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Wenn es hart auf hart kommtWenn es hart auf hart kommt.
Empirische Befunde zur Strafverfolgung bei p g ghäuslicher Gewalt
Gastvortrag im SeminarGastvortrag im Seminar „Einführung in die Kriminologie – Schwerpunkt: Gewalt“
an der Hochschule für Angewandte Wissenschaft
Hamburg am 8. Juni 2009
Dr. Bettina Cummerow
Dr. Bettina Cummerow Hamburg, 08. Juni 2009Gastvortrag HAW
Kooperation gegen häusliche Gewalt
Akti l d B d i B kä f• Aktionsplan der Bundesregierung zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen (1999 und 2007) setzt auf Prävention durch eine zielgerichtete koordiniertePrävention durch eine zielgerichtete, koordinierte Zusammenarbeit aller Akteure vor Ort
• Krisenintervention durch Polizei und Implementierung• Krisenintervention durch Polizei und Implementierung verbesserter zivil- und familienrechtlicher Opferrechte durch Gewaltschutzgesetz (GewSchuG vom 01.01.2002)g ( )
Veränderte Kontrollstrategien in PräventionsnetzwerkenVeränderte Kontrollstrategien in Präventionsnetzwerken gegen häusliche Gewalt
Dr. Bettina Cummerow Hamburg, 08. Juni 2009Gastvortrag HAW
Beleuchtung des Dunkelfeldes
– Zunahme der registrierten häuslichen Konflikte bei gleichbleibend niedriger Anzahl der Fälle von
Polizeiliche Strafanzeigen
bei gleichbleibend niedriger Anzahl der Fälle von Gewalt
700
800
900
Geschäftsanweisung GenStA 2000 (KIK „Runder-Tisch-Beschluss“)
Polizeiliche StrafanzeigenImmerhin 2/3 der Strafanzeigen fallen nicht unter
400
500
600fallen nicht unter strafrechtlich relevante Tatbestände
100
200
300
Tatbestände
1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004polizeilich als "Streit" u.a. gekennzeichnet
(vordeliktisch)* 0 0 0 461 544 558 489 439
polizeilich registrierte hG-Fälle 264 335 288 235 302 300 259 295
0
Dr. Bettina Cummerow Hamburg, 08. Juni 2009Gastvortrag HAW
Verschiebungen bei strafrechtlichen Reaktionen
Strafverfolgung häuslicher Gewalt 1997 bis 2004
(Verfahrenszählung Hauptverfahrensklasse "GF" mit Tatort Kiel)
400
450
500KiK-Schleswig-HolsteinPilotphase Kieler IK Umstrukturierung..
250
300
350
100
150
200
0
50
Einstellungen (StA) ohne Intervention 219 222 162 84 74 211 164 3811997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004
g ( )Informelle Intervention (im Ermittlungsverf.eingest.nach §153a StPO)
10 0 8 3 2 3 29 24
Anklage im Hauptverfahren (Strafrichter) 75 113 17 12 10 15 18 19
Strafbefehle (Geldstrafe) (StA) 13 29 8 12 13 35 340
Dr. Bettina Cummerow Hamburg, 08. Juni 2009Gastvortrag HAWQuelle: Auszüge der Statistik der Entscheidungen am Landgericht Kiel (MESTA); eigene Berechnungen
Effektive Kontrolle schwer wiegender Gewalt
Verfolgte Straftatbestände (% von n=104)
3,84,8
Sachbeschädigung(einschl. Hfrb.)
Beleidigung
g ( )
1 03,87,7 Beleidigung
Bedrohung
Körperverletzung
1,0
gefährlicheKörperverletzung
82,7
Dr. Bettina Cummerow Hamburg, 08. Juni 2009Gastvortrag HAW
Geringere Selektivität bei häuslicher Gewalt …
N=104 Offences of Domestic Violence
Beschuldigte (repräsentative Stichprobe n=104 Strafverfahren)
45 interventionslose45 interventionsloseEinstellungen durch die Staatsanwaltschaft imErmittlungsverfahren(43,3% von n=104)
Angeschuldigte 59
(56,7% von n=104)
18 Diversionsentscheidungen: Einstellungen gem. §§ 153a Abs. 1 und 153b Abs. 1 StPO (30,5% von n=59)
davon Verurteilte 40
(67,8% von n=59)
davon Freiheitsstrafe 8
(20,0% von n=40)
davon Freiheitsstrafeohne Bewährung 3 (37,5% von n=8)
Dr. Bettina Cummerow Hamburg, 08. Juni 2009Gastvortrag HAW
… im Vergleich zur allgemeinen Körperverletzung
Dr. Bettina Cummerow Hamburg, 08. Juni 2009Gastvortrag HAW
Ergebnisse
• Halb so viele (interventionslose) Einstellungen in Strafverfahren wegen häuslicher Gewalt im Vergleich zu Körperverletzungsdelikten nachhäuslicher Gewalt im Vergleich zu Körperverletzungsdelikten nach dem Allgemeinen Strafrecht
V t il hä li h G lt d lt h h i b i KV• Verurteilungen wegen häuslicher Gewalt doppelt so hoch wie bei KV bzw. vierfach so hoch wie bei schwerer KV (ein Fünftel vs. zwei Fünftel /bzw ein Zehntel)/bzw. ein Zehntel)
• Geringere Selektivität der Strafverfolgung bei häuslicher Gewalt ist besonders bemerkenswert:besonders bemerkenswert:
– Eine enge Täter-Opfer-Beziehung steht einer Verurteilung eher entgegen, wenn man nach Kilching (1995) davon ausgeht, dass für die Geschädigten kein Interesse mehr an einer weiteren Strafverfolgung besteht, wenn nicht erwartet wird, dass sich durch ein Strafverfahren die Gewalt verringert oder sie im Zuge (polizeilicher) Intervention bereits gestoppt ist
