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Wie lange sind Stimmungs- schwankungen noch normal? Andreas Reif AG Bipolare Erkrankungen Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie

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Wie lange sind Stimmungs-

schwankungen noch normal?

Andreas ReifAG Bipolare Erkrankungen

Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie

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Alles Psycho oder was?Alles Psycho oder was?

Psychiater (von „psyche“ = „Seele“ und „iatros“ = Arzt) = Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie; Psychiatrie ist die medizinische Teildisziplin, die sich mit der Diagnostik und Behandlung seelischer Erkrankungen befasst.

Psychologe: hat Psychologie (empirische Wissenschaft zur Beschreibung, Erklärung und Vorhersage des Erlebens und Ver-haltens des Menschen) studiert

Psychotherapeut = jeder, der Psychotherapie ausübt: Psychologe mit klinischer Ausbildung oder Psychiater oder Mediziner mit Zusatzausbildung oder Heilpraktiker…

Psychoanalyse: naturwissenschaftlich nicht belegtes Psychotherapieverfahren, durch S. Freud begründet und i.W. auf dessen Theorien gründend

Psychosomatik: die medizinische Disziplin, die sich mit den Wechselbeziehungen zwischen seelischen, körperlichen und sozialen Vorgängen befasst

Amor und Psyche, A. Canova (1793)

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Komponisten:

Kurt Cobain

Robert Schumann

Schriftsteller:

Ernest Hemingway

Virginia Woolf

Maler:

Vincent van Gogh

Ernst Kirchner

Mark Rothko

Nicolas de Stael

Dichter:

Heinrich von Kleist

Sylvia Plath

Georg Trakl

Ca. 7.000 Mensch alleine Ca. 7.000 Mensch alleine in Deutschland – in Deutschland –

pro Jahr!pro Jahr!

Vgl.: Autounfälle 4.000, AIDS 650, Mord 400Vgl.: Autounfälle 4.000, AIDS 650, Mord 400

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Historisches & BegriffsentwicklungHistorisches & Begriffsentwicklung

Die Depression

- ist mit die am längsten bekannte psychische Erkrankung: „Melancholie“ bereits bei Hippokrates (5. Jhd. v. Chr.), bipolare Erkrankung im 1. Jhd. n. Chr. durch Aretäus

- Aristoteles: „ein Übermaß an schwarzer Galle“

- Abgrenzung von schizophrenen Erkrankungen durch Kraepelin

- Depression vs. depressives Syndrom

Organisch affektive Störungen

Schizophrene Psychosen

Anpassungsstörungen

Persönlichkeitsstörungen

ADHD, Suchterkrankungen…Melancholia I, A. Dürer (1514)

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Depression ist vielgestaltigDepression ist vielgestaltig

Änderung der Stimmung und der Affekte

Vegetative Probleme und Rhythmus-Probleme

Kognitive Störungen

Auswirkungen auf das Aktivitätsniveau

Unterscheidet sich von den reaktiven depressiven Störungen, deren Ursachen Lebensereignisse sind (Verluste usw.)

Syndrom mit Symptomen, die täglich über mindestens 2 Wochen vorhanden sind

Die Qualität der Symptome weist Unterschiede auf und führt zu Funktionsbeeinträchtigungen

Hamilton (1985)

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SchlüsselsymptomeSchlüsselsymptome

Emotional Körperlich

Traurige Stimmung

Freudlosigkeit

Wertlosigkeit und extreme Schuldgefühle

Gedanken an Tod/Suizid

Verminderte Denk- oder Konzentrationsfähigkeit

Psychomotorische Hemmung oder Agitiertheit

Schlafstörungen

Gewichtsverlust oder Gewichtszunahme

Müdigkeit oder Energieverlust

American Psychiatric Association (1994)

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Denken, Fühlen, Motivation sind beeinträchtigt

Niedergeschlagenheit

Gefühl der Sinnlosigkeit

Interesselosigkeit

Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit

Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen

Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit

Gefühl der Gefühllosigkeit

Negative und pessimistische Zukunftsperspektiven

Wahnideen

Suizidgedanken

Psychische SymptomePsychische Symptome

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Gewichtsabnahme, Inappetenz

Schlafstörungen: Durchschlafstörungen, Morgentief

Druck- und Engegefühl im Hals und über der Brust

Schweißausbrüche, Herzklopfen,

chronische Schmerzzustände

Fehlende Libido

Kraftlosigkeit und fehlende Frische, rasche Erschöpfbarkeit

Körperliche SymptomeKörperliche Symptome

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Sozialer Rückzug

Psychomotorische Hemmung / Agitiertheit

Veränderte (Körper) - Sprache

Antriebslosigkeit / Apathie

Suizid, Suizidversuche, Suizidankündigungen

Verändertes VerhaltenVerändertes Verhalten

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Verlust von Interesse u.

