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Wie aussichtsreich ist die Suche nach Gamma-Pulsaren?

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--N ttur _ , , ,

W l s s e n s c n a l t e n

Wie aussichtsreich ist die Suche nach Gamma-Pulsaren ?

V. Sch6nfelder

Max-Planck-Institut ffir Physik und Astrophysik, Institut fiir extraterrestrische Physik, D-8046 Garching

Radiopulsars are rotating neutron stars. At present more than 330 of these objects are known. From two of them (Crab and Vela) pulsed emission has been observed at ~ energies, too. Because both of these pulsars have their maximum of lumi- nosity at 7-ray energies and not in the radio range, it is supposed that the key for an understanding of the pulsar pheno- menon will be found in the 7-ray range. In spite of intensive searches in the 7-ray range no further pulsars have been found yet. Indeed, theoretical estimates on the 7- ray luminosity indicate that only the next generation of 7-ray telescopes will be suf- ficiently sensitive to see more of them.

R adiopulsare geh6ren zu den interessan- testen und aufregendsten Objekten am Himmel. Das liegt daran, dab wir durch

sie physikalische Prozesse studieren kannen, die unter extremsten Bedingungen ablaufen. Es gilt heute als gesichert, dab sich hinter einem Ra- diopulsar ein rotierender Neutronenstern ver- birgt. Die beobachtete Strahlung wird in seiner Magnetosph~ire im wesentlichen durch Wechsel- wirkungen yon hochenergetischen Elektronen mit unvorstellbar starken elektrischen und ma- gnetischen Feldern erzeugt. Unser Wissen fiber Radiopulsare stammt gr~SBtenteils aus radio- astronomischen Beobachtungen - daher auch ihr Name. Bis heute kennen wir fiber 330 Radiopulsare [1]. Obwohl Radiopulsare schon sehr bald nach ihrer Entdeckung im Jahre 1967 als aus- sichtsreiche Objekte der Gammaastronomie an- gesehen wurden, sind bisher erst zwei yon ihnen im gepulsten Gammalicht gesehen worden, und zwar die Pulsare im Krebsnebel (PSR 0532 +21) und im Vela-Supernovarest (PSR 0833 -45). Interessanterweise haben beide Pulsare ihr Luminosit~itsmaximum im Gammabereich. Das ist sehr deutlich in Fig. 1 zu sehen. Dort ist ftir beide Pulsare das Energiespektrum vom Ra- dio- bis zum Gammabereich skizziert. Die Ordi- nate ist der pro Dekade ausgestrahlten Lumino- sit,it direkt proportional. Die Luminosit~it im Gammabereich ist ffir beide Pulsare etwa ffinf bis sechs Zehnerpotenzen gr/513er als im Radio- bereich, in dem sie entdeckt wurden. Dies hat schon seit einiger Zeit die Vermutung nahege- legt, dab der Schlfissel zum Verst~indnis von Radiopulsaren letzten Endes im Gammabereich

-7

'E -10

-13

-1,5

-9 -6 I I I I I I

. . . . C rab -PuLsa r - - V e t a - P u l s a r

\ \ \

log hv [ keV ]

-3 0 3 6 I [ I I I I I I I I I i

/ / T T-V T

I I I I I I I I I I I I l I I I I 10 13 16 19 22

log v [Hz]

9 I I I

3

o~

-3 z

I I I - 9 25 28

Fig. 1. Energiespektren des Krebs- und des Velapulsars vom Radio- bis zum Gammabereich [2, 3]. Die Ordinate ist ein Mal3 ftir die pro Dekade ausgestrahlte Energie/s. Beide Pulsare haben ihr Luminosit~itsmaximum im Gam- mabereich

Naturwissenschaften 72, 133-138 (1985) �9 Springer-Verlag 1985 133

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liegt. Insofern ist auch verst~indlich, dal3 sehr intensiv nach Gamma-Emission weiterer Radio- pulsare gesucht wurde.

