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planung & analyse Zeitschrift für Marktforschung und Marketing SONDERDRUCK Eine Marke der dfv Mediengruppe Anja Meier, Dr. Uwe H. Lebok Zukunft ohne Markenloyalität? 1/2019 D11700F

Zukunft ohne Markenloyalität? Was die Generation Z an ... · ganz neuen Challenges sich daraus ins-besondere für Markenartikler ergeben. Z. Zukunft ohne ... stellungen und Werte

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Page 1: Zukunft ohne Markenloyalität? Was die Generation Z an ... · ganz neuen Challenges sich daraus ins-besondere für Markenartikler ergeben. Z. Zukunft ohne ... stellungen und Werte

planung&analyseZeitschrift für Marktforschung und Marketing

Sonderdruck

eine Marke derdfv Mediengruppe

Anja Meier, Dr. Uwe H. Lebok

Zukunft ohne Markenloyalität?

1/2019 d11700F

Page 2: Zukunft ohne Markenloyalität? Was die Generation Z an ... · ganz neuen Challenges sich daraus ins-besondere für Markenartikler ergeben. Z. Zukunft ohne ... stellungen und Werte

Zukunft ohneMarken-loyalität?

Was die Generation Zan MARKENnoch fasziniert

FOT

O: W

OK

AN

DA

PIX

/ P

IXA

BA

Y

2 planung&analyse Sonderheft 1/2016 SonDerDrUck

Zukunft ohneMarken-loyalität?

In der Soziologie gilt vor allem der Zeit-raum zwischen dem 11. und 15. Lebensjahrals prägend. Doch die Jüngsten der GenZ –die Jahrgänge 1995 bis 2009 – feiern erst indiesem Jahr erst ihren zehnten Geburtstag.Doch die anderen zwei Drittel drängenlängst als kaufkräftige und vor allem kauf-willige Jugendliche und junge Erwachseneauf den Markt und wirbeln dort einigesdurcheinander. Höchste Zeit also, sichStrategien zurechtzulegen, wie man auf dieBedürfnisse der jungen Zielgruppe am bes-ten reagiert, und im Informationsüberflussüberhaupt zu ihnen durchdringt.

Nur ein Hinweis noch vorab: Natürlichkann es nicht Sinn des Generationen-Kon-zepts sein, eine Gruppe Gleichaltriger ineine mehr oder weniger enge Schublade zustecken und ein stereotypes Label dran zuheften. Die Individualität des Einzelnen istunbestritten, und jede Kohorte in sich niekomplett homogen. Doch wie der Soziolo-ge Christian Scholz es im Buch GenerationZ so treffend beschreibt: „Es bleibt ein kon-stanter Kern“, ein tendenzieller Unter-schied, der auf historische Ereignisse zu-rückgeführt werden kann und das jeweiligeWertemuster der Generationen – und da-mit ihr Verhalten als Konsument und Kun-de – nachhaltig beeinflusst. Es sei daherverziehen, wenn hier und da schwarzweißgemalt wird, um Komplexität zu reduzie-ren und charakteristische Merkmale he-rauszuarbeiten.

Was GenZ definitiv von GenY unter-scheidet, ist die Tatsache, dass sie echte Di-gital Natives sind. An eine Zeit ohne In-ternet, ohne Google und Amazon, ohne

unbegrenzten Zugang zum Wikipedia-Wissen, ohne permanente Vernetzungkönnen sie sich nicht erinnern. Anders alsdie Millennials, die erst mit etwa 15 Jahrenihr erstes Handy in Händen hielten, dasSmartphone als revolutionäre Neuheit vonSteve Jobs präsentiert bekamen, und quasilive dabei waren, als sich aus Communitieswie StudiVZ, wer-kennt-wen und schließ-lich Facebook die sozialen Medien entwi-ckelten.

Wie Digital Natives das Hier und Jetzt gestalten

Entsprechend ist auch der Umgang mit So-cial Media ein anderer. Wo es für GenYdarum geht, ihr analoges Leben in die digi-tale Welt zu transformieren, und sicher-zustellen, dass dort ein möglichst positivesBild ihrer selbst entsteht, ist es für GenZselbstverständlich, dass alles (!) was sie tunimmer und überall geteilt und von anderenauf der ganzen Welt miterlebt wird. Sietrennen nicht zwischen realer und virtuel-ler Welt, denn beides ist zu 100 Prozent real.Das Leben spielt sich „sowohl als auch“ ab.Das gilt für den Konsum wie für alle ande-ren Lebensbereiche – egal ob Arbeit, Life-style, Dating. Man lässt sich digital inspi-rieren, um analog zu handeln, und umge-kehrt. Shoppen ist rund um die Uhr mög-lich, und selbst im stationären Handel istder Preisvergleich nur einen Finger-Tippentfernt. Es macht keinen Sinn, zwischenverschiedenen Modi zu unterscheiden, dieZielgruppe tut es auch nicht.

Menschen der GenZ haben längst ver-innerlicht und akzeptiert, dass schwacheMomente, Fehler und Peinlichkeiten jeder-zeit öffentlich sichtbar und schonungsloskommentiert werden. So ist ihnen auchnicht mehr so wichtig, sich auf jedem Fotovon ihrer lächelnden Schokoladenseite zupräsentieren. Sie machen mit ungefilterterEhrlichkeit auf sich aufmerksam (#nofil-ter), erklären Duck Face und Fish Gape zumTrend, und legen eine gute Portion Ironieobendrauf. Sie wollen auf Selfies nichthübsch sein, sondern auffallen – gerade soviel, dass sie aus der anonymen Masse her-vortreten, ohne unangenehm anzuecken.Zugleich sind sie darauf bedacht, ihre Ein-stellungen und Werte ins sozial erwünschte

ig Publikationen betrachten die heran-wachsende Generation Z aus verschie-densten Blickwinkeln. Eine klare Abgren-zung zu ihren Vorgängern, den Millenni-als der Generation Y, fällt schwer. DieGenZ zeigt sich in hohem Maße wider-sprüchlich, und der Schluss liegt nahe,dass genau dieser Antagonismus ein we-sentliches Merkmal ihres Zeitgeists ist.Anja Meier und Dr. Uwe H. Lebok vonK&A Brand Research haben ihre Erfah-rungen aus vielen Untersuchungen zu-sammengefasst und beleuchten, welcheganz neuen Challenges sich daraus ins-besondere für Markenartikler ergeben.

