurde. Im Verlauf der Berechnung erfolgte die Anpassung der Modellpa-
rameter für die Affinitätskonstante log K und den Heterogenitätsparameter n, jeweils Tb3+/Eu3+ an
GFA. Ausgehend von den Startparametern ergaben sich für log K und n in Gegenwart der verschie-
denen Elektrolyte folgende Werte:
Ergebnisse und Diskussion Modellierungen
92
Tabelle 5.4: Angepasste Werte für log K und n für die jeweiligen Elektrolyt-Systeme bei pH 5 und 7 mit
B = -0,57.
log K1 log K2 n1 n2
Literaturdaten für Eu3+[187] -1,92 5,87 0,47 0,45
Tb3+ in Anwesenheit von Ca2+, pH 5 -1,92 4,62 2,92 2,12
Tb3+ in Anwesenheit von Mg2+, pH 5 -2,40 5,87 0,83 0,05
Tb3+ in Anwesenheit von Na+, pH 5 -1,92 5,86 0,51 0,41
Tb3+ in Anwesenheit von Al3+, pH 5 -2,05 5,87 0,25 0,45
Eu3+ in Anwesenheit von Ca2+, pH 7 -1,92 5,87 3,07 4,17
Eu3+ in Anwesenheit von Mg2+, pH 7 -1,61 5,29 0,44 0,93
Eu3+ in Anwesenheit von Na+, pH 7 -1,91 5,87 0,50 0,49
Bei der Bindung von Protonen und Metallen an Huminstoffe wird für die carboxylischen funktionel-
len Gruppen von einer geringen Bindungsaffinität im Vergleich zu den phenolischen Hydroxylgrup-
pen ausgegangen[35,277]. Die Nummer 1 und 2 bezeichnen jeweils die carboxylischen beziehungsweise
phenolischen Affinitätskonstanten (log K) und die jeweiligen ionenspezifischen Nicht-
Idealitätsparameter (n).
Es ist erkennbar, dass bei diesen Berechnungen die Affinitätskonstanten für die carboxylischen
Gruppen (log K1) und auch jene für die phenolischen Gruppen (log K2) Abweichungen zu den Litera-
turwerten aufweisen. Da die Werte für die Affinitätskonstanten spezifisch für das Metall sind und
sich nicht in Abhängigkeit eines Elektrolyten ändern können, deutet dies darauf hin, dass das Modell
mit den gegebenen Parametern die experimentellen Daten nicht genau abbilden kann. Ebenso schei-
nen die modellierten Ergebnisse ungenau zu sein, was sich am Heterogenitätsparameter n bemerk-
bar macht. Dieser sollte zwischen 0 und 1 liegen[32,35], weist jedoch nach diesen Berechnungen sogar
Werte von 4 auf, die nicht realistisch erscheinen. Ein Wert von 1 würde ein ideales Verhalten bezüg-
lich der Koordination an die entsprechenden funktionellen Gruppen beschreiben.
Eine mögliche Ursache für den großen Fehler könnte der sehr hohen Ionenstärke im System ge-
schuldet sein, weshalb versucht wurde, den empirischen Parameter B, der die Ionenstärkeabhängig-
keit repräsentiert, mit Hilfe von ECOSAT durch eine numerische Lösung anzupassen. Das Ergebnis
für die ermittelten Beladungs-Werte ist in Abbildung 5.36 dargestellt.
Ergebnisse und Diskussion Modellierungen
93
Abbildung 5.36: Werte für die Beladung der Fulvinsäure mit Tb3+/Eu3+ in Gegenwart von CaCl2, MgCl2, NaCl
oder AlCl3 unter Anpassung des Parameters B mit ECOSAT.
Es ist deutlich zu erkennen, dass es mit Hilfe des Programmes nicht möglich war, den empirischen
Parameter an die experimentellen Ergebnisse anzupassen. Da die numerische Anpassung nicht mög-
lich war, wurde der Wert für B von Hand angeglichen, um eine Grundlage für eine Abschätzung
seines Einflusses zu erhalten. Der empirische Faktor B lässt sich über seine Korrelation zum Don-
nanvolumen gemäß Gleichung 5.6 berechnen. Um das Donnanvolumen VD berechnen zu können, ist
die Kenntnis der Konzentration cD,j in der Donnan-Phase notwendig:
(5.6)
Wobei sich der Boltzmann-Faktor χ wie folgt definiert:
(5.7)
Ergebnisse und Diskussion Modellierungen
94
Mit den folgenden Werten:
ci = 10-6 mol∙L-1
e = 1,60217733∙10-19 C
ΨD = 11 mV[278]
k = 1,380658∙10-23 J∙K-1 und
T = 293,15 K
ergeben sich für cDi und ci die folgenden Ergebnisse:
cDi (Eu3+) = 3,69∙10-6 mol∙L-1 cDi (H+) = 1,55∙10-5 mol∙L-1.
Mit der Nettoladung der Fulvinsäure von - 2,5 meq∙g-1[120] lässt sich das Donnanvolumen über die
folgenden Gleichungen berechnen:
(5.8)
(5.9)
Mit Hilfe des berechneten Donnanvolumens ergibt sich der Parameter B aus:
(5.10)
Als Ergebnis wird für den Parameter B ein Wert von 1,25 ± 0,62 erhalten.
Für die folgenden Modellierungen wurde dieser Wert für B als Parameter gesetzt. Abbildung 5.37
zeigt die ermittelten Beladungs-Werte für GFA mit dem manuell angepassten Wert für B.
Ergebnisse und Diskussion Modellierungen
95
Abbildung 5.37: Werte für die Beladung der Fulvinsäure mit Tb3+/Eu3+ in Gegenwart von CaCl2, MgCl2, NaCl
oder AlCl3 unter Anpassung der Parameter log K und n. Die Symbole repräsentieren die experimentell erhalte-
nen Werte (vgl. Kapitel V.1) und die Linien die mit Hilfe des NICA-Donnan-Modells ermittelten Werte für
B = 1,25.
Während sich die mit Hilfe des NICA-Donnan-Modells ermittelten Beladungs-Werte bei einem pH-
Wert von 5 nicht signifikant von denen für B = -0,57 unterscheiden, sind für den angepassten Wert
von B (1,25) deutliche Unterschiede für die Berechnungen bei pH 7 erkennbar. Die nun für die Bela-
dung bestimmten Werte bilden die Realität gut ab und der Abfall bei zunehmender Ionenstärke spie-
gelt sich gut wider. Allerdings kann der leichte Anstieg bei sehr hohen Ionenstärken (I > 6 M) mit
diesem Modell nicht abgebildet werden. Für die Parameter log K und n ergaben sich die folgenden
Werte:
Ergebnisse und Diskussion Modellierungen
96
Tabelle 5.5: Angepasste Werte für log K und n für die jeweiligen Elektrolyt-Systeme bei pH 5 und 7 mit
B = 1,25.
log K1 log K2 n1 n2
Literaturdaten für Eu3+[187] -1,92 5,87 0,47 0,45
Tb3+ in Anwesenheit von Ca2+, pH 5 -2,64 3,68 0,59 1,43
Tb3+ in Anwesenheit von Mg2+, pH 5 -1,92 5,40 0,77 0,15
Tb3+ in Anwesenheit von Na+, pH 5 -1,92 5,87 0,50 0,45
Tb3+ in Anwesenheit von Al3+, pH 5 -2,27 5,87 0,16 0,45
Eu3+ in Anwesenheit von Ca2+, pH 7 -1,92 2,74 1,27 0,09
Eu3+ in Anwesenheit von Mg2+, pH 7 -1,82 5,84 0,27 0,02
Eu3+ in Anwesenheit von Na+, pH 7 -1,91 5,76 0,57 0,49
Bei diesen Werten fällt ebenfalls auf, dass sie sich zum Teil signifikant von den in der Literatur be-
schriebenen Parametern unterscheiden. Dies wird besonders bei der Affinitätskonstante zu den phe-
nolischen Gruppen (log K2) deutlich, die sich teilweise um mehrere Größenordnungen von dem Lite-
raturwert von 5,87[187] unterscheiden. Aus den angepassten Daten lässt sich schließen, dass das
NICA-Donnan-Modell auch mit dem angepassten Parameter B für die verwendete Fulvinsäure die
Daten nicht ausreichend genau reproduzieren kann. Diese Ungenauigkeit kann darauf basieren, dass
die generalisierte Fulvinsäure als Modell für die in dieser Arbeit verwendete Fulvinsäure unzurei-
chend ist. Desweiteren ist fraglich, inwiefern die in der Literatur angegebenen Parameter für die
Elektrolytkationen anwendbar sind. Beispielsweise werden folgende Werte für Ca2+ und Mg2+ ange-
führt[187]:
Ca2+ log K1 = -2,13 n1 = 0,85 log K2 = -3,0 n2 = 0,80
Mg2+ log K1 = -2,10 n1 = 0,77 log K2 = -2,4 n2 = 0,59
In Anbetracht der bisherigen Ergebnisse (vgl. Kapitel V.1 Batchversuche) ist anzuzweifeln, dass Ca2+
und Mg2+ die gleiche Affinität zu carboxylischen Bindungsstellen aufweisen. Es konnte belegt wer-
den, dass sich Mg2+ und Ca2+ hinsichtlich ihres Einflusses auf die Koordination von Tb(III) an Fulvin-
säure unterschiedlich verhalten. Aus diesem Grund wurde die Beladung der Fulvinsäure erneut mo-
delliert und die Parameter log K und n für die jeweiligen Elektrolytkationen angepasst. Abbil-
dung 5.38 zeigt die Werte für die Beladung der Fulvinsäure.
