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Prof. Dr. Ralph Conrads, Prof. Dr. Thomas Freiling, Dipl.-Soz. Wiss. Angela Ulrich
Wissenschaftliche Begleitstudie „Assistierte Ausbildung“ Kurzfassung der Forschungsergebnisse
Mannheim/Schwerin, den 19. März 2018
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Impressum
Herausgeberin:
Hochschule der Bundesagentur für Arbeit
Campus Mannheim
Prof. Dr. Ralph Conrads, Dipl. Soz.-Wiss. Angela Ulrich
Seckenheimer Landstraße 16
68163 Mannheim
Campus Schwerin
Prof. Dr. Thomas Freiling
Wismarsche Straße 405
19055 Schwerin
Die Studie wurde unter Einbindung von 28 Studierenden des Jahrgangs 2015 der HdBA des
Wahlpflichtmoduls „Evaluation Assistierte Ausbildung“ durchgeführt.
Campus Mannheim: Emily Abshagen, Leroy Barth, Kim Vanessa Bonacker, Laura Bories, Jovana
Debus, Konstanze Elis, Nilüfer Kilincer, Stephanie Krauß, Lea Nellessen, Janika Rudloff, Karin
Sachmann, Laura Temme.
Campus Schwerin: Henrik Bode, Stephanie Fiedler, Alina Hülts, Hannes Klingner, Maria Knaak,
Jennifer Kokles, Lisa-Marie Lux, Lisa Müller, Melanie Neugebauer, Fiona Oppermann, Anne-
Marie Rehm, Charleen Sandmann, Laura Scherbarth, Michéle Schneider, Lisa Weber, Jule
Zietz
Kontakt:
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ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
abH Ausbildungsbegleitende Hilfen
AG-S Arbeitgeber-Service
AsA Assistierte Ausbildung
BA Bundesagentur für Arbeit
BaE Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen
BerEB Berufseinstiegsbegleitung
BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung
BMAS Bundesministerium für Arbeit und Soziales
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung
BvB Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme
EQ Einstiegsqualifizierung
HdBA Hochschule der Bundesagentur für Arbeit
KMU Klein- und mittlere Unternehmen
LMS Lernmanagementsystem
RD Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit
SGB Sozialgesetzbuch
ZKM Zentrum für Kundenmanagement der Bundesagentur für Arbeit
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Management-Summary
Auftrag und Forschungsdesign
Die Hochschule der Bundesagentur für Arbeit (HdBA) wurde durch den Verwaltungsrat sowie den
Vorstand der Bundesagentur für Arbeit (BA) beauftragt, eine Begleitstudie zur Evaluation der As-
sistierten Ausbildung (AsA) zu erstellen. Das Ziel ist es, vertiefte Erkenntnisse zum gegenwärti-
gen Stand der Umsetzung der AsA zu gewinnen, die für Überlegungen zur Fortführung und Wei-
terentwicklung der AsA herangezogen werden können. Dazu hat das Projektteam gemeinsam
mit Studierenden leitfadengestützte qualitative Interviews mit 106 Personen in 29 Agenturbezir-
ken von September bis November 2017 geführt. Es wurden - unter Berücksichtigung vertiefter
Praxiserfahrungen der Beteiligten - Beschäftigte von Agenturen/Jobcentern, Bildungsdienstleis-
tern, Teilnehmende sowie Betriebe befragt.
Befragungsergebnisse
Eine Mehrheit der hierzu antwortenden Personen (59 von 103) bescheinigt der AsA ein hohes
Maß an inhaltlicher Zielerreichung und damit eine erfolgreiche Umsetzung. Als Gründe werden
die Reduktion von Abbrüchen aufgrund der Stabilisierung der Programmteilnehmenden sowie
das Gelingen des Ausbildungsstarts betont. Erfolgsrelevant ist aus der Sicht von Interviewteil-
nehmenden die zuverlässige sozialpädagogische Betreuung zusätzlich zur Vermittlung fachlicher
Ausbildungsinhalte. Betriebe berichten von guter Begleitung und sind mit verbesserten Leistun-
gen und bestandenen Prüfungen der Teilnehmenden zufrieden. Ferner möchte die Mehrheit
(77 Personen) der befragten Personen eine Fortführung der AsA. Dabei spricht sich ein Teil (39
Personen) für eine unveränderte Fortführung aus. Fast genauso viele verknüpfen ihre Zustim-
mung aber mit klar geäußerten Änderungswünschen (38 Personen). Handlungsbedarf wird prio-
ritär bei der Flexibilisierung der AsA und der Auflösung inhaltlicher Überschneidungen mit
anderen Maßnahmen gesehen. Bei Betrieben ist die Maßnahme (zu) wenig bekannt. Laut ein-
zelner Befragter (24 Personen) äußern Betriebe zudem Skepsis wegen des vorgesehenen Ko-
operationsvertrages, der eher als Kontrollinstrument (miss)verstanden wird. In Flächenregionen
besteht die Problematik großer Entfernungen zwischen Arbeits- und Wohnorten sowie den Lern-
orten. So ist die Teilnahme oft mit langen Transferzeiten für die Auszubildenden verbunden,
was sich auf deren Motivation auswirkt.
Handlungsempfehlungen
Die aus den Untersuchungsergebnissen abgeleiteten Handlungsempfehlungen zielen auf Verän-
derungsmöglichkeiten durch die BA ab. Es wird in diesem Bericht einerseits zwischen einer pro-
dukt- wie auch einer prozessorientierten Ebene unterschieden. Selbstredend liegen nicht alle
Empfehlungen im alleinigen Kompetenzbereich der BA und es werden für die Implementation
teilweise weitere Akteure (wie BMAS, Gesetzgeber) benötigt.
Produktebene
Auf Produktebene wird die Auflösung inhaltlicher Überschneidungen mit anderen Jugend-lichen-
instrumenten wie der BvB, EQ oder abH empfohlen. Aus der Sicht fast aller Mitarbeitenden von
Bildungsdienstleistern und Arbeitsagenturen ist eine Prüfung der Zusammenlegung mehrerer
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sich überschneidender Maßnahmen wichtig für eine bessere Akzeptanz und Übersichtlichkeit.
Eine Flexibilisierung von Zeitvorgaben, z. B. durch Zeitkontingente, ermöglicht die Berücksich-
tigung unterschiedlicher Bedürfnisse bei Teilnehmenden und Betrieben. Die Teilnahme wird den
Jugendlichen durch eine (weitere) Flexibilisierung der Lernorte seitens der Bildungsdienst-
leister erleichtert und durch die Berücksichtigung digitaler Lernangebote weiter individuali-
siert. Diese Individualisierung ist v.a. für Teilnehmende in ländlichen Regionen wichtig, die auf-
grund größerer Entfernungen lange Fahrzeiten haben und auch für Auszubildende, die durch
familiäre oder besondere berufliche Verpflichtungen nur über ein knappes Zeitbudget verfügen.
Dahingehend ist die Erstattung von Fahrtkosten bei hohem Fahraufwand für die AsA-Teilneh-
menden zu empfehlen. Zudem sollte auf eine Erweiterung der Berufsbilder auf schulische
Ausbildungen (Zuständigkeit der Länder) hingewirkt werden. Die Möglichkeit der präventiven
Maßnahmeneinmündung auch bei einer Gefährdungsprognose verstärkt den Stabilisierungscha-
rakter der AsA und ermöglicht den Bildungsdienstleistern ein proaktives Vorgehen. Eine stärkere
Modularisierung des Angebots ermöglicht ein passgenaues und individualisiertes Leistungs-
portfolio für Teilnehmende und Betriebe. Zur Erhöhung des Informationsgrades bei Betrieben
bieten sich umsetzungsorientierte Handlungsleitfäden zur AsA an. Diese erleichtern Perso-
nalverantwortlichen in den Betrieben die Orientierung. Eine bedürfnisorientierte Kooperations-
vereinbarung (statt eines Vertrags) lässt eine Steigerung der Akzeptanz der AsA bei Betrieben
erwarten. Zur Akzeptanzsteigerung sollten ebenfalls die Einrichtung finanzieller Anreize für die
Betriebe oder eines Zeitkontos zur Freistellung der Auszubildenden geprüft werden.