Z

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Zukunft ohneMarken-loyalität?

Was die Generation Zan MARKENnoch fasziniert

FOT

O: W

OK

AN

DA

PIX

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IXA

BA

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3 planung&analyse Sonderheft 1 /2016

Zukunft ohneMarken-loyalität?

In der Soziologie gilt vor allem der Zeit-raum zwischen dem 11. und 15. Lebensjahrals prägend. Doch die Jüngsten der GenZ –die Jahrgänge 1995 bis 2009 – feiern erst indiesem Jahr erst ihren zehnten Geburtstag.Doch die anderen zwei Drittel drängenlängst als kaufkräftige und vor allem kauf-willige Jugendliche und junge Erwachseneauf den Markt und wirbeln dort einigesdurcheinander. Höchste Zeit also, sichStrategien zurechtzulegen, wie man auf dieBedürfnisse der jungen Zielgruppe am bes-ten reagiert, und im Informationsüberflussüberhaupt zu ihnen durchdringt.

Nur ein Hinweis noch vorab: Natürlichkann es nicht Sinn des Generationen-Kon-zepts sein, eine Gruppe Gleichaltriger ineine mehr oder weniger enge Schublade zustecken und ein stereotypes Label dran zuheften. Die Individualität des Einzelnen istunbestritten, und jede Kohorte in sich niekomplett homogen. Doch wie der Soziolo-ge Christian Scholz es im Buch GenerationZ so treffend beschreibt: „Es bleibt ein kon-stanter Kern“, ein tendenzieller Unter-schied, der auf historische Ereignisse zu-rückgeführt werden kann und das jeweiligeWertemuster der Generationen – und da-mit ihr Verhalten als Konsument und Kun-de – nachhaltig beeinflusst. Es sei daherverziehen, wenn hier und da schwarzweißgemalt wird, um Komplexität zu reduzie-ren und charakteristische Merkmale he-rauszuarbeiten.

Was GenZ definitiv von GenY unter-scheidet, ist die Tatsache, dass sie echte Di-gital Natives sind. An eine Zeit ohne In-ternet, ohne Google und Amazon, ohne

unbegrenzten Zugang zum Wikipedia-Wissen, ohne permanente Vernetzungkönnen sie sich nicht erinnern. Anders alsdie Millennials, die erst mit etwa 15 Jahrenihr erstes Handy in Händen hielten, dasSmartphone als revolutionäre Neuheit vonSteve Jobs präsentiert bekamen, und quasilive dabei waren, als sich aus Communitieswie StudiVZ, wer-kennt-wen und schließ-lich Facebook die sozialen Medien entwi-ckelten.

Wie Digital Natives das Hier und Jetzt gestalten

Entsprechend ist auch der Umgang mit So-cial Media ein anderer. Wo es für GenYdarum geht, ihr analoges Leben in die digi-tale Welt zu transformieren, und sicher-zustellen, dass dort ein möglichst positivesBild ihrer selbst entsteht, ist es für GenZselbstverständlich, dass alles (!) was sie tunimmer und überall geteilt und von anderenauf der ganzen Welt miterlebt wird. Sietrennen nicht zwischen realer und virtuel-ler Welt, denn beides ist zu 100 Prozent real.Das Leben spielt sich „sowohl als auch“ ab.Das gilt für den Konsum wie für alle ande-ren Lebensbereiche – egal ob Arbeit, Life-style, Dating. Man lässt sich digital inspi-rieren, um analog zu handeln, und umge-kehrt. Shoppen ist rund um die Uhr mög-lich, und selbst im stationären Handel istder Preisvergleich nur einen Finger-Tippentfernt. Es macht keinen Sinn, zwischenverschiedenen Modi zu unterscheiden, dieZielgruppe tut es auch nicht.

Menschen der GenZ haben längst ver-innerlicht und akzeptiert, dass schwacheMomente, Fehler und Peinlichkeiten jeder-zeit öffentlich sichtbar und schonungsloskommentiert werden. So ist ihnen auchnicht mehr so wichtig, sich auf jedem Fotovon ihrer lächelnden Schokoladenseite zupräsentieren. Sie machen mit ungefilterterEhrlichkeit auf sich aufmerksam (#nofil-ter), erklären Duck Face und Fish Gape zumTrend, und legen eine gute Portion Ironieobendrauf. Sie wollen auf Selfies nichthübsch sein, sondern auffallen – gerade soviel, dass sie aus der anonymen Masse her-vortreten, ohne unangenehm anzuecken.Zugleich sind sie darauf bedacht, ihre Ein-stellungen und Werte ins sozial erwünschte

ig Publikationen betrachten die heran-wachsende Generation Z aus verschie-densten Blickwinkeln. Eine klare Abgren-zung zu ihren Vorgängern, den Millenni-als der Generation Y, fällt schwer. DieGenZ zeigt sich in hohem Maße wider-sprüchlich, und der Schluss liegt nahe,dass genau dieser Antagonismus ein we-sentliches Merkmal ihres Zeitgeists ist.Anja Meier und Dr. Uwe H. Lebok vonK&A Brand Research haben ihre Erfah-rungen aus vielen Untersuchungen zu-sammengefasst und beleuchten, welcheganz neuen Challenges sich daraus ins-besondere für Markenartikler ergeben.

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Page 4: Zukunft ohne Markenloyalität? Was die Generation Z an ... · ganz neuen Challenges sich daraus ins-besondere für Markenartikler ergeben. Z. Zukunft ohne ... stellungen und Werte

sis vor allem bei jungen Konsumenten. DasVertrauen in große Marken schwindet, unddamit auch die Loyalität, wie wir das inzahlreichen Befragungen und Psychodra-men feststellen. Noch dazu hat die Genera-tion Z aufgehört, ihre Ansprüche so vehe-ment einzufordern wie es die Weltverbes-serer der GenY noch getan haben. Sie zeigtsich unpolitisch, pragmatisch und mitun-ter opportunistisch. In Zeiten von Zuviel-falt und Überangebot wählt man einfacheine der zahlreichen Alternativen, die es imjeweiligen Kontext schnell und vermeint-lich besser machen.

