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ZUM DaF-ERWERB AUSGEWÄHLTER GRAMMATISCHER STRUKTUREN DER DEUTSCHEN SPRACHE DURCH ITALOPHONE STUDIERENDE. ERGEBNISSE UND DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN * SABRINA BALLESTRACCI Inhalt ZUR EINFÜHRUNG 2 1. DAS PISANER PROJEKT. ZUM KORPUS UND ZUR METHODIK DER EMPIRISCHEN ANALYSE 4 2. BESCHREIBUNG DER ERGEBNISSE 8 2.1. DIACHRONE ERWERBSPHASEN 10 2.1.1. VERBALMORPHOLOGIE 12 2.1.2. SATZGLIEDSTELLUNG 17 2.1.3. KASUS-DEKLINATION DER NOMINALPHRASEN 20 2.2. SYNCHRONE ERWERBSPHASEN 24 2.2.1. DIE PHASE DER UNBEWUSSTHEIT 24 2.2.2. DIE PHASE DER BEWUSSTHEIT 25 2.2.3. AUSBAU UND KONSOLIDIERUNG 27 2.3. ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE 27 * Ich möchte an dieser Stelle Horst Sitta, der mit wertvollen Hinweisen maßgeblich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen hat, meinen ganz besonderen Dank aussprechen.

ZUM DaF-ERWERB AUSGEWÄHLTER GRAMMATISCHER … · 1 Die Genuszuweisung, die Pluralmarkierung und die Kasus-Deklination der Präpositionalphrasen, bei denen das DiGS-Projekt keine

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ZUM DaF-ERWERB AUSGEWÄHLTER

GRAMMATISCHER STRUKTUREN DER DEUTSCHEN

SPRACHE DURCH ITALOPHONE STUDIERENDE.

ERGEBNISSE UND DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN*

SABRINA BALLESTRACCI

Inhalt

ZUR EINFÜHRUNG 2

1. DAS PISANER PROJEKT. ZUM KORPUS UND ZUR

METHODIK DER EMPIRISCHEN ANALYSE 4

2. BESCHREIBUNG DER ERGEBNISSE 8

2.1. DIACHRONE ERWERBSPHASEN 10

2.1.1. VERBALMORPHOLOGIE 12

2.1.2. SATZGLIEDSTELLUNG 17

2.1.3. KASUS-DEKLINATION DER

NOMINALPHRASEN 20

2.2. SYNCHRONE ERWERBSPHASEN 24

2.2.1. DIE PHASE DER UNBEWUSSTHEIT 24

2.2.2. DIE PHASE DER BEWUSSTHEIT 25

2.2.3. AUSBAU UND KONSOLIDIERUNG 27

2.3. ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE 27

*Ich möchte an dieser Stelle Horst Sitta, der mit wertvollen Hinweisen maßgeblich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen hat, meinen ganz besonderen Dank aussprechen.

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2

3. DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN 32

3.1. NATÜRLICHE ERWERBSPHASENABFOLGE 33

3.2. CHUNK-LEARNING 36

3.3. SPRACHBEWUSSTHEIT 36

3.4. DER TRANSFER AUS DER MUTTERSPRACHE

UND ANDEREN FREMDSPRACHEN 38

3.5. DAUER DER PHASEN, FOSSILISIERUNGEN

UND REGRESSIONEN 42

FAZIT 44

LITERATUR 46

ZUR EINFÜHRUNG

Die Didaktik des Deutschen als Fremdsprache stützt sich noch heute

zum Großteil auf Ergebnisse von Untersuchungen über den Erwerb

der deutschen Sprache unter natürlichen Bedingungen oder den

Erwerb des Englischen als Fremdsprache. In den letzten Jahren hat

sich die Auslandsgermanistik jedoch verstärkt mit der Frage nach dem

Spracherwerb der deutschen Grammatik unter gesteuerten

Bedingungen beschäftigt: Die in diesem Bereich vorgenommenen

Untersuchungen haben umfassende Erklärungen über die den Erwerb

einer Fremdsprache steuernden Mechanismen und Strategien geliefert.

In diesem Zusammenhang spielt vor allem das bei frankophonen

Schülern der Primar- und Sekundarstufe durchgeführte

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Forschungsprojekt „Deutsch in Genfer Schulen“ eine wichtige Rolle

(Diehl 2000). Dabei wurde die beim natürlichen L1- und L2-Erwerb

des Deutschen festgestellte Phasenabfolge überprüft, und man kam zu

folgenden Ergebnissen:

1. Auch unter gesteuerten Bedingungen unterliegt der Erwerb der

deutschen Grammatik einer inneren Gesetzmäßigkeit und verläuft

in einer bestimmten Phasenabfolge, die durch den Unterricht kaum

verändert werden kann.

2. Diese Phasenabfolge ist der bei den natürlichen Erwerbsformen

beobachteten Sequenz ähnlich, aber nicht mit ihr identisch: Beim

Erwerb einiger grammatischer Strukturen (vor allem innerhalb der

Satzgliedstellung und der Kasus-Deklination) wurden auch

Unterschiede zum natürlichen L1- und L2-Erwerb festgestellt.

Unter den Faktoren, die den Erwerb des Deutschen bei den

frankophonen Schülern von den natürlichen Erwerbsformen

unterscheiden, wird beim DiGS-Projekt vor allem der Muttersprache

eine wichtige Rolle zugeschrieben. Dieses Ergebnis lässt darauf

schließen, dass der DaF-Unterricht auf spezifischen, je nach

Muttersprache verschiedenen Methoden und Mitteln basieren sollte.

Im vorliegenden Beitrag werden die im Rahmen des Genfer Projekts

aufgestellten Thesen bei italophonen Studierenden überprüft. Ziel ist

es, die Besonderheiten des DaF-Erwerbsprozesses bei italophonen

Lernern festzustellen, um daraus wichtige Schlüsse für den DaF-

Unterricht in Italien zu ziehen. Dabei ist von der Hypothese

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auszugehen, dass verschiedene Typen von Faktoren im

Grammatikerwerb des Deutschen miteinbezogen werden, d.h.:

1) Merkmale, die allen DaF-Erwerbern gemeinsam sind

2) Merkmale, die nur für die italophonen Lerner typisch sind

3) Merkmale, die von Lernkontext zu Lernkontext wechseln.

Der Beitrag gliedert sich in zwei Teile: Im ersten Teil (Abschnitte 1

und 2) werden die Ergebnisse einer Untersuchung zum DaF-Erwerb

bei italophonen Studierenden beschrieben, die am Germanistikinstitut

der Fakultät Lingue e Letterature Straniere, Universität Pisa,

vorgenommen wurde; der zweite Teil (Abschnitt 3) befasst sich

hingegen mit den didaktischen Schlüssen, die sich aus der Analyse der

bei den italophonen Lernern gewonnenen Ergebnisse ziehen lassen.

1. DAS PISANER PROJEKT. ZUM KORPUS UND ZUR

METHODIK DER EMPIRISCHEN ANALYSE

Gegenstand des Pisaner Forschungsprojektes, das im Zeitraum

zwischen 2000 und 2006 durchgeführt wurde, ist der DaF-Erwerb

ausgewählter grammatischer Strukturen im DaF-Unterricht durch

italophone Studierende des dreijährigen Corso di Laurea in Lingue e

Letterature Straniere (Grundstudium). Ziel der Untersuchung war es,

festzustellen, ob der Erwerb der deutschen Grammatik bei den

italophonen Lernern wie bei den frankophonen Schülern des Genfer

Projektes in einer bestimmten Phasenabfolge verläuft, die weder durch

den Unterricht geändert, noch durch äußerliche Variablen beeinflusst

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werden kann. Bei der Überprüfung wurden jene grammatischen

Bereiche berücksichtigt, bei denen das DiGS-Projekt die Existenz

einer natürlichen Phasenabfolge bestätigt hatte: Verbalmorphologie,

Satzgliedstellung und Kasus-Deklination der Nominalphrasen.1 Es

wurden die grammatischen Strukturen aus 157 schriftlichen Arbeiten

italophoner Universitätsstudierender, die zu Studienbeginn Null-

Anfänger waren, statistisch analysiert. Die Datenerhebung erfolgte zu

acht verschiedenen Zeitpunkten: viermal im ersten Jahr, dreimal im

zweiten Jahr und einmal am Ende des dritten Jahres.

Anhand eines unter den Studierenden verteilten Fragebogens wurden

auch die probandenbezogenen Variablen ermittelt, deren

Beschreibung hier aus einer kontrastiven Perspektive erfolgt, und

zwar mit dem Ziel, die Unterschiede bzw. Ähnlichkeiten zwischen

den Pisaner Studierenden und den Genfer Schülern zu verdeutlichen:

•••• Alter und kognitive Entwicklung. Während die schweizerischen

Lerner Schüler der Primar- und Sekundarstufe sind, handelt es sich

bei den Pisaner Lernern um Universitätsstudierende mit prinzipiell

niedrigeren Erfolgsaussichten beim Sprachenlernern, da das

neuronale System von Erwachsenen über eine geringere

Flexibilität verfügt als jenes der Kinder, was sich auf den

Lernerfolg beim Erwerb neuer Strukturen auswirken kann.

•••• Sprachliche Kenntnisse. Im Gegensatz zu den frankophonen

Schülern besitzen die Pisaner Studierenden allgemeine

1 Die Genuszuweisung, die Pluralmarkierung und die Kasus-Deklination der Präpositionalphrasen, bei denen das DiGS-Projekt keine allgemein gültige Erwerbssequenz beobachtet hatte, wurden hingegen nicht untersucht.