FreudeDepressive Stimmung

Verminderter Antrieb

Haupt- und Nebenkriterien nach ICD-10

Suizidgedanken / Suizidale

HandlungenVermindertes

Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen

Schlafstörungen

Negative und pessimistische

Zukunfts-perspektiven

Verminderte Konzentration undAufmerksamkeit

Gefühl von Schuld und Wertlosigkeit

Appetitminderung

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Arten und Verlauf

Einzelne depressive Episode (knapp die Hälfte der Betroffenen erlebt nur eine einzelne depressive Phase)

ZeitZeitdauerhaft beschwerdefrei

durchschnittl. Dauer einer Episode: 4-8 Monate

Wiedererkrankungsrate > 50 %

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Verlauf von depressiven ErkrankungenVerlauf von depressiven Erkrankungen

Ersterkrankung unipolarer Depressionen zwischen 20. und 40. Lebensjahr, mit breiter Streuung

Verlauf in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle (ca. 75%) phasisch-rezidivierend, in 15-20 % „rapid cycling“ (4 oder mehr Episoden in einem Jahr)

Chronische Depression: ca. 10%, auch als „double depression“ bei Dysthymie mit

„Depressivem Residuum“ mit kognitiven Störungen auch im Intervall Phasendauer insgesamt sehr variabel, durchschnittlich ca. 3-4

Monate. Suizidrisiko ca. 15 - 20%!

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Frank et al (1991)

Verschiedene Verläufe depressiver StörungenVerschiedene Verläufe depressiver Störungen

Einzelne Episode

Rezidivierend

Rezidivierende Major Depression mit Vollremission zwischen den Episoden

Chronischer Verlauf

Rezidivierende Depression Chronischer Verlauf

Schlüssel

Bedeutet Depression

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• Bundesgesundheitssurvey 98/99: 4-Wochen Prävalenz: 6,3%

• Frauen doppelt so häufig betroffen wie Männer

• Erkrankung betrifft alle Altersgruppen

Ca. jede 4. Frau und jeder 8. Mann erkranken im Laufe des Lebens an einer Depression

ca. 5%

Häufigkeit depressiver Erkrankungen

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Vergleich der Kosten der Stimmungserkrankungen Vergleich der Kosten der Stimmungserkrankungen und anderer Erkrankungen in den USAund anderer Erkrankungen in den USA

Krankheit Kosten (Mrd. US$) Kosten im Jahr

Greenberg et al (1993); Rice und Miller (1995); Scitovsky et al (1987)

Geschätzte Anzahl der Menschen, die an einer schwereren Krankheit leiden

(Mio.)

Affektive Störungen 30-44* 1990 15-25

Koronare Herzkrankheit 43 1987 7

Krebs 104 1987 6

AIDS 66 1987 0,6

*Dies sind Mindestschätzwerte.

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Henderson (1992); Mann (1992)

Allgemeinbevölkerung und affektive StörungenAllgemeinbevölkerung und affektive Störungen

Ungefähr 60-70 % der Erwachsenen in der Allgemeinbevölkerung erkranken einmal in ihrem Leben an so stark ausgeprägter Depression oder Angst, dass ihre Alltagsaktivitäten beeinträchtigt werden.

Bei den meisten Menschen sind diese depressiven Episoden kurz. Eine signifikante Minderzahl leidet jedoch an anhaltenden, schweren psychischen und körperlichen Symptomen.

40% der Allgemeinbevölkerung geben ein oder mehrere depressive Symptome an.

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Depression bleibt häufig unerkannt

Ursachen:

Die Erkrankung Depression wird nicht ernstgenommen

Viele Betroffene erkennen die eigene Depression nicht

Körperliche Symptomatik überdeckt häufig die Depression

Hausärzten fehlen oft Wissen und Zeit, um Depression abzuklären; kein systematisches Screening

“Para-medizinischer Bereich” erkennt Depression nicht (Beratungsstellen, Schulen, Seelsorge etc.)

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Depression wird unzureichend behandelt

Ursachen:

Viele Betroffene haben Angst, sich in psychiatrische/ psychotherapeutische Behandlung zu begeben

In der Primärversorgung kommen zu häufig ungeeignete Therapien zum Einsatz

Es gibt bei Laien große Vorbehalte gegen Psychopharmaka

Bei „geeigneter“ Medikation: Ein großer Teil der gescheiterten Behandlungen lässt sich auf Anwendungsfehler zurückführen (zu niedrige Dosierung, frühzeitige Absetzung der Medikation etc.)