Einigen Marken gelingt es bereits heute,die Sprache der Jugend zu sprechen, undsich in ihren Augen als rundum gut dar-zustellen. Man denke an die konsequenteVeggie-Strategie von Katjes. Die Marke po-sitioniert ihre gelatinefreien Fruchtgum-mi- und Lakritz-Produkte ganz klar imEinklang mit dem Zeitgeist, entwickelt sichentgegen der Gesamtkategorie positiv, undwagt 2019 sogar den Vorstoß in Richtung(veganer!) Schokolade. Eine Strategie, dieKatjes einen deutlichen Image-Vorsprungbeschert. Nicht zuletzt, weil man sich alsFollower dieser Marken auch selbst als sozi-al verantwortlichen, bewusst lebenden(und bewusst naschenden) Konsumenteninszenieren kann. Und umso besser funk-tioniert diese Mechanik, wenn sie super-simpel zu decodieren ist. Regionale Bieresind prinzipiell gut. Und noch besser (undgünstiger) zeigen sich Me-too-Produktewie Chiemseer oder Wirts Madl, die ihr Po-tenzial im Wachstumsmarkt der Hellbiereunter Beweis stellen.

Und was bei aller Begeisterung für sozialerwünschtes Markenverhalten gerne über-sehen wird, ist wie oberflächlich und punk-tuell das Engagement der jungen Zielgrup-pe häufig ist. GenZ lässt sich für Themenwie Regionalität und Tierwohl begeistern,blendet dabei aber ebenso relevante Aspek-te wie lange Transportwege und umwelt-belastende Einwegverpackungen aus. Ih-nen geht es um die Leute vor Ort, um diegute oder gut in Szene gesetzte Sache, unddas gute Gewissen, das sie sich mit ent-sprechenden Produkten einkaufen. Hierwird der Gap zwischen Sagen und Tundeutlich. Sozial engagiert, aber auchLMAA – you only live once.

Sehnsucht nach Freiheit und Selbstbestimmung

Auch die GenZ strebt wie eigentlich alleJugendlichen danach, sich selbst zu ver-wirklichen. Dabei ist es für sie allerdingsvöllig normal, dass ihre Helikopter-Elternzu jeder Zeit wissen, wo sie sind und was sietun. Das stört sie nicht, im Gegenteil, sieschätzen klare Regeln, die ihnen die Ver-antwortung für Lebensplanung und Le-bensglück abnehmen. Denn Verantwor-tung zu übernehmen lehnen sie grundsätz-lich ab, ebenso das Leistungsstreben ihrerVorgänger, die sie als abschreckendes Bei-spiel für eine ungünstige Work-Life-Balan-ce erleben. Man kann sie als Erbengenerati-on bezeichnen, die ihren Wohlstand nichtselbst erarbeiten musste, ihn aber so gutwie möglich aufrechterhalten will.

Gleichzeitig wird ihnen quasi jede Mi-nute über die Medien vor Augen geführt,dass sich die Welt da draußen – global be-trachtet – in einem unsicheren, krisenge-beutelten Zustand befindet. Die GenZ setztalles daran, ihre sicheren Strukturen zu er-halten und scheut das Risiko. UnsichereRenten, unsichere Zukunft – ist es da ver-wunderlich, dass sie sich nach der Unbe-kümmertheit der behüteten Helikopter-Zeit zurücksehnt, und das in ihrem Kon-sumverhalten zeigt? Die GenZ wünschtsich einen sicheren Zaun um das freieStückchen Land, in dem sie sich bewegt.

GenZ sehnt sich also nach Freiheit undSelbstbestimmung. Sie erlebt maximale Si-cherheit im Kleinen, kontrastiert von glo-balen Krisen, Terrorismus und Klimawan-

Selbstverwirklichung und Sicherheit aus Sicht der Zukunftsgenerationen Y und Z

Uhrzeit Datum

Korrektur 2009

Layout

Redakteurin/Redakteur

Ressortleitung

Korrektorin/Korrektor

Chefredaktion

Chart o.k. neuer Korrekturabzug

HORIZONT–Chart–Umlauf

Quelle: K&A planung&analyse 1/2019

Generation Y

Digital Pioneers

Idealistisch

Multioptional-fordernd:Moralisch überlegen?

Situativ-sprunghaftPräsent und verfügbar?

Pragmatisch

Digital Natives

Generation Z

„Ich zeige dir meine Welt auf Facebook, Youtube und Co“

„Insta, Snap und TikTok − das IST meine Welt“

„Live the moment as good as it gets“

„Seid einfach für mich da, wenn ich Euch brauche“

„Make my world a better place“

„Zeigt, dass Ihr es gut meint mit mir und der Welt“

und was sie

unterscheidet

Gamillscheg, M. (2017). Bruder, wasgeht bei euch? www.zeit.de/cam-pus/2017-02/generation-z-unter-schiede-altern-smartphone-chat

Gehm, F. (2018). Loyalität steht nichtim Wörterbuch der Generation Z.www.welt.de/185904534

Ohnemus, R. (2017): Markenstaunen.Gewinnen im Informationstsunami.Altenkirchen: edition carthago

Mangelsdorf, M. (2015). Von Baby-boomer bis Generation Z: Der richtigeUmgang mit unterschiedlichenGenerationen im Unternehmen

Schäfer, C.; Bosshart, D.; Muller, C.(2017): European Food Trends Report.Food is Eating my Life – Warum Essenzum neuen Pop wird. Rüschlikon: GDIStudie Nr. 44Scholz, C. (2014). Generation Z. Wiesie tickt, was sie verändert und warumsie uns alle ansteckt. Weinheim:Wiley-VCH Verlag.

Wala, H.; Lebok, U. (2017): SchöneMeine Welt. Wie Gen YZ die Arbeits-welten und Markenwelten verändert.München: WIR-Marken-Verlag.

Literatur

Licht zu rücken. Wenn nicht mehr zwi-schen analoger und digitaler Realität unter-schieden wird, dann wird das, was onlinegeteilt wird, unmittelbar zum realen Teildes Selbstkonzepts.