Bisherige Pulsar-Suchprogramme

In den letzten ein bis zwei Jahren wurden die Ergebnisse von vier verschiedenen Suchpro- grammen nach gepulster Gammastrahlung be- kannter Radiopulsare ver6ffentlicht. Die be- nutzten Gammastrahlenteleskope waren COS- B, SAS-2, HEAO-A4 und das ballongetragene Compton-Teleskop des Max-Planck-Instituts ffir extraterrestrische Physik. Der insgesamt iiberdeckte Energiebereich reichte von 1 MeV bis 2 GeV. Leider wurde in keinem Fall ein weiterer Gammapulsar gefunden. Es konnten nur obere Grenzen fiir den gepulsten Gamma- flul3 angegeben werden (s. Tabelle 1). Will man diese Flul3grenzen in Luminosit/itsgrenzen um- wandeln, so mug man einerseits den Abstand des Pulsars kennen, andererseits Annahmen fiber die Strahlungsgeometrie machen. Es ist fiblich, von einem Pulsprofil auszugehen, wie es bei Krebs- und Velapulsar im Gammabereich beobachtet wird, also von zwei Intensit~itsmaxi- ma innerhalb der Pulsperiode yon 33 ms (Krebs) bzw. 89 ms (Vela). Das Pulsprofil des Krebspulsars im Gammabereich ist in Fig. 2 dargestellt. Man kann es sich entstanden den- ken durch das periodische Auftreffen von zwei konischen Strahlungsbfindeln auf den Beobach- ter (wie beim Lichtkegel eines Leuchtturms). Wenn Nma x die obere Grenze des fiber die Puls- periode ge_mittelten gepulsten Flusses (s. Tabel- le 1) und E~ die mittlere Gammaenergie ist, so erh~ilt man fiir die Luminosit~itsgrenze:

(1)

Dabei ist d der Pulsarabstand und AO=2rc(1 - c o s rc/~) der Raumwinkel des Strahlkegels (2rc/~

Tabelle 1. Pulsarsuchprogramme

Gamma- Energie- Zahl obere Ref. teleskop bereich studierter Flul3grenze

[-MeV] Pulsare [cm- 2 s- lj

COS-B 50-2000 140 ~ 10 . 6 [4] SAS-2 >35 43 ~ 2 " 10 . 6 [5] HEAO l-A4 1-11 6 10 -2 [-6] MPI-Compton- 1-20 24 4' 10 -'~ [-7] teleskop

Gamma >200HEY

50-200HeV

1-20HEY

Fig. 2. Pulsprofil des Krebspulsars im Gammastrahlenbe- reich [8, 91. Die gemessene Gammaintensit~it (Ordinate) ist als Funktion der Pulsarphase (Abszisse) dargestellt

sei der volle Offnungswinkel eines Strahles). Der Ausdruck Af2/fl wird gew6hnlich Pulsar- geometriefaktor genannt. Er wurde in den vier Pulsarsuchprogrammen unterschiedlich ange- nommen und lag zwischen 1 und 2,3 ster. Es gilt heute als gesichert, dab sich hinter einem Radiopulsar ein rotierender Neutronenstern verbirgt, der die Pulsarstrahlung aus seinem Reservoir an Rotationsenergie erzeugt. Insofern ist es physikalisch interessant, die Pulsarlumi- nosit~it in Einheiten des Rotationsenergieverlu- stes anzugeben. Der Rotationsenergieverlust ist gegeben durch

dE 4re 2 0/5 ---=dr O w # = p3 , (2)

wobei P die Periode,/5 = dP/dt die zeitliche An- derung der Periode P und O das Tr/igheitsmo- ment des Neutronensternes ist, das im folgen- den einheitlich zu O=1045 gcm 2 angesetzt wird. Der Wirkungsgrad fiir die Umwandlung von Rotationsenergieverlust in Gammastrahlen-Lu- minosit~it wird definiert durch:

L 7 (3)

In Fig. 3 sind die t/7-Werte des Krebs- und des Velapulsars sowie die r/~-Grenzen der fibrigen Pulsare als Funktion des scheinbaren Pulsaral- ters r =0,5 P//5 aufgetragen. Um die Ergebnisse der vier Suchprogramme auf einem einzigen Diagramm darstellen zu k6nnen, sind alle t/v- Werte bzw. -Grenzen auf den q~-Wert des Krebspulsars normiert. Versucht man, an die t/~-Werte des Krebs- und des Velapulsars einen linearen Fit anzulegen (t/~ ~ r), so liegen fast alle

