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Z. Geomorph. N. F. 27 2 223-236 Berlin · Stuttgart Juni 1983 Periglacial landforms on Macquarie Island, Subantarctic region by E. LÖFF LER, Erlangen, M. E. SuLLIVAN and A. N. G1LLISON, Canberra with 3 figures and 6 photos Zusammenfassung. Der vorliegende Aufsatz beschreibt und erklärt verschiedene Formen der periglazia- len Solifluktion, die auf Macquarie Island, ei ner kleinen I nsel im subantarktischen Bereich, vorkommen. Am auffallendsten si nd große, hohe Terrassen, die wie eine ri esige Treppenflur die Hänge in Leeauslage überziehen. Die Terrassen sind stabilisiert und bestehen aus einer steilen, 1-2 m hohen Terrassenstirn, die von dichten Azorella selago Polstern bewachsen ist, und einer nur wenig geneigten, 3-6 m breiten, kahlen und steinigen Terrassenoberfläche. Auf windexponierten Hängen sind dagegen nur unregelmäßige Ra- sentreppen entwickelt, wobei sich die Terrassenform in der Regel nicht in den Hang fortsetzt. Regelmä- ßige Streifenböden sind auf kahlen, windexponierten Hängen weit verbreitet, aber Polygonböden und Steinnetze sind nur lokal auf flachen Rücken oder auf den Oberflächen der großen Terrassentreppen vorhanden. Die großen Terrassen werden als relikte Solifluktionsterrassen gedeutet, die sich unter einem Klima entwickelten, das eine sehr viel tiefgründigere Frostdynamik aufwies, als di es heute der Fall ist. Die Terrassen wurden nicht wie früher behauptet durch den Stau von Hangschutt hinter Azorella Polstern gebildet. Die Rasentreppen auf den Luvhängen stellen lediglich Rasenmatten dar, die durch den starken Wind am seitlichen Zusammenwachsen verhindert werden. Die Rasentreppen „wandern", we- gen der starken Winderosion und wahrscheinlich auch Kammeisbildung an der windzugewandten Sei te, langsam bergauf. Der Verlust an Material an der Luvseite wird durch ein langsames Wachstum der Matten an der windabgewandten Seite ausgeglichen. Streifenböden und Polygonböden sind aktive For- men einer seichten und kurzperiodischen (täglichen) Frostdynamik. Der auffallende Unterschied zwischen stark terrassierten Leehängen und praktisch nicht terrassier- ten Luvhängen wird durch das Zusammenwirken von 2 Faktoren erklärt. Erstens bewirkte die unter- schiedliche Windexposition eine stärkere Durchfeuchtung der Leehänge und damit eine bevorzugte Entwicklung von tiefgründiger Solifluktion an diesen Hängen in Zeiten stärkeren Frosts und zweitens bewirkt die unterschiedliche Windexposition eine deutliche Differenzierung der rezenten Hangdynamik. Luvhänge sind Hanglagen maximaler morphodynamischer Aktivität während Leehänge sic h durch Sta- bilität auszeichnen, wobei diese Stabilität durch die im Windschutz der Terrassenstirnen wachsenden Azorella Polster heorgerufen wird. Summary. Several landform features which are the result of periglacial solifluction on Macquarie Island are described. Giant terraces with steep vegetated risers and flat stony platforms occur on leeward slopes while on windward slopes poorly developed terraces consist largely of turf mats whose vegetative parts do not extend into the underlyi ng material. Regular stone stripes are common on unvegetated windward 0372-8854/83/0027-0223 $ 3.50 © 1983 Gebrüder Borntraeger, D-1000 Berlin · D-7000 Stuttga DOI: 10.1127/zfg/27/1983/223

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Z. Geomorph. N. F. 27 2 223-236 Berlin · Stuttgart Juni 1 983

Periglacial landforms on Macquarie Island, Subantarctic region

by

E. LÖFFLER, Erlangen, M. E. SuLLIVAN and A. N. G1LLISON, Canberra

with 3 figures and 6 photos

Zusammenfassung. Der vorliegende Aufsatz beschreibt und erklärt verschiedene Formen der periglazia­len Solifluktion, die auf Macquarie Island, einer kleinen Insel im subantarktischen Bereich, vorkommen. Am auffallendsten sind große, hohe Terrassen, die wie eine riesige Treppenflur die Hänge in Leeauslage überziehen. Die Terrassen sind stabilisiert und bestehen aus einer steilen, 1-2 m hohen Terrassenstirn, die von dichten Azorella selago Polstern bewachsen ist, und einer nur wenig geneigten, 3-6 m breiten, kahlen und steinigen Terrassenoberfläche. Auf windexponierten Hängen sind dagegen nur unregelmäßige Ra­sentreppen entwickelt, wobei sich die Terrassenform in der Regel nicht in den Hang fortsetzt. Regelmä­ßige Streifenböden sind auf kahlen, windexponierten Hängen weit verbreitet, aber Polygonböden und Steinnetze sind nur lokal auf flachen Rücken oder auf den Oberflächen der großen Terrassentreppen vorhanden.

Die großen Terrassen werden als relikte Solifluktionsterrassen gedeutet, die sich unter einem Klima entwickelten, das eine sehr viel tiefgründigere Frostdynamik aufwies, als dies heute der Fall ist. Die Terrassen wurden nicht wie früher behauptet durch den Stau von Hangschutt hinter Azorella Polstern gebildet. Die Rasentreppen auf den Luvhängen stellen lediglich Rasenmatten dar, die durch den starken Wind am seitlichen Zusammenwachsen verhindert werden. Die Rasentreppen „wandern", we­gen der starken Winderosion und wahrscheinlich auch Kammeisbildung an der windzugewandten Seite, langsam bergauf. Der Verlust an Material an der Luvseite wird durch ein langsames Wachstum der Matten an der windabgewandten Seite ausgeglichen . Streifenböden und Polygonböden sind aktive For­men einer seichten und kurzperiodischen (täglichen) Frostdynamik.

Der auffallende Unterschied zwischen stark terrassierten Leehängen und praktisch nicht terrassier­ten Luvhängen wird durch das Zusammenwirken von 2 Faktoren erklärt. Erstens bewirkte die unter­schiedliche Windexposition eine stärkere Durchfeuchtung der Leehänge und damit eine bevorzugte Entwicklung von tiefgründiger Solifluktion an diesen Hängen in Zeiten stärkeren Frosts und zweitens bewirkt die unterschiedliche Windexposition eine deutliche Differenzierung der rezenten Hangdynamik. Luvhänge sind Hanglagen maximaler morphodynamischer Aktivität während Leehänge sich durch Sta­bilität auszeichnen, wobei diese Stabilität durch die im Windschutz der Terrassenstirnen wachsenden Azorella Polster hervorgerufen wird.

Summary. Several landform features which are the result of periglacial solifluction on Macquarie Island are described. Giant terraces with steep vegetated risers and flat stony platforms occur on leeward slopes while on windward slopes poorly developed terraces consist largely of turf mats whose vegetative parts do not extend into the underlying material . Regular stone stripes are common on unvegetated windward

0372-8854/83/0027-0223 $ 3 .50 © 1 983 Gebrüder Borntraeger, D - 1 000 Berlin · D-7000 Stuttgart

DOI: 10.1127/zfg/27/1983/223