Es kommt wegen mangelhafter Aufklärung der Patienten zu zahlreichen vorzeitigen Therapieabbrüchen

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Freeling und Tylee (1992); Regier et al (1988); Vazquez-Barquero et al (1987)

Erkennen von Patienten in der AllgemeinpraxisErkennen von Patienten in der Allgemeinpraxis

Bei bis zu 50 % der Patienten von Allgemeinärzten können depressive

Symptome vorhanden sein.

Ungefähr 5 % dieser Patienten haben eine Major Depression,

wie sie in den DSM-III-R-Kriterien definiert ist.

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Diagnostisches und therapeutisches Defizit

BetroffenePersonen inBRD: 4 Mio

60-70%

In hausärzt.Behandlung2,4 - 2,8 Mio.

30-35%

Korrekt diagnostiziert1,2 - 1,4 Mio.

10%

Adäquate Therapie400.000

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Blacker und Clare (1987); Bridges et al (1991); Freeling et al (1985)

Patienten in Allgemeinpraxen und richtig erkannte Patienten in Allgemeinpraxen und richtig erkannte DepressionDepression

Welche Klagen bringen Patienten mit einer Depression in der Grundversorgung gewöhnlich vor?

Patienten mit einer Depression klagen oft vorwiegend über körperliche Symptome wie: Signifikanter Gewichtsverlust oder signifikante Gewichtszunahme Schlaflosigkeit oder vermehrter Schlaf Agitiertheit oder Verlangsamung Müdigkeit oder Energieverlust

Das Vorliegen körperlicher Symptome verringert die Wahrscheinlichkeit, dass die Diagnose durch den Allgemeinarzt richtig gestellt wird.

Viele Patienten mit einer Depression haben auch eine körperliche Erkrankung.

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Affektstarre

Gefühl der Gefühllosigkeit

Schuldgefühle und Ausmaß an Hoffnungslosigkeit

Tagesschwankungen

Suizidalität

Wahnsymptomatik

Verlauf (oft phasenhaft)

Persönlichkeitsveränderung

Für die depressive Erkrankung spricht:

Fehleinschätzung als Befindlichkeitsstörung (depressiv deprimiert!)

Sichere Diagnosestellung nur durch Fachkraft möglich (Psychiater oder Psychologe)!

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SubtypenSubtypen

Historische Unterscheidungen:

- Reaktive Depression/ depressive Reaktion

- Neurotische Depression vs. endogene Depression (Melancholie)

Orientierung an Lebensereignisssen, dem Vorliegen von„somatischen Symptomen“, Vorgeschichte des Patienten und positiver Familienanamnese

Implizites ätiologisches Konzept – oft irreführend!

Diese Dichotomie wurde daher aufgegeben (lebt allerdings in Ansätzen im Konzept der „Anpassungsstörung“ weiter)

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Subtypen

Somatisierte (=larvierte Depression):

- vegetative/ funktionelle Organbeschwerden sind

im Vordergrund

Depression (vordergründig) gering ausgeprägt

- Vitalstörungen wie Abgeschlagenheit, Enge- und Schweregefühle

- Leibnahe Symptome: Kopfschmerzen, Schwindel, Rücken-, Atem-, Herz-, Magendarm-, Unterleibsbeschwerden

Häufig vorstellig bei Allgemein- und Fachärzten!

Saisonale Depression:

- Depressionen, die regelhaft im Frühjahr und Herbst auftreten (v.a. Melancholie)

- Winterdepression: Erkrankung Sept./ Okt., Vollbild Jan./ Feb. mit Lethargie, Hypersomnie, Hyperphagie (oft leichtere Depressionen)

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Subtypen

Wochenbettdepression (hat nichts zu tun mit „baby blues“):

- In den ersten zwei Wochen nach der Geburt

- Häufig: 10-15%

Involutions-/ Spätdepression (ab 45 J.)

- Protrahierte Phasendauer

- Hohe Suizidgefahr

Altersdepression (ab 60 J.):

- Oft mit hirnorganischen Beeinträchtigungen

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Frühkindliche Erfahrungen (Persönlichkeitsentwicklung)

Lerngeschichtliche Aspektez.B. Erfahrung von Selbstwirksamkeit

Situative Auslöser: kritische Lebensereignisse,

systemische Aspekte, Stress,

Biologisch / genetische Faktoren (Hirnstoffwechsel,

Stresshormone)

Ursachen:

Auslöser:

Ursachen depressiver ErkrankungenUrsachen depressiver Erkrankungen

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Vulnerabilitäts-Stress-KonzeptVulnerabilitäts-Stress-Konzept

Schon vor dem Ausbruch der Erkrankung kommt es durch verschiedene Faktoren zu Veränderungen im Gehirn, die eine "Anfälligkeit" bedingen, aber für sich allein keine Erkrankung auslösen.