Ergebnisse und Diskussion Modellierungen
97
Abbildung 5.38: Werte für die Beladung der Fulvinsäure mit Tb3+/Eu3+ in Gegenwart von CaCl2 oder MgCl2 un-
ter Anpassung der Parameter log K und n. Die gefüllten Symbole repräsentieren die experimentell erhaltenen
Werte (vgl. Kapitel V.1) und die leeren Symbole die mit Hilfe des NICA-Donnan-Modells ermittelten Werte mit
B = 1,25.
Es ist zu erkennen, dass die modellierten Werte die experimentellen Daten gut nunmehr über den
gesamten Ionenstärkebereich gut beschreiben. Aus der Anpassung der Parameter log K und n für
Ca2+ und Mg2+ ergaben sich die folgenden Werte:
Ca2+ log K1 = -1,00 n1 = 0,02 log K2 = 0,92 n2 = 0,78
Mg2+ log K1 = -4,60 n1 = 0,40 log K2 = 0,87 n2 = 0,62
Insbesondere hinsichtlich der Affinitätskonstante zu den carboxylischen Gruppen, log K1, bilden die-
se Werte das reale chemische Verhalten von Ca2+ und Mg2+ besser ab, da alle bisher gewonnenen
Erkenntnisse darauf hindeuten, dass Ca2+ gegenüber den dreiwertigen Lanthanoiden carboxylische
Bindungsplätze stärker belegt und somit für die dreiwertigen Kationen blockiert. Für Mg2+ kann ein
kovalenter Bindungsanteil angenommen werden, sodass die Koordination zu den funktionellen
Gruppen geringer ausfällt als beim Ca2+.
Auch wenn es im Rahmen dieser Arbeit gelang, mit Hilfe einiger Anpassungen das NICA-Donnan-
Modell erfolgreich anzuwenden und den Verlauf der experimentell erhaltenen Werte gut abzubilden,
bleibt das Modell kritisch zu hinterfragen. Wie die Ergebnisse zeigten, gelang es nicht, einen reinen
Einfluss von Ionenstärke – in Form des Parameters B – zu belegen. Dieser empirische Parameter un-
terscheidet sich grundlegend für Humin- und Fulvinsäuren[35], deshalb kann er nicht als festgelegte
Stoffeigenschaft angesehen werden. Im Rahmen der Ergebnisse musste der Wert von -0,57 auf 1,25
angepasst werden, um die in dieser Arbeit verwendete Fulvinsäure passend zu beschreiben. Da es
sich bei Fulvinsäuren um heterogene Moleküle ohne einheitliche Struktur handelt, kann es gut sein,
dass sich dieser Parameter je nach Art und Herkunft der Fulvinsäure unterscheidet. Im NICA-
Ergebnisse und Diskussion Modellierungen
98
Donnan-Modell in ECOSAT 4.7[198] wird von einer generalisierten Fulvinsäure (gfa) ausgegangen. Da
der Parameter B den Einfluss der Ionenstärke nicht ausreichend beschreibt, belegen diese Untersu-
chungen ebenfalls, dass verschiedene Kationen unterschiedlich reagieren. Dies ist auf das unter-
schiedliche Komplexbildungsverhalten und die variablen Aktivitätskoeffizienten der Elektrolytka-
tionen zurückzuführen. Ein Ansatz für weiterführende Untersuchungen wäre, die Aktivitätskoeffi-
zienten der Elektrolyte gemäß der Debye-Hückel-Gleichung[181] oder ihrer erweiterten Form, der
Davies-Gleichung[279] oder in Systemen mit sehr hoher Elektrolytkonzentration nach einem Pitzer-
Ansatz[183] zu berücksichtigen.
Zusätzlich geht das Modell von rein monodentaten Bindungen der Metalle an die funktionellen
Gruppen der Fulvinsäure aus. Dies kann aufgrund der chemischen Struktur der Fulvinsäure nicht als
Basis betrachtet werden. Vor allem in polycarboxylischen Struktureinheiten kann für dreiwertige
Lanthanoiden und für Ca2+ von einer Chelat-Bindung ausgegangen werden[230,241,242,257,258], was im
Modell nicht berücksichtig wird.
Es ist zu hinterfragen, ob bisher ermittelte Werte für die Affinitätskonstanten und Heterogenitätspa-
rameter für die verschiedenen Kationen haltbar sind. Für Ca2+ und Mg2+ ergaben sich im Rahmen
dieser Arbeit von der Literatur abweichende Werte, die das eigene chemische Verhalten dieser bei-
den Kationen passender reproduzieren und ihren Einfluss auf die Beladung mit Tb3+/Eu3+ gut be-
schreiben. Weiterhin wird im Programm ECOSAT von einem Parametersatz für dreiwertige Lantha-
noide ausgegangen, welcher auf experimentell ermittelten Werten für Eu3+ basiert[187]. In Anbetracht
der Unterschiede zwischen den Erdalkalikationen Ca2+ und Mg2+ ist fraglich, ob dieser Parametersatz
ausnahmslos alle dreiwertigen Lanthanoiden adäquat beschreibt, zumal beispielsweise für Dysprosi-
um ein eigener Datensatz existiert[187], dessen Affinitätskonstanten sich deutlich von denen für Eu3+
unterscheiden. Zusätzlich gibt es keinen eigenen Parametersatz für einen möglichen Einfluss von
Na+. Zwar ist davon auszugehen, dass dieses keine direkten Wechselwirkungen mit funktionellen
Gruppen der Fulvinsäure eingeht, jedoch ist anzunehmen, dass dessen Aufenthalt in der Nähe dieser
Gruppen mindestens einen Einfluss ausübt, der nicht über eine reine Ionenstärke-Abhängigkeit be-
schrieben werden kann. In den Ergebnissen zeigt sich dies deutlich an modellierten Beladungen der
Fulvinsäure mit 100% Tb3+/Eu3+ während die experimentellen Ergebnisse etwa bei 85% liegen.
Diffuser reaktiver Transport durch Ton
Zur Abschätzung der Mobilität dreiwertiger Lanthanoide durch Tonporenwasser unter Berücksich-
tigung der hohen Ionenstärken und in Abwesenheit von Fulvinsäure wurden Ausbreitungsrechnun-
gen modelliert. Das im Modell verwendete Tb(III) war das Analogon für ein dreiwertiges Aktinoid
Ergebnisse und Diskussion Modellierungen
99
wie das Transuran 243Am(III). Die Rechnungen basieren auf einem Ausschnitt von zehn mal zehn
Metern des Tonsystems (siehe Abbildung 5.39) mit einer permanenten Quelle (Q) des Kontaminan-
ten Tb(III) (Konzentration = 1 mol∙m-3). In den Modellierungen hat das Tonporenwasser einen
pH-Wert von 5, weshalb in den Modellierungen von den folgenden Verteilungs- und Diffusionskoef-
fizienten ausgegangen wurde:
Tabelle 5.6: Kd-Werte für die eingesetzten scheinbaren Diffusionskoeffizienten Da für Tb(III) im System niedri-
ger (0 M) und hoher (≥ 2 M) Hintergrund-Elektrolytkonzentration für einen pH-Wert von 5 in Ab-
wesenheit von Fulvinsäure.
Kd/L∙g-1‡‡ Da/m2∙s-1
cElektrolyt = 0 M 0,673 ± 0,108 6,43∙10-13 ± 1,85∙10-4
cElektrolyt ≥ 2 M 0,011 ± 0,007 4,03∙10-11 ± 0,42
Abbildung 5.39: Geometrie für das 10 m mal 10 m messende Modellsystem. Die Beobachtungspunkte P1 und P2
sowie die Position der Quelle Q sind grün markiert. Im System von 100 m mal 100 m sind die Beobachtungspunkte
entsprechen P1: x = 100 m, y = 10 m und P2: x = 10 m, y = 100 m.
Die zeitabhängige Modellierung wurde in 1000 Jahre-Schritten in Einzelbilder aufgeteilt und im Fol-
genden dargestellt. Dabei wird die relative Konzentration durch den Farbverlauf von blau bei gerin-
ger Konzentration nach rot zu hoher Konzentration dargestellt. Abbildung 5.40 zeigt das direkte Um-
feld der Quelle (1 m2) und Abbildung 5.41 zeigt ein Umfeld von 100 m mal 100 m im Tonsystem bei
einem pH-Wert von 5 und bei einer Ionenstärke von null.
‡‡ Es handelt sich hier um einen Mittelwert aus den Kd-Werten für die entsprechenden Elektrolyten (Na+, Ca2+ und Mg2+) bei einer Konzentration von 2 mol∙L-1.
Ergebnisse und Diskussion Modellierungen
100
nach 1000 Jahren nach 2000 Jahren nach 3000 Jahren nach 4000 Jahren nach 5000 Jahren
nach 6000 Jahren nach 7000 Jahren nach 8000 Jahren nach 9000 Jahren nach 10 000 Jahren
Abbildung 5.40: Relative Konzentration von Tb(III) im direkten Umfeld der Quelle (1 m2 Gebiet) über einen Zeitraum von 10 000 Jahren und bei einer Hintergrund-Ionenstärke
von 0 mol∙L-1. Der Farbverlauf von blau nach rot symbolisiert den Anstieg der relativen Konzentration des Kontaminanten im System.
