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mykosen 16 (7) : 253-255 (1973) Eingegangen am 2. April 1973 XVI I I. I n t e rnat io na I es Hygiene- Ko I I o q u i u m der Th. Goldschmidt AG, Essen am 20. Marz 1973 (Schlui3) H. EDELMEYER Im weiteren Verlauf des Kolloquiums wurden Themen behandelt, deren Bedeutung in der Lebensmittelindustrie standig zunimmt. ,,Desinfektionsmittelpriifung unter Beriicksihtigung der Probleme in fleischbe- und verarbeitenden Betrieben" war das Thema des Vortrages von Professor Dr. med. vet. R. HADLOK, Giei3en. Die Besiedlung des ursprunglich als keimfrei anzusehenden Fleisches mit Mikroorganis- men beginnt bereits wahrend des Schlachtprozesses. Sie setzt sich bei der Be- und Verarbei- tung von Fleisch fort. Das AusmaB der Endkontamination von Fleischprodukten hangt wesentlich davon ab, wie viele wirksame HygienemaBnahmen der ursprunglichen Kon- taminationsflora entgegengestellt werden. Nur die permanente Anwendung der in ihrer Wirksamkeit uberpruften Hygienemahahmen kann eine deutliche Keimverminderung bewirken. Zu diesen Mathahmen zahlen die Reinigung und die Desinfektion. Im Rahmen eigener Untersuchungen wurde die Wirksamkeit des neuentwickelten Des- infektionsmittels TEGO-diocto bestimmt, das in fleischbe- und verarbeitenden Betrieben zur Anwendung gelangt. Das Hauptaugenmerk des Prufers richtete sich dabei vor allem auf eine Erprobung unter praktischen Verhaltnissen. Als Objekte dienten der Schlachthofboden (Schweine- Halle) und ein Metalltisch, der mit aus dem Schlachthofmilieu stammenden Mikroorganis- men kontaminiert war. Mit EGO-diocto wurden folgende Desinfektionsergebnisse erzielt : Am Metalltisch: 0,25 %ige TEGO-diocto-Losung . 99,4 X Abtotung 0,50 %ige Losung 99,3 % Abtotung 1,OO %ige Losung 99,99 % Abtotung Am FuBboden der Schweineschlachthalle: 0,25 %ige TEGO-diocto-Losung 56,7 .% Abtotung 0,50 %ige Losung 70,4 % Abtotung 1,OO Xige Losung 93,2 % Abtotung der zum Zeitpunkt der Desinfektion vorhandenen Mikroorganismen.

XVIII. Internationales Hygiene-Kolloquium der Th. Goldschmidt AG, Essen am 20. März 1973: (Schluß)

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Page 1: XVIII. Internationales Hygiene-Kolloquium der Th. Goldschmidt AG, Essen am 20. März 1973: (Schluß)

mykosen 16 (7) : 253-255 (1973) Eingegangen am 2. April 1973

XVI I I. I n t e r n at io n a I es Hygiene- Ko I I o q u i u m der Th. Goldschmidt AG, Essen am 20. Marz 1973

(Schlui3)

H. EDELMEYER

Im weiteren Verlauf des Kolloquiums wurden Themen behandelt, deren Bedeutung in der Lebensmittelindustrie standig zunimmt.

,,Desinfektionsmittelpriifung unter Beriicksihtigung der Probleme in fleischbe- und verarbeitenden Betrieben"

war das Thema des Vortrages von Professor Dr. med. vet. R. HADLOK, Giei3en.

Die Besiedlung des ursprunglich als keimfrei anzusehenden Fleisches mit Mikroorganis- men beginnt bereits wahrend des Schlachtprozesses. Sie setzt sich bei der Be- und Verarbei- tung von Fleisch fort. Das AusmaB der Endkontamination von Fleischprodukten hangt wesentlich davon ab, wie viele wirksame HygienemaBnahmen der ursprunglichen Kon- taminationsflora entgegengestellt werden. Nur die permanente Anwendung der in ihrer Wirksamkeit uberpruften Hygienemahahmen kann eine deutliche Keimverminderung bewirken. Zu diesen Mathahmen zahlen die Reinigung und die Desinfektion.