Prozessebene
Auf der Prozessebene zielen die Handlungsempfehlungen auf Verbesserungsmöglichkeiten bei
der Umsetzung der AsA durch die BA. Im Ausschreibungs- und Vergabeverfahren bedarf es einer
expliziten Akzentuierung der (Umsetzungs-)Qualität: In der Bewertungsmatrix zur AsA sind
daher einschlägige Parameter hinsichtlich Personalausstattung und Qualifikation der Bildungs-
dienstleister zu definieren und zu priorisieren. Auf die durch eine individuellere und intensivere
Betreuung entstehenden Aufwände sollten Bildungsdienstleister in den Preiskalkulationen besser
eingehen können: Dahingehend ist der bisherige – als zu gering anzusehende – Personal-
schlüssel zu optimieren. Ein hoher Besetzungsdruck von Maßnahmenplätzen kann in eine un-
passende Teilnehmendenauswahl durch die Arbeitsagenturen münden und die Umsetzungsqua-
lität beeinträchtigen. Hier kann mit der Möglichkeit der regionalen bedarfsorientierten Bestel-
lung Fehlbesetzungen entgegengewirkt werden. Die Verteilung vorhandener Platzkontingente in
den Regionen zwischen den Rechtskreisen (Maßnahmeplatzüberlassung) sollte beibehalten und
die Möglichkeit der „Nachbestellung“ von AsA-Plätzen bei den Bildungsdienstleistern im Bedarfs-
fall geklärt werden. Die möglichen flexiblen Start- und Schlusszeitpunkte der AsA, dass näm-
lich der Beginn zu jedem Zeitpunkt im Jahr möglich und die Verweildauer individuell bestimmt ist,
befördern die intendierte Maßnahmenflexibilität. Daher ist keine Kohortenbindung zu empfeh-
len. Ein regelmäßiger verbindlicher regionaler Austausch zwischen Bildungsdienstleistern
und Agenturen über die Umsetzungserfahrungen (u.a. Besetzungspraxis, Fördervorgaben) un-
terstützt den Umsetzungserfolg.
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1. Einleitung
Der Verwaltungsrat sowie der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit (BA) beauftragten im Juli
2017 die Hochschule der Bundesagentur für Arbeit (HdBA) mit der Durchführung einer Begleit-
studie zur Evaluation der Assistierten Ausbildung (AsA).
Wesentliches Ziel der Studie ist die Generierung einer objektivierten Datenbasis als Grundlage
für die Ableitung von Weiterentwicklungsimpulsen und zur Gewinnung vertiefter Erkenntnisse zur
Fortführung der AsA. Besonders zu berücksichtigen sind hierbei die Praxiserfahrungen der Be-
teiligten. Die Ergebnisse sollen Rückschlüsse auf die bisherige Durchführung zulassen und einen
Beitrag zur Modifizierung und inhaltlichen Neuausrichtung eines weiterführenden Instruments zur
Ausbildungsbegleitung leisten.
Im Forschungsbericht wurde darauf Wert gelegt, die befragten Interview- und Praxispartnerinnen
und -partner möglichst authentisch zu Wort kommen zu lassen. Zitate aus den Interviews werden
daher zur Bebilderung der Ergebnisse verwendet.
2. Forschungsdesign
Aufgrund des explorativen Charakters der Studie wurde ein qualitatives Forschungsdesign ge-
wählt. Es handelt sich um eine begleitende Untersuchung in einer laufenden Erprobung. Diese
beleuchtet den gegenwärtigen Stand der Umsetzung der AsA. Eine abschließende Wirksamkeits-
betrachtung ist frühestens zwei Jahre nach dem Abschluss der ersten Kohorte möglich, wenn
Aussagen über den Verbleib der Teilnehmenden getroffen werden können.
Vorliegende empirische Erkenntnisse, beispielsweise aus einer Unternehmensbefragung durch
das Zentrum für Kundenmanagement der BA (vgl. ZKM 2017), flossen in die Entwicklung des
Forschungsdesigns und der Forschungsinstrumente (Interviewleitfaden) mit ein. Im Fokus der
Studie liegt die Berücksichtigung der Sicht der maßgeblichen Beteiligten: die Beratungs- und In-
tegrationsfachkräfte der Agenturen und Jobcenter, die Verantwortlichen und Fachkräfte in den
umsetzenden Bildungsdienstleistern, die Auszubildenden selbst sowie – wo möglich – die Arbeit-
geber. Geführt wurden leitfadengestützte qualitative Interviews. In der (persönlichen) Interviewsi-
tuation können mit den Interviewpartnerinnen und –partnern Erfahrungen mit dem Instrument AsA
sowie Meinungen, Positionen und Vorschläge zur Weiterentwicklung aus Sicht der Praxis detail-
liert erörtert werden, was durch ein quantitatives Design ausgeschlossen wäre. Eine offene Ge-
sprächssituation wurde durch die Vermeidung von geschlossenen Fragen erzielt. Die Verwen-
dung eines nicht-standardisierten Interviewleitfadens ermöglichte zudem die situative Anpassung
der formulierten Fragestellungen (vgl. Lamnek/Krell 2016, S. 333), aber auch die Öffnung für
unerwartete Informationen und Vorschläge.
Im Zeitraum vom September bis zum November 2017 wurden mit 106 Personen in 29 Agen-
turbezirken Interviews geführt. Parallel zur Studie hat die HdBA ein mit der Studie verzahntes
Lehr- und Forschungsprojekt am Campus Mannheim sowie am Campus Schwerin konzeptio-
niert und umgesetzt. Gegenstand dieses Projektes war die Qualifizierung von insgesamt 28 Stu-
dierenden für die Durchführung eines qualitativen Forschungsprozesses, einschließlich der Füh-
rung qualitativer Interviews. Dadurch war es möglich, die vorwiegend persönlichen Interviews in
der zur Verfügung stehenden Zeit (ca. zwei Monate) bundesweit zu realisieren.
7
Die Auswertungen der Interviews erfolgten auf Basis einer qualitativen Inhaltsanalyse (vgl. May-
ring 2016, S. 114). Die Ergebnisse der vorliegenden qualitativen Studie wurden im Rahmen eines
Expertenworkshops im Januar 2018 mit Vertreterinnen und Vertretern der BA Zen-trale und ein-
zelner Agenturen vorgestellt und diskutiert (kommunikative Validierung).
Abbildung 1: Forschungsdesign und –ablauf, eigene Darstellung, HdBA 2018
Die Auswahl der Interviewteilnehmenden erfolgte bundesweit. Angestrebt waren eine breite
Abdeckung sowohl städtischer als auch ländlicher Regionen, um regionale Effekte und
Besonderheiten mitberücksichtigen zu können. Abbildung 2 gibt einen Überbllick über die
regionale Verteilung der Interviewteilnehmenden.
Neben den Interviews wurden im Rahmen der Studie auch BA-interne Informationen und
Weisungen sowie externe Positionen unterschiedlicher Akteure wie beispielsweise des
Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit (vgl. Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit 2017)
ausgewertet (Dokumentenanalyse).
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RD-Bezirk Anzahl Interviewte
N 26
RPS 14
NRW 12
H 7
BY 17
SAT 1
BW 16
BB 13
Gesamt 106
Abbildung 2: Regionale Verteilung der Interviewteilnehmenden, eigene Darstellung, HdBA 2018
3. Ergebnisüberblick
3.1 Erfahrungen und Einschätzungen zur Assistierten Ausbildung
Ein inhaltlich unterschiedliches Antwortverhalten zwischen den Befragungsgruppen (Agentu-
ren/Jobcenter, Bildungsdienstleister, Teilnehmende und Betriebe) ist über alle Fragenkategorien
mehrheitlich nicht festzustellen. Daher folgen hier - akteursübergreifend - erst gemeinsame und
dann unterschiedliche Sichtweisen.
