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Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 224, S. 426--433 (1955). Aus dem Pharmakologisehen Institut der Universit~t Heidelberg (Direktor: Prof. Dr. F. EICHHOLTZ). Zur Kreislaufwirkung der Magnesiumsalze*. Von Eo SCHMID~~[o Vo BUBNOFF~ U° WAGENMANN und R. TAUGNER. Mit 4 Textabbildungen. (Eingegangen am 12, Ol~tober 1954.) WWZLER h a t wiederholt auf die besonderen Kreislaufreaktionen narkotisierter Tiere hingewiesen. Die SC~ROED]~Rschen Methoden erlauben nun erstmalig die Ausfiihrung fortlaufender Kreislaufunter- suchungen am wachen Hund. Es scheint notwendig, damit die Kreis- laufwirkung einzelner Pharmaka ohne die modifizierenden Einflfisse der Narkose erneut zu studieren. Dies wurde hier fiir die Magnesiumsalze versucht. Entspreehend der zusammenfassenden Darstellung yon ENGBAEX sind auch die n~heren Angriffspunkte yon Mg ++ am Kreislaufsystem nieht ausreiehend bekannt. An narkotisierten Tieren fiihrt Mg ++ regel- m~Big zu der bekannten Blutdrucksenkung. Diese beruht auf einer Gef~l~- erweiterung, die durch direkten Angriff an der glatten Muskulatur, dureh L~hmung sympathischer Ganglien (STA~BV~Y), vielleicht auch zentral ausgelSst werden kann. Auch die verminderte FSrderleistung des Herzens soll an der Blutdrucksenkung betefligt sein (GoTsEV; STA~URY U. FXRAH). Die Bedeutung der einzelnen Faktoren ist nicht sicher bekannt, ebensowenig der Anteil verschiedener Stromgebiete an der Vasodilatation. Wir fiihrten daher erg~nzende Versuche fiber die Reaktion einzelner Gef~Bgebiete sowie die Mg-Empfindlichkeit sympathischer Ganglien an narkotisierten Katzen aus. Fersuch,~anordnung. An niehtnarkotisierten Carotisschlingenhunden wurden Blutdruck, Arteriolen-, Capillar- oder Venendruck der Vorderpfote nach SCHROSDER (a, b) sowie die Atmung mit Thoraxmanschette registriert. Kreislaufanalysen nach WEZLERund BSGERerfolgten in der yon SeHROEDER (C) angegebenen Modifikation der WEZLER-THAUERschen Anordnung. Als Versuchstiere dienten zwei Htindinnen: Senta, Sch~fer-Bastard, 26 kg, und Hella, Dobermann, 22 kg. Magnesiumsulfat (MgSO 4 • 7H20) wurde in einem Volumen yon 1--4 cma in 1/4--11/.2 rain i.v. injiziert. Innerbalb yon drei Monaten erhielten die Tiere im Mindest- abstand yon 5~ Std etwa 40 Injektionen yon 5--60 mg MgSO4 • 7 H20/kg. In einigeu Versuehen wurde anstatt Suffat Mg-Aseorbat 1 verwendet. • Herrn Prof. Dr. F. EmH~OLTZzum 65. Geburtstag gewidmet. 1 Der Firma E. Merck-Darmstadt sind wir fiir die (~berlassung der 10~oigen Mg-AscorbatlSsung (Magnorbin) zu Dank verpflichtet.

Zur Kreislaufwirkung der Magnesiumsalze

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Page 1: Zur Kreislaufwirkung der Magnesiumsalze

Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 224, S. 426--433 (1955).

Aus dem Pharmakologisehen Institut der Universit~t Heidelberg (Direktor: Prof. Dr. F. EICHHOLTZ).

Zur Kreislaufwirkung der Magnesiumsalze*. Von

Eo SCHMID~ ~[o Vo BUBNOFF~ U° WAGENMANN und R. TAUGNER.

Mit 4 Textabbildungen.

(Eingegangen am 12, Ol~tober 1954.)