Im Rahmen eigener Untersuchungen wurde die Wirksamkeit des neuentwickelten Des- infektionsmittels TEGO-diocto bestimmt, das in fleischbe- und verarbeitenden Betrieben zur Anwendung gelangt.

Das Hauptaugenmerk des Prufers richtete sich dabei vor allem auf eine Erprobung unter praktischen Verhaltnissen. Als Objekte dienten der Schlachthofboden (Schweine- Halle) und ein Metalltisch, der mit aus dem Schlachthofmilieu stammenden Mikroorganis- men kontaminiert war.

Mit EGO-dioc to wurden folgende Desinfektionsergebnisse erzielt :

Am Metalltisch: 0,25 %ige TEGO-diocto-Losung . 99,4 X Abtotung 0,50 %ige Losung 99,3 % Abtotung 1,OO %ige Losung 99,99 % Abtotung

Am FuBboden der Schweineschlachthalle: 0,25 %ige TEGO-diocto-Losung 56,7 .% Abtotung

0,50 %ige Losung 70,4 % Abtotung 1,OO Xige Losung 93,2 % Abtotung

der zum Zeitpunkt der Desinfektion vorhandenen Mikroorganismen.

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An der Metalltischoberflache befanden sich zum Zeitpunkt der Desinfektion durch- schnittlich 140,5 Millionen Mikroorganismen.

Auf dem vorgereinigten FuBboden der Schlachthalle betrug die Keimzahl durch- schnittlich 4,5 Millionen Keirne pro Flacheneinheit (36 cme).

Das Desinfektionsergebnis macht ersichtlich, dai3 zum Schutz der Fleischprodukte vor der taglich neuen Kontaminationsflora wirksame Reinigungs- und Desinfektionsmittel zur Anwendung gelangen miissen. Fur die vom Gesetzgeber als erforderlich angesehene und vorgeschriebene Reinigung und Desinfektion bei der Fleischgewinnung und -bearbei- tung werden wirksame Desinfektionsmittel angeboten, deren Desinfektionswert gepriifi und statistisch gesichert ist.

,Die lebensmittelhygienische Bedeutung psychrophiler Keime"

betitelte Dr. med. vet. G. LOTT, Zurich, seinen Beitrag iiber ein die LebensmittelwirtschaR sehr stark beschaftigendes Problem. Durch Kiihlung sol1 dem Verderb von Lebensrnitteln entgegengewirkt werden. Die Kalteeinwirkung verhindert die Vermehrung mikrobieller Erreger, zumindest aber gewahrleistet sie ein stark verlangsamtes Keimwachstum. Durch Kalteeinwirkung allein lai3t sich jedoch der Verderb nicht vollig unterbinden, weil es Mikroorganismen gibt, die auch bei Kiihltemperatur verrnehrungsfahig bleiben. Fur diese Art kalteliebender Keime wurde der Begriff psychrophile Mikroorganismen gepragt. Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand werden 18 verschiedene Bakterien-Genera als mehr oder weniger kaltefreundlich eingestufi.

In Lebensmitteln iiberwiegen gramnegative Bakterien der Gattung Pseudomonas, Achromobacter und Flavobacterium. Ober die Bedeutung der ebenfalls kaltefreundlichen Hefen und Schimmelpilze ist bislang wenig gearbeitet worden.

Die Schadwirkung psychrotropher Mikororganismen auf Lebensmittel besteht sowohl im Abbau des Eiweiaes (Proteolyse) wie auch in der unerwiinschten Veranderung an Fett (Lipolyse)). Hinzu kommt die Bildung von Schleimstoffen an der Oberflache von Lebens- rnitteln, die beispielsweise am Schrnierigwerden von Wiirsten erkannt werden kann. Als Zeichen solcher Verderbnis treten typische Geruchs- und Geschmacksveranderungen auf. Besprochen wurde die Einwirkung psychrophiler Mikroorganismen auf Fleisch und Fleischwaren sowie Milch und Molkereiprodukte.