Vermutlich hat diese Entwicklung mitdazu geführt, dass heutige Jugendliche sichinsgesamt stärker kontrollieren, wenn esum Verhalten mit hoher sozialer (Un-)Er-wünschtheit geht. Exzessives Komatrinkenfindet kaum noch statt, wird wenn über-haupt ins intime Umfeld einer Privatwoh-nung verlagert. Nur noch sieben Prozentder Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jah-ren rauchen. Im Jahr 2001 waren es lautBundeszentrale für gesundheitliche Auf-

klärung fast 28 Prozent. Und die GenZ be-obachtet an sich selbst ein erhöhtes Wertenvon Äußerlichkeiten. Daraus resultiert einregelrechter Fitness- und Gesundheits-Wahn, der sich auch im Hype um Protein-Produkte und Ernährungstrends wider-spiegelt. Bisweilen ist zudem zu lesen, dasses sich bei der heutigen Jugend nicht umnonkonformistische Rebellen (GenX) oderalles hinterfragende Idealisten (GenY),sondern um gutwillige gläserne Konsu-menten handelt. Denn wer nichts Falschestut, hat nichts zu verbergen, und braucht –so die Logik der GenZ – auch keinen Da-tenschutz.

Was die GenZ unterregionaler Nähe versteht

Das Duttweiler-Institut unterscheidet ge-nerationenübergreifend zwei Mega-Trends,die unser Alltagsverhalten in den nächstenJahren entscheidend tangieren werden.Einmal wird hier der Trend der sogenann-ten Science genannt, wo es um smart &robotic, Selbstoptimierung, Effizienzsteige-rung, Drone Delivery und vieles mehr geht.Gleichzeitig findet der Megatrend Romancestatt – wenn man so will eine Art Rück-besinnung auf Selbstgemachtes, Frischeund Natürlichkeit, Handwerk und Regio-nalität. Dieser Trend entpuppte sich in denletzten Jahren als Wachstumstreiber beiFood & Beverage in der Gen YZ. Hinsicht-lich der Bewertung, was regional ist, scheintsich zwischen der Generation Y und Z je-doch eine Verschiebung abzuzeichnen.

Für die GenZ sind Lebensmittel undProdukte aus der ganzen Welt unbegrenztverfügbar. Jede Lust – auch die auf frischesObst im Februar – kann jederzeit befriedigtwerden. Noch dazu ist der eigene Mobili-tätsradius so groß, dass ein langes Wochen-ende in New York ebenso leicht zu realisie-ren ist wie drei Tage Skifahren in Garmisch.So wird regional schnell gleichbedeutendmit „aus einer bestimmten Region stam-mend“, und der deutsche Obst- und Ge-müsebauer in einem Atemzug mit demFair-Trade-Plantagenbesitzer aus Peru ge-nannt. Beides gilt als moralisch überlegenim Vergleich zu industrieller Ware ohnegreifbare regionale Verortung. Und einigeHersteller reagieren bereits darauf. So stelltetwa Ritter Sport die Herkunft der Kakao-bohne in den Fokus einer eigenen Kam-pagne. Kurzum: Der Regionalitätsbegriffgilt heute weltweit.

Nicht nur regional, auch sozial verant-wortlich, anti-diskriminierend, umwelt-freundlich und auf Tierwohl bedacht müs-sen sich Firmen und Marken heute präsen-tieren, was vor allem kleinen und mittel-ständischen Unternehmen gelingt. Denndie Konzerne haben in der Regel so kom-plexe Strukturen, dass die Wege der Pro-duktions- und Handelsketten nicht in glei-chem Maße transparent abgebildet und fürgut befunden werden können. Entspre-chend wächst seit einigen Jahren die Skep-

Verschmelzen von digitaler und analoger Welt

Uhrzeit Datum

Korrektur 2009

Layout

Redakteurin/Redakteur

Ressortleitung

Korrektorin/Korrektor

Chefredaktion

Chart o.k. neuer Korrekturabzug

HORIZONT–Chart–Umlauf

Basis: Deutschsprachige Bevölkerung ab 14 Jahren

Quelle: K&A planung&analyse 1/2019

14-19 Jahre 20-25 Jahre Gesamtbevölkerung

Generation Y Generation Z

analoge Welt digitale Welt

Analoges Selbstbild: „So sehe und erlebe ich

mich selbst.“

Hybrides Selbstbild: „So sehe und erlebe ich

mich selbst.“

Digitales Fremdbild: „So sehen und erleben

michandere im Web.“

4 planung&analyse Sonderheft 1/2016 SonDerDrUck

Page 5: Zukunft ohne Markenloyalität? Was die Generation Z an ... · ganz neuen Challenges sich daraus ins-besondere für Markenartikler ergeben. Z. Zukunft ohne ... stellungen und Werte

sis vor allem bei jungen Konsumenten. DasVertrauen in große Marken schwindet, unddamit auch die Loyalität, wie wir das inzahlreichen Befragungen und Psychodra-men feststellen. Noch dazu hat die Genera-tion Z aufgehört, ihre Ansprüche so vehe-ment einzufordern wie es die Weltverbes-serer der GenY noch getan haben. Sie zeigtsich unpolitisch, pragmatisch und mitun-ter opportunistisch. In Zeiten von Zuviel-falt und Überangebot wählt man einfacheine der zahlreichen Alternativen, die es imjeweiligen Kontext schnell und vermeint-lich besser machen.

Einigen Marken gelingt es bereits heute,die Sprache der Jugend zu sprechen, undsich in ihren Augen als rundum gut dar-zustellen. Man denke an die konsequenteVeggie-Strategie von Katjes. Die Marke po-sitioniert ihre gelatinefreien Fruchtgum-mi- und Lakritz-Produkte ganz klar imEinklang mit dem Zeitgeist, entwickelt sichentgegen der Gesamtkategorie positiv, undwagt 2019 sogar den Vorstoß in Richtung(veganer!) Schokolade. Eine Strategie, dieKatjes einen deutlichen Image-Vorsprungbeschert. Nicht zuletzt, weil man sich alsFollower dieser Marken auch selbst als sozi-al verantwortlichen, bewusst lebenden(und bewusst naschenden) Konsumenteninszenieren kann. Und umso besser funk-tioniert diese Mechanik, wenn sie super-simpel zu decodieren ist. Regionale Bieresind prinzipiell gut. Und noch besser (undgünstiger) zeigen sich Me-too-Produktewie Chiemseer oder Wirts Madl, die ihr Po-tenzial im Wachstumsmarkt der Hellbiereunter Beweis stellen.