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Sprachkenntnisse, die beim Spracherwerb von Vorteil sein

können: Viele von ihnen studieren auch andere Fremdsprachen

(vor allem Englisch, Französisch und Spanisch), haben die

klassischen Sprachen in der Oberstufe gelernt und sprechen

innerhalb der Familie einen oder mehrere Dialekte.

•••• Einstellung zur deutschen Sprache. Während das Deutsche für die

Genfer Schulkinder ein obligatorisches Schulfach ist und deshalb

bei diesen oft negative Einstellungen erweckt, wird das

Germanistikstudium an der italienischen Universität freiwillig

gewählt. Dies erlaubt die Annahme, dass das Deutsche für die

italophonen Germanistikstudierenden ein Fach darstellt, das keine

negativen Gefühle hervorruft.

•••• Muttersprache. Das Italienische ist wie das Französische eine

romanische Sprache. Beide Sprachen weisen vergleichbare

Unterschiede zur deutschen Sprache auf, weil sie ähnliche

morphologische und syntaktische Strukturen bei der Verbal- und

Nominalmorphologie sowie bei der Wortstellung haben, was

voraussetzen lässt, dass der Erwerb des Deutschen bei den

frankophonen und den italophonen Lernern gleichartige

Lernschwierigkeiten bereiten sollte. Das Italienische ist im

Gegensatz zur französischen Sprache eine Pro-drop-Sprache, d.h.

es gehört zur Gruppe jener Sprachen, bei denen das Subjekt in

einigen Kontexten ausgelassen werden kann.

Um die verwendeten grammatischen Strukturen sowie die Beziehung

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zwischen deren Gesamtanzahl und den normkonformen bzw.

normwidrigen Vorkommen festzustellen, wurden die ausgewählten

Sprachdaten je nach grammatischem Bereich in drei Teile

(Verbalmorphologie, Satzgliedstellung, Kasus-Deklination)

gegliedert. Die Analyse erfolgte nach den folgenden Kriterien:

Die Beschreibung der Verbalmorphologie umfasst alle konjugierten

Verbformen in den Haupt- und Nebensätzen (Verben im Präsens mit

regelmäßiger Konjugation und unregelmäßiger Konjugation;

Modalverbkomplexe;2 Perfektbildungen; Präterita; Imperative;

Futurformen; weitere Verbformen wie Passiv, Konjunktiv), wobei

eine Unterteilung in normkonforme und normwidrige Fälle erfolgt.

Dabei werden auch die Kategorien Flexion, Subjekt-Verb-Kongruenz,

zeitliche Kohärenz und Modus berücksichtigt.

Bei der statistischen Analyse der Satzgliedstellung wird bei jedem im

Korpus enthaltenen Deklarativsatz, Fragesatz und Nebensatz die

Stellung des konjugierten Verbs bzw. der Verbalkomplexe (bei den

2 Modalverbkomplexe wurden – wie alle mehrteiligen Prädikate – sowohl innerhalb der Verbalmorphologie als auch innerhalb der Satzgliedstellung analysiert. Bei der Verbalmorphologie wurden grundsätzlich nur morphologische Aspekte (Flexion des Modalverbs und der übrigen Verbform), bei der Satzgliedstellung nur syntaktische Aspekte (Stellung des Modalverbs und der übrigen Verbform) untersucht. Die Analyse der Flexion musste manchmal auch morphosyntaktische Aspekte berücksichtigen, wie bei den Verwechslungen zwischen Modalverbkomplexen und Perfektbildungen (Bsp.: „Ich habe ein Bier trinken“ vs. „Ich möchte ein Bier getrunken“), bei denen festgestellt wurde, dass die normwidrige Flexion direkt mit der Bearbeitung der Distanzstellung zusammenhängt. Dazu muss gesagt werden, dass es in diesen Fällen manchmal sehr schwierig ist, zu unterscheiden, auf welcher Ebene die Normwidrigkeit liegt; deswegen schien es sinnvoll, die mehrteiligen Prädikate sowohl bei der Verbalmorphologie als auch bei der Satzgliedstellung sowie schließlich auch bei der Analyse der synchronen Phasen (bei den Zusammenhängen zwischen Morphologie und Syntax) zu behandeln.

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Infinitivnebensätzen die Stellung des Infinitivs), die Stellung des

Subjekts (bei den Infinitivnebensätzen die Stellung der Subjunktionen

um und zu) und die Vorfeldbesetzung (ohne Nebensätze und

Infinitivnebensätze) untersucht.

Die Analyse der Kasus-Deklination bei den Nominalphrasen befasst

sich hauptsächlich mit der Konformität der Kasus (Nominativ (N),

Akkusativ (A) bzw. Dativ (D)), und zwar nur bei den

Nominalphrasen, die als Subjekt, als prädikativer Nominativ, als

Akkusativobjekt, als prädikativer Akkusativ und als Dativobjekt in

den folgenden Satztypen vorkommen:

• Ein-Kasus-Sätzen (nur N): Meine Mutter schläft

• Zwei-Kasus-Sätzen (N-N): Das ist ein schönes Buch

(N-A): Mein Bruder hat ein neues

Fahrrad gekauft

(N-D): Mir gefällt das nicht

• Drei-Kasus-Sätzen (N-A-D): Sie haben mir ein schönes

Buch geschenkt.

2. BESCHREIBUNG DER ERGEBNISSE

Die empirische Analyse hat ergeben, dass der Grammatikerwerb der

deutschen Sprache bei den italophonen Universitätsstudierenden

sowohl allgemein gültige Merkmale als auch individuelle Merkmale

aufweist. Die folgende Darlegung ist auf die allgemein gültigen

Merkmale beschränkt, zu denen die überindividuellen Erwerbsphasen

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und die mit ihnen korrelierten Lernstrategien gehören.

Der Erwerb der grammatischen Strukturen des Deutschen in den drei

untersuchten Bereichen kann – wie die folgende Tabelle

veranschaulicht – in verschiedene Phasen aufgeteilt werden:

Chronologische Phasen

Verbalmorphologie Satzgliedstellung Kasus-Deklination

I. Phase

II. Phase

III. Phase

IV. Phase

V. Phase

VI. Phase

VII. Phase

VIII. Phase

regelmäßige Konjugation;

unregelmäßige Konjugation;

Konjugation der Modalverben

**************

Perfekt

***************

Präteritum

*************** Ausbau (übrige

Verbformen)

Hauptsätze, zusammengesetzte

bzw. -gezogene Sätze mit S-V-Struktur

W-Frage ***************

E-Frage *************** Distanzstellung

(Verbalklammer) ****************

X-V-S-Struktur in Deklarativsätzen; Verbendstellung

*************** Ausbau ↓

unsystematisches Flexionssystem; Verwendung von

chunks ***************

N- und N-N-Sätze;

Verwendung von chunks beim Dativ

**************

N-A-Sätze; normkonforme

Dativ-Formen mit den Pronomina

*************

N-D-Sätze, N-A-D-Sätze

*************** Ausbau ↓

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hypothetische Phase

Tabelle 1: Überindividuelle Erwerbsphasen bei den Pisaner Studierenden.

Es können zwei Typen von überindividuellen Erwerbsphasen

unterschieden werden: die diachronen und die synchronen

Erwerbsphasen.

2.1. DIACHRONE ERWERBSPHASEN

Unter „diachronen Erwerbsphasen“ verstehe ich hier die allgemein

gültigen Erwerbsphasen in den drei analysierten Bereichen. Sie sind in

den einzelnen Bereichen unterschiedlich: Es lassen sich vier

Erwerbsphasen innerhalb der Verbalmorphologie und jeweils fünf

Erwerbsphasen innerhalb der Satzgliedstellung und innerhalb der

Kasus-Deklination feststellen. (Vgl. dazu Tab. 1). Mit

‚Erwerbsphasen’ sind die einzelnen sequenziellen Ausschnitte

gemeint, in die der Erwerb einer oder mehrerer gleichzeitig

bearbeiteter grammatischer Strukturen aufgeteilt werden kann. Die

innerhalb eines Bereiches beobachtete Phase lässt sich dann weiter in

verschiedene Stadien unterteilen: Sie entsprechen kleineren

Ausschnitten, in denen die Bearbeitung eines bestimmten Aspektes

der zu erwerbenden Struktur bzw. die Anwendung bestimmter

Lernstrategien erfolgt.

Die Aufteilung der diachronen Erwerbsphasen in Stadien soll im

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Folgenden näher betrachtet werden (vgl. die untenstehende Tabelle).