3.1.1 Akteursübergreifende Sichtweise
Es wird von allen Befragtengruppen positiv hervorgehoben, dass es sich bei der AsA um ein
flexibles Instrument für benachteiligte Jugendliche handelt, die noch nicht in den Ausbil-
dungsmarkt integriert werden konnten und nochmals eine Chance erhalten. Ein Mitarbeiter eines
Bildungsdienstleisters nennt die im Vergleich zur abH bessere Personalausstattung als den
größten Vorteil der AsA.1 Vorteil sei es, ein Instrument zu haben, das den jungen Menschen nach
Beendigung der Schulzeit noch einmal abhole. Zudem handele es sich bei der AsA um einen
Ansatz, der proaktiv wirken könne. Auch wenn keine schlechten Zensuren vorlägen, könnte be-
reits mit AsA eingegriffen werden, um z.B. die Sprachkenntnisse oder das Sozialverhalten zu
stabilisieren. Durch diese Stabilisierung kommt es dann häufig erst gar nicht zu fachlichen Prob-
lemen, etwa in der schulischen Prüfungssituation. Dies unterscheidet die AsA von der abH, die
nicht beantragt werden kann, solange keine fachlichen Probleme vorliegen. Die Möglichkeit, mit
AsA frühzeitig agieren zu können, wird von den Befragten durchgängig geschätzt: „[…] die haben
keine Probleme in der Schule. Das heißt, die brauchen keine abH, die würden niemals abH krie-
gen, aber die haben keine Wohnung, die sind obdachlos oder leben seit Jahren bei Freunden,
die haben Schulden ohne Ende. Die brauchen einfach eine sozialpädagogische Betreuung. Und
1 Personalschlüssel 1:36 (Lehrkraft) und 1:24 (Ausbildungsbegleitung), bei manchen Trägern wird dies, bedingtdurch
die örtlichen Gegebenheiten, unterschritten.
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wenn die dann schon dreißig Jahre alt sind, dann kriegen die auch keinen Erziehungsbeistand
oder irgendwas an die Hand, der sie dann da unterstützt.“ (Zitat Bildungsdienstleister).
Verbindung von Stützunterricht und sozialpädagogischer Betreuung
Es wird von zahlreichen Befragten explizit betont, dass die Verbindung von Stütz- und Förder-
unterricht mit einer sehr individuellen sozialpädagogischen Begleitung über den gesamten
Ausbildungszeitraum der zentrale Vorteil sei.
Die Maßnahme kann sowohl auf fachliche Einschränkungen, als auch unterstützend bei persön-
lichen Lebenslagen sehr individuell eingehen. Der als wesentlich benannte Vorteil der AsA wird
dementsprechend in einem verzahnten Ansatz von Stütz- und Förderunterricht und sozial-päda-
gogischer Begleitung gesehen:
„Da habe ich ja auch Unterstützung gehabt, auch schultechnisch. Wenn ich etwas nicht verstan-
den habe, konnte ich jederzeit hier anrufen und sagen, ich schreibe nächste Woche eine Klausur,
ich blicke gar nicht durch. Wenn ich Fragen hatte, konnte ich herkommen und jederzeit fragen.“
(Zitat Azubi).
Positiv hervorgehoben wird die sozialpädagogische Ausrichtung in beiden Phasen der AsA
auf Basis einer zu Beginn vorgenommenen Standortbestimmung. In Phase I wird besonders auf
die engmaschige Betreuung (einschließlich einer Krisenbetreuung) für eine Zielgruppe Bezug ge-
nommen, die diese Art der Betreuung, genauso wie die Vorbereitung auf Bewerbungsgespräche,
benötigen würden. Von den Teilnehmenden wird dies auch so wiedergegeben und dabei die po-
sitiven Auswirkungen auf ihre gesamte Person betont: „Sie hat mein Selbstbewusstsein gestärkt
und mich sehr sehr gut auf die Ausbildung vorbereitet.“ (Zitat Azubi).
Junge Menschen würden von einer Vertrauensperson unterstützt und begleitet. Geschätzt
werde die Möglichkeit, Vertrauenspersonen bedarfsgerecht ansprechen zu können. Dabei han-
dele es sich um die unterschiedlichsten Anlässe. Bedacht werden müsse, dass es sich bei den
zumeist älteren, über 20-jährigen Auszubildenden um eine sehr heterogene Zielgruppe handele,
mit den unterschiedlichsten sozialen und persönlichen Problemlagen, auf die die sozialpäda-
gogische Betreuung abgestimmt werden müsse:
„Manche Leute haben sprachliche Probleme, manche Leute haben einen Flüchtlingshintergrund.
Manche Leute haben vielleicht auch persönliche Probleme wie zum Beispiel Körperhygiene. Da-
von wissen sie vielleicht selber nichts und werden dann dementsprechend trainiert und geschult,
damit sie mit ihren Problemen umgehen können und sie in den Griff bekommen.“ (Zitat Agentur).
Das soziale Umfeld könne über die AsA mit einbezogen werden, so dass die Einflussfaktoren von
tiefer liegenden Problemlagen mit in den Blick genommen würden. Vor allem in Situationen, in
denen den Auszubildenden ihre Eltern oder ein sonstiges unterstützendes Netzwerk nicht zur
Verfügung stehe, werde die Betreuung durch die AsA als Begleitung wichtig, um das Ausbildungs-
ziel zu erreichen: „[…] und das heißt, die Kinder sind dann oft allein gelassen und es gibt keine
Kooperation mit den Eltern, obwohl das genau die wären, die das bräuchten […] da ist es natürlich
prima, wenn ich eine Betreuungsperson über mehrere Jahre habe.“ (Zitat Agentur).
Die Sozialpädagoginnen und -pädagogen fungieren daher als (Ersatz-)Vertrauenspersonen und
sind teilweise auch zu ungewöhnlichen Tageszeiten ansprechbar, was von den Teilnehmenden
sehr geschätzt wird. Dieses Vertrauensverhältnis, das teilweise über Jahre aufgebaut wurde, wird
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von den Auszubildenden als hilfreich wahrgenommen: „Die Stärke ist auf jeden Fall, dass immer
jemand erreichbar ist, mit dem man über Sachen reden kann, die gerade passieren, vor allem im
Beruf oder so, wenn sich grad was auftut.“ (Zitat Azubi).
Durch ihren umfangreichen Ansatz sei die AsA auch in der Lage, spezielle Bedürfnisse einzelner
Personengruppen aufzugreifen. Bei alleinerziehenden Auszubildenden steht die Thematik der
Kinderbetreuung im Vordergrund. Die Kinderbetreuungszeiten sind nicht immer mit den Anwe-
senheitsverpflichtungen in Betrieb, Schule und der zusätzlichen Anwesenheit bei AsA zu verein-
baren. Gerade für junge Alleinerziehende wäre die sozialpädagogische Unterstützung aber be-
sonders hilfreich, um die Mehrfachbelastung bewältigen zu können: „Und das ist so das Problem,
der Partner ist die Woche über nicht da und sie ist dann allein mit dem Kind.“ (Zitat Bildungs-
dienstleister).
Bei der Gruppe der geflüchteten Menschen betonen die Interviewpartnerinnen und -partner einen
besonderen Förderbedarf auch in sprachlicher Hinsicht. Es sei zudem neben dem berufsbezoge-
nen Stützunterricht zusätzlich Unterstützung notwendig, wie beispielsweise Hilfe bei der Woh-
nungssuche, was über die AsA möglich sei.
Verknüpfung der Partner des Ausbildungsnetzwerkes
Ein weiterer benannter Vorteil der AsA besteht darin, dass die unterschiedlichen Lernorte der
Auszubildenden und beteiligten Institutionen wie Betrieb, Bildungsdienstleister, Berufsschule nä-
her zusammengebunden werden. Die Reaktionsgeschwindigkeit erhöht sich dadurch, dass der
Bildungsdienstleister eng an den Beteiligten agiert und mit allen Beteiligten wie Berufsschule,
Arbeitgeber und Sozialpädagoginnen und -pädagogen im Austausch ist.
Kooperation mit Betrieben
Aus betrieblicher Sicht ist die direkte Eingliederung in den Betrieb ein wesentlicher Vorteil, der
die AsA von anderen Maßnahmen unterscheidet. „Das finden wir super, dass es nun eine Maß-
nahme gibt, bei der die Azubis direkt im Betrieb eingegliedert sind.“ (Zitat Betrieb). Die betriebliche
Unterstützung sei der Kern der AsA und abgrenzendes Element von anderen Maßnahmen (vgl.
dazu auch Korten/Nuglisch 2015, S. 15).