WWZLER ha t wiederholt auf die besonderen Kreislaufreaktionen narkotisierter Tiere hingewiesen. Die SC~ROED]~Rschen Methoden erlauben nun erstmalig die Ausfiihrung fort laufender Kreislaufunter- suchungen am wachen Hund. Es scheint notwendig, dami t die Kreis- laufwirkung einzelner P h a r m a k a ohne die modifizierenden Einflfisse der Narkose erneut zu studieren. Dies wurde hier fiir die Magnesiumsalze versucht.

Entspreehend der zusammenfassenden Darstel lung yon ENGBAEX sind auch die n~heren Angriffspunkte yon Mg ++ am Kreislaufsystem nieht ausreiehend bekannt . An narkotisierten Tieren fiihrt Mg ++ regel- m~Big zu der bekannten Blutdrucksenkung. Diese beruht auf einer Gef~l~- erweiterung, die durch direkten Angriff an der glat ten Muskulatur, dureh L~hmung sympathischer Ganglien (STA~BV~Y), vielleicht auch zentral ausgelSst werden kann. Auch die verminderte FSrderleistung des Herzens soll an der Blutdrucksenkung betefligt sein (GoTsEV; STA~URY U. FXRAH). Die Bedeutung der einzelnen Fak toren ist nicht sicher bekannt , ebensowenig der Anteil verschiedener Stromgebiete an der Vasodilatation. Wir fiihrten daher erg~nzende Versuche fiber die Reakt ion einzelner Gef~Bgebiete sowie die Mg-Empfindlichkeit sympathischer Ganglien an narkotisierten Ka tzen aus.

Fersuch,~anordnung. An niehtnarkotisierten Carotisschlingenhunden wurden Blutdruck, Arteriolen-, Capillar- oder Venendruck der Vorderpfote nach SCHROSDER (a, b) sowie die Atmung mit Thoraxmanschette registriert. Kreislaufanalysen nach WEZLER und BSGER erfolgten in der yon SeHROEDER (C) angegebenen Modifikation der WEZLER-THAUERschen Anordnung. Als Versuchstiere dienten zwei Htindinnen: Senta, Sch~fer-Bastard, 26 kg, und Hella, Dobermann, 22 kg.

Magnesiumsulfat (MgSO 4 • 7H20) wurde in einem Volumen yon 1--4 cm a in 1/4--11/.2 rain i.v. injiziert. Innerbalb yon drei Monaten erhielten die Tiere im Mindest- abstand yon 5 ~ Std etwa 40 Injektionen yon 5--60 mg MgSO 4 • 7 H20/kg. In einigeu Versuehen wurde anstatt Suffat Mg-Aseorbat 1 verwendet.

• Herrn Prof. Dr. F. EmH~OLTZ zum 65. Geburtstag gewidmet. 1 Der Firma E. Merck-Darmstadt sind wir fiir die (~berlassung der 10~oigen

Mg-AscorbatlSsung (Magnorbin) zu Dank verpflichtet.

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An Katzen in Ureth~n-Chloralose-Nark0se (250 bzw. 60 mg/kg) wurde die Durehblutung einzelner Gef/~l~gebiete mit dem bubble-flow-meter nach Bm~v~r, ALT~O~F U. TAVGI~ER registriert. Zur Verhtitung der Blutgerinnung diente Throm- bocid ~ (40 mg/kg i.v.). MgSO~ wurde hier in 10%iger LSsung in 2 rain injiziert. In einer weiteren Versuehsserie verwendeten wit zur Priifung der g~nglioplegisehen bzw. sympathicolytisehen Wirkung von MgSO~ Katzen, welehe n~ch B A ~ e ~ u. DALe, dek~pitiert waren.

¥ersuehsergebnisse. Beim narkotisierten Hund besteht die typische l~e~ktion ~uf Ma-

gnesiumsulf~t in Blutdrucksenkung und Br~dyk&rdie, welche bei s t e i g e n d e r D o s i e r u n g z u n e h m e n (MATTItEWS U. JACKSO2¢, ROTIffBERGER

IgO -

1'2~ -

H: / ° L8~ - b

PqagneMum.Tul~ eS~l~ 2 rain

Abb. 1. Hund Seuta, 26 kg, a) Blutdruck, b) Capillardruck, c) Atnmng. Zwischen den Lichtmarken ]njektion von 25 mg MgSO~ • 7 H=O/kg.

