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Woher kommt es, dass mich niemand versteht und jeder mag?

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Medizin aktuell

P. Stiefelhagen · DRK-Krankenhaus Westerwald, Hachenburg

Woher kommt es, dass mich niemand versteht und jeder mag?50. Todestag von Albert Einstein (1879-1955)

Internist 2005 · 46:469–473DOI 10.1007/s00108-004-1341-1Online publiziert: 2. März 2005© Springer Medizin Verlag 2005

Vor 50 Jahren, nämlich am 18. April 1955, und zugleich genau 50 Jahre nach der Veröffentlichung seiner Re-lativitätstheorie starb Albert Einstein. Von ihm geht auch 5 Jahrzehnte nach seinem Tod noch eine ungewöhnli-che Faszination aus. Unstreitig war er der größte Physiker des 20. Jahrhun-derts. Aber seine mythische Größe gründet nicht nur auf seinen neuen wissenschaftlichen Theorien, sondern auch in seinem ausgeprägten Gefühl für humanitäre Verantwortung und seinem politischen Engagement. Die Quelle seines Humanismus war die Sozialethik des Judentums, in dem das Mitgefühl für den Schwächeren im Mittelpunkt steht. So galt er als lei-denschaftlicher Pazifist, der im Hin-blick auf Hitler-Deutschland in einem Brief an den damaligen amerikani-schen Präsidenten Roosevelt die Ent-wicklung der Atombombe zunächst anregte, nach Hiroshima aber sehr eindringlich vor dem atomaren Wett-rüsten warnte. So wurde er als weiser alter Mann zum personifizierten Welt-gewissen.

Keine physikalische Theorie der Neuzeit hat das naturwissenschaftliche Weltbild so nachhaltig verändert wie Einsteins Re-lativitätstheorie. Ohne sie wäre die Ent-wicklung des Computers bzw. des Navi-gationssystems nicht möglich gewesen. Anfänglich sehr kontrovers diskutiert, be-deutete sie zweifelsohne eine Revolution

in der Physik. Deshalb gilt er als der größ-te Physiker der 20. Jahrhunderts. Die Phy-sik war seine Leidenschaft und sein Le-bensinhalt und ihr blieb er auch bis zu sei-nem Ende in monomaner Besessenheit verfallen.

Daneben war er aber auch Privatmann, nämlich Ehemann (2-mal), Liebhaber und Vater, außerdem Jude und Bürger von 4 Staaten, dem sogar das Präsidentenamt Israels angetragen wurde, was er jedoch ab-lehnte. Geboren wurde er in Deutschland und deutsch blieb für ihn auch die einzige vertraute Sprache, in der er seine Gefühle und Gedanken adäquat auszudrücken ver-mochte, auch als er in die USA emigriert war. Berühmt wegen seiner Güte und Schlichtheit blieb er zeitlebens Pazifist. Als weiser alter Mann, der sich gegen das ato-mare Wettrüsten aussprach, galt er als die Personifizierung des Weltgewissens.

Kein guter Schüler

Geboren wurde Einstein am 4. März 879 als erstes Kind jüdischer Eltern in Ulm. Wegen seines großen Hinterkopfs fürchte-te man zunächst eine Fehlbildung. Auch die spätere kindliche Entwicklung verlief keinesfalls wie bei einem Genie. Er lernte erst mit 3 Jahren sprechen und auch mit 9 Jahren konnte er sich noch nicht flie-ßend unterhalten. Körperlich entwickelte er sich zwar altersentsprechend, wirkte je-doch schwerfällig und verlangsamt. Er galt als stilles und eigenbrötlerisches Kind, das nichts von Sport hielt und seine Zeit lieber mit Lesen und Musik verbrachte.

Als er 5 Monate alt war, siedelte seine Familie nach München über, wo sein Va-ter mit seinem Onkel eine elektronische Firma namens Einstein & Company grün-dete. Dort erhielt er später Privatunter-richt, als Vorbereitung auf die Schule. Sei-ne erste Lehrerin weigerte sich allerdings, ihn weiter zu unterrichten, nachdem er ei-nen Stuhl nach ihr geworfen hatte. Schon damals begann er mit Violinenunterricht, ein Hobby, das ihn zeitlebens begleitete. So sah man ihn oft mit dem Geigenkasten unter dem Arm durch die Straßen gehen und durch intensives Üben wurde er auch zu einem guten Geigenspieler. Er war zeit-lebens ein großer Verehrer von Bach und Mozart. Neben der Liebe zur Musik war

Abb. 1 8 Albert Einstein (Quelle: sciencephoto library)

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sor an die Universität Prag berufen, kehrte jedoch bereits ein Jahr später an die poly-technische Hochschule in Zürich zurück.

