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Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 224, S. 24--43 (1955). Aus dem Pharmakologischen Institut der Akademie ffir Medizinische Forschung und Fortbildung der Justus Liebig-Ffoehsehule GieBen, z. Zt. Bad Nauheim, Kerckhoff-Institut (Direktor: Prof. Dr. F. HILDEBRANDT). Zur Frage einer pharmakodynamisehen Wirkung der aus Crataegus gewonnenen Triterpensiiuren (Crataegussiiuren). Von J. D()R~ER und H. J. KUSCHKE iV[it 4 Textabbildungen. (Eingegangen am 24. Juli 1954.) Den aus Crataegus gewonnenen Wirkstoffen yon Triterpensi~ure- charakter (Oleanol-, Ursol- und Crataegolsiiure; im folgenden zusammen als Crataegussi~uren bezeichnet) kommt nach den Untersuchungen yon SCHIMERT und SCHIMERT 11. :BLoMER eine blutdruck- und minuten- volumenunabhgngige, langanhaltende Steigernng der Coronardurch- blutung zu. ,,Sie fiberschreitet zeitlich die Wirkung der meisten bisher bekannten coronarwirksamen Substanzen" (1. c.). Die Durchblutungs- steigernng soll die Folge einer Herzkranzgef~Berweiterung sein. Diese hervorragendste und im Mittelpunkt des Interesses stehende Wirkungs- komponente der Crataegusextrakte wird auf Grund der Arbeiten yon SCHI~]~RT bei Besprechnng der Crataeguswirkung oder yon Crataegus- prgparaten besonders in den Vordergrnnd gestellt. Wir haben uns yon den giinstigen Wirkungen der Crataeguss/~uren im Tierexperiment zuniichst ii~nlich dem Vorgehen yon SOHIMm~T ZU iiberzeugen versucht. Bald anftretende Zweifel fiihrten dann im weiteren Verlauf der Versuche zu Ergebnissen, die eine andersartige Beurteilung der Crataegussiiuren zur Folge batten. Methodik. Die Versuehe wurden an 20 Hunden durchgeftihrt, von denen ein Tier in sehlechtem Allgemeinzustand intra operationem an Herzflimmern ad exitum kam. Durehschnittliches Gewicht der Tiere 12--15 kg. Narkose: 4 mg/kg Morphin i.m., 1/2 Std sparer 0,5 ema/kg Pernocton i.m. (10% ige w/~i3rige L6sung des Na-Salzes der fl-bromallyl-see, butyl-barbitursaure). Daneben Atmungsversuehe an 5 Kaninehen ohne Narkose oder nur mit Morphinvorbehandlung und Versuehe an einigen Meer- schweinchen. Bei 9 Hunden Durchblutungsmessung der A. coronaria dextra mit der Dia- thermie-Thermostromuhr nach I~EIN unter Verwendung wiederholt geeichter und geeigneter Elemente vom Typ A. In diesen Fi~llen kfinstliehe Beatmung der Tiere mit Atempumpe. Das Atemvolumen wurde so eingestellt, dab die Tiere gerade nicht

Zur Frage einer pharmakodynamischen Wirkung der aus Crataegus gewonnenen Triterpensäuren (Crataegussäuren)

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Page 1: Zur Frage einer pharmakodynamischen Wirkung der aus Crataegus gewonnenen Triterpensäuren (Crataegussäuren)

Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 224, S. 24--43 (1955).

Aus dem Pharmakologischen Institut der Akademie ffir Medizinische Forschung und Fortbildung der Justus Liebig-Ffoehsehule GieBen, z. Zt. Bad Nauheim,

Kerckhoff-Institut (Direktor: Prof. Dr. F. HILDEBRANDT).

Zur Frage einer pharmakodynamisehen Wirkung der aus Crataegus gewonnenen Triterpensiiuren

(Crataegussiiuren). Von

J. D()R~ER und H. J. KUSCHKE

iV[it 4 Textabbildungen.

(Eingegangen am 24. Juli 1954.)

Den aus Crataegus gewonnenen Wirkstoffen yon Triterpensi~ure- charakter (Oleanol-, Ursol- und Crataegolsiiure; im folgenden zusammen als Crataegussi~uren bezeichnet) kommt nach den Untersuchungen yon SCHIMERT und SCHIMERT 11. :BLoMER eine blutdruck- und minuten- volumenunabhgngige, langanhaltende Steigernng der Coronardurch- blutung zu. ,,Sie fiberschreitet zeitlich die Wirkung der meisten bisher bekannten coronarwirksamen Substanzen" (1. c.). Die Durchblutungs- steigernng soll die Folge einer Herzkranzgef~Berweiterung sein. Diese hervorragendste und im Mittelpunkt des Interesses stehende Wirkungs- komponente der Crataegusextrakte wird auf Grund der Arbeiten yon SCHI~]~RT bei Besprechnng der Crataeguswirkung oder yon Crataegus- prgparaten besonders in den Vordergrnnd gestellt.

Wir haben uns yon den giinstigen Wirkungen der Crataeguss/~uren im Tierexperiment zuniichst ii~nlich dem Vorgehen yon SOHIMm~T ZU iiberzeugen versucht. Bald anftretende Zweifel fiihrten dann im weiteren Verlauf der Versuche zu Ergebnissen, die eine andersartige Beurteilung der Crataegussiiuren zur Folge batten.

Methodik.

Die Versuehe wurden an 20 Hunden durchgeftihrt, von denen ein Tier in sehlechtem Allgemeinzustand intra operationem an Herzflimmern ad exitum kam. Durehschnittliches Gewicht der Tiere 12--15 kg. Narkose: 4 mg/kg Morphin i.m., 1/2 Std sparer 0,5 ema/kg Pernocton i.m. (10% ige w/~i3rige L6sung des Na-Salzes der fl-bromallyl-see, butyl-barbitursaure). Daneben Atmungsversuehe an 5 Kaninehen ohne Narkose oder nur mit Morphinvorbehandlung und Versuehe an einigen Meer- schweinchen.

Bei 9 Hunden Durchblutungsmessung der A. coronaria dextra mit der Dia- thermie-Thermostromuhr nach I~EIN unter Verwendung wiederholt geeichter und geeigneter Elemente vom Typ A. In diesen Fi~llen kfinstliehe Beatmung der Tiere mit Atempumpe. Das Atemvolumen wurde so eingestellt, dab die Tiere gerade nicht

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Pharmakodynamische Wirkung der Triterpens~uren. 25

spontan atmeten. Bei 5 Tieren wurde gleichzeitig das DurchfluBvolumen in der V. cava thor. inf. und bei 8 Tieren die Durchblutung in einer A. oder V. fem. eben- falls mit der Thermostromuhr registriert.

Bei den iibrigen 10 Hunden, bei denen der Thorax nicht erSffnet wurde und die daher spontan atmeten, wurde unter Einschaltung eines Atemventils das Atem- volumen mittels Gasuhr gemessen. Die Atemwerte wurden w~hrend des Versuchs fortlanfend alle 2 min abgelesen. In einigen Versuchen wurde zus~tzlich die Atmung nach SCHAEFER registriert. Bei 6 Hunden wurden wahrend des Versuchs die Nn. vagi am Hals durchschnitten.

Die ~nderungen der arteriellen Sauerstoffsattigung in der A. fem. wurden in 3 Versuchen fortlaufend nach KR~ER in blutiger Weise registriert. Zu diesem Zweck erhielten die Tiere 2 mg/kg Heparin i.v.

In allen Versuchen Registrierung des Blutdrucks in einer A. fern. mit dem photoelektrischen Transmissionsmanometer nach REIN und des Venendrucks im re. Vorhof mit dem Wismut-Tauchspulenmanometer nach HAMPEL. Bei den Kaninchen wurde lediglich das Atemvolumen mit einem KRoGHschen Spirometer ermittelt.

