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1 Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt durch Integration von methodischen und von Gender-Aspekten Prof. Dr. rer.-nat. Ingelore Welpe Geschäftsführende Direktorin Institut für Frauenforschung und Gender-Studien Fachhochschule Kiel 2006

Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent ...Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt Institut für Frauenforschung und Gender-Studiender Fachhochschule

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Workshop:Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt durch Integration von methodischen und von Gender-Aspekten

    Prof. Dr. rer.-nat. Ingelore WelpeGeschäftsführende DirektorinInstitut für Frauenforschung und Gender-StudienFachhochschule Kiel

    2006

  • 2

    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Ausgangsfragen:

    1. Warum ist es so schwierig, technische Unterrichtsinhalte optimal zu vermitteln?

    2. Was zeigen Lernwiderstände an?

    3. Welche methodischen Ansätze erleichtern die Vermittlung?

    4. Können Genderaspekte die Lerninhalte und die Lernkultur innovieren?

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Standpunkte!?

    Zeigen Sie uns Ihren Standpunktzu den folgenden Statements:

  • 4

    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Standpunkte!?

    1. Technikinteresse ist schwer zu vermitteln.

  • 5

    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Standpunkte!?

    2. Männern kann man generell technische Inhalte leichter vermitteln als Frauen.

  • 6

    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Standpunkte!?

    3. Für Technik Interessierte muss man keine besonderen methodischen Ansätze für den Unterrichtserfolg vorsehen.

  • 7

    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Standpunkte!?

    4. Gerade bei schwierigen technischen

    Unterrichtsinhalten hängt der Unterrichts-erfolg von der guten Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden ab.

  • 8

    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Standpunkte!?

    5. Einen Pflegeroboter kann man konstruieren, ohne geschlechtsspezifisches Wissen zu verwenden.

  • 9

    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Standpunkte!?

    6. Laborkurse Maschinenbau für Erstsemester sollte man getrennt für Männer und Frauen durchführen.

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Standpunkte!?

    7. Technikunterricht ist dann erfolgreicher, wenn ein Bezug zu beruflichen Tätigkeitsfeldern hergestellt wird.

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Standpunkte!?

    8. Frauen können Frauen technische Unterrichtsinhalte besser vermitteln als Männer und Männer den Männern.

  • 12

    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Standpunkte!?

    9. Für mich war es noch nie besonders schwierig, technische Unterrichtsinhalte zu lernen.

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Persönliche Erfahrungen

    Als ich Schüler/in war, habe ich in den technischen

    Unterrichtsfächern dann optimal lernen können, wenn

    1. ……………………………………………………………………………………………

    2. ……………………………………………………………………………………………

    3. ……………………………………………………………………………………………

    nicht optimal lernen können, wenn

    1. ……………………………………………………………………………………………

    2. ……………………………………………………………………………………………

    3. ……………………………………………………………………………………………

  • 14

    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Persönliche Erfahrungen

    Als Lehrer/in für technische Unterrichtsfächer möchte

    ich heute zur Verbesserung meines Unterrichts folgende

    Fragen besprechen:

    1. Wie………………………………?

    2. Was………………………………?

    3. Wann…………………………….?

    4. Warum……………………………?

  • 15

    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Persönliche Erfahrungen

    Gender und Genderkompetenz sind für mich

    Völlig neue Begriffe und Inhalte �

    Nicht ganz unbekannt �

    Mir bekannt �

    Inhalte, mit denen ich schon arbeite �

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Warum gibt es so hohe Abbruchquotenin technischen Fächern an deutschen Hochschulen?

    In der BRD in den Ingenieurwissenschaften insgesamtan Universitäten im Jahr 2002 30%

    Maschinenbau 34%Elektrotechnik 33%

    Nur 50% Anfänger (m/w) machen einen Studienabschluss!

    Quelle: HIS, A1/2005, Studienabbruchstudie 2005

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Studierende (m/w) der Ingenieurwissenschaften nannten am häufigsten folgende Abbruchgründe:

    • Frontale Präsentation des Lehrstoffs• Unterrichtsinhalte nicht nachvollziehbar• Geringes Interesse der Lehrenden an Betreuung• Fehlende Berücksichtigung des individuellen Lernniveaus• Zu abstraktes Lernniveau• Fehlende Teamarbeit• Studentinnen fühlen sich nicht integriert

    Quelle: Genderanalyse von Studienabbruch-Gründen in ingenieurwissenschaftlichenFachbereichen der HAW Hamburg, Zwischenbericht, 2005

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Lernen geschieht individuell!