u. ZWl~LI~G~I~, HAURY, STA~BURY). N~ch H o ~ , SMITH U. W I ~ L ~ a h~ngen beide vom Mg-Spiegel im Blutserum ab. I m Gegensatz dazu k&m es in unseren Versuchen am wachen Hund in gewissen Dosenbereiehen (Senta

l lt

~r l I ~ , , h , ~ , ~ ~ / W /~use ~ - m i n ~'O "i [ = : , / ?Omin

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78 e 101 1,~ ~ 123 .91

Abb. 2. Hund Senta, 26 kg. a)Blutdruck, b) Arteriolendruck, e) Atmung. Zahlen unter Atem- registrierung: lIerzfrequenz/min. Zwischen den Lichtmarken Injektion yon 15 mg MgSO~ • 7 tt20/kg.

1 Der Firma Dr. W. Benend (Miinchen-Solln) danken wir fiir die ]~berl~ssung des Pr~parates.

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4 2 8 E . SCHMID, ~¢~. V. BUBNOFF, U . WAGENMANN u n d R . TAUGNER:

15--23, Hella 15--60 mg/kg) nur zu einem geringgradigen Abfall des Mitteldrucks um h6chstens 5 bzw. 10--20 mm Hg bei gleichzeitiger Tachykardie (Abb. 1 u. 3). AusmaB und Dauer dieser Tachykardie waren dosisabh~ngig. Ein st~rkerer Blutdruckabfall war bei weiterer Er- h6hung der Dosen jedoch fiberraschenderweise nicht zu erzielen: Es kam

IZO /vlagnes/~,msu/fat 7 7 r n g / ~ sogar bei l~berschreitung einer bestimmten Schwelle

I / ~ ' ~ , (Senta 25 mg MgSO 4 • ,--~ ~ ~ , ~----- o - . . . __ . , fp 7 H20/kg ) zum Blutdruck-

3o anstieg mit extremer Ta- zo - - ' : ~ "~ ~ - ~ ~ ' ~ I - ~ "~ ~ chykardie (Abb. 2). Bei

vm J ~ ¢ - ~ - - ~ - . derartigen Dosen trat meist z --¢ ~ ~-" " " ~ Vm Erbrechen auf.

~oo Die Tachykardie stellte 4000 : ~ ' c ~ ,---- "" - - W w ~ ' ~ ~ o--- sich bei Bestimmung der 3000 ~ ~ I - - ,:~

zsoo physikalischen Kreislauf- J500 £, ~ , ~ ~ . o grSl]en nach WEZLER 11. B6- 2500 ~ ~ ~ ~ + 10 GER als wesentlichste Kom- fA ~' ~X ~.. o._ ponente einer ErhShung des

0 ---o- 0 Minutenvolums durch Ma-

~'T T ~ "r~"-;tr' 'lift "m-~.~-TrT "] I I +~+~. gnesiumsulfat dar (11 Ana- l ~ - ~ ~ ~ ' ~ ' ~ " lysen, vgl. Abb. 3). Das

80 Minutenvolumen stieg bei

So ~ Dosen von 15--25 bzw. 3o ' ' - ~ ' ' ~ ~ o ,f.~ 35--60 mg/kg meist um o I I I I I 50--60, unter Umst~nden

0 ~ 2 3 4 5" 6 7 8 g 10 rain nach .Tnj:Se~inn um 100°/o an. Das Schlag-

volumen war (beigeringerer Abb. 3. Hund Senta, 26 kg. Krcislaufanalyse nach WEZLER U. BSGER. Injektion Yon 17 mg MgSO~ • 7 H~.O/kg. F r Herz- Zunahme der Herzfrequenz) frequenz/min; Vs Schlagvolumen [cm~]; Vm Minutenvolu- men[l] ; Wperipherer St r6mungswiders tand[dyn.sec/cm ~]; i n zwei Versuchen v e r - E ' Elastizit~ttskoeffizient [dyn/cm s] ; P A Arteriolendruck grS~ert, sonst (bei st~rkerer [cm tt~O] ; P Carotisdruck [mm Hg] ; F r R Atemfreqenz/min. Tachykardie) vermindert.