Als Crataeguss~uren verwendeten wir ein nach Angaben der herstellenden Firma 1 aus Oleanol-, Ursol- und Crataegols~uren bestehendes Gemisch yon Triterpens~uren, das entweder als freie S~ure oder als Natriumsalz verabreicht wurde. Die LSslich- keitsverh~ltnisse lieBen wie bei SCmMERT zun~chst nur eine Anwendung in 960/0 igem Alkohol zu. Die Dosierung bei den Hunden betrug 0,1--2,0 mg/kg in 1--2 cm 3 Alkohol. Injektionsgeschwindigkeit 1/~ min. Alle Injektionen erfolgten i.v. in eine V. fern. Bei 3 Tieren wurden zus~tzlich zum Zwecke der Umgehung der Lungen Injektionen in eine V. pulmonalis, in die ein Polyaethylenschlauch eingebunden worden war, vorgenommen. In einem Versuch wurden auflerdem die Crataegus- s~uren in die A. anonyma injiziert. Jedesmal erfolgten KontroUinjektionen und zweimal Kontrollversuche mit 96~o igem Alkohol entsprechender Menge. Die Injek- tionen wurden in 1/2--11/~ stfindigen Abstanden in den meisten Fallen bis zum Exitus der Tiere fortgesetzt, der nach Verabreichung einer bestimmten, von Tier zu Tier wechselnden Dosis regelm~tBig und meist plStzlich eintrat (siehe spitter Tab. 3). Bei 4 Hunden wurden die Crataeguss~uren anders als in 960/0 igem Alkohol i.v. injiziert. N~here Angaben fiber die Art dieser Injektionen unter den Ergebnissen.

Bei 11 Hunden, 2 Kaninchen und den Meerschweinchen wurde eine autoptische Kontrolle der Lungen, teilweise mit histologischer Untersuchung, vorgenommen.

Ergebnisse. 1. Wirkung der in 96% igem Alkohol gel6sten freien Crataeguss~iuren. a) Coronardurchblutung. Die Ausschlags~nderungen des Elementes

an der A. coron, d. nach in t ravenSser In j ek t ion der freien Crataegus- s~uren sind in der 2. Spalte der Tab. 1 wiedergegeben. Danach fikhrten Dosen yon 0,1 mg/kg und m i t u n t e r auch 0,5 mg/kg nur zu uncharak- ter is t ischen ~ d e t v : n g e n , bes tehend aus geringffigigen Ausschl~gen in t~ichtung Zu- oder A b n a h m e der Coronardurchblu tung. Typische Durch- b l u t u n g s k u r v e n in der yon SCHIM~RT beschriebenen u n d abgebi ldeten Form, die au f eine un t e r Umsti~nden starke ~ e h r d u r c h b l u t u n g der Coronarar ter ien hinweisen, t r a t en bei 0,5 mg/kg u n d fast immer bei 1 mg/kg auf, d. h. bei ~hnlichen Dosierungen, wie sie SCHIMERT anwand te

1 Wir danken auch hiermit der Fa. Byk-Gulden (Konstanz) herzlichst fiir die Uberlassung der notwendigen Versuchsmengen.

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26 J. DSRI~'ER und H. J. KUSCHKE:

(Abb. 1). Das Ausmag der Ansschlags~nderungen war nicht nur yon Tier zu Tier, sondern auch yon Injektion zu Injektion sehr verschieden, wie aus Tab. 1 zu entnehmen ist. Ebenso wechselnd war die Oauer. In der l~Iehrzahl der F~lle lieBen die Ver~nderungen mR der ZeR wieder etwas nach, gingen jedoch sehr oft nicht mehr auf den Ausgangswert zurfick. Diese auffallende und bei anderen coronarwirksamen Snbstanzen unge- wotmte Tatsache l~Bt sich auch aus s~mtlichen Abbildungen der beiden Arbeiten yon SCHI~ERT ersehen.

Abb. 1. ]:[und 10,2 kg. Kfinstliche Beatmung. Zeitmarkierung 20 sec. Zwischen den beiden ersten Lichtsignalen intraven(ise Injektion yon 1 mg/kg Crataeguss~iuren in 1 cm ~ 96% igem Alkohol gelSst. Ausschlags~ndcrung der Durchblutungskurve der A. coron, d. und V. cava thor. inf. in lCichtung einer Mehrdurchblutung, Blutdrucksteigerung. Starke Schwankungen des Venendrucks als Zeichen der eintretenden Spontanatmungen. Auf der HShe der Wirkung beim 3. Lichtsignal ErhShung des Atemhubs yon 125 cm a auf 200 cm 3. Sofortiger l~fickgang des Ausschlages des Elementes an der Coronararterie auf Ausgangswert, Blutdruckrfickgang und Verschwinden der Venendruckschwan- kungen, Beachte das Parallelgehen yon Spontanatmungen als Zeichen des gesteigerten Atembediirf- nisses und der Yer~nderung der Coronardurchblutungskurve. A. coron, d.: Elem. Typ A, x = 0,45.

Injektion der Crataeguss~iuren in eine V. pulmonalis, also unter Um- gehung der Lungen, liefl die bei intraven6ser Injektion zu erhaltenden typischen Coronardurchblutungskurven niemals in Erscheinung treten. In diesen Fgllen kam es lediglich 10--15 see nach Injektionsbeginn zu einer kurzdauernden Durchblutungszunahme, die nach durchschnittlich 2 rain wieder abgeklungen war oder in eine ~inderdurchblutung iiberging. Die Zunahme ist hier dureh den gleichzeitig mitinjizierten Alkohol bedingt, da sie nach Injektion reinen Alkohols in gleicher Weise und Form auftrat (Abb. 2a und b). Bei intraven6ser Injek~ion wurde diese Form der •ehr- durchblutung nicht beobachtet, offenbar weft hier die die Coronararterien

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P h a r m a k o d y n a m i s c h e W i r k u n g der Tr i t e rpens~uren . 27

TabeUe 1.

Dosis Crataeguss~uren freie Na-Salz der Alkohol in Alkohol Crataeguss~turen Crataeguss~iuren

0,1 m g / k g : 1 cm a 8 0,5 m g / k g : 1 cm a - - 4 1,0 m g / k g : l , 4 cm a + 34 - - 3 6

0,1 m g / k g : 1 cm 3

0,5 m g / k g : 1 cm a

1,0 m g / k g : 1,8 cm 3

0,5 m g / k g : 1 cm a

1,0 m g / k g : 1,35 cm 3

1,15 m g / k g : 1,6 cm a 1,5 m g / k g : 2 cm a

0,1 m g / k g : 1 cm a 0,5 m g / k g : 1 cm 3

1,0 m g / k g : 1 cm 3

0 , l m g / k g : 1 cm ~ 0,5 m g / k g : 1 cm 3 1,0 m g / k g : 1 cm 3

+ 18

- - 8

+ 12 + 157 -k 69

+ 37 + 84 + 37 + 15 + 22 + 1 9 0

+ 10 + 128

--- 12 + 20

+ 30

+ 14 + 18

+ 8 + 7 + 14 + 38

-- 15 - - 20 + 7

m '22

+ 14 + 22

+ 14

+ 10 + 20

;J

1,0 m g / k g : 1 cm a + 134 ;~ + 29 + 1 5

J~nderungen der C o r o n a r d u r c h b l u t u n g s k u r v e n a c h i.v. I n j e k t i o n der in 9 6 % i g e m Alkohol ge l6s ten freien Crataeguss/~uren, des in gleicher Weise ge l6s ten Na-Sa lzes der C r a t a e g u s s a u r e n u n d v o n r e inem Alkohol e n t s p r e c h e n d e r Dosis. + = A u s s c h l a g in g i c h t u n g e iner M e h r d u r c h b l u t u n g . - - ~ A u s s c h l a g in R i c h t u n g einer Minder- d u r c h b l u t u n g . Die Z a h l e n a n g a b e n s te l len e in re la t ives MaB ffir die Aussch lags - ~ n d e r u n g e n dar , errechne~ a u f ' G r u n d der E l e m e n t c h a r a k t e r i s t i k u n d der E l e m e n t - nul l inie vo r der I n j e k t i o n (siehe T e x t S. 32). W e r t e au s 8 Ver suchen .