Ergebnisse und Diskussion Modellierungen
101
nach 1000 Jahren nach 2000 Jahren nach 3000 Jahren nach 4000 Jahren nach 5000 Jahren
nach 6000 Jahren nach 7000 Jahren nach 8000 Jahren nach 9000 Jahren nach 10 000 Jahren
Abbildung 5.41: Relative Konzentration von Tb(III) im Umfeld der Quelle (100 m mal 100 m Gebiet) über einen Zeitraum von 10 000 Jahren und bei einer Hintergrund-
Ionenstärke von 0 mol∙L-1. Der Farbverlauf von blau nach rot symbolisiert den Anstieg der relativen Konzentration des Kontaminanten im System.
Ergebnisse und Diskussion Modellierungen
102
Tb(III) kann sich bei hohen Ionenstärken schneller ausbreiten und wäre nach 10 000 Jahren etwa
fünf Meter weit diffundiert. Im vergleichbaren System ohne Hintergrund-Elektrolytkonzentration
breitet sich Tb(III) langsamer aus und wäre nach 10 000 Jahren etwa 60 Zentimeter weit diffundiert.
Der Unterschied beider Systeme wird auch beim Vergleich der zeitlichen Konzentrationsverläufe
deutlich, wie in Abbildung 5.42 veranschaulicht ist.
Abbildung 5.42: Zeitlicher Konzentrationsverlauf an den Beobachtungspunkten P1 und P2 für die verschiede-
nen Diffusionskoeffizienten. Es gilt für I = 0 M: D = 6,43∙10-13 m2∙s-1 und für I ≥ 2 M: D = 4,03∙10-11 m2∙s-1.
Die zeitlichen Konzentrationsverläufe belegen, dass Tb(III) sich zwar durch das Tonporenwasser
verbreitet, dabei aber geringe Entfernungen im einschlusswirksamen Gebirge zurücklegt. Nach dem
Standortauswahlgesetz[5] soll die Endlagerung in tiefen geologischen Formationen mit Tiefen von
300 bis 1500 Metern und einer Mächtigkeit des Deckgebirges von mindestens 100 Metern vorge-
nommen werden. Auch bei sehr hohen Ionenstärken liegen die modellierten Migrationsreichweiten
in einem überschaubaren Rahmen im Meter-Bereich. Beispielsweise wäre der Kontaminant im Sys-
tem hoher Ionenstärke nach einer Million Jahren lediglich 55 Meter weit in horizontaler Richtung
diffundiert (Tabelle 5.7), was im Maßstab des einschlusswirksamen Gebirges und unter Berücksich-
tigung des radioaktiven Zerfalls kaum relevant ist. Im Anhang A III wird eine beispielhafte Berech-
nung der möglichen Strahlenexposition bei Ingestion von 243Am für die modellierten Szenarien aus-
geführt.
Ergebnisse und Diskussion Modellierungen
103
Tabelle 5.7: Übersicht über die Konzentrationen von Tb(III) im entsprechenden System niedriger oder hoher
Ionenstärke nach 10 000 und 1 Million Jahren. Ausgegangen wird vom jeweils gleichen Beobachtungs-
punkt P1 (x = 10 m, y = 1 m für 10 000 Jahre/x = 100 m, y = 10 m für 1 Million Jahre) und P2 (x = 1 m, y = 10 m
für 10 000 Jahre/x = 10 m, y = 100 m für 1 Million Jahre). Zusätzlich angegeben sind die Migrationsreichwei-
ten im System in horizontaler Richtung.
10 000 Jahre 1 Million Jahre
I = 0 mol∙L-1 I = 2 mol∙L-1 I = 0 mol∙L-1 I = 2 mol∙L-1
c (P1)/mol∙m-3 1,10∙10-9 0,14 1,10∙10-8 1,42
c (P2)/mol∙m-3 4,89∙10-26 0,02 4,89∙10-25 0,21
x/m 0,64 5,04 6,40 50,43
Der Einfluss der Fulvinsäure in einem veränderten Kd-Wert für die Adsorption von Tb(III) an Opali-
nuston kann in diesen Modellrechnungen nicht ohne Weiteres repräsentiert werden. Für diesen
Schritt müssten in das Modell drei zusätzlichen Gleichungen implementiert werden, die den Trans-
port von Tb(III) in Lösung in Anwesenheit der Fulvinsäure, den Transport der Fulvinsäure selbst und
den Ko-Transport des Tb(III)-Fulvatkomplexes betrachten. Dazu wären die Kenntnisse der Parameter
und Koeffizienten dieser Einzelschritte notwendig, was nicht im Rahmen dieser Arbeit lag. Die Ad-
sorption von Huminstoffen an Mineraloberflächen lässt sich mit Hilfe einer linearen Isotherme oder
nach dem Langmuir- oder dem Freundlich-Modell beschreiben[280]. Dabei ist die Adsorption abhän-
gig vom Mineral, der Herkunft und Größe des Huminstoffes, des pH-Wertes der Lösung sowie der
Ionenstärke. In dieser Arbeit wurde von einem einfachen Sorptionsansatz ausgegangen sowie der
Annahme, dass der Verteilungskoeffizient für Fulvinsäure an Opalinuston dem des Komplexes an
der Oberfläche entspricht. Komplexierungsgleichgewichte sowie Reversibilität der Komplexbildung
wurden für diese einfache Abschätzung des Migrationsverhaltens von Tb(III) nicht in Betracht gezo-
gen.
Zusammenfassung
104
ZUSAMMENFASSUNG
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Einfluss hoher Salinitäten und Fulvinsäure auf
Wechselwirkungen und Transportprozesse dreiwertiger Lanthanoide mit, beziehungsweise in Ton.
Die Ergebnisse sollen das Prozessverständnis im Rahmen der Langzeitsicherheitsforschung für End-
lager radioaktiver Stoffe erweitern.
Hierbei wurden Tb(III) und Eu(III) als Analoga für endlagerrelevante trivalente Aktinoide wie
Am(III) eingesetzt. Gereinigte Moor-Fulvinsäure diente als Modellsubstanz für die ubiquitären für
höhermolekulare Tonorganika, die den ubiquitären Huminstoffen zuzuordnen sind. Opalinuston
wurde als Vertreter für Tongestein verwendet.
Ziel der Arbeit ist die Beschreibung des Verhaltens der dreiwertigen Metallkationen im Fernfeldfeld-
bereich eines potentiellen Endlagers in einer Tonformation mit salinarem Tonporenwasser, welches
zusätzlich Huminstoffe beinhaltet. Hierbei wurde der Fokus unter den genannten Randbedingungen
- erhöhte Salinitäten bis hin zur Sättigung und Anwesenheit von Fulvinsäure - auf das Adsorptions-
verhalten der dreiwertigen Radiometalle an Ton und das Komplexierungsverhalten mit Fulvinsäure
gelegt. Bei allen durchgeführten Untersuchungen lag der pH-Wert bei 5 oder 7, und die Ionenstärke
wurde im Bereich zwischen 0 mol∙L-1 und 12 mol∙L-1 variiert, was einer Elektrolytkonzentration von
maximal 4 mol∙L-1 entspricht. Als Elektrolyte dienten die Chloridsalze der im Tonporenwasser häu-
fig vorkommenden Elemente Natrium, Calcium und Magnesium. Aluminiumchlorid und Gadoli-
niumchlorid wurden zur Untersuchung des Einflusses dreiwertiger Konkurrenzkationen ebenfalls
hinzugezogen.
Die Experimente zur Adsorption von Tb(III) beziehungsweise Eu(III) an Opalinuston ergaben eine
Suppression des Adsorptionsverhaltens bei erhöhten Ionenstärken, was eine erhöhte Mobilität in
Transportsystemen bedeutet. Zusätzlich ergab sich eine verminderte Adsorption bei dem geringeren
pH-Wert von 5. Bei allen Experimenten zeigten die verschiedenen Elektrolytkationen unterschied-
lich starke Einflüsse auf das Adsorptionsverhalten, so dass eher von Konkurrenzeffekten denn von
einem reinen Ionenstärke-Effekt auszugehen ist.
Fulvinsäure wirkte im System mit geringerem pH-Wert (pH 5) adsorptionsverstärkend, was auf ter-
näre Oberflächenkomplexe der Form ≡S-FS-Mn+ hinweist. Im System mit einem pH-Wert von 7 be-
wirkt Fulvinsäure eine Mobilsierung des Metalls, was in ihrem pH-abhängigen Adsorptionsverhalten
begründet liegt. Im Bereich niedrigerer pH-Werte bestimmt demnach Fulvinsäure die Sorptionsei-
genschaften. Sie scheidet somit als Ursache für eine erhöhte Mobilität von dreiwertigen Radiometal-
len im hochsalinarem System aus. Von der Ionenstärke ist die Adsorption der Fulvinsäure dagegen
weitgehend unabhängig, während die Fulvatkomplexbildung mit den Aktinoid-Analoga zurückge-
Zusammenfassung
105
drängt wird. Synergismen in den mobilisierenden Effekten von natürlichem organischem Material
und hohen Salinitäten können somit ausgeschlossen werden.