Und was bei aller Begeisterung für sozialerwünschtes Markenverhalten gerne über-sehen wird, ist wie oberflächlich und punk-tuell das Engagement der jungen Zielgrup-pe häufig ist. GenZ lässt sich für Themenwie Regionalität und Tierwohl begeistern,blendet dabei aber ebenso relevante Aspek-te wie lange Transportwege und umwelt-belastende Einwegverpackungen aus. Ih-nen geht es um die Leute vor Ort, um diegute oder gut in Szene gesetzte Sache, unddas gute Gewissen, das sie sich mit ent-sprechenden Produkten einkaufen. Hierwird der Gap zwischen Sagen und Tundeutlich. Sozial engagiert, aber auchLMAA – you only live once.

Sehnsucht nach Freiheit und Selbstbestimmung

Auch die GenZ strebt wie eigentlich alleJugendlichen danach, sich selbst zu ver-wirklichen. Dabei ist es für sie allerdingsvöllig normal, dass ihre Helikopter-Elternzu jeder Zeit wissen, wo sie sind und was sietun. Das stört sie nicht, im Gegenteil, sieschätzen klare Regeln, die ihnen die Ver-antwortung für Lebensplanung und Le-bensglück abnehmen. Denn Verantwor-tung zu übernehmen lehnen sie grundsätz-lich ab, ebenso das Leistungsstreben ihrerVorgänger, die sie als abschreckendes Bei-spiel für eine ungünstige Work-Life-Balan-ce erleben. Man kann sie als Erbengenerati-on bezeichnen, die ihren Wohlstand nichtselbst erarbeiten musste, ihn aber so gutwie möglich aufrechterhalten will.

Gleichzeitig wird ihnen quasi jede Mi-nute über die Medien vor Augen geführt,dass sich die Welt da draußen – global be-trachtet – in einem unsicheren, krisenge-beutelten Zustand befindet. Die GenZ setztalles daran, ihre sicheren Strukturen zu er-halten und scheut das Risiko. UnsichereRenten, unsichere Zukunft – ist es da ver-wunderlich, dass sie sich nach der Unbe-kümmertheit der behüteten Helikopter-Zeit zurücksehnt, und das in ihrem Kon-sumverhalten zeigt? Die GenZ wünschtsich einen sicheren Zaun um das freieStückchen Land, in dem sie sich bewegt.

GenZ sehnt sich also nach Freiheit undSelbstbestimmung. Sie erlebt maximale Si-cherheit im Kleinen, kontrastiert von glo-balen Krisen, Terrorismus und Klimawan-

Selbstverwirklichung und Sicherheit aus Sicht der Zukunftsgenerationen Y und Z

Uhrzeit Datum

Korrektur 2009

Layout

Redakteurin/Redakteur

Ressortleitung

Korrektorin/Korrektor

Chefredaktion

Chart o.k. neuer Korrekturabzug

HORIZONT–Chart–Umlauf

Quelle: K&A planung&analyse 1/2019

Generation Y

Digital Pioneers

Idealistisch

Multioptional-fordernd:Moralisch überlegen?

Situativ-sprunghaftPräsent und verfügbar?

Pragmatisch

Digital Natives

Generation Z

„Ich zeige dir meine Welt auf Facebook, Youtube und Co“

„Insta, Snap und TikTok − das IST meine Welt“

„Live the moment as good as it gets“

„Seid einfach für mich da, wenn ich Euch brauche“

„Make my world a better place“

„Zeigt, dass Ihr es gut meint mit mir und der Welt“

und was sie

unterscheidet

Gamillscheg, M. (2017). Bruder, wasgeht bei euch? www.zeit.de/cam-pus/2017-02/generation-z-unter-schiede-altern-smartphone-chat

Gehm, F. (2018). Loyalität steht nichtim Wörterbuch der Generation Z.www.welt.de/185904534

Ohnemus, R. (2017): Markenstaunen.Gewinnen im Informationstsunami.Altenkirchen: edition carthago

Mangelsdorf, M. (2015). Von Baby-boomer bis Generation Z: Der richtigeUmgang mit unterschiedlichenGenerationen im Unternehmen

Schäfer, C.; Bosshart, D.; Muller, C.(2017): European Food Trends Report.Food is Eating my Life – Warum Essenzum neuen Pop wird. Rüschlikon: GDIStudie Nr. 44Scholz, C. (2014). Generation Z. Wiesie tickt, was sie verändert und warumsie uns alle ansteckt. Weinheim:Wiley-VCH Verlag.

Wala, H.; Lebok, U. (2017): SchöneMeine Welt. Wie Gen YZ die Arbeits-welten und Markenwelten verändert.München: WIR-Marken-Verlag.

Literatur

Licht zu rücken. Wenn nicht mehr zwi-schen analoger und digitaler Realität unter-schieden wird, dann wird das, was onlinegeteilt wird, unmittelbar zum realen Teildes Selbstkonzepts.

Vermutlich hat diese Entwicklung mitdazu geführt, dass heutige Jugendliche sichinsgesamt stärker kontrollieren, wenn esum Verhalten mit hoher sozialer (Un-)Er-wünschtheit geht. Exzessives Komatrinkenfindet kaum noch statt, wird wenn über-haupt ins intime Umfeld einer Privatwoh-nung verlagert. Nur noch sieben Prozentder Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jah-ren rauchen. Im Jahr 2001 waren es lautBundeszentrale für gesundheitliche Auf-

klärung fast 28 Prozent. Und die GenZ be-obachtet an sich selbst ein erhöhtes Wertenvon Äußerlichkeiten. Daraus resultiert einregelrechter Fitness- und Gesundheits-Wahn, der sich auch im Hype um Protein-Produkte und Ernährungstrends wider-spiegelt. Bisweilen ist zudem zu lesen, dasses sich bei der heutigen Jugend nicht umnonkonformistische Rebellen (GenX) oderalles hinterfragende Idealisten (GenY),sondern um gutwillige gläserne Konsu-menten handelt. Denn wer nichts Falschestut, hat nichts zu verbergen, und braucht –so die Logik der GenZ – auch keinen Da-tenschutz.