Verbalmorphologie Satzgliedstellung Kasus-Deklination

I. sy

nchr

. EP

h U

nbew

usst

heit

II. s

ynch

r. E

Ph

Bew

usst

heit

I. diachr. EPh: - präkonjugale Verbformen - regelmäßige Konjugation im Präsens - unregelmäßige Konjugation im Präsens ***************** II. diachr. EPh: - Übergangsstadium zw. Erwerb der Konjugation des Präsens und Erwerb des Perfekts - Partizip II - Übergangsstadium zw. Perfekt und Präteritum III. diachr. EP: - Präteritum von sein und haben - Erwerb des Präteritums regelmäßiger Verben - Erwerb des Präteritums unregelmäßiger

I. diachr. EPh: - deklarative Sätze mit S-V-X-Struktur (auch Satzreihen) - W-Fragen II. diachr. EPh: - E-Fragen ***************** III. diachr. EPh: - keine bzw. partielle Distanzstellung - Distanzstellung IV. diachr. EPh: - X-V-S-Struktur in den deklarativen Sätzen - Verbendstellung im Nebensatz

I. diachr. EPh: - unsystematische Flexion II. diachr. EPh: - N- und N-N-Sätze ***************** III. diachr. EPh: - Erwerb der NP im Akkusativ mit Artikel bzw. Artikelwort + Nomen - NP im Akkusativ mit Artikelwort + Adjektiv + Nomen IV. diachr. EP: - NP im Dativ mit Pronomina als Kern - NP im Dativ mit Nomina als Kern

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III. s

ynch

r. E

Ph

Kon

solid

ieru

ng

Verben ***************** IV. diachr. EPh: - Ausbau - Konsolidierung

**************** V. diachr. EPh: - Ausbau - Konsolidierung

**************** V. diachr. EPh: - Ausbau: Perfektionierung von Genuszuweisung und Pluralmarkierungen in den NP - Konsolidierung: Erweiterung der Lexik

Tabelle 2: Aufteilung der diachronen Erwerbsphasen (diachr. EPh) in Stadien und Bestimmung der synchronen Erwerbsphasen (synchr. EPh) der Unbewusstheit, Bewusstheit und Konsolidierung.

2.1.1. VERBALMORPHOLOGIE

Der Erwerb der Verbalmorphologie erfolgt in vier Phasen:

I. Phase. Erwerb der Konjugation des Indikativs Präsens. In der

ersten Erwerbsphase, die ungefähr den ersten zwei chronologischen

Phasen entspricht, befassen sich die Studierenden gleichzeitig mit der

Konjugation der regelmäßigen als auch der unregelmäßigen Verben

sowie mit jener der Modalverben. Diese Phase lässt sich in drei

Stadien unterteilen:

1) Nicht konjugierte Verbformen und präkonjugale3 Verbformen.

Infinite und andere präkonjugale Verbformen treten nur bei jenen

Studierenden auf, die eine sehr geringe Kenntnis der

Verbalmorphologie haben und noch über keine systematische

Verarbeitungsstrategie verfügen. Beispiele dafür sind: Verwendung

3 Der Terminus „präkonjugal” wurde Diehl et al. 2000 entnommen. Dieser Begriff tritt unter der englischen Bezeichnung pre- and proto-morphology auch in berühmten crosslinguistischen Studien zum Erstspracherwerb auf (Dressler 1997). (Zum Erstspracherwerb des Deutschen vgl. Klampfer et al. 2002).

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des Infinitivs statt der konjugierten Verbform („du essen“);

normwidrige Stammwahl („sie sprache“); normwidrige graphische

Umsetzungen („ich fhare“); auf Italienisch geschriebene Verben („Das

Märchen inizia so...“) und Fehlen der konjugierten Verbform („Dem

wünchen von jedem vater Ø zum eine nefiu von seinem sohne

bekommen“).4

2) Bearbeitung der regelmäßigen Konjugation im Präsens. Dieses

Stadium ist durch zwei Lernstrategien gekennzeichnet:

a) durch die Generalisierung der regelmäßigen Konjugation auf die

unregelmäßige Konjugation:

(1) Habst du dein Foto?

b) durch die Verwendung von Chunks in der Bearbeitung der

unregelmäßigen Konjugation, d.h. durch die Verwendung von

unanalysierten Satzteilen, die beim Grammatiklernen im Gedächtnis

gespeichert wurden. Bsp.:

(2) baby: Opa das ist ein Katze?

Opa: Ja, das ist ein Katze.

baby: Das ist ein Maus?

Opa: Ja, das ist ein Maus

3) Bearbeitung der unregelmäßigen Verben im Präsens. In diesem

Stadium wird die unregelmäßige Konjugation auf die regelmäßige

generalisiert. Bsp.:

(3) Er käuft die Rose für sich

4 Solche Verwendungen, die zusammen mit der nichtmarkierten Nominalflexion zu der sogenannten prä- bzw. proto-morphologischen Phase (vgl. Dressler 1997) gehören, kommen nur bei jenen Studierenden vor, die in allen grammatischen Bereichen mit großen Schwierigkeiten kämpfen.

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II. Phase. Bearbeitung des Perfekts. In der zweiten Erwerbsphase,

die schon in der zweiten chronologischen Phase beginnt und die in der

vierten chronologischen Phase abgeschlossen wird, bearbeiten die

Studierenden das Perfekt. Diese Phase lässt sich in drei Stadien

unterteilen:

1) Übergangsstadium. Das erste Stadium bei der Bearbeitung des

Perfekts stellt einen Übergang zwischen dem Erwerb der Konjugation

des Präsens (vor allem der Modalverbkomplexe) und der Bearbeitung

der Perfektbildung dar. Für dieses Stadium sind die folgenden

Lernstrategien charakteristisch:

a) Verwechslungen zwischen Perfektbildungen und

Modalverbkomplexen. Bsp.:

(4) Wir können ein Bier zusammen getrunken.

(5) „Wo“ habe ich antworten

b) Generalisierungen bzw. Verwechslungen bei der Auxiliarwahl. Die

Lerner wissen, dass die Verwendung des Auxiliars im Deutschen

anders als im Italienischen erfolgt und generalisieren diese Regel auch

auf Verben, die vom selben Hilfsverb wie im Italienischen regiert

werden. Dadurch kommt es zur Verwechslung bei der Verwendung

der Hilfsverben sein und haben. Bsp.:

(6) ich bin gesucht [it. ho cercato]

(7) sie hat gefällt [it. è caduta]

c) Verwendung von Chunks beim Hilfsverb und beim Partizip. Der

Großteil der Perfektbildungen wird in der 1. Person Singular

konjugiert. Seltener treten auch Formen in der 3. Person Singular

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sowie in der 1. und 3. Person Plural auf. Am häufigsten kommen

Bewegungsverben vor („ich bin gegangen“, „wir sind angekommen“,

„ich bin abgefahren“), außerdem Verben des menschlichen Verhaltens

(„ich habe gesehen“, „ich habe gesucht“, „ich habe gehört“) und die

Verben sein und haben („ich habe gehabt“, „ich bin gewesen“).

2) Bearbeitung des Partizips. In diesem Stadium befassen sich die

Lerner vor allem mit der Bearbeitung des Partizips II. Dieses Stadium

ist insbesondere durch Generalisierungen der regelmäßigen Flexion

auf unregelmäßige Verben sowie der unregelmäßigen Flexion auf

regelmäßige Verben gekennzeichnet:

(8) ich habe viele Monument gesehet

(9) wir haben gereden

3) Übergansstadium. In diesem Stadium wird der Erwerb der

Perfektbildungen abgeschlossen und die Studierenden beginnen die

Konjugation des Präteritums zu bearbeiten. Es handelt sich um ein

Übergangsstadium zwischen dem Erwerb des Perfekts und der

Bearbeitung des Präteritums, welches durch Generalisierungen der

Konjugation des Präteritums auf das Perfekt (z.B.: „ich hatte hatten“

und „Ihre Eltern hatte schenkten“) und durch Verwechslungen

zwischen Partizip II und Präteritumsformen (z.B.: „habe ich

verstand“) gekennzeichnet ist.

III. Phase – Bearbeitung des Präteritums. In der dritten Phase

erfolgt der Erwerb des Präteritums. Diese Phase lässt sich in drei

Stadien unterteilen.

1) Erwerb des Präteritums von sein und haben. In diesem Stadium

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wird nur das Präteritum der Verben sein und haben normkonform

verwendet. Die anderen Verben erscheinen vor allem als Chunks:

Regelmäßige Verben („sagen“, „fragen“ und „machen“) sowie

unregelmäßige Verben („gehen“, „geben“, „bekommen“ und

„bringen“) treten vor allem in der 1. und 3. Person Singular auf.

2) Erwerb des Präteritums regelmäßiger Verben. Typisch in diesem

Stadium ist die Generalisierung des –t- bzw. –te-Flexionsmorphems,

das nun auch bei unregelmäßigen Verben verwendet wird. Bsp.:

(10) sprachten wir

(11) Luca sagtet

3) Erwerb des Präteritums unregelmäßiger Verben. Im dritten Stadium

werden fast alle Präterita normkonform verwendet. Es gibt keinen

Beleg für Generalisierungen der unregelmäßigen Konjugation auf die

regelmäßigen Verben, was eigentlich zu erwarten wäre. Es lässt sich

hingegen ein Spätstadium belegen, in dem die Konjugation des

Präteritums durch jene des Konjunktivs beeinflusst wird:

(12) die Erwachsenen würden [statt wurden]

IV. Phase – Ausbau und Konsolidierung. Die letzte Phase im

Bereich der Verbalmorphologie ist jene des Ausbaus und der

Konsolidierung. Beim Ausbau befassen sich die Studierenden mit dem

Erwerb der übrigen Verbformen (Futur I und II, Imperativ, Passiv und

Konjunktiv): Dieses Stadium wird nur von einer geringen Anzahl der

untersuchten Studierenden erreicht; es ist jedoch davon auszugehen,

dass es eine Phase gibt, in der sich alle Studierenden mit den übrigen

Verbformen auseinandersetzen. In einem allerletzten Stadium

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(Konsolidierung), das hier nur hypothetisch, sozusagen als „Ideal-

Erwerbsverlauf“, angenommen wird, soll schließlich die

Konsolidierung der gelernten Strukturen durch Wiederholung und

Automatisierung erfolgen, sodass die zunächst unbewusst und danach

bewusst verwendeten Regeln wieder auf einer unbewussten Ebene

verinnerlicht und auch im spontanen Gebrauch produziert werden.

