26
Zeitschrift fiir Zellforschung, Bd. 42, S. 247--272 (1955). Aus der Zoologischen Station Neapel und dem Anatomischen Institut der Universit~t Kiel. WEITERE UNTERSUCHUNGEN AM NEUROSEKRETORISCHEN ZWISCHENHIRN-HYPOPHYSENSYSTEM*. Von W. BARGMANN. Mit 20 Textabbildungen. (Eingegangen am 2. Februar 1955.) Ein diencephal-hypophys~res Neuronensystem mit sekretorischer Funktion ist in den letzten Jahren bei s~mtlichen Wirbeltierklassen nachgewiesen worden. Man daft erwarten, dab es auch bisher nicht untersuchten Ordnungen und Arten zukommt. Dennoch erscheint ein Studium der noch unberficksichtigten oder nicht eingehender be- arbeiteten Formen erwfinscht, da mit morphologischen Variationen im Verhalten dieses Systems gerechnet werden kann, deren Kenntnis unsere Vorstetlungen vonder T~tigkeit des neurosekretorischen Zwischen- hirnapparates bereichert, yon der Notwendigkeit morphologischer Daten ffir den Experimentator ganz zu schweigen. In der vorliegenden Studie I werden die neurosekretorischen Zwi- schenhirnsysteme yon Selachiern, Cheloniern und von Didelphys virgi- niana gesehildert, mit denen sich verschiedene Autoren befaBten, um grundsKtzliehe Fragen der Neurosekretion zu kl~ren. Im einzelnen interessiert 1. das Verhalten der Pituicyten beim Vorgang der Neuro- sekretion, das van DE KAMER und VERHAGEN (1955) an einem Ver- treter der Haie untersuchten, 2. die Beziehung von Pars intermedia zu Neurohypophyse, auf die in der gleichen Studie im Anschlu[~ an eine VerSffentlichung SCHARRERS (1952) abgehoben wird, 3. die Sekre- tionsweise der Zwischenhirnneurone, fiber die sieh DIEPEN und Mit- arbeiter (1954) auf Grund von Untersuchungen an der Schildkr5te, BODIAN an Hand einer Bearbeitung des Zwischenhirn-Hypophysen- systems vom Opossum ~uBern, 4. die Deutung der Herringk6rper, die STSHR jr. (1955) als Reste von Ganglienzellen oder Fragmente yon Nervenfasern aufgefal~t wissen will, w~hrend VAN DE KAMER und VER- HAGEN (1955) wenigstens einen Teil der sog. parenchymatSsen Pitui- cyten mit HerringkSrpern identifizieren. * Herrn Prof. Dr. REINHARD ])OttRN (Neapel) in Dankbarkeit und Verehrung zum 75. Geburtstage gewidmet. 1 Durchgeftihrt mit dankenswerter Unterstiitzung durch die Deutsche For- schungsgemeinschaft. 17"

Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

Zeitschrift fiir Zellforschung, Bd. 42, S. 247--272 (1955).

Aus der Zoologischen Station Neapel und dem Anatomischen Institut der Universit~t Kiel.

W E I T E R E UNTERSUCHUNGEN AM NEUROSEKRETORISCHEN ZWISCHENHIRN-HYPOPHYSENSYSTEM*.

Von

W. BARGMANN.

Mit 20 Textabbildungen.

(Eingegangen am 2. Februar 1955.)

Ein diencephal-hypophys~res Neuronensystem mit sekretorischer Funktion ist in den letzten Jahren bei s~mtlichen Wirbeltierklassen nachgewiesen worden. Man daft erwarten, dab es auch bisher nicht untersuchten Ordnungen und Arten zukommt. Dennoch erscheint ein Studium der noch unberficksichtigten oder nicht eingehender be- arbeiteten Formen erwfinscht, da mit morphologischen Variationen im Verhalten dieses Systems gerechnet werden kann, deren Kenntnis unsere Vorstetlungen vonder T~tigkeit des neurosekretorischen Zwischen- hirnapparates bereichert, yon der Notwendigkeit morphologischer Daten ffir den Experimentator ganz zu schweigen.

In der vorliegenden Studie I werden die neurosekretorischen Zwi- schenhirnsysteme yon Selachiern, Cheloniern und von Didelphys virgi- niana gesehildert, mit denen sich verschiedene Autoren befaBten, um grundsKtzliehe Fragen der Neurosekretion zu kl~ren. Im einzelnen interessiert 1. das Verhalten der Pituicyten beim Vorgang der Neuro- sekretion, das van DE KAMER und VERHAGEN (1955) an einem Ver- treter der Haie untersuchten, 2. die Beziehung von Pars intermedia zu Neurohypophyse, auf die in der gleichen Studie im Anschlu[~ an eine VerSffentlichung SCHARRERS (1952) abgehoben wird, 3. die Sekre- tionsweise der Zwischenhirnneurone, fiber die sieh DIEPEN und Mit- arbeiter (1954) auf Grund von Untersuchungen an der Schildkr5te, BODIAN an Hand einer Bearbeitung des Zwischenhirn-Hypophysen- systems vom Opossum ~uBern, 4. die Deutung der Herringk6rper, die STSHR jr. (1955) als Reste von Ganglienzellen oder Fragmente yon Nervenfasern aufgefal~t wissen will, w~hrend VAN DE KAMER und VER- HAGEN (1955) wenigstens einen Teil der sog. parenchymatSsen Pitui- cyten mit HerringkSrpern identifizieren.

* Herrn Prof. Dr. REINHARD ])OttRN (Neapel) in Dankbarkeit und Verehrung zum 75. Geburtstage gewidmet.

1 Durchgeftihrt mit dankenswerter Unterstiitzung durch die Deutsche For- schungsgemeinschaft.

17"

Page 2: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

248 W. BARGMANN:

Die bisherigen Untersuchungen fiber das Zwischenhirn-Hypophysen- system der Selachier (ScHARRER 1952, MAZZI 1953) und Teleostier (BARG- MANN 1953, STUTINSKY 1953) haben gezeigt, dai~ bei diesen Formen eine besonders innige Beziehung zwischen dem vom Nucleus praeopticus ausgehenden Fasersystem und der Pars intermedia der Hypophyse besteht. Die mit der Chromalaunh~matoxylinf~rbung in brillanterWeise darstellbaren Fasern des Tractus praeoptico-hypophyseus dringen der- art tier und unter Aufsplitterung in Faserstr~hnen in das Epithel- gewebe der Pars intermedia ein, da]~ eine pr~paratorische Sonderung yon Neurohypophyse und Pars intermedia nicht mehr mSglich ist. In den innerhalb der Pars intermedia verlaufenden, f~rberisch elektiv faBbaren Nervenfasern sehen wir das Substrat einer neurosekretorischen Funktion.

In einer neueren Untersuchung an Scylliorhinus (s. dieses Heft) kommen nun VAN D]~ KAMER und VER~AGEN (1955) ZU einer Vorstel- lung vom Verhalten der Neurohypophyse dieses Selachiers, die yon der- jenigen SCHARRERS und BAR(~MANNs in einem wesentlichen Punkte abweicht. Die Autoren haben das Augenmerk auf die Pituicyten ge- lenkt, auf die in den bisherigen Studien noch nicht genfigend ein- gegangen wurde, und bemfihen sich - - yon anderen Gesichtspunkten abgesehen - - um den Nachweis ihrer sekretorischen Aktivit~t. Zwei Typen yon Pituicyten werden beschrieben, einer mit l~nglichen Kernen und verzweigtem Zytoplasma, aul3erdem eine abgerundete Form mit homogenem Zytoplasma, das Vakuolen enth~lt. Aus dem Bersten dieser Vakuolen wird auf eine sekretorische T~tigkeit der sog. paren- chymatSsen Pituicyten geschlossen. VAN DE KAMER und VERHAGEN glauben einen Tell dieser Gebilde wenigstens mit HerringkSrpern identi- fizieren zu sollen, deren helle Bezirke sie ffir Kernareale halten. Nach Ansicht der Autoren, die sich auf die angebliche Ahnlichkeit yon Herring- kSrpern und parenchymatSsen Pituicyten beziehen, soll es mSglich sein, daf~ diese Gliazellen ,,a large quantity of neurosecretory material" enthalten, welches sie nicht nur stapeln, sondern produzieren! Die Pituicyten sollen sich also an der Bildung von Neurosekret im Hinter- lappen beteiligen.