Um dem bei der Kiihllagerung von Lebensmitteln einsetzenden Verderb entgegenzuwir- ken, mui3 bereits bei der Gewinnung und Erzeugung von Lebensmitteln auf die strikte Einhaltung betriebshygienischer Anordnungen geachtet werden. Der ,,Kuhlkette" ist die ,Hygiene-Kette" beizuordnen. Unter ,,Hygiene-Kette" wird dabei das Bestreben verstan- den, ein Lebensmittel uber seinen gesamten Herstellungsgang von der Gewinnung bis zum Endprodukt so zu behandeln, dai3 es moglichst keimarm bleibt. Es ist wichtig, durch regel- mai3ige Reinigung und Desinfektion den Aufbau einer betriebseigenen psychrophilen Flora zu verhindern.

In diesem Zusammenhang ist die Frage von Bedeutung, inwieweit Schimmelpilze bei niedrigen Temperaturen Gifistoffe bilden, wahrend sie es bei hoheren Temperaturen nicht tun.

mykosen 16, Heft 7 (1973)

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Die Professoren Dr. med. vet. G. REDAELLI und Dr. med. vet. G. RUFFO, Mailand, trugen uber

,Die Bedeutung der Mastitisbekirnpfung fur die Herstellung von Weichkise"

vor.

Durch Mastitiden der Milchkuhe wird den Molkereien und Kasereien eine Milch an- geliefert, die sich hinsichtlich verschiedener Bestandteile - wie Fett, Laktose, Mineralsalze aber auch gewisser physikochemischer Eigenschaften - von der normalen gesunden Milch unterscheidet. Die Milch mastitiskranker Tiere kann zu Schwierigkeiten bei der Verarbei- tung zu Molkereiprodukten und Kase fuhren.

So konnte beispielsweise festgestellt werden, da8 der Kaseingehalt Streptococcus agalactiae infizierter Tiere um 11 % niedriger lag als bei gesunden Kuhen. Das Trocken- gewicht des Kasebruchs von Mastitismilch liegt um 20 % unter dem von Normalmilch. Auch in organoleptischer Hinsicht und in der Struktur des Kases treten bei der Verarbei- tung von Mastitismilch Abweichungen auf. Maanahmen zur Bekampfung der Mastitis wurden beschrieben. Hierzu gehoren vor allem Oberlegungen beziiglich der Automatisie- rung der Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten am Euter. Mit der Losung dieses Pro- blemes befassen sich die Vortragenden seit einiger Zeit.

Die Veranstaltung wurde mit einem Beitrag von Professor Dr. med. G. KIELWEIN, GieBen, abgeschlossen, der sich mit den

,Problernkeirnen Pseudomonas in der Milchwirtschaft" befahe.

Was das Vorkommen von Pseudomonaden in Milch und Milchprodukten anlangt, so bestehen betrachtliche regionale Unterschiede. In einer Vielzahl von Rohmilchprodukten wurden zu 92 % uber 100 Pseudomonaden pro ml nachgewiesen. In pasteurisierter Trink- milch waren es 34 %, in Schlagsahne 28 % und in Butter 20 %. Das Vorkommen von Pseudomonas aeruginosa in Milch und Molkereiprodukten deutet stets auf erhebliche hygienische Mange1 bei der Gewinnung, Behandlung sowie Be- und Verarbeitung von Milch hin.

Pseudomonaden sind teilweise Proteinspalter (Eiweiazersetzer) und Fettspalter. Fur Menschen und Tiere sind Pseudomonas aeruginosa potentiell pathogen. Diese Feststellun- gen wurden anhand von Beispielen unterstrichen. Als Gegenmahahmen empfahl der Vortragende die Reinigung und Desinfektion mit wirksamen Mitteln, beispielsweise TEGO-diocto.

Von einem fachkundigen Auditorium wurden die wertvollen Informationen der Refe- renten uber aktuelle Probleme und deren Losungen in verschiedenen Bereichen der Hygiene, Bakteriologie und Chemie recht lebhafl diskutiert.

Allgemeine Zustimmung fand die wiederum objektive Berichterstattung und sachliche Diskussionsleitung des XVIII. Internationalen Hygiene-Kolloquiums der Th. Goldschmidt AG, Essen.

Weil der thematische Bogen dieser Tagung weit genug gespannt war, konnten allen Teilnehmern neue Anregungen fur die berufliche Beschaftigung mit eigenen, spezifischen Hygienefragestellungen vermittelt werden.

Anschrifl des Verfassers: Dipl. Chem. HANS EDELMEYER, 4300 Essen, Goldschmidtstr. 100

mykosen 16, Heft 7 (1973)