    Menschen sind verschieden von Natur ausdurch soziale Herkunftdurch berufliche Sozialisationdurch Erfahrungdurch Wissen und Kompetenzen……………………………………………………

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Lernen geschieht individuell!

    Daher haben Menschen individuelle Strukturen und Prozesse

    für WahrnehmungDenken undHandeln.

    Diese bestimmen� den individuellen Wissensvorrat� das subjektive Lexikon� die persönliche Wissensarchitektur� das spezifische Humankapital

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Lernerfolge hängen ab- vom persönlichen Lernstil- und Lerntempo- von den Interessen- und der (optimalen) Lernumgebung

    und auch von Lernhindernissen, -schranken und-widerständen gegenüber

    - bestimmten Inhalten wie z.B. Technik

    - bestimmten Vermittlungsstilen

    - bestimmten Personen

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Die Optimierung des Lehrens und Lernens wird durch kognitive und emotionale Engpässe bei Lehrenden und Lernenden verhindert.

    Optimierung verlangt daher� Identifikation der Engpässe� Veränderung bei Engpässen

    Mittel: ���� Weiterentwicklung der Fachkultur���� Weiterentwicklung der Lehr- und Lerninteraktion

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Bei kognitiven Engpässen fehlen:

    ¤ Know what → Wissen „Was“¤ Know how → Wissen „Wie“¤ Know why → Wissen „Warum“

    • allgemeines Wissen fehlt „Was ist denn ein Roboter?“

    • spezifisches Wissen fehlt „Wie funktioniert einPflegeroboter?“

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Bei kognitiven Engpässen:

    • zu wenig Übung „Habe nur 1 mal auf einer Computermesse das Softwareprogramm ausprobiert.“

    • Vokabular fehlt „Ich verstehe Soziologendeutsch nicht.“

    • Arbeitsmittel fehlen „Habe keinen leistungsfähigen PC.“

    • Informationen fehlen „Gibt es einen Studiengang Gender und Technik?“

    • Ziele fehlen „Warum soll ich als Frau Maschinenbau studieren?“

    Auch Kompetenzen fehlen „Wie unterrichte ich Technik kompetenter?“

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

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    Bei emotionalen Engpässen fehlt:

    ¤ Care why→ Wollen → Interesse→ Lernbereitschaft → Handlungsbereitschaft

    • Lernlust fehlt „ Technik macht keinen Spaß.“ • Ausdauer fehlt „ Experimentieren ist mir zu

    anstrengend.“

    • Frustrationstoleranz „Grundlagentexte lese ich nur, gering solange ich sie verstehe.“

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Bei emotionalen Engpässen:

    • Angst vor Misserfolg „Informatikstudium schaff ich zu groß sowieso nicht.“

    • Abwehr unangenehmer „Als Frau habe ich schlechteGefühle Erfahrungen in einer Männer-

    domäne gemacht.“

    • Anreize fehlen „Die Anstrengungen in einem Physikstudiumzahlen sich hinterher nicht aus.“

    • Positive Erfahrungen „Mathematikunterricht war in derfehlen Schule immer schon schlecht.“

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Auch externe Motivierung fehlt:

    „Wieso können meine Dozent/innen mich für Technikunterricht nicht genug motivieren?“

    Warum lernt man denn überhaupt?Lernen entsteht

    - aus Lebensinteressen- aus Zielen - aus Problemsituationen- aus Lust- aus Handlungsproblemen - aus Zwang- aus Erwartungen - von selbst

    … und weil es einem in seiner Lebenslage, persönlich und als Mann (Junge) und Frau (Mädchen) „etwas“ Spezifisches bringt.

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Für mich als Mann (Junge) / Frau (Mädchen) bessere Chancen im Leben und Beruf, für mich mehr Ansehen und Aussichten auf mehr Geld, für mich mehr persönliche Entwicklung und mehr Möglichkeiten, meine Bedürfnisse zu befriedigen.

    Fazit für Lehrende:

    1. Lernmotivation, Lerngründe und Einstellungen zu einem Lerngegenstand entstehen immer subjektiv.Die Lernenden bestimmen, ob und wie sie lernen.

    2. Die Biographie und die Lernbiograhie sind die wesentlichen Punkte, an denen Unterricht primär anschließen kann.(Objekte oder Inhalte sind sekundär).

    3. Personenmerkmale wie Sex oder Alter sowie soziale (Gender-)Rollenbestimmen das Selbstkonzept und setzen die Lernanlässe, die Lernmöglichkeiten und die Lernschranken.