In den folgenden Jahren arbeitete Ein-stein an einer Verallgemeinerung der spe-ziellen Relativitätstheorie. Mittlerweile war der deutsche Physiker Max Planck auf Einstein aufmerksam geworden und holte ihn nach Berlin, wo er Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaf-ten und zugleich Professor an der Univer-sität Berlin und Direktor des noch zu grün-denden Kaiser-Wilhelm-Instituts für Phy-sik wurde. So kehrte er 94 nach Deutsch-land zurück.

Ehemann und Vater

Bereits 903 hatte Einstein gegen den Wil-len beider Familien seine langjährige Freundin und Studienkollegin Mileva Ma-ric, eine Serbin, geheiratet. Sie galt als eine hochintelligente Frau, die nach Abschluss der Schulbildung ebenfalls Mathematik und Physik studiert hatte. Bereits 902, al-so vor der Eheschließung, wurde ihre ge-meinsame Tochter Lieserl geboren. 904 und 90 folgten die beiden Söhne Hans-Albert und Eduard. Über den weiteren Le-bensweg der ersten Tochter ist nichts be-kannt. Man nimmt an, dass sie zur Adopti-on freigegeben wurde.

Sicherlich hatte Mileva großen Einfluss auf die wissenschaftlichen Leistungen ih-res Ehemanns. Bescheiden verzichtete sie jedoch nach der Eheschließung auf ihren Namen bei gemeinsamen Veröffentlichun-gen und zwar, „weil wir ja beide nun Ein-stein sind“. Doch bereits 94 trennten sie sich und Mileva zog mit den beiden Söh-nen wieder nach Zürich, bevor 99 die Ehe geschieden wurde. Doch das gesamte Geld, das er später anlässlich seiner Nobel-preisverleihung erhielt, überreichte er sei-ner Frau und zwar nicht nur für die Erzie-hung der gemeinsamen Kinder, sondern auch, weil sie entscheidend zu seinem No-belpreis beigetragen hatte. „Ich brauchte meine Frau. Sie löste alle meine mathema-tischen Probleme“, so Einstein.

Kritisch, ironisch, humorvoll

Besonders bekannt geworden ist Einstein durch eine Fotographie, in der er dem Be-trachter lausbubenhaft die Zunge entge-

amt in Bern, wo er als technischer Exper-te die Patentanträge Schweizer Erfinder zu prüfen hatte. Diese Arbeit gefiel ihm sehr gut; denn sie war wissenschaftlich interes-sant und ließ ihm auch genügend Zeit für eigene Ideen. Der Wahlspruch, der seine wissenschaftliche Karriere prägte, lautete: „Vorstellungskraft ist wichtiger als Wissen!“

Der wissenschaftliche Durchbruch

Im April 905 reichte Einstein seine erste große Forschungsarbeit „Eine Neubestim-mung der Moleküldimensionen“ an der Universität in Zürich ein, die sie auch ak-zeptierte. Es folgten bahnbrechende Ar-beiten in einer Fachzeitschrift, die für die Grundlagen der Physik in dieser Zeit re-volutionär waren. Darin stellte er die da-mals gewagte Hypothese auf, dass elektro-magnetische Strahlung aus Lichtquanten bzw. Photonen bestehen müsse. Damit be-gründete er die „spezielle Relativitätstheo-rie“ und leitete so den Übergang zur mo-dernen Naturwissenschaft des 20. Jahr-hunderts ein.

Diese Theorie wurde von den damali-gen Physikern, insbesondere Max Planck, zunächst abgelehnt, später jedoch bestä-tigt. Für diese Arbeit erhielt er 92 den Nobelpreis für Physik. Bereits kurze Zeit später folgte der Artikel „Ist die Trägheit eines Körpers von seinem Energiegehalt abhängig?“, in dem er die berühmte For-mel von der Äquivalenz von Masse und Energie „E=mc2 (Energie = Masse × Licht-geschwindigkeit im Quadrat) entwickelte. Durch diese Arbeiten wurde die wissen-schaftliche Welt auf ihn aufmerksam.