Manche Betriebe seien mit der Personalführung bei Auszubildenden mit erheblichem Förderbe-
darf, der Konfliktbewältigung und der Ausbildung benachteiligter junger Menschen überfordert
und oftmals froh, auf die Unterstützung der Sozialpädagoginnen und -pädagogen der Bildungs-
dienstleister zurückgreifen zu können. Betriebe seien ihrerseits bestrebt, begonnene Ausbildun-
gen auch zu einem Abschluss zu führen und dankbar für Impulse, die bei der Problembewältigung
weiterhelfen. Eine Ausbildung der Jugendlichen wäre ohne Stützunterricht und persönliche Be-
gleitung und Unterstützung eher nicht begonnen worden: „Wenn sie jemanden an der Hand ha-
ben, den sie bei Schwierigkeiten hinzuziehen können, das ist gut für die Betriebe, weil sie sagen,
ich bin da nicht überfordert, es hilft, dass Ausbildungsverhältnisse nicht so schnell abgebrochen
werden, wenn ein guter Mittler da ist, und es motiviert auch Betriebe zu sagen: wenn ich weiß,
sie haben jemanden im Hintergrund, dann probiere ich es.“ (Zitat Agentur).
Zudem betonen einzelne Betriebe die Nähe zu den Auszubildenden im Rahmen der Maßnahme
als Erfolgsmerkmal. Einige Auszubildende bestätigen die Wahrnehmung, dass ihnen die AsA die
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Absolvierung der Ausbildung ermöglicht habe: „Durch die Unterstützung habe ich das geschafft,
die nicht abzubrechen. Das hilft mir halt.“ (Zitat Azubi).
Oftmals wird die Arbeitgeberbetreuung seitens der Betriebe als sehr effektiv erlebt. Mittels einer
aktiven aufsuchenden Arbeitgeberbetreuung konnten bereits Ausbildungsabbrüche vermie-
den werden. Die Bildungsdienstleister berichten von hohem Engagement und teilweise unkon-
ventionellen Handlungsstrategien, die ihnen durch die AsA ermöglicht werde, um durch ein Zu-
sammenwirken der Ausbildungspartner einen Ausbildungsabbruch zu verhindern: „Eine Teilneh-
merin haben wir, bei der das soziale Umfeld so kritisch ist und Einfluss auf die Teilnehmerin
nimmt, dass der Betrieb am liebsten einen Aufhebungsvertrag aufsetzen würde. Dort sind wir
dann hingefahren und haben uns gekümmert, was dann auch von dem Betrieb angenommen und
dankbar kommuniziert worden ist.“ (Zitat Bildungsdienstleister).
Ein Problemfeld bezieht sich nach Meinung etlicher Befragter auf die Akquise und Zusammen-
arbeit mit den Betrieben. Betriebe seien mit der Maßnahme oft nicht vertraut und würden die
unmittelbaren Unterstützungsangebote teilweise als Kontrolle missverstehen. Durch mangelnde
Informationen, starre Regelungen des Kooperationsvertrags sowie genereller Skepsis gegen-
über der Arbeitsverwaltung würden daher immer wieder AsA-Maßnahmen nicht zustande kom-
men:
„Wir haben in der Region das Problem, dass sich die meisten Firmen nicht in die Karten gucken
lassen. […] Wenn da noch einer andauernd kommt, vom Träger und fragt den Auszubildenden,
na wie geht es dir und den Ausbilder, was haben sie denn mit ihm gemacht.“ (Zitat Agentur). Für
manche Branchen wird die AsA auch als gänzlich unpassendes Instrument wahrgenommen. Die
Baubranche z.B. verlangt von ihren Auszubildenden eine tage- oder wochenweise Abwesenheit
vom Heimatort, da einzelne Baustellen Montagetätigkeiten erfordern. In diesen Konstellationen
ist die Begleitung mit der AsA sehr schwierig bis unmöglich, da die Anwesenheitszeiten beim
Bildungsdienstleister nicht erbracht werden können: „Deshalb lehnen es [das Mitwirken bei der
AsA, erg.] bestimmte Branchen grundsätzlich ab, zum Beispiel die Baubranche. Die wollen das
eigentlich gar nicht.“ (Zitat Agentur).
Um die Teilnahme an der AsA für Teilnehmende aus dem ländlichen Raum sicherstellen zu kön-
nen, sind bereits unterschiedliche Lernorte neben den Räumen des Bildungsdienstleisters (z. B.
im Betrieb) zugelassen worden. Dies stellt nach Meinung eines Bildungsdienstleisters einen Vor-
teil dar, wenn Teilnehmende aus unterschiedlichen Berufen stammten oder in strukturschwäche-
ren Regionen ohne eine gute Verkehrsanbindung zuhause seien.
12
3.1.2 Rechtskreisbezogene Sichtweise
Der Übergang von Phase I in eine Ausbildung wird von den Befragten der Arbeitsverwaltung
verschiedener Rechtskreise unterschiedlich eingeschätzt. Die Arbeitsagenturen verweisen auf
viele Teilnehmende, die in Phase I einen Ausbildungsplatz gefunden hätten und nicht in Phase II
übergegangen seien. Anhand von Praxiserfahrungen werde sichtbar, dass ein Ausbildungsver-
hältnis häufig in Folge von Unterstützungen in Phase I zustande komme und eine weitere Unter-
stützung durch AsA Phase II dann nicht mehr notwendig sei: „Der hat jetzt eine gute Stelle ge-
funden. Der hätte alleine nichts gekriegt. Der konnte einfach im Praktikum in Phase I nochmal
zeigen, was er draufhat.“ (Zitat Agentur).
Für Teilnehmende aus dem Rechtskreis SGB II sei der Grund für den ausbleibenden Übergang
eben keine erfolgreiche Bewerbung für eine Ausbildungsstelle. Die Gesprächspartnerinnen und
-partner aus den Jobcentern führen vielmehr an, dass nur wenige Teilnehmende eine Ausbildung
fänden und daher kaum Übergänge in Phase II stattfinden könnten. Es wird auf die besonderen
Problemlagen der Kunden der Jobcenter verwiesen, die einen Übergang in eine reguläre Ausbil-
dung, trotz der Unterstützung in der AsA Phase I, sehr schwierig mache.
Bei einer Fortführung der AsA fürchten einzelne Jobcenter-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um
die weitere Existenz der überbetrieblichen Ausbildung BaE, die in den Jobcentern ein wichtiges
Instrument darstellt. Gerade aufgrund der angesprochenen multiplen Problemlagen der Kundin-
nen und Kunden der Jobcenter wird von guten und langjährigen Erfahrungen mit dem Instrument
BaE berichtet. Durch den hohen Besetzungsdruck zu Beginn der AsA kam es in einzelnen Job-
centern zu einer verstärkten Besetzung von AsA-Maßnahmenplätze, auch wenn die einzelnen
Kundinnen und Kunden u.U. besser in der BaE aufgehoben gewesen wären.
3.2 Erreichte inhaltliche Ziele
59 von 103 hierzu antwortenden Personen (57 Prozent) bescheinigen der Assistierten Ausbildung
eine hohe Zielerreichung (im Sinne von erreichten inhaltlichen Zielen und nicht im Sinne von
erreichten Kennzahlen).
Indikator sei beispielsweise die Dauer der Teilnahme an der AsA. Es gebe keine „Zwangsmittel“
(Zitat Agentur), so dass die Arbeitsverwaltung oder der Bildungsdienstleister auf die Teilnehmen-
den einwirken könnten, um in der Maßnahme zu bleiben: „Wenn die Auszubildenden keinen
Mehrwert darin sehen würden, keinen positiven Sinn in dieser Maßnahme sehen würden, würden
die ja auch die Maßnahme wieder abbrechen.“ (Zitat Agentur).
34 Befragte verweisen auf eine teilweise Zielerreichung (33 %), da beispielsweise die Zielgruppe
nicht immer in voller Gruppenstärke in der Lage sei, den Anforderungen des Betriebes, der Be-
rufsschule wie auch des zusätzlichen Stütz- und Förderunterrichts, bei gleichzeitig hohem Fahr-
zeitaufwand gerecht zu werden.
Nur 10 befragte Personen (10 %) sehen ausschließlich einen geringen Grad der Zielerreichung
der AsA, beispielsweise aufgrund strategischer Gründe oder mangelnder Bekanntheit.
13
Ein Großteil der interviewten Personen (77 von 96 Personen, also 80 Prozent) befürwortet dem-
zufolge die Fortführung der AsA. Begründet wird dies u.a. mit der besseren Erreichung von Aus-
bildungsabschlüssen: „Ja natürlich, die Maßnahme muss weitergehen. Ansonsten sind einige
Abschlüsse gefährdet. In meinem Betrieb möchte ich das auch unbedingt weiterführen.“ (Zitat
Betrieb).