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Crab Veta 07/+0-28 1055-52 1929+10 0950+08

1o, i I I I i . . . . . . . ' . . . . . . 2' C05-B 50 MeV-2 fieV 16t+ -

sAs-2 >3s M0v ~ / (~ MPI-EompI'-TeIescope: 1,1-20 MeV / ~ " T

10s I HEAO-I : 1-11 MeV

102

10 ~ / ~r of Crab-p~L~ar /V EOS-B ~-. 10 -4

SAS-2 7,5.10 s HPI 2-10 "~" HEAO-1 1.10 -~"

1 #"~ i = I t = = I t = t I i t I =

10 3 10 ~ 10 s 10 6 10 ?

"r = 1/2 P I P Ea~

Fig. 3. Der Wirkungsgrad eines Pulsars fiir die Umwand- lung von Rotationsenergieverlust in Gammaluminosit~it ist als Funktion des scheinbaren Pulsaralters z=0,5 P/P auf- getragen. Nur fiir 2 Pulsare (Krebs- und Velapulsar) ist ein echter Wert ~ aus den Megdaten ableitbar. Fiir alle ande- ren Radiopulsare kann man bisher nut twGrenzen ange- ben. Alle tMWerte bzw. -Grenzen sind auf den tMWert des Krebsnebels normiert

t/7-Grenzen der tibrigen Pulsare weit oberhalb dieser Geraden. In Fig. 3 sind daher auch nur die signifikantesten Grenzen eingezeichnet, die in N~ihe der Fit-Geraden liegen. Es gibt fiber- haupt nur zwei Pulsare, deren t/7-Grenzen deut- lich unterhalb der Geraden liegen, n~imlich PSR 1929+10 und PSR 0950+08. Beide Pulsare sind ~ilter als 106 Jahre. Im folgenden soll die Bedeutung dieser ~/7- Grenzen diskutiert werden. Welche t/<Werte wfirde man theoretisch von den Radiopulsaren erwarten? Ist eine lineare Beziehung r/7 ~ r - wie in Fig. 3 versuchsweise angenommen - zu ver- stehen? Ist es verwunderlich, dab kein weiterer Radiopulsar im gepulsten Gammalicht gesehen wurde?

Gammaluminositiit von Radiopulsaren

Die zu erwartende Gammaluminosit~it eines Pulsars h~ingt entscheidend vom Pulsarmodell ab. Ein allgemein akzeptiertes Modell gibt es bis heute nicht. Grundlage ffir die am h~iufig- sten diskutierten Modelle zur Erkliirung der Gammaemission von Pulsaren ist die Vorstel- lung, dab Elektronen durch elektrische Felder beschleunigt werden, die durch die Rotation des

LIGHT [YLINB~I ~

I - +

suRFAcE

Fig. 4. Magnetosph~ire eines rotierenden Neutronensternes ftir den Fall paralleler Spin- und Magnetfeldachsen (nach [10]). Innerhalb des Lichtzylinders nehmen die Magnet- feldlinien an der Rotation des Neutronensternes teil, au- 6erhalb k6nnen sie der Rotation nicht folgen; sie reil3en ab und bilden die sog. offenen Magnetfeldlinien. Der Win- kel 0 definiert die Polkappe des Neutronensternes, aus dem die offenen Magnetfeldlinien heraustreten

Neutronensternes in seinem eigenen Magnetfeld induziert werden. Dabei miissen sich die Elek- tronen entlang der sogenannten offenen Ma- gnetfeldlinien bewegen, die aus den magnetischen Polkappen des Neutronensternes austreten - wie in Fig. 4 skizziert. Wo genau die Beschleu- nigung der Elektronen stattfindet, ist ungewil3. Manche Theorien legen sie unmittelbar fiber die magnetischen Polkappen. Dort soll sich in der Pulsar-Magnetosph~ire ein Vakuumspalt bilden [11]. Andere Theorien verlegen die Beschleuni- gung welter nach au6en bis in die N~ihe des Lichtzylinders. Ein m6glicher solcher Ort ist in Fig. 4 z.B. der Schnittpunkt der gestrichelten Linie mit den offenen Magnetfeldlinien. An der Schnittstelle stehen die Magnetfeldlinien und die Spinachse senkrecht aufeinander, und daher ist die Raumladung dort Null. Nach Cheng und Ruderman [12] sollte sich um diese Nullinie herum ebenfalls ein Vakuumspalt bilden. Die Bildung eines Vakuumspaltes ist insofern wich- tig, als das induzierte elektrische Feld in ihm eine Komponente in der Richtung des Magnet- feldes hat, so dab in dem Spalt die Beschleuni- gung stattfinden kann. In beiden F~illen ist der Energiegewinn, den die Elektronen pro Sekunde erhalten,

