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Blut, Band XX, Seite 127-128 (1970) TAGUNGSBERICHT XlI. Kongret~ der Internationalen Gesellschaft far Bluttransfusion Moskau, 17. bis 23. August 1969 Bericht der Delegierten der Deutschen Gesellschaft fiir Bluttransfusion Der XII. Kongrel3 der Internationalen Transfusionsgesellschaft land vom 17. bis 23. August 1969 in der Lomonosow-Universititt in Moskau statt. 2600 Teilnehmer aus 48 L/indern nahmen daran teil. Es war erfreulich festzustellen, dab aus der Bundes- republik Deutschland und aus der DDR etwa gleich viele Wissenschaftler (ca. 50) den Kongreg besuchten. Das wissenschaftliche Programm bezog sich im wesentlichert auf die gleichen Hauptthemen wie bei den friiheren internationalen Transfusionskongressen. - Bei der Blutkonservierung stand eindeutig die Tiefkfihlkonservierung yon Erythrozyten im Vordergrund. Von namhaften Experten wurde ein ausgezeichneter {)berblick fiber die verschiedenen Methoden unter Anwendung unterschiedlicher Schutz- substanzen gegeben. Das Interesse der sowjetischen Forscher konzentrierte sich vor- wiegend auf die extrazelluliiren Schutzsubstanzen. In grof~em Umfange werden an einigen Zentren der UdSSR Knochenmarks-Konserven im gefrorenen Zustand gelagert. Die Methoden zur Beurteilung der Lebensfiihigkeit dieser Knochenmarks- zellen wurden lebhaft diskutiert. - Wie zu erwarten, standen die ausschlief31ich von sowjetischen Forschern vorgetragenen Erfahrungen mit Leichenblut-Transfusionen im Vordergrund einer Sitzung. Dariiber hinaus war die M/Sglichkeit gegeben, eine Entnahme von Leichenblut in dem Sklifosovskij-Institut zu sehen. Im groBen und ganzen wird jedoch die Bedeutung des Leichenblutes ffir die Blutkonservierung in der Sowjetunion wesentlich iiberschiitzt. Wie zu erfahren war, wird nut an je einem Institut in Moskau und in Leningrad Leichenblut verwendet. Das ohne gerinnungs- hemmende Zusfitze entnommene Leichenblut kann bis zu 15 Tagen bei -~4~ C auf- bewahrt werden. Wenn auch die mitgeteilten Erfolge hinsichtlich der Vertr~iglichkeit dieser Konserven recht beachtlich waren, so blieben doch zahlreiche wissenschas liche Fragen noch often (Einftuf~ auf das Gerinnungssystem des Empfiingers, detail- lierte {]berlebenszeitstudien mit modernen Isotopentechniken, O2-Bindungskapazitiit der Erythrozyten u. a. m.). - In der Blutgruppenserologie wurden zahlreiche popu- lationsgenetische Studien vorgetragen, die sich vorwiegend auf asiatische Bev/51- kerungsgruppen in und auBerhalb der Sowjetunion bezogen. Der Umfang der untersuchten Merkmale war jedoch recht unterschiedlich. Interessant war, dab mehrere Redner fiber eigene F/ilIe der seltenen Rhnun-Gruppe berichteten und auf die m/Sglichen Zusammenhiinge zwischen dieser Defektgruppe und unklarer hiimo- lytischer Aniimien (Rhn~n-disease) hinwiesen. Interessante Parallelen zeigen En(a-)- Erythrozyten, die ebenfalls ,unterdriickte' MN-Antigene besitzen, jedoch im Koch- salzmilieu mit inkompletten Rh- Seren wie enzymbehandehe Erythrozyten reagieren. Zahlreiche Vortr/ige handelten fiber die Prophylaxe der Rh-Sensibilisierung mit Immunoglobulin Anti-D. Besonders wichtig erschien eine Beobachtung, wonach ffir die Abstof3ung der Frfichte auch zytotoxische Antik6rper eine Rolle spielen, die ebenfalls dutch Anti-D-Gaben - allerdings in sehr hoher Konzentration - unter-

XII. Kongreß der Internationalen Gesellschaft für Bluttransfusion

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Page 1: XII. Kongreß der Internationalen Gesellschaft für Bluttransfusion

Blut, Band XX, Seite 127-128 (1970)

TAGUNGSBERICHT

XlI. Kongret~ der Internationalen Gesellschaft far Bluttransfusion

Moskau, 17. bis 23. August 1969

Bericht der Delegierten der Deutschen Gesellschaft fiir Bluttransfusion

Der XII. Kongrel3 der Internationalen Transfusionsgesellschaft land vom 17. bis 23. August 1969 in der Lomonosow-Universititt in Moskau statt. 2600 Teilnehmer aus 48 L/indern nahmen daran teil. Es war erfreulich festzustellen, dab aus der Bundes- republik Deutschland und aus der DDR etwa gleich viele Wissenschaftler (ca. 50) den Kongreg besuchten.