Diese grunds~tzlich wichtige Aussage wird im folgenden an Hand eigener Untersuchungen yon Selachiermaterial, unter anderem der bisher nicht berficksichtigten Rochen, kritisch beleuchtet, wobei auf die Frage eingegangen werden mu0, ob die von VAN DE K ~ R und VERHAGEN allein angewandte Eisenh~matoxylinf~rbung nach HEID]~HAI~ fiber- haupt geeignet ist, brauchbare Aussagen fiber die Beziehungen yon Nervenfasern, Pituicyten und Neurosekret zueinander zu liefern.

Weiter sei fiber das diencephal-neurohypophys~re System der Chelonier beriehtet, und zwar von Arten mit verschiedener Lebensweise, verk5rpert durch die LandschildkrSte (Testudo graeca) und die Sump]-

Page 3: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem. 249

schildkrSte (Emys euro~aea). Die vorliegenden Angaben fiber neuro- sekretorische Prozesse bei Cheloniern sind sp~rlich. Nach KVROTSV (1935, zit. nach E. und B. SCHARRER 1954) kommt es bei der Schild- krSte zur Abgabe yon Neurosekret aus dem Zwischenhirn in den Ven- trikel, ein Vorgang, auf dessen H~ufigkeit bei anderen Formen neuer- dings auch BARRY (1955) verweist. DIEPE~ (1955) macht auf die schwache Anf~rbbarkeit der Zellen des Nucleus supraopticus der Schild- krSte mit Chromalaunhs aufmerksam, dem ffir die Dar- stellung des Neurosekrets bisher bew~hrtesten Farbstoff, und stellt ihr die starke F~rbbarkeit des an Sekret reichen Hinterlappens gegen- fiber. DIEPEI~ folgert aus dieser Feststellung, die Sekretproduktion spiele sich ,,in erster Linie in den distalen Anteilen des Neurons" ab (vgl. auch DIEPEN, ENGELHARDT und SMITH-AGREDA 1954), w~hrend SCHA_~I~ER, :PALAY, BARGMANN und Mitarbeiter (HILD 1951, 1953, HILD und ZETLER 1951) die Auffassung vertreten, das im Perikaryon ent- stehende Tr~tgermaterial der Hinterlappenhormone werde dem Stapel- organ Hinterlappen auf dem Axonwege zugeffihrt. Die experimentell gewonnenen Anhaltspunkte fiir den Ablauf eines derartigen Transportes sind wiederholt in zusammenfassenden Darstellungen dargelegt worden (E. uud B. SCHARRER 1954, BARGMANN 1954).

Auf die Unterschiede der von SCI~ARRER und BARGMANN einerseits, yon DIEPEN und Mitarbeitern andererseits vertretenen Ansicht wird in dieser Studie eingegangen, ebenso auch auf die Ablehnung der Trans- porttheorie durch SPATZ (1955); nach Auffassung von SPATZ ist in den Endigungen des Neurons der Bildungsort des Neurosekrets zu erbticken. Dabei soll nicht nur auf die Verhaltnisse bei den Cheloniern Bezug genommen werden, auf die DIEPEN tt. a. abhebt, sondern auch beim Opossum (Didelphys virginiana), dessen Neurohypophyse BODIAN (1951) eine interessante VerSffentlichung widmet. Die Neurohypo- physe yon Didelphys zeichnet sich durch eine auffallende Lappehen- gliederung aus (s. auch ~IA~STRSM 1952). An der L~ppchenperipherie bilden die zahlreichen, eng nebeneinander stehenden Endigungen des Tractus supraoptico-hypophyseus eine Palisadenzone. Die Nerven- endigungen werden innerhalb dieser Zone yon Neurosekretmanschetten umgeben, so daI~ die den interlobul~ren Kapillaren zugekehrte Pali- sadenregion im Chromalaunh~matoxylinpri~parat in auffallender St~rke hervortritt . BODIAI~ macht ferner darauf aufmerksam, da[3 im sog. Hilus der Li~ppchen stark fs ,,gomoripositive" HerringkSrper vorkommen, dal3 die Ganglienzellk6rper des neurosekretorischen Zwi- schenhirnsystems yon Didelphys jedoch welt weniger intensiv f~rbbar sind als seine Endausbreitung.

Man k6nnte nach BoDIA~; aus diesen Beobachtungen den Schlul~ ziehen, die gesamte neurosekretorische Bahn sei an der Ausarbeitung

Page 4: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

250 W. BAROMA~N:

des histologisch fagbaren Produktes beteiligt, die Aufspaltung ihrer Endigungen in die kapillarnahen Palisaden stehe im Dienste der Ver- grSBerung der sekretbildenden Oberfli~che.

Der Unterschied zwischen der Auffassung yon SPATZ und BODIA~ besteht darin, dab ersterer yon einer ,,Neurosekretbfldung an der Peripherie 'des Neurons" (SPATZ 1955) - - wenn auch nicht ,,ohne den EinfluB des Perikaryons" - - spricht, wi~hrend BODIAN auf Grund seiner morphologisch-f~rberischen und experimentellen Feststellungen dem gesamten Neuron die F/~higkeit der Sekretbildung zwar zubflligt, im Endigungsgebiet des Tractus supraoptico-hypophysus indessen einen Schwerpunkt der Sekretion sieht. Dieser ]etzteren Anschauung neigt auch DI~P]~N mit der oben zitierten :Formuliel"ung zu, wenn er die distalen Neuronabschnitte als ,,in erster Linie" sekretproduzierende Bahnteile anspricht.

Wahrend nun SCH~mRnR, BARGMANN, SPATZ und Mitarbeiter, ferner STUTINSKY, MAZZI, COLLIN, HANSTRSM (Literatur bei E. und B. SCHAR- ~ER 1954, BAI~GMANN 1954) - - um nur einige Autoren zu nennen - - letztlich in der Auffassung fibereinstimmen, dab an der sekretorischen Aktivitat der Neurone des Nucleus supraopticus und paraventricularis grundsatzlich nicht zu zweifeln sei, sprieht neuerdings STOrm jr. (1955) Einwande gegen die Neurosekretionslehre schlechthin in einer Schrift polemischen Stiles aus, die einen Grenzstrangtumor behandelt.

Wenn der Autor schreibt, dag ,,der Nachweis einer innersekretori- schen Leistung der Ganglienzelle fiir die Vorstellung yon den Aufgaben des Nervensystems yon erheblicher Bedeutung sein wfirde" und SCHAR- RER wie aueh mir unterstellt, unsere Auffassung v o n d e r inkretorisehen T/s best immter G~nglienzellen, nieht ,,der" Ganglienzelle, ledig- lich auf die Beurteilung des Schnittpraparates gegriindet zu haben, so mug STS~R auf folgende Tatsachen hingewiesen werden: 1. Die hormonale Tatigkeit bestimmter Neurone - - nieht ,,der" Ganglien- zelle - - ist ein ffir die Wirbellosen durch zahlreiche experimentelle Untersuchungen nachgewiesener ProzeB von grSgter biologischer Be- deutung, fiber den viele EinzelverSffentlichungen, Monographien und Lehrbiicher - - allerdings nicht rein morphologischen Inhaltes - - zur Genfige unterrichten (W. BARGMANN t954, KOLLER 1955, PFLUGFELDER 1952, E. und B. SCHARR]~R 1954 U.a., WIGGLESWORTH 1951). 2. Die Frage der hormonbildenden T/ttigkeit best immter Kerne des Wirbel- tiergehirns ist zun/ichst von SCHA_RR~R aus dem morphologisehen Be- fund als wahrscheinlich vermute t worden. Weiterhin sprachen experi- mentell hervorgerufene Ver~nderungen am Zwischenhirn-I-Iypophysen- system zugunsten dieser Deutung (]-hLD 1951, KRATZSCtt 1951, BODIAN 1951, EICHNER 1953, ORTMA~ 1951 U.a.). Das tats~chliche Vor- kommen der sog. Hinterlappenhormone im Zwischenhirn bzw. in den

Page 5: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

Untersuchungen am neurosekretorischen Zwisehenhirn-Hypophysensystem. 251

Kerngebieten Nucleus supraopticus und paraventrieularis sowie im Verlauf der neurosekretorischen Bahn (TREND]~LENBURG 1926, MEL- VILLE und HARE 1945, M. VOGT 1953, HILD und ZETLER 1951) ist im pharmakologischen Experiment nachgewiesen worden. Ebenso konnte gezeigt werden, dab die Gliazellen des Hinterlappens, dessen ZugehSrig- keit zum innersekretorischen System nicht bestri t ten werden kann, in der Gewebekultur kein Adiuretin und Oxytozin produzieren (HILD 1954). Da STSHR jr. diese Feststellungen g~nzlich auBer Betracht 1ABt, erfibrigt sich ein n~heres Eingehen auf seine polemischen ErSrterungen.