2,0 m g / k g : 1.5 cm a 2,0 m g / k g : 2 cm a

+ 23 + 37 + 3 + 45 + 15

si

+ 44 + 38

1,0 m g / k g : 1,4 cm a - - 62

0,5 m g / k g : 1 cm a + 134 + 3 1,0 m g / k g : 1,2 cm 3 + 14

+ 56

1,0 m g / k g : 1 cm a

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28 J. DSRNER und H. J. KUSCHKE:

erreichende Alkoholkonzentration nicht so hoch ist wie bei Injektion in eine V. pulmonalis (Abb. 2 c und d).

i Element-Nyl/-/Ym'e A coron, d.

Damit war nachgewiesen, dab den Crataeguss~uren keine direkte herz- kranzgef~Berweiternde Wirkung zukommt. Die bei intravenSser Injektion zu beobachtenden~nderungen der Durchblutungskurve in Richtung einer l~ehrdurchblutung der Coronararterien muBten andere Ursachen haben.

b) Atmung. In den ersten Versuchen war ~ufgefallen, dai] das Atem- volumen bei kiinstlicher Beatmung mit Atempumpe w~hrend des Ver-

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Pharmakodynamische Wirkung der Triterpensauren. 29

suchs laufend teilweise betr~ch~lich erhSht werden muBte, andernfalls die Hunde spontan zu atmen versuchten. Eine niiJaere Beobachtung

Abb. 2. H u n d 15,0 kg. Kiinst l iche Bea tmung . Ze i tmark ie rung 20 sec. Hin te re inander au fgenommene Reak t ionen : a In jek t ion yon 2 m g / k g des Na-Salzes der Crataeguss~uren in 1,5 cm 3 9 6 % i g e m Alko- hol in eine V. pulm. ; b In j ek t ion yon 1,5 cm 3 9 6 % i g e m Alkohol in eine V. pulm. ; c wie a, n u r In jek t ion in V. fern. ; d wie b, nu t In jek t ion in V. fern. Bei a und b fas t gleichverlaufende kurz- dauernde Durchb lu tungszunahme der A. coron, d. als Folge der Alkoholwirkung. Keine Spontan- a tmungen . Bei i.v. In jek t ion der Crataeguss~turen (c) typische /~nderung der Durchb lu tungsku rve der Coronarar ter ie m i t Venendruckschwankungen als Zeichen der Spon tana tmungen . Bei i .v. In jek- tion n u t yon Alkohol (d) keine deutl ichen ~nde rungen der regis t r ier ten GrSflen. Eine Spon tana tmung .

A. coron, d. : Elem. Typ A, x = 0,45.

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30 J. D6RI~ER und H. J. KUSCHKE:

ergab, da~ diese Steigerung des Bediirfnisses nach einem gr6Beren Atem- volumen immer nach Injektion yon Crataegussiuren auftrat und immer mit der oben elwc~hnten ~nderung der Coronardurchblutungskurve einherging. Die einsetzenden Spontanatmnngen waren oft sehr eindrucks- roll. Sie erreichten ihr ~mximum mitunter einige ~inuten nach der Injektion, oft aber auch viel sparer. Wurde der Atem~hub nicht ver~ndert, so konnten sie in einem Teil der Fi~lle mit der Zeit etwas nachlassen, ohne aber ganz aufzuhSren. Die Aussehlige des Elementes an der Coronar- arterie verhielten sieh entsprechend. Wurden dagegen auf der H6he der Atemsteigerung der Atemhub oder die Atemfrequenz in genfigendem AusmaB vergr6l~ert, dann verschwanden in kurzer Zeit die Spoutan- atmungen, mid die Coronardnrchblutungskurve kehrte auf Ausgangs- niveau zuriiek (Abb. 1). Diese bei kiinstlicher Beatmung der Tiere auf- tretenden Spontanatmungen liel~en sich neben der direkten Beobachtung sehr deutlich aus den gleichzeitig einsetzenden Schwankungen des ¥enendrueks entnehmen (Abb. 1 und2c). Injektion der Crataegussiuren in eine V. pulmonalis oder in die A. anonyma liel~ die Atmung wie auch die Coronardnrchblutung unbeeinfluBt. Damit war eine Wirktmg fiber die Chemoreceptoren des Carotissinus, analog der Lobelinwirkung, auszuschlieBen. Der Angriifspunkt der Crataeguss~uren muBte auf dem Wege yon der intraven6sen Injektionsstelle bis zu den Lungen ]iegen.

Dureh direkte i~Iessungen des Atemvolnmens bei nicht kiinstlich beatmeten Tieren mit uner6ffnetem Thorax konnten die Atemsteige- rungen quantitativ erfaBt werden. Sie begannen meist bald nach der Injektion und erreiehten ihr Maximum zu verschiedenen Zeitpunkten. AusmaB und zeitliches Anftreten der st/irksten Wirkung nach intrave- n6ser Injektion der freien Crataegussiuren sind in der 2. und 3. Spalte der Tab. 2 zusammengestellt. Wihrend am Anfang des Versuchs die Tiere ein Atemvolumen von 4--6 Liter in 2 min batten, steigerte sich dies im Laufe des Versuchs durch die wiederholt vorgenommenen Injektionen, um gegen Ende des Versuehs teilweise Werte yon 20--30 Liter nnd mehr zu erreichen !

Die Atemsteigernng war nach I)urchschneidung der Nn. vagi am Hals in gleicher Weise vorhanden. Reflektorische Wirkungen sind damit urs/~chlich sehr nnwahrscheinlich.

An nicht narkotisierten und nicht morphinvorbehandelten Kaninchen fii]alSen I)osen yon 1 mg/kg und 4 mg/kg Crataegnss/~uren in 1 cm a 96% igem Alkohol intraven6s injiziert nicht zn einer mit dem KRooHschen Spirometer meBbaren Atemsteigerung (2 Tiere). Bei dem einen der beiden Tiere wurden die Injektionen bis zum Exitns fortgesetzt, der nach der 3. Injektion yon 4 mg/kg Crataeguss~nren innerhalb einer Minute eintrat (fiber die bei diesem Kaninchen an den Lungen gefundenen Ver/indernngen siehe S. 38). 3 Tiere wurden mit 5 mg/kg bzw. 8 mg/kg l~Iorphin vor-

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Pharmakodynamische Wirkung der Triterpens/iuren. 31

b e h a n d e l t . 2 d a v o n ze ig t en n a c h i n t r a v e n S s e r I n j e k t i o n y o n 1 bzw. 2 m g ] k g

C r a t a e g ~ s s ~ u r e n e ine A t e m s t e i g e r u n g , das d r i t t e T ie r k a m n a c h I n j e k t i o n

y o n 4 m g / k g C r a t a e g u s s ~ u r e n i n n e r h a l b 6 ra in a d e x i t u m .

Tabelle 2.

Dosis Crataeguss~turen in Alkohol

0,1 mg/kg : 1 cm a 1,0 mg/kg : 1 cm 3

0,5 mg/kg : 1 cm a 1,O mg/kg : 1 cm a

1,0 mg/kg : 1 cm s 2,0 mg/kg : 1,1 cm s 2,0 mg/kg : 1,45 cm s

2,0 mg/kg : 1 cm a

2,0 mg/kg : 1,3 cm a

1,0 mg/kg : 1 cm 3 2,0 mg/kg : 1,78 cm 3

freie Crataeguss~uren

Zeitpunkt St~irke d. d. Atemver- Wirkungs- ~nderuug maximums

rain

+ 1,0 10

- - 0 , 2 4

~ 1,46 16 1,02 10

0,31 26

÷ 16,79 10

~- 1,28 20 ~_ 2,68 40

4,86 44

+ 1,32 4 + 1,63 22 Jr 3,15 18 ÷ 3,29 18

Na-Salz der Crataeguss~uren

Zeitpunkt St~irke d. d. Atemver- Wirkungs- /inderung maximums

rain

St~rke d. Atemver- ~nderung

2J

+ 1,22

~- 1,84

+ 0,34 12 ~- 1,05 18

~- 1,4 24

+ 0,92 22 + 7,92 20

klkohol

Zeitpunk~ d.