Was die GenZ unterregionaler Nähe versteht

Das Duttweiler-Institut unterscheidet ge-nerationenübergreifend zwei Mega-Trends,die unser Alltagsverhalten in den nächstenJahren entscheidend tangieren werden.Einmal wird hier der Trend der sogenann-ten Science genannt, wo es um smart &robotic, Selbstoptimierung, Effizienzsteige-rung, Drone Delivery und vieles mehr geht.Gleichzeitig findet der Megatrend Romancestatt – wenn man so will eine Art Rück-besinnung auf Selbstgemachtes, Frischeund Natürlichkeit, Handwerk und Regio-nalität. Dieser Trend entpuppte sich in denletzten Jahren als Wachstumstreiber beiFood & Beverage in der Gen YZ. Hinsicht-lich der Bewertung, was regional ist, scheintsich zwischen der Generation Y und Z je-doch eine Verschiebung abzuzeichnen.

Für die GenZ sind Lebensmittel undProdukte aus der ganzen Welt unbegrenztverfügbar. Jede Lust – auch die auf frischesObst im Februar – kann jederzeit befriedigtwerden. Noch dazu ist der eigene Mobili-tätsradius so groß, dass ein langes Wochen-ende in New York ebenso leicht zu realisie-ren ist wie drei Tage Skifahren in Garmisch.So wird regional schnell gleichbedeutendmit „aus einer bestimmten Region stam-mend“, und der deutsche Obst- und Ge-müsebauer in einem Atemzug mit demFair-Trade-Plantagenbesitzer aus Peru ge-nannt. Beides gilt als moralisch überlegenim Vergleich zu industrieller Ware ohnegreifbare regionale Verortung. Und einigeHersteller reagieren bereits darauf. So stelltetwa Ritter Sport die Herkunft der Kakao-bohne in den Fokus einer eigenen Kam-pagne. Kurzum: Der Regionalitätsbegriffgilt heute weltweit.

Nicht nur regional, auch sozial verant-wortlich, anti-diskriminierend, umwelt-freundlich und auf Tierwohl bedacht müs-sen sich Firmen und Marken heute präsen-tieren, was vor allem kleinen und mittel-ständischen Unternehmen gelingt. Denndie Konzerne haben in der Regel so kom-plexe Strukturen, dass die Wege der Pro-duktions- und Handelsketten nicht in glei-chem Maße transparent abgebildet und fürgut befunden werden können. Entspre-chend wächst seit einigen Jahren die Skep-

Verschmelzen von digitaler und analoger Welt

Uhrzeit Datum

Korrektur 2009

Layout

Redakteurin/Redakteur

Ressortleitung

Korrektorin/Korrektor

Chefredaktion

Chart o.k. neuer Korrekturabzug

HORIZONT–Chart–Umlauf

Basis: Deutschsprachige Bevölkerung ab 14 Jahren

Quelle: K&A planung&analyse 1/2019

14-19 Jahre 20-25 Jahre Gesamtbevölkerung

Generation Y Generation Z

analoge Welt digitale Welt

Analoges Selbstbild: „So sehe und erlebe ich

mich selbst.“

Hybrides Selbstbild: „So sehe und erlebe ich

mich selbst.“

Digitales Fremdbild: „So sehen und erleben

michandere im Web.“

5 planung&analyse Sonderheft 1 /2016

Page 6: Zukunft ohne Markenloyalität? Was die Generation Z an ... · ganz neuen Challenges sich daraus ins-besondere für Markenartikler ergeben. Z. Zukunft ohne ... stellungen und Werte

del. Entsprechend werden Angebote hono-riert, die auf das Sicherheitsbedürfnis ein-gehen und zugleich ein Bild vongrenzenloser Freiheit zeichnen. Zum Bei-spiel die Freiheit, auf Vergleichsportalenwie Check24 aus unzähligen Angeboten zuwählen, mit der Sicherheit der Communityim Rücken, die zu jeder Option bereits Er-fahrungen gemacht, geteilt und sie mit Be-wertungs-Sternchen versehen hat. Oderdie Freiheit, in die weite Welt zu fahren undfremde Kulturen in Istanbul, Havanna undSydney zu erkunden, und dabei von LocalGuides an die Hand genommen zu werden,die über Airbnb & Co die Tür zu einemsicheren Zuhause öffnen.

Hier wird eine weitere Herausforderungfür Markenartikler deutlich, denn dieGenZ wartet nicht darauf, dass ihnen Con-tent bereitgestellt wird, der ein Angebot als„individuell für mich geeignet“ darstellt.Sie verfasst einen Großteil ihres Contentsselbst, schreibt Bewertungen, stellt Fotosund Erfahrungen ins Netz, sodass es zueiner wahren Informationsflut kommt, diedringend gefiltert werden muss. So hörtund sieht die GenZ nur noch, was sie hörenwill. Intelligente Algorithmen sorgen dafür,dass irrelevante Inhalte von vornhereinausgeblendet werden, wo immer möglich.Und gerade Werbebotschaften werden alswenig relevant erlebt, denn sie stellen imGrunde bloße Lippenbekenntnisse dar.Verstärkt durch medial in Szene gesetzteSkandale und investigativen, markenkriti-schen Journalismus weiß die Generation Zlängst, dass „der Industrie“ nicht zu trauenist, dass sich Konzerne wie zuletzt VW unddie damit assoziierten Automobil-Markenüber geltendes Gesetz hinwegsetzen. Werwill ihnen da verübeln, dass auch sie nichtmehr loyal sind?

Wie Marken die Generation Z begeistern können

Düstere Prognosen in schnelllebigen Zei-ten. Und doch wird das Marketing Wegefinden – auch zur GenZ. Zwar prägt einInformation-Overload den Alltag allerMenschen – GenZ scheint aber hierin zuversinken aufgrund fehlender Strukturen,permanenter Ablenkung, weniger Lesenund weniger eigenen, abrufbaren Wissens.Wenn Marken Menschen der GenZ errei-chen wollen, dann nur, wenn es ihnen ge-lingt dort abzuholen, wo sich Menschenmit bestimmten Themen befassen oder aufMarken einlassen wollen.