Dagegen wird abermals geprfift, ob STSHRs Angabe, auf die Unter- suchung eines Tumors gestiitzt, die HerringkSrper seien ,,plasmatische Reste degenerierter Ganglienzellen und stark gequollener, degene- rierender Nervenfasern", fiir die sekretorische Bahn des Zwischenhirns zutrifft.

Material und Methodik. 1. Selachier. Untersucht wurden Gehirne yon Scylliorhinu8 caniculu8 (2 Exem-

plare), Raja clavata (3 Exemplare), Dasyatis marinus (2 Exemplare), Torpedo ocellata (3 Exemplare). Fgrbung der Schnittserien (transversal, sagittal, Schnitt- dicke 8#) mit Chromalaunhamatoxylin-Phloxin nach GOMORI (BARGMANN 1949) ferner mit Fuchsin-Paraldehyd (GABE 1953) - - Lichtgrfin. Imprggnation der Nervenfasern nach BODIA~-ZIEsMER. Fiir die Oberlassung yon Dasyatis-Gehirnen danke ich Herrn Prof. SCHARRER (New York) und Dr. HILD (Galveston).

2. Chelonier. Zur Untersuchung gelangten lebensfrisch in BouINscher Fliissig- keit bzw. SUSA (M. H]~IDENHAIN) fixierte Gehirne von Test.udo graeca (5 Exem- plate, 10--12 cm lang) und Emys europaea (8 Exemplare, etwa 20 cm lang). Far- bung der Schnittserien (transversal, sagittal, Schnittdicke 8 #) zur elektiven Dar- stellung des Neurosekrets mit Chromalaunhamatoxylin-Phloxin nach GOMORI (BARCMANN 1949, 1951).

3. Didelphys virginiana. In gleicher Weise wie die Selachiergehirne waren 2 lebensfrisch in BouIN fixierte Gehirne vom Opossum behandelt worden, die ich Herrn Dr. W. HILD (Galveston/Texas) verdanke.

Befunde. 1. Selachier.

Scylliorhinus caniculus. Innerhalb der Intermediabalken, deren Zellen vielfach reich an phloxinophilen Kolloideinschliis~en sind, lassen sich sowohl mit der Impr~gnationsmethode (BoI)IAN-ZInsM~R) als auch mit der Chromalaunh~matoxylinf~rbung zahlreiche Nervenfasern nach- weisen. ])as mit beiden Methoden erh~ltliche Bild der Nervenver- teilung ist identisch. In keinem Falle wurden an Neurosekret erinnernde Einschlfisse im Zytoplasma der Pituicyten beobachtet.

Raja elavata. Wie in Best~tigung der Angaben yon SCOURER (1952) bereits fiir Scylliorhinus geschildert, so li~Bt sich auch bei Raja keine schaffe Grenze zwischen Hinterlappen und Pars intermedia ziehen. ])ie Pars intermedia besteht aus stark gefalteten Epithelbalken

Page 6: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

252 W. BAR~MA~N:

und -str~ngen, yon hochprismatischen Zellen gebildet, deren kern- haltige basale Abschnitte dem Gewebe der Neurohypophyse, deren apikale Teile den Blutkapillaren zwischen den Epithelstr~ngen zuge- kehrt sind. In der Regel liegen die Epithelzellen der zarten Wandung der Kapillaren unmittelbar an. Ihr Zytoplasma ist gleiehm/~Big zart granuliert; manche Zellen zeigen eine etwas dunklere TSnung ihrer phloxinophilen KSrnchen. Die ovoiden oder kugeligen, locker struk- turierten Kerne der Intermediazellen enthalten wohl ausgebildete Nukleolen.

An der Zwischenhirnbasis treten dicke, neurosekrethaltige St/~mme des Tractus praeoptico-hypophyseus in das Balkenwerk der Pars inter- media ein. Entlang der Basis des Intermediaepithels breiten sich die Faserstr~hnen des Tractus praeoptico-hypophyseus aus, die bei Chrom- alaunh~matoxylinf/~rbung als schwarzblaue F/~den mit knotigen Ver- dickungen hervortreten. In ihrer Begleitung findet man grSBere abge- rundete Zellen mit h/~ufig exzentrisch gelegenem, mitunter unregel- m/~gig gestaltetem Kern und granuliertem Zytoplasma; die KSrnchen sind azidophil. Vereinzelt treten grogkernige Elemente auf. In den Kernen der geschilderten, als Pituicyten anzusehenden Zellen, kommen Kerneinschliisse vor, die sich zartblau anf/~rben. In keinem Falle wurden im Zytoplasma dieser Zellen mit der Chromalaunh/~matoxylinmethode darstellbare Einschlfisse beobachtet, die sich dem an die Nervenfasern des Tractus praeoptico-hypophyseus gebundenen Neurosekret f~rbe- risch und morphologisch gleichsetzen oder mit ihm vergleichen liei3en. Die M6glichkeit der Absonderung irgendeines anderen unbekannten Stoffes durch die Pituicyten soll damit nicht in Abrede gestellt werden.

Die erw~hnte innige Verzahnung yon Neurohypophyse und Pars intermedia kommt in dem Verhalten der aus den Faserzfigen des Tractus praeoptico-hypophyseus ausscherenden sekretffihrenden Nervenfasern zum Ausdruck. Diese Fasern dringen n~,mlich zwischen die Intermedia. zellen ein und erstrecken sich bis zu den Kapillaren an der Oberfl/iche des Zwischenlappens. Hier enden sie mit knopfartigen Verdickungen. Die interzellul~re Lage dieser Fasern ist besonders gut auf Tangential- schnitten durch das Intermediaepithel zu erkennen. Auch in der intra- epithelialen Verlaufsstrecke weisen die neurosekretorischen F~serchen kn6pfchenartige Verdickungen verschiedenen Umfanges auf, die eine zarte, elektiv fi~rbbare Granulation enthalten.

~eurosekrethaltige Nervenfasern des Tractus praeoptico-hypophyseus kommen auch in der ventralen Wandung des Saccus vasculosus yon Raja vor; diese Ver- h~ltnisse bedfirfen einer besonderen Untersuchung.

Dasyatis marinus. Grunds~tzlich die gleichen Verh/~ltnisse, wie sie fiir Raja dargestellt wurden, liegen bei Dasyatis marinus vor. Innerhalb der lappigen, mitunter gro$kernigen Pituicyten wurde ein dem Neuro-

Page 7: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem. 253

sekret vergleichbares Material weder mit der Chromalaunh~matoxylin- f~rbung noch mit der GAs~schen Fuchsin-Paraldehydmethode gefunden. Auch bei Dasyatis finder man in den Zwischenlappen, teilweise auch in

Abb. 1. Neurosekret im Epi thel der Pa l s in te rmedia yon Dasyalis, in Kapi l larn~he. (Chroma]aunh~tmatoxylin-Phloxinf~rbung, Vergr. 850fach.)

Abb. 2. Epi thel der Pars in t e rmed la yon Dasyatls mi t zahlreiehen Nervenendigungen . ( Impr 'agnat ion nach BODIAN-ZIESMER, Vergr. 1440fach.)

den Vorderlappen eindringende Nervenf~tserchen, die sich durch Silber- impregnation nach BODIAN-ZIESMER sichtbar machen lassen (Abb. 1 und 2). Die dorsale Partie der Pars intermedia ist wesentlich reicher an neurosekretorischen Fasern als die ventrale. Hier kommt es auch zu stellenweise weitgehender Auflockerung der Intermediaschicht, so dab

Page 8: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

254 W. BARa~A~:

breRere Absehnitte der Neurohypophvse unmittelbar an die Kapillaren heranreiehen. Da die Endigungen der Nervenfasern in der Hauptsaehe gestreckt verlaufen, erinnern die bei Dasyatis erhi~ltliehen Bilder grund- si~tzlieh an die Palisadenzone an der Oberfl~ebe der Neurohypophyse von Didelphys (BomA~ 1951, vgl. S. 264). Bei Dasyatis enth~lt jedoch nur ein Teil der innerhalb des Zwisehenlappengewebes befindliehen Nervenfasern Neurosekret. Der betri~chtliche Neurosekretgehalt des

Abb. 3. :Einstrahlen yon Gliafasern in das Epi the l der P a r s i n t e rmed ia yon Torpedo ocellata. (Chromalaunhf imatoxyl in f~rbung , u 700fach).