> Die Relativitätstheorie leitete den Übergang zur modernen Naturwissenschaft des 20. Jahrhunderts ein

Sein erstes Habilitationsgesuch an der Universität Bern wurde jedoch überra-schend abgelehnt, ein Jahr später jedoch dann akzeptiert, sodass er nun seine erste Vorlesung halten konnte. Ab diesem Zeit-punkt widmete er sich ganz der Wissen-schaft und kündigte deshalb seine Stelle am Patentamt. Er nahm eine Tätigkeit als außerordentlicher Professor für theoreti-sche Physik an der Universität Zürich auf und 9 wurde er als ordentlicher Profes-

er auch ein leidenschaftlicher Segler. Das Segeln betrieb er jedoch ohne sportliche Ambitionen. Vielmehr suchte er hier Ru-he, um über physikalische Probleme nach-denken zu können.

In der Volksschule war er keinesfalls ein Musterschüler, da er öfters den Un-terricht schwänzte. Er zeigte sich jedoch sehr interessiert, neues Wissen zu erlan-gen. Doch die Rahmenbedingungen des Pflichtunterrichts störten ihn so sehr, dass er mit 5 Jahren vorzeitig ohne Abschluss das Gymnasium verließ. Zu dieser Zeit leb-te er allein in München, da seine Familie bereits nach Mailand gezogen war. Hier-hin reiste er nach, um „ein Jahr Urlaub von der Schule“ zu machen. Einstein selbst hat seine Entwicklung später einmal folgen-dermaßen beschrieben: „Ich habe mich derart langsam entwickelt, dass ich erst als Erwachsener anfing, mich über Zeit und Raum zu wundern.“

Fachlehrer für Mathematik und Physik

Zunächst wollte Einstein in Zürich an der eidgenössischen polytechnischen Hoch-schule studieren, fiel aber bei der Aufnah-meprüfung durch. So musste er zunächst sein Abitur an der Kantonschule in Aarau nachholen. Mit 7 Jahren wurde er dann frühzeitig zum Studium an der Züricher Hochschule zugelassen und belegte hier einen 4-jährigen Kurs, um Fachlehrer in Mathematik und Physik zu werden. Auch hier war er kein besonders fleißiger Schü-ler. Trotz seiner Faulheit und seines Eigen-sinns galt er jedoch als sehr intelligent. „Ein gescheiter Junge sind Sie, aber einen Fehler haben Sie – Sie lassen sich nichts sa-gen!“, so einer seiner Professoren.

Nachdem er mit Hilfe eines Freundes erfolgreich sein Studium mit der Diplom-prüfung absolviert und die Schweizer Staatsbürgerschaft erhalten hatte, bekam er eine erste Anstellung im Technikum in Winterthur und zwar als Mathematik-professor. Bereits nach einem halben Jahr zog er nach Bern, wo er zunächst mit Pri-vatstunden in Mathematik und Physik sei-nen Lebensunterhalt verdiente. Die da-mals angefertigte Doktorarbeit wurde von der Züricher Universität nicht akzeptiert. Ein Freund vermittelte ihm daraufhin ei-ne feste Anstellung am Schweizer Patent-

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genstreckt. Dieses Bild bietet einen tiefen Einblick in seine Persönlichkeit und seine Charakterstruktur. Er war keinesfalls ein stets freundlicher, zugewandter und zuvor-kommender Mensch, sondern vielmehr misstrauisch, kritisch und auch introver-tiert. Sein Urteil über die Mitmenschen war stets negativ: „Zwei Dinge sind unend-lich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber beim Universum bin ich mir nicht ganz sicher.“ Andererseits war er durchaus humorvoll, ja sogar ironisch, vor allem wenn es darum ging, Kritik zu üben. Zum Thema Einkommensteuererklärung schrieb er einmal: „Um eine Einkommen-steuererklärung abgeben zu können, muss man ein Philosoph sein. Für einen Mathe-matiker ist es zu schwierig.“