Das geht über konkrete Anlässe und re-levante Alltagssituationen schneller, merk-würdiger und damit auch wirksamer. Psy-chologische Kontexte zeigen Türen zuMenschen auf, die bei Relevanz von Ver-brauchern auch geöffnet werden. Über un-sere jahrzehntelange Psychodrama-Exper-tise konnten wir mehrfach auch in der Ge-nerationen-Betrachtung unter Beweis stel-len, dass es immer gute Chancen fürMarken gibt. Vor allem dann, wenn eineMarke in der Kategorie – und im Marken-umfeld eine maximale mentale Präsenzaufweist und so etwas wie ein Kontext-Mo-nopol für den Konsumenten darstellt: Diebeste relevante Alternative im entsprechen-den Kontext.

Entscheidend ist der Mut, sich als Mar-kenartikler auf die Alltags- und Lebens-welten der GenZ einzulassen, ihnen zu-hören zu wollen, neue Marken- und Ver-wendungskontexte gemeinsam mit Ver-brauchern neu oder anders zu denken.Letztlich ist der Markt immer gerecht. Daswar so und wird auch so bei GenZ blei-ben.

planung&analyse Sonderheft 1/201660

wissen&forschung thema handel und fmcg

GenYZ: Ich glaube nur, was ich erlebe!

Während ältere Generationen wie GenXund Babyboomer noch das große Ganzeim Blick haben und sich auch in anderehineinversetzen, steht für jüngere Genera-tionen das eigene Ego im Fokus: Sich etwasleisten können und Spaß haben. Getriebendurch die schnelllebigere und vielschichti-gere Zeit (Globalisierung, ständige Er-reichbarkeit, viele Chancen und Risiken)lassen sich für die jüngeren Generationenzwei generelle Trends ableiten, wie sie da-mit umgehen:

1. Alle Möglichkeiten, die das Leben bie-tet, auszunutzen und keine Chance zu ver-passen: Anything goes.

2. Ein sicherer Rückzugsort (Familie,Freunde), falls es doch nicht so läuft wiegeplant: Wunsch nach Cocooning.

Um keine der vielen Möglichkeiten zuverpassen und auch tatsächlich die richti-gen auszuwählen, halten sich Ypsilonergerne alle Optionen möglichst lange offenund binden sich ungern – auch an Marken.

Dieser generelle Einstellungs- undWertewandel macht auch vor der Lebens-mittelbranche nicht halt. Der Trend, mög-lichst viel auszuprobieren und mitzuma-chen, zeigt sich in der steigenden Relevanzvon bestimmten Ernährungsgewohnhei-ten. Im Rahmen unserer Eigenstudie Food-Trends wurden repräsentativ 1.000 Food-Interessierte aus GenYZ zum Thema Ak-tuelle und zukünftige Ernährungsgewohn-heiten befragt. 16 Prozent gaben an, dass siein bestimmten Zeiträumen ihre Ernährungumstellen und auf bestimmte Nahrungs-mittel, wie etwa Fleisch, Alkohol oder Süßig-keiten verzichten: Fasten ist wieder in. Aberauch die generelle Einstellung gegenüberbestimmten Nahrungsmitteln hat sich ver-ändert. So ist der gefühlte Konsum vonFleisch (37 Prozent), Wurst (35 Prozent)und Bier gegenüber früheren Jahren deut-lich zurückgegangen, während Obst (40Prozent), Gemüse (39 Prozent) und Käse(26 Prozent) an Relevanz gewinnen.

Bei über einem Viertel der Befragtensind dies nicht temporäre Umstellungender Ernährung oder nach Lust und

Laune anpassbare Gewohnheiten, sondernmanifestieren sich als dauerhafte Ernäh-rungsumstellung. Vegetarisch, Low Carbund Vegan dominieren hier. Nahezu jederzehnte Bundesbürger zwischen 16 und40 Jahren ernährt sich vegetarisch, in derGenZ (16 bis 22 Jahre) sind es fast15 Prozent, Tendenz steigend. Währendunter den 31- bis 40-Jährigen 20 Prozentihre Ernährung an bestimmten Vorgabenausgerichtet haben, sind es bei den 16- bis30-Jährigen über 30 Prozent. Vegetaris-mus, Low Carb oder die Steinzeiternäh-rung Paleo sind keine bloßen Schlagworte,sondern werden zur gelebten Esskulturund können den Umgang mit Lebensmit-teln auf Dauer verändern.

Was Lebensmittel „gut“ macht …

Ypsiloner und Zettler hinterfragen stärker,was sie essen und wie etwas hergestellt wird,möchten sich nicht an tradierten Vorstel-lungen festhalten. Hinterfragen ist ein gene-relles Einstellungsmerkmal der GenY. DerWunsch nach neuen Ideen und Geschich-ten ist im Bereich Bier sehr gut zu beobach-

ten. Während Craftbiere mit immer neuenGeschmacksvariationen die Herzen derjungen Verbraucher erobern, verzeichnenStandardbiere, gebraut nach dem deut-schen Reinheitsgebot, sinkende Absatzzah-len. Die Ypsiloner und noch stärker GenZstellen das älteste deutsche Lebensmittel-gesetz immer stärker auf den Prüfstand.Nachrichten wie Glyphosat im Bier leistenihren Beitrag. Rein rational zwar nachvoll-ziehbar (Pflanzenschutzmittel auf Pflan-zen), aber emotional nicht mit dem Rein-heitsgebot vereinbar: Für was steht eigent-lich reines Bier? Gemäß der großen Spann-breite an Einstellungsmustern der jüngerenGenerationen zwischen Anything goes unddem Wunsch nach Cocooning besteht auchbei Lebensmitteln neben dem Ausprobie-ren und Mitnehmen möglichst vieler neuerAngebote der Wunsch nach einer verläss-lichen Basis. Und dieses Fundament wirdzunehmend von den Eigenmarken derHändler gebildet und nicht mehr wie frühervon Markenartikel-Herstellern.