Tractus praeoptico-hypophyseus t rit t sowoh! in Chromalaunh~matoxylin- pr~paraten als auch in nach GABE gefi~rbten Schnitten eindrucksvoll zutage; in letzteren heben sich die neurosekretfiihrenden Nervenfasern in dunkelvioletter Farbe von den mit Lichtgrfin gef~rbten Epithel- und Gliazellen ab. Diese Fascrn sind mit kolbigen Verdickungen aus- gestattet, die den im Silberpr~parat sichtbaren Anschwellungen mit zentrMer Aufhellung entsprechen dfirften.

Torpedo oeellata. Die Pars intermedia yon Torpedo (Chromalaun- hi~matoxylinpr~parat) stellt ein plumpes epitheliMes Balkenwerk dar, aufgegliedert dutch kapillarhaltiges Bindegewebe, yon dem es dutch eine Basalmembran gesehieden wird. Das Intermediaepithel besteht aus unregelmi~Big gestMteten, rundkernigen Elementen. Ihr Zytoplasma ist feingekSrnt (Phloxin); gelegentlieh enth~lt es auch feine zartblau gef~rbte Granula. Vereinzelt t reten mit hellblau get6ntem Kolloid gefiillte Ri~ume innerhalb des Intermediaepithels auf. Zwisehen den

Page 9: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem. 255

Intermediazellen befinden sich Gliazellen mit l~nglichen Kernen und Glia/asern in vielfach senkrechter Orientierung zur Basalmembran, welche von den Gliafasern vielfach erreicht wird (Abb. 3). Eine genauere Darstellung dieser Verh~ltnisse, auf Impr~gnationspr~parate gestfi~zt, verdanken wir HORSTMA~N (1954).

Das Zentrum der Intermediaformationen nimmt das Gewebe der NeurohyTophyse ein, aus den mit Neurosekret reich beladenen Fasern des Tractus praeoptico-hypophyseus und aus Gliazellen (Pituicyten) sowie gli~nzenden Str~hnen von Gliafasern bestehend, die sich, wie erw~hnt, in das Epithelgewebe hinein fortsetzen, vielfach zusammen mit neurosekretorischen Fasern. Neben den mit lappigen Forts~tzen ausgestatteten Pituicyten kommen vor allem im Innern der Neurohypophyse groBe kugelige Zellen mit azidophilem homogenem Zytoplasma vor, das durch mehrere Schnitte hindurch verfolgt werden kann (Abb. 4). Diese mit den parenchymatSsen Pitulcyten von Seylliorhinus (VAN DE KAMER und V]~RHAOEN) identischen Zellen, deren Kern oft exzentrisch liegt, Abb. 4. Abgerundeter Pituicyt aus enthalten keine Substanz, die sich wie das der Ncurohypophyse yon Torpedo

ocellata. ( Chromalaunh~matoxy l in - NeurosekretdesTractuspraeoptico-hypo- farbung, Vergr. 1600fach.)

physeus mit Chromalaunhi~matoxylin f~rben l~Bt. Die Anwendung der HEIDENHAINschen Eisenh~matoxylin- farbung, auf deren Ergebnisse vA~ DE KAMER und VERItAGEN ihre Aus- sagen griinden, ist fiir eine Darstellung des diencephalen Neurosekretes und damit auch die Beurteilung der Beziehungen von Pituicyten und neurosekretorischer Bahn zueinander nicht geeignet.

Die marklosen Nervenfasern der Neurohypophyse lassen sich teils als dickere, dunkelblau sich fi~rbende, mit tropfigen und knotigen Anschwellung versehene Fasern bis zur Basalmembran des Epithels hin (Abb. 5) verfolgen, teils bilden sie sehr zarte Gefleehte. Eine Identit~t von Herringk6rpern, d. h. Faseranschwellungen, und parenchymat6sen Pituicyten - - wie VAN DE KAMER und V~RnAO]~N sie wenigsten teilweise glaubten annehmen zu sollen - - kann ausgeschlossen werden. Weder enthalten die Pituicyten eine der Granulation der sog. Herringk6rper entsprechende K6rnelung, noch fand ich in der zentralen, aufgehellten Part ie der HerringkSrper jemals einen Zellkern.

2. Chelonier. Testudo graeca, a) Nucleus paraventricularis. Der Nucleus para-

ventrieularis besteht aus einem welt ausgedehnten Zellkomplex, der

Page 10: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

256 W. BARGMANN:

sich von der Oberfl/iche des in seinem Bereich vielfach gefalteten Ependyms in die Tiefe des Gehirns erstreckt. Manche seiner Zellen ]iegen mit ihrem Perikaryon innerhalb der Ependymzone. Die Mehr- zahl der Ganglienzellen jedoch befindet sich mit ihren kernhaltigen Abschnitten in einigem Abstand v o n d e r Ventrikeloberfl/iche, zu der sie einen langen Dendriten entsenden, w/ihrend der Neurit den

Abb. 5. Ncurosekrcthal t ige Nervenfascrn im Epi thel der Pars in te rmedia yon Torpedo ocellata. (Chromalaunhf imatoxyl in-Phloxinfhrbung, Vergr. 700f~ch.)

ventral-lateralen Abschnitt des Zwischenhirns durchzieht, um schliel~- lich in ventraler Richtung abzubiegen. Charakteristisch ist die Reihen- stellung der Perikaryen, die sich auf Transversalschnitten beobach- ten l~Bt (Abb. 6). Im dorsalen Kernabschnit t kommen unregelmiillig verteilte Ganglienzellen in enger Verbindung mit der Wand yon Blut- kapillaren vor.

Das mit Chromalaunh/imatoxylin darstellbare ~eurosekret t r i t t in Form kleiner Granula in Erscheinung, die in geringerer Zahl die dem Ventrikel zustrebenden Zellforts/itze, reichlicher dagegen die langen Neuriten durchsetzen. An diesen finder man auch neurosekrethMtige Verdickungen, die das bekannte Bild der Perlschnurfasern bedingen (Abb. 7). Mitunter enth/ilt die Nervenfaser auf kurze Strecken hin start Granula eine homogene Sekretsubstanz.

Page 11: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

Abb. 6. Reihenstel lun~ der Gang]ienzellen des Nucleus paravent r ieu lar i s yon Testudo graeca. Dunkelf~trbung der Zellen infolge Ncurosekretgeh~ltes, (Chromalaunhfimatoxyl in-

Phloxinf~rbung, Vergr. 600fach.)

Abb. 7. Nervenfaser aus dem Nucleus paravent r ieu lar i s yon Testudo graeca mi t sekret. ha l t igen Anschwellungen, sog. , ,Per lschnurfasern" . (Chromalaunh~matoxyl in-Phloxin .

fi~rbung, Vergr. 1200fach.)