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Die Fachkultur in der Technik,die Unterrichtsinhalte technischer Fächer,

    die Unterrichtsdidaktik und –methodikmüssen

    � an den Interessen, Erfahrungen, Lebenswelten und Genderrollender Lernenden anknüpfen,

    � wenn Technikunterricht und technische Studiengänge attraktiv bleiben und moderner werden sollen.

    Die Fachkultur technischer Fächer ändert sich nur dann, wenn sichder Lehrhabitus, die Themenerschließung und die Unterrichts-interaktionen verändern.

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Unterrichtskompetenz in technischen Fächern

    Fachkompetenz ���� Methodenkompetenz(Know what) (Know how)

    ���� Know why ����

    Genderkompetenz ���� Interaktionskompetenz(Know what) (Know how)

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Methodenkompetenz / Methoden richten sich aus:1.o am Unterrichtsgegenstand: Was wird unterrichtet?o an den Unterrichtszielen: Was soll erreicht werden?o an allgemeinen Lerngesetzen: z.B. Wie viel Kapazität hat das Kurzzeitgedächtnis? Was ist Augen und Ohren zumutbar?

    2.o an diversen relevanten Personenmerkmalen der

    Lerngruppe: ♂♂ und ♀♀/ Semesterzahl / Berufserfahrung/Techniksozialisation / Alter …?

    o an der Gruppendynamik: alte / neue Gruppe? intrinsisch / extrinsisch motiviert?

    Daraus ergeben sich generelle Anforderungen an die didaktisch-methodische sowie interaktive Gestaltung der Techniklehre.

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Perspektive auf den Technikunterricht in Schulen

    Lehre bezieht sich auf Lehr-und Lernprozesse in Hochschulen (Techniklehre)

    Unterricht bezieht sich auf Lehr- und Lernprozesse in Schulen (Technikunterricht)

    Begründung: Bei der Lehre steht der Inhalt (…die Lehre von…) im Mittelpunkt.Beim Unterricht steht die Unterweisung(…die Vermittlung von…) im Mittelpunkt.

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Perspektive auf den Technikunterricht in Schulen

    Um den Technikunterricht zu verbessern, muss man sich mit Prozess-variablen, die den Unterrichtsprozess begünstigen bzw. erschweren,befassen:

    • mit Lehrformen• Lehrmethoden• Kommunikations- und Interaktionsstrukturen• Lernumgebung• Medien und auch• mit geschlechts- und gendergebundenen Interessen und

    Zugangsmöglichkeiten der Schüler/innen zum Technikunterricht,

    denn der Aufbau und die Weiterentwicklung von Wissens-, Kompetenz- und Bedürfnisstrukturen enthalten Genderaspekte.

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Geschlechtstypische Sozialisationresultiert

    in unterschiedlichen Genderpotenzialen.

    „Genderpotenziale sindTalente, Antriebe, Anreizmotive, Werte, Einstellungen, Wissen,Kompetenzen, Interessen oder Verhaltensweisen, bei denenzwischen Frauen (Mädchen) und Männern (Jungen) Mittelwert-unterschiede bestehen, die nicht zufällig sind.“

    (Welpe & Welpe 2003)

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Für den Technikunterricht ist dies zu berücksichtigen:

    � Warum unterscheiden sich die Präferenzen im Technikunterricht?(Inhalte / Methodik / Interaktion)

    Motivationsunterschiede!

    2. Wie kommen die unterschiedlichen Wahrnehmungs- und Denkstile im Technikunterricht zum Tragen?(Aufmerksamkeit / Interessengegenstände / Problemlösungs-modus)

    Kognitionsunterschiede!

    3. Wie und mit wem werden produktive Interaktionsbeziehungen hergestellt?(Beteiligung / Kontakte / Engagement)

    Beziehungsunterschiede!

    (vgl. Welpe & Schmeck 2005)

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Die primären Unterschiede in Technikinteresse und Technik-kompetenz werden in Familien, Vorschulen und Schulen geschlechtstypisch ausgebildet und sekundär aufrecht-erhalten!