39 Personen stimmten einer Fortführung ohne weitere Einschränkungen zu, 38 formulierten Än-
derungsbedarf bei einer befürworteten Fortführung insbesondere mit Blick auf das Erfordernis,
die Flexibilisierung der Maßnahme zu erhöhen und die Zielgruppe über den benachteiligten Per-
sonenkreis hinaus zu erweitern. 19 Personen - mehrheitlich Fachkräfte der Arbeitsagenturen oder
Jobcenter (17 Personen) - lehnten die Fortführung der AsA ab. Als Gründe wurden hier vor allem
die fehlende Notwendigkeit (es gäbe ja andere effektive Instrumente), Besetzungsschwierigkei-
ten und die geringe Akzeptanz bei Betrieben angeführt.
Die Ergebnisse weisen zusammengefasst in die Richtung, dass es darum gehen wird, die AsA
zu modifizieren und dabei auch andere Instrumente im Jugendbereich in den Blick zu nehmen.
4. Handlungsempfehlungen
Die hier vorliegenden Handlungsempfehlungen oder Gestaltungshinweise richten sich primär an
die BA und teilweise auch an Institutionen, die bei einzelnen Änderungen zuständigkeitshalber
5934
10
Inwieweit sehen Sie die inhaltlichen Ziele der AsA erreicht?
hoch teilweise gering
Abbildung 4: Ausmaß der erreichten inhaltlichen Ziele (N=106; n=103), eigene Darstellung, HdBA 2018
39
38
19
Wie ist Ihre Einschätzung zur Fortführung der AsA?
Fortführung Fortführung mit Änderungen Keine Fortführung
Abbildung 3: Einschätzung zur Fortführung der AsA (N=106; n=96), eigene Darstellung, HdBA 2018
14
hinzuzuziehen sind. Die Handlungsempfehlungen richten sich nicht an Betriebe, Bildungsdienst-
leister oder Jugendliche.
Es liegt in der Natur der Sache, dass es ein einheitliches Bild über den Gegenstand oder ein
homogenes Meinungsbild „der Praxis“ nicht geben kann. Dazu wird das Instrument AsA in der
praktischen Umsetzung und regionalen Anwendung zu unterschiedlich gehandhabt. Die Formu-
lierung von Handlungsempfehlungen unterliegt zudem einem weiteren grundsätzlichen Span-
nungsfeld: Die Interessen der beteiligten Akteure sind nicht immer homogen. Während beispiels-
weise Bildungsdienstleister, Auszubildende und Arbeitsverwaltung weitgehend übereinstimmend
dafür plädieren, die Lern- und Betreuungszeiten durch den Bildungsdienstleister konsequent als
Freistellungszeiten zu definieren, wollen oder können nur wenige Betriebe über den berufsschu-
lischen Unterricht hinaus weitere Zeitkontingente zur Freistellung der Auszubildenden zur Verfü-
gung stellen. Nicht alle identifizierten hemmenden Faktoren lassen sich daher vollständig auflö-
sen. Sie sollen aber mit Hilfe der nachfolgend formulierten Handlungsempfehlungen im Kontext
einer praxisreflektierten Optimierung soweit wie möglich reduziert werden (Erreichung des Opti-
mums).
Ein weiterer Grund liegt in der Existenz vielfältiger Stellschrauben bei der Maßnahme AsA: Mit
steigender Anzahl beeinflussbarer Gestaltungsfaktoren reduziert sich das Ausmaß ihrer Umsetz-
barkeit für die Bildungsdienstleister (Handhabbarkeit). Zu den identifizierten Stellschrauben ge-
hören beispielsweise
das unterschiedliche Berufsspektrum,
das Ausmaß der Mitwirkungs- und Freistellungsbereitschaft von Betrieben,
der Anspruch eines hohen Ausmaßes an Bedürfnisorientierung und Individualität der Maß-
nahme.
Je zahlreicher und disparater derartige maßnahmenbezogene Hebel ausfallen, desto schwieriger
ist es für die Umsetzungsträger, für eine qualitätsgesicherte Durchführung auf Basis des zur Ver-
fügung stehenden Kostenrahmens Sorge zu tragen.
Zur Erhöhung der Praktikabilität der Empfehlungen wird nachfolgend eine zweistufige Strategie
gewählt: Einerseits eine weitgehende Differenzierung der Handlungsempfehlungen sowie an-
dererseits deren Priorisierung.
Zudem sind die Empfehlungen in produkt- und prozessorientierte Kategorien unterteilt. Als
prioritär sind die Empfehlungen zur Produktanpassung anzusehen, nachrangig – aber nicht un-
wichtig – die Frage der Umsetzung und Prozessgestaltung. Der Grund hierzu ergibt sich daraus,
dass die Frage der Umsetzung nicht unbedingt produktspezifisch, sondern als BA-spezifisch an-
gesehen werden kann und daher die benannten Prozess-Empfehlungen über die evaluative Be-
trachtung der AsA im engeren Sinne hinausgehen.
15
4.1 Produktorientierte Empfehlungen
Produktorientierte Empfehlungen konzentrieren sich ausschließlich auf die Modifizierung der Ge-
staltung der Maßnahme (Produkt) AsA und nicht auf deren Umsetzung.
4.1.1 Flexibilisierung der AsA
Unterschiedliche Ansätze sollen dafür Sorge tragen, die Maßnahme noch stärker auf die indivi-
duellen Bedürfnisse der Jugendlichen und jungen Erwachsenen auszurichten und den Fokus der
Betriebe stärker miteinzubeziehen. Ansätze zu einer stärkeren Flexibilisierung stellen das größte
Interesse der Befragten im Rahmen der Maßnahmenoptimierung dar (vgl. auch Laba 2017).
Höhere Flexibilisierung Konkretisierung
Auflösung inhaltlicher
Überschneidungen
z.B. zu BvB, EQ, abH
Modularisierung Leistungsportfolio Leistungsmodule für Betriebe und Auszubil-
dende
Berücksichtigung Zeitkontingent Bedarfsbezogener Rhythmus der Lern- und Un-
terstützungsangebote
Dezentralisierung der Lernorte Digitalisierung von Lernangeboten, Fahrtkosten-
erstattung
Konsequente Zielgruppenorientierung Zielgruppe > 25 Jahre beibehalten, präventiver
Ansatz, weitere Berufsbilder
Abbildung 5: Empfehlungen zur Erhöhung der Flexibilisierung, eigene Darstellung HdBA, 2018
Auflösung inhaltlicher Überschneidungen: Vielfältige Nennungen der Interviewpartnerinnen
und -partner beziehen sich auf den Aspekt der Auflösung inhaltlicher Überschneidungen zwi-
schen den Instrumenten im Jugendbereich insgesamt. Es wurde dargestellt, wie schwierig es
selbst für Fachkräfte geschweige denn für Teilnehmende, Lehrkräfte an Berufsschulen oder Be-
triebe ist, trotz der Maßnahmenvielfalt den Überblick zu bewahren. Diesem verstärkten Eindruck
der Unübersichtlichkeit ist entgegenzuwirken (vgl. Weiß 2015, Neises/Zinnen 2015).
Aus Betriebssicht ist es teilweise schwierig, zwischen den einzelnen Maßnahmen wie abH oder
AsA zu unterscheiden oder das Spezifische einer Maßnahme im Unterschied zu einer anderen
zu erkennen. Auch von den Interviewten in der Arbeitsverwaltung wird die Frage der Überschnei-
dung im Kontext der Zuweisung oder Einmündung von Jugendlichen in die Maßnahmen thema-
tisiert.
Dieser hemmende Faktor wird auch öffentlich diskutiert: Im Rahmen einer Fachtagung des Ko-
operationsverbundes Jugendsozialarbeit sind derartige Problemlagen (Konkurrenz von Maßnah-
men) benannt worden (vgl. Nowak 2017, S. 21). Offenkundige Überschneidungen mit Maßnah-
men bestehen vor allem bei der AsA Phase I mit der BvB sowie der AsA Phase II mit der abH. Es
wird empfohlen, diese inhaltlichen Überschneidungen durch einen neuartigen Zuschnitt der Maß-
nahme AsA aufzulösen.