2.1.2. SATZGLIEDSTELLUNG

Beim Erwerb der Satzgliedstellung können fünf diachrone Phasen

unterschieden werden.

I. Phase – Erwerb der S-V-Struktur und der W-Fragesätze. In der

ersten Phase befassen sich die Studierenden mit Deklarativsätzen mit

S-V-Struktur und mit W-Fragesätzen. Hier lassen sich zwei Stadien

beobachten.

1) Erwerb der S-V-Struktur. In diesem Stadium verwenden die

Studierenden vor allem Strukturen, die mit jenen der Muttersprache

übereinstimmen. Die Interferenzen aus der L1 sind in diesem Stadium

Grund sowohl für positiven Transfer bei den normkonformen

Verwendungen als auch für negativen Transfer bei den normwidrigen

Verwendungen. Normkonforme Strukturen kommen bei den

Deklarativsätzen mit S-V-X-Struktur (auch bei Satzreihen) vor,

während die normwidrigen Strukturen vor allem in

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Inversionskontexten auftreten:

(13) Sie sietzen und sie lesen ein Buch

(14) Auf dem Bild ich sehe zwei personen

(15) Jetzt gehen Ø nach Hause

Die W-Fragen werden in diesem Stadium nur als Chunk verwendet:

(16) was ist das?

(17) wie heißt er?

2) Erwerb der W-Fragesätze. In diesem Stadium erfolgt der Erwerb

der Fragesätze. Nun befassen sich die Studierenden mit einer großen

Varietät von W-Fragen, die in den meisten Fällen normkonform

gebildet werden:

(18) Wie geht’s?

(19) Warum gehst du weg?

Die Probanden beginnen, sich mit den E-Fragesätzen

auseinanderzusetzen, welche sie aber mit S-V-Struktur bilden. Bsp.:

(20) Das ist ein Hund?

II. Phase – Erwerb der E-Fragesätze. In der zweiten Phase, in der

sich keine Unterteilung in Stadien erkennen lässt, erfolgt der Erwerb

der E-Fragesätze, die in den meisten Fällen eine normkonforme

Struktur aufweisen:

(21) Schläfst du auch?

(22) War der Traum schlecht? (I/12.02/104)

III. Phase – Erwerb der Distanzstellung (Verbalklammer). In der

dritten Erwerbsphase, die in der zweiten chronologischen Phase

beginnt und in der dritten chronologischen Phase abgeschlossen wird,

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erfolgt der Erwerb der Distanzstellung, d.h. der

Verbalklammerstruktur. Der Erwerb dieser Struktur hängt mit dem

Erwerb der Modal- und Perfektbildung zusammen (vgl. II. synchrone

Phase). In dieser Phase lassen sich zwei Stadien beobachten.

1) Kontaktstellung bzw. partielle Distanzstellung. In diesem Stadium

spielt die Muttersprache aufgrund der Interferenzen eine wichtige

Rolle. In den meisten Fällen verwenden die Studierenden entweder

keine Distanzstellung:

(23) Ich habe geputzt meine Schuhe

oder nur eine partielle Distanzstellung:

(24) Dann habe ich das Licht ausgemacht in mein Schlafzimmer

2) Distanzstellung. In diesem Stadium befassen sich die Studierenden

bewusst mit Verbalklammern mit Distanzstellung und bilden

normkonforme Strukturen; nur bei Inversionskontexten treten noch

Normwidrigkeiten auf:

(25) Ich bin zum Schüle gegangen. Ich wollte nicht essen so bin ich in mein

Zimmer zurückgekommen.

(26) Nach 2 Uhr wir haben nach Hause zurückgekommen

IV. Phase – Erwerb des Nebensatzes und der X-V-Struktur. In dieser

Phase setzen sich die Studierenden mit dem Erwerb zweier typisch

deutscher Strukturen auseinander: Die X-V-S-Struktur in den

Deklarativsätzen und die Verbendstellung im Nebensatz. Der Erwerb

dieser Strukturen erfolgt bei den italophonen Studierenden in einer

einzigen Phase; die vorkommenden Normwidrigkeiten zeigen, dass

diese Strukturen von den Lernern verwechselt werden:

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(27) Die Prinzessin eine Apfel von der Xene gegessen hat und dann sie

geschlafen ist

(28) Die Erzählung die du liest immer für mich

(29) Es ist ein Bild in welchem sieht man sprechende Leute

V. Phase – Ausbau und Konsolidierung. Wie bei der

Verbalmorphologie wird auch bei der Satzgliedstellung eine Ausbau-

bzw. Konsolidierungsphase angenommen, in der die Lerner den

Erwerb aller Satzstrukturen konsolidieren und in der vor allem der

Erwerb der Inversionskontexte und der Nebensätze abgeschlossen

wird. Im Bezug darauf soll betont werden, dass das Auftreten beider

Strukturen auch noch in den von den Studierenden zuletzt

geschriebenen Texten normwidrig ist; deswegen werden diese

Strukturen hier als nicht erworben betrachtet. Normwidrigkeiten treten

aber häufiger in Nebensätzen mit Verbendstellung als bei den

Deklarativsätzen mit X-V-S-Struktur auf, was vermuten lässt, dass die

Inversion in einer in diesem Korpus nicht belegten zukünftigen Phase

vor der Regel Verbendstellung erworben wird.

2.1.3. KASUS-DEKLINATION DER NOMINALPHRASEN

Der Erwerb der Kasus-Deklination der Nominalphrasen erfolgt in fünf

Phasen.

I. Phase – unsystematische Flexion. In der ersten Erwerbsphase, die

mit der ersten chronologischen Phase übereinstimmt, verwenden die

Studierenden noch keine systematische Flexion. Aus der Analyse geht

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hervor, dass die Kasus-Deklination zu diesem Zeitpunkt durch die

folgenden Phänomene charakterisiert ist:

A. Beschränkte Kenntnis der deutschen Lexik und der deutschen

Nominalflexion

B. Lexikalische und morphosyntaktische Interferenzen aus der

italienischen L1

Es werden vor allem Nominalphrasen mit Pronomen als Kern

verwendet, während die Kasus-Deklination in den Nominalphrasen

mit Nomina, die unter anderem auch durch die Interferenzen aus der

L1 bei der Genuszuweisung stark beeinflusst wird, noch sehr

unsystematisch erfolgt:

(30) Sie sietzen

(31) Im Foto sind zwei personen: ein alten Mann und ein Kind

(32) Die Großvater lacht

Die willkürliche Kasus-Deklination zeigt sich auch in der

Verwendung von Chunks im Nominativ und im Vorkommen von

Interferenzen aus den bisher erlernten L2:

(33) Das Kind anhöret [hört] der Großvater

(34) I geht auf dem Zug

II. Phase – Erwerb der N-Sätze und N-N-Sätze. In der zweiten

Phase erfolgt der Erwerb der N-Sätze und N-N-Sätze. Den

Studierenden ist schon bewusst, dass jedem Kasus ein bestimmtes

Flexionsmorphem entspricht, sie sind jedoch noch nicht in der Lage,

dieses Wissen immer normkonform umzusetzen: Nur N-Sätze und N-

N-Sätze werden in dieser Phase bewusst bearbeitet und normkonform

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verwendet:

(35) Die junge Frau kommt zurück

(36) Sie war meine Freundin Valentina

Der Umgang mit den anderen Kasus ist noch sehr unsystematisch:

Normkonforme Strukturen treten nur mit Personennamen und mit als

Chunks verwendeten Pronomina auf:

(37) Pietro liebt Caroline. Er kennt sie

(38) Die Katze hat mir gesagt

Wenn die Nominalphrase aus Artikel + Nomen besteht, kommt es zu

Normwidrigkeiten in Form von Generalisierungen der neutralen

Endung des Nominativs und der femininen –e-Endung:

(39) Der Mann wartet sein Freund

(40) Der Mann hat eine Koffer und Blumen für sein Freund

III. Phase – Erwerb der N-A-Sätze. In dieser Phase erfolgt der

Erwerb der N-A-Sätze. Dabei können zwei Stadien unterschieden

werden:

1) Erwerb der Nominalphrasen im Akkusativ mit Artikel bzw.

Artikelwort + Nomen:

(41) Ich wollte meinen Onkel besuchen

(42) Um 6 Uhr pm haben wir das Haus meines Onkel finden

In diesem Stadium wird der Akkusativ auf alle im Mittelfeld

auftretenden Nominalphrasen generalisiert, unabhängig davon, welche

Rolle diese im Satz spielen. Bsp.:

(43) Das war meinen Ring

2) Erwerb der Nominalphrasen im Akkusativ mit Artikelwort +

Adjektiv + Nomen:

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(44) Ich bekam viele schöne Geschenke

(45) Cinzia hat ein großes Haus mit einem Garten wo es die Tische und die

Stühle gab

In diesem Stadium wird sehr oft der Dativ verwendet, aber nur in

Nominalphrasen, deren Kern ein Pronomen ist:

(46) [etwas Interessantes] das mir passierte

(47) ich half ihm

IV. Phase – Erwerb der N-D-Sätze und der N-A-D-Sätze. Der

Erwerb des Kasus Dativ, d.h. die Verwendung von N-D-Sätzen und

N-A-D-Sätzen, erfolgt erst in der letzten Phase, in der vor allem

Nominalphrasen im Dativ mit Pronomina sowie Nomina als Kern

benutzt werden:

(48) Es sieht mir aus, dass [...]

(49) Das ist mir egal!