Wirkungs- m a x i m u m s

min

18

16

I 2 cm a + 2,77 14

i - - 0,91 8 ÷ 5,70 32 i

1,7 cm a I I - - 0,76 + 2,17

-- 3,0 -- 21,45

12 52 42 14

St~rke der Atemsteigerung und Zeitpunkt des Wirkungsmaximums bei spon- tan atmenden Hunden mit unerSffnetem Thorax nach i.v. Injektion der in 96~oigem Alkohol gelSsten freien Crataeguss~uren, des in gleicher Weise gelSsten Na-Salzes der Crataeguss/~uren von reinem Alkohol entsprechender Dosis. Angabe des Atem- volumens in Litern pro 2 min. Zeitangabe in Minuten nach der Injektion. Werte aus 7 Versuchen.

c) Zusammenhdinge zwischen _~nderungen der Coronardurchbtutungs- kurve und der A tmung. ] )as V o r h a n d e nsein e ines Z u s a m m e n h a n g s z w i s c h e n

d e r S t e i g e r u n g des A t e m b e d i i r f n i s s e s v_ud de r Ver /~nderung de r Coronar -

d u r c h b l u t u n g s k u r v e w a r e v i d e n t . E i n e w e i t e r e A n a l y s e e rgab , d a b diese B e z i e h u n g e n nrsi~chlich a u f zwe i /Yfechan i smen zu r f i ekzu f i i h ren sind.

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32 J. DORNER und H. J. KUSCHKE :

~) Es zeigbe sich, da6 mit dem Einsetzen yon spontanen Atem- bewegungen und besonders zum Zeitpunkt des Wirkungsmaximums die Elementnullinie des an der A. coron, d. liegenden Elementes (d. h. der Galvanometerausschlag des nicht anfgeheizten Thermoelementes) sehr h~ufig die Ausgangslage nicht bewahrte, sondern sich in Richtung des oberen Papierrandes bewegte, d.h. in derselben Richtung, in der auch die Xnderungen der Durchblutungskurve verlieien. Dies bedeutet, dab die Ausschlags~nderungen des Elementes an der Coronararterie, die eine

El. Null inie

B lu td ruck

_4. coron, d.

Venendruck

W m ~ w a b

Abb. 3. Hund 15,0 kg derselbe Versuch wie Abb. 2). Elementnull inie und Coronardurchblutung vor (a) und nach (b) i .v . In jekt ion yon 1 cm 3 96%igem Alkohol und zweimal 1 mg/kg Crataeguss~uren in je 1 cm 3 96~o igem Alkohol. Die Elementnull inie und die Coronardurchblutungskurve sind nach der In jekt ion um den gleichen Betrag gegentiber vorher nach oben verschoben. Die scheinbare

Zunahme der Coronardurchblutung stell t daher lediglich eine Pseudoreaktion dar. A. coron, d.: Elem. Typ A, x ~ 0,45.

l~Iehrdurchblutung anznzeigen scheinen, mindestens zum Teil lediglich die Folge einer ver~nderten Elementnullage sind. Sie kS!men daher mehr oder weniger nur als Pseudoreaktionen angesehen werden, bedingt durch methodische Unzul~nglichkeiten der Thermostromuhr beim Vorhanden- sein spontaner oder starker Atemexkursionen. In einer zur Zeit laufenden Versuchsserie konnten wir uns an tiber 25 Hunden davon fiberzeugen, da$ mit dem Auftreten yon Spontanatmungen efim 1VIessung der Coronar- durchblutung mit der R]~x~schen Methode nieht mehr mSglich ist. Nach Herstellung n0rmaler Atemverhi~ltnisse werden die alten Ausschlags- werte wieder erreicht. Abb. 3 zeigt die Veri~nderung der Elementnullage nach intravenSser Injektion yon Crataeguss~uren und Alkohol gegenfiber vorher an einem Beispiel.

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Pharmakodynamische Wirkung der Triterpens~uren. 33

fl) I~eben diesen methodisch bedingten Psendoreaktionen ist eine wirkliche Zunahme der Coronardurchblutung nach intraven6ser Injek¢ion alkoholischer Crataeguss/~urelSsnngen in Betracht zu ziehen. Obwohl einige nnserer Reaktionen in dieser Richtung gedeutet werden k6nnen, m6chten wir eben wegen der methodischen Schwierigkeiten dazu weder in positivem noch negativem Sinn Stellung nehmen. Diese l~rage ist auch nur yon untergeordnetem Interesse, da nach AusschluB einer direkten oder fiber Angriffspunkte im Herzen oder groBen Kreislauf zustande- kommenden durchblutungsfSrdernden Wirkung eine eventuell vorhan- dene l~ehrdurchblutung der Coronararterien nnr als direkte oder indirekte Folge der zu den Atemsteigernngen ffihrenden Ver~nderungen der Lungen- struktur angesehen werden kann (siehe S. 40).

d) Arterielle SauerstoHs~ittigung. Die fortlaufende blutige Registrierung der Sauerstoffs~ttigung nach KX~AMV, R ergab, dab mit der Atemsteigerung der Sanerstoffgehalt des arteriellen Blutes nach Injektion yon Crataegns- sauren abnahm. Gegen Ende des Versnchs konnten bei maximaler Atem- steigernng so niedrige Werte erreicht werden, wie sie vergleichsweise bei Atmung eines 7% Sauerstoff und 93% Stickstoff enthaltenden Gas- gemisches auftraten.

e) Durchblutung der V. cava thor. in/. Zur Information fiber etwaige Ver~nderungen des l~Iinutenvolumens legten wir bei 5 Tieren ein Thermo- element an die V. cava thor. inf. an. Die Durchblutnngskurve dieses GefiiBes zeigte nach intravenSser Injektion yon 1--2 mg/kg Crataegus- s~uren meistens Ausschl~ge in Richtung einer Mehrdurchblutung (Abb. 1). Die St~rke der Veriinderungen war nnterschiedlich. Mitunter konnte eine kurzdauernde DurcJastrSmungsabnahme vorausgehen. Wie die DurchstrSmungskurve der Coronararterie liel3 auch die Durchblutungs- kurve der V. cava einwandfreie Beziehnngen zur Atemsteigerung er- kennen. Hier gelten dieselben methodischen Einw~nde wie gegenfiber der Durchblutungsmessung an der Coronararterie.

[) Durchblutung der Extremitatenge]dfle. Die Beeinflussung der Extremit~tendurchblutung war sehr verschieden. Neben Wirkungslosig- keit wurden reine Abnahmen, reine Zunahmen und phasische Reaktionen (prim~ire Abnahme mit sekund~rer Zunahme) beobachtet.

g) Blutdruckwirkung. Die Veriinderungen des Blutdrueks waren weehselhaft. W~ihrend oder unmittelbar nach der intravenSsen Injektion kam es h~ufig zu einer kurz dauernden, durch den mitinjizierten Alkohol bedingten Senkang. Daran konnte sich eine Blutdrncksteigernng an- schlieflen, die in den meisten F~llen einige bis 10 mm~I-Ig betrug. Teil- weise fehlte die prim~re Senknng (Abb. 1). Die BlutdruckerhShnng ging oft mit der Atemsteigernng einher (Abb. 1). Eine Abh~ngigkeit yon der Versnchsdaner zeigte sich insofern, als zu Beginn der Versuche meist eine Blntdrucksteigerung im Vordergrund stand, w~hrend gegen Versuchsende

Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 224. 3

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34 J. DSRNER und H. J. KUSCHKE:

die Blutdrueksenkung st~irker und l~inger anhaltend wurde oder keine Steigerung mehr aufkommen lieB (Abb. 2c). Bei Injektion in eine V. pulmonalis erfolgte ein vorfibergehender, sti~rkerer, durch den Alkohol verursachter Drnekabfall (Abb. 2a und b).

h) Ven6ser Vorhofdruck. Neben dem schon erwfi]anten Auftreten yon Schwankungen im Venendruck als Zeichen einer gesteigerten Atemtiitig- keit (Abb. 1) kam es h~ufig zn einer Venendrucksteigerung meist geringen AusmaBes, die langsam zurfickging (Abb. 2 c). Lediglich gegen Ende des Versuchs konnte sie st~rkere Grade annehmen. Die Venendrucksteigerung setzte frfiher ein als die Atemsteigerung. Ihr Maximum war schneller erreicht. Die Wirkungen auf Atmung und Venendmek gingen nieht parallel, jedoch wurde der Venendruek dann oft am deutliehsten beein- flul~t, wenn es auch zu einer starker Atemsteigerung kam. Bei einem Teil der Injektionen blieb der ven6se Vorhofdruck unbeeinfluBt.