Wenn zusätzlich noch bestimmte Stressfaktoren als Belastungselemente auftreten, können diese durch das "anfällige" Gehirn nicht mehr ausglichen werden: es kommt zum Ausbruch der Erkrankung.

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VulnerabilitätsfaktorenVulnerabilitätsfaktoren

Persönlichkeitszüge können einige Individuen für depressive Symptome vulnerabel machen, wenn sie Stress verursachende Lebensereignisse erleben.

Brown und Harris (1978)

Stress verursachende LebensereignisseVerlust der Arbeit, Umzug, Scheidung usw.

Gute Bewältigung durch ein

Individuum (“Resilienz”):

Ausgeglichen Optimistisch

Persönlichkeitszüge Auslösung einer depressiven Reaktion bei

einem Individuum: Machte sich schon Sorgen bei

kleineren Problemen Schämt sich für

Missgeschicke Pessimistisch in Bezug auf

die Zukunft

Persönlichkeitszüge

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Persönlichkeitsstörung versus DepressionPersönlichkeitsstörung versus Depression

Wenn ein Individuum plötzlich beginnt, sich auffällig zu verhalten, nachdem es sich vorher "normal" verhalten hat, gilt allgemein, dass meistens eine psychische Störung diagnostiziert wird.

Wenn die Symptomatik im Allgemeinen stabil und anhaltend ist, was bedeutet, dass das pathologische Verhalten bereits mehr als ein Jahr andauert und im tatsächlichen Charakter des Individuums verwurzelt zu sein scheint, wird in der Regel eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert.

Symptom Dauer Störung

Plötzlicher Beginn Kurze Dauer Psychische Störung

Allmählicher Beginn Lange Dauer Persönlichkeitsstörungen

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Therapie

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Eine Vielzahl von Studien zeigt:

60-80% der Betroffenen kann mit einer Behandlung entsprechend gültiger Richtlinien gut geholfen werden.

Wirksamkeit der antidepressiven Therapien

Leichte und mittelschwere Depressionen: Vergleichbare Wirksamkeit von Psychotherapie und Antidepressiva (längere Wirklatenz bei Psychotherapie)

Phasenprophylaxe sowie Psychotherapie reduzieren das Wiedererkrankungsrisiko

Pflanzliche Mittel (v.a. Johanniskraut) nur bei leichteren depressiven Verstimmungen sinnvoll

Schwere und chronische Depressionen: Kombination aus Psycho- und Pharmakotherapie ist wirksamer als Psychotherapie alleine

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dass Antidepressiva abhängig machen80%

Vorurteile und Ängste bezüglich Antidepressiva

Bei einer repräsentativen Befragung von 1426 Personen glaubten

69% dass Antidepressiva die Persönlichkeit verändern

Zudem: Obwohl Antidepressiva in den meisten Fällen gut verträglich sind, glauben 71% der Befragten, sie hätten starke Nebenwirkungen!!

Befragte verwechseln Antidepressiva, Beruhigungsmittel und Antipsychotika!

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Psychotherapie (1)Psychotherapie (1)

Kongitiv-behaviorale Verhaltenstherapie (CBT): Problem-, Ziel- und Aktionsorientiert: „Stärken stärken, Schwächen

schwächen“ Problem- und Verhaltensanalyse Wissenschaftlich fundiert und evaluiert (Indikation v. a. Zwangstörung

und Angststörungen) Methoden:

Reizkonfrontationsverfahren (z. B. Flooding) Biofeedback Kognitive Therapie (Beck, Ellis) Selbstbehauptungstraining, Erlernen von Kompetenzen Dialektisch-behaviorale Therapie

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Psychotherapie (2)Psychotherapie (2)

Tiefenpsychologische Verfahren: Aufdecken zugrunde liegender Konflikte und darauf basierend

Änderung des Patienten Wissenschaftlich wenig fundiert, Nutzen teilweise evaluiert (Indikation v.

a. Persönlichkeitsstörungen) Methoden:

Psychoanalyse Psychodynamisch-tiefenpsychologisch fundierte PT

Interpersonelle Therapie, klientenzentrierte Psychotherapie

Nicht erstattungsfähige Verfahren: Gestalttherapie, katathymes Bilderleben, Urschreitherapie, systemische Therapie…