(50) er gibt den Teller der Kellnerin zurück

V. Phase – Ausbau und Konsolidierung. Wie bei der

Verbalmorphologie und der Satzgliedstellung wird auch bei der

Kasus-Deklination der Nominalphrasen eine Ausbau- und

Konsolidierungsphase angenommen: In dieser Phase sollte vor allem

der Erwerb der Genuszuweisung und der Pluralmarkierungen in den

Nominalphrasen mit Nomen als Kern abgeschlossen werden, weil

diese oft den Grund für die Normwidrigkeiten darstellen, die auch

noch in den letzten Phasen bei der Wahl von Artikeln, Artikelwörtern,

Flexiven bei Adjektiven und Nomina auftreten. Diese letzte

Erwerbsphase soll auch als eine Phase interpretiert werden, in der der

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Ausbau und die Konsolidierung der Kasus-Deklination und der damit

verbundenen Kategorien (Genuszuweisung und Pluralmarkierung)

durch den Ausbau des Wortschatzes erfolgt. Die Analyse hat nämlich

gezeigt, dass eine beschränkte Kenntnis der deutschen Lexik der

Grund für die meisten bei der Kasus-Deklination auftretenden

Normwidrigkeiten ist.

2.2. SYNCHRONE ERWERBSPHASEN

Mit „synchronen Erwerbsphasen“ bezeichnet man die Parallelen, die

sich zwischen den analysierten grammatischen Bereichen erkennen

lassen. Es wurden drei synchrone Phasen beobachtet: die Phase der

Unbewusstheit, die Phase der Bewusstheit und die Phase der

Konsolidierung (vgl. Tab. 2).

2.2.1. DIE PHASE DER UNBEWUSSTHEIT

In der ersten synchronen Phase erfolgt der Erwerb jener

grammatischen Strukturen der deutschen Sprache, die entweder mit

den Strukturen der italienischen Sprache übereinstimmen oder

Regularitäten innerhalb des deutschen Systems aufweisen.

Die Studierenden bilden einfache Deklarativsätze (vor allem

Hauptsätze oder Satzreihen) mit S-V-X-Struktur und sie üben die

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Subjekt-Verb-Kongruenz. Bei der Verbalmorphologie entspricht diese

Phase der Auseinandersetzung mit der Konjugation des Indikativs

Präsens, wobei die Studierenden versuchen, ein systematisches

Flexionssystem zu erkennen. Was die Kasus-Deklination der

Nominalphrasen angeht, verfügen die Lerner noch über keine

Systematik: Artikelwörter und Adjektive werden entweder

normwidrig oder gar nicht dekliniert. Es wird kein Kasus-Unterschied

gemacht und bei den normkonformen Fällen handelt es sich vor allem

um Chunks.

Die Ergebnisse dieser ersten Phase bestätigen, dass die ersten

Strukturen, die erworben werden, jenen der Muttersprache ähnlich

sind. Die Strukturen, die sich von jenen der Muttersprache stark

unterscheiden, werden in dieser ersten Phase nur als Chunk

verwendet.

2.2.2. DIE PHASE DER BEWUSSTHEIT

In der zweiten synchronen Phase beginnen die Studierenden sich mit

jenen Strukturen der deutschen Sprache auseinanderzusetzen, die in

der Muttersprache keine Entsprechung finden bzw. die durch andere

Verfahren gebildet werden. Was die Satzgliedstellung angeht,

befassen sich die Lerner mit der Bearbeitung der V-S-Struktur in E-

Fragesätzen, mit der Distanzstellung (Verbalklammer), mit der

Verbendstellung im Nebensatz und mit der X-V-S-Struktur in

Deklarativsätzen. Im Bereich der Verbalmorphologie werden die

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Vergangenheitstempora (Perfekt und Präteritum) bearbeitet, bei denen

es große Unterschiede zwischen dem italienischen und dem deutschen

System gibt und wo auch zahlreiche Irregularitäten vorkommen. Erst

in dieser Phase erfolgt bei der Kasus-Deklination der Nominalphrasen

eine echte Unterscheidung der Funktionen der einzelnen Kasus; die

Studenten beginnen, sich auch mit den im Italienischen nicht

existierenden Kasus zu befassen: dem Akkusativ und dem Dativ.

In dieser Phase lassen sich viele Zusammenhänge zwischen den drei

untersuchten Bereichen beobachten.

Eine Verbindung zwischen Verbalmorphologie und Satzgliedstellung

ist beim Erwerb der Modalverbkomplexe bzw. Perfektbildungen und

der Distanzstellung zu beobachten: Das Auftreten von Mischformen

(Modalverb + Partizip II bzw. Hilfsverb + Infinitiv) erfolgt in den

meisten Fällen bei der Verwendung der Distanzstellung. Die

Konjugation der mehrteiligen Verbformen ist zwar in einem ersten

Erwerbsstadium normkonform, die Distanzstellung wird dabei aber

nicht beachtet (d.h.: „ich möchte essen ein Bonbon“, „ich habe

gegessen Bonbon“). In einem nächsten Schritt beginnen die

Studierenden die Distanzstellung normkonform zu benutzen, wobei es

aber zu Normwidrigkeiten bei der Konjugation der übrigen

Verbformen kommt. (Bsp.: „ich will ein Bier getrunken“, „ich habe

ein Bier trinken“). Im letzten Stadium sind schließlich sowohl

Konjugation als auch Distanzstellung zielsprachgerecht.

Bei der Satzgliedstellung und der Kasus-Deklination lassen sich

Parallelen zwischen der Generalisierung des Kasus Akkusativ und der

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Satzgliedstellung im Mittelfeld beobachten, d.h. es zeigt sich die

allgemeine Tendenz, dass in den nach dem konjugierten Verb

stehenden Nominalgruppen der Kasus Akkusativ verwendet wird,

auch wenn es sich nicht um ein Akkusativobjekt handelt (z.B.: „es ist

einen schönen Hund“). Diese Strategie wird auch in normkonform

gebildeten Inversionskontexten angewandt, wobei der Akkusativ auf

das Subjekt generalisiert wird.

Eine Korrelation zwischen Verbalmorphologie und Kasus-Deklination

ist in komplexen syntaktischen Strukturen festzustellen, die auch ein

Dativobjekt enthalten: Es kommt hierbei oft zur Verwechslung von

Subjekt und Dativobjekt (z.B.: „schmecken Sie es nicht so gut?“).

2.2.3. AUSBAU UND KONSOLIDIERUNG

In allen drei Bereichen wird eine letzte Phase angenommen, in der es

zum Abschluss des Erwerbsprozesses kommen sollte. Diese Phase

setzt sich aus dem Ausbau und der daran anschließenden

Konsolidierung zusammen. Beide Stadien – Ausbau und

Konsolidierung – sind hypothetisch, weil sie nur von einer begrenzten

Anzahl von Lernern erreicht werden. Im Ausbaustadium sollten alle

Lerner befähigt werden, die im Unterricht gelernten Strukturen

normkonform zu verwenden. Das Konsolidierungsstadium besteht

hingegen in der Übung und Wiederholung aller gelernten Strukturen

und zielt darauf ab, diese tief im Gedächtnis zu speichern. Durch die

Konsolidierung sollten die gelernten Strukturen wieder auf die

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unbewusste Ebene zurückgebracht werden, nachdem das

Grammatiklernen ihr Auftauchen von der unbewussten auf die

bewusste Ebene bewirkt hatte.

2.3. ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE

Eine Gegenüberstellung der bei den italophonen Studierenden

gewonnenen Daten mit bereits existierenden Ergebnissen

(insbesondere mit den Daten des DiGS-Projekts) lässt sowohl

Unterschiede als auch Ähnlichkeiten erkennen. Darüber hinaus

können die Besonderheiten des Grammatikerwerbs des Deutschen als

Fremdsprache bei italophonen Lernern festgestellt werden. Die

Beschreibung sowohl der Ähnlichkeiten als auch der Unterschiede der

Pisaner Resultate im Vergleich zu den bisher vorliegenden

Forschungsergebnissen, soll dazu dienen, wichtige Schlüsse für den

DaF-Unterricht in Italien zu ziehen. Bei diesem Vergleich lassen sich

folgende Typen von Merkmalen beobachten:

1) allen Lernertypen gemeinsame Merkmale

2) muttersprachbezogene Merkmale

3) kontextbezogene Merkmale.

1) Zu allen Lernertypen gemeinsamen Merkmalen:

Wie im Genfer Projekt wurde auch bei der Pisaner Untersuchung

festgestellt, dass der Erwerb der analysierten deutschen Strukturen in

einer bestimmten, einer inneren Dynamik gehorchenden

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Phasenabfolge verläuft. Die Existenz einer natürlichen

Erwerbsphasenabfolge bestätigt nicht nur die Ergebnisse des DiGS-

Projekts, sondern auch die theoretischen Prinzipien aller kognitiv

ausgerichteten Hypothesen, und zwar der Interlanguage-Hypothese

von Larry Selinker, der Natural Order-Hypothese von Stephen D.

Krashen, der Natürlichen Erwerbssequenzen-Hypothese von Sascha

Felix und Hennig Wode sowie des Multidimensionalen ZISA-Modells

von Clahsen, Meisel und Pienemann.