Mit der Zunahme des Minutenvolumens lief als typische Reaktion eine Senkung des gesamten peripheren Gef~l]widerstandes um etwa 30--40% einher. In einigen F~llen reagierte der periphere Widerstand zwei- bzw. dreiphasisch, indem er voriibergehend, unter Umtsgnden sogar fiber den Ausgangswert hinaus, anstieg. Die Ruhewerte aller GrSi~en stellten sich je nach Dosierung innerhalb yon 5--15 rain wieder ein. Mg-Ascorbat wirkte in ~quivalenter Dosierung wie Mg-Sulfat.

Die Atmung war nach der Injektion yon Magnesiumsulfat voriiber- gehend verkleinert. Bei hSheren Dosen (Senta ab 20 mg/kg) trat an- schliei~end eine Beschleunigung und Vertiefung der Atmung bis zum Hecheln auf (Abb. 1 u. 2). Bei Hella waren diese Ver~nderungen weniger

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ausgepr~gt, Hecheln wurde z. B. erst nach 55 mg/kg beobaehtet. Als weitere Nebenwirkungen sahen wirAufhSren vonKgltezit tern, Schlecken. SpeichelfluB, Wfirgen und sch]ieBlieh Erbrechen.

Die Registrierung yon Arteriolen-, Capillar- bzw. Venendruck der vorderen Extremit~t nach SCHROEDER sollte qualitative Aufschlfisse fiber die Reaktion eines GefgBge- bietes als Teilwiderstand geben.Wir fanden einen yon der Magnesium- sulfat-Dosis abhgngigen Druekan- stieg in allen drei Gef~Babsclmitten (Abb. 1 u. 2). Der Arteriolendruck nahm - - bei gleichzeitiger Ver- grSBerung der E inze lpu lse - -maxi - real um 12 cm H20 zu. Senta rea- gierte auch hier doppelt so emp- findlich wie Hella (Schwellen- dosen 10 bzw. 25 mg/kg).

Zur quanti tat iven Bestimmung der Extremitgtenmehrdurehblu- tung registrierten wir den venSsen AusfluB der hinteren Extremit~t (V. femora]is oberhalb der V. sa- phena) an 5 narkotisierten Katzen. 10--75 mg Magnesiumsulfat/kg be- wirkten bei 14 yon 21 Injektionen eine Mehrdurchblutung um 10 bis 100~/o. Eine starke Vermehrung Abb. 4. Katze, 2,4 kg, in Urethan-Chloralose-

Narkose. O ben: B lu td rack ; un ten : Nierendurch - t r a t in einem Versuch sehon bei flu0. Bei 1: i.v. In jek t ion yon 50 mg MgSO4

15 mg/kg auf, meist lag die optimale • 7 H,O/kg in 2 min. Zwischen den einzelnen Reizperioden yon je 30 sec war das Kymogra-

Dosierung jedoch bei 50 mg/kg. Bei phion abgestell t .

weiteren 5 Tieren wurde zur Aus- schaltung yon Hautgef~Ben die V. saphena unterbunden. Die Ergebnisse gnderten sich dadurch nieht wesentlich.

Die Darmdurehblutung wurde aus der V. mesenteriea superior gemessen. 8 yon 13 Magnesiumsulfatinjektionen (15--50 mg/kg, 5 Tiere) ffihrten hier zu einer Mehrdurehblutung yon 5--20o/0 . Der Nierendurch- flul3 war nach denselben Dosen an 3 Katzen nicht verbessert. Zur Er- hShung des GefgBtonus in Darm und Niere wurden die periarteriellen sympathischen Nervenplexus yon A. mesenterica sup. bzw. A. renalis mit chlorierten Silberelektroden elektriseh gereizt. Reizstgrke, -dauer und -frequenz betrugen 5--15 mA, 10 msee bzw. 40/sec. An der A. mesen- teriea verwendeten wir I)auerreize, am Nierenhilus Reizperioden yon je 30 see in Abstgnden yon 5 rain. Die Spasmen der DarmgefgBe wurden

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430 E. SemrrD, M.v. BU~OFF, U. WAGEN~U-~r~ und R. T~.UGNER:

durch Magnesiumsulfat in 6 yon 7 FKllen vermindert, 2mal sogar aufge- hoben. Die Isch~mie der Niere konnte dureh 15--50 mg/kg entsprechend Abb. 4 in 10 yon 12 F~llen auf die H~lfte reduziert werden.