    Folgen:Mit zunehmendem Alter verlieren Mädchen� Technikinteresse und Technikmotivation� Vertrauen in eigene Fähigkeiten in „harten“ Bereichen (Technik / Physik /

    Informatik…)� Verständnis für Technik schwindet� Unterrichtsbeteiligung / Leistungsfähigkeit schwindet� Berufswahl und Berufskarrieren werden begrenzt(vgl. z.B. Häußler & Hoffmann 2005)

    Mädchen interessieren sich erst dann für Technik, wenn Nutzen,breitere Anwendbarkeit und soziale Aspekte klar sind und sie einensinnvollen Grund für das Thema akzeptieren können.Jungen sind oft schon motiviert durch neue technische Möglichkeiten.

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Zielsetzungen für innovativen Technikunterricht

    1. Genderaspekte und Didaktikaspekte integriert in den Unterricht einbringen!

    2. Lehrer/innen für innovativen / genderfairenTechnikunterricht schulen!

    3. Technikkurse für Mädchen durchführen!

    4. Innovative Unterrichtsmedien / Unterrichtsmaterialien benutzen / entwickeln!

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Wie erkennt man Genderaspektefür den Technikunterricht?

    Mögliche Blickwinkel:

    � Auf Technikgeschichte, -entwicklung, -produktion und Techniknutzung.

    2. Auf unterschiedliche Lebenslagen und Genderrollen für Frauen (Mädchen) und Männer (Jungen).

    3. Auf die Vielfalt der Bedürfnisse und Zukunftserwartungen beider Geschlechter.

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Benutzung eines Genderleitfadens!

    Die Fragen eines Leitfadens helfen,

    1. einen Genderbias zu erkennen und2. die Genderrelevanz zu entdecken

    in einem Curriculum oder bei einem speziellen Unterrichtsthema/-vorhaben zuberücksichtigen.

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    1. Beispiele für Genderbias aus dem Physikunterricht:

    • Wird Physik rein inhaltlich vermittelt, lebenskontext- und genderneutral? Wie begründbar?

    • Geschieht Vermittlung mit reiner Oberflächenstrategie? Viel Know what?

    • Rein quantitative Faktenvermittlung, auf Wissensproduktion zielenden Wissenserwerb?

    • Genealogie des Fachs Physik nur anhand männlicher Physiker (von Galilei, Kepler bis Einstein)?

    • Vielfältige Beispiele aus männlichen Berufs- und Erfahrungswelten (z.B. Raumfahrt, Atomphysik, Weltformel-suche, oder Marine, Militär, Rasierspiegel,...)?

    • Unterrichtsstoff/-didaktik bedient männliche Identitäts-bildung oder Lernstile (rezeptiv, frontal, distanziert, anreiz-arme Medien, vorgeschriebene Lösungswege), androzentrisch auch durch die Sprache („der Physiker“)?

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Beispiele für Genderbias aus dem Physikunterricht:

    • Positivistisches, androzentrisches Wissenschaftsverständnis (nur „Erfolge der Physik“), keine Irrtümer oder Katastro-phen durch Anwendung von Forschungsergebnissen?

    • Anwendungsbeispiele mit prestigeträchtigem männlichen Berufsfeldbezug (Luft-/Raumfahrtingenieur, Nachrichtentechnologie,...)?

    Lehrer/innen haben im Physikstudium sowohl die „sicher“ relevanten Inhalte und die direktive und rezeptive Art der Wissensvermittlung sowie Genderbias miterworben.

    Reflexion und Vergleich mit Unterrichtskulturen anderer natur-wissenschaftlich-technischer Disziplinen (z.B. Biologie) sind daher notwendig und weiterführend!

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Übungsaufgabe (s. Arbeitsblatt 2)

    Finden Sie in Partnerarbeit (bitte jeweils m/w) zum Abbau eines inhaltlichen / methodischen Genderbias zugunsten von Jungen / jungen Männern im

    • Physikunterricht• Informatikunterricht• Maschinenbauunterricht• Multimediaunterricht (z.B. Lernsoftware-Gestaltung...)• oder nach Ihrer Wahl

    fünf verschiedene Gegenbeispiele(z.B. andere Inhalte, Methoden, Anwendungsbereiche,Persönlichkeiten, Forschungsergebnisse, Sprache, etc.)für einen genderfairen Unterricht.

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    2. Beispiele für generelle Leitfragen zur Genderrelevanz(Genderstereotypen, soziale Genderstrukturen, psychologische und biologische Unterschiede m/w)(vgl. z.B. Bühren & Schraudner 2006, Münst 2002)

    • Sind für die Technikdisziplin Sex (Biologie) und/oder Gender(Morphologie/Physiologie/Psychologie; Frauen-/Männer-rollen; Lebens-/Tätigkeitsbereiche) in irgendeinem Aspekt relevant? Fehlende Relevanz muss begründbar sein!