Komplexierungsexperimente für die dreiwertigen Lanthanoide mit Fulvinsäure in Abhängigkeit von
der Ionenstärke beziehungsweise Elektrolytkonzentration wurden als Batchversuch sowie spektros-
kopisch mit Hilfe der zeitaufgelösten Laserfluoreszenzspektroskopie durchgeführt. Eine steigende
Elektrolytkonzentration sorgte für verminderte Komplexierung zwischen Fulvinsäure und Lantha-
noidion.
Hierbei zeigten sich deutliche Unterschiede in den Einflüssen der Elektrolytkationen auf das Komp-
lexierungsverhalten, was durch Konkurrenzeffekte erklärt werden kann. Die in den Batchversuchen
angewandte Methode der Ultrafiltration lässt anhand der spektroskopischen Messungen sich für das
System Tb(III)-Fulvinsäure als ausreichend genau verifizieren. Die Komplexe wurden mittels
UV/Vis- und IR-Spektroskopie näher charakterisiert.
Ein unterschiedlicher Einfluss verschiedener Anionen wie Chlorid, Nitrat oder Perchlorat konnte
ebenso ausgeschlossen werden wie eine Bildung von Chlorokomplexen bei erhöhten Cl—
Konzentrationen bis 4 mol∙L-1. Es konnte belegt werden, dass Natrium entgegen bisherigen Annah-
men einen Einfluss auf das Komplexierungsverhalten der Fulvinsäure mit Metallen ausübt. Die Wer-
te der berechneten Verteilungskoeffizienten log Kd von Fulvinsäure-Tb(III) mit 6,6 ± 0,2 beziehungs-
weise 7,7 ± 0,2 für Eu(III) lagen für vergleichbare Systeme (pH 5, cElektrolyt = 0,1 mol∙L-1) in einem
ähnlichen Bereich der Stabilitätskonstanten log β von Fulvinsäure für die homologen Aktinoide
Am(III) und Cm(III). Fluoreszenz-Lebensdauerplots bewiesen das Vorliegen mindestens zweier Spe-
zies in Lösung.
Das linear additive model konnte zur Beschreibung des Verteilungsverhaltens im ternären System
Ton-Radiometall-Fulvinsäure herangezogen werden, um generelle Trends abzubilden. Hierbei muss-
ten zwangsläufig vereinfachende Annahmen getroffen werden, um eine Abbildung des Verteilungs-
verhaltens von Ln(III) im System beschreiben zu können: der Ausschluss von Komplexen der Form
≡S-M-FS, gleiches Adsorptionsverhalten von Fulvinsäure und Metall-Fulvatkomplex oder die Unab-
hängigkeit der Adsorptionsprozesse von Metall und Fulvinsäure voneinander.
Eine quantitative Wiedergabe der Daten war mit diesem Modell jedoch nicht möglich, da grundle-
gende Voraussetzungen offenbar nicht gegeben sind. Zwar kann von Oberflächenkomplexen der
Form ≡S-FS-M ausgegangen werden, jedoch entspricht Fulvinsäure nicht dem uniformen Reaktions-
partner, den das Modell erfordert. Die festgestellten Limitierungen sind insbesondere für prognosti-
Zusammenfassung
106
zierende Berechnungen zum reaktiven Transport von Schadstoffen in huminstoffhaltigen Systemen
von Belang, da der additive Ansatz in den derzeit verwendeten Modellen implizit ist. Bislang wird
davon ausgegangen, dass sich ternäre Systeme aus Schadstoff, Geomatrix und Huminstoff anhand
von Wechselwirkungsdaten rekonstruieren lassen, die für die binären Einzelsysteme ermittelt wur-
den. Eine Prognoserechnung auf Basis der ermittelten Wechselwirkungsdaten unter Annahme von
rein diffusivem Transport im einschlusswirksamen Gebirge (Tongestein, parallel zur Schichtung)
ergab auch bei sehr hohen Elektrolytkonzentrationen eine Migrationsreichweite von maximal
55 Metern über einen Zeitraum von einer Million Jahren.
Die Beladung der Fulvinsäure mit Tb(III) beziehungsweise Eu(III) konnte mit Hilfe des
NICA-Donnan-Modells grundsätzlich gut wiedergegeben werden. Allerdings mussten, in Abhängig-
keit der Elektrolytkonzentration und –art, die Affinitätskonstanten sowie Heterogenitätsparameter
für das Lanthanoidion angepasst werden. Ebenfalls musste der in den Gleichungen angegebene em-
pirische Faktor B entsprechend des verwendeten Huminstoffes geändert werden. Literaturbekannte
Wechselwirkungsparameter für die wichtigen Elektrolytbestandteile Mg2+ und Ca2+ wurden im Er-
gebnis der vorliegenden Untersuchungen revidiert.
Aus den Untersuchungen zum Einfluss von Fulvinsäure und erhöhten Salinitäten auf Wechselwir-
kungs- und Transportverhalten dreiwertiger Lanthanoiden mit Ton ergab sich eine starke Beeinfluss
der Sorptionseigenschaften durch Fulvinsäure. Im pH-Bereich ≤ 5 wirkte sie adsorptionsverstärkend,
bei höheren pH-Werten kehrte sich dieser Effekt um. Eine Mobilisierung von Fulvinsäure oder Lan-
thanoid-Fulvinsäure-Komplexen im System konnte nicht nachgewiesen werden.
Im naturrelevanten pH-Bereich von Tonstein und der natürlichen Fulvinsäurekonzentration wird
das Rückhaltevermögen des Gesteins vermutlich nicht signifikant beeinflusst. Hohe Elektrolytkon-
zentrationen sorgen für reduzierte Adsorption der dreiwertigen Elemente an Opalinuston und somit
für erhöhte Mobilität, jedoch zeigt sich für rein diffusions-basierten Transport keine weite Ausbrei-
tung im einschlusswirksamen Bereich.
Über die hier untersuchten Wechselwirkungen hinaus sind für verlässliche Transportprognosen
auch andere Prozesse wie Inkorporation in Mineralphasen oder Ausfällungsreaktionen sowie der
Einfluss erhöhter Temperaturen und Drücke zu betrachten.
Abbildungsverzeichnis
107
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 0.1: Zeitverlauf des voraussichtlichen Nuklidinventars im Endlager Konrad
nach Rübel. IV
Abbildung 1.1: Untersuchungswürdige Tonformationen in Deutschland (grün mar-
kiert). 8
Abbildung 1.2: Geologischer Querschnitt Deutschlands. 9
Abbildung 1.3: Ausschnitt aus dem Periodensystem der Elemente: Lanthanoide und
Aktinoide. 12
Abbildung 1.4: Strukturen für Komplexe der Koordinationszahl neun: dreifach
überkapptes trigonales Prisma oder überkapptes quadratisches Antiprisma. 14
Abbildung 1.5: Strukturen für Komplexe der Koordinationszahl acht: hexagonale
Bipyramide, quadratisches Antiprisma oder Würfel. 14
Abbildung 1.6: Sorptionsprozesse an Oberflächen. 16
Abbildung 1.7: Schematischer Aufbau der Tonminerale Kaolinit (links) und Illit
(rechts). 17
Abbildung 1.8: Vermutete Struktur von Huminstoffen in zweidimensionaler Ansicht. 21
Abbildung 1.9: Vermutete Struktur von Huminstoffen in dreidimensionaler Ansicht. 22
Abbildung 1.10: Bausteine von Huminstoffen. 23
Abbildung 2.1: Termschema nach Jablonski. 25
Abbildung 2.2: Energieniveaus für Europium und Terbium. 27
Abbildung 2.3: Darstellung des Antenneneffekts für Eu3+aq mit einem Liganden. 29
Abbildung 3.1: Wichtigste Vertreter der Oberflächenkomplexierungsmodelle. 31
Abbildung 3.2: Linear additive model für die Adsorption von Metall (M) an einer Ober-
fläche in der Gegenwart von Huminstoffen (HS). 34
Abbildung 3.3: Verlauf der Adsorptionsisotherme nach Langmuir. 37
Abbildung 3.4: Zusammenhang zwischen dem geschätzten Donnanvolumen und der
Ionenstärke. 40
Abbildung 4.1: Azokupplung zur 14C-Markierung der Fulvinsäure. 43
Abbildung 4.2: Emissionsspektren von Tb(III)-Fulvat bei einem pH-Wert von 5 und
ansteigenden Ionenstärken für CaCl2 (oben) und MgCl2 (unten). 48
Abbildungsverzeichnis
108
Abbildung 4.3: Vergleich des Anteils an mit Fulvinsäure komplexiertem Tb(III) für die
Batch-Versuche und die TRLFS-Messungen für das System mit CaCl2. 49
Abbildung 4.4: Struktur der generalized fulvic acid. 51
Abbildung 4.5: Geometrie und Netz für das 10 m mal 10 m messende Modellsystem. 56
Abbildung 5.1: Adsorption von Tb(III) (pH 5) und Eu(III) (pH 7) an Opalinuston in Ge-
genwart von CaCl2, MgCl2 und NaCl. 55
Abbildung 5.2: An Opalinuston adsorbierte Fulvinsäure für pH 5 und pH 7 in Gegen-
wart von CaCl2, MgCl2 und NaCl. 59
Abbildung 5.3: Adsorption von Tb(III) (pH 5) und Eu(III) (pH 7) an Opalinuston in Ge-
genwart von CaCl2, MgCl2 und NaCl in Abwesenheit (gestrichelte Linie) und Anwe-
senheit (Symbole) von Fulvinsäure. 61
Abbildung 5.4: Komplexierung von Fulvinsäure mit Tb(III) (pH 5) und Eu(III) (pH 7) in