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Pharmakotherapie (1)Pharmakotherapie (1)

Psychotrope Substanz =

„Substanz, die auf die Psyche des Menschen symptomatisch einwirkt.“

Bsp: Nikotin, THC, Alkohol, Narkosemittel, …

Psychopharmakon =

„Arzneistoff, der auf die Psyche des Menschen symptomatisch einwirkt und vorwiegend der Behandlung psychischer Störungen und neurologischer Krankheiten dient.“

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1. Beruhigungsmittel / Tranquilizer: wirken sehr schnell / wichtig für akute Krisen dämpfen und machen schläfrig Gewöhnungseffekt und bei längerer Anwendung Suchtgefahr

Wichtigste Medikamente in der Psychiatrie

2. Antipsychotika: Bei Psychosen / Schizophrenien unverzichtbar! „dämpfen“ teilweise die Persönlichkeit

ältere Präparate haben häufigere Nebenwirkungen (vor allem im motorischen Bereich)

3. Antidepressiva: keine Veränderung der Persönlichkeit leichte bis mittlere Nebenwirkungen keine Dosissteigerung notwendig / keine Suchtgefahr

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Pharmakotherapie (2)Pharmakotherapie (2)

Grundregeln:

Psychiatrische Pharmakologie erfolgt in der Regel syndrom- und nicht diagnoseorientiert

Psychopharmaka sollten nur zur Behandlung von diagnostizierten Erkrankungen eingesetzt werden

Psychopharmaka (außer Stimulantien und Benzodiazepinen) besitzen kein Abhängigkeitspotential

Psychopharmaka wirken i.d.R. nicht „persönlichkeitsverändernd“ Erstverschreibung sollte nur durch Facharzt erfolgen Psychopharmaka wirken zumindest primär i.d.R. über bekannte,

definierte neurobiologische Mechanismen

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Pharmakotherapie – wer bekommt wie viel?Pharmakotherapie – wer bekommt wie viel?

Quelle: GEK Arzneimittelreport 2004 & 2005

Gesamtausgaben für Psychopharmaka BRD 2003: 1,41 Mrd. €

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Am häufigsten eingesetzte Antidepressiva

TZA (Tri- und tetrazyklische Antidepressiva)

mögl. Nebenwirkungen: z.B. Blasenentleerungsstörungen, Mundtrockenheit, kognitive Störungen, sexuelle Funktionsstörungen

häufigere Nebenwirkungen zu Beginn der Behandlung, mit der Zeit jedoch abnehmend; bei anhaltenden Beschwerden Umstellung auf verträglicheres Medikament üblich

SSRI (Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer)

mögl. z.B. Nebenwirkungen: Übelkeit, innere Unruhe, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, sexuelle Funktionsstörungen

Nebenwirkungsprofil anders als bei TZA

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Angst vor Medikamenten, grundsätzliche Ablehnung

Absetzen des Medikaments nach wenigen Tagen, da

anfangs oft nur Nebenwirkungen spürbar sind

(Wirklatenz 2-3 Wochen)

Absetzen des Medikaments nach Wirkeintritt;

unangenehme Nebenwirkungen verschwinden sofort,

antidepressive Wirkung hält meist noch kurz an; dann

häufig Rückfall (Antidepressiva sollten mind. 12

Monate eingenommen werden).

Mangelnde Aufklärung der Patienten über die

Medikation und fehlende Einbindung der Angehörigen.

Bei wiederkehrenden Depressionen ist eine

Dauerbehandlung oft wichtig.

Gründe für eine erfolglose Pharmakotherapie

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Psychiatrische Therapie: somatische VerfahrenPsychiatrische Therapie: somatische Verfahren

Elektrokonvulsionstherapie (beste Evidenz aller Therapien!) Repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) und abgeleitete

Verfahren Magnetic seizure therapy (experimentell) Schlafentzug, Änderung chronobiologischer Rhythmen Lichttherapie Vagusnerv-Stimulation Deep brain stimulation

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Unipolare vs. bipolare DepressionUnipolare vs. bipolare Depression

Unipolar

American Psychiatric Association (1994)