Das wissenschaftliche Programm bezog sich im wesentlichert auf die gleichen Hauptthemen wie bei den friiheren internationalen Transfusionskongressen. - Bei der Blutkonservierung stand eindeutig die Tiefkfihlkonservierung yon Erythrozyten im Vordergrund. Von namhaften Experten wurde ein ausgezeichneter {)berblick fiber die verschiedenen Methoden unter Anwendung unterschiedlicher Schutz- substanzen gegeben. Das Interesse der sowjetischen Forscher konzentrierte sich vor- wiegend auf die extrazelluliiren Schutzsubstanzen. In grof~em Umfange werden an einigen Zentren der UdSSR Knochenmarks-Konserven im gefrorenen Zustand gelagert. Die Methoden zur Beurteilung der Lebensfiihigkeit dieser Knochenmarks- zellen wurden lebhaft diskutiert. - Wie zu erwarten, standen die ausschlief31ich von sowjetischen Forschern vorgetragenen Erfahrungen mit Leichenblut-Transfusionen im Vordergrund einer Sitzung. Dariiber hinaus war die M/Sglichkeit gegeben, eine Entnahme von Leichenblut in dem Sklifosovskij-Institut zu sehen. Im groBen und ganzen wird jedoch die Bedeutung des Leichenblutes ffir die Blutkonservierung in der Sowjetunion wesentlich iiberschiitzt. Wie zu erfahren war, wird nut an je einem Institut in Moskau und in Leningrad Leichenblut verwendet. Das ohne gerinnungs- hemmende Zusfitze entnommene Leichenblut kann bis zu 15 Tagen bei -~4 ~ C auf- bewahrt werden. Wenn auch die mitgeteilten Erfolge hinsichtlich der Vertr~iglichkeit dieser Konserven recht beachtlich waren, so blieben doch zahlreiche wissenschas liche Fragen noch often (Einftuf~ auf das Gerinnungssystem des Empfiingers, detail- lierte {]berlebenszeitstudien mit modernen Isotopentechniken, O2-Bindungskapazitiit der Erythrozyten u. a. m.). - In der Blutgruppenserologie wurden zahlreiche popu- lationsgenetische Studien vorgetragen, die sich vorwiegend auf asiatische Bev/51- kerungsgruppen in und auBerhalb der Sowjetunion bezogen. Der Umfang der untersuchten Merkmale war jedoch recht unterschiedlich. Interessant war, dab mehrere Redner fiber eigene F/ilIe der seltenen Rhnun-Gruppe berichteten und auf die m/Sglichen Zusammenhiinge zwischen dieser Defektgruppe und unklarer hiimo- lytischer Aniimien (Rhn~n-disease) hinwiesen. Interessante Parallelen zeigen En(a-)- Erythrozyten, die ebenfalls ,unterdriickte' MN-Antigene besitzen, jedoch im Koch- salzmilieu mit inkompletten Rh- Seren wie enzymbehandehe Erythrozyten reagieren.

Zahlreiche Vortr/ige handelten fiber die Prophylaxe der Rh-Sensibilisierung mit Immunoglobulin Anti-D. Besonders wichtig erschien eine Beobachtung, wonach ffir die Abstof3ung der Frfichte auch zytotoxische Antik6rper eine Rolle spielen, die ebenfalls dutch Anti-D-Gaben - allerdings in sehr hoher Konzentration - unter-

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drtickt werden k6nnen. - Die Bestimmung der Leukozyten-Antigene im Rahmen der Histokompatibilitiitstestung wird offenbar in vielen L~indern in groBem Umfange betrieben. Die beobachteten Unterschiede in den Merkmalshiiufigkeiten sind recht betr~ichtlich. - Weitere Hauptthemen waren die Serochemie, neue seltene Allele und Varianten verschiedener Blutgruppensysteme, die gezielte Hfimotherapie, ins- besondere die Transfusion mit Thrombozyten- und Leukozyten-Pr/tparaten sowie mit gerinnungsaktiven Plasmabestandteilen, die Massivtransfusion und Schock- behandlung sowie endlich spezielle Spenderprobleme. Letztere wurden in einer Sondersitzung gemeinsam mit der internationalen Liga der Rotkreuzgesellschaften abgehandelt. In vielen Liindern des Ostblocks, wie z. B. auch in der Sowjetunion tiberwiegen zwar jetzt noch die bezahlten Blutspenden, doch werden allerseits Anstrengungen unternommen, auf die unbezahlte Blutspende tiberzugehen. - Der organisatorische Ablauf des Kongresses war im allgemeinen befriedigend. Da nach tiblichem internationalen Brauch die Landessprache des gastgebenden Landes als KongreBsprache zugelassen war, und tiberdies in vielen Gebieten russische Redner tiberwogen (mehr als 50~o), waren die meisten Ausl~inder auf die Simultantiber- setzung angewiesen, die im wesentlichen reibungslos funktionierte. Nachteilig war jedoch, dab viele russische Redner keine oder nur wenige, technisch nicht selten unvollkommene Diapositive mit kyrillischer Beschriftung vorwiesen, die natur- gem~g unverst~indlich blieben.

Ein reichhaltiges Rahmenprogramm an interessanten Filmen aus vielen Teilen der Welt wurde neben den wissenschaftlichen ParallelsitzUngen geboten. Daneben gab es eine wissenschaftliche und werbem~tBige Plakatausstellung in der Lomonosow- Universititt. Die Industrieausstellung land in zwei benachbarten Gebfiuden statt. Vom Rahmenprogramm sei insbesondere die feierliche Er6ffnungs- und SchluB- sitzung erwfihnt. Auf der letzteren wurde den Julliard-Preis an Herrn Dr. Vyas ftir seine Untersuchungen tiber die immunbiologische Bedeutung des menschlichen Anti-IgA verliehen. - Der niichste Kongref~ wird vom 27.8. bis 2.9.1972 in Washing- ton DC (Shoreham Hotel) stattfinden. Im August 1970 ist wfihrend des Internatio- nalen Kongresses ftir Hiimatologie in Mtinchen ein Symposium yon der Inter- nationalen Transfusionsgesellschaft tiber Hepatitis-Antigen und Hepatitis-Antik6rper vorgesehen.

W. Spielmann, Chr. Rittner, L. Roka und U. Sachs

Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. W. Spielmann, 6 Frankfurt a. Main Stid 10, Ludwig Rehn-Strage 14