Aufgeklärt durch TV-Reportagen, Mar-kendetektive unterwegs und Büchern wieWelche Marke steckt dahinter? greift auchder nachwachsende Konsument immer

Sich viel leisten können / einen hohen Lebensstandard haben

Die Jungen wollen Spaß haben

Quelle: K & A Eigenstudie „Die Generation im Wandel“ 2015 (in Zusammenarbeit mit Respondi)

Veränderte Einstellungsmuster zwischen den Generationen

planung&analyse Sonderheft1/2016

Basis: n = 3000

Spaß haben, das Leben genießen

Ein aufregendes und abwechslungsreiches Leben führen

Ich bin nicht allein auf dieser

Welt

Ich mach, was mir gefällt

Neugierig bleiben und sich immer weiterbilden

Sich umweltbewusst verhalten

Alle Menschen gleich behandeln

Generation Z1995–2009

Generation Y1980–1994

Generation X1965–1979

Babyboomer1950–1964

31%28% 20% 14%

56% 48% 44% 32%

25% 18% 13%9%

23%33% 34% 37%

18% 22% 28% 30%

24% 26% 28% 31%

33% 39% 50%

16–20 Jahre21–30 Jahre

31–40 Jahre

häufiger zu den Marken der Händler. Ineinzelnen Segmenten haben sie bereits eineMonopolstellung, etwa bei Reibekäse mitüber 90 Prozent Marktanteil. Was für denVerbraucher zählt, ist letztendlich Preisund Qualität. Wurde die Qualität in derVergangenheit noch durch Markennamender großen Hersteller garantiert, wird siezunehmend stärker von Händlern gelie-fert, die sich selbst als eigenständige Markeetabliert haben, wie die Kampagnen Wirlieben Lebensmittel und Lidl lohnt sich zei-gen, und diese Verbraucherbedürfnissenun umfassend mit einer breiten Range anEigenmarken bedienen. Qualität wird alsogarantiert durch den Absender – und dasist nicht mehr Maggi, sondern Lidl.

Noch gravierender werden diese Er-kenntnisse im Vergleich verschiedener Ge-nerationen. 50 Prozent der Befragten imAlter von 31 bis 40 Jahren gaben an, dassihnen die Marke beim Kauf von Lebens-mitteln wichtig oder sehr wichtig ist. Beiden 21- bis 30-Jährigen (GenY)waren diesnoch 39 Prozent und bei den 16- bis 20-Jährigen (GenZ) lediglich ein Drittel – Ten-denz fallend.

Die Entscheidung für den Kauf fällt da-bei immer häufiger am PoS selbst, an demder Händler die Spielregeln festlegt. Wäh-rend ältere Semester den Einkauf vorabplanen und Prospekte nach Sonderange-boten durchsuchen, entscheiden ein Vier-tel der 16- bis 20-Jährigen erst im Super-markt, was sie letztendlich kaufen, bei den31- bis 40-Jährigen waren es noch 18 Pro-zent. Generation Y und Z will sich nichtvorab festlegen, was sie wo kauft, sondernhält sich gerne bis zum letzten Zeitpunktalle Optionen offen.

Auch Händler liefern Qualität

Was können Markenhersteller von Lebens-mitteln also tun, um dieser Abwärtsspiralezu entkommen? Zunächst einmal hilft im-

mer die Erkenntnis, warum sich Verbrau-cher situativ in bestimmten Marktsegmen-ten verhalten und die eigene Marke linksliegen gelassen wird. Wer nicht differen-ziert, wer nicht motiviert, blitzt ab. Ganzeinfach. Leider gilt das für viele Marken-artikler ohne Konturen. Zudem müssenMarken proaktiv in den Dialog mit denerlebnishungrigen Ypsilonern und ihrenjüngeren Geschwistern treten. KlassischeWerbung greift heute zu kurz. Botschaften,die nicht interessieren, werden wegge-klickt. Erlebnisse und relevante News ste-hen dagegen immer höher im Kurs.

Da die Darstellung am PoS und derPreis in der Hand des Handels liegen, hel-fen diejenigen Aktivitäten, die eine direkteBeziehung zwischen Mensch und Markeaufbauen. Und hierbei besonders solcheMaßnahmen, die nicht 08/15, sonderndurchaus als andersartig daherkommenund zum Staunen anregen.

Marken müssen dabei von einerKomm-Struktur (Hör mir zu, was ich dir zuerzählen habe) zu einer Geh-Struktur (Dubist mir wichtig und ich verstehe, wie ich dir in dieser Situation etwas Gutes tun kann) übergehen: Aktiver Zugang auf den Verbraucher mit Kontaktpunkten, dieberühren, nicht vergessen werden, Salienzerzeugen.

Zange aus Handelsmarken und innovativen Startups

Die aktuelle Lage für Markenhersteller istschwierig, aber nicht aussichtslos. Sie be-finden sich in einer Zange aus prosperie-renden Handelsmarken für jede Lebens-lage und innovativen, neuen Lebensmittel-Startups; beide bedienen die divergieren-den Ansprüche der GenY Lust auf Neuesund Verlässlichkeit/Sicherheit optimal.Markenartikler müssen sich wieder auf ih-re Wurzeln besinnen und den Kunden inden Fokus ihrer Aktivitäten stellen: ErstKunde, dann Marketing.

Andreas Putz K&ABrandConsultant undverantwortlich für dieK&A-Eigenstudien

[email protected]

Dr. Uwe Lebok CMO beiK&A BrandResearch.Er ist seit 2005 im Vorstandund dort verantwortlich fürMarketing und Vertrieb.

DasBuch

Hybride Kunden RalphOhnemus, Geschäftsführer vonK&A BrandResearch, zeigt mitder typischen VerbraucherinKarina, wie hybride Kundenkonsumieren. Sie kannstundenlang neue Schoko-ladenarten vergleichen. BeiKaffee dagegen ist sie opportu-nistisch – irgendein Marken-kaffee zu einem möglichstgünstigen Preis.

Marke ist mir wichtigMarken verlieren bei Gen YZ an RelevanzQuelle: K&A Foodtrends 2016

DieAutoren

5 planung&analyse Sonderheft 1 /2016

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Anja Meier ist Senior BrandConsultant und Brand-Psychologist bei K&ABrandResearch.Neben ihrer Tätigkeitpromoviert sie aktuell inPsychologie zum ThemaFörderung von Innovationund Kreativität im Produkt-entwicklungsprozess.

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Dr. Uwe H. Lebok ist CMObei K&A BrandResearch. Erist seit 2005 im Vorstandund dort verantwortlich fürMarketing und Vertrieb.Zudem unterstützt er vorallem mittelständischeUnternehmen mittelsresearchbasierter Marken-strategien.

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