Die Reizung der Niekhaut erfolgte pr~- und postganglion~r mit Dauerreizen yon je 10 rain. Die Reizqualit~ten betrugen 1/4--1 mA, 10 msec, 3/see. Im Gegensatz zu den Angaben yon STANBURY bei Injek- tion in die A. lingualis fiihrte die intravenSse Zufuhr in unseren Ver- suchen nieht nur bei pr~ganglion~rer, sondern aueh bei postganglion~rer Reizung zur voriibergehenden, wenn auch etwas geringeren Ersehlaffung der Niekhaut (50 bzw. 35~/o). Ffir derartige Effekte wurden 150 mg M_gSO 4 • 7H~O/kg ben6tigt. Die Schwellendosen lagen bei 50 mg/kg.

Diskussion der ¥ersuchsergebnisse.

Im Gegensatz zu den Verh~ltnissen an narkotisierten Tieren (dosis- abh~ngiger Blutdruekabfall und Bradykardie) fanden wir am waehen Hund naeh Injektion yon Magnesiumsulfat nut einen unbedeutenden Blutdruekabfall mit Taehykardie. Diese Reaktion ist, in ~berein- stimmung mit den Ergebnissen yon MECHELKE und NUSSER am Menschen offenbar typisch fiir den nicht unter Narkoseeinfliissen stehen- den Kreislauf. Auch S~rrn, WINKLER U. HOFF fanden am waehen Hund bei relativ geringer ErhShung des Magnesiumspiegels kurzdauernde Taehykardien, die bei fortdauernder Infusion in Bradykardie iiber- gingen. In unseren Versuehen kam es dagegen aueh nach Zufuhr h6herer, breehenerregender MgSOa-Dosen lediglich zu verst~rkter Trachykardie, unter Umst~nden begleitet yon einem bisher unbekannten Blutdruek- anstieg.

Mit der Taehykardie war meist eine leichte Abnahme des Schlag- volumens verkniipft; dagegen war das Minutenvolumen bei praktiseh konstantem Mitteldruck und Verminderung des peripheren Widerstands in allen Kreislaufanalysen deutlich erhSht. Die Herzleistung war in unseren Versuchen somit nicht vermindert, wie dies bei hohen Ma- gnesium-Dosen am Herz-Lungen-Pr~parat yon STANBURY und FARAH gefunden wurde und mSglicherweise auf der negativ dromotropen Wir- kung yon Mg ++ beruht (MIxI; ROTHBERGER U. ZWILLINGER, SMITH, HOFF u. WINKLER).

Die Ursachen der grunds~tzlichen Unterschiede in der Wirkung yon Magnesiumsulfat am waehen und narkotisierten Tier kSnnen nut ver- mutet werden. Bei narkotisierten Tieren trifft Magnesiumsulfat auf einen zentralisierten Kreislauf mit erhShtem peripherem Widerstand (THAuER U. WEZLER; DU]~SBERG U. SCHRO]~DER). Die gef~flerweiternde Wirkung des Magnesiums diirfte sich - - auch nach unseren Versuchen mit elek- trischer Reizung des Nierenhilus - - unter diesen Umst~nden stgrker auswirken. Es scheint auflerdem, da~ Tachykardie und vermehrtes

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Minutenvolumen beim wachen Tier zur Aufrechterhaltung des arteriellen Drucks trotz peripherer Gef~l~erweiterung dienen, die Narkose j edoch durch Ausschaltung dieser Gegenregulationen die direkten Wirkungen yon Ma- gnesium auf Herz und Gef/~l~e aufdeckt. Die Blutdrucksteigerung nach hohen Dosen kann auf diese Weise jedoch nicht erkl/irt werden. Sie ist auch nicht durch das Erbrechen bedingt, da der bei Nausea zu beob- aehtende Blutdruckanstieg mit Tachykardie viel geringer und nur von kurzer Dauer ist (BRooKs u. LUCKHARDT). Es sei daran erinnert, dal~ STANBUR¥ bei intracarotidealer Injektion yon Magnesiumchlorid zen- trale Blutdrucksteigerungen land. Tats~tchlich besitzt ja Mg ++ neben zentral l~hmenden auch errege nde Eigensehaften, vor allem auf vege- tative Zentren. Welchen Anteil diese Komponenten sowie die yon HEYMANS beschriebene Verminderung der 1)ressoreceptorenaktivit~t an den Kreislaufreaktionen des wachen Tieres nach Magnesiumsalzen nehmen, bleibt ungewil~.