2. Wirkung des in 96% igem Alkohol gel6sten Na-Salzes der Crataeguss~iuren. In 9 ¥ersuchen injizierten wir neben den freien S~uren das Na-Salz,

ebenfalls in 96% igem Alkohol gelSst. Die Wirkung auf alle untersuchten GrSl~en war qualitativ gleichartig. Quantitative Unterschiede bestanden darin, dab das Na-Salz im allgemeinen schw~cher wirksam war als die freien Crataegussiiuren. Dies geht deutlich aus den Werten der Tab. 1 fiir die Ausschlags~nderungen des Elementes an der Coronararterie hervor, w~hrend nach Tab. 2 nur bei zwei yon vier VersucImn die Atmung nach Injektion der freien S~uren starker gesteigert war als nach Injektion des Na-Salzes.

3. Alkoholwirkung. Bei fast allenVersuchen fiihrten wir Kontrollinjektionen mit 96% igem

Alkohol dutch. In vielen F~illert blieb dabei nach intravenSser Injektion die Coronardurchblutung unbeeinflul~t oder nahm geringgradig ab (4. Spalte der Tab. 1). Die Abb. 2e und 2d zeigen an einem Beispiel, wie naeh intra- venSser Injektion yon 2 mgfkg des Na-Salzes der Crataegussi~uren in 1,5 era 3 Alkohol die Coronardurchblutungskurve bei gleichzeRigem Auf- treten yon Spontanatmungen sich in Richtung einer Mehrdurchblutung bewegte, w~hrend anschliel3ende Injek¢ion derselben Menge Alkohol zu keinen deutlichen Ausschlags~nderungen fiihrte. Ebenso traten fast keine Spontanatmungen a~xf. In einigen Versuchen kam es dagegen aueh nach Alkoholinjektion zu einer leichten Anderung der Coronardurchblutungs- kurve, die aber fast immer, teilweise sogar erheblich, schw~cher war als nach der entsprechenden Injektion der freien Crataeguss~uren (Tab. 1).

Bei Injektion in eine V. pulmonalis bewirkte der Alkohol eine schnell einsetzende, kurz dauernde Mehrdurchblutung der Coronararterien bei gleichzeitigem Blutdruckabfall (Abb. 2a und b).

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Pharmakodynamische Wirkung der Triterpens~uren. 35

Kontrollinjektionen bei nicht kiinstlich beatmeten Tieren und Messung des Atemvolumens ergaben, dab die Atmung unbeeinfiuBt bleiben oder wie nach Crataeguss~ureinjektion zunehmen konnte (Tab. 2). Zwei Kontrollversuche, bei denen bei jedem Tier bis zum Exitus nur Alkohol injiziert wurde (die beiden letzten Versuche der Tab. 2), hat ten znm Ergebnis, dab es nach Alkoholinjektion ebenfalls zu einer unter Umst~nden sehr starken Atemsteigerung kommen konnte.

SCHIM]~RT und ]~LOMER geben an, dal~ Injektion von 1--2 cm a 960/0 - igen Alkohols keine Ver/~nderung der Coronardurchblutung und der anderen yon ihnen gemessenen KreislaufgrSBen bewirkte. Aus unseren Ergebnissen ist zn schliel]en, dal~ dies ffir einen Teil der F~lle zutreffen mag. Teilweise aber t reten nach Alkoholinjektion qualitativ /~hnliche Ver/~nderungen im Kurvenverlauf der Coronardurchblutung und der Atmnng auf, wie nach Injektion der freien Crataegussi~uren oder des Na-Salzes.

4. Kumulative Wirkung. Wir haben erwiihnt, daI~ am Anfang der Versuche mehr eine Blut-

drucksteigernng im Vordergrund stand, w~hrend es gegen Versuchsende zu ausgesproeheneren oder alleinigen Blutdrueksenkungen kam. Eben- falls nahm im Laufe des Versuchs das Atemvolumen best/~ndig zu, um gegen Ende tei]weise Werte von 20--30 Liter pro 2 min und mehr zu erreichen. Erneute Injektion einer vorher vertragenen Dosis ffihrte dann zum Exitus der Tiere, der in vielen F~llen innerhalb sehr kurzer Zeit nach der Injektion eintrat (vorletzte Spa]te der Tab. 3). Es liegt demnach eine kumulationsartige Wirkung vor, deren Substrat in weiter nnten zu beschreibenden Lungenver~nderungen zu suchen ist. Ferner ist eine zentral-depressorische Wirknng des Alkohols dabei zu berficksichtigen. Ob es sich bei dieser znm Tode ffihrenden Injektion um in Alkohol gelSste Crataeguss~uren oder nnr um Alkohol handelte, spielte dabei keine Rolle. Dies bedeutet, da~ der mehr oder weniger plStzliehe letale Ausgang der Versuche offenbar mehr die Folge einer Alkohol- als einer Crataeg~ls- s~ureeinwirknng ist. Dies geht auch aus einer Zusammenstellung der injizierten Gesamtmengen an freien Crataegnss/~uren, dem Na-Salz der Crataeguss/~uren und Alkohol bei den Versnchen hervor, die bis znm Exitus der Tiere fortgesetzt wurden (Tab. 3). Es zeigt sich hier eine Abh/~ngigkeit des Versuchsendes eher yon der Menge des verabreichten Alkohols als v o n d e r Dosis der Crataeguss~iuren. Auch die beiden Tiere, die nur Alkohol erhalten hatten, kamen nach durchschnittlich derselben Alkoholdosis ad exitum wie die fibrigen Tiere. Die kiinstlich beatmeten Tiere haben im Durehsehnitt hShere Alkoholdosen vertragen als die spontan atmenden Tiere mit uner5ffnetem Whoiax.

Bei den Tieren, bei denen es nach der letzten i.v. Injektion zu einem akuten Blutdruckabfall kam, setzte dieser im Durchschnitt 10 sec nach

3*

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36 J. DORNER und H. J . KUSCHKE:

Injektionsbeginn ein. Die voriibergehende Blutdrucksenkung bei In- jektion yon Alkohol in eine V. pulmonalis ereignete sich dagegen durch- schnittlich 14 sec nach Injektionsbeginn. Aus unseren kreislaufanalyti- schen Untersuchungen mit Adrenalin und Arterenol wissen wir, dab bei i.v. Injektion und der yon uns gew~hlten Injektionsgeschwindigkeit von 1/~ minim Durchsehnitt 17--18 sec nach Injektionsbeginn eine direkte

Tabelle 3.

Intraven6se Injektion

~ . freie era- Na-Salzd. I • taegus- Crataegus- Alkohol

s~uren s~uren 96% mg mg cm a

1 7,6 2 4,2 3 5,65 4 4,6 5 4,0 6 10,0 7 3,0 8 2,36 9 2,5

10 4,0 l l 6,0 12 9,0 13 14

Injektion in V. puhnon.