Page 12: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

258 W. BAR~MA~:

b) Nucleus supraopticus. Der Nucleus supraopticus besteht aus einer verhi~ltnismi~13ig kleinen Zahl groBer, locker gestreuter Ganglienzellen, die in dem Winkel zwischen Opticus und Diencephalon teflweise die Hirnoberfli~ehe erreiehen (Abb. 8). An dieser Stelle dringen zahlreiche Blutkapillaren in das Gehirn ein. Manche Zellen lagern der Oberfli~che der Kapillaren unmittelbar an. Die neurosekretorischen Elemente bieten unterschiedliche Zustandsbilder: Manche Ganglienzellen ent- halten rotviolett gefi~rbte, gelegentlich yon feinen Vakuolen durchsetzte Nissl-Substanz in peripherer Lagerung, bei anderen finder man inner-

halb der Nissl-Substanz schwarzblau getSnte Gra- nula, gelegentlich in gro~er Zahl (Abb. 8), wiihrend das kernnahe Gebiet des Zytoplasmas eine zartrote TSnung aufweist. Schliel]- lich kommen Zellen vor, deren Perikaryen zahlreiche feine, gleichmi~gig verteilte Sekretgranula be}_ erbergen. Auch die Ausli~ufer dieser Zellen enthalten vielfach NeurosekretkSrnchen. Die Kerne der Supraopticus- zetlen weisen gelegentlich

Abb. 8. OberCl~chlich gelegene Ganglienzelle des Nucleus supraopt icus von Testudo graeea. (Chroma- tier einschneidende Fur- launh~matoxylin-Phloxinf~trhung, Vergr. 1200fach.) chen auf; auffallend ist die

GrSBe der Nukleolen. c) Tuberregion und In/undibulum. Die beiden Kernen entstam-

menden, Neurosekret ffihrenden Fasern ziehen durch die verdickte Zwischenhirnwand am Boden des 3. Ventrikels zur Neurohypophyse. Die meist sehr zarten, mit sekrethaltigen Ansehwellungen (Herring- kSrper) versehenen Fasern treten mitunter zwischen die Zellen des hohen Ependyms, das eine kammartige Erhebung des Ventrikelbodens iiber- zieht (Abb. 9a); es ist dureh lange, faserige Gliazellen mit der ven- tralen Oberfli~che des Gehirns verbunden.

Der Oberflgehe des Infundibulum legt sich die Pars in]undibularis der Adenohypophyse an (DIE~E~ 1955). Im rostralen Bereich der Hypophyse sehiebt sich ein Leptomeninxblatt zwischen die Ventral- fli~che der Pars infundibularis und die Dorsalfli~che des Vorderlappens. Bezeichnend ffir die Oberfli~chengestaltung des Infundibulum ist eine HSckerung und Zerkliiftung, die durch zahlreiche weite Blutgefi~]]e hervorgerufen wird (Abb. 9a und b).

Page 13: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

U n t e r s u c h u n g e n a m n e u r o s e k r e t o r i s c h e n Z w i s c h e n h i r n - t I y p o p h y s e n s y s t e m . 259

b

Abb. 9a u. b. Zwischenhirnboden yon Testudo graeca mit Anlagerung der Pars infundi- bularis ( P , i . ) tier Adenohypophyse ; beachte die Zerkli if tung tier Ventralfl~che des

Zwischenhirnbodens. (ChromaIaunh~matoxyt i t t -Phloxin f~rbung, Vergr. 135fach,) b Ausschni t t aus a b e i 600facher Vergr.

Page 14: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

260 W. BARGMANN:

Die Ventralwand des schlauchartigen, dorso-ventral abgeplatteten, ventro-kaudal orientierten Infundibulum enthalt die Hauptmasse der neurosekretorischen Fasern. In kaudaler Riehtung nimmt die Zahl neurosekretorischer Fasern in der dorsalen Trichterwand zu und sehlieiL lich treten derbere, sekrethaltige Faserverdickungen hier sogar bevor- zugt auf. Zwischen dem Boden des 3. Ventrikels und der Dorsalwand des Trichters befinden sich nunmehr zahlreiche Blutkapillaren. In die Dorsal- und Ventralwand des Infundibulum dringen tubulSse Ein-

Abb. 10. Transversa l schui t t du tch eine Hi~lfte der Neurohypophyse yon Testudo graeca mi t dorsaler und ven t r a l e r Aussackung. (Vergr. 135fach.)

senkungen des Ependyms hinein, die von Neurosekret umlagert sind. Vor allem trifft dies fiir den kaudalen Bezirk des Infundibulum zu.

d) Hinterlappen. Ein Hinterlappen ira eigentlichen Sinne des Wortes ist bei Testudo graeca nicht vorhanden. Vielmehr gehen aus dem kaudalen Abschnitt des Infundibulum jederseits lateral je eine dorsal und ventral geriehtete taschenartige Aussackung hervor (Abb. 10). Diese ,,Hinterlappen" iiberragen die Adenohypophyse lateral-dorsal fliigelartig. Ihre vor allem seitlich stark verdickte Wandung enthglt reiche Mengen von Neurosekret. Im kaudalen Neurohypophysenabschnitt verjiingt sich dieser Hypophysenteil wieder, so dab er hier wieder v611ig yon der Adenohypophyse bedeekt wird. Vor allem in das Gewebe der Seiten- partien der sog. Hinterlappen senkt sieh das helle kubisch-zylindrische Ependym nach Art drtisenschlauehi~hnlieher Bildungen ein, die von Neurosekret umgeben werden.

Auf Sagittalschnitten (Abb. l l ) ist zu erkennen, dab die ventrale Wandung des Trichters und die besehriebenen seitlichen Aussackungen von der Pars intermedia unterlagert werden. Der kaudale Anteil dieses

Page 15: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem. 261

Hypophysenteiles ist mit der Neurohypophyse grob verzahnt. In dem Gebiet zwischen Kaudalteil der Pars infundibularis und Anfangs- abschnitt der Pars intermedia schmiegt sich der Trichterwandung Vorderlappengewebe mit azidophilen und basophilen Zellen an.

Abb. 11. Sagi t ta lschni t t dutch die Neurohypophyse yon Tesludo graeca. Neurosekre t dunkeL P.i . Pars in tcrmedia . (Chromalaunh/tmatoxylin-Phloxinf~trbung, Vergr. 150fach.)

e) Neurosekret und Ventrikellichtung. Gelegentlich findet man an der Oberfl/~che des Trichterependyms mit Chromalaunh/~matoxylin f/~rb- bare kleine TrSpfchen sowie Konglomerate dieses Materials frei im

Abb. 12. Neurcs~,krethaltige vent r ike lnahe Zenen des Nucleus paravent r icu lar l s yon E m y s europaea. (Chromalaunh~matoxyl in-Phloxinf~rbung, Vergr. 850fach.)

Ventrikellumen. Es konnte nicht entschieden werden, ob es sich um eine Phase eines normalerweise sich vollziehenden Ubertrittes von Neurosekret in den Liquor cerebrospinalis handelt. Immerhin liegt die Annahme eines derartigen Prozesses nahe, da sich feine Neurosekret- partikel zwischen den Ependymzellen nachweisen lassen.

Z. Zellforsch. Bd. 42. 18

Page 16: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

262 W. BAaaMA~:

Emys europaea, a) Nucleus paraventricularis und supraopticus. Die Ganglienzellen dieser Kerne (Abb. 12) unterscheiden sich - - soweit sie

Abb. 13. G~nglienzellen des Nucleus paravent r icu lar i s yon E m y s europaea mit Kolloid- einschliissen. (ChromalaunhAmatoxyl in-Phloxinfarbung, Vergr. 1200fach.)

sekrethMtig s i n d - yon denen der L~ndschildkr6te durch die Ausbil- dung verh~ltnism~i~ig derber Kolloidtr6pfchen in oft dichter Verteilung (Abb. 13). Mitunter nimmt eine umfangreichere Kolloidkugel einen

Abb. 14. Neurohypophyse yon E m y s europaea, Lii, ppchenbau , L L u m i n a im L~ppchen- zentrur~l; I Pal~s in termedia . (Chromalaunh~matoxyl inf~rbung, Verge. 135fach,)

betr~chtlichen Teil des Zelleibes ein, so dab Bilder zustande kommen, wie sie fiir die VSgel bekannt sind (BA~GMANZ~ und JACOB 1952, WI~GSTttA~D 1951). In einzelnen Zellen nehmen kr~ftige Granula die

Page 17: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem. 263

Zellperipherie ein. Seltener begegnet man intrazellulgr gelegenen homo- genen, phloxinroten Kolloid]ci~gelchen innerhalb der Ganglienzellen. Die von den Zellen ausgehenden Forts~tze enthalten KSrnchen und TrSpf- chen yon Neurosekret.

b) In/undibulum. Die fiir Testudo beschriebene Zerklfiftung des Infundibulum durch eindringende Kapillaren und seine Durchsetzung mit zarten, sekrethaltigen Nervenfasern findet sich auch bei Emys.

Abb. 15. L~ppchen der Neurohypophyse yon E m y s europaea mit zentra ler Lichtung, yore E p e n d y m ums~umt . Neurosekre t dunke]. (FErbung wie Abb. 14, Vergr. 600fach.)