Die SCHROEDERsche Anordnung erlaubt, die an sieh bekanute Erweiterung der Extremitgtengefg~e durch Magnesiumsalze ngher zu analysieren. Das gleichzeitige Ansteigen yon Arteriolen-, Capillar- und Venendruck spricht ffir eine Erweiterung der nutritiven G ef~[~e ohne Beteiligung arteriovenSser Kurzschlfisse (vgl. SCHROEDER und A~- SC~I2TZ). Die Methode gestattet jedoch keine Aussagen dariiber, ob neben der Hautdurchblutung (HoFF, SMITH U. WINKLER; HEAGY U. BURTOn; MECHELKE U. NUSS]~R) auch die Muskeldurchblutung auf Magnesiumsalze reagiert. Nach unseren Versuchen an narkotisierten Katzen scheinen beide Gef~l]gebiete etwa in gleichem AusmaI~ anzusprechen. Die im Ver- gleich zu der starken Mehrdurchblutung der Extremit~t relativ schwache Senkung des peripheren Widerstands lie~ eine geringere Mg-Empfindlicb- keit anderer Gef~Bgebiete erwarten. Tats~chlich fanden wir an der narkotisierten Katze ohne elektrische Reizung der sympathischen Nervengefleehte im Darm nur geringe, in der Niere keine Mebrdureh- blutung. Diese Ergebnisse stehen nieht ganz im Einklang mit denen von HAURY, weleher an Hunden eine st~rkere Magnesiumwirkung auf die Gefi~Be der Niere, eine schw~chere auf die des Darms fand (vgl. auch HAZARD U. WURMSER, GOTSEV). Nach STANBURY kommt die Gef~i~- erweiterung hauptsi~chlich fiber die L~hmung sympathischer Ganglien zustande. Unsere Ergebnisse bei elektrischer Reizung des Halssympathi- cus sprechen jedoch daffir, dal~ auch der periphere Angriffspunkt yon Magnesiumsulfat an der glatten Muskulatur eine Rolle spielt. Im gleichen Sinne sprechen unsere Ergebnisse bei postganglion~rer Reizung des Plexus renalis.

Die ateml~hmende Wirkung hoher Magnesiumdosen ist seit I~¢~ELTZER und AuER bekannt. Dagegen ist unseres Wissens eine vorfibergehende, schwache Atemhemmung nach raseher Injektion kleiner Dosen (5 bis

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10 mg/kg) noch nicht beschrieben. Es handel t sich dabei mi t Sicherheit n icht um , ,curareart ige" Effekte. Sekund~re Tachypnoe und t Ieeheln sind wohl als Ausdruck der von I-IEAGY und B ~ T O ~ beschriebenen Wi rkung yon Magnesium auf die W~rmeregula t ion zu deuten.

Zusammenfassung. An wachen Carot isschl ingenhunden wurde die Kreis laufwirkung von

Magnesiumsulfa t mi t den SCHROEDERsehen Methoden untersucht . I m Gegensatz zu den Verh~Lltnissen am narkot i s ie r ten Tier (Blut-

d rucksenkung und Bradykardie) fanden wir am wachen H u n d eine dosisabh~ngige Taehykardie mi t nu r geringgradigem Blutdruckabfal l . t tShere, meist erbrechenerregende Dosen (25 bzw. 60rag MgS0 4. 7 H~O/kg) f i ihr ten sogar zum Blutdruckanst ieg.

Die Ex t r emi t~ t endu rchb lu tung wurde durch Magnesiumsulfat deut- lich vermehrt . Die hierzu benStigten Mengen be t rugen etwa 10 - -20% der narkot ischen Dosis.

Die Ursachen der verschiedenen Magnes iumwirkung an wachen und narkot i s ie r ten Tieren werden erSrtert.

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Dr. med. E. SCHMID, Pharmakolog. Ins t i tu t d. Universit~tt Heidelberg.

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