16
a. Modularisierung des Leistungsportfolios: Ein möglicher Schritt zur Verringerung der Pro-
duktüberschneidungen und zur Reduktion der Intransparenz von Maßnahmen für Kunden und
Unternehmen liegt in der Definition von Leistungsmodulen im Jugendbereich: Leistungsmo-
dule können Maßnahmen sinnvoll ergänzen, und es kann intensiver an den individuellen Be-
dürfnissen eines Jugendlichen oder eines Unternehmens angesetzt werden. Beispielsweise
bietet sich die Kombination von BvB bzw. EQ mit AsA-Leistungsmodulen oder vergleichbarer
Varianten an.
Leistungsmodule für Unternehmen: Die Unterstützung zu Ausbildungsfragen soll kein
Zwang sein, sondern ein Angebot darstellen: Größere Unternehmen haben offenbar we-
niger Bedarf an ausbildungsunterstützenden Maßnahmen seitens der Bildungsdienstleis-
ter. Bei KMU fällt der Bedarf dagegen stärker und differenzierter aus. In der Praxis führt
dies aus diesem Grund dazu, dass manche AsA-Maßnahmen nicht zustande kommen:
„Dann hat der Arbeitgeber gesagt, finde ich nicht schlecht, wenn sich Berufsschule und
Ausbildungsort nicht schneidet, ist das in Ordnung. Dann hat sie aber die Kooperations-
vereinbarung vorgelegt und das ging aber dem Arbeitgeber zu weit. Das war ein zu starker
Eingriff in den betrieblichen Ablauf. Der Arbeitgeber hat dann gesagt, also wenn das jetzt
alles noch schriftlich werden muss und in welchem Stundenumfang sie das auch noch
machen wollen usw. und Rücksprache vielleicht auch noch mit unserem Personalverant-
wortlichen regelmäßig [...], wollen wir nicht.“ (Zitat Agentur).
Teilweise ist die Skepsis gegenüber dem Instrument sehr groß: „[…] es ist ein Arbeitge-
berkontrollinstrument und das steht zwischen den Zeilen und zwar nie direkt. […] Weil die
wissen ganz genau, dass ganz viele Arbeitgeber schludern und dadurch hat man so eine
Anbindung, […] AsA ist ein U-Boot für die Arbeitgeber.“ (Zitat Agentur).
Die Beratungs- und Unterstützungsangebote für Unternehmen sollten daher kein „Muss“
sein, sondern als ein Angebot für Unternehmen im Rahmen der Erstellung einer Koope-
rationsvereinbarung festgelegt (Art, Inhalt, Dauer, Umfang) und wahrgenommen werden
(z. B. verschiedene Leistungen zu Ausbildungsaktivitäten).
Leistungsmodule für Auszubildende: Nicht alle Auszubildenden benötigen ein einheit-
liches Lern- und Unterstützungsangebot. Die sozialpädagogische Begleitung stellt ein
Kernelement der AsA dar. Die Art, der Umfang und das Ausmaß sind aber im Rahmen
der Förderplanung individuell zu spezifizieren.
Durch genau zu spezifizierende Leistungsmodule wird es möglich, individueller auf die
Bedürfnisse jedes/r Auszubildenden zu reagieren. Relevante Module könnten sein:
Lernangebote,
Stütz- und Förderunterricht,
sozialpädagogische Begleitung.
Die Begleitung der Jugendlichen sollte über Social Media unterstützt werden, wie beispiels-
weise Gespräche via Skype oder die Kommunikation über Lernmanagementsysteme (LMS).
Es zeigt sich, dass Auszubildende über digitale Kommunikationsmedien gut erreicht werden
können. Insbesondere kann dadurch auch solchen Auszubildenden eine Teilnahme erleichtert
werden, die bislang durch die äußeren Bedingungen nur erschwert teilnehmen können. Dies
betrifft Bewohnerinnen und Bewohner ländlicher Regionen mit reduzierter Anbindung an den
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öffentlichen Personennahverkehr ebenso wie Teilnehmende mit familiären Verpflichtungen o-
der Auszubildende von Betrieben mit hohen Anteilen an Montagetätigkeiten mit wochenweiser
Abwesenheit.
Die Interviewpartnerinnen und -partner verweisen zudem auf weitere Anforderungen zur Mo-
difizierung von Phase I (beispielsweise die Kombinationsmöglichkeit mit einer EQ, die Verlän-
gerung der Phase I zur intensiveren Betreuung bei Bedarf, die Möglichkeit eines frühzeitigen
Übergangs in Phase II bei vorliegendem Ausbildungsvertrag oder auf die Notwendigkeit, fle-
xible Ein- und Ausstiege vorzusehen).
b. Einführung eines Zeitkontingents: Ein eindeutiges Ergebnis stellt die Notwendigkeit einer
Flexibilisierung des zeitlichen Umfangs und Rhythmus‘ in den einzelnen Phasen dar. Im neuen
AsA-Fachkonzept ist auf starre Zeitvorgaben zu verzichten: Vorgeschlagen wird die individu-
alisierte und bedarfsorientierte Verwendung eines definierten Zeitkontingents, um identifizierte
hemmende Faktoren eines wöchentlichen Rhythmus‘, wie der blockweise Unterricht in der Be-
rufsschule, saisonal unterschiedliches Volumen des Arbeitseinsatzes der Auszubildenden o-
der unterschiedliche Lernbedürfnisse der Jugendlichen (regelmäßige versus blockweise An-
wesenheitszeiten beim Bildungsdienstleister), zu reduzieren. Auch gilt es, die Bereitschaft von
Betrieben an einer Mitwirkung der AsA zu erhöhen (Anreize). Der Vorteil eines im Rahmen der
Förderplanung definierten Zeitkontingents besteht in der Möglichkeit eines Bedürfnismat-
chings zwischen Arbeitgeber und Auszubildenden. Ein Nachteil besteht in der nach wie vor
existenten Notwendigkeit, den Ausgleich von angehäuftem Zeitvolumen zu organisieren. Dies
spricht für eine realistische Bemessung des Zeitkontingents pro Teilnehmendem bei Maßnah-
meneintritt durch den Bildungsdienstleister im Rahmen der Förderplanung: „Und ich kann auch
nicht von einem Azubi, der eben auf der Baustelle bis um 18:00 Uhr geschafft hat, […] sagen,
jetzt kommst du her, jetzt machen wir zwei Stunden Nachhilfe. Weil, dann sagt der, Frau X.,
nö. Also […] diese Flexibilität ist schwer zu vereinbaren mit dem Konstrukt. So, wie es gebaut
ist.“ (Zitat Bildungsdienstleister). Der zunehmend auftretende Blockunterricht an Berufsschu-
len macht zusätzlich zu schaffen, was ebenfalls für eine stärkere zeitliche Flexibilisierung
spricht: „Meist ist es die Kombination aus Baustelle und Blockunterricht. Absolute Katastrophe.
Das ist es echt super schwer, einen Termin zu finden. Eigentlich jede Woche, kriegen wir es
hin, kriegen wir es nicht hin?“ (Zitat Bildungsdienstleister).
c. Dezentralisierung der Lern- und Kontaktorte: Dringend notwendig ist die Berücksichtigung
von Flexibilisierungsansätzen speziell für den ländlichen Raum. Aktuell ist die Berücksichti-
gung unterschiedlicher Lernorte möglich, was allerdings nicht allen Interviewpartnerinnen und
-partnern deutlich ist. Im Einzelfall werden seitens der Bildungsdienstleister Varianten gewählt,
die vorsehen, dass die Dozierenden zu den Auszubildenden fahren. Der Lernort befindet sich
dann nicht prioritär beim Bildungsdienstleister, sondern alternativ auch in Betrieben, Berufs-
schulen und sonstigen Institutionen. Die Umsetzung dieser Varianten ist allerdings, schon al-
lein aufgrund der zusätzlichen Fahrtzeiten, mit einem deutlich höheren Zeitaufwand für die
Bildungsdienstleister verbunden, löst aber das Problem längerer Transferfahrten der Auszu-
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bildenden: „Aber vielleicht kann man dann die Mobilität von dieser Nachhilfe-Truppe ein biss-
chen verbessern.“ (Zitat Betrieb). Auf die Notwendigkeit einer Erstattung von Fahrtkosten für
Auszubildende wird an dieser Stelle explizit verwiesen.