Dr. Bettina Cummerow Hamburg, 08. Juni 2009Gastvortrag HAW
Zusammenfassung der Ergebnisseg g
• Härtere Sanktionierung eines kleinen, aber harten Kerns einschlägig vorbestrafter gewaltbereiter Intensivtäter“einschlägig vorbestrafter, gewaltbereiter „Intensivtäter
• Pro-aktives Handeln der Strafgerichtsbarkeit empirisch nicht nachvollziehbarnicht nachvollziehbar
Optimierungsbedarf: Routinen der Strafgerichtsbarkeit laufen nicht vernetzt mit zivilrechtlichen Verfahren
Dr. Bettina Cummerow Hamburg, 08. Juni 2009Gastvortrag HAW
Täterorientierte Spezialprävention
Erwünschte Verhaltensänderung durch AAT –Ablehnung TOA als Konfliktlösungsstrategie“
p p
Ablehnung TOA als „KonfliktlösungsstrategieKrisenintervention i.S. der Strafverfolgung
Intervention durch Polizei (Platzverweis Gewahrsam) 69Intervention durch Polizei (Platzverweis, Gewahrsam) 69TOA durch Gerichtshilfe 13
Bedeutung anderer Konfliktlösungsstrategien
Verfahren beim Zivilgericht § 1 GewSchuG("Schutzantrag") 37Verfahren beim Zivilgericht § 2 GewSchuG("Wohnungsüberlassung") 50
Anmeldungen zum sozialen Trainingskurs (AAT –„Packhaus“) 28„ )Beratung wg. Wegweisungen (Fachanwältin in Koop. mit Frauenhaus "Lerche") 36
Dr. Bettina Cummerow Hamburg, 08. Juni 2009Gastvortrag HAW
Gender Mainstreamingg
• Umsetzung frauenpolitischer Forderungen (Aktionsplan der Bundesregierung GewSchuG)der Bundesregierung, GewSchuG)
• Eine Moralisierung des Strafrechts hingegen hat sich nicht durchgesetztdurchgesetzt
Positive Diskriminierung bei der Kontrolle häuslicher Gewalt
Dr. Bettina Cummerow Hamburg, 08. Juni 2009Gastvortrag HAW
Literatur- und QuellenverzeichnisBundeskriminalamt (Hg.) (2006): Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) 2006 (http://bka.de Stichwort: Berichte und Statistiken: Kriminalstatistik)
Bundesministerium des Innern (Hg.) (2006): Zweiter Periodischer Sicherheitsbericht (2.PSB), (http://www.bmi.bund.de)
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Internetportal „Gleichstellung“: Frauen vor Gewalt schützen. [Zugriff: 21.11.2007] http://www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/Politikbereiche/Gleichstellung/frauen-vor-gewalt-schuetzen.html
Cummerow, Bettina (2008): „Strafverfolgung bei häuslicher Gewalt. Eine empirische Untersuchung der strafrechtlichen Reaktionen auf häusliche Gewalt am Beispiel von KIK in Kiel“, elektronisches Dissertationsverzeichnis der Universität Kiel MACAU
Cummerow Bettina / Frommel Monika (2005): Wirkungsweisen von KIK in Kiel 1997 bis 2005 Abrufbar unter: http://www kik sh uni kiel deCummerow, Bettina / Frommel, Monika (2005): Wirkungsweisen von KIK in Kiel 1997 bis 2005. Abrufbar unter: http://www.kik-sh.uni-kiel.de
Frommel, Monika (2002): Zähne zeigen. In: Bewährungshilfe. Zeitschrift für Soziales, Strafrecht, Kriminalpolitik, Heft 2, S. 164 – 171
Gesetz zur Verbesserung des zivilrechtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei Trennung vom 11. Dezember 2001 (Gewaltschutzgesetz – GewSchG; BGBI.I S. 3513); abrufbar über die Website der jurisGmbH: http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/gewschg/gesamt.pdf
Marth, Dörthe (1999): Kein Mann hat das Recht, eine Frau zu schlagen. Abschlussbericht des Kieler Interventionskonzept, KIK Schleswig-Holstein (Hg.): Das Kieler Interventionskonzept (KIK) bei Gewalt gegen Frauen. Berlin.
Müller, Ursula / Schröttle, Monika (2004): Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland. Eine repräsentative Unter-suchung zu Gewalt gegen Frauen. Bundesministerium für Familie, Senioren Frauen und Jugend (Hg ); (http://www bmbfsfj de/ Stich-Senioren, Frauen und Jugend (Hg.); (http://www.bmbfsfj.de/, Stichwort: Gleichstellung: Publikationen)
Rex, Erhard (2001): Männergewalt in der Familie – Gewalt in der Gesellschaft. http://www.kik-sh.uni-kiel.de/ ; Stichwort: „strafrechtliche Reaktionen“
Rupp, Marina (Hg.) (2005): Rechtstatsächliche Untersuchung zum Gewaltschutzgesetz. Begleitforschung zum Gesetz zur Verbesserung d i il htli h S h t b i G ltt t d N h t ll ides zivilrechtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei Trennung, Bonn.
Zimmermann, Siegfried / Hinz, Walter, Frommel, Monika / Eggerding, Klaus / Dubberke, Martin / David, Klaus-Peter, 2001: Täterarbeit. Programm zur Arbeit mit gewalttätigen Männern, Berlin.
Dr. Bettina Cummerow Hamburg, 08. Juni 2009Gastvortrag HAW