    • Gibt es unterschiedliche Interessenbereiche (m/w) und sind daher unterschiedliche Inhalte angebracht?

    • Wird Technik unterschiedlich genutzt (m/w)? Sind die beruflichen oder gesellschaftlichen Anwendungsbereiche einer Technikdisziplin genderrelevant?

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Beispiele für generelle Leitfragen zur Genderrelevanz

    • Transportiert das Technikthema Genderstereotype oder gendertypische Ausgrenzungen? Festschreibungen bevorvorzugender oder benachteiligender Genderbias?

    • Besteht in einer Technikdisziplin eine gendersensible oder genderunfaire Fachkultur? Ist die Lehr-/Unterrichtskultur genderfair? Anforderungen an Wahrnehmungs-, Denk- und Problemlösungsstile?!

    • Ist Gender in der Technikgeschichte der Disziplin relevant? Wird Gender zukünftig im fortschreitenden Entwicklungsprozess relevant?

    • Welchen Einfluss haben Sex und Gender auf die Interaktionen der Lehrenden und Lernenden im Unterricht? Relevante Geschlechterzeichen in der Interaktion (vgl. Goffman 1994).

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Anwendungsbeispiele (vgl. z.B.� Fraunhofer Institut System- und Innovationsforschung, Karlsruhe� Institut für angewandte Ergonomie und Kommunikationsdesign, Berlin� Kompetenzzentrum Genderforschung Informatik und Naturwissenschaft,

    Freiburg)

    Beispiel 1: Softwaretool „Simulation: Entfaltung eines Airbags“ für Fahrzeug und Airbaghersteller

    Genderrelevanz? Ja

    • Körperbauunterschiede (Gewicht, Größe, Schwangerschaft)• Ergonomieunterschiede• Unterschiedlicher Fahrstil• Unterschiedliche Sicherheitsbedürfnisse / Kindertransporte• Dummy-Modellierung (m/w) Integration in Softwaremodul

  • 45

    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Anwendungsbeispiele

    Beispiel 2: Entwicklung von Lernsoftware

    Genderrelevanz? Ja

    Gendergerechte Lernmodule haben:

    • gendersensitive Ansprache (Voice over, Avatare)• Lebensweltbezug (w/m)• berücksichtigen unterschiedliches Wissens-/Kompetenz-niveau

    (m/w)• gendersensitives Didaktikkonzept• lebensnahe (m/w) interaktive Lernangebote• textliche und visuelle Gegenbeispiele zu genderstereotypen und

    klassischen Rollen

  • 46

    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Anwendungsbeispiele

    Beispiel 2: Entwicklung von Lernsoftware

    (Fortsetzung) Gendergerechte Lernmodule haben:

    • Gendergerechte, nicht-diskriminierende Sprache• gendersensible pädagogische Betreuung (Zeitaufwand,

    Kommunikation mono-/koedukative Form)• berücksichtigen technische Voraussetzungen von User/innen• berücksichtigen Softwareergonomie• wurden in divers zusammengesetzten Nutzergruppen (w/m)

    getestet• und zitieren Autorinnen und Autoren ausgewogen

  • 47

    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Weitere Beispiele mit positiver Genderrelevanz

    � Spracherkennungssysteme: müssen Frequenzunterschiede männlicher und weiblicher Stimmlagen erkennen.

    � Interaktive Pflegeroboter: Ältere Frauen / Männer haben verschiedene Wünsche und Bedürfnisse (Haushaltshilfe, Mobilität,Kommunikation, soziale Integration). Männer wollen z.B. Versorgung mit Speisen und Getränken, Frauen Unterstützung bei der täglichen Hygiene.

    � Sportartikel: Atomic Ski hat Modellreihe Balance für Frauen und deren Anatomie entwickelt. Leichteres Drehverhalten, verkürzter Vorderskibereich, rutschfeste Griffzone zum Tragen, besondere Optik.

    � Montagesysteme: mehrheitlich bedienen Frauen (69%) Montagesysteme. Ergonomie, Motorik, Kraft, Größe, Körpermaße und Längenverhältnisse, gesundheitliche Belastbarkeit (w) sind zu berücksichtigen. Navigationsleisten und Menüs auf Textwahrnehmung (w) sind zu bedenken.

  • 48

    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Gendersensible Technikkurse für MädchenBeispiel Roberta

    • Roberta ist ein Kurzkurs für Mädchen ab 12 Jahren und junge Frauen, um sie an Ingenieurwissenschaften heranzuführen.