Was seine wissenschaftlichen Leistun-gen betrifft, so war er sicherlich keines-falls so bescheiden, wie er sich gab. Seine Zuhörer überraschte er einmal mit der Fra-ge: „Woher kommt es, dass mich niemand

versteht und jeder mag?“ Auf die Frage seines Sohnes, warum er so berühmt ge-worden sei, antwortete er: „Wenn ein blin-der Käfer über eine Kugel krabbelt, merkt er nicht, dass der zurückgelegte Weg ge-krümmt ist. Ich dagegen hatte das Glück, es zu merken.“ Seine Forschungsarbeiten waren für ihn mehr als ein Mittel zum Zweck, ja er fand in ihnen seinen eigent-lichen Lebensinhalt, quasi als Religions-ersatz: „In der hingebenden Beschäftigung mit den Gesetzen der Natur fand ich inne-re Freiheit und Sicherheit. Der Weg zu die-sem Paradies war nicht so bequem und so verlockend wie der Weg zum religiösen Pa-radies; aber er hat sich als zuverlässig er-wiesen und ich habe nicht bedauert, ihn gewählt zu haben.“

Schon früh erkannte er, dass naturwis-senschaftliche Erkenntnisse durchaus von politischer Brisanz sein können und dass gerade bei der Anwendung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Ver-

antwortungsethik des Menschen zum Tra-gen kommt. So sagte er einmal im Zusam-menhang mit der Entwicklung der Atom-bombe: „Die Welt wird nicht bedroht von den Menschen, die böse sind, sondern von denen, die das Böse zulassen.“

Leberleiden mit Gelbsucht

In den Jahren nach 97 erkrankte Einstein an verschiedenen Erkrankungen. So soll er ein Magengeschwür und ein Leberlei-den mit Gelbsucht durchgemacht haben, was ihn körperlich sehr schwächte. In die-ser Zeit pflegte ihn seine Cousine Elsa Lö-wenthal, die er 99 heiratete. Zwischen 92 und 923 reiste Einstein durch die gan-ze Welt und besuchte Amerika, England, Frankreich, Japan und Palästina, nachdem er in Deutschland wegen seiner großen wissenschaftlichen Leistungen und seiner jüdischen Herkunft zunehmend angefein-det wurde. Er befürchtete damals antise-

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mitische Übergriffe auf seine Person und hielt es deshalb für ratsam, Berlin für ei-nige Zeit zu verlassen. Damals wurde in Potsdam, der sog. Einstein-Turm einge-weiht. Mit Hilfe dieses Turmteleskops soll-te die Relativitätstheorie empirisch über-prüft werden.

92 erhielt er den Nobelpreis für Physik. In der Laudatio hieß es: „Seine Forschungen haben die Grundlagen der Physik revolutio-niert. Er entwickelte eine neue Vorstellung über das Wesen von Raum und Zeit sowie eine neue Sicht der Schwerkraft.“ Ab jetzt bezog er auch Stellung zu politischen Fra-gen. Als Gegner jeder Art von Gewalt för-derte er pazifistische Bewegungen. Auch setzte er sich für die hebräische Universi-tät in Jerusalem ein, der er in seinem spä-teren Testament seinen gesamten schriftli-chen Nachlass vererbte. Dort werden heute ca. 55.000 Schriftstücke verwahrt, von de-nen ca. 0.000 – zum Teil handgeschrieben – von ihm selbst stammen. Als man ihm 952 das Amt des israelischen Staatspräsi-denten antrug, lehnte er dies jedoch ab.

Einstein und die Atombombe

Am Tag der Machtübernahme Hitlers 93 befand sich Einstein in Pasadena. Er protestierte damals gegen die Menschen-rechtsverletzungen in Deutschland und legte sein Amt an der Preußischen Akade-mie der Wissenschaften nieder, noch be-vor die Nationalsozialisten ihn ausschlie-ßen konnten. Bereits 933 siedelte er in die USA über, wo er in Princeton (New Jersey) eine neue Anstellung am Institute for Ad-vanced Studies erhielt. So fand er in Ame-rika eine neue persönliche und berufliche Heimat, und deutschen Boden hat er seit 933 nie mehr betreten.