L e = E o n o ~ r 2. c. (4)

Dabei ist no die Anzahl Teilchen pro cm 3 di- rekt fiber der Polkappe (bzw. fiber dem Polkap- penspalt), rp der Radius der Polkappe. Dem-

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nach ist norcr2c die Anzahl Teilchen, die pro Sekunde aus dem Gebiet der Polkappe heraus entlang der offenen Magnetfeldlinien laufen und dabei die Energie Eo erhalten. Die maximal miSgliche Beschleunigungsspan- nung fiir ein Elektron tiber der Polkappe ist [-10] :

Umax = 6,6 �9 1 0 1 2 ~ I-V], (5) s e c

wobei B12 in Einheiten yon 1012 Gaug zu mes- sen ist. Bereits vor Erreichen dieser maximalen Spannung kommt es jedoch zu einem Kurz- schluI3, der die Spannung und damit die Be- schleunigungsenergie E 0 am Spalt begrenzt. Der Kurzschlul3 entsteht dadurch, dab sich in dem starken Neutronenstern-Magnetfeld durch wiederholte Kriimmungsstrahlungs-, Synchro- tronstrahlungs- und Paarbildungsprozesse eine Kaskade von Elektronen, Positronen und Gam- maquanten bildet. Die Kaskade entsteht, wenn die hochenergetischen Elektronen durch Wech- selwirkung mit dem Magnetfeld zun~ichst hoch- energetische Gammaquanten erzeugen. Diese wandeln sich in dem starken Magneffeld, das in Niihe der Sternoberfl/iche herrscht, sofort in Elektron-Positron-Paare um, die dann wieder- um neue (etwas niederenergetischere) Gamma- quanten erzeugen k6nnen. (Im Gegensatz zur Paarerzeugung in Materie tibernehmen bei der Paarbildung in Magnetfeldern nicht Atomkerne, sondern die Magnetfeldlinien die notwendige Impulstibertragung. Paarerzeugung an Magnet- feldern ist m6glich, wenn E~>2moc2"4,4 �9 1013 Gaul3/B• Die erreichte Grenzspannung, ober- halb der es zum Kurzschlui3 kommt, ist in er- ster Niiherung unabhiingig v o n d e r Magnetfeld- stiirke und der Periode des Pulsars [,13]. Wir setzen daher E0=konstant . Die Energie der Kaskadenteilchen und -photonen liegt im GeV- Bereich und reicht bis zu MeV-Energien. Da die Erzeugung der Gammaquanten unmittelbar mit dem Beschleunigungsprozel3 der Elektronen verkniipft ist, braucht es nicht zu verwundern, wenn das Luminosit~itsmaximum der Pulsare im Gamma-Bereich liegt. Unter Beriicksichtigung von [,10]

Bo Bo no = - - (6)

ecP P

2rc2R 3 A ~ r 2 - cP P (7)

Eo = konst. (8)

erh~ilt man aus G1. (4):

Bo L e ~ p ~ . (9)

Die Gammastrahlung, fiir die wir uns hier in- teressieren, wird als Krtimmungs- und Synchro- tronstrahlung der Kaskadenteilchen erzeugt. Geht man davon aus, dab letzten Endes entwe- der die gesamte zur Beschleunigung der Elek- tronen aufgewandte Energie oder zumindest ein konstanter Bruchteil dieser Energie in Gam- mastrahlung umgewandelt wird, so gilt analog

L 7 ~ Bo/P 2. (10)