Die dorsal-ventral abgeflachte Wandung des Infundibulum enthiilt in ihrem ventralen Umfang zahlreiche marklose Nervenfasern, die reich mit Neurosekret beladen sind. Vor allem befindet sich das Sekret in Iqachbarschaft der Blutkapillaren, die sich der Oberfl~che des In- fundibulum anlagern.

c) Hinterlappen. Am ~uffi~lligsten unterscheidet sich das neuro- sekretorische Zwischenhirnsystem yon Emys yon demjenigen yon Testudo beziiglich der Ausbildung seines Endabschnittes, des sog. Hinterlappens. Dieser ist insofern komplizierter als der Hinterlappen yon Testudo gestaltet, als es zur Ausbildung eines kompakten Organ- ]complexes gekommen ist, der sich in zahlreiche Ligppchen gliedert (Abb. 14). Dieser Hinterlappen geht aus dem Kaudalabschnit~ des Trichters hervor. Seine Li~ppchen sind mit der Pars intermedia eng verbunden, d .h . zum Tefl regelrecht verzahnt. Das Zentrum der L~ppchen wird durch einen Ependymschlauch gebildet (Abb. 15),

Z. Zellforsch. I~d. 42. l~a

Page 18: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

264 W. BARaMA~N:

dessen Lichtung mit dem Lumen des Infundibulum kommuniziert. Unter dieser Ependymauskleidung befindet sieh die Hauptmasse des Neurosekrets. Stellenweise scheint es zur Obliteration der Schlaueh- enden zu kommen. Die bei Emys vorliegenden Verh~ltnisse ~hneln den yon BODIA~ (1951) fiir das Opossum geschilderten.

Abb. 16. T r a n s v e r s a l s c h n i t t d u t c h die N e u r o h y p o p h y s e des Opossums. L~ppcheng l i ede- r u n g . P . i . Pa r s i n t e r m e d i a ; Pa Pal i sadenzone . (Chromalaamhi~,matoxyl in-Phloxinf~trbung,

Vergr . 230fach.)

Didelphys virginiana. Auf Schnitten durch die Hypophyse des Opossums tritt die Neurohypophyse in der yon BODIA~ geschilderten Form als stark gelapptes Organ hervor (Abb. 16). :Die Lappung er- streckt sich auf die Peripherie des Hinterlappens, d.h. ein breiter proximaler, zentraler Abschnitt (Abb. 17) wird yon der Aufgliederung nicht betroffen. Den engen Bezirk zwischen den Neurohypophysen- l~ppchen nimmt gefs Bindegewebe ein.

Ws sich die Pars intermedia bei den meisten Ss der Oberfls des Hinterlappens als krs Epithelschale anschmiegt,

Page 19: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem. 265

wobei vielfach Nervenfasern in das Intermediagewebe fibertreten, wird der sog. Zwischenlappen des Opossums - - vom Vorderlappen durch die HypophysenhShle geschieden - - durch Bindegewebe yon den Neuro- hypophysenl~ppchen gesondert. ]:)as Gewebe des Zwischenlappens

2~bb. 17. Transversalschnit t durch die Neurohypophyse des Opossums. Basis des Hinter- lappens mit peripherer Lhppchenbildung. Bcachte die zahlreichen Herr ingkSrpcr (dunkel).

(Vergr. 100fach.)

besteht aus einer auffallend niedrigen Lage yon Epithelzellen, teils schmalen Elementen mit lang gestreckten Kernen, teils grSBeren rund- kernigen Zellen mit phloxinophitem Zytoptasma und Flimmerbesatz. Gelegentlich stS{~t man auf kleine, yon Flimmerzellen ausgekleidete Zysten innerhMb der Pars intermedia. Nur an den verh~ltnismg[~ig wenigen Ste]len, an denen solide z~pfenartige Einsenkungen des Zwi- schenlappens in die Tiefe vordringen, kommt es zu einem engeren Kontakt zwischen Neurohypophyse und Pars intermedia.

Page 20: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

266 W. BARGMANN:

Nach F/irbung mit Chromalaunh~Inatoxylin oder Fuchsin-Paraldehyd sticht die Palisadenzone an der Peripherie der Neurohypophysenl/~ppchen sehr auffallend hervor. Die genauere Untersuchung best/~tigt :BoDIANs Schilderung dieser Zone in vollem Umfange, so daft auf die Wieder- holung yon Einzelheiten verzichtet warden kann. Es handelt sich in der Tat um ein Gefiige aus dicht nebeneinander gelegenen, parallel zueinander verlaufenden st/~behenf6rmigen Nervenendigungen, die senk- reeht zur L/tppchenoberfl~che ausgerichtet sind. Infolge der Einlage- rung von Neurosekret sind diese Nervenendigungen verdickt, so dab

sie an das Bild von Rohrkolben erinnern.

Die zentralen Partien der Neuro- hypophysenli~ppehen bestehen aus zahlreiehen marklosen Nervenfasern (s. unten) und vielgestaltigen Glia- zellen, den Pituicyten. Die Aus- 1/~ufer der Pituieyten, die den Astro- eyten gestaltlieh ~hneln, lassen sieh bis zwisehen die Nervenendigungen der PMisadenzone verfolgen. Die kernhaltigen Absehnitte der Pitui- eyten liegen ausnahmslos auger-

Abb. 18. Pituicyt mit Kerneinschluf$ halb der PMisaden, so dab die der t,us tier Neurohypophyse yon Didelphys PMisadenzone vorgeschaltete L~pp-

virg~n'iana. (Chromalaunh~matoxyl in . Phlo~infgrbung, Vergr. 1300faeh.) chenregion ein besonders kern-

reiches Gebiet darstellt. Als eigen- artiges Merkmal der Pituieytenkerne verzeichne ich groge, sehwaeh phloxinophile kugelige Kerneinschliisse (Abb. 18). NeurosekretkSrnehen oder -tr6pfchen habe ieh in keinem Falle im Zytoplasma der Pitui- eyten feststellen kSnnen.

Die weit lockerer und unregelmi~giger als in der Liippehenrandzone angeordneten Nerveufasern im mittleren Absehnitt der Neurohypophyse zeiehnen sieh dureh weehselnden Reiehtmn an tiefblau anf~rbbarem Neurosekret aus. Viele der Fasern sind von erstaunlieh diclcem Kaliber und sehwellen stellenweise zu umfangreiehen charakteristisehen Herring- l~5rpern an. Ein derartiges I/~ngsgetroffenes Gebilde gibt Abb. 19 wieder. Man erkennt deutlieh die zarte, vorzugsweise peripher gelegene Granula- tion. In keinem Falle ergab sieh ein AnhMtspunkt daffir, es k6nne sieh um entkernte Ganglienzellen handeln oder um bereits in vivo vorhandene Fragmente degenerierender Nervenfasern, wie ST6Ha jr. meint. Auf Seriensehnitten l~gt sieh vielmehr die Kontinuit~t der mit Herringk6rpern ausgestatteten neurosekretorisehen Nervenfasern einwandfrei ermitteln.

Page 21: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

Untersuchungen ~m neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem. 267

Die Ganglienzellen des Nucleus supraopticus und paraventricularis, ferner des in Fornixn/~he befindlichen Nucleus paraventricularis acces- sorius, deren Endigungen die Palisadenzone aufbauen, zeigen im Chrom- alaunh/imatoxylinpr/~parat eine dunkelblaue, zarte Granulation. Diese KSrnelung erfiillt die Perikaryen in wechselndem Ausmal]. Manche Zellen werden auBerdem yon wenigen runden, optisch leeren Vakuolen durchsetzt. SchlieBlieh findet man Ganglienzellen, deren Perikaryon v611ig frei yon Neurosekret ist und eine leuehtend rot (Phloxin) ge- fiirbte Nissl-Substanz in seiner Peripherie ~ufweist. Die Ganglienzellen

Abb. 19. Neu rosek re tha l t i ge N e r v e n f a s e r v e r d i c k u n g (Hcr r ingkSrper ) im L/~ngsschnit t aus dcr N e u r o h y p o p h y s e y o n Didelphys virginiana. (Chronmlaunh / i l na toxy l in -Ph lox in -

f/~rbung, Vergr . 840fach.)

verhalten sich also im Prinzip genau so, wie es f/Jr andere Formen ohne Palisadenbildung seitens ihrer Endausbreitungen zur Genfige dar- getan wurde. Besonders intensiv gef/~rbt sind die das Kerngebiet durehsetzenden sekrethaltigen Nerven/asern (Abb. 20), die bei st/irkerem Kaliber den Faserendigungen der PMisadenzone beziiglich ihrer F/~r- bungsintensit/~ nicht naehstehen.