Nach Ausbruch des Kriegs befürchte-te er, dass Deutschland an der Entwick-lung einer Atombombe arbeite. Deshalb schrieb er den berühmten Brief an den damaligen US-Präsidenten Roosevelt, in dem er ihn auf diese Gefahr hinwies und zugleich anregte, dass auch die USA ihre kerntechnischen Forschungen vorantrei-ben müsse. Dies führte dazu, dass Roose-velt die amerikanischen Wissenschaftler aufforderte, die erste Atombombe zu ent-wickeln. Er ernannte daraufhin Einstein zum Sonderberater der Sprengstofffor-schung der USA.

Nach dem Abwurf der ersten Atom-bomben über Hiroshima und Nagasa-ki durch die US-Luftwaffe gründete Ein-stein das Emergency Committee of Ato-mic Scientists. Als Präsident dieses Komi-tees engagierte er sich jetzt für die friedli-che Nutzung der Atomenergie. Sein Enga-gement für den Bau der amerikanischen Atombombe hat er in seinem späteren Le-ben immer wieder kritisch hinterfragt: „Hätte ich gewusst, dass die Deutschen gar nicht fähig waren, eine Atombombe zu bau-en, so hätte ich die Amerikaner niemals da-zu ermutigt“.

Nach dem Krieg schlug Einstein den Vereinten Nationen die Bildung einer Weltregierung vor, „denn das wäre die ein-zige Möglichkeit für einen dauerhaften Frie-den“.

Aneurysmaruptur führt zum Tode

Bereits viele Jahre vor seinem Tod wurde bei Einstein ein Aneurysma der Aorta ab-dominalis diagnostiziert. Im Sommer 950 hatten die Ärzte festgestellt, dass das Aneu-rysma größer geworden war. Von da an wusste er, dass seine Zeit bemessen war. Gefasst erwartete er den Tod und wünsch-te sich nur, „mit Grazie zu sterben“. So kam sein Ende schnell und überraschend, ob-wohl er es schon lange befürchtet hatte.

Bereits 950 hatte er sein Testament ver-fasst. Darin wünschte er sich ein Begräb-nis „so schlicht wie möglich und ohne Trau-erfeier“. Auf die Frage eines Studenten was nach seinem Tode mit seinem Haus werden solle, antwortete er mit spitzbübi-schem Lächeln: „Dieses Haus wird sicher-lich niemals ein Wallfahrtsort werden, zu dem die Pilger kommen, um die Gebeine des Heiligen zu betrachten.“

954 erkrankte Einstein an einer hämo-lytischen Anämie von der er sich jedoch wieder erholte. Er schrieb damals: „Der Kasten läuft wieder einigermaßen, nur das Gehirn ist etwas sehr eingerostet – der Teu-fel zählt die Jahre überhaupt gewissenhaft, das muss man anerkennen.“

955 wurden in Bern und Berlin Feiern vorbereitet, bei denen der Entstehung der Relativitätstheorie vor 50 Jahren gedacht werden sollte. Die Einladungen dazu be-antwortete er mit folgenden Sätzen: „Al-ter und Krankheit machen es mir unmög-lich, mich an solchen Gelegenheiten zu be-

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teiligen und ich muss auch gestehen, dass diese göttliche Fügung für mich auch etwas befreiendes hat. Wenn ich in den Grübelei-en eines langen Lebens etwas erkannt ha-be, so ist es dies, dass wir von einer tieferen Einsicht in die elementaren Vorgänge viel weiter entfernt sind, als die meisten unserer Zeitgenossen glauben, sodass geräuschvolle Feiern der tatsächlichen Sachlage wenig ent-sprechen.“

Zu seinem 76. Geburtstag erhielt er von der Universität ein hübsches Ge-schenk, nämlich eine experimentelle De-monstration des Äquivalenzprinzips in Form eines Arrangements, welches aus einem Besenstiel, einer Feder und einer Kugel bestand. Er führte es mit großem Vergnügen vor.