Gegenwart von CaCl2, MgCl2 und NaCl. 63
Abbildung 5.5: Bindungsstrukturen für Benzoat mit Metallen (M). 64
Abbildung 5.6: IR-Spektren (ATR, Differenzmessung gegen H2O) von Fulvinsäure
(orange) sowie Lösungen von Fulvinsäure mit 10-5 M Na+, Ca2+, Mg2+ oder Eu3+. 65
Abbildung 5.7: UV/Vis-Spektren von Fulvinsäure mit verschiedenen Konzentrationen
der Elektrolyte, beispielhaft für Mg2+, Na+ und Ca2+. 66
Abbildung 5.8: UV/Vis-Spektren von Benzoesäure mit verschiedenen Konzentrationen
der Elektrolyte Ca2+, Mg2+, Na+ und Eu3+. 67
Abbildung 5.9: Emissionsspektrum für Eu3+aq und Eu-Fulvat. 68
Abbildung 5.10: Emissionsspektren für Eu3+aq und Eu(III)-Fulvatkomplexe bei unter-
schiedlichen Konzentrationen von CaCl2. 69
Abbildung 5.11: Verlauf des F1:F2 Verhältnisses und daraus resultierender Kd-Wert für
die Komplexierung von Eu(III) mit Fulvinsäure in Gegenwart von Ca2+ (Konzentration
umgerechnet auf Ionenstärke). 69
Abbildung 5.12: Emissionsspektren für Eu3+aq und Eu(III)-Fulvatkomplexe bei unter-
schiedlichen Konzentrationen von MgCl2. 71
Abbildung 5.13: Verlauf des F1:F2 Verhältnisses und daraus resultierender Kd-Wert für
die Komplexierung von Fulvinsäure mit Eu(III) in Gegenwart von Mg2+ (Konzentration
umgerechnet auf Ionenstärke). 71
Abbildung 5.14: Emissionsspektren für Eu3+aq und Eu(III)-Fulvatkomplexe bei unter-
schiedlichen Konzentrationen von NaCl. 72
Abbildung 5.15: Verlauf des F1:F2 Verhältnisses und daraus resultierender Kd-Wert für
die Komplexierung von Fulvinsäure mit Eu(III) in Gegenwart von Na+. 72
Abbildungsverzeichnis
109
Abbildung 5.16: Emissionsspektren für Eu3+aq und Eu(III)-Fulvatkomplexe bei unter-
schiedlichen Konzentrationen von AlCl3. 73
Abbildung 5.17: Emissionsspektren für Eu3+aq und Eu(III)-Fulvatkomplexe bei unter-
schiedlichen Konzentrationen von GdCl3. 73
Abbildung 5.18: Verlauf des F1:F2 Verhältnisses und daraus resultierender Kd-Wert für
die Komplexierung von Fulvinsäure mit Eu(III) in Gegenwart von Al3+ (Konzentration
umgerechnet auf Ionenstärke). 74
Abbildung 5.19: Verlauf des F1:F2 Verhältnisses und daraus resultierender Kd-Wert für
die Komplexierung von Fulvinsäure mit Eu(III) in Gegenwart von Gd3+ (Konzentration
umgerechnet auf Ionenstärke). 75
Abbildung 5.20: Verlauf aller F1:F2 Verhältnisse für die Komplexierung von Eu(III) mit
Fulvinsäure bei einem pH Wert von 5 und in Anwesenheit der Kationen Ca2+, Mg2+,
Na+, Al3+ und Gd3+ (Konzentrationen umgerechnet auf Ionenstärke). 76
Abbildung 5.21: Emissionsspektren für Eu3+aq und Eu(III)-Fulvatkomplexe in Gegen-
wart von CaCl2, MgCl2, NaCl, AlCl3 und GdCl3. 76
Abbildung 5.22: Komplexierung eines Metallkations (Mn+) in einer salicylischen Struk-
tur. 77
Abbildung 5.23: Log Kd-Werte für die Komplexierung von Eu(III) mit Fulvinsäure in
Gegenwart der verschiedenen Kationen Ca2+, Mg2+, Na+, Al3+ und Gd3+ (Konzentratio-
nen umgerechnet auf Ionenstärke). 79
Abbildung 5.24: Abklingkurven für die Eu(III)-Fulvatkomplexe bei den unterschiedli-
chen Konzentrationen von CaCl2. 80
Abbildung 5.25: Abklingkurven für die Eu(III)-Fulvatkomplexe bei den unterschiedli-
chen Konzentrationen von MgCl2. 81
Abbildung 5.26: Abklingkurven für die Eu(III)-Fulvatkomplexe bei den unterschiedli-
chen Konzentrationen von NaCl. 81
Abbildung 5.27: Abklingkurven für die Eu(III)-Fulvatkomplexe bei den unterschiedli-
chen Konzentrationen von AlCl3. 82
Abbildung 5.28: Abklingkurven für die Eu(III)-Fulvatkomplexe bei den unterschiedli-
chen Konzentrationen von GdCl3. 82
Abbildung 5.29: Mögliche Struktureinheit eines Europium(III)-Fulvatkomplexes. 84
Abbildung 5.30: Emissionsspektren für Eu3+aq und Eu(III)-Fulvatkomplexe bei jeweils
gleicher Elektrolytkonzentration (1 mM und 200 mM) von CaCl2, Ca(ClO4)2 und
Ca(NO3)2. 84
Abbildung 5.31: Abklingkurven für Eu3+aq und Eu(III)-Fulvatkomplexe bei unterschied-
lichen Konzentrationen an CaCl2 (links) und Ca(ClO4)2 (rechts).
85
Abbildungsverzeichnis
110
Abbildung 5.32: Emissionsspektrum für Eu(III) bei verschiedenen Konzentrationen von
CaCl2. 85
Abbildung 5.33: Emissionsspektren für Eu3+aq und Eu(III)-Fulvatkomplexe bei verschie-
denen Konzentrationen von CaCl2 (0 bis 1 M) bei einem pH-Wert von 7 und einer
Eu(III)-Konzentration von 10-5 M. 86
Abbildung 5.34: Adsorption des gesamtem (frei und komplexiert) Tb(III) (pH 5) und
Eu(III) (pH 7) an Opalinuston in Anwesenheit von Fulvinsäure als Funktion der Io-
nenstärke für CaCl2, MgCl2 und NaCl. 88
Abbildung 5.35: Werte für die Beladung der Fulvinsäure mit Tb3+/Eu3+ in Gegenwart
von CaCl2, MgCl2, NaCl oder AlCl3 unter Anpassung der Parameter logK und n. 91
Abbildung 5.36: Werte für die Beladung der Fulvinsäure mit Tb3+/Eu3+ in Gegenwart
von CaCl2, MgCl2, NaCl oder AlCl3 unter Anpassung des Parameters B mit ECOSAT. 93
Abbildung 5.37: Werte für die Beladung der Fulvinsäure mit Tb3+/Eu3+ in Gegenwart
von CaCl2, MgCl2, NaCl oder AlCl3 unter Anpassung der Parameter log K und n. 95
Abbildung 5.38: Werte für die Beladung der Fulvinsäure mit Tb3+/Eu3+ in Gegenwart
von CaCl2 oder MgCl2 unter Anpassung der Parameter log K und n. 97
Abbildung 5.39: Geometrie für das 10 m mal 10 m messende Modellsystem. 99
Abbildung 5.40: Relative Konzentration von Tb(III) im direkten Umfeld der Quelle
(1 m2 Gebiet) über einen Zeitraum von 10 000 Jahren und bei einer Hintergrund-
Ionenstärke von 0 mol∙L-1. 100
Abbildung 5.41: Relative Konzentration von Tb(III) im Umfeld der Quelle (100 m mal
100 m Gebiet) über einen Zeitraum von 10 000 Jahren und bei einer Hintergrund-
Ionenstärke von 0 mol∙L-1. 101
Abbildung 5.42: Zeitlicher Konzentrationsverlauf an den Beobachtungspunkten P1 und
P2 für die verschiedenen Diffusionskoeffizienten. 102
Tabellenverzeichnis
111
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 0.1: Halbwertszeiten und spezifische Aktivitäten für die bei einer Kernreaktion
„erbrüteten“ Isotope. IV
Tabelle 1.1: Halbwertszeiten einiger ausgewählter Aktinoide. 5
Tabelle 1.2: Eigenschaften der geologischen Schichten Steinsalz, Ton/Tonstein und
Kristallingestein und deren Einschätzung in Bezug auf ihre Eignung als Gesteinsfor-
mation für ein Endlager. 5
Tabelle 1.3: Zusammensetzung der Formationswässer der Kreide- und Juraformation
des Schachts Konrad 1, Deutschland. 10
Tabelle 1.4: Zusammensetzung des Tonporenwassers einer Opalinustonprobe aus
Effingen, Schweiz. 11
Tabelle 1.5: Bekannte und stabilste Oxidationszustände der Aktinoide. 13
Tabelle 3.1: Stabilitätskonstanten für Fulvinsäure-Komplexe mit Eu(III) und Tb(III). 33
Tabelle 4.1: Gewichtsanteile der Minerale im Opalinuston. 42
Tabelle 4.2: Für diese Arbeit ermittelte A-Werte für die Elektrolyte. 45
Tabelle 4.3: Parameter und ihre Werte in ECOSAT für das modellierte System Fulvin-
säure/Tb3+ bzw. Eu3+. 52
Tabelle 4.4: Kd-Werte für die scheinbaren Diffusionskoeffizienten Da für Tb(III) im Sys-
tem niedriger (0 M) und hoher (≥ 2 M) Hintergrund-Elektrolytkonzentration für einen
pH-Wert von 5 in Abwesenheit von Fulvinsäure. 54
Tabelle 5.1: Isoelektrische Punkte von Mineralen. 57
Tabelle 5.2: log Kd-Werte für Tb(III) und Eu(III) an Kaolinit und Illit bei verschiedenen
pH-Werten und Ionenstärken. 58
Tabelle 5.3: Stabilste Koordinationszahl in Lösung und zugehöriger Ionenradius für
verschiedene Kationen. 78
Tabelle 5.4: Angepasste Werte für log K und n für die jeweiligen Elektrolyt-Systeme
bei pH 5 und 7 mit B = -0,57. 92
Tabelle 5.5: Angepasste Werte für log K und n für die jeweiligen Elektrolyt-Systeme
bei pH 5 und 7 mit B = 1,25. 96
Tabellenverzeichnis
112
Tabelle 5.6: Kd-Werte für die eingesetzten scheinbaren Diffusionskoeffizienten Da für
Tb(III) im System niedriger (0 M) und hoher (≥ 2 M) Hintergrund-
Elektrolytkonzentration für einen pH-Wert von 5 in Abwesenheit von Fulvinsäure.