Von dieser einfachen Beziehung wird im folgen- den ausgegangen. Nimmt man als starke Vereinfachung zun/ichst an, dab alle Pulsare ein gleich grol3es Magnet- feld haben (Bo=konst), so erhiilt man ftir den Wirkungsgrad aus G1. (2), (3) und (10):

L~ P (11)

also die in Fig. 3 versuchsweise angesetzte linea- re Beziehung zwischen r/~ und r. Die Annahme einer ftir alle Pulsare konstanten Magnetfeldstiirke ist sicher eine zu starke Ver- einfachung. Realistischer ist es, davon auszuge- hen, dab der Energieverlust des Neutronen- sterns im wesentlichen durch die abgestrahlte Dipolstrahlung bestimmt ist, also

32 z~ 4 m 2 sine c~ /~ - 3 c 3 p4 , (12)

wobei m=Bo R3 das Dipolmoment und ~ der Winkel zwischen Magnet- und Spinachse ist. Durch Gleichsetzen mit G1. (2) erh~ilt man ffir den Fall c~ = 90 ~ :

Bo-1/P/5, (13) und damit aus G1. (10)

/51/2 L~-~gT~=z-1/Z P - t , (14)

t/,~ = ~ ~ rl/2P. (15)

)kltere Pulsare sollten demnach eine geringere Gammaluminositiit, jedoch einen h6heren Um- wandlungsgrad q~ haben.

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Crab Veta 0740-2B I055-52 1929§ 0950§

10' , , ,~ , , I { , , ,~ I ' '~I ' I '

EOS-8 50 HeV - 2 GeV 16/+2-03

SAS-2 >35 HeY

<~ HPI-Compf-Tetescope: 1,1-20 HeM

103 ~ HEAO-1 1 - 11 HeY

102

101

~ S J l ~ ~ r / P ~ r1/2

1 I t i I J i i I i t i I i i i I i 103 10 ~ 105 106 107

r = 1/z P / P Ea] =

Fig. 5. Gleiche Darstellung wie Fig. 3. Auf der Ordinate ist jedoch nicht i/?, sondern tl~/P aufgetragen. Die Gerade kennzeichnet die theoretisch erwartete Abh~ingigkeit

In Fig. 5 sind die gleichen Ergebnisse wie in Fig. 3 dargestellt, diesmal ist jedoch auf der Or- dinate nicht r/,~, sondern rl~/P aufgetragen. Die nach Gl.(15) erwartete theoretische Abh~ingig- keit rl,/P~]~ ist als Gerade eingezeichnet. Will man die gemessenen r/~-Werte bzw. -Grenzen mit der theoretisch erwarteten Geraden verglei- chen, so mug man beriicksichtigen, dab es we- gen unterschiedlicher Pulsgeometrien und Tr~ig- heitsmomente der Pulsare zu Streuungen um die Gerade kommen mug. Da nur zwei Pulsare, PSR 1929+10 und PSR 0950+08, unterhalb der theoretischen Geraden liegen - und das auch nur um einen Faktor 2 bis 3 -, braucht es nicht zu verwundern, dab bei den vier Suchpro- grammen kein weiterer Pulsar gefunden wurde. Falls die Beziehung rl~/P ~1~ allgemein Gtiltig- keit hat, waren die 4 Teleskope einfach nicht empfindlich genug. DaB bei den beiden Pulsa- ren PSR 1929+10 und PSR 0950+08 kein po- sitiver Nachweis gelang, kann an den erw~ihn- ten Streuungen liegen. Es kann aber auch sein, dab die Beziehung I%/P,,~]/~, die ffir Krebs- und Velapulsar noch einigermagen stimmt, ffir sehr alte Pulsare etwa oberhalb 106 Jahre ihre Gtiltigkeit verliert. Sp~itestens dann, wenn ,/~ sich dem Wert 1 n~ihert, mug die Gtiltigkeit aufh6ren. In Fig. 3 ist das bei etwa -c= 107 Jah- r ender Fall.