Am Mittwoch, dem 3. April 955 set-zen plötzlich starke Bauchschmerzen ein, sodass der dringende Verdacht auf eine Perforation des Aneurysmas geäu-ßert werden musste. Eine Operation lehnte Einstein jedoch vehement ab: „Ich möchte gehen, wann ich möchte. Es ist ge-schmacklos, das Leben künstlich zu verlän-gern. Der Tod ist eine alte Schuld, die man endlich entrichtet. Dabei tut man doch in-stinktiv alles mögliche, um diese letzte Er-füllung hinauszuschieben. So ist das Spiel, das die Natur mit uns treibt. Wir mögen selbst darüber lächeln, das wir so sind, aber wir können uns auch nicht freima-chen von den Instinkten, denen wir alle unterworfen sind.“ In dem Bewusstsein seines bevorstehenden Todes sagte er: „Ich habe meinen Anteil getan, es ist Zeit zu gehen.“

> So furchtlos wie er im Leben war, so still und bescheiden war er dem Tod gegenüber

Nach Einlieferung ins Krankenhaus bes-serte sich zunächst sein Zustand. Er ver-langte nach seinen Rechnungen und nach dem Entwurf einer Rundfunkansprache für seine israelischen Brüder. Er konnte sie jedoch nicht mehr beenden. In der Nacht zum 8. April 955 wurde er unru-hig, sprach einige Worte auf deutsch, die die Nachtschwester jedoch nicht verste-hen konnte, und verstarb im Alter von 76 Jahren. Seine Stieftochter Margot, die zur selben Zeit im selben Krankenhaus lag, berichtete über seine letzten Stun-

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Drei Ausgaben der Springer Facharzt-zeitschrift „Monats-schrift Kinderheil-kunde“ widmen sich ausführlich internis-tischen Fragestellun-gen im Kindesalter.

In der Ausgabe „Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED)“ (02/2004) werden folgende Themen ausführlich besprochen:

5 Diagnostik der CED5 CED: Medikamentöse Therapie im Kin-

des- und Jugendalter 5 Ernährungstherapie der CED5 Chirurgische Therapie der Colitis ulce-

rosa im Kindesalter: Ileoanaler Pouch: Indikationen, Technik und Ergebnisse

Das Verständnis der Kardiomyopathien hat sich durch neue Ansätze in der Mole-kularbiologie, in der medikamentösen Behandlung sowie in der Transplanta-

tionstherapie verändert. In der Ausgabe „Kardiomyopathie“ (06/2004) finden Sie Beiträge zu den folgenden Themen:

5 Endomyokardbiopsie: Bedeutung für die Diagnose von Kardiomyopathien im Kindesalter

5 Klinische und pathogenetisch-patho-physiologische Grundlagen

5 Inflammatorische Kardiomyopathie—chronische Myokarditis

5 Metabolische Kardiomyopathien5 Hypertrophe Kardiomyopathie als Sar-

komererkrankung5 Medikamentöse Therapie der Herzinsuf-

fizienz im Kindesalter5 Herztransplantation und mechanische

Kreislaufunterstützung bei Kindern

Die Fragen, wann Spucken bei Klinkin-dern nicht mehr to-leriert werden kann und welcher Schritt dann zu unterneh-men ist, sollen in der Ausgabe „Gastroöso-

phagealer Reflux“ (09/2004) beantwortet werden:

5 Diagnostik des Gastroösophagealen Reflux

5 Endoskopische Diagnostik bei gastroö-sophagealer Refluxkrankheit

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MonatschriftKinderheilkunde.de

Lesetipp

Internistische Probleme bei Kindernden: „Er wartete auf sein Ende wie auf ein bevorstehendes Naturereignis, so furchtlos wie er im Leben war, so still und beschei-den war er dem Tod gegenüber. Ohne Sen-timentalität und ohne Bedauern ist er von dieser Welt gegangen.“ Er selbst hatte eini-ge Wochen vor seinem eigenen Tode, an-lässlich des Ablebens eines Freundes zum Thema „Tod“ folgendes ausgeführt: „Für uns gläubige Physiker hat die Scheidung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nur die Bedeutung einer wenn auch hartnäckigen Illusion.“Einstein wurde auf eigenen Wunsch hin noch am gleichen Tag eingeäschert und die Asche an einem unbekannten Ort ver-streut. Mit Einstein hatte die Wissenschaft einen ihrer größten Denker, die Welt aber einen großartigen Kämpfer für Frieden und Freiheit verloren. Sein Vermächtnis an die Nachwelt lautete: „Wenn ihr nicht ge-rechter, friedlicher und überhaupt vernünf-tiger sein werdet als wir sind bzw. gewesen sind, so soll euch der Teufel holen.“

Korrespondierender AutorDr. P. Stiefelhagen

DRK-Krankenhaus Westerwald, 57627 Hachenburg E-Mail: [email protected]

Interessenkonflikt: Keine Angaben

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