Rezidivierende Depression

Dysthymie

Bipolar

Bipolar I

Bipolar II

Zyklothymie

Gemischte Zustände

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gehobene Stimmung, erhöhtes Selbstwertgefühl

schnelleres Denken, mehr Ideen und Pläne

gesteigerter Antrieb, vermehrte körperliche Aktivität

verstärkte Motivation am Arbeitsplatz, verstärkte soziale Aktivitäten

Heiterkeit, witzige Einfälle, vermehrtes Lachen

auffallendes Gefühl von Wohlbefinden undkörperlicher und seelischer Leistungsfähigkeit

gesteigerte Gesprächigkeit und Geselligkeit,

Ablegen von Schüchternheit

Hypomanie

körperliche Symptome(vermindertes Schlafbedürfnis, gesteigerte

Libido)

Symptome für mindestens 4 Tage

HypomanieHypomanie

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vermehrte Geldausgaben

vermehrter Konsum von Kaffee, Tabak und Alkohol

starker Sexualtrieb: Risiko von Infektionen, von ungewollten Schwangerschaften

riskantes Geschäftsverhalten, unüberlegte Investitionenvermehrte Ablenkbarkeit;

übermäßige Beschäftigung mit angenehmen Aktivitäten, dadurch

Vernachlässigung von Pflichten

unvorsichtiges und riskantes Autofahren

Erregbarkeit

Hypomanie

vermehrter Konsum von illegalen Drogen:Risiko von Spätschäden sowie von Abhängigkeit, z.B. von Opiaten

Ungeduld

Die dunkle Seite der Hypomanie

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übersteigertes Selbstwertgefühl, maßloser Optimismus

starke Ablenkbarkeit

Ideenflucht und Gedankenrasen

deutlich vermindertes Schlafbedürfnis

erhöhte Redegeschwindigkeit,

starker Rededrang

gesteigerte sexuelle Aktivität

ungezügeltes Einkaufen,Verlust sozialer Hemmungen

Unruhe, Gereiztheit, Aggression

Wahrnehmungsstörungen (z.B. Farben sind besonders leuchtend)

Manie

Größenideen,Größenwahn

Verlust derUrteilsfähigkeit

Appetitminderung

Symptome für mindestens 7 Tage

ManieManie

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Verschiedene Verläufe – Bipolar I- oder II-StörungVerschiedene Verläufe – Bipolar I- oder II-Störung

„Die Manie ist das Feuer der bipolaren Erkrankung, die Depression ist die Asche.“

(A. Koukopoulos)

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gesteigerter Antrieb

Gereiztheit

Ideenflucht

Suizidgedanken

Hoffnungslosigkeit

gedrückte Stimmung

depressive Episode

gemischte Episode

MischzuständeMischzustände

manische Episode

Kraepelin: “depressive Manie” Kriterien sowohl einer Depression als auch einer Manie sind erfüllt 30 bis 40 % der bipolaren Patienten Episodendauer länger als bei klassischer Manie Therapeutische und diagnostische Herausforderung!

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EpidemiologieEpidemiologie

Unipolare Depression (im Vergleich)

Prävalenz 2-20%, M:F=1:2, medianer Krankheitsbeginn 30. LJ

Bipolar-affektive Erkrankung

Prävalenz 0,5-1,5%, M:F=1:1, medianer Krankheitsbeginn 20. – 30. LJ (cave: aufgrund vieler „falsch unipolar“ diagnostizierter Depressionen = sog. „hidden bipolars“ ist hier eine deutlich höhere tatsächliche Prävalenz anzunehmen!)

Morbiditätsrisiko bei Verwandten ersten Grades

bipolar unipolar

Indexfälle bipolar 8 10-15

Indexfälle unipolar 1-3 7-17

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VerlaufVerlauf

Unipolare Depression (im Vergleich)Prävalenz 2-20%, M:F=1:2, medianer Krankheitsbeginn 30. LJ

Bipolar-affektive ErkrankungPrävalenz 0,5-1,5%, M:F=1:1, medianer Krankheitsbeginn 20. – 30. LJ

Phasendauer: unipolare beginnen langsamer und dauern länger (depressive Phasen 5-6 Monate, manische 2-3 Monate)

Häufigkeit: bipolare sind häufiger im Leben als unipolare

(bipolar 7-8, unipolar 3-4 im Leben)

Probleme: Rückfall und Phasenwechsel

Eine Frau, die mit 25 Jahren erstmals an einer bipolaren Strg. erkrankt, hat Eine um 9 Jahre verkürzte Lebenserwartung Verliert 12 Jahre normalen gesunden Lebens, sowie 14 Jahre normaler beruflicher und familiärer Aktivität

Nach Walden und Grunze, 2006

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Bipolare Störung – FolgenBipolare Störung – Folgen

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12-Monats-Prävalenz um 1%; chronische Erkrankung mit akuten Exazerbationen Geschätzte Patientenzahl in 1a in der EU: 2,4 Millionen (1,7 – 2,4) UK : Direkte Kosten, 200 Mio. £ p.a.;

Rate Arbeitslosigkeit: 40 – 50% (in-direkte Kosten: 1,8 Mrd. £); insge-samt Kosten > 2 Mrd. £ = 7.000 £ p. Patient p.a. (davon Medikation 5%!)