3,15 2,6 0,5 2,0

1,1 3,5 3,0 4,0

m g m g

0,94 1,14 1,32 0,9 0,71 0,41 1,5 670 1,0 1,0 270 0,62 1,0 0,42 0,5 0,6 0,93 0,82 0,5 0,65

ffeie Cra-!Na-Salzd. I taegus- [Crataegus- Alkohol s~uren ] s~uren ] 96%

I ~ n l 3

Exituslet. ! Spontan- in Minuten i atimmg

nach d. oder kstl. letzten Atmung

Injektion !

0,191 0,51 0,33 0,2

2,7 2,7 2,0 0,8 8,0 6,0 6,0 1,3 0,7

42,0 28,0 53,0 24,0

5,0

kstl.

spontan

7,

7,

7 ,

7~

Die Injektion erfolgte in die A. anonyma. Injizierte Gesamtmenge an freien Crataegussguren, dem Na-Salz der Crataegus-

siiuren und Alkohol bei 14 Tieren, bei denen die Versuche bis zum Exitus der Tiere fortgesetzt wurden. A11e Dosisangaben pro kg.

Herzwirkung erwartet werden kann. Daraus geht hervor, dal~ der plStz- lithe, zum Exitus ffihrende Blntdruckabfall, dem ein Anst, ieg des ¥enen- drucks nachfolgt, nicht einer direkten Einwirkung der Injektionsflfissig- keit auf Herz oder andere Stellen des groSen Kreislaufs zugeschrieben werden kann. Der Wirkungsort is~ auf Grund der zeitlichen Verhi~ltnisse nut in den Lungen oder den der Lunge vorgesehalteten Teilen des Kreis- laufs zu suchen.

5. Wirkung der /reien Crataegussduren bei von den bisherigeu Versuchen abweichender A pplikationsweise.

B e i 4 H u n d e n ( a - - d ) n a h m e n wi r die i .v. I n j e k t i o n e n in a n d e r e r

We i se als b i she r b e s c h r i e b e n vor . a) 2 mg/kg Crataeguss~uren in 6,6 cm a 32%igem Alkohol i.v. (Crataeguss~uren

ausgefallen); Wiederholung der Injektion; 2 mg/kg Crataeguss/turen in 2,2 cm 3 96%igem Alkohol i.v. Exit. let. 18 rain nach der l e tz~n Injektion. Keine Atem- steigerung. Dosis let. : 6 mg/kg Crataegussiiuren und 0,4 cma/kg 96%iger Alkohol.

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Pharmakodynamische Wirkung der Triterpens~uren. 37

b) 3 mg/kg Crataeguss~uren in 8 cm s NaC1-LSsung aufgeschwemmt i.v., At~m- steigerung + 0,571/2 rain; 5 mg/kg Crataeguss~uren in 3 cm s 96%igem Alkoho] in 6 rain i.v., Atemsteigerung + 1,31/2 rain; 10 mg]kg Crataeguss£uren in 4 ems 96~oigem Alkohol in 7 rain i.v. Exitus let. 11 rain nach der letzten Injektion. Dosis l e t . : 18 mg/kg Crataeguss~uren und 0,5 em3/kg 96~oiger Alkohol.

c) Beim 3. Hund wurden die Crataeguss~uren (4,5; 9,3 und 20mg/kg) in 0,93 cm s Diaethylacetamid gel6st i.v. injiziert. Hier kam es sowohl naeh der Cratae- guss~ureinjektion wie auch nach der Injektion nur des LSsungsmittels zu Atem- steigerungen. Exitus let. 2,5 min nach der letzten Injektion.

d) I)em letzen Tier wurden bei einer einmaligen Injektion 4 mg/kg Crataegus- s~uren in 1,75 cm s NaC1-L6sung suspendiert unter Zusatz yon 0,25 cm s n-Diaethyl- acetamid i.v. verabreicht..Der Tod trat 1 rain nach der Injektion ein.

Besonders der le~z~e Versuch zeigt, dal3 die Crataeguss~uren un- abh~ngig yon der Alkoholwirkung ~oxische Wirkungen zu en~fal~en ver- mSgen. (~ber die dabei an den Lungen gefundenen Ver~nderungen siehe S. 38---39.)

6. JLOslichkelt der Crataegussdiuren.

Wie eingangu erwiihnt, sind die Crataeguss~uren nur in 96%igem Alkohol und einigen LSsungsvermitttlern (z. B. Diiithylacetamid, Di- methylformamid) 15slich. Zusatz geringer Mengen yon Kochsal~.lSsung, destilliertem Wasser oder Blutserum zu den gelSsten Crataeguss~uren oder umgekehrt 1~13~ letztere sofort ausfallen. Daraus ergibt sich, dal] die Crataeguss~uren bei i.v. Injektion im Blur sehr wahrseheinlieh aus- fallen.

7. Versuche an Meerschweinchen.

Da es offenbar gleichgfil¢ig is~, ob man die Crataeguss~uren gelSst oder nicht gelSs¢ injiziert, da sie im Blur ausfallen, ftthrten wir, um eine eventuelle Wiikung des LSsungsmittels anszuschalten, i.v. In- jektionen yon in l~aC1-LSsung suspendierten Crataeguss~uren an 1~eer- schweinchen durch. Eine solehe Suspension l£I3t sich nieht in reiner KoehsalzlSsung herstellen, sondern nur unter Zusatz geringer l~engen yon z. B. n-Dii~thylacetamid. Diese Velsuche ffihrten zu dem Ergebnis, dab nach frak¢ionierter Injektion einer yon Tier zu Tier wechselnden Dosis der Crataeguss~uren (20--40 mg/kg) nn¢er sichtbarer Steigerung der Atemexkursionen und Trachealrasseln es zum Exitus der Tiere ][am. Auch bier ¢raten Lungenver~nderungen auf. ~hnliche Ergebnisse finden sich bei S ~ . Kontrollinjektionen mit n-Di£thylacetamid blieben ohne Wh'kung.

8. Autoptische Untersuchung der Lungen.

Nachdem wir den Wirkungsort der in Alkohol gelSsten Crataegus- s~iuren bzw. des Alkohols auf die Lungen eingeschriinkt batten, nahmen wir bei 11 Hunden, 2 Kaninchen und den l~eerschweinchen eine autop- tische Kontrolle der Lungen, teilweise mit histologischer Untersuchung; v o r ,

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38 J. DSRNER und H. J. KUSOHKE:

a) Huge und Kanlnchen. Die Lungen hatten eine mehr oder weniger stark ver- mehrte, leicht teigige Konsistenz. Die Pleura war glatt und spiegelnd. In 8 F~llen waxen subpleurale, punktfSrmige his pfennigstiickgrol~e, unregelm~Big begrenzte, tells konfluierende, dunkelrote Verf~rbungen vorhanden. Die Ver~nderungen fanden sich am st~rksten ausgepr~gt im Bereieh der Unterlappen, besonders des rechten.

Von der Schnittfl£ehe liel~ sich, besonders wieder im Bereieh der Unterlappen, schaumige, farblos his r6tliche Fliissigkeit mit dem Messer abstreifen oder flol3 yon selbst ab. Das Lungengewebe zeigte auf dem Schnitt dunkel r6tlich verf~rbte Be- zirke yon unregelmM3iger Ausdehnung, teils abgegrenzt, teils konfluierend. Die Bronchialschleimhaut war blab und zart, zeigte jedoch meist einen sehaumigen, blab bis r6tlich gef~rbten Belag, der das Lumen kleinerer und auch gr6Berer Bronchi h~ufig ganz ausfiillte. Auch hierbei fanden sich die st£rksten Ver/~nderungen in den Unter- und Mittelappen, w~hrend die Oberlappen meist frei yon pathologisehen Befunden waren.