2) Zu den muttersprachbezogenen Merkmalen:

Die Art und Weise, wie der Grammatikerwerb bei den frankophonen

Schülern und den italophonen Studierenden erfolgt, d.h. die Tatsache,

dass er in beiden Kontexten inneren Gesetzmäßigkeiten gehorcht, ist

Grund für eine Identitätshypothese (d.h.: DaF-Erwerb bei

Frankophonen = DaF-Erwerb bei Italophonen). Die bei beiden

Korpora festgestellte Erwerbssequenz, d.h. die Sequenz, in der sich

der Erwerb der einzelnen grammatischen Strukturen bzw. Formen

vollzieht, ist aber nicht ganz identisch, sondern nur ähnlich: In den

analysierten Bereichen erfolgt der Erwerb fast aller grammatischen

Strukturen bei den italophonen Studierenden in der gleichen Abfolge

wie bei den frankophonen Lernern; es wurden aber auch einige

Unterschiede beobachtet:

- Während den frankophonen Schülern die Subjekt-Verb-Inversion

bei den Ja/Nein-Fragen keine allzu großen Schwierigkeiten

bereitet, haben die Pisaner Studierenden vor allem in den ersten

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Phasen große Probleme damit. Dieser Unterschied kann dadurch

erklärt werden, dass die frankophonen Schüler V-S-

Inversionsphänomene in E-Fragen von ihrer Muttersprache her

kennen (Bsp.: „Veux-tu manger avec moi?“), während diese im

Italienischen nicht üblich sind, weil das pronominale Subjekt

ausgelassen werden kann und die Frage vor allem durch die

Intonation ausgedrückt wird (Bsp.: „Vuoi mangiare insieme a

me?“ „Carla viene alla festa?“ „Questo è tuo?“). Die Interferenz

aus der L1 würde auch erklären, warum die V-S-Inversion in den

W-Fragen den italophonen Studierenden hingegen weniger

Schwierigkeiten bereitet. In diesem Fall ist das Vorfeld auch im

Italienischen durch die Fragepartikel besetzt (Bsp.: „Perchè mangi

solo insalata?“). Obwohl das pronominale Subjekt auch in diesem

Fall nicht ausgedrückt wird, ist die Struktur der italienischen Frage

jener der deutschen W-Frage ähnlicher.

- Im Gegensatz zu den schweizerischen Ergebnissen kann beim

Erwerb der Regeln ‚Verbletztsatz’ und ‚Inversion’ bei den Pisaner

Studierenden keine eindeutige Phasenabfolge festgestellt werden:

Sowohl die Inversion als auch die Nebensätze werden schon in

den ersten Phasen verwendet; in den normwidrigen Fällen, die in

den letzten schriftlichen Arbeiten vorkommen, werden die beiden

Strukturen immer noch sehr oft verwechselt. Der Erwerb dieser

beiden Strukturen erfolgt bei den frankophonen Lernern in zwei

unterschiedlichen Phasen – wobei der Nebensatz vor der Inversion

erworben wird –, während es bei den italophonen Studierenden

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nicht möglich ist, eine Phasenabfolge zu erkennen: In der letzten

beobachteten Phase werden beide Strukturen immer noch

normwidrig verwendet und sogar miteinander verwechselt. Dieser

Unterschied zwischen den italophonen und den frankophonen

Lernern würde unter anderem auch den Unterschied der DiGS-

Ergebnisse zu jenen des ZISA-Projektes teilweise erklären: Die

Erwerbsphasenabfolge der beiden Strukturen, Inversion und

Verbletztsatz, ist bei den Gastarbeitern jener der Genfer Schüler

entgegengesetzt. Obwohl die Pisaner Ergebnisse weder mit den

DiGS- noch mit den ZISA-Daten ganz identisch sind, ist die bei

den Pisaner Studierenden festgestellte Phasenabfolge jener der

Gastarbeiter ähnlicher als jener der frankophonen Lerner:

Inversion und Nebensatz werden von den Universitätsstudierenden

nicht in zwei aufeinander folgenden Erwerbsphasen erworben, was

die Pisaner Daten von jenen des ZISA-Projektes unterscheidet.

Die Deklarativsätze mit Inversion werden jedoch häufiger

normkonform verwendet als die Nebensätze mit Verbendstellung.

Dies lässt vermuten, dass die Inversion von den Pisaner

Studierenden in einer hier nicht belegten zukünftigen Phase vor

der Verbendstellung erworben wird. Allgemein kann dazu also

Folgendes festgestellt werden: Diese Strukturen – sowie auch die

Distanzstellung in der Verbalklammer – werden zwar von den

jeweiligen Lernertypen in unterschiedlicher Abfolge erworben;

man kann jedoch behaupten, dass sie allen romanischsprachigen

Lernern gleichermaßen Schwierigkeiten bereiten. Diese Tatsache

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ist ein weiterer Beweis dafür, dass die Muttersprache eine wichtige

Rolle im Erwerbsprozess spielt.

3) Zu den kontextbezogenen Merkmalen:

- Die größte Diskrepanz zwischen den Pisaner und den DiGS-

Ergebnissen liegt nicht bei der Phasenabfolge, sondern bei der

Länge der verschiedenen Phasen: Die Erwerbsphasen der

italophonen Lerner sind in allen grammatischen Bereichen kürzer;

in den ersten Erwerbsphasen werden schon Strukturen und Formen

verwendet, die beim DiGS-Korpus erst in den nachfolgenden

Phasen auftreten. Als Beispiel dafür kann der Fall der

präkonjugalen Phase bei der Verbalmorphologie genannt werden:

Während diese im DiGS-Korpus eine allgemeine

Verarbeitungsstrategie darstellt, treten präkonjugale Verbformen

im Pisaner Korpus nur vereinzelt auf.

- Ein weiterer Unterschied liegt bei den Fossilisierungen und

Regressionen, die bei den italophonen Studierenden häufiger als

bei den frankophonen Schulkindern auftreten.

3. DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN

Der Vergleich mit den bereits aus früheren Studien vorliegenden

Ergebnissen zeigt, dass der DaF-Grammatikerwerb bei italophonen

Studierenden durch drei Typen von Merkmalen gekennzeichnet ist:

1) allen Lernertypen gemeinsame Merkmale, die den italophonen und

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allen anderen DaF-Lernern gemeinsam sind. Das sind: die Existenz

und die Natürlichkeit einer Erwerbsphasenabfolge, die

Verinnerlichung der grammatischen Regeln durch Chunk-learning

und der Abschluss des Erwerbsprozesses durch die Bewusstwerdung;

2) muttersprachbezogene Merkmale, die nur für italophone Lerner

gelten. Dazu gehört vor allem die unterschiedliche Phasenabfolge

beim Erwerb jener grammatischen Strukturen, bei denen die

Muttersprache eine wichtige Rolle spielt;

3) kontextbezogene Merkmale, die bei erwachsenen

Universitätsstudierenden, nicht jedoch bei anderen Lernern auftreten.

Dies sind: Dauer der Phasen, anfängliche Vielfältigkeit der

bearbeiteten Strukturen, Vorkommen und Dauer von Fossilisierungen

und Regressionen.

Aus den bei den italophonen Lernern festgestellten Merkmalen kann

zunächst geschlossen werden, dass die didaktischen Methoden und

Mittel des DaF-Unterrichts dem jeweiligen Kontext angepasst werden

sollten. Diese für die italophonen Lerner relevanten Methoden werden

in den folgenden Abschnitten im Einzelnen beschrieben.

3.1. NATÜRLICHE ERWERBSPHASENABFOLGE

Die Pisaner Studie hat, wie fast alle vorhergehenden Untersuchungen,5

5 Die einzige Ausnahme stellt die von Klein Gunnewieck vorgenommene Untersuchung dar, bei der festgestellt wurde, dass der Erwerb der deutschen Grammatik bei niederländischen DaF-Lernern nicht in einer Phasenabfolge erfolgt, weil sie am Anfang des Erwerbsprozesses schon imstande sind, alle grammatischen

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ergeben, dass der Erwerb der deutschen Grammatik auch unter

gesteuerten Bedingungen in einer bestimmten Phasenabfolge verläuft,

die internen Gesetzmäßigkeiten gehorcht und kaum durch den

Unterricht gesteuert werden kann. Aus dieser Beobachtung ist jedoch

auf keinen Fall zu schließen, dass die Praxis des Grammatikunterrichts

keine Rolle spielt: Die verwendete Methode und die didaktische

Einstellung sind hingegen von großer Bedeutung. Im

Grammatikunterricht sollte vor allem berücksichtigt werden, dass die

festgestellte Phasenabfolge nur die Reihenfolge darstellt, in der die

grammatischen Strukturen der deutschen Sprache im Allgemeinen

erworben werden. Das bedeutet weder, dass der Erwerbsprozess keine

individuellen Tendenzen aufweist, noch, dass der DaF-Unterricht die

grammatischen Strukturen in dieser Reihenfolge vermitteln muss. In

den einzelnen chronologischen Phasen setzt nämlich jeder Lerner

seine eigenen Lernstrategien ein, wobei nicht mit Sicherheit geklärt

werden kann, welche Faktoren den individuellen Merkmalen zugrunde

liegen. Es ist jedoch möglich, zwei Lernertypen zu unterscheiden: Es

gibt Lerner, denen die kommunikative Funktion des Textes wichtiger

ist als die grammatische Korrektheit, weshalb sie auch grammatische

Strukturen der deutschen Sprache (auch jene, die den DaF-Lernern im Allgemeinen große Schwierigkeiten bereiten) zu bearbeiten und normkonform zu verwenden. Dieses Ergebnis stellt aber – wie Diehl bemerkt – keine Widerlegung der kognitiv ausgerichteten Hypothese der natürlichen Phasenabfolge dar, weil die Strukturen der niederländischen Sprache jenen der deutschen Sprache sehr ähnlich sind, was vermutlich der Grund dafür ist, warum die niederländischen DaF-Lerner jene Strukturen des Deutschen schon von den ersten Erwerbsphasen an gut beherrschen, die den DaF-Lernern mit anderer L1 normalerweise Schwierigkeiten bereiten. Dieses Ergebnis stellt also eine weitere Bestätigung dafür dar, dass die Muttersprache der Lerner im Spracherwerbsprozess eine wichtige Rolle spielt.