> 75% der Patienten haben comorbide psychische Erkrankungen; 40% SV

BRD: 70% der Patienten nicht Vollzeit-berufstätig, 70% erhalten EU-Rente (im Mittel mit 46 Jahren); Kosten im Jahr2006: 6,5 Mrd. € p.a.

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Therapie – nicht-pharmakologische MaßnahmenTherapie – nicht-pharmakologische Maßnahmen

Psychotherapie: Psychoedukation Soziale Rhythmus-Therapie Life chart-Methodik

(Stimmungskalender) kognitive Verhaltenstherapie interpersonelle Therapie Paartherapie Familientherapie Entspannungsverfahren

Soziotherapie

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Psychoedukative GruppePsychoedukative Gruppe

Modul 5:Ursachen der

Erkrankung

Modul 6:Frühwarnsymptomeund Gesundbleiben

Modul 1:Begriffsbestimmung

Modul 4:Behandlung

Modul 3:Verlauf derErkrankung

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Übersicht Konzept Fachstation „Bipolar“Übersicht Konzept Fachstation „Bipolar“

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Mo Di Mi Do Fr

8.00 Fachambu-

lanz für bipolare Störungen

10.00 BELA BELA

11.00

13.00 Team Störungsspez. Gruppen-PT

14.00 PE Schlaf Fortbildung PE Pat.

18.00 PE Angeh. Stabilitätsg.

19.30 SHG Bipolar

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Übersicht Konzept Fachstation „Bipolar“Übersicht Konzept Fachstation „Bipolar“

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Stimmungsstabilisatoren („mood stabilizer“) =Stimmungsstabilisatoren („mood stabilizer“) =PhasenprophylaktikaPhasenprophylaktika

Substanzenzur Phasenprophylaxe bei bipolaren affektiven Erkrankungen

und

zur Behandlung manischer (und depressiver) Phasen

Goldstandard: Lithium

Eine bipolare Erkrankung MUSS mit einem Eine bipolare Erkrankung MUSS mit einem Stimmungsstabilisator behandelt werden!!! Stimmungsstabilisator behandelt werden!!!

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Depression und Suizidalität

bis zu 15 % mit schwerer Depression versterben durch Suizid

ca. 25 % weisen einen Suizidversuch auf

ca. 70 % haben Suizidgedanken

90 % der Suizidenten litten unter psychiatrischen Erkrankungen, am häufigsten Depression (40-70 %)

Wenn eine Depression vorliegt, dann sollte immer aktiv nachSuizidalität gefragt werden!

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Suizide in Deutschland 2002

(Daten des Bundesamtes für Statistik)

0

100

200

300

400

500

600

700

800

900

1-5

5-10

10-1

515

-20

20-2

5 25

-30

30-3

5 35

-40

40-4

5 45

-50

50-5

555

-60

60-6

565

-70

70-7

575

-80

80-8

585

-90

90 J

ahre

+

Männlich

Weiblich

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zah

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Su

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Akute Suizidalität: Risikogruppen

für Suizid: ältere, alleinstehende Männer

für Suizidversuch: jüngere Frauen

in über 90%: Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen

• Depression und bipolare Störung• Suchterkrankungen• Psychosen (z.B. Schizophrenie)

Menschen in akuten Krisen (z.B. bei sozialer Isolation, Arbeitslosigkeit, Schulden, Scheidung, Traumatisierung)

Menschen mit Suiziden und/oder Suizidversuchen in der Familie

Menschen mit Suizidversuch in der Vorgeschichte

Menschen nach Entlassung aus psychiatrischen Kliniken

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Indikatoren für akute Suizidgefahr

Drängende Suizidgedanken

Schwere depressive Verstimmung mit großer Hoffnungslosigkeit

(subjektiv) starker Handlungsdruck

Person reagiert ausgesprochen gereizt, aggressiv oder ist agitiert

zunehmender sozialer Rückzug

Ankündigung/ Drohung von Suizid

Keine Distanzierung von Suizidideen/ Suizidversuch

Patient hat ein Suizidarrangement getroffen, das eine Auffindung schwierig oder unmöglich macht

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Wann ist Suizidalität gefährlich?