Mittelfristig ist erkennbar, dass vor dem Hintergrund der Diskussion um die Digitalisierung von
Bildung (vgl. u.a. Hauenstein/Freiling 2017) stärker digitale Lernformen zum Einsatz kom-
men müssen. Auf Basis von Lernmanagementsystemen (LMS) können mithilfe digitaler Lern-
medien regionale Distanzen überwunden werden. Als Lernorte kommen wiederum Betriebe
infrage, die mit entsprechender Hardware ausgestattet sind oder werden. Für Bildungsdienst-
leister ergeben sich Herausforderungen in der Konzeption und Entwicklung derartiger Sys-
teme. Einzelne Bildungswerke der Wirtschaft sind beispielsweise dabei, derartige Angebote
für unterschiedliche Zielgruppen (z. B. auch für formal Geringqualifizierte2) zu entwickeln und
zu erproben.3 Auch in der geförderten Weiterbildung sind sie bereits bekannt (vgl. auch Hes-
termann 2017, S. 44). Insofern besteht an dieser Stelle weiterer Entwicklungs- und Erpro-
bungsbedarf. Entsprechende Konzepte (Vorschläge) können im Rahmen von Vergabeverfah-
ren von den Bildungsdienstleistern eingefordert werden.
d. Konsequente Zielgruppenorientierung: Der von einzelnen Interviewpartnerinnen und –
partnern formulierte Wunsch, auch Über-25-Jährige in die AsA aufnehmen zu können, ist be-
reits Realität. Zu berücksichtigen ist auch die Möglichkeit, generell Teilnehmende einer EQ
oder ferner Jugendliche im Sinne eines präventiven Vorgehens aufzunehmen, bei denen
ohne Intervention eine Gefährdung (fehlender Ausbildungsabschluss) absehbar ist. Bei einer
negativen Prognose wäre dann eine Förderung auf Basis einzelner Leistungsmodule möglich.
Zum Aspekt der Zielgruppenorientierung gehört auch die Hinwirkung auf die Erweiterung um
förderungswürdige Berufsbilder (z. B. schulische Berufsausbildungen). Beispielsweise
ist eine Förderung für Gesundheits- und Erziehungsberufe (Ausnahme Altenpflege) mit einer
fachschulischen Ausbildung (noch) nicht möglich: „[…] er macht auch diesen Gesundheits-
und Krankenpfleger in der Psychiatrie und ist selber etwas labiler. Ich glaube, der hätte auch
noch einen Ansprechpartner bei uns gebraucht, um vielleicht mal irgendwas loszuwerden.
Aber wurde wieder nicht anerkannt.“ (Zitat Bildungsdienstleister).
Die Perspektive der Zielgruppe sollte im Vordergrund stehen und weniger die Perspektive der
Berufsbilder. Auf die Zuständigkeiten der Bundesländer in dieser Frage (Finanzierung) wird
verwiesen.
4.1.2 Produktplatzierung:
Wie die quantitativen Ergebnisse der Unternehmensbefragung durch das Zentrum für Kunden-
management (ZKM) der BA verweisen auch die Interviewergebnisse der vorliegenden Studie auf
die notwendige Steigerung des Bekanntheitsgrades der AsA bei Betrieben (vgl. ZKM 2017). Laut
ZKM-Befragung kennen knapp ein Drittel der befragten Unternehmen mit Ausbildungsstellen die
2 z. B. im Rahmen des BMBF-Förderprogramms „Innovative Ansätze zukunftsorientierter beruflicher Weiterbildung“,
vgl. unter: https://www.bibb.de/de/39040.php [Stand: 21.12.2017] oder im Rahmen des BMBF-Förderprogramms „Digitale Medien in der beruflichen Bildung“, vgl. unter: https://www.bmbf.de/de/digitale-medien-in-der-bildung-1380.html [Stand: 21.12.2017].
3 z. B. das Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft, Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft (bbw).
19
AsA nicht (von 1.000 antwortenden Arbeitgeberkunden bestätigten dies 27 Prozent). Folgende
Empfehlungen zur Produktplatzierung werden formuliert:
Produktplatzierung Konkretisierung
Information für Betriebe Handlungsleitfaden für Personaler, Information
über AG-S, Netzwerkpartner wie Kammern, Ver-
bände
Kooperationsvereinbarung Prüfung ausgewogeneres Verhältnis von Ver-
bindlichkeit und angestrebter Flexibilität
Produktbenennung Beibehaltung „AsA“ versus Neubenennung
Abbildung 6: Empfehlungen zur Produktplatzierung, eigene Darstellung, HdBA 2018
a. Informationen für Betriebe: Die Erhöhung des Bekanntheitsgrades im Rahmen des Marke-
tings kann sowohl BA-intern (Produktkommunikation beispielsweise im Rahmen von Unter-
nehmensbesuchen über AG-S4) als auch extern über die regionalen Netzwerke in Koopera-
tion mit Kammern (Ausbildungsbegleiterinnen und -begleiter) und Verbänden intensiviert wer-
den. Die Art der Kommunikation sollte weniger über Kurzbroschüren, sondern stärker in Form
aussagekräftiger Handlungsleitfäden für Personaler erfolgen, um checklistenartig Informatio-
nen zu Fördervoraussetzungen und zum Leistungsportfolio zu erhalten und auch um besser
die Unterschiede zwischen den Maßnahmen für Unternehmen transparent zu machen: „Aber
wenn man so einen Leitfaden haben könnte, um zu schauen: O.k., wir haben diese Voraus-
setzungen, man kann das und das aktivieren, das wäre super.“ (Zitat Betrieb). Zudem sollten
Informationen über diejenigen Publikationskanäle gestreut werden, die von Betrieben stärker
wahrgenommen werden (wie z. B. Publikationsorgane von Kammern, Innungen oder Regi-
oTV-Spots).
Ein besseres und von einigen Personen im Interview angeregtes „Eingleisen“ der Maßnahme
in Richtung Betriebe ist beispielsweise über die Betonung der „Verpflichtungen“ den Auszu-
bildenden gegenüber sicherlich sinnvoll. Der Kooperationsvertrag sollte dahingehend über-
prüft werden, inwieweit ein ausgewogeneres Verhältnis von Verbindlichkeit und angestrebter
Flexibilität (Lockerung der Verbindlichkeit) möglich ist mit dem Ziel, die Attraktivität der AsA
für Unternehmen zu erhöhen. Eine übersichtliche, gemeinsam mit dem Betrieb getroffene
Vereinbarung (statt Kooperationsvertrag) kann dabei unterstützen, die Akzeptanz der AsA zu
erhöhen und gleichwohl Verbindlichkeit herzustellen.
b. Prüfung einer Umbenennung des Produkts: Die AsA ist bislang eher weniger bekannt, im
Unterschied zu bereits langjährig eingeführten Produkten wie der abH oder BvB mit einem
4 vgl. dazu auch BT Drucksache 18/5111, in der auf den Aufgabenbereich des AG-S verwiesen wird.
20
höheren Bekanntheitsgrad. Es wird im Kontext der Priorisierung des Vorgehens bei der Mo-
difizierung der AsA vorgeschlagen, zunächst das Produkt zu modifizieren und die Frage der
Benennung als nachrangig zu behandeln. Bereits langjährig eingeführte Begriffe wie abH
könnten modifiziert werden, beispielsweise über die Bezeichnung „abH+“.
4.1.3 Anreizsystem für Unternehmen:
Zur Erhöhung des Anreizes für Unternehmen, Auszubildende im Rahmen der Lern- und Unter-
stützungsangebote freizustellen, wird auf ein finanzielles Anreizsystem verwiesen. Ziel dabei ist
es, eine Art finanzielle Anerkennung für die Lernzeiten beim Bildungsdienstleister vorzusehen.
Sollte aber im Rahmen der Modifizierung eine stärkere Flexibilisierung der AsA Berücksichtigung
finden, ist die Einführung eines finanziellen Anreizes voraussichtlich obsolet.
4.2 Prozessorientierte Empfehlungen
Aus den Studienergebnissen lassen sich ferner Empfehlungen ableiten, die ausschließlich die
Umsetzung der AsA seitens der Arbeitsverwaltung und die Prozessgestaltung betreffen.
Abbildung 7: Empfehlungen zur Prozessgestaltung, eigene Darstellung, HdBA 2018
a. Ausschreibungspraxis: Die Maßnahme bedarf im Kontext der Ausschreibung und
Vergabe einer stärkeren Akzentuierung der (Umsetzungs-)Qualität. Es gilt, in der Be-
wertungsmatrix zum Standardprodukt Parameter zur Beschreibung der Umsetzungsqua-
lität zu definieren und stärker zu priorisieren, wie z. B. die Nähe zu Unternehmen. Ein
hoher qualitativer Anspruch der Maßnahme resultiert aus dem Anspruch eines individuel-
len und intensiven Betreuungsbedarfs.