Aus den Beobaehtungen ergibt sich, dal3 elektiv f/~rbbares Neuro- sekret im Gesamtverlau] der neurosekretorisehen Zwisehenhirnneurone auftritt, ferner, dM] die Abgabestelle der Hormone in der Peripherie der Neurohypophysenl~ppehen eine besondere Bauweise, eben die Palisadenbildung aufweist. Der Schlul], die Palisadenregion sei auch der Hauptbildungsort yon Neurosekret, ist abgesehen yon allen experi- mentellen Erfahrungen an anderen Spezies nieht zwingend. W/~ren die Perikaryen nicht die Bildungsst/~tten des Neurosekrets, so w/ire nieht einzusehen, warum gerade sie sich durch einen so erhebliehen Weehset ihrer Zustandsbilder, ihres Gehaltes an Nissl-Substanz und spezifischer Granulation auszeiehnen, wie wir es fiir keine anderen

Page 22: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

268 W. BARo~A~N:

zentralnervSsen Neurone kennen. Gerade die bei Didelphys zu er- hebenden Befunde sprechen zugunsten der Auffassung, das Kerngebiet mit der augenf~lligen Morphokinese seiner Zellen sei der Stoffproduzent, das Endgebiet der Nervenfasern im Hinterlappen der Abgabeort.

Abb. 20. Ausschni t t aus dem Nucleus supraopticus yon Didelphys vlrginlana. Beachte die verschiedenen Zustandsbi lder der Ganglienzellen und die s tarke F a r b u n g der Zellfortshtze. (Chromalaunhii, matoxylin-Phloxinf~trbung, Vergr. 430fach.)

Zusammenfassung. 1. Die Untersuchung des Zwischenhirn-I-Iypophysensystems von Scylli-

orhinus canieulus und yon verschiedenen, bisher nicht beriicksichtigten Rochen (Ra]a, Dasyatis, Torpedo) ergibt eine innige Durchsetzung der Pars intermedia der Hypophyse mit neurosekretorischen Nervenfasern des Tractus praeoptico-hypophyseus. In Begleitung der Nervenfasern, die sich sowohl mit Chromalaunh~matoxylin als auch mit Fuchsin- Paraldehyd (GABn 1953) elektiv darstellen lassen, dringen Gliazellen und Glia/asern in das Epithel der Pars intermedia ein (s. aueh HORST- ~AS~ 1954). Eine organha/t klar abgrenzbare Pars nervosa der Hypo- physe liegt somit weder bei Haien noch bei Rochen vor.

~n den Pituicyten wurden weder mit der Chromalaunh~matoxylin- Phloxinfi~rbung noch der Fuchsin-Paraldehydf~rbung dem Neurosekret vergleichbare Einschliisse nachgewiesen. Eine Identit~t auch eines

Page 23: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem. 269

Teiles der Pituicyten mit HerringkSrpern besteht nicht. Die gegen- teiligen Angaben von van DE KAMER und V~RHAOE~ (1955) werden auf die Anwendung einer ungeeigneten Methode zuriickgefiihrt.

Den Besitz yon Kerneinschliissen teilen die Pituicyten (Ra]a cla- vata) mit der Hinterlappenglia yon Didelphys virginiana (s. S. 266) und vom Menschen (BARGMA~ 1942).

Es linden sich keine Anhaltspunkte dafiir, dab die sog. Herring- lcSrper degenerierte Ganglienzellen oder Reste von degenerierten Nerven- fasern darstellen, wie STSHR jr. (1955) meint. Die sog. HerringkSrper sind vielmehr neurosekrethaltige Anschwellungen markhaltiger Nerven- fasern des Tractus praeoptico-hypophyseus, deren Kontinuit~t nicht unterbrochen ist.

2. Die bisher nicht genauer untersuchten Ganglienzellen des Nucleus paraventricularis und supraopticus yon Cheloniern sind wie die ent- sprechenden Elemente von Vertretern anderer Wirbeltiergruppen neuro- sekretorisch t~tig. Ihre Sekretionsprodukte lassen sich gleichfalls mit Chromalaunhiimatoxylin elektiv hervorheben. Die von den Zellen des Nucleus paraventricularis ausgehenden marklosen, neurosekrethaltigen Nervenfasern erreichen zum kleineren Teil das Ventrikelependym. In der Hauptsache nehmen sie mit den Forts~tzen der Ganglienzellen des Nucleus supraopticus den Weg zur Neurohypophyse.

Die Ganglienzellen der genannten Kerne weisen verschiedene Bilder der Beladung mit Neurosekret auf. Die Angabe von DIEPEN (1955), die neurosekretorischen Ganglienzellen ,,der SchildkrSte" enthielten wenig Sekret, trifft fiir Testudo graeca, nicht aber fiir Emys europaea zu. Hier findet man teilweise massive Kolloideinschliisse in TrSpfchen- form. Aus diesem Grunde k5nnen die Verh~tltnisse bei ,,den" Schild- krSten nicht als Hinweis darauf dienen, dab die Neurosekretbildung an der Peripherie des Neurons erfolgt, wie SPATZ annimmt. Neben den mit Chromalaunh~imatoxylin f~rbbaren Einschliissen treten auch phloxino- phile Kolloidkiigelchen in den Ganglienzellen yon Emys auf.

Die ventrale Oberfl~che des In/undibulum bei den SchildkrStenarten wird von Kapillaren zerkliiftet, die aus der Meninx stammen. In diesem Bereich kommen zahlreiche neurosekretorische Fasern in Nach- barschaft der Blutgef~Be vor. Mit der MSglichkeit einer Stoffabgabe bereits an dieser Stelle ist zu rechnen. Dem zerkliifteten Abschnitt des Infundibulum legt sich die Pars in]undibularis der Adenohypo- physe an.

Auf dem Wege durch die Wandung des langgestreckten schlauch- artigen Infundibulum treten die neurosekretorischen Fasern in enge r~umliche Beziehung zu den Ependymzellen. Gelegentlich linden sich Neurosekretpartikel in der Ventrikellichtung.

Page 24: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

270 W. BA~GMA~N:

Der sog. Hinterlappen, eng mit der Pars intermedia verbunden, besteht bei Testudo graeca aus taschenart igen Aussackungen des Infundibulum, wi~hrend es bei Emys europaea zur Bildung eines lcompalcten, in Lgipp. chen gegliederten Organs gelcommen ist. Die Lgppchenzentren nehmen von E p e n d y m ausgekleidete, r fhrenar t ige For tse tzungen des Lumens des Infundibulum ein. Es sei dahingestellt, ob die unterschiedliche Ausbildung der Neurohypophyse yon Land- und Sumpfschi ldkrf te mit den Verschiedenheiten der Lebensweise beider Formen (Wasserhaushalt) in Zusammenhang steht.

3. Die Angaben von BODIA~ (1951) fiber die Architelctur der Neuro- hypophyse von Didelphys virginiana werden bestgtigt. Beim Opossum wird die schwach ausgebildete Pars intermedia durch Bindegewebe yon der Neurohypophyse geschieden. Nur an wenigen Stellen finder sich ein engerer K o n t a k t zwischen beiden Hypophysenante i len durch zapfenartige Einsenkungen der Pars intermedia. I n den Pituicyten, die vielfach groBe Kerneinschli~sse besitzen, wurde kein Neurosekret nachgewiesen. Die bei Didelphys stark ausgepr~gten Herringkgrper erweisen sich entgegen den Angaben yon ST6HR jr. (1955) eindeutig als Verdickungen yon diencephalen, die ihrer Kont inu i tg t nicht unter- brochenen Nervenfasern.