Ausblick

Da die Empfindlichkeit der heute existierenden Gamma-Teleskope offensichtlich nicht ausreich- te, weitere Pulsare im Gammalicht nachzuwei- sen, ist es interessant abzusch~itzen, wieviele Pulsare man mit der n~ichsten Generation von Teleskopen sehen wird. Fiir die Absch~it- zung gehen wit davon aus, dab die Gammalu- minositS:t durch G1. (14) beschrieben wird. Durch Normierung auf die Luminosit~it des Krebspulsars erhalten wir

gT=g./,Krebs ()'3"!03j)1/2(0'~3). (16)

Mit der schon anfangs gewonnenen Beziehung (1) fiber die Luminosit~itsgrenze kann man sich einen maximalen Abstand dmax ausrechnen, in dem ein Pulsar mit bekannten P- und r-Werten noch gesehen werden kann:

dmax= ( g y ) 1 / 2

2 Af2 ' Xma fi

(17)

wobei ffir L 7 die Beziehung (16) einzusetzen ist. Die empfindlichsten derzeit im Bau befindlichen Gammateleskope sind COMPTEL [14] und EGRET [15]. Beide werden an Bord des Gam- ma Ray Observatory GRO der NASA Ende der achtziger Jahre gestartet werden. COMP- TEL mil3t im Energiebereich 1 bis 30 MeV, EGRET von 20 MeV bis 20 GeV. Beide Tele- skope werden unter mal3geblicher deutscher Be- teiligung gebaut. Setzt man die Nachweisgren- zen dieser beiden Teleskope fiir den gepulsten Gammaflul3 Nmax in G1. (17) ein, so sollte von den 291 Radiopulsaren des Manchester- und Taylor-Katalogs [1], ftir die P- und -c-Werte bekannt sind, COMPTEL9 und EGRET 15 se- hen. In allen anderen F~illen ist der nach G1. (17) berechnete maximale Abstand dmax kleiner als der tats~ichliche Abstand des betreffenden Pul- sars. Die 15 Pulsare sind in Tabelle 2 aufgeli- stet. Ftir 5 der 15 Pulsare ist das Alter kleiner als 10 6 Jahre, ftir die fibrigen ist es gr66er. Es dfirfte sich daher auch feststellen lassen, ob die Beziehung ~?,/P~]/T generell oder nur bis zu einem bestimmten Grenzalter gilt. Andererseits macht die kleine Zahl 15 von nahezu 300 Kandidaten - sehr deutlich, wie schwierig der Nachweis gepulster Gammastrah-

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Tabelle 2. Aussichtsreichste Radiopulsare fiir GRO-Gam- ma-Teleskope (geordnet nach Pulsaralter)

Pulsar P [ms] log ~ [Jahre] d [pars] Teleskop

1916+ 14 1181 4,95 760 E 0740-28 167 5,20 1500 E,C 1001-47 307 5,34 1600 E 1822 - 0 9 769 5,37 560 E, C 1055 - 52 197 5,73 920 E, C

1702 18 299 6,06 740 E 0905 - 51 254 6,34 860 E 0450 + 55 341 6,36 450 E, C 1929 § 10 226 6,49 80 E,C 0656 + 14 385 6,58 400 E, C 1133 + 16 1188 6,70 150 E, C 0906 - 1 7 402 6,98 510 E 0950 +08 253 7,24 90 E,C 1604-00 422 7,34 360 E 1451-68 263 7,63 230 E,C

lung weiterer Radiopulsare selbst mit den emp- findlichsten Teleskopen sein wird. Obwohl wir das Luminosit~itsmaximum im Gammabereich vermuten, ist die Anzahl der ausgesandten Gamma-Quanten wegen der enorm grogen Energie, die jedes einzelne Photon mit sich tr/igt, doch aul3erordentlich niedrig: Ein einzi- ges Gamma-Quant der Energie 1 GeV hat etwa die gleiche Energie wie 1015 Radiophotonen im GHz-Bereich. Zur Veranschaulichung: Der ge-

putste Gammaflul3 des Krebspulsars ist so nied- rig, dab das COS-B-Experiment nur alle 3 Stun- den ein gepulstes Gammaquant von diesem Pulsar gemessen hat. Wenn es trotz dieser nied- rigen Fliisse gelingt, einige weitere Pulsare im Gammalicht nachzuweisen, wiirde uns das im Verst~indnis des Pulsarmechanismus wahr- scheinlich ein betriichtliches Stfick weiter- bringen.

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Eingegangen am 6. November 1984

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