Je individueller die Maßnahme ausgerichtet ist, desto stärker muss in den Preiskalkulati-
onen der Bildungsdienstleister darauf eingegangen werden (beispielsweise über die Be-
rücksichtigung eines Grundkostensatzes zuzüglich der Kosten für Leistungsmodule oder
im Rahmen einer Mischkalkulation). Die Differenz zwischen Erwartbarem und Realisier-
barem muss für die Bildungsdienstleister gestaltbarer werden: „Und flexible Terminpla-
Prozessgestaltung Konkretisierung
Optimierung Ausschreibungspraxis Akzentuierung der (Umsetzungs-)qualität, Per-
sonalschlüssel, Ausschreibung von Maßnah-
menkombinationen
BA-interne Bedarfssteuerung Bestellung von Plätzen aus den Bezirken,
Möglichkeit zur Maßnahmeplatzüberlassung
und Nachbestellung
Regionaler Austausch Zwischen Bildungsdienstleistern und Agenturen:
Besetzung, Fördervoraussetzungen,…
21
nung, das heißt, eigentlich müssen wir jederzeit immer Zeit haben. […] und teilweise ha-
ben wir dann drei Leute, die gleichzeitig kommen und wir sagen, wir kriegen das irgendwie
schon hin. Weil der eine vielleicht nicht absagt, der andere kommt vielleicht später. Aber
dann müssen sie merken, Frau M., ich brauche heute einen Termin oder spätestens mor-
gen oder übermorgen und das merken sie auch, aber da muss man halt extrem flexibel
sein.“ (Zitat Bildungsdienstleister).
Ansonsten besteht die Gefahr, dass ein optimiertes Konzept an den Umsetzungsbedin-
gungen scheitert. Dahingehend ist der bisherige Personalschlüssel anzupassen. Mit
Blick auf die vielfältigen Aufgaben ist er gegenwärtig als zu gering anzusehen (vgl. dazu
Hestermann 2017, S. 45). „Außerdem besteht das Problem des Personalschlüssels, das
ist eine Maßnahme, die hoch anspruchsvoll ausgelegt ist, aber was den Personalschlüssel
angeht, sehr schlecht ausgestattet ist.“ (Zitat Bildungsdienstleister).
Zudem wird auf die hohe Relevanz einer Ansprechperson für die Jugendlichen beim Bil-
dungsdienstleister (Personalunion) verwiesen, um im weiteren Verlauf der Maßnahme
auf das aufgebaute Vertrauensverhältnis aufzubauen.
Die gemeinsame Ausschreibung von Maßnahmenkombinationen (z. B. AsA und abH) und
Vergabe an einen Bildungsdienstleister sichert das Erfordernis von personeller Kontinuität
und zwar in den Fällen, in denen ein Übergang von Jugendlichen in eine andere Maß-
nahme erfolgt (z. B. von abH in AsA).
b. Interne Bedarfssteuerung: Ein in den Interviews benannter Besetzungszwang von AsA-
Maßnahmeplätzen in den Regionen erhöht die Wahrscheinlichkeit einer eher unpassen-
den Teilnehmendenauswahl, was sich wiederum negativ bei der Umsetzung der AsA sei-
tens der Bildungsdienstleister bemerkbar macht. Die Möglichkeit der Bestellung von Plät-
zen aus den Regionen heraus reduziert die Gefahr von Fehlbesetzungen: „[…] dass wir
zehn Leute hinschicken mussten und im Grunde jeden, der hier rumgeschwirrt ist und
unversorgt war, egal ob passend oder nicht, du musst jetzt zur AsA gehen.“ (Zitat Jobcen-
ter) (vgl. auch bei Thate 2017). Das Verfahren der Bestellung von Plätzen auf Basis des
regionalen Bedarfs wird bereits 2015 in der Antwort der Bundesregierung auf die kleine
Anfrage einzelner Abgeordneter erläutert.5 Auf die daraus resultierende Diskrepanz wird
an dieser Stelle verwiesen. Auch die Möglichkeit, in den Regionen zwischen den Rechts-
kreisen vorhandene Platzkontingente zu überlassen (Maßnahmeplatzüberlassung), er-
höht die Flexibilität der Besetzung. Auf diese Möglichkeit wird bereits in der BA-Informa-
tion 2017020106 vom 27.02.2017 verwiesen. Zu klären ist insgesamt noch die Möglichkeit
der Nachbestellung von Maßnahmenplätzen im Bedarfsfall.
5 vgl. BT-Drucksache 18/5111 vom 10.06.2015, unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/051/1805111.pdf
[21.12.2017]. 6 vgl. BA Information 201702010 vom 27.02.2017 - Implementation der Assistierten Ausbildung – Informationen zu
häufig diskutierten Punkten, unter: https://www.baintranet.de/011/005/004/002/Seiten/Information-201702010.aspx [14.02.2018].
22
c. Maßnahmenzuweisung von Teilnehmenden: Zur Realisierung einer intendierten höhe-
ren Flexibilität trägt auch die Möglichkeit bei, die Maßnahme jederzeit beginnen oder be-
enden zu können, auch jenseits der Kohortenregelung (vgl. dazu auch Laba 2017, S. 29).
Auf die grundsätzlich mögliche Nachbesetzung wird bereits in der BA Information
201702010 verwiesen. Auch BA-intern gilt es, den Fachkräften interne Informationen und
eindeutige Produktbeschreibungen zukommen zu lassen, damit Missverständnisse über
Fördervoraussetzungen sinken. Die Befragungsergebnisse verweisen auf die Existenz
von Unklarheiten über die Fördervoraussetzungen in mehreren Fällen.
d. Regionaler Austausch zwischen Agenturen und Bildungsdienstleistern: Ein verbind-
licher regionaler Austausch zwischen Bildungsdienstleistern und Agenturen (beispiels-
weise quartalsweise) über die Umsetzung von Maßnahmen unterstützt den Umsetzungs-
erfolg. Vordringliche Themen betreffen Aspekte der zielgruppengerechten Besetzung von
Teilnahmeplätzen oder auch die Veränderung von Fördervoraussetzungen oder Maßnah-
menkonzeptionen. Der Vorteil besteht in der höheren gegenseitigen Transparenz bei der
Maßnahmenumsetzung: „Und da könnten wir uns viel besser abstimmen, wenn sie mich
vorher fragen würden und anrufen würde: „Mensch, haben sie hier einen Teilnehmenden,
passt das irgendwie?“, dann könnte man viel besser, viel schneller zusammenarbeiten
und zielführend sein.“ (Zitat Bildungsdienstleister).
5. Fazit
Bei der Assistierten Ausbildung handelt es sich um ein sinnvolles und erfolgreiches Instrument
am Übergang von Schule zu Beruf, das auf breite Zustimmung aller Beteiligtengruppen trifft. Dies
lässt sich als Hauptfazit der Studie zusammenfassen. Durch seine intensiven und individuellen
Betreuungsmöglichkeiten eröffnet es einer großen Zahl Auszubildender die Erreichung des Aus-
bildungszieles. Nach einer, teilweise holprigen, Anfangsphase, hat das Instrument ein Stadium
erreicht, in dem die handelnden Personen zunehmend Sicherheit in der Anwendung gewinnen.
Dennoch sind Modifikationen notwendig, um die Potenziale der Maßnahme ausschöpfen zu kön-
nen. Ausführlich dargestellt wurden in der Studie die Überschneidungen mit anderen Maßnahmen
und die damit einhergehenden Irritationen. Hier findet sich Handlungsbedarf, ebenso wie bei den
Aspekten Modularisierung und Flexibilisierung, die verstärkt eingeführt werden müssen, um den
sehr unterschiedlichen Bedürfnissen der Beteiligten Rechnung zu tragen und ein langfristig er-
folgreiches Instrument am Markt zu etablieren. Eine quantitative Untersuchung des Verbleibs der
Teilnehmenden nach Ausbildungsabschluss ist sinnvoll, um die Wirksamkeit des Instruments be-
leuchten zu können. Dies ist jedoch aus datentechnischen Gründen erst ca. 2 Jahre nach Aus-
bildungsabschluss der ersten Kohorte möglich.
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