Da sowohl die neurosekretorisehen Ganglienzellen des Zwisehenhirns yon Didelphys als auch die teilweise starken Nervenfasern des Tractus supraoptico-hypophyseus - - diese sogar in besonderem M a B e - und die Palisaden im Endigungsgebiet der neurosekretorischen Bahn :Neuro- sekret enthalten, kann auch das Verhalten des neurosekretorischen Systems yon Didelphys nieht als Beispiel fiir eine Neurosekretbildung an der Peripherie des Neurons herangezogen werden.

Literatur. BA~GMA~N, W. : Uber Kernsekretion in der Neurohypophyse des Menschen.

Z. Zellforsch. 32, 394~400 (1942). - - Uber die neurosekretorische Verknfipfung yon Hypotbalamus und Neurohypophyse. Z. Zellforsch. 34, 610--634 (1949). - - Die elektive Darsteltung einer marklosen diencephalen Bahn. Mikroskopie (Wien) 5, 289--292 {1950). - - Uber das Zwischenhirn-Hypophysensystem yon Fischen. Z. Zellforsch. 88, 275~298 (1953). - - Das Zwischenhirn-Hypophysensystem. Berlin-G6ttingen-Heidelberg: Springer 1954. - - BARGMANN, W., u. K. JACOB: Uber Neurosekretion im Zwischenhirn der V6gel. Z. Zellforsch. 86, 556--562 (1952). - - BARRY, J.: L'Hydrenc6phalocrinie de substances neuro- et glios~- cr~toires. Biol. M~d. 44, 5--14 (1955). - - B O D I A N , D.: Nerve endings, neuro- secretory substance and lobular organization of the neurohypophysis. Bull. Johns Hopkins Hosp. 89, 354--376 (1951). - - C O L L n ~ , R. : Neuros~cr~tion hypothalamique et hydrene~phalographie. C. r. des Manifestations du Cinquantenaire de la Soc. de Biol. Nancy, p. 19--54 (1953). --DInPEN, R.: Vergleichend-anatomisehe Untersuchungen fiber das Hypophysen-Hypothalamus-System bei Amphibien

Page 25: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-HypophyEensystem. 271

und Reptilien. Verh. Anat. Ges., 50. Verslg Marburg. Anat. Anz., Erg.bd. 99, 79--89 (1952). - - Zur vergleichenden Anatomie des Hypophysen-Hypothalamus- Systems. In: Zentrale Steuerung der Sexualfunktionen. 1. Symposion der Dtsch. Ges. ffir Endokrinologie 1953. Berlin-GSttingen-Heidelberg: Springer 1955. - - DIEPE~, R., •. ENGELItARDT et V. SMITH-AGREDA: Sobre el lugar de la neuro- secrecion en el sistema supraoptico-hipofisario. An. de Anat. (Granada) 3, 83--90 (1954). - - EICH~E~, D.: Ober den morphologischen Ausdruck funktioneller Be- ziehungen zwischen Nebennierenrinde und neurosekretorischem Zwischenhirn- system der Ratte. Z. Zellforsch. 38, 488--508 (1953). - - GABE, M.: Sur quelques applications de la coloration par la fuchsine-parald~hyde. Bull. de Mierose. Appl. 3, 153--162 (1953). - - HA~ST~5~, B.: Einige Parallelen im Bau und in der Her- kunft der inkretorischen Organe der Arthropoden und der Vertebraten. Lunds Univ. Arsskr., N. F., Avd. 2 37, 1--19 (1941). The neurohypophysis in the series of mammals. Z. Zellforsch. 39, 241--259 (1953). - - HILD, W.: Experimentell- morphologische Untersuchungen fiber das Verhalten der ,,neurosekretorischen Bahn" nach Hypophysenstieldurehtrennungen, Eingriffen in den Wasserhaushalt und Belastung der Osmoregulation. Virchows Arch. 319, 526--546 (1951). - - Elaboration of so-called posterior lobe hormones in the hypothalamus. Biol. Bull. 105, 360--361 (1953). - - Das morphologische, kinetische und endokrino- logische Verhalten yon hypothalamischem und neurohypophys~rem Gewebe in vitro. Z. Zel[forsch. 40, 257--312 (1954). - - I"[ILD, W., u. G. ZETLER: Ober das Vorkommen der drei sog. ,,Hypophysenhinterlappenhormone" Adiuretin, Vaso- pressin und Oxytocin im Zwischenhirn als wahrscheinlichem Ausdruck einer neuro- sekretorischen Leistung der Ganglienzellen der Nuclei supraopticus und para- ventricularis. Experientia (Basel) 7, 189 (1951). - - Uber das Vorkommen des Hypophysenhinterlappenhormons im Zwischenhirn. Arch. exper. Path. u. Pharma- kol. 213, 139--153 (1951). - - HORSTMANbT, E.: Die Faserglia der Hypophysc und des Saccus vasculosus yon Torpedo. Z. Zellforsch. 40, 75--87 (1954). - - KOL- LEa, G.: Vergleichende Physiologic der Hormonwirkungen. In: Hormone und ihre Wirkungsweise. 5. Kolloquium der Ges. ffir Physiologische Chemic 1954. Berlin-GSttingen-Heidelberg: Springer 1955. - KRATZSCg, E.: Experimentell- morphologische Untersuchungen am Zwischenhirn-Hypophysensystem der Rat te bei Polyurie infolge Alloxanvergiftung (mit besonderer Berficksichtigung der Pituicyten). Z. Zellforsch. 36, 371--380 (1951). - - MAzzI, V. : Rapporti anatomici e funzionali fra ipotalamo e ipofisi. Attualits Zoologiche. Arch. Zool ital. Suppl. 8, 53--140 {1952). - - MELVILLE, E. V., and K. I-[AlOE: Antidiuretie material in the supraoptie nucleus. Endocrinology 36, 323--329 (1945). - - ORTMA~, R.: Uber experimentelle Ver~nderungen der Morphologie des Hypophysenzwischen- hirnsystems und die Beziehung der sog. ,,Gomorisubstanz" zum Adiuretin. Z. Zellforsch. 36, 92--190 (1951). - - P A L A r , S. L.: Neurosecretion. VII. The pre- optico-hypophysial pathway in fishes. J. Comp. Neur. 82, 129--143 (1943). - - P F L U G F E L D E R , O.: Entwicklungsphysiologie der Insekten. Leipzig: Geest & Portig 1952. - - SCH~RER, B. u. E. : Neurosekretion. In Handbuch der mikro- skopischen Anatomic des Menschen, Bd. VI/5. Berlin: Springer 1954. - - SCHAR- ~ER, E.: Das Hypophysen-Zwischenhirnsystem yon Scyllium stellare. Z. Zell- forseh. 37, 196--204 (1952). - - SFATZ, H.: Das Hypophysen-Hypothalamus- System in Hinsicht auf die zentrale Steuerung der Sexualfunktionen. In: Zentrale Steuerung der Sexualfunktionen. 1. Symposion der Dtsch. Ges. Endokrinologie 1953. Berlin-GSttingen-Heidelberg: Springer 1955. - - STSH~ jr., P~.: Studien zur Degeneration und Regeneration der vegetativen Nervengewebe an Hand eines Grenzstrangtumors. Z. Anat. l lS , 186--222 (1955). - - STUTI~SKr, F.: Sur

Page 26: Weitere Untersuchungen am neurosekretorischen Zwischenhirn-Hypophysensystem

272 W. BARGMAN-~: Untersuehungen am Zwischenhirn-Hypophysensystem.

l'origine dienc~phalique des hormones dites ,,posthypophysaires". C.r. Soe. Biol. 146, 1691 (1952). - - TRENDELENBURG, P. :Pharmacologie und Physiologie des Hypo- physenhinterlappens. Erg. Physiol. 25, 364 (1926). - - VOGT, M.: Vasopressin, anti- diuretic and oxytocic activities of extracts of the dogs'hypothalamus. Brit. J. Pharmaeoh 8, 193--196 (1953). - - WmOLESWORTH, V. B.: Hormones and the metamorphosis of insects. Endeavour 10, No 37 (1951). - - W I N G S T R A N D , K. G. : The structure and development of the avaian pituitary. Lund: L. W. K. Gleerup 1951. - - ZETLER, G.: ~Tber den ttormongehalt vom Hypophysenhinterlappen und vorderem ttypothalamus durstender Hunde. Arch. exper. Path. u. Phar- makol. 216, 193--195 (1952).

Prof. Dr. W. BARGMANN, Kiel, Anatomisches Institut, Neue Universit~t, Haus 30.