Zur histologischen Untersuchung, die bei 6 Tieren durchgefiihrt wurde, kamen vornehmlich makroskopisch weniger stark befallene Partien. Es wurden Paraffin- schnitte angefertigt und mit Haemalaun-Eosin gef~rbt. Hierbei zeigte das Lungen- gewebe gew6hnlich einen unregelm~Bigen Luftgehalt. Neben normal entfaltetem Gewebe lagen luftleere Partien, die meist sehr stark yon Erythrocytenmassen durch- setzt waren. Daneben fanden sich erweiterte Luftr~ume, die, wie vereinzelt sichtbar, durch Einreil3en yon Alveolarwandungen entstanden waren. Die Erythrocyten- ansammlungen waren in mehr oder minder starker Ausbildung in allen Schnitten vorhanden. Vielfach waxen Alveolen und Alveolarg£nge v611ig yon Blur erfiillt. Daneben fand sich in Alveolen und perivaseul~ren R~umen blal3 rosa gef/~rbte, homogene Fliissigkeit. Die Blutgei~aBe waren h~ufig stark mit Blur gefiillt; ihr Endo- thel war stellenweise abgel6st, die Kerne zeigten verringerte F/~rbbarkeit. In einem Fall war es zu Blutungen aus kleinen Lungenarterien gekommen; auBerhalb der Media hat~ sieh das Blur unter Verdr~ngung des adventitiellen Gewebes mantel- fSrmig ausgebreitet. An einigen Ge~'al3en war die partielle ZerstSrung der Muscularis- schicht im Schnitt getroffen. Im Bronchialbaum fanden sich in vielen Querschnitten Erythroeyten und 0demfliissigkeit.

Die Erythroeyten wiesen teilweise deutliche Ver~nderungen auf, die yon un- schaxfen Konturen his zu v611iger Zerst6rung reichten. Erythroeytenansammlungen batten h~ufig jede eorpuscul~re Struktur verloren und waren zu einer homogenen, teils scholligen Masse zusammengeflossen. Mit zunehmender Ver£nderung war die eosinophile F~rbbaxkeit verloren gegangen, und es zeigte sich eine gelb-griinliche FSxbung. Diese Blutver~nderungen waren auch in Schnitten yon der Niere deutlich. Sic sind durch den 96%igen Alkohol verursaeht. Bei Zusatz yon 96%igem Alkohol zu Blutausstrichen und F/~rhung derselben wie die Gewebsschnitte zeigte sich das Blur in gleicher Weise ver~ndert.

Nach allen diesen Befunden handelt es sich bei den untersuch~en Lungen um diffuse H~monhagien und 0deme infolge einer toxischen GefaBsch~digung.

Bei einem Hund zeigten die Lungen keine pathologischen Ver£nderungen; dieser hatte reine Alkoholinjektionen erhalten, darauf nur geringe Atemsteigerung gezeigt mad war an Ateml~hmung eingegangen. Bei 2 Tieren fanden sich nach Versuchen mit in Alkohol gel6sten Crataegussi~uren makroskopiseh nur Lungen6dem und keine Blutungen. Eine histologisehe Untersuehung wurde hier nicht vorgenommen. Alle anderen Tiere wiesen auch die Blutungen auf, darunter also sowohl diejenigen, die in 96%igem Alkohol gelSste Crataeguss~uren als auch ein Tier, da~ nur Alkohol erhalten hatte. In gleicher Weise waren die Tiere betroffen, bei welchen wir die

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P h a r m a k o d y n a m i s c h e W i r k u n g der TrRerpens~uren . 39

S u b s t a n z in ande re r Weise e n t s p r e c h e n d unse re r B e s c h r e i b u n g u n t e r 5) appl iz ier t h a t t e n , insbesondere a u c h das Tier u n t e r 5 d). Die Be funde bei d iesen le tz te ren un te r - sch ieden sich in St/~rke u n d A u s d e h n u n g n ich t von denen der ande ren Tiere.

Abb. 4. Histologischer Lungenbefund eines Hundes, der nach einer Gesamtdosis yon 9 mg/kg Cratae- guss~uren in 10 cm 3 96% igem Alkohol ad exitum gekommen ist. - - Alveolen groBenteils yon Erythro- cytenmassen und (~dem ausgeffilR. Bronchi enthalten ebenfalls Erythrocyten und (~demflfissigkeit (1).

Um kleine Arterien mantelfSrmige Blutungen (2). :Erweiterter Alvcolarraum (3). VergrSi~erung 80 ×.

b) Meerschweinchen. Bei den V e r s u e h e n m i t Meerschweinchen , die lediglich C r a t a e g u s s a u r e n in Suspens ion u n t e r ge r ingem Zusa t z y o n n - D i a e t h y l a c e t a m i d e rha l t en ba t t en , wiesen die L u n g e n ebenfal ls subp leu ra l u n d a u f d e m S c h n i t t

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40 J. DSRNER und H. J. KUSCHKE:

mehrere, gegen das normale hellrote Gewebe deut]ich dunkler rot gef~rbte Bezirke auf, die wohl als H/~morrhagien angesehen werden kSnnen..i~hnliche Veri~nderungen konnten auch bei in anderer Weise getSteten Tieren beobachtet werden, so dal~ wit daraus keine Folgerungen zu ziehen imstande sind. Eine histologische Untersuchung wurde hier nicht durchgeftihrt. Deutlich zeigte sich dagegen bei den Tieren, die Crataeguss~uren erhalten hatten, ein LungenSdem, das wir bei den Kontrolltieren nicht fanden.

Besprechung der Ergebnisse. Die aus vorstehenden Ergebnissen resultierenden Folgerungen lassen

sich wie folgt zusammenfassen: 1. Die Versuche mit Injektion der Crataeguss~uren in eine V.

pulmonalis zeigen, dal~ den CrataegussKuren keine direkte coronar- gef~l~erweiternde Wirkung zukommL Ebenso scheidet eine eventuelle dnrchblutungsfSrdernde Wirkung auf die Coronararterien aus, die, reflek- torisch bedhlgt, yore I{erzen oder irgendwelchen Stellen des groBen Kreislaufs ihren Ausgang n~hme.

2. Im ~ittelpunkt des ganzen Wirkungsbildes bei i.v. lnjek~ion der in Alkohol gelSsten Crataeguss~m'en stehen die Ver~ndermlgen der Atmung und die autoptisch feststellbaren Lungensch/~digungen. Die Atemsteigerung ist nicht reflektorischer Natur, sondern die Folge einer Behinderung des Gasanstausches in der Lunge (Vagusdurchschneidung, art. O2-S~ttignng, autoptische Lungenbefunde). Ursi~chlich kann diese Diffusionseinschri~nkung auf eine Wirkung des LSsungsmittels, der Crataeguss~uren oder beider zusammen zurfickgefiLhrt werden.

Unsere Kontrollversuche mit reinem Alkohol zeigen, dab der Alkohol allein zweifelsohne Ver~nderungen der Lungenstruktnr bewirken kann, die zu entsprechenden Atemsteigerungen ffihren. Die gewebssch/~digende und h/~molysierende Wirkung des Alkohols ist bekannL Toxische Sch/~di- gungen der Lungen sind bei 1Yfensch und Tier nach peroraler Aufnahme beschrieben worden (l%~(~vs; STILLMA~¢ ~. BRA~CCH). Auf der anderen Seite kSrmen die besehriebenen Lungenver/~nderungen nicht allein auf eine A]koholwirkung zurfickgeffihrt werden, da sie auch bei den Tieren auftraten, bei denen die Crataeguss/iuren nicht mR 96% igem Alkohol injiziert w~rden, wie z.B. bei dem unter 5d) erw/~hllten Versuch und den !V[eerschweinchen. Oariiber hinaus waren die h/~ufig vorgenommenen Kontrollinjektionen mit 96% igem Alkohol gegenfiber den Crataegus- s~ureinjektionen sehr oft ohne Wirkung oder bedeutend schw/icher wirk- sam, verglichen an den Ver/~nderungen der Coronardurchblutungskurve.