    • Schnupperkurs (2 Std.) - Einführungskurs (8 Std.)

    • Schulungsmaterialien wurden für Mädchen entwickelt, ebenso fürJungen geeignet.

    • 12 regionale Roberta-Zentren für Interessierte in der BRD• 200 geschulte Roberta-Lehrerinnen gibt es bereits.• Bisher wurden 200 Kurse in der BRD mit 2600 Teilnehmer/innen,

    davon 2/3 Mädchen, durchgeführt.

    (vgl. Hartmann & Schecker 2005)

  • 49

    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Quelle: www.roberta-home.de

  • 50

    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Gendersensible Technikkurse für MädchenBeispiel Roberta

    • Keine Vorkenntnisse erforderlich.• Ein Roboter wird spielerisch und selbstentdeckend konstruiert und

    programmiert (Lego-Bausatz).• Prinzip der minimalen Hilfe durch die Lehrerin bei der Gruppenarbeit.• Programmschritte-Erprobung sofort am Roboter zur Fehlerkorrektur und

    Lern-Feedback.• Wissensaufbau Technik, Kompetenzaufbau, Präsentation, Problemlösung,

    Kommunikation.• Teamarbeit, Kooperation, Selbstvertrauen, Informatikmotivation.• Teilnahme der Teilnehmer/innen an Roberta-Wettbewerben um den

    Robocup.

    • Unterrichtskonzept hat sich bewährt, EU-weite Verbreitung ist in Vorbereitung.

    Lassen Sie sich schulen!

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Unterrichtsmaterialien Technik

    Eine Reihe von Unterrichtsmaterialien stehen für unterschiedlicheAltersgruppen und Technikthemen zur Verfügung:

    • Hörspiel „Luca, Lilly und das Laserding“Das Hörspiel zeigt, wie einfach Technik auch für Kinder sein kann. Kai Rönnau (Autor von „Löwenzahn“/ZDF) erzählt eine spannende Geschichte rund um die Themen Licht, Optik und Lasertechnik.Das Hörspiel steht kostenlos zur Verfügung unter: http://www.faszinationlicht.de/scripts/php/hoerspiel.php

    • Schulversuch:Experimente auf der Erde und im All – in EchtzeitDer ESA-Astronaut Thomas Reiter führt im September 2006 im Weltall das gleiche Experiment durch wie die Kinder und Jugendlichen in ihren Klassen. Kostenfreie Arbeitsmaterialien erhältlich unter:http://www.lehrer-online.de/dyn/9.asp?url=540842.htm

  • 52

    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    FazinationLicht: http://www.faszinationlicht.de

  • 53

    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Auf dieser Website wird außer dem Hörspiel auch ein Internet-Labor und eine Experimente-sammlung für Versuche angeboten, die mit einfachen Alltagsdingen durchgeführt werden können.http://www.faszinationlicht.de/scripts/php/index.php

  • 54

    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Schulversuch: www.school-in-space

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Literatur

    Bühren, S./Schraudner, M. (2006): Wie können Genderaspekte in Forschungsvorhaben erkannt und bewertet werden?, Karlsruhe.

    Hartmann, S./Schecker, H. (2005): Bietet Robotik Mädchen einen Zugang zu Informatik, Technik und Naturwissenschaft? –Evaluationsergebnisse zu dem Projekt „Roberta“. In: Z.f. Didaktik der Naturwissenschaften, Jg.11, S. 7-19.

    Münst, A.S. (2002): Wissensvermittlung und Geschlechterkonstruk-tionen in der Hochschule, Weinheim.

    Welpe, I./Schmeck, M. (2005): Kompaktwissen Gender in Organisationen, Frankfurt.

    Welpe, I./Welpe, I. (2003): Frauen sind besser. Männer auch, Wien.

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    „Mit dem Lernen ist es wie mit dem Rudern,wer damit aufhört, wird zurückgetrieben.“

    Benjamin Franklin

    Institut für Frauenforschung und Gender-StudienFachhochschule KielSokratesplatz 224149 [email protected]

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Online Status Report: www.frauenforschung.fh-kiel.de/ingelore/Index.htm

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel

    Online Ringvorlesungen: www.frauenforschung.fh-kiel.de/Ingelore/Ringvorlesungen/ORV.htm

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    Workshop: Wie man technische Unterrichtsinhalte kompetent lehrt

    Institut für Frauenforschung und Gender-Studien der Fachhochschule Kiel