99
Tabelle 5.7: Übersicht über die Konzentrationen von Tb(III) im entsprechenden System
niedriger oder hoher Ionenstärke nach 10 000 und 1 Million Jahren. 103
Formelverzeichnis
113
FORMELVERZEICHNIS
(1.1): Durch Neutronenbeschuss induzierte Kettenreaktion. IV
(1.2): Neutroneneinfangreaktionen. IV
(1.3): Hydrolyse von Lanthanoiden und Aktinoiden. 12
(1.4): Erstes Gesetz von Fick. 18
(1.5): Zweites Gesetz von Fick. 18
(1.6): Berechnung der Porosität ε. 19
(1.7): Berechnung der Tortuosität τ. 19
(1.8.): Berechnung des dimensionslosen Gesteins-Kapazitätsfaktors α. 19
(1.9): Berechnung des apparenten Diffusionskoeffizienten Da. 19
(1.10): Konvektions-Dispersionsgleichung. 19
(1.11): Gesamtkonzentration aus Summe der gelösten und adsorbierten Spezies bei Dif-
fusionsprozessen. 20
(2.1): Horrocks-Gleichung zur Ermittlung der Anzahl der Wassermoleküle in der ers-
ten Koordinationssphäre. 29
(3.1): Gleichung der Henry-Isotherme. 30
(3.2): Verteilungskoeffizient für Metall und Metall-Ligandenkomplex bei Adsorption. 30
(3.3): Reaktion von Mineraloberflächen mit Protonen (I). 31
(3.4): Reaktion von Mineraloberflächen mit Protonen (II). 31
(3.5): Verteilungskoeffizient für das binäre System Metall/Oberfläche. 35
(3.6): Verteilungskoeffizient für das binäre System Huminstoff/Oberfläche. 35
(3.7): Verteilungskoeffizient für das binäre System Metall/Huminstoff. 36
(3.8): Verteilungskoeffizient im ternären System nach dem linear additive model. 36
(3.9): Verteilungskoeffizient im ternären System nach dem Nernstschen Verteilungs-
verhältnis. 36
(3.10): Beladung des Sorbents nach Langmuir. 37
(3.11): Beladung des Sorbents nach Langmuir für mehrere Komponenten. 37
(3.12): Beladung des Huminstoffes nach dem NICA-Modell. 38
(3.13): Beladung des Huminstoffes nach dem NICA-Modell, bimodale Form. 38
(3.14): Berechnung des Donnanvolumens über die elektrische Neutralität des Humins-
toffes. 39
(3.15): Konzentration eines Stoffes i in der Donnan-Phase. 39
Formelverzeichnis
114
(3.16): Berechnung des Boltzmann-Faktors χ. 39
(3.17): Menge der Komponente i in der Donnan-Phase. 39
(3.18): Zusammenhang zwischen dem geschätzten Donnanvolumen und der Ionenstär-
ke.
40
(4.1): Zusammenhang pH-Wert und A-Faktor. 45
(4.2): Berechnung des A-Faktors. 45
(4.3): Berechnung der Ionenstärke I. 45
(4.4) Horrocks-Gleichung zur Ermittlung der Anzahl der Wassermoleküle in der ersten
Koordinationssphäre. 50
(4.5) Gleichung zur Ermittlung der Anzahl der Wassermoleküle in der ersten Koordina-
tionssphäre nach Kimura. 50
(4.6): Diffusiver Transport. 53
(4.7): Transportgleichung für Diffusion unter Berücksichtigung von Reaktionen. 53
(5.1): Zusammenhang zwischen Zerfallskonstante k und der Lebensdauer τ. 80
(5.2) Zerfall zweiter Ordnung. 80
(5.3): Verteilungskoeffizient im ternären System nach dem linear additive model. 87
(5.4): Verteilungskoeffizient im ternären System nach dem Nernstschen Verteilungs-
verhältnis. 87
(5.5): Beladung des Huminstoffes nach dem NICA-Modell, bimodale Form. 90
(5.6): Konzentration eines Stoffes i in der Donnan-Phase. 93
(5.7): Berechnung des Boltzmann-Faktors χ. 93
(5.8): Berechnung des Donnanvolumens über die elektrische Neutralität des Humins-
toffes. 94
(5.9): Berechnung des Donnanvolumens über die elektrische Neutralität des Humins-
toffes, umgestellt. 94
(5.10): Berechnung des empirischen Faktors B. 94
Quellen- und Literaturverzeichnis
115
QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
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[3] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), Sicherheitsanfor-
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[4] Richtlinie 2011/70/Euratom des Rates vom 19. Juli 2011 über einen Gemeinschaftsrahmen für die
verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Ab-
fälle, Die Mitgliedstaaten, 2011.
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aktive Abfälle. StandAG, 2013.
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[10] T. Brasser, J. Droste, I. Müller-Lyda, J. Neles, M. Sailer, G. Schmidt, M. Steinhoff, (GRS 247)
Endlagerung wärmeentwickelnder radioaktiver Abfälle in Deutschland, 2008.
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Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe. Verantwortung für die Zukunft, Ein faires und transpa-
rentes Verfahren für die Auswahl eines nationalen Endlagerstandortes, 2016.
[12] Entsorgungskommission, Stand der Vorbereitungen hinsichtlich der Bereitstellung radioaktiver
Abfallgebinde für das Endlager Konrad. STELLUNGNAHME der ESK, 2014.
[13] A. A. Sonzogni, "Chart of Nuclides", zu finden unter http://www.nndc.bnl.gov/chart/, 2010-
2016.
[14] Bundesamt für Strahlenschutz, Anforderungen an endzulagernde radioaktive Abfälle (Endlage-
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ANHANG
ANHANG A: ZUSÄTZLICHE DATEN
A I: Literaturwerte zum Vergleich
Alle Werte sind entweder direkt aus der Quelle entnommen oder aufgrund dargestellter Diagramme
o. Ä. abgelesen und berechnet.
Stabilitätskonstanten log β für Metall-Fulvatkomplexe
Tabelle A I.1: Stabilitätskonstanten log β für Metall-Fulvatkomplexe.
Metallkation pH Ionenstärke/mol∙L-1 log β
Am3+ 4,7 0,1 6,1[134]
Ca2+ 5,0 1 – 4 3,0[188]
5,5 k.A. -8,07[121]
5,5 0,1 4,92[281]
Cd2+ 5,0 0,1 -1,75[34]
Cm3+ 5,0 0,1 8,3[143]
Eu3+ 5,0 0,1 5,9[30]
4,7 0,1 7,0[177]
2,7 0,1 6,2[177]
2,7 1,0 6,0[177]
5,6 0,1 5,95[177]
5,6 1,0 6,0[177]
6,5 0,1 6,0[177]
6,5 1,0 6,4[177]
5,0 0,1 5,84[178]
4,5 0,1 6,49[176]
2,7 – 6,5 0,1 6,33[132]
2,7 – 6,5 1,0 6,3[132]
6,0 0,1 9,36[252]
Tb3+ 4,7 0,1 6,75[175]
5,6 0,1 5,95[132]
6,0 0,1 9,39[252]
Verteilungskoeffizienten log Kd von Metallkationen an Mineralphasen
Tabelle A I.2: Verteilungskoeffizienten log Kd von Metallkationen an Mineralphasen.
Metallkation Mineral pH Ionenstärke/mol∙L-1 log Kd
Cm3+ Montmorillonit 5 0,1 2,7[143]
Illit 5 0,09 3,1[162]
5 3,9 2,5[162]
7 0,09 5,5[162]
7 3,9 4,8[162]
Eu3+ Kaolinit 6,13 0,5 -0,70[218]
4,55 0,025 -0,097[220]
7 0,1 2,0[30]
Illit 5 0,09 3,8[162]
5 3,9 2,3[162]
7 0,09 5,1[162]
7 3,9 5,5[162]
Smektit 6,16 0,5 -0,097[218]
3,8 0,025 0,70[218]
Hämatit 5 0,1 2,35[178]
Opalinuston 5 0,1 -0,60[224]
Tb3+ Kaolinit 6,13 0,5 -0,523[218]
4,55 0,025 -0,155[218]
Smektit 6,16 0,5 0,00[218]
3,8 0,025 0,699[218]
A II: Vollständige Zusammenstellung der Emissionsspektren von
Eu-Fulvatkomplexen
Nachfolgend abgebildet sind die Emissionsspektren der Eu-Fulvatkomplexe für alle untersuchten
Konzentrationswerte des jeweiligen Elektrolyten.