Viele (nicht psychisch kranke) Menschen erleben im Laufe des Lebens Situationen, in denen sie sich mit der Möglichkeit des eigenen Todes beschäftigen

Ein großer Teil berichtet in diesem Zusammenhang über passive Todeswünsche und Suizidgedanken

Meist geht davon keine akute Gefahr eines Suizids aus. Risiko steigt erheblich, wenn Vorstellungen sehr drängend werden und konkrete Pläne gemacht werden

Aber: bei Verdacht sollte Suizidalität immer genau exploriert werden

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Die verschiedenen Stadien von Suizidalität

PassiveTodeswünsche

SuizidgedankenSuizidideen

SuizidpläneVorbereitungen

Erwägung Ambivalenz Entschluss

Mäßige Suizidgefahr

Anz

ahl b

etro

ffen

er M

ensc

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Hohe Suizidgefahr

SuizidaleHandlungen

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Die Thematisierung von Suizidalität ist für Betroffene meist eine Entlastung, wenn:

- das Gegenüber ganz auf den Einzelnen eingehen kann

- ein vertrauliches Gespräch unter vier Augen stattfindet

- das Gegenüber keine Angst vor dem Thema hat

- man seine Gefühle zeigen darf

- bei Bedarf konkrete Hilfe vermittelt wird

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Suizidankündigung ernstnehmen (als Notsignal verstehen)

Suizidalität offen ansprechen

Bagatellisierung oder Dramatisierung vermeiden

Vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre schaffen

Hoffnung vermitteln

Feste Vereinbarungen treffen

Hohe Beziehungsdichte sichern (engmaschige Betreuung)

Depression und Suizidalität: Umgang mit Betroffenen

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Hilfe durch Fachpersonal hinzuziehen

Gegebenenfalls zu Arzt oder in Notfallambulanz begleiten

Beruhigungsmittel können die Situation deutlich entschärfen

Bei akuter Gefahr: Einweisung auch gegen Wunsch des Betroffenen möglich und geboten!

rechtliche Aspekte (Polizei; Selbstgefährdung)

Umgang mit Betroffenen: akute Gefährdung

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Vorgehen bei Fremdeinweisung

Falls akute Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegt und sich der Patient nicht als kooperativ zeigt:

Polizei verständigen, die dann vor Ort entscheidet, ob die betreffende Person in eine Klinik gebracht wird.

meist folgen die Beamten dabei der Empfehlung des Arztes

Patienten wird von Polizei und Sanitätern in eine psychiatrische Klinik gebracht.

Fachärztliche Urteil entscheidet über Unterbringung in einer geschlossenen Abteilung.

In den meisten Bundesländern kann Patient gegen seinen Willen nur 24 Stunden in einer Klinik untergebracht werden.

Eine längere Unterbringung gegen den Willen des Patienten ist nur durch richterlichen Beschluss möglich, der innerhalb der 24 Stunden durch die Klinik eingeholt werden muss.

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Kontaktadressen

• GedächtnisstörungenAlzheimer Gesellschaft Würzburg/ Unterfranken 0931-284357HALMA e.V. 0931-284357

• KircheEvangelische Studentengemeinde Würzburg 09831-796190Katholische Hochschulgemeinde (KHG) Würzburg 09 31-3545323 Katholische Akademikerseelsorge Würzburg 0931-354530

• Sozialpsychiatrische Dienste (SPDI) WürzburgErthalsozialwerk 0931-55445Bayerisches Rotes Kreuz 0931-413080

• Aktivbüro der Stadt Würzburg 0931-373468

• Regenbogen e.V. 0931-20177730

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Ärztliche Kontaktadressen

• Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie der Universität WürzburgAmbulanz und Spezialsprechstunden: Angst, Gedächtnis, bipolare Erkrankungen, ADHS 0931-20177800

• Krankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin in LohrAmbulanz 09352-503410

• Krankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie und Psychosomatische Medizin Schloss WerneckAmbulanz 09722-211284

• Ärztliche Bereitschaftspraxis Würzburg0931-322833

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Alzheimer Gesellschaft

Würzburg

Unterfranken

HALMA eV

Hilfe für alte Menschen im Alltag

Der Regenbogen eV, Verein der Freunde und Förderer der psychiatrischen Tagesklinik Würzburg

Selbsthilfebüro Würzburg

Katholische Hochschulgemeinde

Katholische Akademikerseelsorge

Psychologische Beratungsstelle der Evangelischen Studentengemeinde (ESG)

Aktivbüro für Bürgerengagement

Selbsthilfe und Gesundheitsför-derung

Sozialpsychiatrische Dienste

SozialpsychiatrischeDienste