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Strukturen verwenden, die im Sprachunterricht noch nicht

systematisch behandelt wurden. Andere Studierende vermeiden es

hingegen, grammatische Strukturen zu benutzen, die sie noch nicht

beherrschen, was auch durch die zahlreichen Selbstkorrekturen

bestätigt wird.6 Daraus können folgende Konsequenzen für den DaF-

Unterricht abgeleitet werden:

1. Die Phaseabfolge soll nicht als eine Skala interpretiert werden,

an die sich die didaktische Vermittlung der grammatischen

Strukturen Schritt für Schritt anpassen muss; sie dient eher

dazu, zu erkennen, in welcher Erwerbsphase bzw. in welchem

Erwerbsstadium sich jeder Lerner gerade befindet.

2. Der Grammatikunterricht soll vom Anfang an alle natürlichen

Strukturen der deutschen Sprache durch einen nicht

restriktiven Input vermitteln.

3. Der Sprachunterricht soll natürliche Erwerbsverfahren

stimulieren: Die DaF-Lerner sollen ständig mit authentischen

deutschen Sprachmaterialien konfrontiert werden.

4. Der Input soll nicht auf die Strukturen reduziert werden, die

nach der festgestellten Phasenabfolge in der jeweiligen Phase

erworben werden, sondern die Lerner sollen mit einem breiten

Spektrum von Strukturen arbeiten.

6 Diese Beobachtung könnte als Bestätigung der Monitor-Hypothese von Krashen gesehen werden: Einige Lerner verwenden bei der sprachlichen Produktion nur Strukturen, die sie als zielsprachgerecht erkennen, und vermeiden unbekannte Strukturen, während andere Lerner, die der Form weniger Bedeutung beimessen, den Mut haben, ihre kommunikativen Absichten auch mit neuen Strukturen auszudrücken. (Vgl. Krasken 1985, 102-104).

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5. Im Grammatikunterricht sollen authentische Texte (vor allem

der deutschen Gegenwartssprache) verwendet werden, in

denen das Vorkommen der grammatischen Strukturen in

einem natürlichen Kontext auch natürliche

Verinnerlichungsverfahren der grammatischen Regeln

stimulieren kann.

3.2. CHUNK-LEARNING

Die bei den italophonen Lernern vorgenommene Untersuchung hat

bestätigt, dass das Chunk-learning von den ersten Erwerbsphasen an

(und vor allem in den ersten Erwerbsphasen) eine wichtige Rolle bei

der Assimilation der Strukturen der Fremdsprache spielt. Das stellt

einen weiteren Grund dafür dar, dass die DaF-Lehre mit einem nicht

restriktiven Input arbeiten sollte, denn ein solcher regt zum Output

noch nicht systematisch behandelter grammatischer Strukturen an.

Daraus lässt sich also folgende Konsequenz für die didaktische Praxis

ableiten:

6. Da die als Chunk verwendeten Strukturen offenbar eine

wichtige Rolle spielen und diese vor allem aus authentischen

Texten übernommen werden, sollte der Sprachunterricht sich

nicht starr auf die Strukturen beschränken, die den natürlichen

Erwerbsphasen entsprechen, und es sollte nicht nur mit

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vollständigen Sätzen gearbeitet werden.

3.3. SPRACHBEWUSSTHEIT

Der unbewussten Verinnerlichung der zielsprachlichen Strukturen

durch Chunk-learning folgt im Erwerbsprozess eine weitere Phase, in

der sich die Lerner durch den Ausbau der im Gedächtnis

gespeicherten Strukturen deren Verwendung bewusst machen: Beim

In-Kontakt-Treten mit den Regeln der Fremdsprache stoßen die

Lerner sowohl auf Regelmäßigkeiten als auch auf

Unregelmäßigkeiten, die sie in den meisten Fällen durch

generalisierende Lernstrategien zu bearbeiten versuchen. Solche

Strategien, die in der Praxis zu normwidrigen Verwendungen führen,

sind aber ein Hinweis dafür, dass die Lerner immerhin versuchen, die

Regeln der Zielsprache zu begreifen. Dies lässt folgenden Schluss für

die didaktische Praxis zu:

7. Der Sprachunterricht sollte einen Weg finden, um die

Entwicklung der Sprachbewusstheit auf natürliche Weise zu

steuern. Dies muss aber auf jeden Fall immer dem jeweiligen

Kontext und der Lernergruppe (Kinder, Jungendliche,

Erwachsene) angepasst sein. Als allgemeine didaktische

Strategie kann aber die Auseinandersetzung mit Texten gelten,

in denen der Kontrast zwischen regelmäßigen und

unregelmäßigen Strukturen in den Vordergrund gerückt wird.

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Aus der Zusammenfassung der allen Lernertypen gemeinsamen

Merkmale ergeben sich zwei wichtige Konsequenzen für den DaF-

Unterricht:

- Beachtung der natürlichen Erwerbsphasenabfolge als

Bezugsmittel für die Bewertung der Erwerbsphase bzw. des

Erwerbsstadiums der einzelnen Lerner;

- Verwendung eines nicht restriktiven Inputs bzw. authentischer

Texten statt einzelner Sätze bei der Vermittlung der

grammatischen Regeln.

3.4. DER TRANSFER AUS DER MUTTERSPRACHE UND

ANDEREN FREMDSPRACHEN

Die Analyse hat ergeben, dass die Muttersprache der Lernenden und

die anderen Fremdsprachen eine wichtige Rolle im Erwerbsprozess

spielen, weil sie sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf

den Erwerbsprozess haben können. Durch positiven Transfer können

sie zu zielsprachgerechten Verwendungen beitragen; durch negativen

Transfer sind sie hingegen Ursache für Interferenzen.

Im Allgemeinen wurde festgestellt, dass die Lerner auf Strukturen der

Muttersprache und anderer gelernter Fremdsprachen zurückgreifen,

wenn ihnen die Strukturen der Zielsprache unbekannt sind.

Aufgrund dieses Ergebnisses gilt im Allgemeinen für die

Unterrichtspraxis folgende Empfehlung:

8. Das Auftreten von Interferenzen soll nicht nur als „fehlerhafte“

Performance, sondern vielmehr als Hinweis auf

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Lernschwierigkeiten betrachtet werden. Die Interferenzen aus

der L1 oder aus anderen L2 kommen nämlich bei jenen

Strukturen vor, die den Lernern besondere Schwierigkeiten

bereiten, weil sie sich stark von den ihnen schon bekannten

grammatischen Strukturen unterscheiden. Dass die

Studierenden auf bekannte Strukturen zurückgreifen, ist unter

anderem ein Beweis dafür, dass der L2-Erwerb durch den

Vergleich zwischen „dem Bekannten“ und dem „nicht

Bekannten“ erfolgt: Da, wo das Unbekannte vorkommt, greift

der Lerner auf das Bekannte zurück.7 Es wird also empfohlen,

dass auch der DaF-Unterricht eine kontrastive Perspektive

einsetzt, vor allem bei der Vermittlung jener Strukturen der

Zielsprache, die den Lernern unbekannt sind, weil sie weder in

der Muttersprache noch in den am häufigsten gelernten

Fremdsprachen vorkommen.

Im Einzelnen lässt sich die kontrastive Perspektive bei der

Vermittlung folgender grammatischer Strukturen empfehlen:

� Verbalklammer: Einer der auffälligsten Unterschiede zwischen der

italienischen und der deutschen Sprache sind die im deutschen

Satzbau auftretenden mehrteiligen Prädikate, die Verbalklammern

7 Einen weiteren Beweis dafür, dass die Lerner nur in den Fällen auf die Strukturen der Muttersprache zurückgreifen, in denen ihnen die L2-Struktur unbekannt ist, stellen einige bei den Pronominalnebensätzen auftretende Normwidrigkeiten dar. Bsp.: „Das Mädchen, dass sie wir getroffen haben“. Dabei versuchen die Studierenden die L2-Strukturen zu bearbeiten, die sie schon kennen, und verwenden die Konjunktion dass, um den Anfang des Nebensatzes zu markieren, und das Pronomen sie, um das Subjekt des Nebensatzes auszudrücken.

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bilden. Das sind Satzstrukturen, die in der italienischen Sprache

nicht existieren. Der Unterschied zwischen L1 und L2 ist der

Grund für die normwidrigen Realisierungen der Distanzstellung in

der Verbalklammer (Kontaktstellung oder partielle

Distanzstellung). Es handelt sich dabei um eine Normwidrigkeit,

die bei einigen Lernern fossilisiert wird. Deswegen wäre es

wichtig, dass diese Struktur von Anfang an im grammatischen

Input vorhanden wäre. Die Konzentration auf diese Struktur kann

unter anderem ein hilfreiches Mittel sein, um die X-V-S-Struktur

in die didaktische Praxis einzuführen, ohne sich auf den Begriff

„Inversion“ zu beziehen, der – wie viele Studien gezeigt haben –

für die deutsche Sprache eigentlich nicht adäquat ist.