Abbildung A II.1: Emissionsspektren für die Eu(III)-Fulvatkomplexe bei unterschiedlichen Konzentrationen
von CaCl2 bei einem pH-Wert von 5 und einer Eu(III)-Konzentration von 10-5 M.
Abbildung A II.2: Emissionsspektren für die Eu(III)-Fulvatkomplexe bei unterschiedlichen Konzentrationen
von MgCl2 bei einem pH-Wert von 5 und einer Eu(III)-Konzentration von 10-5 M.
Abbildung A II.3: Emissionsspektren für die Eu(III)-Fulvatkomplexe bei unterschiedlichen Konzentrationen
von NaCl bei einem pH-Wert von 5 und einer Eu(III)-Konzentration von 10-5 M.
Abbildung A II.4: Emissionsspektren für die Eu(III)-Fulvatkomplexe bei unterschiedlichen Konzentrationen
von AlCl3 bei einem pH-Wert von 5 und einer Eu(III)-Konzentration von 10-5 M.
Abbildung A II.5: Emissionsspektren für die Eu(III)-Fulvatkomplexe bei unterschiedlichen Konzentrationen
von GdCl3 bei einem pH-Wert von 5 und einer Eu(III)-Konzentration von 10-5 M.
Fluoreszenzlebensdauern von Eu-Fulvat-Spezies
Tabelle A II.1: Datenverlauf und Lebensdauer für die einzelnen Spezies des Europiums für das Abklingen der
Fluoreszenz von Eu3+aq und Eu-Fulvatkomplexen in Gegenwart verschiedener Elektrolyte in Ab-
hängigkeit von deren Konzentration.
Elektrolyt Konzentration
Elektrolyt c / mol∙L-1 Verlauf der Daten
Lebensdauer
Spezies 1 τ1/µs
(Anteil)
Lebensdauer
Spezies 2 τ2/µs
(Anteil)
CaCl2
0 biexponentiell 11 (4%) 159 (96%)
0,0005 biexponentiell 61 (20%) 164 (80%)
0,0010 biexponentiell 34 (10%) 150 (90%)
0,0050 biexponentiell 67 (56%) 190 (44%)
0,0500 biexponentiell 78 (46%) 123 (54%)
0,2000 biexponentiell 37 (33%) 115 (67%)
0,5000 biexponentiell 51 (51%) 127 (49%)
1,0000 monoexponentiell 98 nn
2,0000 monoexponentiell 101 nn
MgCl2 0 biexponentiell 12 (4%) 159 (96%)
0,0005 biexponentiell 77 (39%) 191 (61%)
0,0050 biexponentiell 5 (6%) 147 (94%)
0,0500 biexponentiell 39 (26%) 162 (74%)
0,2000 biexponentiell 49 (50%) 183 (50%)
0,5000 biexponentiell 28 (10%) 105 (90%)
1,0000 biexponentiell 45 (15%) 110 (85%)
2,0000 biexponentiell 61 (34%) 123 (66%)
NaCl
0 biexponentiell 12 (4%) 159 (96%)
0,0010 biexponentiell 25 (1%) 152 (99%)
0,0050 biexponentiell 39 (17%) 165 (83%)
0,2000 biexponentiell 42 (24%) 165 (76%)
0,5000 biexponentiell 90 (66%) 209 (34%)
1,0000 biexponentiell 52 (40%) 151 (60%)
2,0000 biexponentiell 94 (91%) 271 (9%)
AlCl3
0 biexponentiell 84 (30%) 197 (70%)
1∙10-5 biexponentiell 58 (29%) 177 (71%)
5∙10-5 biexponentiell 53 (31%) 183 (69%)
1∙10-4 biexponentiell 79 (68%) 210 (32%)
2,5∙10-4 monoexponentiell 122 nn
5∙10-4 monoexponentiell 112 nn
0,0010 monoexponentiell 113 nn
0,0050 monoexponentiell 113 nn
0,0250 monoexponentiell 109 nn
0,0500 monoexponentiell 106 nn
0,5000 monoexponentiell 109 nn
1,0000 monoexponentiell 109 nn
GdCl3
0 biexponentiell 84 (30%) 197 (70%)
1∙10-5 biexponentiell 30 (17%) 150 (83%)
5∙10-5 biexponentiell 56 (32%) 171 (68%)
1∙10-4 biexponentiell 35 (38%) 148 (62%)
2,5∙10-4 biexponentiell 26 (36%) 90 (64%)
5∙10-4 biexponentiell 7 (5%) 89 (95%)
0,0010 monoexponentiell 90 nn
0,0050 monoexponentiell 100 nn
0,0250 monoexponentiell 102 nn
0,5000 monoexponentiell 109 nn
A III: Berechnung der inneren Strahlenexposition
Ausgehend von den Kapitel XYZ durchgeführten Modellrechnungen für die Migration von Tb(III) als
Analogon für Am(III) wird für diese Fälle die vermeintliche innere Strahlenexposition berechnet.
Angenommen wird eine erwachsene Referenzperson[282], die zu den berechneten Zeitpunkten von
10 000 und 1 Million Jahren an den Punkten mit der maximalen relativen Konzentration (P1 und P2,
siehe Abbildung A III.1) über den Zeitraum eines Jahres mit 243Am kontaminiertes Wasser aufnimmt.
Es wird angenommen, dass die modellierte Konzentration von Tb(III) als 243Am vorliegt.
Abbildung A III.1: Geometrie für das 10 m mal 10 m messende Modellsystem. Die Beobachtungspunkte P1 und
P2 sowie die Position der Quelle Q sind grün markiert.
Tabelle A III.1: Übersicht über die Konzentrationen von Tb(III) im entsprechenden System niedriger oder ho-
her Ionenstärke nach 10 000 und 1 Million Jahren. Ausgegangen wird vom jeweils gleichen Beo-
bachtungspunkt P1 (x = 10 m, y = 1 m für 10 000 Jahre/x = 100 m, y = 10 m für 1 Million Jahre) und P2
(x = 1 m, y = 10 m für 10 000 Jahre/x = 10 m, y = 100 m für 1 Million Jahre).
10 000 Jahre 1 Million Jahre
I = 0 mol∙L-1 I = 2 mol∙L-1 I = 0 mol∙L-1 I = 2 mol∙L-1
c (P1)/mol∙m-3 1,10∙10-9 0,14 1,10∙10-8 1,42
c (P2)/mol∙m-3 4,89∙10-26 0,02 4,89∙10-25 0,21
Im Folgenden werden aufgrund der geringen Konzentrationen nur die Szenarien hoher Ionenstärke
betrachtet. Ausgehend von den Konzentrationen von 0,14; 0,02; 1,42 und 0,21 mol∙m-3 ergeben sich
die in Tabelle A III.2 ermittelten Massen m an 243Am pro m3 und anhand der spezifischen Aktivität
von 7,4∙1012 Bq/kg[13] die zerfallskorrigierten Aktivitäten A.
Tabelle A III.2: Übersicht über die Konzentrationen, Massen und Aktivitäten von 243Am(III) im entsprechenden
System niedriger oder hoher Ionenstärke nach 10 000 und 1 Million Jahren. Ausgegangen wird
vom jeweils gleichen Beobachtungspunkt P1 (x = 10 m, y = 1 m für 10 000 Jahre/x = 100 m, y = 10 m für
1 Million Jahre) und P2 (x = 1 m, y = 10 m für 10 000 Jahre/x = 10 m, y = 100 m für 1 Million Jahre).
10 000 Jahre, I = 2 mol∙L-1 1 Million Jahre, I = 2 mol∙L-1
Beobachtungspunkt P1 P2 P1 P2
c/mol∙m-3 0,14 0,02 1,42 0,21
m/g∙m-3 34 5 345 49
A/Bq 6,5∙1010 9,3∙109 0 0
Da nach 1 Million Jahre das 243Am vollständig abgeklungen ist (T1/2 = 7370 a), wird im Folgenden nur
der Zeitraum von 10 000 Jahren betrachtet. Ausgehend von einem Dosiskoeffizienten von
2,0∙10-7 Sv∙Bq-1[283] ergäbe sich für einen erwachsenen Menschen bei einmaliger Ingestion eines Li-
ters des kontaminierten Wassers eine hypothetische Dosisleistung von 13 Sv im Punkt P1 (10 m ent-
fernt, 1 m Höhe) und 1,9 Sv im Punkt P2 (1 m entfernt, 10 m Höhe).