Es daft somit geschlossen werden, dab die intra vitam z~t beob- ach~enden AtemsCeigerungen und die autoptisch feststellbaren Lungen- sch/~digungen die Folgen einer Alkoholwirkung wie auch einer Wirkung der Crataeguss~uren auf die Lungenstruk~ur sind. Bei den Crataegus- s~uren ist an eine direkt ¢oxische Wirkung wie attch an eine mecha- nische Wirkung infolge Embolisierung tier kleinsten Blutgefi~Be durch

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Pharmakodynamische Wirkung der Triterpens~turen. 41

die ausgefallenen Crataeguss~uren zu denken. Eine n~here Analyse lag auBerhalb unserer Fragestellung.

3. Die bei Verwendung der REI~schen ~ethode in der Durch- blutungskurve der Coronararterie sich zeigende langanhaltende Aus- schlags~ndernng in l~ichtung einer ~ehrdurchblntnng entspricht min- destens zum Teil keiner Zunahme der Coronardurchblutung, sondern stellt eine Pseudoreaktion dar, bedingt durch methodische Unzul~ng- lichkeiten der Thermostromuhrmethode beim Auftreten spontaner Atem- bewegnngen kfinstlich beatmeter Tiere. ])as gleiche gilt ffir Tiere, denen der Thorax nach Anlegung des Thermoelementes wieder verschlossen nnd der Pneumothorax teilweise abgesaugt wird and die daher ohne Atem- pumpe atmen. Solche Tiere kS~men das gesteigerte Atembedfirfnis nach intravenSser Injektion alkoholischer Crataeguss~urelSsungen znn~chst mtr ~nter Steigerung der Atemexkursionen oder der Atemfrequenz be- friedigen, bis sie schlieBlich mehr oder weniger schnell ateminsuffizient werden, da sie nicht imstande sind, Atemvolumina yon 20--30 Liter/2min und mehr zu bew~ltigen, wie wir sie bei Tieren mit unerSffnetem Thorax beobachte~en. Auch bier mfissen zun~chst einmal Ver~nderungen der Elementnullage ansgeschlossen werden, bevor Xnderungen der Durch- blutungskurve auf eine Zunahme der Coronardurchblutung zurtickgefiihrt werden. Wird dem gesteigerten Atembediirfnis durch ErhShnng des Atemhubs oder der Atemfrequenz nicht Rechnung getragen, darm gehen die Ver/~nderungen der Elemen~nullage und der Coronardurchblutungs- kurve nicht mehr auf den Ausgangswert zurfick und ti~uschen eine lang- anhaltende Steigerung der Coronardnrchblutung vor. So erreichen in siimtlichen Abbildungen der beiden diesbeztiglichen ScrrlMrRTschen Arbeiten die Ausschli~ge nicht mehr den Ausgangswert. Wird das Atem- bedfirfnis befriedigt, so gehen, wie wir gezeigt haben, die Elementans- schli~ge in kiirzester Zeit auf das Ansgangsniveau zurfick.

Erkennt man trotz dieser Tatsachen eine gewisse durchblutnngs- f6rdernde Wirkung der alkoholische~l Crataegussi~urelSsnngen bei i.v. Injektion an, eine Entscheidung, zn der wir weder in dem einen noch anderen Sinn Stellung nehmen m6chten, dann handel¢ es sich bei einer solchen Wirknng, da wit andere ~Sglichkeiten experimentell aus- geschlossen haben, lediglich um die direkte oder indirekte Folge der mit den toxischen Wirkungen des Alkohols und der Crataegussi~uren anf die Lungen einJaergehenden Veriinderungen der Lungenstruktur und der damit verbundenen Steigerung des Atembediirfnisses. Insofern ist diese Frage hinsichtlich des Wirknngscharakters der Crataeg~lssi~uren yon ganz untergeordneter Bedentnng. Zu denken ist dabei an eine zentrale Wirkung, deren Ursachen in einer durch die A~emveri~nderungen be- dingten Umstellung der Herz- und Kreislaufti~tigkeit zu suchen wi~ren. Solche Beziehungen sind bekannt. Die Blutdmcki~nderungen sprechen

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42 J. D6RNER und It. J. KUSOHKE:

in diesem Shine. Anch ist eine direkt dilatierende Komponente, bedingt durch eine Kypoxgmie des Blutes, zu berficksichtigen. Damit entfallen auch alle Versuche, eine eventuell vorhandene Mehrdurchblutung der Coronararterien auf eine giinstige Wirkung der Crataegnssi~uren auf den Stoffwechsel des Herzens selbst zurfickfiihrcn zu wollen (ULLsPERGER).

4. Die yon SEMMtierexperimentell festgestellte Steigel ung derWirkung aller Herzglykoside durch alkoholische Crataegusextrakte kann nicht im Sinn einer echten synergistischen Wirkung beider Stoffe am Herzen an- gesehen werden. Die am ~eerschweinchen zu beobach~ende ErhShnng der Digitalistoxicitg~ ist lediglich als die Folge der toxischen Wirkungen des 45% igen alkoholischen Crataegusextraktes zu werten, wodurch die Dosis letalis einer gleichzeitigen oder nachfolgenden Glykosiddauerinfusion herabgesetzt werden muB. Die in hSchstem Ma~e toxischc Wirkung des Cra- taegusextraktes selbst ergibt sich aus denVersuchen SEMMs ohne weiteres. Nach dem gleichen Antor wird die Digitalistoxicitgt am Frosch dagegen nicht erhSht, was vers¢gndlich ist, da beim Frosch nicht nur toxische Wir- kungen aufdie Lungen im akntenVersuch unerhebliche Folgen quoad vitam haben, sondern attch,weft dieCrataegussiiuren bei Injektionineinen Lymph- sack sehr wahrscheinlich ausfallen und daher nicht resorbiert werden.

5. Wir konnten unter Wertung aller in unseren Versuchen registrier- ten KreislaufgrSBen keine Wirkungen der Crataegussguren feststellen, die nicht als die Folge einer Alkoholwirkung oder toxischen Lungenwirkung auikufassen sind oder Pseudoreaktionen infolge methodischer Unzuli~ng- lichkeiten darstellen. Beriicksichtigt man ferner die sehr schwere L6sbar- keit der Crataegussgnren, die bedingt, dal~ diese im Blur vermutlich ausfallen, so erscheint uns eine pharmacodynamische Wirkung der Crataegussguren, die nicht als die Folge der beschriebenen toxischen aufzufassen ist oder mit ihr in ZusammenJaang steht, fiir wenig wahr- scheinlich, zumindest bisher als nicht bewiesen.

Zusammenfassung. In Versuchen an ~unden, Kaninchen und Meerschwefilchen wurde

festgestellt, dab den aus Crataegus gewonnenen Triterpensi~nren (Cra- taegussguren) die nach SCHn~IERT direkt coronargefgl~erweiternde Wir- kung nicht zukommt. Im Mittelpnnkt des Wirkungsbildes der in 96% igem Alkohol gelSsten Crataeguss~uren stehen ausgepr~gte toxische Schgdi- gnngen der Lmlgen, sowohl durch den Alkohol als auch durch die im Blur ausfallenden Crataegussguren bedingt. Alle Vergnderungen der yon uns registrierten GrSl~en einschliel~lich der Coronardurchblutung sind lediglich die Folge der durch die Lungenschi~digung hervorgerufenen Atem- und Kreislanfumste!hmg. Eine pharmacodynamische Wirkung der Crataeguss~uren, die nicht als die Folge der beschriebenen ¢oxischen aufzufassen ist, sehen wir als bisher unbewiesen an.

Page 20: Zur Frage einer pharmakodynamischen Wirkung der aus Crataegus gewonnenen Triterpensäuren (Crataegussäuren)

Pharmakodynamische Wirkung der Triterpensi~uren. 43

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Dozent Dr. med. J. D6R~ER, Z. Zt. Harvard Medical School, Dept. of Pharmacol. Boston, Mass.

Dr. med. H. J. KUSC~KE, Pharmakoh Insti tut d. Med. Akad. Giel]en, z. Zt. Bad Nauheim, Kerckhoff-Institut.