� E-Fragen: Bei den E-Fragen sollte vor allem betont werden, dass

das Italienische und das Deutsche verschiedene Verfahren haben,

um E-Fragen auszudrücken. In der deutschen Sprache ist die

Satzgliedstellung von Bedeutung, während die E-Fragen im

Italienischen vor allem durch die Intonation ausgedrückt werden.

Dieser Unterschied sollte vor allem in den Phonetik-Kursen

thematisiert werden.

� X-V-S-Struktur in Deklarativsätzen / Verbendstellung in

Nebensätzen: Dass der Erwerb dieser Strukturen in den letzten

Phasen noch immer nicht abgeschlossen ist, und dass sie

verwechselt werden, bedeutet, dass sie den italophonen

Studierenden besondere Lernschwierigkeiten bereiten. Es sollte

außerdem betont werden, dass die Interferenzen aus der L1 nicht

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nur bei der Stellung der Satzglieder, sondern oft auch bei der

Auswahl der Subjunktion auftreten:8 In einigen Fällen besitzt

nämlich die deutsche Sprache zwei Subjunktionen (Bsp. wenn und

als), während die italienische Sprache nur eine hat (quando). In

diesem Fall kann die kontrastive Perspektive ein hilfreiches Mittel

für die Vermittlung solcher Strukturen sein.

� Verbalmorphologie: Den italophonen Studierenden ist fast sofort

klar, dass es in der deutschen Sprache andere Mittel als im

Italienischen gibt, um die Subjekt-Verb-Kongruenz auszudrücken.

Es handelt sich hier um einen grammatischen Bereich, in dem die

Lerner eine gewisse Zeit brauchen, um dieses andere

Flexionssystem zu verinnerlichen.9 Die italophonen Studierenden

greifen nur zu bestimmten Zeitpunkten des Erwerbs der

Verbalmorphologie auf Strukturen der Muttersprache zurück: Das

passiert insbesondere bei der Auswahl des Modalverbs und des

Hilfsverbs in den Modalverbkomplexen bzw. Perfektbildungen.

Auch bei der Vermittlung und der Übung dieser Strukturen könnte

also die kontrastive Perspektive von Nutzen sein.

� Kasus-Deklination: Auch beim Erwerb der Kasus-Deklination

spielt die Muttersprache eine wichtige Rolle: Zunächst beim

8 Die Pisaner Daten bestätigen im Großteil die Ergebnisse der Untersuchung von Crespi Günter (1998) zum DaZ-Erwerb bei zwei italophonen Lernern. 9 In diesem Fall bestätigen die Pisaner Ergebnisse die Daten der Studie von Tschirner zum DaF-Erwerb bei amerikanischen Lernern des OPI-Niveaus, wonach „die Kongruenz sich unabhängig von der Reifung der Syntax entwickelt und damit auch unabhängig von Erwerbssequenzen ist. [...] Damit wäre sie ein Beispiel für grammatische Strukturen, die keinen Erwerbssequenzen unterliegen und die durch Unterricht beeinflussbar sind“ (Tschirner 1999, S. 238).

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Erwerb der verschiedenen Funktionen der Kasus, vor allem bei

jenen Studierenden, die in der Scuola Superiore nicht Latein

gelernt haben. Hier soll die kontrastive Perspektive dazu dienen,

zu erklären, welche Rolle die verschiedenen Kasus spielen. Die

Vermittlung dieser Kenntnisse kann nicht unabhängig vom Lernen

der Syntax erfolgen, da Kasus und Funktion der Satzglieder sehr

stark miteinander verbunden sind.

Die muttersprachenbezogenen didaktischen Empfehlungen lassen sich

folgendermaßen zusammenfassen:

- Einsatz der kontrastiven Perspektive bei der Vermittlung jener

grammatischen Strukturen der deutschen Sprache, bei deren

Verwendung die Lerner auf Strukturen der Muttersprache

zurückgreifen.

- Verwendung authentischer Texte (zum Lesen und Analysieren)

mit solchen Strukturen, die den Lernern in kontrastiver Hinsicht

Schwierigkeiten bereiten.

3.5. DAUER DER PHASEN, FOSSILISIERUNGEN UND

REGRESSIONEN

Bei den erwachsenen Universitätsstudierenden sind die ersten

Erwerbsphasen relativ kurz, weil sie innerhalb einer kürzeren

Zeitspanne einen Großteil der zielsprachlichen Strukturen benutzen,

wobei nicht alle Vorkommnisse normkonform sind. Dieses Phänomen

scheint mit kontextbezogenen Merkmalen zu korrelieren: Das Alter

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und insbesondere die kognitive Entwicklung der

Universitätsstudierenden, die auch über relativ gute metasprachliche

Kenntnisse verfügen, haben in diesem Zusammenhang einen positiven

Effekt: Die Pisaner Testpersonen lernen zumindest eine weitere

Fremdsprache; viele von ihnen haben in der Schule auch die

klassischen Sprachen gelernt und an der Universität besuchen sie

Lehrveranstaltungen zur allgemeinen und vergleichenden

Sprachwissenschaft, was ihnen sicherlich im Spracherwerbsprozess

zugute kommt. Die Altersvariable kann aber andererseits auch

negative Auswirkungen auf den Erwerbsprozess haben. Ab der

zweiten synchronen Phase kommen bei fast allen Studierenden

Fossilisierungen und Regressionen vor; bei manchen Lernern kommt

es im Erwerbsprozess sogar zu einem Stillstand, der sich nicht mehr

aufheben lässt. Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen für die

Unterrichtspraxis:

9. Der DaF-Unterricht soll die metasprachlichen Kenntnisse der

Studierenden durch die Reflexion über die Sprache aktivieren;

dies ist unter anderem auch ein Mittel, um Sprachbewusstheit

zu erlangen und kann vor allem in den Vorlesungen von

Lingua Tedesca thematisiert werden.

10. Es soll zunächst angenommen werden, dass Regressionen und

Fossilisierungen Bestandteil des Erwerbsprozesses sind, die in

unterschiedlichem Ausmaß bei allen Lernern auftreten.

Diesbezüglich soll die didaktische Praxis auch einen wichtigen

Punkt beachten, der wieder auf die allgemein gültigen

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Merkmale zurückverweist: Der Spracherwerbsprozess ist kein

in sich geschlossener Prozess. Auch wenn alle grammatischen

Strukturen schon behandelt worden sind, darf das Üben der

grammatischen Regeln nicht aufhören, eben um Regressions-

und Fossilisierungsphänomene zu vermeiden bzw. diese

zumindest einzuschränken. Ein weiterer Grund dafür, dass die

grammatischen Inhalte mehrmals wiederholt werden sollten,

ist die Tatsache, dass die Studierenden viel Zeit brauchen, um

die grammatischen Strukturen (vor allem die

Vergangenheitstempora bei der Verbalmorphologie, die

Inversion und die Verbendstellung bei der Satzgliedstellung

und die ganze Kasus-Deklination) zu verinnerlichen und

automatisieren. Die wiederholte Übung gibt den Lernern

gleichzeitig die Gelegenheit, ihren Wortschatz zu erweitern

und dadurch die Genuszuweisung zu üben, bei der es auch in

den letzten analysierten Phasen noch große Schwierigkeiten

gibt.

Die kontextbezogenen didaktischen Konsequenzen können wie folgt

zusammengefasst werden:

- theoretische Reflexion über die Sprache

- Verwendung von authentischen Texten, die die Besprechung

metasprachlicher Begriffe ermöglichen

- wiederholte Grammatikübung mit Erweiterung der Lexik zur

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Automatisierung.

FAZIT

Der vorliegende Beitrag beschreibt die Ergebnisse einer

Untersuchung, die zum DaF-Erwerb ausgewählter Strukturen der

deutschen Sprache bei italophonen Studierenden vorgenommen

wurde. Die dabei durchgeführte Analyse hat ergeben, dass auch bei

italophonen Lernern Erwerbsphasenabfolgen auftreten, die inneren

Dynamiken unterliegen, unabhängig von Unterrichtsprogression

ablaufen und durch den Sprachunterricht kaum beeinflusst werden

können.

Die empirische Analyse hat aber auch gezeigt, dass die Muttersprache

und andere Faktoren (vor allem Alter und kognitive Entwicklung) eine

wichtige Rolle im Erwerbsprozess spielen.

Aus den gewonnenen Ergebnissen wurden drei Typen von

didaktischen Konsequenzen für den DaF-Unterricht abgeleitet und

beschrieben: Empfehlungen für alle DaF-Lerner; Empfehlungen für

italophone DaF-Lerner und Empfehlungen für DaF-

Universitätsstudierende.

Obwohl diese Untersuchung wichtige Ergebnisse geliefert hat, sollte

die Beschreibung des DaF-Erwerbs bei italophonen Lernern noch

durch die Analyse einiger grammatischer Bereiche ergänzt werden,

d.h.: Genuszuweisung, Pluralmarkierung und Kasus-Deklination der

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Präpositionalphrasen. Im Anschluss daran wäre es sinnvoll, wenn

unter Berücksichtigung und mit Hilfe der gewonnenen Ergebnisse

angemessene didaktische Materialien erarbeitet würden, da der DaF-

Erwerb – wie die Forschung gezeigt hat – je nach Muttersprache

spezifische Merkmale aufweist. Auf jeden Fall sollte vermieden

werden, dass die Lehre des Deutschen als Fremdsprache sich auch

noch in Zukunft auf Forschungsergebnisse aus dem natürlichen

Erwerb oder aus dem Erwerb des Englischen als L2 stützt.

Sabrina Ballestracci

Dipartimento di Linguistica

Sezione di Tedesco

[email protected]

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