ANHANG B: WISSENSCHAFTLICHER WERDEGANG
02/2013 – 07/2016 Anstellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter mit Möglichkeit zur Promo-
tion am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf, Forschungsstelle Leip-
zig unter der Betreuung der Universität Leipzig durch Prof. Kersting am
Institut für Anorganische Chemie (bis 08/2017)
„Wechselwirkungs- und Transportuntersuchungen dreiwertiger Radiometalle
in Ton unter Berücksichtigung des Einflusses von Fulvinsäure und erhöhten
Salinitäten“
09/2010 - 10/2012 Masterstudium Chemie an der Universität Leipzig
Masterarbeit zum Thema „Wechselwirkungsstudien von Radionukliden mit
makrozyklischen, multifunktionalen Chelatliganden“ angefertigt im Ar-
beitskreis Prof. Kersting am Institut für Anorganische Chemie in Koope-
ration mit dem Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf, Institut für Res-
sourcenökologie, Abteilung Reaktiver Transport
10/2007 – 09/2010 Bachelorstudium Chemie an der Universität Leipzig
Bachelorarbeit zum Thema „Analytik komplexer Fluide mittels Flüssig-
strahldesorptions-Massenspektrometrie“ angefertigt im Arbeitskreis Prof.
Abel am Wilhelm-Ostwald-Institut für Physikalische und Theoretische
Chemie
06/2014 Teilnahme an der TALISMAN Summer School „Actinide Chemistry for Fu-
ture Fuel Cycle” an CEA Marcoule (Frankreich)
09/2015 Erwerb der Fachkunde im Strahlenschutz für die Fachkundegruppen S 2.2,
S 4.1 (inkl. S 1.1, S 1.2, S 1.3, S 2.1, S 5 und S 6.1)
Eingeworbene Drittmittel
2013 GDCh-Teilstipendium zur Teilnahme an einer wissenschaftlichen Tagung (ANAKON 2013)
2014 Teilnahme an TALISMAN Summer School „Actinide Chemistry for Future Fuel Cycle” am
CEA Marcoule (Frankreich)
ANHANG C: VERÖFFENTLICHUNGEN
Publikationen in wissenschaftlichen Zeitschriften
Poetsch, M.; Lippold, H., Effects of ionic strength and fulvic acid on the adsorption of Tb3+ and Eu3+
onto clay. Journal of Contaminant Hydrology 192 (2016), 146-151
Haupt, S.; Handke, M.; Kuhnert, R.; Poetsch, M.; Kersting, B., Synthesis of calix[4]arene-based
polycarboxylate ligands and their chemical immobilization onto controlled-pore glass. Tetrahedron
70 (2014) 34, 5254-5259
Haupt, S., Schnorr, R., Poetsch, M., Mansel, A., Handke, M., Kersting, B.; Extraction properties of
25,27-bis(carbonylmethoxy)calix[4]arenes towards Sr2+: competitive extraction and extraction in a
synthetic groundwater. Journal of Radioanalytical and Nuclear Chemistry 300(2014) 2, 779-786
Vorträge auf wissenschaftlichen Konferenzen und Workshops
Poetsch, M.; Lippold, H.; Claus, M.; Lippmann-Pipke, J., Effect of ionic strength on the mobility of
radionuclides in the presence of natural organic matter: Testing the Linear Additive Model. Gold-
schmidt Conference 08.-13.06.2014, Sacramento (CA), United States of America
Poetsch, M.; Lippold, H.; Kulenkampff, J.; Lippmann-Pipke, J., Radiotracerstudien zum Einfluss der
Ionenstärke auf Komplexbildung und Sorption von Tb(III) in organikhaltigem Ton. 5. BMWi-
Workshop ”Rückhaltung endlagerrelevanter Radionuklide im natürlichen Tongestein und in salina-
ren Systemen“, 30.09.-01.10.2013, Potsdam, Deutschland
Poetsch, M., Zusammengefasste Ergebnisse der Radiotracerstudien. Abschlusstreffen zum BMBF-
Verbundprojekt Partitioning II: Multifunktionelle Komplexbildner mit N, O, S-Donorliganden für d-
und f-Elemente - Synthese, Komplexbildung, Struktur und Transportverhalten, 30.04.2013, Leipzig,
Deutschland
Poetsch, M.; Lippold, H.; Kulenkampff, J.; Lippmann-Pipke, J., Studies on interactions and reactive
transport of higher-valent metals in clay, considering organic carriers and high ionic strengths. PhD
Initiative "Reactive Transport Modelling", 26.03.2013, Leipzig, Deutschland
Poetsch, M.; Mansel, A.; Haupt, S.; Schnorr, R.; Kersting, B., Extraktionsuntersuchungen von um-
weltrelevanten Radionukliden mit modifizierten Calix[4]arenen. ANAKON 2013 (GDCh, Fachgruppe
Analytische Chemie) 04.-07.03.2013, Essen, Deutschland
Poetsch, M.; Lippold, H.; Kulenkampff, J.; Lippmann-Pipke, J., Interaction studies of radionuclides
with macrocyclic, multifunctional chelating ligands. Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf, Insti-
tutsseminar, 11.12.2012, Dresden, Deutschland
Poetsch, M., Wechselwirkungsstudien von Radionukliden mit makrozyklischen, multifuntionalen
Chelatliganden. Treffen zum BMBF-Verbundprojekt Partitioning II: Multifunktionelle Komplexbild-
ner mit N, O, S-Donorliganden für d- und f-Elemente - Synthese, Komplexbildung, Struktur und
Transportverhalten, 20.11.2012, Dresden, Deutschland
Poetsch, M., Wechselwirkungsstudien von Radionukliden mit Calixarenen: Komplexierung & Ex-
traktion. Treffen zum BMBF-Verbundprojekt Partitioning II: Multifunktionelle Komplexbildner mit
N, O, S-Donorliganden für d- und f-Elemente - Synthese, Komplexbildung, Struktur und Transport-
verhalten, 19.06.2012, Dresden, Deutschland
Posterbeiträge auf wissenschaftlichen Konferenzen und Workshops
Mansel, A.; Poetsch, M.; Franke, K., Herstellung und Reinigung von 56Co, 64Cu und 85Sr am Leipzi-
ger Zyklotron Cyclone 18/9. ANAKON 2013 (GDCh, Fachgruppe Analytische Chemie) 04.-
07.03.2013, Essen, Deutschland
Poetsch, M.; Mansel, A.; Schnorr, R.; Haupt, S.; Kersting, B., Selective extraction of 85Sr2+ with
modified calix[4]arenes in a liquid-liquid system. International Workshop on Advanced Techniques
in Actinide Spectroscopy (ATAS), 05.-07.11.2012, Dresden, Deutschland
Poetsch, M.; Mansel, A.; Schnorr, R.; Haupt, S.; Kersting, B., Selective liquid-liquid extraction of Sr-
85 with modified calixarenes. International Conference on Nuclear and Radiochemistry (NRC 8), 16.-
21.09.2012, Como, Italien
Publikationen in sonstigen Medien und Projektberichte
Schmeide, K.; Fritsch, K.; Lippold, H.; Poetsch, M.; Kulenkampff, J.; Lippmann-Pipke, J.; Jordan, N.;
Joseph, C.; Moll, H.; Cherkouk, A.; Bader, M.: Final Report BMWi Project No.: 02 E 10971 Joint project:
Retention of radionuclides relevant for final disposal in natural clay rock and saline systems - Sub-
project 2: Geochemical behavior and transport of radionuclides in saline systems in the presence of
repository-relevant organics, 2016
Poetsch, M.; Lippold, H., Effect of ionic strength on the adsorption of Tb3+ onto clay in the presence
of fulvic acid. In: Annual Report Institute of Resource Ecology, 2014
Günther, A.; Mansel, A.; Schulz, K.; Paulik, S.; Poetsch, M.; Bernhard, G.; Abschlussbericht zum
BMBF-Verbundprojekt Partitioning II: Multifunktionelle Komplexbildner mit N, O, S-Donorliganden
für d- und f-Elemente - Synthese, Komplexbildung, Struktur und Transportverhalten, 2014
Poetsch, M.; Mansel, A.; Schnorr, R.; Haupt, S.; Kersting, B., Extraction studies of Co-56, Cu-64 and
Zn-65 in the presence of calix[4]arenes. In: Annual Report Institute of Resource Ecology, 2012
ANHANG D: SELBSTSTÄNDIGKEITSERKLÄRUNG
Hiermit erkläre ich, Maria Poetsch, ausdrücklich, dass die vorliegende Arbeit eine von mir selbst-
ständig und ohne fremde Hilfe verfasste Arbeit ist.
Ich versichere, dass sämtliche in der Arbeit verwendeten fremden Quellen, auch aus dem Internet,
als solche kenntlich gemacht wurden.
Weiterhin bestätige ich, dass ausnahmslos sowohl bei wörtlich übernommenen Aussagen, Tabellen,
Grafiken, Zitaten o. Ä. als auch bei in eigenen Worten wiedergegebenen Aussagen, von mir abge-
wandelten Tabellen, Grafiken o. Ä. anderer Autoren diese als Quelle angegeben wurden.
Ich versichere, dass außer der in der Danksagung genannten Personen keine Dritten an Auswahl
und Auswertung der Daten oder an der Fertigstellung des Manuskripts beteiligt waren.
Die vorgelegte Arbeit wurde weder im Inland noch im Ausland in gleicher oder ähnlicher Form ver-
öffentlicht oder einer anderen Prüfungsbehörde zum Zwecke einer Promotion oder eines anderen
Prüfungsverfahrens vorgelegt.
Mir ist bewusst, dass Verstöße gegen die Grundsätze der Selbstständigkeit als Täuschung betrachtet
und entsprechend der Prüfungsordnung geahndet werden.
Leipzig, den 24.08.2017
……………………………
Maria Poetsch